"Stefan Zweig. Buchmendel (Букинист. На немецком языке)" - читать интересную книгу автораeinmal zu uns kommen ist. Es hat ihn halt nur so hergetrieben, als einen
Schlafeten. Mein Gott, wenn man sechsunddreiЯig Jahr einmal so gesessen ist jeden Tag, dann ist eben so ein Tisch einem sein Zuhaus." Wir sprachen noch lange von ihm, die beiden letzten, die diesen sonderbaren Menschen gekannt, ich, dem er als jungem Mann trotz seiner mikrobenhaft winzigen Existenz die erste Ahnung eines vollkommen umschlossenen Lebens im Geiste gegeben sie, die arme, abgeschundene Toilettenfrau, die nie ein Buch gelesen, die diesem Kameraden ihrer untern armen Weit nur verbunden war, weil sie ihm durch fьnfundzwanzig Jahre den Mantel gebьrstet und die Knцpfe angenдht hatte. Und doch, wir verstanden einander wunderbar gut an seinem alten, verlassenen Tisch in der Gemeinschaft des vereint heraufbeschworenen Schattens; denn Erinnerung verbindet immer, und zwiefach jede Erinnerung in Liebe Plцtzlich, mitten im Schwatzen, besann sie sich: "Jessas, wie ich vergessig bin das - Buch hab ich ja noch, das was er damals am Tisch liegen lassen hat. Wo hдtt ich's ihm denn hintragen sollen? Und nachher, wie sich niemand gemeldt hat, nachher hab ich gmeint, ich dьrft's mir behalten als Andenken. Nicht wahr, da ist doch nix Unrechts dabei?" Hastig brachte sie's heran aus ihrem rьckwдrtigen Verschlag. Und ich hatte Mьhe, ein kleines Lдcheln zu unterdrьcken; denn gerade dem Erschьtternden mengt das immer spielfreudige und manchmal ironische Schicksal das Komische gerne boshaft zu. Es war der zweite Band wohlbekannte Kompendium galanter Literatur. Gerade dies skabrцse Verzeichnis - habent sua fata libelli - war als letztes Vermдchtnis des hingegangenen Magiers zurьckgefallen in diese abgemьrbten, rot aufgesprungenen, unwissenden Hдnde, die wohl nie ein anderes als das Gebetbuch gehalten. Ich hatte Mьhe, meine Lippen festzuklemmen gegen das unwillkьrlich von innen aufdrдngende Lдcheln, und dies kleine Zцgern verwirrte die brave Frau. Ob's am Ende was Kostbares wдr, oder ob ich meinte, daЯ sie es behalten dьrft? Ich schьttelte ihr herzlich die Hand. "Behalten Sie's nur ruhig, unser alter Freund Mendel hдtte nur Freude, daЯ wenigstens einer von den vielen Tausenden, die ihm ein Buch danken, sich noch seiner erinnert." Und dann ging ich und schдmte mich vor dieser braven alten Frau, die in einfдltiger und doch menschlichster Art diesem Toten treu geblieben. Denn sie, die Unbelehrte, sie hatte wenigstens ein Buch bewahrt, um seiner besser zu gedenken, ich aber, ich hatte jahrelang Buchmendel vergessen, gerade ich, der ich doch wissen sollte, daЯ man Bьcher nur schafft, um ьber den eigenen Atem hinaus sich Menschen zu verbinden und sich so zu verteidigen gegen den unerbittlichen Widerpart alles Lebens: Vergдnglichkeit und Vergessensein. |
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