"Макс Фриш. Skizze (нем.)" - читать интересную книгу автора

Макс Фриш.

Skizze


Max Frisch. Skizze [Schinz]
OCR, Spellcheck: Илья Франк, http://frank.deutschesprache.ru



Heinrich Gottlieb Schinz, Rechtsanwalt, Vater von vier gesunden
Kindern, deren altestes sich bald verheiratet, ist sechsundfunfzig Jahre
alt, als ihm eines Tages, wie er es nennt, der Geist begegnet ... Schinz,
wie der Name schon sagt, ist Sohn aus gutem Haus; das Verlangen, dem Geist
zu begegnen, hat er schon als Jungling; er spielt Klavier und macht mehrere
Reisen als Student. Paris, Rom, Florenz, Sizilien. Spater London, Berlin,
Munchen, wo er ein Jahr verbringt. Er schwankt zwischen Kunstgeschichte und
Naturwissenschaft; sein Beruf als Rechtsanwalt, teilweise eine Entscheidung
seines Vaters, der ebenfalls ein namhafter Rechtsanwalt gewesen ist, bringt
ihm bald die ublichen Erfolge, Ehe und Ehrenamter, darunter auch solche von
wirklicher, von mehr als gesellschaftlicher Bedeutung: Winterhilfe,
Denkmalpflege, Umschulung fur Fluchtlinge, Kunstverein und so weiter ...
Seine Begegnung mit dem Geist ist keineswegs unbemerkt geblieben, einige
Wochen gehort sie sogar zum Gesprach in den Stra?enbahnen; die Au?enwelt,
sofern man eine mittelgro?e Stadt so bezeichnen will, sieht es allerdings
als klinischen Fall, ratselhaft auch so, aufsehenerregend auch so,
erschutternd auch so, aber fur die Au?enwelt ohne jede Folge.

Eines Sonntagmorgens, es schneit, ist Schinz, wie er das seit Jahren zu
tun pflegt, in den Wald gegangen, begleitet von seinem Hund,
gesundheitshalber. Aufgewachsen in dieser Gegend, wo schon das
gro?vaterliche Haus gestanden hat, kennt er den Wald wie sein Leben. Auch
der Hund kennt ihn; eine Dogge. Sein Erstaunen, als die vertraute Lichtung
sich nicht einstellt, ist nicht gering, aber durchaus gelassen. Eine Weile
bleibt er einfach stehen, ebenso der Hund mit schwitzender Zunge; es
schneit, aber nicht so machtig, dass Schinz deswegen den Weg verfehlt hat.
Der Weg ist durchaus sichtbar, nur die Lichtung nicht. Die Dogge muss sich
gedulden, bis Schinz sich ein Zigarillo angezundet hat; wie er das gerne
macht in Augenblicken, wo er nicht weiter wei?, sei es als Rechtsanwalt oder
fruher als Major. Ein Zigarillo gibt Ruhe. Es ist jederzeit moglich, dass
Baume verschwinden, ganze Gruppen, ein halber Wald; aber dass eine Lichtung
verschwindet, ist nicht anzunehmen. Das kommt, sagt sich Schinz, allenfalls
in der Poesie vor; wenn ein Dichter dartun mochte, dass auf marchenhafte
Weise viel Zeit vergangen ist oder etwas dieser Art. Schinz ist belesen.
Weitergehend, um die Dogge nicht langer warten zu lassen, denkt er so das
eine und andere, sein Zigarillo rauchend; irgendwann wird die verdammte
Lichtung schon kommen. Auch er hat sich einmal in der Poesie versucht; kein
Grund, deswegen zu lacheln. Wie gesagt: das Verlangen, dem Geist zu
begegnen, hat er schon als Jungling gekannt. Dann die Zeit mit der
Naturwissenschaft; eine schone Zeit, Schinz denkt gerne daran, Mikroskop und