"Gustav Meyrink. Der Golem (Голем. На немецком языке)" - читать интересную книгу автора

"Eine Krдhe flog zu einem Stein hin, der wie ein Stьck Fett aussah, und
dachte: vielleicht ist hier etwas Wohlschmeckendes. Da nun die Krдhe dort
nichts Wohlschmeckendes fand, flog sie fort. Wie die Krдhe, die sich dem
Stein genдhert, so verlassen wir - wir, die Versucher, - den Asketen Gotama,
da wir den Gefallen an ihm verloren haben."
Und das Bild von dem Stein, der aussah wie ein Stьck Fett, wдchst ins
Ungeheuerliche in meinem Hirn:
Ich schreite durch ein ausgetrocknetes FluЯbett und hebe glatte Kiesel
auf.
Graublaue mit eingesprengtem glitzerndem Staub, ьber die ich nachgrьble
und nachgrьble und doch mit ihnen nichts anzufangen weiЯ, - dann schwarze
mit schwefelgelben Flecken wie die steingewordenen Versuche eines Kindes,
plumpe, gesprenkelte Molche nachzubilden.
Und ich will sie weit von mir werfen, diese Kiesel, doch immer fallen
sie mir aus der Hand, und ich kann sie aus dem Bereich meiner Augen nicht
bannen.
Alle jene Steine, die je in meinem Leben eine Rolle gespielt, tauchen
auf rings um mich her.
Manche quдlen sich schwerfдllig ab, sich aus dem Sande ans Licht
emporzuarbeiten - wie groЯe schieferfarbene Taschenkrebse, wenn die Flut
zurьckkommt, - und als wollten sie alles daransetzen, meine Blicke auf sich
zu lenken, um mir Dinge von unendlicher Wichtigkeit zu sagen.
Andere - erschцpft - fallen kraftlos zurьck in ihre Lцcher und geben es
auf, je zu Worte zu kommen.
Zuweilen fahre ich empor aus dem Dдmmer dieser halben Trдume und sehe
fьr einen Augenblick wiederum den Mondschein auf dem gebauschten FuЯende
meiner Decke liegen wie einen groЯen, hellen, flachen Stein, um blind von
neuem hinter meinem schwindenden BewuЯtsein herzutappen, ruhelos nach jenem
Stein suchend, der mich quдlt - der irgendwo verborgen im Schutte meiner
Erinnerung liegen muЯ und aussieht wie ein Stьck Fett.
Eine Regenrцhre muЯ einst neben ihm auf der Erde gemьndet haben, male
ich mir aus - stumpfwinklig abgebogen, die Rдnder von Rost zerfressen, - und
trotzig will ich mir im Geiste ein solches Bild erzwingen, um meine
aufgescheuchten Gedanken zu belьgen und in Schlaf zu lullen.
Es gelingt mir nicht.
Immer wieder und immer wieder mit alberner Beharrlichkeit behauptet
eine eigensinnige Stimme in meinem Innern - unermьdlich wie ein
Fensterladen, den der Wind in regelmдЯigen Zwischenrдumen an die Mauer
schlagen lдЯt: es sei das ganz anders, das sei gar nicht der Stein, der wie
Fett aussehe.
Und es ist von der Stimme nicht loszukommen.
Wenn ich hundertmal einwende, alles das sei doch ganz nebensдchlich, so
schweigt sie wohl eine kleine Weile, wacht aber dann unvermerkt wieder auf
und beginnt hartnдckig von neuem: gut, gut, schon recht, es ist aber doch
nicht der Stein, der wie ein Stьck Fett aussieht. -
Langsam beginnt sich meiner ein unertrдgliches Gefьhl von Hilflosigkeit
zu bemдchtigen.
Wie es weiter gekommen ist, weiЯ ich nicht. Habe ich freiwillig jeden
Widerstand aufgegeben, oder haben sie mich ьberwдltigt und geknebelt, meine
Gedanken?