"Satan und Ischariot II" - читать интересную книгу автора (Май Карл)Zweites Kapitel. Yuma-Tsil.Wir mu#223;ten unsere Pferde ungew#246;hnlich ausgreifen lassen, denn der Weg, zu welchem sie herzu einen ganzen Tag gehabt hatten, mu#223;te heute in viel k#252;rzerer Zeit zur#252;ckgelegt werden. Der H#228;uptling hielt sich h#246;flich mir zur Linken. Er machte ein nachdenkliches Gesicht; es fiel ihm nicht leicht, das, was seit gestern abend geschehen war, als endg#252;ltiges Faktum hinzunehmen. Hinter uns ritt der Mimbrenjo, So oft ich einen Blick zur#252;ck auf ihn warf, sah ich sein bronzenes Gesicht in stiller Heiterkeit strahlen. Er war mit dem so unerwarteten Ergebnisse unsers Rittes ebenso zufrieden wie ich und sagte sich mit vollem Rechte, da#223; er auch sein gutes, volles Teil zu diesem Erfolge beigetragen habe. Das Pferd der »listigen Schlange« war sehr gut ausgeruht, sonst w#228;re es hinter den unsrigen zur#252;ckgeblieben; es hielt sich so tapfer, da#223; wir, eben als die Sonne im Westen verschwand, die Stelle erreichten, wo wir mit den Wagen nach Norden abgewichen waren. Wir folgten dieser Richtung. Es wurde dunkel, und da bat ich den H#228;uptling, mit dem Mimbrenjo halten zu bleiben und erst nach einer halben Stunde nachzukommen. Ich wollte die Unseren #252;berraschen. Darum lie#223; ich das Pferd und die Gewehre bei den beiden und ging zu Fu#223; weiter. Ich hatte bis zum Lager wohl zehn Minuten zu gehen und war #252;berzeugt, da#223; von Winnetou Posten ausgestellt worden waren. Ein brenzlicher Geruch sagte mir, da#223; ein Feuer brannte. Das war ein Zeichen, da#223; Winnetou sich ziemlich sicher f#252;hlte. Da ich auf Kundschaft fort war, so wu#223;te er, da#223; ich, falls uns eine Gefahr drohen sollte, gewi#223; kommen w#252;rde, um ihn zu benachrichtigen; also stand, solange ich abwesend blieb, wenigstens nichts Bedeutendes zu bef#252;rchten. Es war ganz dunkel; demnach konnte ich die Posten, an welchen ich gern unbemerkt vor#252;ber wollte, nicht sehen und mu#223;te mich auf mein Geh#246;r verlassen. Da ich die Eigent#252;mlichkeit des Apatschen kannte, so wu#223;te ich ziemlich genau, in welcher Weise er die Posten aufgestellt hatte, und konnte sie also vermeiden. Um aber einen, der sich dennoch in meinem Wege befinden sollte, aus demselben zu bringen, b#252;ckte ich mich nieder und suchte mir mit Hilfe des Tastsinnes einige Steinchen zusammen. Von diesen warf ich, indem ich langsam vorw#228;rts schlich, von Zeit zu Zeit einen seitw#228;rts ins Gestr#228;uch. Dies verursachte ein Rascheln, auf welches der Posten gewi#223; achtete und dem er nachging, um zu untersuchen, wodurch es verursacht worden sei; dadurch kam er mir aus dem Wege. Auf diese Weise kam ich schnell und ganz unbemerkt nahe genug, um das kleine Feuer zu sehen, welches brannte. Nun mu#223;te ich mich auf den Boden legen und schob mich zollweise weiter hinan. Winnetou hatte seine Vorkehrungen so gut getroffen, da#223; einer, dem seine Eigenheiten fremd waren, ihn unm#246;glich beschleichen konnte. Die Flamme brannte auf der Lichtung; um dieselbe lagen, um leicht bewacht zu werden, die Gefangenen; die Mimbrenjos hatten sich als W#228;chter in einem Ringe um dieselben gelagert. Rechts im Dunkel standen die Wagen mit den daran gebundenen Zugtieren. Links von mir sa#223; der Apatsche, mit dem R#252;cken an einen Baum gelehnt; in seiner N#228;he hatte sich der Yumat#246;ter niedergelassen, und nicht weit davon, gerade vor dem Strauch, hinter welchem ich steckte, gab es eine M#228;nnergruppe, in welcher eine zwar nicht laute, aber desto lebhaftere Unterhaltung gef#252;hrt wurde. Indem ich die anwesenden Mimbrenjos z#228;hlte, sah ich, da#223; nicht weniger als sechs von ihnen auf Posten standen. Das Wunder, unbemerkt zwischen ihnen hindurchgekommen zu sein, hatte ich nur dem Experimente mit den Steinchen zu verdanken. in der erw#228;hnten Gruppe sa#223;en auch der alte Pedrillo und der sonderbare Don Endimio de Saledo y Coralba, der Juriskonsulto und der Haziendero. Der alte Pedrillo war eben daran, eines seiner in den Vereinigten Staaten erlebten Abenteuer zu erz#228;hlen. Er nahm dabei Gelegenheit, von der Schlauheit, deren man sich zu bedienen hat, um einen Feind des Nachts von sich abzuhalten, zu reden, und behauptete dabei: »Ich habe da manchen Roten beschlichen; aber keinem von ihnen ist es gelungen, an mich zu kommen.« »Was ist das weiter!« meinte der Haziendero. »Man brennt kein Feuer an, so kann man nicht gesehen und gefunden werden.« »Pah! Was versteht Ihr davon, Don Timoteo! Feuer oder nicht, das ist einem Roten ganz gleich. Nur mu#223; man, wenn man ein Feuer hat, mehr aufpassen und t#252;chtig Posten stellen. Wir zum Beispiele haben sechs um unsere B#252;sche stehen; da ist es vollst#228;ndig unm#246;glich, sich ungesehen heranzuschleichen.« Winnetou hatte die Augen, als ob er schlafe, geschlossen gehalten; jetzt #246;ffnete er sie, richtete seinen Blick auf den Sprecher und sagte: »Der alte Pedrillo darf dies nicht behaupten. Es giebt J#228;ger, welche doch herank#228;men, rote und wei#223;e. Wende dich um, und greif in den Busch, in welchem Old Shatterhand liegt!« Wenn ich es vorhin ein Wunder nannte, da#223; ich ungesehen und ungeh#246;rt so weit gekommen war, so mu#223; man es ein zehnfaches Wunder hei#223;en, da#223; Winnetou nicht nur bemerkt hatte, da#223; sich jemand hinter dem Strauch befand, sondern auch wu#223;te, wer es war. Und doch hatte er, freilich nur scheinbar, die Augen geschlossen gehalten. Dies pflegte er zu thun, wenn er sein Geh#246;r einmal mehr als sonst anstrengen wollte. Pedrillo drehte sich auch um und fuhr mit der Hand in den Busch; ich richtete mich auf und trat heraus, indem ich zu dem Apatschen sagte: »Meinem Bruder Winnetou kann nichts entgehen; seine Augen und Ohren sind sch#228;rfer als die meinigen.« Als ich so pl#246;tzlich vor dem tapfern Don Endimio de Saledo y Coralba auftauchte, fiel er vor Schreck hinten#252;ber und stie#223; einen so markersch#252;tternden Schrei des Entsetzens aus, als ob ihm der leibhafte Gottseibeiuns erscheine. Die Mimbrenjos dachten nicht an ihre wohlgepflegte Gewohnheit, selbst das unerwartetste Ereignis mit stoischer Ruhe hinzunehmen; sie sprangen vom Boden empor und starrten mich auch an wie einen Geist. Auch die gefangenen Yumas richteten sich so weit auf, wie ihre Fesseln es erlaubten. Sie wu#223;ten, da#223; ich nach Almaden geritten war, und meinten nun, durch mich zu erfahren, wie die Verh#228;ltnisse dort standen. Sie hatten wohl gehofft, da#223; ich nicht wiederkommen werde, sondern da#223; ihre dortigen Krieger mich ergreifen oder gar wegputzen w#252;rden. Von dem ersten Wagen her erscholl ein Schrei. Dort hatte der Player gelegen, an den H#228;nden gebunden und von einem Mimbrenjo bewacht. Er kam herbei, dr#228;ngte sich mit den Ellbogen durch die mich umringenden Personen und rief mit einer Freude, welche sichtlich aufrichtig war: »Gott sei Dank, Sir, da#223; Ihr unverletzt wieder hier seid! Ich habe schlimme Angst ausgestanden.« »Angst? Warum?« fragte ich ihn. »Weil, wenn Euch ein Ungl#252;ck geschehen w#228;re, man vielleicht behauptet h#228;tte, da#223; ich schuld daran sei, weil ich Euch falsch berichtet habe. Und doch meine ich es ehrlich mit Euch!« »Davon bin ich jetzt #252;berzeugt. Was Ihr mir gesagt und beschrieben habt, hat sich alles als wahr herausgestellt.« Ich erz#228;hlte, da#223; ich in seiner H#246;hle gewesen sei, Almaden ausgeforscht und mit Weller und Melton gesprochen habe - mehr sagte ich noch nicht. »Dann sind hundert Engel bei Euch gewesen, die Euch besch#252;tzten,« sagte er. »Welch ein Gl#252;ck, da#223; es ohne Unfall abgelaufen ist! Diese Verwegenheit h#228;tte Euch #252;bel bekommen k#246;nnen, und dann w#228;re der Verdacht der Untreue auf mich gefallen.« »M#246;glich! Aber ich bescheinige Euch hiermit vor allen diesen Zeugen gern, da#223; ich Euch von jetzt an vollst#228;ndig trauen werde, und nehme Euch zum Beweise daf#252;r Eure Handfesseln ab. La#223;t Euch Eure Waffen geben, die ich Euch an der Hazienda abgenommen habe. Ihr seid frei!« Die Freude des umgekehrten Verirrten war gro#223;; aber der Haziendero rief mir zu: »Was thun Sie da, Sennor! Sie lassen einen Mann frei, der bestraft werden mu#223;. Es ist erwiesen, da#223; er an der Zerst#246;rung meiner Besitzung beteiligt war! Ich befehle Ihnen, kraft meines Amtes, ihm die Fesseln wieder anzulegen!« »Sie haben mir gar nichts zu befehlen! Ich aber befehle Ihnen, sich wieder niederzusetzen und den Mund zu halten. Wer Gefangener bleiben soll, das haben nicht Sie, sondern Winnetou und ich zu bestimmen. Das werde ich Ihnen beweisen, indem ich noch andere freigebe.« Bei diesen Worten trat ich zu dem "schnellen Fische", zerschnitt seine Fesseln und sagte: »Mein roter Bruder ist frei; er mag aufstehen. Die Krieger der Mimbrenjos m#246;gen den Kriegern der Yumas die Riemen abnehmen; ich gebe sie alle frei, denn ich habe mit der "listigen Schlange", dem H#228;uptlinge der Yumas bei Almaden, Frieden geschlossen und das Kalumet geraucht.« Ein vielstimmiger Schrei erscholl; die Mimbrenjos stie#223;en ihn vor Verwunderung, die Yumas vor Entz#252;cken aus. Die Wirkung meiner Worte war sogar bei Winnetou in einer Weise zu sehen, welche ich bisher f#252;r unm#246;glich gehalten hatte. Er erhob sich rasch, trat zu mir heran und fragte hastig: »Das Kalumet geraucht?« »Mit ihm und allen seinen Kriegern,« antwortete ich. »So sind die Yumas von Melton abgefallen?« »Ja, und er und Weller sind gefangen. Die Bleichgesichter sind frei.« »Wo befinden sie sich?« »In Almaden bei ihren Freunden, den Yumakriegern. Morgen reiten und fahren wir alle hin, um das Fest des Kalumets zu feiern.« Da legte er seine beiden H#228;nde auf meine Achseln und rief aus: »Habt ihr es geh#246;rt, ihr roten und ihr wei#223;en M#228;nner? Das, was wir mit vielen Kriegern nicht zu erzwingen glaubten, hat Old Shatterhand allein fertig gebracht. Er ist mehr als hundert, als zweihundert bewaffnete M#228;nner!« »O nein! Ich habe Gl#252;ck, Gl#252;ck gehabt, und das Wenige, was ich mir selbst zuschreiben darf, kommt auf die Rechnung Winnetous, der mein Lehrmeister gewesen ist.« »Das sage mein Bruder nicht. Der Meister w#252;rde das nicht fertig bringen, was der Lehrling fertig gebracht hat.« »Nein, nein! Du wirst erfahren, wie alles zugegangen ist, und mir dann recht geben, da#223; der Zufall dabei die gr#246;#223;te Rolle gespielt hat.« W#228;hrend ich Rede und Gegenrede mit ihm wechselte, wurden die Yumas von ihren Banden erl#246;st. Das geschah nat#252;rlich nicht ohne L#228;rm, durch welchen die Posten herbeigelockt wurden, indem sie mit Recht annahmen, da#223; bei solchem Geschrei die Bewachung des Lagers eine L#228;cherlichkeit sei; sie mischten sich unter die andern. So kam es, da#223; man die Ankunft des Mimbrenjo mit der »listigen Schlange« erst bemerkte, als sie schon da waren und von den Pferden stiegen. Der wackere Knabe wurde von unsern Leuten, der H#228;uptling von seinen Yumas umringt, und nun gab es einen wahren Jahrmarkt von Ausrufen, Fragen und Antworten, da#223; es einem bei diesem wirren Durcheinander von Menschen und Stimmen h#228;tte angst und bange werden m#246;gen. Ich schlich mich davon, um f#252;r mein und Winnetous Pferd zu sorgen und meine Gewehre wieder an mich zu nehmen. Darauf setzte ich mich zu dem Apatschen, um dem frohen Treiben zuzusehen und dabei etwas zu essen und einige Schlucke Wein zu trinken, von dem sich mehrere Flaschen in einem der Wagen befanden. Es dauerte lange, ehe der L#228;rm sich minderte, und es w#228;re gewi#223; auch nicht sobald Ruhe eingetreten, wenn man nicht gew#252;nscht h#228;tte, zu erfahren, wie das gro#223;e Ereignis der Auss#246;hnung mit den Yumas und der Gefangennahme Meltons und Wellers zu stande gekommen war. Mein kleiner Mimbrenjo mu#223;te sich So setzen, da#223; alle ihn bei dem jetzt hochgesch#252;rten Feuer sehen und auch h#246;ren konnten, und die Geschichte erz#228;hlen. Er that dies mit dem gr#246;#223;ten Vergn#252;gen und wurde dabei durch die zeitweiligen Erl#228;uterungen der »listigen Schlange« unterst#252;tzt. Ich selbst sagte kein Wort dazu und unterbrach nur dann und wann den Erz#228;hler durch eine warnende Handbewegung, wenn er in #252;berm#228;#223;igem Eifer zu meinem Lobe sprach. An einen der Anwesenden hatte ich nicht gedacht, weil ich ihn nicht sah. Erst w#228;hrend der Erz#228;hlung merkte ich ihn. Er hatte sich vorher ferngehalten, hing nun aber mit seinen Augen an dem Munde des Mimbrenjoknaben. Das war der Athlet, welcher nat#252;rlich vorz#252;glich von Judith h#246;ren wollte. Der Knabe hatte meine Unterredung mit ihr und ihrem Vater nicht geh#246;rt und unterlie#223; es auch auf einen Wink von mir, die Bedingung, da#223; die J#252;din die Squaw des H#228;uptlings werden solle, zu erw#228;hnen; darum erfuhr der Herkules nichts von dem Schlage, welcher seinem schwachen Herzen bevorstand. Sp#228;ter aber, als die Aufregung vor#252;bergegangen und die Neugierde gestillt worden war und dieser und jener sich ein Pl#228;tzchen zur Nachtruhe suchte, that auch ich letzteres und kam dabei in seine N#228;he. Das benutzte er sofort, mich auf die Seite zu f#252;hren und auszufragen. Es konnte mir nicht einfallen, diesen Riesen an K#246;rper und Zwerg an Charakter schonend zu behandeln; ich hielt es vielmehr f#252;r geraten, ihm reinen Wein einzuschenken; vielleicht wurde er dadurch von der Krankheit oder vielmehr Verirrung seines Herzens geheilt. Wen Judith heiraten wolle, verschwieg ich noch, weil der hastige, entschlossen drohende Ton, in welchem er sprach, es mir r#228;tlich erscheinen lie#223;. Der Verlobte Judiths befand sich bei uns und war unser Gast. Was ihm Schlimmes bei uns geschah, das hatten wir zu verantworten, und der Eifersucht des Riesen durfte ich keine Selbstbeherrschung zutrauen. Sp#228;ter lag alles in tiefer, ungest#246;rter Ruhe. Wir hatten keine Posten ausgestellt und konnten zum erstenmal ohne Furcht schlafen. Er aber fand wohl keinen Schlaf-, der Gedanke an die Untreue der einstigen Verlobten raubte ihm denselben. Desto lebhafter ging es am fr#252;hen Morgen her. Es wurde zum Aufbruche ger#252;stet, und als der Zug sich in Bewegung setzte, befand sich diesmal kein einziger gefesselter Mensch bei demselben. Es ging schneller, als man bei der Schwerf#228;lligkeit der Wagen h#228;tte meinen sollen, da mit Hilfe von Lassos an jedem derselben mehrere Reiter ihre Pferde vorspannten. Dazu kam noch der Umstand, da#223; wir durch eine W#252;ste kamen, welche eben war und uns durch keinen Strauch oder Baum den Weg verlegte. Wir fuhren sehr oft im Galopp und kamen noch vor Abend am Yumalager vor Almaden an, wo wir von den Wei#223;en wie von den Roten lebhaft bewillkommnet wurden. Die durstig gewordenen Tiere mu#223;ten getr#228;nkt werden; zu fressen konnten wir ihnen aber heute leider nichts bieten. Dazu eignete sich am besten die Nebenh#246;hle, welche genug Wasser f#252;r alle enthielt. Der kleine Mimbrenjo mu#223;te die Yumas hinf#252;hren, und diese staunten nicht wenig, als sie nach Wegr#228;umung des Ger#246;lles die H#246;hle sahen, von der sie keine Ahnung hatten, und dazu h#246;rten, da#223; wir durch dieselbe in den Schacht gekommen seien. Gleich nach unserer Ankunft trug sich ein Ereignis zu, welches von traurigen Folgen begleitet war. In den ersten Augenblicken bewegte sich alles durcheinander, so da#223; der einzelne nicht in die Augen fiel; dann aber, als sich ruhigere Gruppen gebildet hatten, h#246;rte ich die Stimme Meltons, welcher dem entfernt von ihm liegenden Weller zurief: »Weller, dort ist der Player, und nicht gefesselt wie wir! Wie geht das zu?« »Wo?« fragte der Angerufene. »Ah, dort! Ich sehe ihn. Sollte der Schuft den Verr#228;ter gemacht haben?« »Nat#252;rlich! Anders kann es nicht sein, da er sonst gebunden w#228;re, wie wir gebunden sind. H#228;tte ich meine H#228;nde und F#252;#223;e frei!« »Ja, h#228;tten wir sie frei, wir w#252;rden ihm den Judasgroschen auszahlen. Player, he, Player!« »Was giebt es?« fragte der Genannte, als er den Ruf h#246;rte. »Komm doch einmal her! Ich mu#223; dich um etwas fragen.« Noch ein anderer h#246;rte den Ruf, n#228;mlich der Herkules. »Ah, der alte Weller!« h#246;rte ich ihn sagen. »Der ist mein Mann.« Er folgte dem Player nach der Stelle, wo Weller lag. Ich ging hinter ihm her, um m#246;glicherweise eine Uebereilung zu verh#252;ten. Der Riese schien den Kolbenhieb des jungen Weller #252;berwunden zu haben; aber ob er den Wunsch nach Rache ebenso #252;berwinden werde, das war eine andere Frage. Ich h#228;tte den nun zwischen Weller und dem Player stattfindenden Wortwechsel nicht zugeben sollen und auch leicht verhindern k#246;nnen, aber ich dachte, vielleicht noch etwas erfahren zu k#246;nnen, und es war ganz so, als ob das, was nun geschah, nicht anders h#228;tte kommen k#246;nnen. »Wie kommst denn du hierher?« fragte Weller in einem keineswegs feindlichen Tolle. »Ich wurde von Old Shatterhand #252;berrumpelt und gefangen genommen.« »So bist du sehr unvorsichtig gewesen! Dir scheint es aber besser zu gehen als mir und Melton, denn du bist frei. Wie kommt das? Wahrscheinlich hast du dich bei Old Shatterhand und Winnetou eingeschmeichelt. Wie?« Der Gefragte #252;berlegte einige Augenblicke, ob er die Wahrheit zugeben oder leugnen solle, und antwortete dann: »Warum sollte ich nicht! Da wir Old Shatterhand und den Apatschen gegen uns hatten, so war fast mit Sicherheit vorauszusehen, da#223; wir den k#252;rzern ziehen w#252;rden; sodann hatte ich, wie ich dir heute sagen will, gar wohl durchschaut, da#223; ihr beiden den L#246;wenanteil f#252;r euch behalten und mich mit einer Wenigkeit abfinden w#252;rdet, und endlich - -« »Nun, endlich? Was weiter?« fragte Weller, als der andere einen Augenblick innehielt. »Endlich.« fuhr dieser fort, »gingen mir auch die armen Teufel im Kopfe herum, welche so schm#228;hlich da unten im Schachte verkommen sollten. Sie thaten mir leid, und ich begann, einzusehen, da#223; das, was wir an ihnen ver#252;bt hatten und noch ver#252;ben wollten, ein sehr schweres Verbrechen sei.« »Ah, so bist du wohl ganz pl#246;tzlich ein Betbruder geworden?« »Das nicht, aber vielleicht werde ich es noch, um das, was ich mit euch begangen habe, unserm Herrgott abzubitten.« »Kannst du sagen, was man mit uns vornehmen wird?« »Ich bef#252;rchte, da#223; ihr keine Hoffnung habt, jemals wieder freizukommen.« »Eigentlich hast du dasselbe Schicksal verdient wie wir, dennoch aber freut es mich, da#223; wenigstens einer von uns so gut gefahren ist. Wie steht es denn mit meinem Sohne? Ich habe euch gesucht, um zu erfahren, was mit ihm vorgenommen worden ist, euch aber nicht gefunden.« »Willst du die Wahrheit h#246;ren?« »Ich werde wohl nicht daran sterben. Also nur heraus damit! Du wei#223;t, da#223; ich kein Schw#228;chling bin.« Letzteres mochte wahr sein, dennoch lag eine furchtbare Angst in dem fragenden Blicke, den er erwartungsvoll auf den Player richtete. Der Vater machte sich in ihm geltend. Als der Gefragte nicht sogleich antwortete, fuhr er fort: »Also aufrichtig gesagt, ist er tot?« »Ja.« »Tot, also tot!,« wiederholte er, indem er die Augen schlo#223;. Man sah, welche Wirkung die Nachricht auf ihn aus#252;bte. Die Wangen fielen nach innen, und sein Ge- Gesicht bekam f#252;r kurze Zeit das Aussehen eines Toten. Dann #246;ffnete er die Augen wieder und erkundigte sich: »Was f#252;r ein Tod? « »Erw#252;rgt durch - -« »Durch mich!« antwortete jetzt der Athlet. »Ihr Schurken glaubtet mich tot, aber mein Sch#228;del war fester, als ihr dachtet. Ich bekam nur ein kurzes Fieber, und in diesem Fieber habe ich deinen Buben mit den F#228;usten erw#252;rgt, sowie ich dich bei voller Besinnung erw#252;rgen m#246;chte und auch noch erw#252;rgen werde!« Weller schlo#223; die Augen zum zweitenmal und f#252;r l#228;ngere Zeit als vorhin. Was mu#223;te jetzt in ihm vorgehen! Als er sie #246;ffnete, zeigte sein Gesicht das Gegenteil von dem, was ich erwartet hatte, nicht Ha#223;, Grimm und Wut, sondern einen, fast m#246;chte ich sagen, sanften und r#252;hrenden Zug der Ergebung. Und in einem solchen Tone wendete er sich an den Player: »Du hast also Winnetou und Old Shatterhand mit ihren Mimbrenjos hierhergef#252;hrt?« »Ja, ich leugne es nicht; aber sie h#228;tten den Weg auch ohne mich gefunden.« »Mag sein, doch war es von dir dennoch ein Verrat gegen uns, den du besser unterlassen h#228;ttest. Mit deiner Gefangennahme und deinem Uebergange zu den Gegnern hat unser Pech eigentlich erst begonnen. Es wird wohl aus mit uns sein, und da habe ich einen Wunsch, der meine Hinterlassenschaft betrifft. W#252;rdest du ihn mir als alter Kamerad erf#252;llen?« »Wenn ich kann, ja.« »Du kannst es, ohne ein Unrecht zu thun und ohne alle M#252;he. Komm her zu mir!« Der Player trat ihm einen Schritt n#228;her und bog sich leicht zu ihm nieder. Eine pl#246;tzliche Regung in mir wollte mich veranlassen, ihn zu warnen; aber was konnte ihm Weller thun? Er war an den F#252;#223;en und Armen gefesselt und au#223;erdem durch meinen Schu#223; an der Rechten so verwundet, da#223; er dieselbe nicht bewegen konnte. »Noch leiser mu#223; ich reden, noch leiser. Komm also n#228;her; kniee da nieder!« Der Player entsprach dieser Forderung, indem er sich auf das Knie niederlie#223;, und ging damit in die ihm so schlau gestellte Falle des #228;u#223;erlich so ergeben erscheinenden und innerlich doch von unbeschreiblicher Wut durchtobten Verbrechers. Dieser stemmte n#228;mlich die Ellbogen fest auf die Erde und hob blitzschnell die Beine hoch empor, um sie ebenso schnell auf die Achseln des Players niederzusenken. Es mu#223; dabei daran erinnert werden, da#223; nicht seine Beine, sondern unten seine F#252;#223;e und zwar an den Fu#223;gelenken, zusammengebunden waren; er konnte die Beine also in den H#252;ftgelenken hochheben und bei den Knieen soweit auseinandernehmen, da#223; zwischen ihnen eine Oeffnung entstand, in welche der Kopf des Players zu stecken kam. Darauf pre#223;te Weller die Kniee mit aller Kraft an dem Halse seines fr#252;hern Kameraden zusammen, soda#223; sich dessen Gesicht sofort blau f#228;rbte, und schrie dabei jubelnd und in einem ganz andern Tone, als er vorhin gesprochen hatte: »Habe ich dich #252;berlistet, du zehnfacher Schurke? Und du hast meinem freundlichen Gesicht geglaubt, du hundertfacher Dummkopf! Rache will ich haben, Rache! Ist infolge deines Verrates mein Sohn erw#252;rgt worden, so sollst nun du daf#252;r auch erw#252;rgt werden!« »Ja, gieb es ihm, gieb es ihm!« munterte ihn Melton unter teuflischem Lachen auf. »La#223; ihn nicht los, ja nicht los!« Man wei#223;, welche Kraft in den Knieen eines er- erwachsenen Mannes liegt. Dazu kam, da#223; die F#252;#223;e durch die Riemen vereinigt waren und in dieser Vereinigung einen Halte- oder Hebelpunkt fanden, durch welchen die urspr#252;ngliche Kraft der Kniee vervielf#228;ltigt wurde. Eine einzige Minute gen#252;gte, den Player zu erdrosseln. Ich sprang nat#252;rlich augenblicklich hinzu, um ihm zu helfen; der Goliath kam mir aber doch zuvor. Er warf sich nieder, klammerte seine Riesenh#228;nde um den Hals Wellers und rief: »Du selbst wirst erw#252;rgt werden, sowie ich deinen Sohn erw#252;rgt und es dir soeben auch versprochen habe!« Dies Verfahren, dem Bedrohten zu Hilfe zu kommen, war grundfalsch, denn als Weller der Atem auszugehen begann, krampfte die Todesangst seine Beine noch fester als vorher um den Hals des Players. Ich packte sie, um sie auseinander zu ziehen, doch vergeblich; ich besa#223; nicht Kraft genug, und kein Mensch h#228;tte sie besessen, die f#252;rchterliche Anspannung der Muskeln und Sehnen zu #252;berwinden. Mein Angriff mu#223;te sich gegen den erw#228;hnten Hebelpunkt richten; ich ri#223; also, selbst auch voller Angst, mein Messer heraus und schnitt die Fu#223;riemen entzwei, worauf ich die F#252;#223;e auseinander zwang und, mich zwischen dieselben klemmend, dann auch die Kniee zu #246;ffnen vermochte. Der Kopf des Players bekam Raum und sank zur Erde nieder; der arme Teufel lag wie ein Toter da, rotblau angeschwollen im Gesichte. Daf#252;r legten sich die Beine Wellers nun mit aller Gewalt um mich. »Lassen Sie los!« rief ich dem Athleten zu. »Sie ermorden ihn ja!« »Ermorden?« lachte er grimmig. »O nein, ich bestrafe ihn nur.« Ich sah, da#223; er den bisherigen Druck seiner H#228;nde verst#228;rkte, und konnte es doch nicht hindern, obgleich ich ihn von hinten packte und wegrei#223;en wollte. Endlich lie#223; er los, versetzte dem ohne Bewegung daliegenden K#246;rper einen Fu#223;tritt und sagte, tief Atem holend: »So, es ist aus mit ihm! Der sperrt keinen Menschen mehr ein und #252;berf#228;llt auch keinen wieder im Schlafe. Nun, m#246;gen die Geier ihn fressen, wie sie seinen Sohn fra#223;en und mich fressen sollten!« Es machte mir M#252;he, von den Beinen des Gew#252;rgten loszukommen. Nat#252;rlich sah ich dann zun#228;chst nach dem Player. Er begann schon leise nach Luft zu schnappen, lebte also noch und war gerettet; Weller aber war tot, erstickt unter den F#228;usten des Riesen, der sich #252;ber sein grausiges Werk freute. »Wissen Sie, da#223; Sie ein M#246;rder sind? Ich sollte Sie binden lassen und dem Richter #252;bergeben!« fuhr ich ihn in Gegenwart aller an, welche herbeigekommen waren, um dem Ausgange der grausigen Scene beizuwohnen. »Ein M#246;rder?« antwortete er. »Sie verwechseln die Begriffe, denn Sie haben mich keinem Richter zu #252;bergeben, sondern ich selbst habe das Amt eines solchen ausge#252;bt.« »Nein, sondern das Amt eines Henkers. Mir graut vor Ihnen!« »Wirklich? Sagen Sie mir doch, wen Judith heiraten will; es zuckt mich gewaltig in den Fingern, den Kerl gleich auch beim Halse zu nehmen!« W#228;hrend er das sagte, sah er aus, als ob er die Drohung augenblicklich wahr machen w#252;rde; es konnte mir also nicht beikommen, ihm die gew#252;nschte Auskunft zu geben. Er bekam sie aber von anderer Seite. N#228;mlich unter denen, welche sich herbeigedr#228;ngt hatten, stand auch Judiths Vater, welcher, als er die Worte des Herkules h#246;rte, gleich antwortete: »Das k#246;nnen Sie erfahren. Die Tochter meiner Seele hat nicht n#246;tig, sich zu h#228;ngen an einen herumziehenden Gaukler; sie wird sein die Beherrscherin eines ber#252;hmten Indianerstammes und gl#228;nzen in Juwelen, Gold und Seide wie eine K#246;nigin.« Der Athlet sah dem ebenso unvorsichtigen wie #228;ffischen Alten beinahe verbl#252;fft in das Gesicht, sch#252;ttelte den Kopf und fragte: »Die Beherrscherin eines Indianerstammes? Wie soll ich das verstehen? « »Das ist so zu verstehen, da#223; sie wird sein die bewunderte und angebetete Gemahlin der "listigen Schlange", welcher H#228;uptling des Yumastammes ist.« »Was? Indianerin will sie werden?« lachte der Riese ungl#228;ubig. »Ihr wollt wohl Kom#246;die spielen!« »Nein, sondern wir wollen, da#223; die Kom#246;die mit Ihnen endlich einmal ein Ende hat. Wir werden bei den Yumas bleiben, Judith und ich; Sie aber m#252;ssen mit nach Texas ziehen. Wir werden einen Palast und ein Schlo#223; bekommen; Sie aber werden Klee ackern und R#252;ben pflanzen!« Der andere fuhr sich mit der Hand nach dem Kopfe, stierte im Kreise umher, lie#223; dann seinen Blick auf mir haften und sagte: »Herr, machen Sie diesem kindischen Tingel-Tangel ein Ende, indem Sie mir die Wahrheit berichten! Was habe ich von dem Kauderwelsch dieses alten Mannes zu halten?« Es war jetzt unm#246;glich, es ihm l#228;nger zu verhehlen; darum antwortete ich: »Sie haben die Wahrheit geh#246;rt; der H#228;uptling begehrt Judith zum Weibe und hat dies zu einer der Vorbedingungen des abgeschlossenen Friedens gemacht.« »Der - - H#228;upt - - ling? Unglaublich! Dies M#228;dchen, dies Wunder von Sch#246;nheit will sich einem Roten an den Hals werfen? Sie treiben da einen Scherz mit mir, den ich mir verbitten mu#223;!« »Es ist Thatsache.« »So bin entweder ich nicht bei Sinnen, oder Sie alle sind verr#252;ckt geworden. Sag, Judith, ist's wahr, was ich h#246;re? Du willst als Frau bei der "roten Schlange" bleiben?« »Ja,« nickte sie erhaben. »Ich werde K#246;nigin der Yumas sein.« »Wirklich, wirklich? Es ist keine L#252;ge?« Mir wurde himmelangst, denn ich sah, da#223; er sich in einer Aufregung befand, welche sich von Wort zu Wort steigerte. Auch konnte der Kolbenhieb, den er auf den Kopf erhalten hatte, vielleicht nicht ohne Wirkung auf sein Gehirn geblieben sein; ich wollte ihm eine beruhigende Antwort geben, aber das M#228;dchen, welches zur Unzeit herbeigekommen war, erwiderte schneller als ich: »Deinetwegen mache ich keine L#252;ge. Ich habe mich mit dem H#228;uptling verlobt, und du kannst deines Weges gehen!« Da traten seine Augen wild hervor; er ballte die F#228;uste und blickte suchend nach dem H#228;uptling aus. Die Katastrophe war da. Er sah ihn unfern bei einer Gruppe von Yumas stehen, begann, sich den Weg durch die Umstehenden zu bahnen, und schnaubte: »Also doch, doch, doch! Macht Platz, macht Platz! Ich mu#223; mit dem Kerl reden, aber mit den F#228;usten. Ich bin einmal beim Erw#252;rgen; er soll der n#228;chste sein und den Wellers folgen.« Es stand fest, da#223; er seine Worte wahr machen w#252;rde, wenn es ihm gelang, den H#228;uptling zu erreichen; ich drang ihm also nach, hielt ihn von hinten fest und rief: »Bleiben Sie, Sie Ungl#252;cksmensch! Die Sache ist nicht zu #228;ndern; der H#228;uptling steht unter meinem Schutze, und wer ihn anr#252;hrt, dem gebe ich eine Kugel!« Er wendete sich zu mir um, nahm mich mit einem vor Aufregung vollst#228;ndig verzerrten Gesichte in die Augen und zischte mich zwischen den zusammengepre#223;ten Z#228;hnen heraus an: »Kerl, la#223; mich, sonst nehme ich dich selbst zwischen die Finger! Oder meinst du, weil sich alle andern vor dir f#252;rchten, da#223; du es auch mit mir aufnehmen kannst?« Es war ihm jetzt jede That zuzutrauen. Die andern wichen von ihm zur#252;ck; ich zog meinen Revolver und antwortete: »Solange wir Frieden halten, haben wir uns beide nicht vor einander zu f#252;rchten; aber wenn Sie nur einen einzigen Schritt zu mir her oder nach dem H#228;uptlinge thun, bekommen Sie alle diese sechs Kugeln in den Kopf. Sie sind jetzt ein w#252;tendes Tier und m#252;ssen als solches behandelt werden. Es giebt Millionen M#228;dchen auf der Welt. Schicken Sie sich in das Unvermeidliche; nehmen Sie Verstand an, und beruhigen Sie sich! « Ich sprach diese Aufforderung in beg#252;tigendem Tone aus. Er verzog sein Gesicht zu einem unbeschreiblichen, krampfartigen Grinsen und meinte: »Beruhigen! Ja, ich will mich beruhigen und vielleicht werden auch andere mit mir ruhig werden. Also, Sie sagen, die Sache ist nicht mehr zu #228;ndern?« »Es ist so, wie ich sage.« »Es war Bedingung, da#223; Judith die Frau des Roten wird? Und Sie werden den H#228;uptling besch#252;tzen?« »Nicht nur ich allein, sondern #252;berhaupt alle, die sich hier befinden. Es wird Ihnen nicht gelingen, ihn zu erreichen, ihn auch nur zu ber#252;hren, denn jeder von uns ist bereit, Sie augenblicklich niederzustrecken. Es ist das unsere Pflicht. Wir k#246;nnen unm#246;glich zugeben, da#223; ein einzelner einer #252;berspannten Neigung wegen den Frieden bricht und die Gefahr noch gr#246;#223;er heraufbeschw#246;rt, als sie vorher gewesen ist. Wenn Sie den H#228;uptling t#246;ten oder auch nur verletzen, werden seine Leute augenblicklich #252;ber uns herfallen!« »Und da f#252;rchten Sie sich? H#246;rt es, ihr Leute, der ber#252;hmte Shatterhand f#252;rchtet sich; er hat Angst! Doch es ist ja ganz richtig so; eure Haut darf nicht geritzt werden; ihr d#252;rft keinen Tropfen euers kostbaren Blutes verlieren, und auch von dem lieben H#228;uptlinge soll nicht soviel genommen werden, wie unter einem Fingernagel steckt. Ich aber, ihr Memmen, f#252;rchte mich nicht vor dem Blute und werde euch dies beweisen. Der Rote soll, weil ihr euch so um ihn #228;ngstigt, heilig gehalten werden, und ich werde ruhig sein, und Judith, seine Braut, soll ebenso ruhig werden. Her mit der Schl#252;sselb#252;chse, welche ihr doch nicht zu gebrauchen versteht, ihr Feiglinge!« Der Juriskonsulto stand mit dem Haziendero in seiner unmittelbaren N#228;he; der erstere war, wie schon erw#228;hnt, ganz l#228;cherlicherweise bis an die Z#228;hne bewaffnet, auch mit einem Revolver, und der Haziendero trug auch einen solchen in seinem G#252;rtel. Mit einem schnellen Griffe bekam der Athlet diese beiden Waffen in seine H#228;nde, richtete die eine auf Judith, die andere gegen seinen eigenen Kopf und dr#252;ckte ab. Die meisten der Anwesenden schrieen vor Entsetzen auf. Ich hatte so eine Wendung der Scene mit in die Berechnung gezogen und mich sprungfertig gehalten. Da#223; er die Revolver bekam, konnte ich nicht verhindern; aber als er sie gegen sich und das M#228;dchen richtete, stand ich schon bei ihm und griff zu. Ich konnte nur seinen rechten Arm erlangen, welchen er nach Judith ausgestreckt hielt und schlug denselben in die H#246;he, soda#223; die Kugel #252;ber die K#246;pfe der Umstehenden hinwegflog. Er scho#223; mit dieser Hand noch ein zweites Mal und die Kugel nahm dieselbe Richtung; dann begann er zu schwanken, denn w#228;hrend es mir gelungen war, Judith zu besch#252;tzen, hatte er sich mit der Linken zwei Sch#252;sse in die Schl#228;fe gegeben. Seine Arme sanken herab; er drehte sich halb herum, und ich fing ihn in den Armen auf; seine Augen schlossen sich. »Ruhig, ruhig!« brachte er noch hervor; dann war es mit seinem Leben und mit seiner ungl#252;ckseligen Liebe zu Ende. Ich lie#223; ihn langsam niedergleiten und vermag nicht zu sagen, was ich dabei in meinem Innern empfand. Es erklangen alle zornigen und klagenden, alle tiefen und hohen Saiten desselben. Der Tote war ein charakterloser Schw#228;chling, aber ein treuer und auch sonst guter Mensch gewesen, und die Untreue und Gefalls#252;chtigkeit der J#252;din hatte ihn erst in die Fremde und sodann in den Tod getrieben. Sie hatte f#252;r mich kein einziges Wort des Dankes daf#252;r, da#223; ich ihr das Leben gerettet hatte; sie hatte auch kein Wort der Klage, des Bedauerns f#252;r den armen Teufel, dessen Selbstmord sie verschuldete; sie nahm ihren Vater bei der Hand und sagte: »Wie h#228;#223;lich und wie dumm von ihm! Das konnte er gescheiter machen. Er konnte mit nach Texas gehen, oder, wenn er sich das Leben nehmen wollte, dies wo anders thun, wo niemand dabei war. Ich mag ihn nicht sehen. Komm!« Sie zog ihn fort. Ich konnte es nicht #252;ber mich gewinnen, ruhig zu bleiben, und rief ihr voller Emp#246;rung nach: »Ja, gehen Sie, verschwinden Sie! Ich mag Sie auch nicht mehr sehen. Und wenn Sie sich noch einmal von mir erblicken lassen, so vergesse ich, da#223; Sie ein M#228;dchen sind, und lasse Ihnen einen guten, starken Lasso auf den R#252;cken geben, um wenigstens dort Gef#252;hl hervorzurufen, da Sie keines im Herzen haben, Sie stolze K#246;nigin der Yuma-Indianer!« Sie nahm die Drohung auch wirklich ernst und h#252;tete sich, mir, solange wir noch mit den Yumas zusammen waren, vor die Augen zu kommen. Aber als ich sie sp#228;ter in anderer Umgebung und unter andern Umst#228;nden als reiche und vornehme Dame wiedersah, schien sie meine Anweisung auf einige Dutzend Lassohiebe vollst#228;ndig vergessen zu haben. Alle seine #252;brigen Gef#228;hrten bedauerten von ganzem Herzen den Toten, den das Schicksal so schnell und unerwartet neben Weller als Leiche hingestreckt hatte. Die Roten hatten, da zwischen uns deutsch gesprochen worden war, dies nicht verstehen k#246;nnen und wu#223;ten also nicht, weshalb er sich das Leben genommen hatte. Als ihr H#228;uptling kam, um sich nach dem Grunde zu erkundigen, berichtete ich ihm: »Judith hatte ihm versprochen, seine Squaw zu werden, und er ist ihr aus Liebe #252;ber das Meer gefolgt. Nun er aber h#246;rte, da#223; sie die deinige werden will, hat er sich den Tod gegeben.« Ach h#246;rte doch, da#223; er auf sie geschossen hat?« »Er wollte auch sie t#246;ten, weil er sie dir nicht g#246;nnte.« »Und du hast sie gerettet? Ich danke dir! Die Bleichgesichter sind sonderbare Leute. Kein Indianer t#246;tet sich, wenn ein M#228;dchen sich weigert, seine Squaw zu werden, Entweder zwingt er sie dazu, indem er sie raubt, oder er lacht sie aus und nimmt sich eine bessere. Haben denn die Bleichgesichter gar so wenig M#228;dchen, da#223; sie eines jungen Gesichtes wegen den Verstand verlieren k#246;nnen? Ich beklage sie!« Wir hatten w#228;hrend dieser aufregenden Vorkommnisse nicht auf den Player achten k#246;nnen. Jetzt sahen wir, da#223; er sich von der Umschlingung Wellers leidlich wieder erholt hatte. Er sa#223; noch an der Erde und war von da aus Zeuge des Geschehenen gewesen. Nun stand er auf, kam langsam zu mir und erkundigte sich- »Weller ist tot, wie ich sehe. Er wollte mich erw#252;rgen; ich wei#223;, da#223; mir der Atem ausging; es mu#223; mich jemand gerettet haben. Wer ist das gewesen, Sir?« »Ich habe Euch Wellers Beine vom Halse genommen.« »Konnte es mir denken, denn als ich zu ihm trat, sah ich, da#223; Ihr Besorgnis hegtet und zur Hilfe bereit standet. Ich werde es Euch nie vergessen, da#223; ich Euch das Leben zu verdanken habe!« »Verge#223;t das immerhin, dagegen aber verge#223;t niemals das eine, da#223; Ihr mir versprochen habt, ein guter Mensch zu werden!« »Dies Versprechen werde ich halten. Ich bef#252;rchte nur, da#223; der Haziendero und sein Jurist auf eine Bestrafung dringen werden.« »Das m#246;gen sie thun; ich gebe nichts darauf, und Ihr wi#223;t ja, da#223; ich mir von ihnen keine Vorschriften machen lasse. Hier aufhalten d#252;rft Ihr Euch freilich nicht lange, weil es sonst geschehen k#246;nnte, da#223; man Euch festnimmt und zwischen vier unbequem enge W#228;nde sperrt.« »Das denke ich auch. Am liebsten ginge ich mit hin#252;ber nach Texas.« »Ihr k#246;nnt ja mit uns gehen, denn ich hoffe, da#223; wir mit Euch nicht etwa Unehre einlegen.« »Glaubt nichts B#246;ses mehr von mir! Ich werde an Euch denken, und das h#228;lt mich gewi#223; von allen Dummheiten ab. Vielleicht finde ich bei einem der Leute, die Ihr hin#252;berf#252;hrt, Arbeit. Aber sie sind freilich zu arm, sich anzukaufen und Arbeiter zu dingen.« »O, sie sind vorsichtig gewesen und haben noch soviel #252;brig, da#223; es f#252;r ein St#252;ck Land ausreicht. Euch werden sie nicht zur#252;ckweisen, da Ihr Yankee seid und Land und Leute kennt; da k#246;nnt Ihr ihnen von Nutzen sein. Zum Spielen aber d#252;rft ihr sie keineswegs verleiten, denn wenn ich sie einmal besuchte und so etwas von Euch h#246;rte, w#252;rde ich Euch ein wenig zwischen die F#228;uste nehmen.« »Habt da keine Sorge, Sir! Das Spiel ist mir widerw#228;rtig geworden, sonst w#228;re ich nicht mit hierher gegangen, um mich zwischen Indianer in die Ein#246;de zu vergraben. Das Geld ist zwar leicht gewonnen, aber noch schneller wieder verschwunden; arbeite ich jedoch, so ist mir jeder Dollar lieb, den ich verdiene, und ich wende ihn zehnmal um und gebe ihn dann erst recht noch nicht wieder aus.« »Seht da, was Ihr f#252;r gute Ansichten entwickelt! Wenn Ihr an denselben festhaltet, werdet Ihr es bald zu etwas bringen.« »Darauf schw#246;re ich. Wenn ich erst hundert Dollars habe, dann arbeite ich doppelt und dreifach eifrig, da#223; rasch zwei und dann dreihundert draus werden. Damit k#246;nnte man es schon wagen, sich eine kleine Farm zu pachten.« »Hm! Ich m#246;chte doch wissen, ob Ihr das Geld wirklich dazu anwenden w#252;rdet.« »Ganz gewi#223;!« »So will ich Euch einmal etwas sagen. Ich habe gerade dreihundert Dollars #252;brig, die ich nicht brauche und die ich auf meinen Fahrten nicht gern mit mir herumschleppen m#246;chte. K#246;nntet Ihr sie mir nicht abnehmen? Ich m#246;chte sie Euch borgen.« »Mir, dem Player, dreihundert Dollars borgen! Sir, das ist k#252;hn!« »O nein, denn wie ich Euch jetzt beurteile, bin ich #252;berzeugt, da#223; Ihr sie mir wiedergebt.« »Aber wenn ich dann, wenn Ihr sie gerade braucht, nicht zahlen kann? Angelegte Gelder lassen sich nicht jeden Augenblick fl#252;ssig machen.« »So warte ich. Ich bin Prairiel#228;ufer und an keine Zeit, an keinen Ort gebunden. Ich reise auch in andern L#228;ndern und k#246;nnte keinen K#252;ndigungstermin einhalten. Machen wir die Sache kurz. Wollt Ihr das Geld geborgt haben?« »Ich nehme es gern.« »So sollt Ihr es ohne K#252;ndigung haben. Ihr gebt es mir wieder, wenn es Euch pa#223;t und ich zuf#228;llig bei Euch bin. Soll darin eine Aenderung eintreten, so werden wir uns leicht einigen. Sobald ich mit Euch #252;ber die Grenze komme, gebe ich Euch das Geld, und Ihr pachtet irgend ein Anwesen. Bin ich dann einmal wieder im Lande, so besuche ich Euch, und wir werden dann sehen, ob ich das Geld brauche oder nicht. So soll es sein, von Zinsen aber keine Rede. Seid Ihr damit einverstanden?« »Welche Frage! Hier meine Hand. Ich danke Euch von ganzem Herzen. Und so lange ich lebe, werde ich immer daran denken, da#223; Ihr es seid, Sir, dem ich es zu verdanken habe, wenn ich ein gl#252;cklicher Mensch ge- geworden sein werde, der ruhig schlafen kann und sich nicht vor den Folgen seiner Thaten zu f#252;rchten braucht.« Er hatte in einem wirklich herzlichen Tone gesprochen; es war ihm ernst mit dem Vorsatze, einen neuen Lebensweg einzuschlagen. Ich freute mich dar#252;ber, ihm das Geld geben zu k#246;nnen, welches ich nat#252;rlich von der Summe nehmen wollte, die ich Melton und Weller abgenommen hatte. Zwar war dieselbe f#252;r die Deutschen bestimmt, doch konnten sie die Wenigkeit schon missen, welche f#252;r die Partei h#246;chstens zehn Dollars betrug. Als ich ihm die mir dargebotene Hand sch#252;ttelte, empfand ich im Innern eine frohe Genugthuung. Er wollte in seinen Dankesworten noch nicht abbrechen, doch konnte ich ihm weiter keine Aufmerksamkeit schenken, denn dieselbe wurde auf eine bedeutende Pferdeschar gelenkt, welche, von mehreren roten Reitern geleitet, im Galopp von Norden her herangeflogen kam. Es waren die Rosse, nach denen die »listige Schlange« einen Boten geschickt hatte. Sie kamen in der letzten Viertelstunde des Tages an, und als sie ringsum angepflockt waren, brach der Abend herein. Die F#252;hrer dieser Pferdeherde waren so umsichtig gewesen, d#252;rres Holz in B#252;ndeln mitzubringen, so da#223; einige Feuer angebrannt werden konnten. Der in den Wagen befindliche Proviant erm#246;glichte es, ein Festmahl zu veranstalten, ein Festmahl freilich nach dortigen Begriffen, denn nach der Ansicht civilisierter Menschen war es sehr einfach und sogar fast knapp, da wir mit den Vorr#228;ten sparen mu#223;ten. Nach demselben legte ich mich schlafen; meine Landsleute und die Mimbrenjos thaten dasselbe; die Yumas aber nahmen sich noch nicht die Zeit dazu, sondern sie gingen nach Almaden hin#252;ber, um das Nest auszupl#252;ndern. Fr#252;h sah ich, da#223; sie sich nicht weniger als alles, was dort zu finden gewesen war, angeeignet hatten. F#252;r den Indianer hat der geringste Gegenstand, den ein anderer als unn#252;tz liegen lassen oder wegwerfen w#252;rde, noch immer seinen, und zwar vielleicht gro#223;en Gebrauchswert. Sie hatten auch die beiden alten Frauen mitgebracht. Das Schachtloch war von ihnen mit Steinen verschlossen und der Eingang zur H#246;hle versch#252;ttet worden. Wahrscheinlich hat sich bis heute noch niemand gefunden, der die Mittel und den Mut besitzt, das wertvolle Innere des #246;den Felsens auszubeuten. Ich war der erste, welcher fr#252;h erwachte, und weckte den guten Don Endimio de Saledo y Coralba nebst seinen Wagenf#252;hrern. Ich ordnete das Gesch#228;ft mit ihnen, dann wurden die andern Schl#228;fer geweckt, worauf die Arbeit des Verladens begann. »Listige Schlange« leitete dieselbe, da ihm die Packpferde geh#246;rten. Die J#252;din und ihr Vater waren nicht zu sehen; sie mochten in dem Zelte ihres H#228;uptlings stecken und Angst vor mir haben. Ich sa#223; neben Winnetou und sah der Arbeit zu. Da n#228;herten sich uns zwei M#228;nner, denen man es ansah, da#223; sie sehr Wichtiges mit uns zu besprechen hatten - der Haziendero und der Juriskonsulto. Da#223; sie noch einmal kommen w#252;rden, um mir Forderungen und Vorw#252;rfe zu machen, hatte ich gewu#223;t. Seit gestern abend, wo ich Melton den Yumas #252;berantwortet hatte, befand sich derselbe unter strenger Bewachung in einem der Zelte. Die beiden gr#252;#223;ten h#246;chst ceremoniell, der Juriskonsulto mit einer sehr strengen Amtsmiene; dann sagte der letztere: »Ich sehe, da#223; Sie sich zur Reise r#252;sten, Sennor. Wohin soll es gehen?« »Nach Chihuahua,« antwortete ich. »Das kann ich nicht zugeben! Ich mu#223; darauf dringen, da#223; s#228;mtliche Personen, welche sich hier befinden, mit mir nach Ures kommen!« »Wahrscheinlich als Arrestanten?« »So #228;hnlich!« »So arretieren Sie uns!« »Das m#246;chte ich nicht gern, denn ich hoffe, da#223; die Amtsw#252;rde, in welcher ich mich befinde, Sie veranlassen wird, freiwillig mitzugehen.« »Da ich noch nichts von dieser W#252;rde bemerkt habe, kann sie mich auch zu nichts veranlassen. Uebrigens denke ich, da#223; wir uns auf dem Gebiete der Yuma-Indianer befinden, und ich habe die feste Absicht, die Sitten und Gebr#228;uche derselben mir als Gesetz dienen zu lassen. Und selbst wenn es anders w#228;re, wor#252;ber ich mich aber gar nicht mit Ihnen streite, so bin ich ein Deutscher und habe nach der Anweisung, welche Sie selbst mir gaben, ganz und gar nicht die Pflicht, mich nach ihrem Willen zu richten.« »Ich? Ich selbst h#228;tte Ihnen so etwas gesagt? Das ist nicht wahr!« »Es ist wahr. Als ich bei Ihnen war, um Sie um Schutz f#252;r die deutschen Emigranten zu ersuchen, behaupteten Sie, da#223; Sie mit denselben nichts zu thun h#228;tten, und verweigerten mir den erbetenen Schutz. Infolgedessen bin ich in die Berge geritten, um mich ihrer anzunehmen, und nun ich sie aus der f#252;rchterlichen Lage befreit habe, in welche sie infolge Ihrer Weigerung gekommen sind, treten Sie vor mich her und behaupten, da#223; wir uns unter Ihre amtliche Gewalt und W#252;rde zu stellen h#228;tten. Damit richten Sie sich aber an eine sehr falsche Adresse, Sennor. Ich bin nicht der Mann, der nach Laune und Belieben mit sich schalten l#228;#223;t.« »Was gehen mich Ihre deutschen Arbeiter an! Befinden sie sich etwa allein hier? Es sind noch andere Leute auch da. Es sind auch Dinge geschehen, in meinem Amtsbereiche geschehen, welche ich gerichtlich verfolgen mu#223;. Ich meine da den Ueberfall der Hazienda, die Morde hier und noch vieles andere, was ich nicht unbestraft lassen darf. Wo ist Melton?« »Beim H#228;uptlinge der Yumas, der h#246;chst wahrscheinlich die Absicht hat, ihn zu bestrafen.« »Zu bestrafen habe nur ich!« »Das machen Sie mit der "listigen Schlange" ab. Warum kommen Sie da zu mir?« »Weil Sie Melton ihm ausgeliefert haben. Sie hatten ihn an mich zu liefern!« »Schweigen Sie!« unterbrach ich ihn zornig. »Ich habe Ihnen gegen#252;ber gar keine Verpflichtung. Wenn Sie ein kluger Mann w#228;ren, w#252;rden Sie sich anders benehmen. Sie haben bis jetzt nur Dummheiten gemacht, und wenn Sie sich trotzdem hier noch als Herr und Gebieter aufspielen, so haben Sie nur den einen Erfolg, da#223; Sie ausgelacht werden. Ich mag von Ihnen kein Wort mehr h#246;ren!« Mein Ton sch#252;chterte ihn ein; er wagte es nicht, weiter zu sprechen, und blickte den Haziendero um Hilfe an. Darum nahm dieser an seiner Stelle das Wort: »Sennor, treten Sie nicht in dieser Weise auf. Bedenken Sie, da#223; Sie sich auf meinem Grund und Boden befinden! Sie sind, sozusagen, nur als Gast an diesem Orte!« »O, was das betrifft, so habe ich Ihre ber#252;hmte Gastlichkeit zur vollen Gen#252;ge kennen gelernt und danke f#252;r sie. Aber da Sie von Ihrem Grund und Boden reden, so behaupte ich, da#223; Sie ihn verkauft haben. Melton ist der Besitzer von Almaden.« »Ich werde gegen ihn klagen und mein Eigentum wiederbekommen. Der Kaufvertrag, den ich mit ihm abgeschlossen habe, ist null und nichtig. Ich darf mich mit vollstem Rechte wieder als Eigent#252;mer dieser Besitzung betrachten und verlange, da#223; jeder, der sich hier befindet, meinen Willen, der auch derjenige meines verehrten Freundes hier ist, respektiert.« »Nun, was ist denn Ihr Wille?« »Da#223; Sie mit nach Ures kommen. Sie sollen nicht nur gegen Melton zeugen, sondern wir haben Klage gegen Sie zu erheben.« »Klage? Wor#252;ber?« »Das werden Sie dort h#246;ren. Ich habe nicht n#246;tig, schon jetzt dar#252;ber zu sprechen.« »Gut, schweigen wir also! Auch ich habe nicht n#246;tig, zu sprechen, weder mit Ihnen noch mit Ihrem verehrten Freunde, und will Ihnen nur das eine sagen, da#223; Sie, wenn Sie Melton haben wollen, sich nicht an mich, sondern an die "listige Schlange" wenden m#252;ssen.« »Ich verlange ihn aber von Ihnen. Sie haben ihn festgenommen und durften ihn nicht ausliefern!« Da erhob sich Winnetou vom Boden, zog seinen Revolver und fragte in seinem ruhigen und doch so nachdr#252;cklichen Tone: »Wissen die beiden Bleichgesichter, wer jetzt vor ihnen steht?« »Winnetou,« antwortete der Haziendero. »Ja, Winnetou, der H#228;uptling der Apatschen,« best#228;tigte der Juriskonsulto. »Aber wissen die beiden Bleichgesichter auch, da#223; Winnetou das unn#252;tze Reden nicht liebt und noch viel weniger ein l#228;cherliches Auftreten vertragen kann? Ich will jetzt mit meinem Freunde Shatterhand allein sein. Ich werde bis drei z#228;hlen; wer sich dann noch hier bei uns befindet, wird erschossen!« Er richtete den Lauf auf die beiden. »Eins --- « Da lief der Juriskonsulto davon. »Zwei --- « Da rannte auch der Haziendero von dannen. »So brauche ich gar nicht drei zu sagen,« l#228;chelte der Apatsche. »H#228;tte mein Bruder ebenso gethan, so konnte er sich die vielen unn#252;tzen Worte ersparen.« Jetzt standen die Memmen in sicherer Entfernung von uns und besprachen sich; dann gingen sie zum H#228;uptling, welcher vor seinem Zelte stand. Wir sahen, da#223; sie mit ihm sprachen, aber gar nicht lange, denn da zog er die Lanze, welche mit seinem Totem in der Erde steckte, heraus und schlug sie dem Juriskonsulto #252;ber den R#252;cken; der Getroffene lief schimpfend fort, und Don Timoteo folgte ihm schleunigst, um nicht auch erfahren zu m#252;ssen, welche Wirkung ein kr#228;ftiger Lanzenhieb hervorzubringen vermag. Nach einem solchen Verhalten des Haziendero hatte ich keine Lust, ihm auch noch Geld zu geben, zumal das, was ich ihm gegeben h#228;tte, nun den armen Deutschen zu gute kam. Doch ging ich, ehe wir aufbrachen, zu ihm hin und sagte: »Sennor, hier ist der Kaufkontrakt, den Sie mit Melton unterzeichnet haben, und da sind auch mehrere Briefe, welche beweisen, da#223; er an der Ein#228;scherung der Hazienda schuldig ist. Mehr brauchen Sie nicht, um wieder zu Ihrem Besitztume zu kommen, und mit Hilfe Ihres Freundes wird Ihnen wohl der Kaufpreis, den Sie erhalten haben, als Entsch#228;digung zugesprochen. Leben Sie wohl, und seien Sie in Zukunft bescheidener und kl#252;ger, als Sie in der Vergangenheit und bis zum gegenw#228;rtigen Augenblicke waren!« Damit war ich mit ihm f#252;r immer fertig. Den Deutschen gab ich ihre Vertr#228;ge auch zur#252;ck, welche von ihnen augenblicklich und mit Genugthuung zerrissen wurden. Dann stiegen wir zu Pferde und brachen auf. Als wir fortritten, standen der Haziendero, der Juriskonsulto, die Polizisten und Don Endimio de Saledo y Coralba bei den Wagen. Der alte Pedrillo rief uns ein lautes Lebewohl nach; seine Mitknechte stimmten ein; die andern schwiegen. Hoffentlich ist den ersteren ihr Trinkgeld ehrlich in Ures ausgezahlt worden! Es l#228;#223;t sich denken, mit welcher Wonne meine wei#223;en Gef#228;hrten die Gegend verlie#223;en, in welche sie gebracht worden waren, um das Licht des Tages niemals wieder zu erblicken, und auch ich war herzlich froh dar#252;ber, da#223; das erst so gef#228;hrlich scheinende Unternehmen einen so gl#252;cklichen Ausgang genommen hatte. Zwar durfte ich als sicher annehmen, da#223; der »gro#223;e Mund« sich feindselig gegen uns, wenigstens gegen mich, verhalten werde, aber es w#228;re mir nicht eingefallen, ihn nun noch zu f#252;rchten, selbst wenn wir nicht unter dem Schutze der »listigen Schlange« gestanden h#228;tten. Da#223; wir ihn wiedersehen, ihm begegnen w#252;rden, war gewi#223;, doch dachte ich, da#223; auch der »starke B#252;ffel« kommen werde; wann und auf welchem Wege, das war freilich nicht vorauszusagen. Da wir zun#228;chst nach Chihuahua wollten, so mu#223;ten wir erst einen Tag lang durch die Ein#246;de reiten, kamen dann #252;ber einen schmalen Strich Landes, welcher den Yurnas noch geh#246;rte, und dann in ein Gebiet, um welches diese sich mit den Mimbrenjos stritten. Auf letzterem mu#223;ten wir Widerw#228;rtigkeiten erwarten, wenn #252;berhaupt solche zu erwarten waren. Voran ritten die der Gegend kundigsten Leute der Yumas. Ich hielt mich stets zu Winnetou, und meist war auch die »listige Schlange« bei uns beiden. Die beiden jungen S#246;hne des »starken B#252;ffels«, also der Yumat#246;ter und sein noch namenloser j#252;ngerer Bruder, waren stets in unserer N#228;he zu sehen. Melton befand Sich, stark gefesselt, unter so guter Aufsicht, da#223; ihm jeder Gedanke an das Wiedererlangen der Freiheit vergehen mu#223;te. Hinten, nur von einigen Yumas begleitet, ritten Judith und ihr Vater; ich richtete meine Blicke nicht auf sie, und sie h#252;teten sich gar wohl, sich mir bemerklich zu machen. Der Vollst#228;ndigkeit wegen sei noch erw#228;hnt, da#223; wir vor dem Aufbruche Weller und den Athleten begraben hatten. Sie lagen beide nebeneinander in der Erde, die ihnen nicht gegeben hatte, was sie suchten, Reichtum dem einen und Liebe dem andern. Gegen Abend des ersten Tages hatten wir die Ein#246;de, da dieselbe von Almaden aus nach allen Seiten einen Tagesritt breit war, #252;berwunden und lagerten am Rande derselben in einer grasigen Gegend, wo die Pferde die so notwendige Weide fanden. Am n#228;chsten Tage kamen wir durch den erw#228;hnten schmalen Landstreifen, welchen die Yumas f#252;r sich in Anspruch nahmen, und dann in die umstrittene Gegend, welche sehr bergig war. Die Yumas wollten nach einem weiten Becken, in dessen Mitte ein kleiner See lag, wo wieder gelagert werden sollte. Wir erreichten den S#252;drand des Beckens, als die Sonne hinter den westlichen H#246;hen verschwand. Der erste Blick zeigte, da#223; es hier vor Zeiten eine gr#246;#223;ere Wasseransammlung gegeben hatte, deren Gestalt eine zwischen Nord und S#252;d l#228;nglich gestreckte gewesen war. Das Becken konnte in dieser Richtung eine halbe Wegstunde sein, w#228;hrend die Breite zwischen Ost und West nicht soviel betrug. Drei Th#228;ler m#252;ndeten in dasselbe, eines von Nord, eines von Ost und das dritte von S#252;d. Durch das letztere kamen wir. Zuf#228;lligerweise ritt ich, als wir aus diesem Thale hervorkamen, mit Winnetou bei den F#252;hrern an der Spitze des Zuges. Die Yumas hielten ihre Augen nach der Mitte des Beckens gerichtet, welche allerdings einen einladenden Anblick bot, da um den kleinen See dichte B#228;ume und Str#228;ucher standen, um welche sich ein Ring saftigen Grases zog. Winnetou aber war ebenso wie ich gew#246;hnt, auf einem solchen Terrain zun#228;chst und vor allen Dingen nach der pers#246;nlichen Sicherheit auszuschauen, und darum richteten sich unsere Blicke nach den M#252;ndungen des n#246;rdlichen und des #246;stlichen Thales. An der letzteren sah ich einen Reiter, welcher im Begriff stand, hervorzukommen, aber, als er uns erblickte, sofort wieder zur#252;ckwich. Um zu wissen, ob Winnetou dieselbe Beobachtung gemacht habe, sah ich diesen an, und gerade in demselben Momente wendete er mir sein Gesicht auch zu. Ein leichtes Augenblinzeln sagte mir, da#223; er den Reiter auch gesehen hatte. Jeder andere Indianer h#228;tte sofort L#228;rm geschlagen; der Gedankengang des Apatschen aber war ein so blitzschneller, da#223; er in dem Augenblicke, an welchem sein Auge auf den Reiter fiel, sich auch schon sagte, da#223; es besser sei, jetzt noch zu schweigen. Unser Zug erlitt also keine Unterbrechung, bis wir bei dem See ankamen, wo wir abstiegen und zun#228;chst die Pferde erst trinken und dann laufen lie#223;en; die Indianer aber sorgten zuerst f#252;r sich und dann erst f#252;r die Pferde. Melton wurde an einen Baum gebunden, und f#252;r Judith richtete man ein Lager im Geb#252;sch her. Bei der Verteilung des Proviants mu#223;te ich zugegen sein, denn h#228;tte ich dieselbe nicht geleitet, so w#228;re von den Roten wahrscheinlich alles auf einmal verzehrt worden. W#228;hrend ich dadurch an den Ort gebunden war, entfernte sich der Apatsche, um nach seiner vorsichtigen Weise die See Oase zu umschreiten. Als er von diesem Gange zur#252;ckkehrte, sah ich ihm an, da#223; er etwas Wichtiges entdeckt hatte, und ging also hin zu ihm. »Mein roter Bruder hat noch anderes entdeckt als nur den Reiter, den wir vorhin gesehen haben?« fragte ich ihn. »Ja,« antwortete er. »Rund um den See grasen unsere Pferde, man kann sie weit sehen, da es noch nicht dunkel, die Gegend um das Wasser aber ganz eben ist. Ich schaute zun#228;chst nach Ost, wo der Reiter verschwunden war; der Eingang des Thales war leer. Dann blickte ich nach Norden und sah Reiter kommen. Sie wollten auch nach dem See; aber als sie unsere Pferde sahen, zogen sie sich schnell zur#252;ck.« »So haben wir es also mit zwei verschiedenen Trupps zu thun, welche jedenfalls nichts von einander wissen.« »So ist's,« nickte er. »Der eine kommt von Norden, der andere von Osten her; beide wollen nach dem See und sind, als sie uns bemerkten, zur#252;ckgewichen.« »Mein roter Bruder wei#223;, wer diese Leute sind?« »Old Shatterhand wei#223; es auch.« »Wenigstens kann man es sich leicht denken. Es ist der "gro#223;e Mund" mit seinen Yumas und der "starke B#252;ffel" mit seinen Mimbrenjos. Wo aber ist der eine und wo der andere? Wir wissen nicht, welcher von ihnen von Norden und welcher von Osten kommt.« »Wir werden es bald erfahren, denn beide werden Kundschafter senden, sobald es dunkel geworden ist. Man mu#223; ihnen zuvorkommen. Wohin will mein wei#223;er Bruder gehen?« »Hin#252;ber nach Ost.« »So gehe ich nach Nord. Wir brauchen nur zehn Minuten zu warten, dann ist es Nacht.« Wir lagerten uns, um unsern Imbi#223; zu verzehren, und standen dann, als die schnelle D#228;mmerung vor#252;ber war, wieder auf, um uns auf den Weg zu machen, die beiden Reitertrupps zu beschleichen. Da#223; wir uns entfernten, fiel nicht auf. Man glaubte wohl, da#223; wir nach unsern Pferden sehen wollten, zumal wir die Gewehre nicht mitnahmen. Sobald wir nicht mehr gesehen werden konnten, trennten wir uns. Winnetou ging nord- und ich ostw#228;rts. Es war anzunehmen, da#223; diejenigen, welche wir suchten, jetzt noch keine Kundschafter aussenden w#252;rden, doch war ich noch nicht weit gegangen, so vernahm ich vor mir ein Ger#228;usch, wie wenn ein Fu#223; einen Stein von seiner Stelle st#246;#223;t. Sofort legte ich mich nieder und wartete. Ich h#246;rte die leisen Schritte eines Menschen, welcher gerade auf mich zukam. Jetzt sah ich ihn; Jetzt war er noch acht, noch sechs, noch vier Schritte von mir entfernt. Er bemerkte mich nicht, da er den Blick vorw#228;rts und nicht zu Boden richtete. Als er noch einen Schritt gethan hatte, fuhr ich auf und nahm ihn mit beiden H#228;nden beim Halse. Er lie#223; die Arme sinken; seine Beine schlotterten und suchten nach festem Halt auf der Erde. Ich zog, oder vielmehr lie#223; ihn nieder, nahm die rechte Hand von seinem Halse, hielt diesen aber mit der Linken fest und griff mit der Rechten in seinen G#252;rtel. Er hatte dort ein Messer stecken und sonst keine Waffe bei sich. Ein Kundschafter pflegt sich nicht mit schweren Gewehren zu bel#228;stigen. Ich zog das Messer heraus und nahm es zu mir, lie#223; ihm ein wenig Luft und sagte, nat#252;rlich nicht so laut, da#223; man es weit h#246;ren konnte: »Von welchem Stamm bist du? Sprich die Wahrheit, sonst bekommst du dein eigenes Messer in den Leib. « »Mim - bren - jo,« antwortete er, nach Atem ringend, in abgerissenen Silben. Da er mich auch bel#252;gen konnte, so fragte ich, um ganz sicher zu gehen: »Wer f#252;hrt Euch an?« »Der "starke B#252;ffel".« »Wohin wollt Ihr?« »Nach Almaden zu Old Shatterhand und Winnetou.« Da gab ich ihm den Hals ganz frei und sagte: »Sprich ganz leise! Schau mir einmal ins Gesicht! Kennst du mich?« »Uff! Old Shatterhand!« antwortete er mir, nachdem er sein Gesicht ganz an das meinige gebracht hatte. »Steh auf, und f#252;hre mich zu dem "starken B#252;ffel"! Da hast du dein Messer wieder.« Er erhob sich, kehrte um und ging neben mir her, ohne ein Wort zu sagen. Als wir in der N#228;he des Thales angekommen waren, blieb er stehen und sagte: »Old Shatterhand ist ein Freund der roten M#228;nner und ein Meister in allem. Er mu#223; nicht denken, da#223; jeder Krieger es ihm gleich thun kann. Wird er dem H#228;uptling sagen, da#223; er mich ergriffen und entwaffnet hat?« »Ich sollte es thun, denn eure Sicherheit erfordert, da#223; nur der F#228;higste zu solchen Diensten ausgew#228;hlt wird.« »Dann wird man mich zu den Weibern schicken, und ich sto#223;e mir das Messer in das Herz!« »Dann will ich schweigen. Aber merke dir, da#223; man sich selbst von dem gr#246;#223;ten Schreck nicht #252;berraschen lassen darf!« Als wir ein kleines St#252;ck in das Thal hinein gegangen waren, lie#223; sich das Zirpen einer Grille h#246;ren; mein Begleiter antwortete durch ein gleiches Zirpen, wodurch er sich vor dem Posten legitimierte. Bald sah ich trotz der Dunkelheit viele M#228;nner beisammensitzen. Sie hatten nat#252;rlich kein Feuer angebrannt. Aus ihrer Mitte erhob sich einer und meinte: »Zwei kommen! Wer ist der andere?« »Old Shatterhand,« antwortete mein Begleiter. »Old Shatterhand, Old Shatterhand!« h#246;rte ich es weiter und weiter fl#252;stern. Der Frager war kein anderer als der »starke B#252;ffel« der H#228;uptling der Mimbrenjos. Er gab mir die Hand und sagte im Tone froher Ueberraschung: »Mein ber#252;hmter wei#223;er Bruder ist's? Das macht mir das Herz leicht, denn ich habe gro#223;e Sorge um ihn gehabt. Wie aber kommt er in diese Gegend, da wir ihn entweder tot oder in einer andern Gegend glauben mu#223;ten?« Er hatte sich um mich wohl weniger gesorgt als um seine beiden Knaben, durfte sich aber nicht die Bl#246;#223;e geben, dies zu sagen. Um ihn gleich von vornherein zu beruhigen, antwortete ich: »Tot? Alle, die sich bei mir befinden, sind wohlauf, und es ist keinem ein Leid geschehen. Die Krieger der Mimbrenjos, welche mich begleiteten, und die beiden S#246;hne des "starken B#252;ffels" haben sich so tapfer gehalten, da#223; ich ihnen gro#223;es Lob zollen mu#223;. Ich werde sp#228;ter von ihnen und ihren Thaten erz#228;hlen; jetzt mu#223; ich vor allen Dingen h#246;ren, wieviel Krieger der "starke B#252;ffel" mitgebracht hat.« »Zweihundert und einige mehr,« antwortete er. »Er wollte die gefangenen Yumas, unter denen sich auch der H#228;uptling derselben, der "gro#223;e Mund", befand, zu den Marterpf#228;hlen f#252;hren. Sind sie mutig gestorben, oder haben sie vor Schmerzen ihre Stimmen erschallen lassen?« Ich wu#223;te l#228;ngst, da#223; sie dem alten, groben, aber sonst ganz wackern Kerl entkommen waren, sprach die Frage aber dennoch aus, um ihn daf#252;r zu bestrafen, da#223; er mir zugemutet hatte, ich wolle den »gro#223;en Mund« absichtlich entfliehen lassen. Er z#246;gerte auch lange mit der Antwort, bis er eingestand: »Der gro#223;e Geist hat nicht gewollt, da#223; wir uns #252;ber den Tod dieser Hunde freuen sollten. Es hatte sich einer von ihnen losgemacht und auch die Fesseln der andern ge#246;ffnet; sie entflohen und nahmen viele Pferde mit.« »Das ist eine gro#223;e Heldenthat von Euch gewesen. Die Yumas werden noch lange dar#252;ber lachen. Wie hat der "starke B#252;ffel" gez#252;rnt, wenn ich einmal mit dem "gro#223;en Munde" sprach! Nun hat er nicht nur ihn, sondern alle Gefangenen mit ihm laufen lassen!« »Der gro#223;e Geist hat es so gewollt. Er lie#223; einen so tiefen Schlaf #252;ber uns kommen, da#223; wir weder sahen noch h#246;rten.« »Das ist die Ansicht meines roten Bruders. Ich bin anderer Meinung. So oft ein Fehler von mir geschehen ist, habe ich niemals dem gro#223;en Geiste die Schuld gegeben, denn Manitou begeht keinen Fehler. Aber was vergangen ist, soll man als unvermeidlich betrachten und sich die beste Lehre daraus ziehen. Wissen die Krieger der Mimbrenjo, wo der "gro#223;e Mund" sich jetzt befindet?« »Nein; aber wir nehmen an, da#223; er auch hinauf nach Almaden ziehen wird. Als er uns entflohen war, habe ich mich beeilt, frische Pferde und Krieger zu holen, um ihn wieder zu fangen; diejenigen welche ich bei mir hatte, mu#223;ten ihn augenblicklich verfolgen. Sie werden hinter ihm her sein, und wenn ich mit diesen neuen Kriegern dazukomme, wird er sich zwischen zwei Haufen befinden, welche ihn erdr#252;cken.« »So hast du klug und umsichtig gehandelt. Deine erste Schar wird ihm die Herden, welche er sich holte, inzwischen wieder abgenommen haben. Uebrigens kann ich dir sagen, da#223; er sich nicht weit von hier befindet, am n#246;rdlichen Ausgange des Thalkessels, in welchem wir lagern.« »So m#252;ssen wir hin, um ihn anzugreifen!« »Uebereile dich nicht! Du mu#223;t erst wissen, was geschehen ist und wie die Dinge jetzt stehen.« Ich hatte nicht Zeit zu einem langen, ausf#252;hrlichen Berichte und erz#228;hlte ihm also in K#252;rze, aber so, da#223; er alles erfuhr, was seit meiner Trennung von ihm vorgekommen war. Seine Leute dr#228;ngten sich herbei und lauschten atemlos. Obgleich ich nur Umrisse geben und keinerlei Malerei bringen konnte, lie#223; er doch von Zeit zu Zeit einen Ausruf des Erstaunens h#246;ren, und als ich fertig war, rief er aus: »Nicht ganz f#252;nfzig unserer Krieger haben das vollbracht! H#246;rt ihr es, nicht ganz f#252;nfzig! Und meine Knaben waren auch dabei!« Ich hatte bei meinem Berichte weder von Winnetou noch von mir im einzelnen gesprochen, sondern stets das F#252;rwort »wir« gebraucht. Dadurch wurde allerdings die Vorstellung erweckt, da#223; einer ganz denselben Ruhm zu beanspruchen habe wie der andere. »Also der H#228;uptling "listige Schlange" lagert jetzt da drau#223;en im Thale mit dreihundert Kriegern und unsern Br#252;dern?! Welch ein Zufall! H#228;ttest du nicht Frieden mit ihnen geschlossen, so w#228;ren mit Tagesanbruch alle ihre Skalpe unser Eigentum!« »Ich hoffe, da#223; ihr den Vertrag respektiert, den wir mit der "listigen Schlange" abgeschlossen haben. Euer Verlangen nach Skalpen wird vielleicht auf andere Weise erf#252;llt werden.« »Wie?« »Ich habe dir doch gesagt, da#223; der "gro#223;e Mund" sich auch in der N#228;he befindet. Zwar habe ich ihn noch nicht gesehen, aber er wird und mu#223; es sein. Er wird in Zorn entbrennen, wenn er h#246;rt, da#223; die "listige Schlange" Freundschaft mit uns geschlossen hat, und ich denke, da#223; er sich weigert, dem Vertrage beizutreten. Dann kommt es unbedingt zum Kampfe.« »Was denkt mein wei#223;er Bruder, da#223; die "listige Schlange" dann thun wird?« »Dieser Krieger ist ehrlich; er wird sein Wort gewi#223; halten. Aber von den dreihundert M#228;nnern, welche bei ihm sind, ist es nicht auch so gewi#223;, da#223; sie sich aller Falschheit enthalten werden. Wenigstens vermute ich in Beziehung auf die vierzig Mann, welche wir an der Fuente und den andern Posten festgenommen haben, da#223; sie deshalb heimliche Rachepl#228;ne gegen uns hegen. Man mu#223; abwarten, was geschieht.« »Nein, nicht abwarten, sondern ihnen zuvorkommen sollte man!« »Mute mir das nicht zu! Eines Treubruches soll man Old Shatterhand und Winnetou niemals zeihen!« »So sage, was zu geschehen hat! Sollen wir gleich jetzt mit hin#252;ber nach euerm Lager reiten?« »Nein. Ich will erst h#246;ren, was Winnetou sagt, der den "gro#223;en Mund" beschlichen hat. Da letzterer auch Kundschafter senden wird, so ist es besser, du schickst keinen Sp#228;her mehr hin#252;ber, denn dieser k#246;nnte von dem Sp#228;her des Feindes gesehen werden.« »Wie aber erfahre ich, was geschehen soll?« »Durch einen Boten, den ich dir sende. Er wird zirpen, wenn er in eure N#228;he kommt, und du wirst gewissenhaft das thun, was ich dir durch ihn sagen lasse. Mag es kommen, wie es will, wir sind den Yumas #252;berlegen. Haben sie auch mehr Krieger als wir, so besitzen wir Schie#223;waffen, von denen sie nur wenige haben, und bei uns giebt es einzelne M#228;nner, von denen jeder es mit zehn und noch mehr Feinden aufnimmt. Jetzt gehe ich. Haltet euch bereit!« Ich ging. Als ich wieder in das Lager kam, war Winnetou schon da, obgleich er weiter zu gehen gehabt hatte, als ich. Ja, ich erfuhr, da#223; er noch viel weiter gegangen war, als ich dachte. Wir legten uns abseits nebeneinander, um nicht geh#246;rt zu werden, und ich sagte ihm, welchen Erfolg ich gehabt hatte. Als ich ihn dann nach dem seinigen fragte, antwortete er: »Winnetou hat erst den "gro#223;en Mund" mit seinen Kriegern gesehen und dann auch die Mimbrenjos, die ihm folgen.« »Was?« fragte ich, im h#246;chsten Grade #252;berrascht. »Sind sie schon hier? Sind sie ihm so nahe?« »Old Shatterhand wei#223;, da#223; sie hinter ihm her sind?« »Ja; der "starke B#252;ffel" sagte es mir. Er sandte, als die Yumas ihm entwischt waren, die Mimbrenjos hinter ihm her und eilte fort, um neue Krieger und neue Pferde zu holen. Hast du sie nur gesehen, oder auch mit ihnen gesprochen?« »Gesprochen. Ich kam in das Thal und beschlich die Leute, welche sich dort befanden. Es war der "gro#223;e Mund". Als ich hinter einem Felsen lag, huschte ein anderer vor#252;ber, welcher sie auch belauschen wollte. Ich hielt ihn fest. Er mu#223;te, da er sich ihnen nicht zeigte, ein Feind von ihnen sein; darum nannte ich ihm meinen Namen. Da freute er sich und teilte mir mit, da#223; die Mimbrenjoschar, zu welcher er geh#246;re, am Nachmittage dem "gro#223;en Munde" ganz nahe gefolgt sei und nur tausend Schritte entfernt liege, um #252;ber ihn herzufallen. Ich lie#223; mich hinf#252;hren und sprach mit ihnen.« »Was hast du ihnen geboten, da#223; sie thun sollen?« »Sie sollen ihn nicht #252;berfallen, sondern ruhig liegen bleiben, bis ich entweder selbst komme, oder ihnen einen Boten sende. Dann eilte ich zur#252;ck, um mit dir dar#252;ber zu sprechen.« »Das war das Richtige. Wir m#252;ssen nun unser Verhalten ganz nach demjenigen des "gro#223;en Mundes" richten. Ist er zur Freundschaft geneigt, so soll es mich freuen, wo nicht, so mag er erfahren, da#223; wir ihn nicht f#252;rchten.« »Er wird den Frieden nicht anerkennen. Du hast seinen Sohn get#246;tet. Selbst wenn er den Mimbrenjos die Hand zur Vers#246;hnung bieten wollte, dir w#252;rde er sie verweigern.« »Zu seinem eigenen Schaden, denn er wird, wenn der Tag anbricht, sehen, da#223; er rings umschlossen ist. Ich schlage vor, da#223; du noch einmal - -« Ich wurde durch einen lauten Ruf unterbrochen, welcher sich in einiger Entfernung von uns h#246;ren lie#223;. Dort trat n#228;mlich ein Indianer aus den B#252;schen und ging unter frohen Ausrufungen auf »listige Schlange«, welche am Wasser lag, zu. Der Mann war ein Kund- Kundschafter des "gro#223;en Mundes", der ihn abgeschickt hatte, um zu erfahren, wer wir seien. Als er gesehen hatte, da#223; die meisten Anwesenden Yumas waren, kam er aus den Str#228;uchern, in denen er steckte, hervor, um den H#228;uptling zu begr#252;#223;en. Beide sprachen einige Zeit miteinander und kamen dann auf uns zu; deshalb standen wir auf. Der Kundschafter betrachtete uns mit finsterem Blicke. »Listige Schlange« sagte: »Der Krieger der Yumas meldet mir, da#223; der "gro#223;e Mund" hier angekommen ist und wissen will, wer hier am Wasser liegt. Da er der oberste Kriegsh#228;uptling unsers Stammes ist, mu#223; ich ihn einladen, mit seinen Kriegern hierher zu kommen. Was sagen meine beiden Br#252;der dazu?« »Hast du dem Kundschafter gesagt, da#223; wir Frieden geschlossen haben?« antwortete Winnetou. »Ja.« »Wir wissen, da#223; du dein Wort halten wirst, und m#252;ssen nun erst h#246;ren, ob der "gro#223;e Mund", dir zustimmt. Bis wir dies erfahren, m#252;ssen wir vorsichtig sein. Er mag mit seinen Leuten kommen und sich mit ihnen hier an das Wasser setzen. Die eine H#228;lfte desselben, bis zur gro#223;en Buche da, wo du gelegen hast, soll ihm und ihnen, die andere aber uns geh#246;ren. Wer #252;ber die Buche hinausgeht, wird erschossen. Brennt ein Feuer da dr#252;ben auf seiner H#228;lfte an, damit er sich gut umschauen kann! Ich habe gesprochen.« »Listige Schlange« gab dem Boten noch einige Erl#228;uterungen, schickte ihn fort und versicherte uns dann: »Mag der "gro#223;e Mund" beschlie#223;en, was er will, meiner seid Ihr sicher!« »Deiner Krieger auch?« »Der meisten von ihnen. Mit diesen w#252;rde ich, wenn der "gro#223;e Mund" Euch angreifen sollte, f#252;r Euch k#228;mpfen.« »So rufe, um zu erfahren, woran du bist, deine Leute alle zusammen und frage sie! Wir m#246;chten die Antwort bald h#246;ren.« Die Lage war jetzt eine h#246;chst interessante und gespannte. Man denke sich einen kleinen See von vielleicht zweihundert Schritten Durchmesser, an dessen S#252;dseite in der Mitte die erw#228;hnte Buche stand. Die nach West gelegene H#228;lfte des Sees und der Ufer hatte Winnetou also den Yumas angewiesen; auf der andern, #246;stlich von der Buche gelegenen H#228;lfte wollten wir bleiben. H#252;ben bei uns brannte das Feuer, welches urspr#252;nglich angez#252;ndet worden war; dr#252;ben wurde jetzt ein zweites angebrannt. Warum der kluge, umsichtige Winnetou dies angeordnet hatte, wird sich bald zeigen. Die Yumas zogen sich nach dr#252;ben zur#252;ck; wir, das hei#223;t Winnetou, ich, die Deutschen und die Mimbrenjos, blieben h#252;ben. Die Lage war f#252;r uns nicht ganz ungef#228;hrlich. Dr#252;ben dreihundertvierzig Yumas, zu denen bald der »gro#223;e Mund« mit seinen Leuten kommen mu#223;te, h#252;ben bei uns die paar Mimbrenjos und die Wei#223;en, welche nur notd#252;rftig bewaffnet waren und Frauen und Kinder bei sich hatten! Aber wir wu#223;ten die Helfer hinter uns. Zun#228;chst galt es, sich unserer Pferde zu versichern, was gar nicht auffallen konnte, da dies ganz selbstverst#228;ndlich war. Jeder holte also schnell sein Pferd; die Wei#223;en hatten keine. Als wir die Tiere jenseits der B#228;ume, wo es dunkel war, zusammengebracht hatten, sagte der Apatsche: »Old Shatterhand wird einige Leute nehmen, um mit ihnen die Pferde hin#252;ber ins Thal zu dem "starken B#252;ffel" zu bringen und kann in einer Viertelstunde wieder hier sein. Eher kommt der "gro#223;e Mund" nicht. Zu den Mimbrenjos, welche hinter diesem auf der Lauer liegen, sende ich einen Boten. Der "starke B#252;ffel" mag die Pferde unter Bewachung im Thale lassen und, sobald der "gro#223;e Mund" hierhergekommen ist, sich auch n#228;hern. Er wird dabei auf den andern Haufen der Mimbrenjos treffen, welche mein Bote bringen wird, und mit den Leuten den ganzen See umstellen; sie m#252;ssen aber ihre Pferde zur#252;cklassen und sich ruhig verhalten. Wir m#252;ssen ihnen ein Zeichen geben, welches nicht mi#223;verstanden werden kann. Nehmen wir das Kriegsgeheul der Sioux. Sobald ich dies aussto#223;e, ziehen sich alle Mimbrenjos von au#223;en her gegen das westliche Ufer zusammen, wo sich der "gro#223;e Mund" befindet, und werfen sich auf diesen und seine Leute; denn wir und diejenigen Yumas, welche es mit uns halten, werden uns auf der #246;stlichen Seite befinden. Ert#246;nt aber das Kriegsgeheul nicht, so ist Friede und sie haben bis Tagesanbruch rund um den See und die B#228;ume liegen zu bleiben.« Einen besseren Plan gab es nicht. Ich brauchte, um die Pferde fortzuschaffen, sechs oder sieben Mimbrenjos, bei denen sich auch die beiden jungen Br#252;der befanden, die freudig verwundert waren, als ich ihnen sagte, da#223; sie ihren Vater sehen w#252;rden. Als wir bei demselben ankamen und ich ihm die Lage der Sache erkl#228;rt hatte, wollte er sie nicht zur#252;ckkehren lassen; aber sie str#228;ubten sich so lange gegen seinen Willen, bis er nachgab. Den R#252;ckweg mu#223;ten wir nat#252;rlich zu Fu#223; machen. Die Yumas ahnten nicht, da#223; unsere Pferde fort waren; sie glaubten, wir h#228;tten sie nur her#252;ber auf unsere Seite geholt. Wir befanden uns nat#252;rlich in der gr#246;#223;ten Spannung. Von gro#223;er Wichtigkeit war es, da#223; der Bote, den Winnetou fortgeschickt hatte, von den Leuten des »gro#223;en Mundes« nicht gesehen wurde und seine Botschaft auch richtig ausrichtete. Das neue Feuer jenseits der Buche brannte jetzt hell, w#228;hrend das unserige immer kleiner wurde. Winnetou wollte es ausgehen lassen. Letzterer hatte sich vom See entfernt, um ein St#252;ck nordw#228;rts vorzugehen und zu beobachten. Der »gro#223;e Mund« konnte auf den Gedanken kommen, die Verabredung nicht zu beachten und gleich #252;ber uns herzufallen. Diese Absicht mu#223;te der Apatsche bei der Ann#228;herung der Yumas erkennen, und wir konnten uns bei Zeiten darnach richten. So verging die Zeit, bis wir das Getrappel zahlreicher Pferde und dann auch Menschenstimmen h#246;rten. Zugleich kehrte Winnetou zu uns, die wir vorsichtig hinter B#228;umen standen, zur#252;ck und meldete. »Der "gro#223;e Mund" ist da; er thut, was ich vorgeschlagen habe, und wird sogleich dr#252;ben erscheinen.« Das Stimmengewirr w#228;hrte nur kurze Zeit, bis jeder sich seines Pferdes entledigt hatte; dann begann es dr#252;ben auf der gegnerischen Seite des Sees von Yumas zu wimmeln. Von uns aber war keiner zu sehen, da wir es vorzogen, unter dem Schutze der B#228;ume zu bleiben und unser Feuer immer tiefer brannte. Dr#252;ben hingegen aber war es so hell, da#223; wir den »gro#223;en Mund« deutlich erkannten, als er aus den B#252;schen trat und von der »listigen Schlange« begr#252;#223;t wurde. Er schien den Unterh#228;uptling seinen Zorn h#246;ren zu lassen, denn seine Stimme klang #252;berlaut zu uns her#252;ber, wenn wir auch die Worte nicht deutlich verstehen konnten. Der andere aber verteidigte sich; wir h#246;rten auch ihn sprechen, und zwar in einem kr#228;ftigen, energischen Tone, dem es anzuh#246;ren war, da#223; die Schlange ihre Handlungen mit ganz besonderem Nachdrucke vertrat. Indessen kam der Bote Winnetous zur#252;ck. Er war nicht bemerkt worden, hatte die Mimbrenjos gefunden und herbeigef#252;hrt; dieselben waren dabei auf die neue Schar des »starken B#252;ffels« gesto#223;en und hatten, mit dieser vereint, einen weiten Ring von Menschen und Gewehren um das Gr#252;n des Sees gezogen, soda#223; die Yumas eingeschlossen waren. Jetzt konnten wir das Kommende getrost erwarten, denn es mu#223;te g#252;nstig f#252;r uns ausfallen. Dr#252;ben hatten sich die beiden H#228;uptlinge in der N#228;he des Feuers niedergesetzt und ihre #228;ltesten Krieger um sich versammelt. Es sollte beraten werden. Wir hatten Zeit, zu warten. Dem »starken B#252;ffel« aber wurde die Zeit zu lang. Anstatt drau#223;en bei seinen Mimbrenjos zu bleiben, kam er herbeigeschlichen, um zu erfahren, ob Krieg oder Friede zu erwarten sei. Ich zankte ihn t#252;chtig aus und jagte ihn fort, denn wenn sein bekanntes Gesicht von den Yumas gesehen wurde, mu#223;ten sie erwarten, da#223; er nicht allein gekommen war. Und das sollten sie nicht wissen. Die Beratung dauerte wohl zwei Stunden; es ging sehr heftig bei derselben her. Dann sahen wir, da#223; die »listige Schlange« dr#252;ben aufstand. Er kam zu uns her#252;ber. Er wollte es nicht sehen lassen, da#223; er sich ge#228;rgert hatte, aber seine Augen blitzten, wie es oft noch lange nach einem Gewitter wetterleuchtet. »Meine Br#252;der sollen hin#252;berkommen, um zu h#246;ren, was beschlossen worden ist,« meldete er. »Das kannst du uns hier ja sagen!« warf ich ein. »Ich soll nicht; der "gro#223;e Mund" will es selbst sagen.« »Dagegen haben wir nichts; er mag her#252;berkommen.« »Haben meine Br#252;der Mi#223;trauen?« »Nat#252;rlich!« »Mir k#246;nnt ihr vertrauen, wenn auch dem "gro#223;en Munde" nicht.« »Wieviel deiner Leute halten zu dir?« »Der H#228;lfte bin ich sicher. Die andern hat mir der Zorn des "gro#223;en Mundes" abspenstig gemacht.« »Meinst du, da#223; es zum Kampfe kommt?« »Ja, wenn ihr nicht auf die Vorschl#228;ge des "Mundes" eingeht,« »Wir sind bereit, sie zu h#246;ren, aber nachlaufen werden wir ihm nicht, zumal wir ihn nicht f#252;r einen ehrlichen Mann halten.« »Herkommen will er auch nicht!« »So mag er dr#252;ben sitzen bleiben, bis er kl#252;ger wird, wor#252;ber allerdings der Sommer und Winter gar viele vergehen k#246;nnen! Sage ihm das!« Dieser Bescheid war ihm sehr unlieb. Man sah ihm das an; er sann nach und kam dann auf das Auskunftsmittel: »W#252;rdet ihr zur H#228;lfte gehen, wenn er zur H#228;lfte kommt?« »Ja. Wir wollen uns dort unter der Buche treffen, doch ohne Waffen. Ich komme mit Winnetou, und er bringt dich mich. Von jeder Seite zwei; mehr d#252;rfen es nicht sein.« Er ging hin#252;ber und stritt sich eine Viertelstunde mit dem "gro#223;en Munde" herum; dann kam er wieder, um uns zu sagen, da#223; derselbe bei seiner hohen W#252;rde unm#246;glich zu zweien kommen k#246;nne; er m#252;sse wenigstens sechs Begleiter haben. »Zwei von h#252;ben und zwei von dr#252;ben, mehr nicht. Sage ihm das! Wir gehen nicht davon ab und wenn ihm das nicht gef#228;llt, so mag er sehen, was geschieht.« Die »Schlange« mu#223;te noch zweimal hin und her, ehe sich der Alte entschlo#223;, nachzugeben. Dann kam er mit ihm nach der Buche geschritten, unter welcher sie sich niedersetzten. Ohne Waffen, war ausgemacht; man wei#223; aber, da#223; selbst auch dann der Indianer wenigstens ein Messer in irgend einer Falte verborgen hat; darum behielten wir, als wir hingingen, jeder einen Revolver bei uns. Um einem Hinterhalte zu begegnen, hatten wir unsere Vorsichtsma#223;regeln getroffen. Der »gro#223;e Mund« nahm uns mit ha#223;erf#252;llten Blicken in Empfang, und als ich mich bei ihm niederlie#223;, zog er den Zipfel der Decke, in welche sein Oberk#246;rper geh#252;llt war, rasch an sich, damit derselbe ja nicht mit mir in Ber#252;hrung kommen m#246;chte. Dann sah er finster vor sich nieder. Er mochte denken, da#223; wir zu beginnen h#228;tten; aber wir wollten ihm infolge seiner »gro#223;en W#252;rde« den Anfang machen lassen und schwiegen also ebenso hartn#228;ckig wie er. Von Zeit zu Zeit hob er den Kopf, um uns mit einem dolch#228;hnlichen Blicke zu durchbohren; als wir uns aber weder durchbohren noch zum Reden bringen lie#223;en, fuhr er uns, da er sich nicht l#228;nger halten konnte, ganz pl#246;tzlich und unerwartet an: »Meine Ohren sind offen, also redet!« Winnetou sagte nichts, und ich sagte nichts. Darum kam nach einiger Zeit die Drohung hervorgepoltert: »Wenn ihr nicht redet, la#223; ich auf euch schie#223;en!« Da deutete Winnetou nach unserer Seite hin#252;ber, welcher der Alte den R#252;cken zukehrte; er drehte sich um und sah s#228;mtliche Mimbrenjos, die sich bei uns befanden, auf der Erde mit ihren Gewehren im Anschlage liegen. »Uff! uff! Was ist das?« rief er aus. »Wollt ihr mich erschie#223;en lassen!« »Nein,« antwortete der Apatsche. »Die Gewehre sind so lange auf dich gerichtet, bis wir uns wieder dort bei unsern Kriegern befinden; mehr brauche ich dir nicht zu sagen.« Es ist keineswegs angenehm, zu wissen, da#223; man einen R#252;cken hat, auf den #252;ber vierzig geladene Gewehre gerichtet sind. Es braucht nur ein Finger sich ein wenig zu fest an den Dr#252;cker zu legen, so ist das Unheil geschehen. Man sah es dem »gro#223;en Munde« deutlich an, da#223; er sich von jetzt an nicht allzusehr behaglich f#252;hlte. Um die #228;ngstliche Situation abzuk#252;rzen, versuchte er nun nicht mehr, uns zum Reden zu bringen, sondern ging uns mit gutem Beispiele voran, indem er drolligerweise behauptete: »Winnetou und Old Shatterhand sind in meine H#228;nde geraten; der heutige Tag wird ihr letzter sein!« Der Apatsche forderte mich durch einen stillen Blick auf, zu antworten; darum entgegnete ich: »Und der "gro#223;e Mund" ist uns in das Netz gegangen; er wird noch in dieser Stunde geschlachtet werden! Soll dieser Tag unser letzter sein, so schicken wir dich voran!« »Z#228;hlt eure M#228;nner und z#228;hlt die unserigen! Wer ist dem andern #252;berlegen?« »Winnetou und Old Shatterhand z#228;hlen niemals ihre Gegner. Ob einer oder zehn, ist ihnen gleich. Der "gro#223;e Mund" mag z#228;hlen!« »Wir werden euch erdr#252;cken!« »Wurden wir in Almaden erdr#252;ckt, wo #252;ber dreihundert gegen vierzig waren?« »Da war ich nicht dabei und werde es genau untersuchen. Wer als Feigling handelt, wird aus der Reihe der Krieger gesto#223;en.« Das ging gegen »listige Schlange«, welche sofort zornig ausrief: »Wer ist feig? Verb#252;nde dich nicht mit Verr#228;tern, so kommen deine Krieger nicht in die Gefahr, mutlos zu erscheinen!« »Schweig! Ich werde mit Melton sprechen und von ihm erfahren, was geschehen ist und wer die Schuld an allem tr#228;gt.« »Du wirst nicht mit ihm sprechen! Das Bleichgesicht geh#246;rt mir und niemand darf ohne meine Erlaubnis mit ihm sprechen!« »Auch ich, dein H#228;uptling nicht?« »Nein. Du bist mein H#228;uptling nicht. Du bist ein H#228;uptling wie ich, und weil du der #228;ltere bist, ist dir von den St#228;mmen der Yumas der Befehl #252;bertragen worden; aber keiner braucht, wenn er nicht will, dir zu gehorchen. Dar#252;ber, da#223; du mich einen Feigling nennst, mag die Beratung der Aeltesten entscheiden; sagst du es aber noch einmal, so steche ich dich augenblicklich nieder!« Er sprach die Drohung in solcher Erregung aus, da#223; anzunehmen war, er werde sie zur Wahrheit machen. Jetzt hatte der Alte sogar von seinem eigenen Stammesgenossen einen kr#228;ftigen Hieb empfangen, that aber so, als ob er ihn nicht gef#252;hlt habe, und wendete sich von der »Schlange« ab zu mir: »Ich wiederhole, da#223; ihr in meine Gewalt geraten seid. Alle, die sich bei euch befinden, sind verloren. Es giebt nur eine einzige M#246;glichkeit, sie zu retten, du lieferst dich und einen Sohn des "starken B#252;ffels" an uns aus, damit ihr an dem Marterpfahle sterbt.« »Wenn ich das thue, welche Folgen hat es f#252;r meine Genossen?« »Sie k#246;nnen weiterziehen, ohne da#223; wir sie mit dem Finger ber#252;hren.« »Warum soll gerade ich es sein?« »Weil du meinen Sohn erschossen hast.« »Und warum einer der beiden Knaben?« »Weil sie schuld waren, da#223; du ihn erschossest. Ich habe geh#246;rt, da#223; der eine sich Yurnat#246;ter nennt?« »Ich selbst habe ihm den Namen gegeben, und ich hoffe, da#223; sein Bruder bald einen #228;hnlichen tragen wird.« »Damit deine Hoffnung zu Schanden wird, verlange ich gerade diesen Knaben, obwohl ich erst den Yumat#246;ter fordern wollte.« »Was forderst du noch?« »Alles, was deine Gef#228;hrten bei sich tragen, auch ihre Pferde und Winnetous Pferd und Silberb#252;chse.« »H#246;re, mein geliebter roter Bruder, ich gestehe, da#223; ich mich in dir geirrt habe, denn ich habe dich bisher f#252;r einen Dummkopf gehalten, nun sehe ich ein, da#223; du ein pfiffiger alter Onkel bist. Aber nun frage uns doch auch einmal, was wir wollen.« »Ihr? Was k#246;nntet ihr wollen?« »Zun#228;chst dich, der sich mit Melton gegen meine wei#223;en Br#252;der, die jetzt bei mir sind, verb#252;ndet hat. Auch hast du die Hazienda del Arroyo niedergebrannt, weshalb ich auch ein Wort mit dir zu sprechen habe. Also dich wollen wir; dann k#246;nnen deine Leute weiterziehen, ohne da#223; wir sie anr#252;hren.« Da fuhr er mich an: »Hat dir ein Geier den Verstand aus der Hirnschale euch in meiner Hand befindet!« gefressen? Wie k#246;nnt ihr Forderungen stellen, da ihr und wir denken, wir haben dich. Die Beratung ist zu »So ist alles Reden unn#252;tz. Du denkst, du hast uns, Ende.« Dabei stand ich auf. Da rief er: »Halt, noch sind wir nicht fertig! H#246;rt noch ein Wort: Wenn ich in einer Viertelstunde nicht den Knaben und Old Shatterhand ausgeliefert bekommen habe, fallen wir #252;ber euch her und vernichten euch bis auf den letzten Mann!« Winnetou war zu stolz, ihm darauf noch zu antworten, und mir fiel es auch nicht ein. Da aber stand der andere H#228;uptling auch auf und erkl#228;rte dem Alten: »Ich bin "Listige Schlange" und habe noch nie mein Wort gebrochen; ich werde auch den Vertrag halten, den ich mit diesen M#228;nnern abgeschlossen habe.« Da sah ihn der Alte gro#223; an und fragte: »Wie willst du ihn halten, wenn ich ihn f#252;r ung#252;ltig erkl#228;re?« »Das kannst du nicht. Ich bin's, der ihn abgeschlossen hat, und ich bin's, der zu sagen hat, ob er gelten soll oder nicht.« Da stampfte der Alte, der sich auch erhoben hatte, mit dem Fu#223;e auf den Boden und schrie: »Und ich befehle aber, da#223; er nichtig ist! Wer wagt es, sich gegen den "gro#223;en Mund" zu emp#246;ren?« »Ich, die "listige Schlange", wage es. Meine Krieger habe alle mit meinen Freunden das Kalumet geraucht, das Kalumet, dessen Thon ich unter vielen Gefahren und allen frommen Gebr#228;uchen aus den heiligen Steinbr#252;chen geholt habe. Jeder Sto#223; des Rauches ist ein Schwur, welcher gehalten werden mu#223;, und wer einen solchen Schwur bricht, kann nie in die ewigen Jagdgr#252;nde gelangen, sondern irrt als Schatten vor den Thoren derselben umher.« Er hatte diese Worte so laut gerufen, da#223; sie weithin zu vernehmen waren. Der »gro#223;e Mund« fragte nun ebenso laut: »Du nennst die Fremden also deine Freunde? Willst du sie etwa besch#252;tzen?« »Ja. Wenn sie angegriffen werden, verteidige ich sie mit meinem Blute und mit meinem Leben!« »Gegen mich und meine Krieger, die deine Br#252;der sind?« »Wer mich zwingen will, meinen Schwur zu brechen und mein Kalumet zu entweihen, der ist mein Bruder nicht mehr, der beleidigt mich und beschimpft alle M#228;nner meines Stammes. H#246;rt es, ihr Krieger, deren Anf#252;hrer ich bin! Der "gro#223;e Mund" hat uns Feiglinge genannt. Wollt ihr das dulden? Er verlangt von uns, unsere Kalumets zu zerbrechen, welche das Kostbarste sind, was wir besitzen. Er fordert, da#223; wir unsere heiligen Medizinen durch Meineide beschimpfen. Wollt ihr ihm gehorchen?« Tiefe Stille war die Antwort. Kein Ja und kein Nein lie#223; sich h#246;ren. Da fuhr er fort: »Hier steht Winnetou, und hier steht Old Shatterhand. Habt ihr geh#246;rt, da#223; einer von ihnen jemals sein Wort gebrochen hat? Sollen sie von uns sagen, da#223; wir L#252;gner sind? Old Shatterhand hat mich aus dem Schachte geholt, in welchem ich verschmachten sollte; er that es, obgleich ich sein Feind war; soll ich nun zum Verr#228;ter an ihm werden, obgleich ich sein Freund bin? Soll euer Anf#252;hrer ein L#252;gner sein oder ein ehrlicher Mann, auf dessen Wort ihr euch verlassen k#246;nnt? Entscheidet euch! Ich gehe jetzt mit Winnetou und seinem wei#223;en Freunde. Wer ein ehrlicher Mann und ein tapferer Krieger ist, der mag her#252;ber zu uns kommen; aber wer die L#252;ge liebt und es duldet, ein Feigling genannt zu werden, der mag dr#252;ben bei dem "gro#223;en Munde" bleiben. Ich habe gesprochen, und ihr m#246;gt nach meinen Worten handeln. Hat der "gro#223;e Mund" eine Rache gegen Old Shatterhand, so mag er selbst sie mit ihm ausk#228;mpfen, wenn er Mut besitzt. Ich habe gesprochen, und ihr habt es geh#246;rt. Howgh!« Er nahm mich bei der Linken und Winnetou bei der Rechten und ging mit uns nach unserer Seite her#252;ber. Die Wirkung war eine #252;berraschende, eine weit bessere, als ich erwartet hatte, denn seine Leute folgten ihm alle; ich glaube nicht, da#223; einer fehlte. Das war wohl die Folge davon, da#223; der Alte ihn einen Feigling genannt hatte. Der »gro#223;e Mund« stand wie versteint, als er dies sah; er starrte eine ganze Weile zu uns her#252;ber, drehte sich dann um und kehrte zu seinem Feuer zur#252;ck, an welchem er sich bei den Aeltesten niederlie#223;. W#228;hrend bei uns tiefes Schweigen herrschte, ging es dr#252;ben lebhaft her. Man sah den erregten Mienen und Bewegungen der Alten an, da#223; sie sich M#252;he gaben, den »gro#223;en Mund« zu irgend etwas zu bewegen, wozu er keine Lust hatte. Das dauerte wohl #252;ber zwei Stunden lang; dann kam einer der alten Krieger langsam nach der Buche geschritten, blieb dort stehen und rief mit lauter Stimme: »H#246;rt es, ihr Krieger der Yumas und der Mimbrenjos: Hier steht der "lange Fu#223;", welcher viele Sommer und Winter durch das Leben geschritten ist und sehr wohl wei#223;, was ein tapferer Krieger in jeder Lage zu thun hat. Der "gro#223;e Mund", der ber#252;hmte H#228;uptling der Yumas, hat seinen Sohn, den "kleinen Mund", durch die Kugel Old Shatterhands verloren. Dies Blut mu#223; ger#228;cht werden. Old Shatterhand hat ihm den Arm zerschossen; auch das mu#223; ger#228;cht werden. H#246;rt weiter, ihr Krieger! Bei Old Shatterhand befindet sich ein Mim- Mimbrenjoknabe, welcher Yumat#246;ter genannt worden ist. Diese Beleidigung des ganzen Stammes kann nur mit dem Tode ges#252;hnt werden. Wir m#252;#223;ten Old Shatterhand und den Knaben t#246;ten, wo wir sie immer finden. Aber sie haben die Friedenspfeife mit den Kriegern der "listigen Schlange" geraucht und sind also deren Br#252;der geworden; darum d#252;rfen wir sie nicht t#246;ten, sondern ihre Thaten m#252;ssen im offenen Zweikampfe ger#228;cht werden. Wir sind die Beleidigten und bestimmen also, mit welchen Waffen und in welcher Weise gek#228;mpft werden soll. Da der "gro#223;e Mund" einen verwundeten Arm besitzt und nicht zu k#228;mpfen vermag, so mu#223; ein anderer f#252;r ihn k#228;mpfen; daf#252;r erlauben wir auf der andern Seite dem Yumat#246;ter, da#223; er seinen kleinen Bruder f#252;r sich k#228;mpfen lassen kann. Wer an die Stelle des "gro#223;en Mundes" treten will, der mag sich bei uns melden!« Nach dieser h#246;chst eigent#252;mlichen Verk#252;ndigung kehrte er zum Feuer zur#252;ck. Es war also Zweikampf beschlossen worden, ohne da#223; man mich vorher gefragt hatte, ob ich einverstanden sei. Die Roten wollten auch die Waffen und die Kampfweise bestimmen, ohne da#223; ich etwas dazu zu sagen hatte. Da#223; der Bruder des Yumat#246;ters f#252;r diesen eintreten durfte, das hatte jedenfalls der alte H#228;uptling bestimmt. Die Wirkung dieser obrigkeitlichen Bekanntmachung war bei mir die, da#223; ich nach dem »starken B#252;ffel« schickte und ihn kommen lie#223;. Da ich aber w#252;nschte, da#223; er von den zu uns #252;bergegangenen Yumas noch nicht erkannt werde, lie#223; ich ihn nach einer ganz im tiefen Schatten liegenden Stelle bringen, wo man sein Gesicht gar nicht, seine Figur nicht deutlich sehen und ihn leicht f#252;r einen andern halten konnte. Als ich mich nach einiger Zeit nach der Stelle begab, lag er schon wartend da. Ich erz#228;hlte ihm, was sich ereignet hatte. Ich war der Meinung gewesen, da#223; er als Vater erschrecken werde; er aber sagte im ruhigsten Tone von der Welt: »Das also war die laute Stimme, welche wir sprechen h#246;rten! Sie drang zu uns hinaus, doch konnten wir die Worte nicht vernehmen.« »Ich habe dich kommen lassen, um zu erfahren, ob dein Sohn die Forderung annehmen soll.« »Nat#252;rlich soll er es! Darf ein Mimbrenjo von sich sagen lassen, da#223; er sich vor einem Yuma gef#252;rchtet habe?« »Aber deine S#246;hne sind noch so jung. Man wird ihm einen kr#228;ftigen und gewandten Gegner stellen!« »Desto schlimmer f#252;r die Yumas, denn wir d#252;rfen dann von ihnen sagen, da#223; sie feig sind, da#223; ihre erwachsenen Krieger mit Knaben k#228;mpfen und von ihnen besiegt werden.« »Bist du des Sieges so gewi#223;?« »Kein Yuma besiegt einen meiner Knaben!« »Und welcher soll k#228;mpfen? Der Yumat#246;ter oder sein Bruder?« »Sein Bruder, damit er auch einen Namen bekommt.« »Aber bedenke, da#223; er sich die Waffe und die Fechtweise, welche gew#228;hlt wird, gefallen lassen soll!« »Meine Knaben haben alles gelernt; ich habe keine Sorge um sie, und da#223; sie dich und Winnetou begleitet haben, ist von gro#223;em Vorteile f#252;r sie gewesen. Aber wirst auch du die Forderung annehmen?« »Kann ich anders? Wenn sie von einem Knaben angenommen wird, so darf Old Shatterhand doch nicht weniger mutig sein.« »Deinen Mut bezweifelt niemand; aber wird der B#228;r mit einer Maus k#228;mpfen?« »Ah, so ist es gemeint! Nun, ja; er k#228;mpft mit ihr. Wenn sie ihn bei#223;en will, giebt er ihr die Tatze, das ist auch ein Kampf. Du wirst zusehen wollen. Bleib hier liegen, damit du nicht gesehen und erkannt wirst!« Darauf begab ich mich zu den beiden Knaben, welche mit so unbefangenen Mienen bei einander sa#223;en, als ob ganz und gar nichts Ungew#246;hnliches vorgefallen oder zu erwarten sei. »Ich sprach mit euerm Vater, dem H#228;uptlinge,« sagte ich ihnen. »Was gedenkt ihr zu thun?« »K#228;mpfen,« antwortete der Kleine. »Ich will mir einen Namen holen; darum hat mein Bruder mir den Yuma abgetreten.« Das war mehr als naiv. Der eine hatte dem andern den Yuma abgetreten; sie betrachteten denselben also schon als ihr Eigentum. Wenn ein erfahrener und bew#228;hrter Krieger eine solche Zuversicht besitzt, so ist's begreiflich und auch zu loben; zeigt sie sich aber in so jugendlichem Alter und bei einer so ernsten Veranlassung, so m#246;chte man es f#252;r Unverstand halten. Auf unserer Seite herrschte tiefe Stille. Mann lag neben Mann im Grase, um das Kommende zu erwarten. Schon war es gegen Mitternacht, und es wurde fast ein Uhr, als der »lange Fu#223;« wieder zu der Buche kam und verk#252;ndete: »Im Rate der Alten ist folgendes beschlossen worden: Erst k#228;mpft Old Shatterhand und dann der Mimbrenjoknabe. Der Kampf Old Shatterhands findet mit der Lanze statt. Noch hat sich kein Gegner gefunden; darum wird die Art und Weise sp#228;ter mitgeteilt werden. Der Mimbrenjo wird im Wasser mit dem Messer k#228;mpfen. Sein Gegner ist der "schwarze Biber". Beide k#228;mpfen, bis einer tot ist; keiner darf vorher das Wasser verlassen.« Wie schlau! Der Name »schwarzer Biber« lie#223; vermuten, da#223; der Betreffende sehr geschickt im Schwimmen und Tauchen sei. Und ich sollte mit der Lanze k#228;mpfen, mit einer Waffe, von welcher die Roten annahmen, da#223; sie mir am ungel#228;ufigsten sei. Aber da befanden sie sich im Irrtume. Winnetou, der gr#246;#223;te Meister im Lanzen werfen und Lanzenfechten, hatte sich auch da so lange mit mir abgequ#228;lt, bis wenigstens etwas sitzen geblieben war. Bei einem Westl#228;ufer giebt es eben keine freie Stunde; hat er nichts anderes zu thun, so #252;bt er sich. Daher die staunenswerte Fertigkeit und Sicherheit, die man an solchen Leuten zu bewundern hat. Wer da nur zuschaut, hat keine Ahnung von der M#252;he und Arbeit, welche dazu erforderlich war. Also f#252;r mich hatte sich kein Gegner gefunden. Vielleicht fand sich #252;berhaupt keiner; das konnte ich mir dann schon gefallen lassen. Aber um den kleinen Mimbrenjo wurde mir bange; es trieb mich zu ihm hin, ihm einige nicht nutzlose Andeutungen zu machen. Als er mich kommen sah, blickte er mir l#228;chelnd entgegen; das Kerlchen f#252;hlte ganz und gar keine Bangigkeit, und als ich ihn fragte: »Ist mein junger Bruder ein guter Schwimmer?« antwortete er: »Ich bin stets sehr gern ins Wasser gegangen,« »Einfach ins Wasser gehen, um zu baden, oder im Wasser mit dem Messer um sein Leben k#228;mpfen, das ist zweierlei.« »Mein Bruder und ich haben sehr oft mit den Messern gek#228;mpft.« »Sei nicht zu zuversichtlich! Dein Gegner hat einen f#252;r dich schlimmen Namen; er mu#223; sehr gut tauchen k#246;nnen.« Daran hatte er wohl nicht gedacht, denn er machte ein nachdenklicheres Gesicht. »Man darf sich auch nicht allein auf die Fertigkeit verlassen; List ist oft besser als Geschicklichkeit. Dein Gegner wird wahrscheinlich viel kr#228;ftiger sein als du; das mu#223;t du durch Schlauheit auszugleichen suchen. Vor allen Dingen darfst du dich nicht von ihm fassen lassen, sonst bist du verloren.« »Fett!« meinte er, indem er mir l#228;chelnd zunickte. Da hatte man es! Ich wollte ihm gute Lehren geben, und dies eine Wort »Fett« sagte mir, da#223; er sich schon ganz pfiffig in seine Aufgabe hineingedacht hatte. Dennoch fuhr ich fort: »Er wird nat#252;rlich dr#252;ben in das Wasser gehen, w#228;hrend du hier bei uns in dasselbe steigst. Voraussichtlich wird er sich auch dr#252;ben mehr aufhalten als h#252;ben. Dort hast du ihn zu suchen.« »Dr#252;ben brennt das Feuer; da ist es heller,« warf er ein. »Aber am Ufer nicht, welches ringsum mit B#252;schen bestanden ist. Kennst du die Pflanze, welche ihr Sika nennt?« »Ja; sie steht hier in Menge am Ufer und zwischen den B#252;schen.« »Ihr Schaft oder Stengel ist hohl; das giebt eine sch#246;ne R#246;hre; merke es dir!« Er sah mich fragend an; er hatte mich nicht verstanden. »Eine sch#246;ne R#246;hre zum Atemholen,« erkl#228;rte ich ihm. »Ich wurde einst von Komantschen verfolgt und fl#252;chtete in den Flu#223;. Da stand ich, w#228;hrend sie die Ufer absuchten, lange, lange Zeit unter dem Wasser und holte durch eine Sikar#246;hre Atem. Aber husten darf man nicht. Wenn du dich unter dem Wasser fest an das Ufer schmiegst und durch einen Sikastengel Atem holst, kannst du ruhig warten, bis er kommt. Du hast doch gelernt, die Augen im Wasser offen zu haben?« »Ja. Man sieht, wenn das Wasser hell ist, mehrere Schritte weit.« »So mag es genug sein. Es giebt zwar der Listen und Kniffe noch viele; aber man mu#223; im Zweikampfe den Gegner ehrlich behandeln; ich gab dir nur deshalb einen Wink, weil du ein Knabe bist und dein Feind ein erwachsener Krieger sein wird.« Als ich den Kleinen dann beobachtete, sah ich, da#223; er sich mehrere Sikas abschnitt. Dann verschwand er hinter den B#252;schen; sein Bruder folgte ihm bald, und als ich heimlich nachging, sah ich mit Vergn#252;gen, da#223; er von letzterem mit Oel oder Fett eingerieben wurde. Beides oder wenigstens eins von beiden tr#228;gt jeder Indianer stets bei sich. Wieder verging eine lange Zeit, ohne da#223; etwas geschah. Die alten Krieger liefen dr#252;ben emsig hin und her, wie man sah. Sie suchten jedenfalls nach einem Mann f#252;r mich; es fand sich aber keiner. Endlich schien aber doch ein Ergebnis erzielt worden zu sein, denn der »lange Fu#223;« kam wieder nach der Buche und verk#252;ndete: »H#246;rt, ihr Krieger, was der Rat der Alten beschlossen hat! Das Blut, welches Old Shatterhand vergossen hat, ist das Blut eines H#228;uptlingssohnes, wof#252;r doppelte Vergeltung ge#252;bt werden mu#223;. Darum soll er nicht mit einem, sondern mit zwei Gegnern k#228;mpfen, und zwar zu gleicher Zeit. Jeder erh#228;lt f#252;nf Lanzen, und die Entfernung betr#228;gt drei#223;ig Schritte. Die Lanzen werden geworfen. Keiner darf die Stelle, auf welcher er steht, verlassen, doch ist es ihm erlaubt, beim Ausholen und Abwehren einen Schritt vor, hinter oder rechts und links neben sich zu treten. Schilde giebt es nicht. Wer seine f#252;nf Lanzen versandt hat, mu#223;, wenn der Gegner noch welche hat, stehen bleiben, bis diese geworfen sind. Wegen einer Wunde wird der Kampf nicht beendet, sondern derselbe h#246;rt nur mit dem Tode auf. Old Shatterhand wird mit "langes Haar" und "starker Arm" k#228;mpfen. Er mag kommen, um seine Lanzen in Empfang zu nehmen.« Ich blieb trotz dieser Aufforderung im Grase liegen, wo ich lag. Die Schufte thaten doch ganz so, als ob nur sie zu befehlen und wir nur zu gehorchen h#228;tten. Dr#252;ben stellten sich zwei Rote auf, deren jeder f#252;nf Lanzen in den H#228;nden hatte. Sie waren also meine geehrten Gegner, welche sich der Aufgabe unterziehen wollten, die Erde von meiner Gegenwart zu befreien. Sie machten herausfordernde Armbewegungen und heulten dazu. Als mich auch dies nicht veranla#223;te, hin#252;berzugehen, kam der »lange Fu#223;« dr#252;ben an das Ufer getreten und rief her#252;ber: »Warum kommt Old Shatterhand nicht? Hat die Angst ihm die Beine so steif gemacht, da#223; er nicht mehr gehen kann? Hier stehen die tapferen Krieger, welche ihn erwarten.« Ich blieb ruhig liegen und r#252;hrte mich nicht. Er wartete vielleicht zehn Minuten lang und rief dann her#252;ber: »Es ist so, wie ich sagte: Old Shatterhand hat keinen Mut; er kriecht in das Gras und versteckt sich hinter das Gestr#228;uch. Schande #252;ber ihn! Wei#223; er nicht, was sich f#252;r einen Krieger schickt?« Da nahm, was ich auch gar nicht anders erwartet hatte, Winnetou sich meiner an, indem er h#252;ben hart an das Wasser trat und hin#252;berrief. »Welcher Frosch ist da dr#252;ben aus dem Wasser gestiegen, um sein Quaken h#246;ren zu lassen? Old Shatterhand ist der k#252;hnste Krieger der Savanne; wer darf an seinem Mute zweifeln! Sein Name ist bekannt #252;ber die ganze Prairie und in allen Bergen und Th#228;lern. Wer aber hat jemals von einem "langen Fu#223;" geh#246;rt? Wer ist der Mann, und was hat er gethan? Kann jemand es mir sagen? Wie darf dieser unbekannte Mensch sich unterstehen, Old Shatterhand zu sich zu rufen! Meint er, Old Shatterhand sei ein Hund, welcher gehorcht, weil er die Peitsche f#252;rchtet? Was f#228;llt euch ein, uns vorzuschreiben, mit wem wir k#228;mpfen Sollen, und wie der Kampf zu verlaufen hat! Ist einer von euch so mutig gewesen, sich gegen Old Shatterhand zu melden? Kein einziger! Die Z#228;hne klapperten euch vor Angst. Da habt ihr bestimmt, da#223; er gegen zwei zu k#228;mpfen habe, und die Waffe hervorgesucht, welche er nicht zu f#252;hren versteht, denn niemand hat jemals geh#246;rt, da#223; er eine Lanze in der Hand gehabt habe. Scham und Schande #252;ber euch! Ihr err#246;tet nicht bis hinter zum R#252;cken, mit einem Knaben zu k#228;mpfen! Ihr seid wert, von den alten Weibern angespuckt und aus dem Lager getrieben zu werden. Wer sind die stinkenden K#228;fer, welche sich "langes Haar" und "starker Arm" nennen? Werden sie von ihren M#252;ttern noch auf den Armen getragen, oder haben sie es schon soweit gebracht, am Boden hin und her zu rutschen? Und mit solchen Kindern soll Old Shatterhand k#228;mpfen! Wer seid #252;berhaupt ihr alle, da#223; ihr uns Vorschriften macht? Hier sind H#228;uptlinge, ber#252;hmte M#228;nner, denen es nicht einf#228;llt, sich durch die Ber#252;hrung von Leuten zu beschmutzen, welche sich auf einen Berg stellen m#252;ssen, um einem Krieger wie Old Shatterhand bis an den Leib zu reichen. Ihr wi#223;t noch nicht einmal, was einem Zweikampf vorherzugehen und was ihn zu begleiten hat. Sind wir etwa kranke Bisons, welche sich von einer Herde von Coyoten zerfleischen lassen m#252;ssen? Wollt ihr Rache, wollt ihr Kampf, so sei es; aber der Kampf mu#223; ein ehrlicher sein. Zwei H#228;uptlinge m#246;gen dar#252;ber wachen, n#228;mlich der "gro#223;e Mund" und ich. Ich will die Lanzen sehen und untersuchen, damit nicht einer die starken und elastischen, der andere aber die morschen und spr#246;den bekommt. Diese Kniffe kennen wir; mit ihnen fangt ihr weder Winnetou noch Old Shatterhand. Und nicht dr#252;ben bei euch darf der Kampf stattfinden, sondern zwischen h#252;ben und dr#252;ben, da, wo die Buche steht. Der "gro#223;e Mund" und ich werden die drei#223;ig Schritte abmessen; wir stehen neben den Parteien, und wenn einer gegen die Bestimmungen handelt, so schie#223;e ich ihn augenblicklich nieder. So soll es sein. Ist euch diese ehrliche Weise nicht recht, so seid ihr feiges Gez#252;cht. Der H#228;uptling mag mir sagen, ob ihr einverstanden seid, kein anderer, denn wer seine Stimme zu Winnetou erhebt, der mu#223; ein Mann sein und darf nicht noch f#252;nfzig Jahre zum Wachsen brauchen! Ich habe gesprochen, ich, der H#228;uptling der Apatschen. Nun mag der "gro#223;e Mund" reden, falls ihm nicht die Knochen im Leibe vor Angst zusammenschlagen! Howgh!« Das war eine lange, kraftvolle Rede, auf welche weder h#252;ben noch dr#252;ben ein Laut erfolgte. Sie sa#223;en am Feuer und berieten. Sollte denn die ganze Nacht vergehen, ehe man mit dieser Kinderei zu Ende kam! Da endlich sahen wir den »gro#223;en Mund« sich erheben. Er rief her#252;ber: »Was Winnetou, der H#228;uptling der Apatschen, vor- vorgeschlagen hat, ist angenommen worden. Er mag zur Buche kommen, wo ich mit ihm zusammentreffen werde!« Jetzt, da die »listige Schlange« zu uns #252;bergegangen war, brauchten wir nicht mehr an Vorsichtsma#223;regeln gegen eine etwaige Hinterlist zu denken. Winnetou ging hin#252;ber, und der H#228;uptling kam zu ihm. Die f#252;nfzehn Lanzen wurden gebracht. Hatte man vorhin f#252;r mich die schadhaftesten ausgesucht, so war dies nun nicht mehr m#246;glich. Winnetou warf einige fort und lie#223; an deren Stelle bessere kommen; dann wurden sie geteilt und zu je f#252;nf verlost. Hierauf wurde die Distanz abgeschritten und markiert. »Langes Haar« und »Starker Arm« kamen herbei und hielten sich in gleicher Entfernung von meinem Platze, drei Schritte voneinander entfernt. Der H#228;uptling stellte sich nicht weit von ihnen auf; er hatte eine Pistole in der Hand, um mir eine Kugel zu geben, falls ich gegen die Verabredung handeln sollte. Nun wurde ich gerufen, legte die Jacke ab und ging hin. Winnetou postierte sich mit seiner Silberb#252;chse in gemessener Entfernung neben mich. Das dumme Ding, welches diese Leute Kampf nannten, konnte beginnen. Meine Gegner traten sehr zuversichtlich auf; hatte doch sogar Winnetou behauptet, da#223; noch niemand eine Lanze in meiner Hand gesehen habe. »W#252;nschest du, da#223; ich ihnen eine Lehre gebe?« fragte ich ihn leise. »Ja; sie verdienen es. Du kennst meinen Doppelwurf; eine Lanze als Finte und sofort hinterher die n#228;chste als Treffer.« Ich nahm die f#252;nf Waffen vom Boden auf, wo sie lagen; sie waren leicht und d#252;nn, aber von z#228;hem Holze, nur durch Absicht zerbrechlich. Ich konnte alle f#252;nf zugleich umspannen und nahm sie als B#252;ndel in beide H#228;nde, sie zun#228;chst wie ungef#228;hr eine Balancierstange haltend. Bei dieser Haltung ist das Parieren, das Seitw#228;rtsdirigieren der heransausenden Wurfgeschosse f#252;r den Anf#228;nger freilich sehr schwer und sogar gef#228;hrlich, f#252;r den Ge#252;bten daf#252;r aber dreifach leicht. Jetzt gab Winnetou das Zeichen zum Beginne. Ich richtete mich zur Seite und sah scheinbar #252;ber den See hin#252;ber, hatte aber in Wirklichkeit die Gegner, denen ich das linke Profil zukehrte, scharf im Auge. Hinter ihnen brannte ihr helles Feuer; hinter mir war es dunkel, da das unserige verl#246;scht war; ich befand mich also gegen sie im Vorteile, da ich ihre Speere, wenn sie dieselben warfen, viel deutlicher sehen konnte, als sie die meinigen; die ihren kamen aus dem Hellen, die meinen aus dem Dunkeln geflogen. Auch sie bewegten sich nicht; sie warteten, da#223; ich beginnen Solle; das fiel mir aber nicht ein. Wer seine Lanzen verschossen hatte, mu#223;te stehen bleiben und auf sich zielen lassen, bis der Gegner auch keine mehr hatte. So lautete das Uebereinkommen, und das wollte ich benutzen; sie sollten Todesangst ausstehen. So vergingen f#252;nf Minuten und wieder f#252;nf. Sie wurden ungeduldig. Sie mochten wirklich glauben, da#223; ich die Augen zur Seite und nicht auf sie gerichtet hielt, denn "Langes Haar" trat ganz pl#246;tzlich einen Schritt zur#252;ck, um auszuholen, und warf. Mir war zum Ausweichen auch ein Schritt erlaubt; ich that ihn, und das Gescho#223; flog an mir vor#252;ber, ohne da#223; ich zu parieren brauchte. Dann warf der "Starke Arm" zweimal und "Langes Haar" noch einmal. Jeder hatte noch drei Lanzen. Ich h#246;rte, da#223; sie einander Vorw#252;rfe machten, schlecht gezielt zu haben, und rief ihnen zu: »Die Krieger der Yumas sind Kinder, welche keine Gedanken und keine Erfahrung haben; sie zielen ganz leidlich, werden mich aber auf diese Weise niemals treffen.« »Meint Old Shatterhand dies wirklich?« h#246;hnte der »starke Arm«. »Wir wissen, da#223; er vom Lanzenwerfen nichts versteht, obwohl er ein Meister im Gebrauche anderer Waffen ist. Mein n#228;chster Wurf wird ihn durchbohren. Hat er vor seinem Tode noch etwas zu bestellen?« »Ja. Gieb, sobald ich gefallen bin, dem "langen Haar" als Verm#228;chtnis von mir zehn t#252;chtige Ohrfeigen, und la#223; sie dir dann von ihm wiedergeben, Das wiederholt ihr so zehnmale, bis jeder hundert hat!« »Das werde ich sofort ausrichten, und zwar an dir, mit dieser Lanze. Da, hast du sie!« Der Aerger vermehrte seine Kraft, nahm ihm aber die Sicherheit des Zielens und W#228;gens. Die Lanze sauste an mir vor#252;ber und dann auch diejenige des »langen Haares«. »Ich sagte es ja,« lachte ich. »Ihr seid Kinder, die sich reizen lassen und weder Ueberlegung noch Berechnung haben. Ich will euch sagen, wie ihr es machen m#252;#223;t. Warum seid ihr zu zweien? Warum werft ihr einzeln? Einer Lanze weicht man doch leichter aus als zweien!« »Uff!« rief das Lange Haar«, und »Uff!« rief auch der »starke Arm«. Sie sahen einander verwundert an, denn ein so einfacher, so selbstverst#228;ndlicher Gedanke war ihnen nicht gekommen. Es war nicht klug von mir, sie darauf aufmerksam zu machen, aber ich f#252;rchtete mich nicht, denn ich hatte, ebenso wie Winnetou, auch darin Uebung, zwei Lanzen, die zu gleicher Zeit geworfen werden, zu entgehen. Die eine pariert man, und der andern weicht man durch einen Schritt zur Seite aus. Freilich d#252;rfen sie nicht von Kennern geworfen werden, sonst ist man unbedingt verloren. Zielen beide nach demselben Punkte, dem Kopfe, oder der Brust, und wirft dabei der eine auch nur einen Moment sp#228;ter als der andere, so wird die erste wahrscheinlich pariert, die zweite trifft das Ziel aber gewi#223;. Das wu#223;ten die beiden Yumas gl#252;cklicherweise nicht. Sie handelten zwar nach meiner Anweisung, sagten aber einander nicht, wohin zu zielen sei; ihre Lanzen nahmen nicht denselben Flug - ein Schlag mit den meinigen, ein schneller Seitentritt, ich wurde nicht getroffen. Der Aerger dar#252;ber verleitete sie, das Man#246;ver sofort zu wiederholen, und zwar mit demselben Erfolge oder vielmehr Mi#223;erfolge. Sie hatten nun keine Lanzen mehr, w#228;hrend ich die meinigen alle noch besa#223;. Jetzt ging Winnetou von mir fort und n#228;herte sich ihnen, um sie durch sein Gewehr zum Bleiben zu n#246;tigen, falls sie die Absicht zeigen Sollten, sich meinen W#252;rfen durch die Flucht zu entziehen. Ich aber nahm eine Lanze in die Rechte, die andern vier in die Linke und sagte: »Jetzt werden die Krieger der Yumas erfahren, ob Old Shatterhand den Gebrauch dieser Waffe kennt. Ihr seid unehrlich gegen mich gewesen; es soll euch aber nichts n#252;tzen. Selbst meinem Bruder Winnetou ist die Unehrlichkeit entgangen, obgleich jeder, der ein Auge oder ein Ohr besitzt, sie sogleich erkennen mu#223;te.« »Eine Unehrlichkeit?« fragte der Apatsche. »Welche? Ich wei#223; von keiner!« »Sind nicht zehn Speere gegen mich gewesen, zehn gegen einen, und ich habe nur f#252;nf gegen zwei?« »Uff! Das ist richtig!« rief er verwundert aus. »Rechne nach! Sie hatten zehn gegen mich; ich habe nur zwei und einen halben gegen den Mann, also waren sie viermal besser gegen mich gestellt, als ich gegen sie. Ist das gerecht?« »Nein; aber niemand hat daran gedacht!« »Ich dachte daran, sagte aber nichts, da ich die Ungleichheit ausgleichen werde. Jetzt der erste Wurf!« Winnetou sah mich an und nickte bedeutungsvoll zur Seite. Damit fragte er, ob der erste Wurf, sowie wir zu thun pflegten, ein Versuch sein solle. Ich nickte wieder. Links hinter den Gegnern stand ein Baum, ich wei#223; nicht mehr, welcher Art, der hatte unter seinem ersten Aste einen Schwamm; den wollte ich treffen. Ich setzte den linken Fu#223; vor, wog und w#228;gte den Speer in der Rechten, indem ich dieselbe auf- und niedergehen lie#223;, hob sie hoch empor, nahm den Schwamm scharf ins Auge, gab dem Speer durch eine Daumenbewegung die n#246;tige Selbstdrehung und schleuderte ihn - er kam mitten in den Schwamm zu stecken. Die Yumas lachten hell auf, denn die Lanze war wenigstens vier Schritte weit an ihnen vor#252;bergeflogen. Winnetou blickte nach dem Baume, nickte befriedigt #252;ber seinen Sch#252;ler und rief den Lachern zu: »Wor#252;ber lachen die Yumas? Haben sie nicht soviel Verstand, einzusehen, da#223; dies nur ein Probewurf war? Old Shatterhand hat noch vier Speere; zwei davon werden dem "langen Haare" und dem "starken Arme" in die linke H#252;fte fahren. Er k#246;nnte sehr leicht ihr Herz treffen, ihre Brust durchbohren, will sie aber nicht t#246;ten, weil er ein Christ ist und sein Manitou es ihm verbietet!« Er hatte mir das Ziel gegeben und ich wu#223;te, da#223; ich es treffen w#252;rde - mittels des Doppelwurfes. Der erste Speer mu#223; n#228;mlich die Aufmerksamkeit dessen, den man treffen will, auf sich lenken; der zweite folgt augenblicklich nach und geht, wenn man Uebung hat, niemals fehl. Ich lie#223; zwei Speere fallen, nahm den dritten in die linke, den vierten in die rechte Hand und rief: »Also in die linke H#252;fte hat Winnetou gesagt. Zuerst den "starken Arm". Er mag aufpassen!« Das Auge des Genannten hing an meiner Rechten. Ich zielte nach seiner rechten Seite, wodurch er mir beim Ausweichen die linke bieten mu#223;te, und warf; dieser Speer war noch nicht an dem Roten vor#252;ber, so folgte schon der zweite, den ich aus der rechten in die linke gegeben hatte; es mu#223; dies sehr schnell geschehen. Die Spitze fuhr bis an den Schaft in die linke H#252;fte des Getroffenen, welcher einen Schrei ausstie#223; und niedersank. »Nun kommt das "lange Haar" daran!« k#252;ndigte ich rasch an, um dem Genannten keine Zeit zur Besinnung zu lassen. Das Experiment wiederholte sich. "Langes Haar" wurde von der Gewalt des Wurfes neben den "starken Arm" hingestreckt. Ich drehte mich um und ging. Hinter mir h#246;rte ich Winnetou rufen: »So wirft Old Shatterhand die Lanze; jetzt wi#223;t ihr es. Nun mag der "schwarze Biber" mit dem Mimbrenjoknaben k#228;mpfen!« Mehrere Yumas eilten herbei, um ihren verwundeten Kameraden die Speere aus dem Fleische zu ziehen und sie fortzutragen; die andern heulten nach l#246;blicher Indianersitte; ich aber hatte meine Aufgabe gel#246;st und legte mich wieder in das Gras. Im Osten begann bereits der Tag zu d#228;mmern. F#252;r meinen kleinen Mimbrenjo schienen sich keine guten Aussichten zu er#246;ffnen, denn der Mann, der jetzt an das Wasser trat, war ein starker, breitschulteriger Kerl, der es mit zwei oder drei andern aufnehmen konnte. »Heult nicht, klagt nicht!« schrie er, so laut er konnte. »Der schwarze Biber wird die Speerwunden r#228;chen. Der Yumat#246;ter hat, als er uns mit Old Shatterhand #252;berfiel, meinen Bruder erschossen; daf#252;r werde ich ihm den seinigen erstechen und ertr#228;nken. Der Mimbrenjowurm mag kommen, er wird sich in meinen F#228;usten und unter meinem Messer winden, bis ich meine Rache vollendet habe!« Er warf die gro#223;e, breite Decke ab, die seinen nackten K#246;rper umh#252;llte, und zeigte Formen, welche nicht nur eine ungeheure K#246;rperkraft verrieten, sondern in ihm auch einen ausgezeichneten Schwimmer vermuten lie#223;en. Winnetou stand noch bei dem »gro#223;en Munde«; sie sprachen mit einander. Dann lie#223; sich der Apatsche laut h#246;ren: »Der Mirnbrenjo geht vorn bei uns, der schwarze Biber aber hinten bei den Yurnas in das Wasser. Sobald sie sich in demselben befinden, k#246;nnen sie thun, was sie wollen; aber nur einer, der Sieger, darf lebend heraus; der andere mu#223; tot sein und seinen Skalp hergeben. Hier habe ich mein Gewehr, und auch Old Shatterhand mag seine Zauberb#252;chse mit den vielen Sch#252;ssen nehmen, um daf#252;r zu sorgen, da#223; dem Sieger von der Partei des Besiegten nichts geschieht. Wer die Hand gegen ihn erhebt, wird erschossen. Winnetou hat gesprochen!« Der Mimbrenjo trat nackt an das Ufer; er hatte sein Messer auch in der Hand. Um seine H#252;fte wand sich ein d#252;nner Faden, in welchem hinten zwei hohle Pflanzenstengel steckten, die also nur wir, nicht aber die Yumas sehen konnten. Seine Haut gl#228;nzte von Oel. Ich sah unter dem Dunkel eines Baumes hervor zwei Augen auf ihn gerichtet, zwei dunkle, jetzt #228;ngstlich blickende Augen - die Augen seines Vaters, dem beim Anblicke des "schwarzen Bibers" jetzt doch bange geworden war. Da gab Winnetou durch ein Klatschen seiner H#228;nde das Zeichen, und die beiden Schwimmer gingen in das Wasser, doch in sehr verschiedener Weise. Der Biber st#252;rzte sich in dasselbe, da#223; es hoch #252;ber ihn zusammenschlug, und kam dann, als ob er seinen Feind gleich im ersten Augenblicke packen wolle, mit m#228;chtigen Schl#228;gen der Arme und Beine gerade her#252;bergeschwommen. Der Mimbrenjo aber stieg langsam und bed#228;chtig hinab und ging ebenso langsam immer tiefer hinein, bis es ihm bis an den Hals reichte. Dann sah ich der Bewegung des Wassers an, da#223; er die Stengel hinten aus der Schnur nahm und letztere zerri#223;. Hierauf hob er die Beine und schwamm, nur diese bewegend und mit einer Hand steuernd, auf den Biber zu, welcher mit drohender Schnelligkeit sich ihm n#228;herte. Das machte den Eindruck einer Ruhe, einer Ueberlegsamkeit, welche mir wohlthat. Jetzt waren sie h#246;chstens noch zehn oder zw#246;lf Schl#228;ge auseinander, da tauchte der Mimbrenjo nieder; sogleich verschwand auch der Yuma. Jedermann stand am Ufer, einer an den andern gedr#228;ngt, um in atemloser Spannung das Ergebnis der n#228;chsten Augenblicke zu erwarten. Eine volle Minute verging, dann kam der Mimbrenjo nach oben und sah sich um. Gleich darauf erschien auch, abgewendet von ihm, der Biber; sie waren ganz nahe beisammen, sahen sich aber nicht. Da rief einer der dr#252;ben am Ufer stehenden Yumas, indem er im Eifer beide Arme ausstreckte und sich dadurch kenntlich machte: »Umdrehen, umdrehen, Biber! Er ist hinter dir!« Kaum waren die Worte gesprochen, so krachte Winnetous Silberb#252;chse, und die nie fehlende Kugel warf den Verr#228;ter nieder. Dabei erscholl die drohende Stimme des Apatschen: »So ergeht es jedem, der einem der K#228;mpfer hilft!« Die Yumas heulten ob dieser k#252;hnen That des Apatschen grimmig auf, wendeten aber ihre Aufmerksamkeit schnell von ihm ab und nach dem Wasser, wo die Folgen des Zurufes zu sehen waren. Der Biber hatte denselben befolgt, sich umgesehen und den Knaben bemerkt. Er hatte das Messer zwischen den Z#228;hnen, scho#223; auf den Mimbrenjo zu und packte ihn mit beiden H#228;nden. Der letztere b#228;umte sich sofort empor, warf, um zum Sto#223;e nach unten Kraft zu bekommen, die Beine hoch empor und verschwand aus und unter den H#228;nden seines Gegners, welcher ihn des schl#252;pfrig machenden Oeles wegen nicht hatte festhalten k#246;nnen. Dieser tauchte nicht nach und mu#223;te das schnell b#252;#223;en. Wir h#246;rten, da#223; er einen Schrei ausstie#223; und sich mit mehreren hastigen Schl#228;gen entfernte. Dann warf er sich auf den R#252;cken, hielt sich mit den Beinen und einer Hand oben und untersuchte mit der andern seinen Unterleib, aus welchem er blutete. Er hatte von dem Mimbrenjo einen Stich bekommen und, wie sich bald herausstellte, vor Schreck dar#252;ber sein Messer aus dem Munde fallen lassen. Noch tastete er an der Wunde herum, so stie#223; er abermals einen Schrei aus, denn er erhielt von unten in den R#252;cken einen zweiten Stich, schwamm nun weit fort und tauchte unter. Nun war er nur noch von Zeit zu Zeit zu sehen; er suchte unter dem Wasser nach seinem Gegner und kam nur herauf, wenn ihm der Atem ausging. Der Mimbrenjo aber lie#223; sich gar nicht mehr sehen. Es verging weit #252;ber eine halbe Stunde; der Morgen brach dar#252;ber an; noch immer blieb der Mimbrenjo verschwunden, und noch immer tauchte der Biber nach diesem auf und nieder. Er kam nun doch zu der Ansicht, da#223; sich der Gegner irgendwo versteckt haben m#252;sse, und das konnte nur am Ufer sein. Er n#228;herte sich demselben also und schwamm langsam an ihm hin, jede Stelle genau untersuchend, wenn auch nicht mit den H#228;nden, so doch mit den Augen. Ich folgte, wie jeder andere, seinen Bewegungen mit gr#246;#223;ter Spannung, jeden Augenblick erwartend, da#223; der Mimbrenjo auf ihn losfahren werde. Da schien eine Stelle seine Aufmerksamkeit, seinen Verdacht zu erregen; er hielt an, um sie genauer zu betrachten, ruderte sich auch langsam n#228;her. Da verschwand pl#246;tzlich sein Kopf, dann seine Arme, sein Oberk#246;rper im Wasser; die Beine schlugen krampfhaft um sich und folgten dem K#246;rper nach. Wellen sch#228;umten auf, und es bildete sich ein Strudel; es fand ein Kampf unter der Oberfl#228;che statt. Welchen Erfolg hatte man zu erwarten? Da kam der Mimbrenjo nach oben. Er ruderte mit den Beinen und einem Arme dem Ufer zu und zog mit dem andern Arme etwas hinter sich her. Dann deckten ihn die B#252;sche, deren Gezweig tief herniederhing. Ich wendete mich zur#252;ck und rief mit halblauter Stimme: »Er hat den Biber get#246;tet und bringt ihn nach dem Ufer, um ihm dort den Skalp zu nehmen, was im Wasser sehr schwer sein w#252;rde. Haltet die Waffen bereit! Ich f#252;rchte, da#223; die Yumas ihren Grimm nicht zu z#228;hmen verm#246;gen und losbrechen werden.« Da kam der Knabe wieder unter den B#252;schen hervor und zu uns her#252;bergeschwommen, erreichte das Land und stieg heraus. »Halt!« schrie dr#252;ben der "gro#223;e Mund". »Nur der Sieger darf heraus, und der andere mu#223; tot sein!« Da schwang der Knabe das Messer, welches er in der rechten und den Skalp, den er in der linken Hand gehalten hatte und rief antwortend: »Der "gro#223;e Mund" mag sich den Biber ansehen, der dort im Busche liegt, ob er noch lebt. Hier ist die Haut seines Sch#228;dels, die ich ihm genommen habe!« Der kleine Sieger wurde von den Seinigen begr#252;#223;t. Er hatte nicht die geringste Verletzung oder gar Wunde. Die Yumas aber wu#223;ten sich vor Wut nicht zu fassen. Sie br#252;llten wie die wilden Tiere und rannten vom Wasser, an welchem sie gestanden hatten, weg, um ihre Waffen zu holen. Ich rannte auch, n#228;mlich am Ufer hin zu Winnetou, der noch bei dem »gro#223;en Munde« stand und die scharfen Augen offen hielt. »Deine Krieger laufen zu den Waffen,« sagte ich. »Verbiete es ihnen!« »Das f#228;llt mir nicht ein!« antwortete er finster, indem er mit der Hand in den G#252;rtel nach der Pistole griff. »Wenn ein einziger Schu#223; oder Hieb von ihnen f#228;llt, seid ihr verloren!« »Wollen sehen! Wir z#228;hlen ebenso viele Krieger wie ihr.« »Nein. Komm, und sieh.« Ich nahm ihn beim Arme und ri#223; ihn zwischen den B#252;schen und B#228;umen hindurch hinaus ins Freie, wo jetzt, am hellen Morgen, der Ring der Mimbrenjokrieger, welcher den See umschlossen hielt, deutlich zu sehen war. »Was ist das! Wer sind die Leute?« fragte er erschrocken. »Es ist der "starke B#252;ffel" mit seinen Hunderten von Kriegern. W#228;hrend wir euch am Wasser haben, halten sie euch von au#223;en eingeschlossen. Siehst du nicht ein, da#223; der Kampf euch den Untergang bringen mu#223;? Sei klug! H#246;rst du deine Leute heulen! In einer Minute ist's vielleicht schon zu sp#228;t!« Er fuhr sich mit der Hand #252;ber die Stirn, als ob er seine Gedanken mit Gewalt zusammenstreichen m#252;sse, und fragte: »Giebt es f#252;r uns Gnade oder den Marterpfahl?« »Gnade.« »Ich vertraue dir. Komm schnell!« Wir rannten durch das Geb#252;sch dem Wasser wieder zu, und es war hohe Zeit, da#223; wir kamen, denn die Yumas standen am obern Teil des Sees zum Angriffe bereit, der nur deshalb unterblieben war, weil sie ihren H#228;uptling nicht gesehen hatten. Er eilte zu ihnen hin, um sie #252;ber die Lage der Dinge aufzukl#228;ren, und ich schickte den »starken B#252;ffel« hinaus, seinen Leuten zu sagen, da#223; die Entscheidung jetzt auf einem Augenblicke stehe. Sie hatten bisher am Boden gelegen oder gekauert, standen nun aber auf und boten so einen weit mehr einsch#252;chternden Anblick als vorher. Der »gro#223;e Mund« mu#223;te seine ganze Redekunst aufwenden, um seine Leute vom Losbruche zur#252;ckzuhalten. Sie ergaben sich erst dann in ihr Schicksal, als sie selbst die lebendige Mauer von Kriegern sahen, von welcher sie umgeben waren. Der »starke B#252;ffel« kam, als er seine Leute aufgekl#228;rt hatte, wieder herein zu mir, deutete auf die Yumas und fragte: »Denkst du, da#223; sie sich wehren werden?« »Nein. Ich habe mit ihrem H#228;uptling gesprochen.« »So ergeben sie sich?« »Ich denke es. « »So sterben sie nun doch am Marterpfahle!« »Das glaube ich nicht. Denn bietest du ihnen nichts als den Marterpfahl, so werden sie sich nicht ergeben, sondern wehren bis auf den letzten Mann.« »Das m#246;gen sie thun!« »So kostet es viel, sehr viel Blut.« »Sprich doch nicht immer vom Blut! M#246;gen sie erschossen werden!« »Und viele deiner Krieger auch!« »Schwerlich! Der Kampf wird nur einige Augen- Augenblicke w#228;hren. Bedenke, welche Macht wir gegen sie haben. Ich mit meinen Mimbrenjos, Winnetou und du mit deinen Bleichgesichtern, und die "listige Schlange" mit dreihundert Kriegern, die zu dir halten!« »Ja, sie werden zu mir halten, aber gegen dich.« »Was soll das hei#223;en?« »Das soll hei#223;en, da#223; ich dem "gro#223;en Munde" sowie allen seinen Leuten Gnade versprochen habe.« »Gnade? Wie durftest du das! Befanden sie sich in meiner Hand oder in der deinigen?« »Zun#228;chst in der meinigen. Willst du sie etwa wieder zum Marterpfahle f#252;hren und unterwegs entfliehen lassen? Oeffne deine Augen, um zu sehen, wie es steht! Ich helfe nicht, sie niederzumetzeln, und Winnetou auch nicht; da kennst du uns. Der H#228;uptling "listige Schlange" wird, wenn er deine Absicht erkennt, augenblicklich dem "gro#223;en Munde" helfen. Denke ja nicht, da#223; er eines Zerw#252;rfnisses wegen seinen bisherigen Feinden, den Mimbrenjos, hilft, seine Br#252;der, die Yumas abzuschlachten! Ein Friedensschlu#223; aber bringt allen Segen, euch und ihnen, und du machst gute Beute dabei.« »Beute? Hast du ihnen denn nicht auch versprochen, da#223; keine Beute gemacht werden solle? Das sollte mich sehr wundern!« »Nur Gnade, also das Leben, habe ich ihnen versprochen, weiter nichts. Gegen das Beutemachen habe ich nichts einzuwenden, ja ich rate dir sogar dazu. Nimm ihnen ihre Waffen und Pferde, so sind sie geschw#228;cht f#252;r lange Zeit. Was der "gro#223;e Mund" in der letzten Zeit ges#252;ndigt hat, darf nicht ohne Strafe bleiben.« »So sprich mit der "listigen Schlange", was sie dazu sagt!« Das that ich denn auch und fand den Boden dazu sehr gut vorbereitet. Ich hatte schon l#228;ngst bemerkt, da#223; der junge und ehrliebende H#228;uptling eifers#252;chtig auf den alten war. Dazu kam die Kr#228;nkung, welche er w#228;hrend der vergangenen Nacht von ihm erfahren hatte, und die Trennung der Krieger des einen Stammes von denen des andern. Wenn die Mimbrenjos Beute nahmen, so wurde der »gro#223;e Mund« in seinem Verm#246;gen und Ansehen schwer gesch#228;digt; das sah »listige Schlange« sehr wohl ein. Diejenigen, welche sich von dem Alten getrennt hatten, mu#223;ten dann ihm zufallen; sein Anhang wuchs, und es konnte leicht kommen, da#223; er bald an Stelle des »gro#223;en Mundes« zum Kriegsh#228;uptling ernannt wurde, was ihn, wie er wohl hoffte, auch in den Augen der J#252;din einige Stufen h#246;her hob. Darum antwortete er, als ich ihn fragte, was er wohl meine, was mit dem »gro#223;en Munde« und seinen Leuten geschehen werde: »Thut, was ihr wollt, nur t#246;tet sie nicht. Auch ihrer Gefangennahme w#252;rde ich mich widersetzen, denn sie sind meine Br#252;der.« »Du wei#223;t, was der "gro#223;e Mund" begangen hat, und giebst wohl zu, da#223; er Strafe verdient hat?« »Das geht mich nichts an, denn ich habe ihm bei dem, was du bestrafen willst, beistehen m#252;ssen. Nehmt ihm alles ab, und la#223;t ihn dann mit seinen Leuten laufen!« Diesen Bescheid brachte ich dem »starken B#252;ffel«, welcher mir die fatale Bitte vorlegte, zu dem Alten zu gehen und die Kapitulation abzuschlie#223;en. Es war mir aber interessant, ihn zu beobachten, wenn er jetzt sein Schicksal aus meiner Hand nehmen mu#223;te, der ich von ihm auch schon f#252;r den Marterpfahl bestimmt gewesen war. Als ich zu ihm kam, befand er sich inmitten seiner Krieger, welche mich mit nicht sehr freundlichen Blicken betrachteten. Sie hatten ihre Waffen noch; darum war es beinahe ein Wagnis, da#223; ich den »gro#223;en Mund« nicht hatte zu mir kommen lassen, sondern zu ihm gegangen war. »Du willst mir sagen, was beschlossen worden ist?« fragte er. »Zun#228;chst will ich dir sagen, da#223; ich f#252;r euch gesprochen habe, obgleich du es nicht um mich verdient hast. Du stehst allein, denn "listige Schlange" hat sich von dir gewendet, weil du ihn einen Feigling nanntest. Der "starke B#252;ffel" bestand darauf, euch an den Marterpfahl zu f#252;hren; ich redete es ihm aus. Dann wollte er euch wenigstens als Gefangene mit sich f#252;hren, um euch den Weibern der Mimbrenjos zu zeigen; auch darauf hat er verzichtet. Weiter aber darfst du nichts verlangen.« »Die Freiheit aber bekommen wir?« »Ja. Ihr k#246;nnt gehen, wann ihr wollt und wohin ihr wollt.« »So werden wir augenblicklich fortreiten!« »Reiten? Eure Pferde geh#246;ren den Siegern.« »Sie wollen also Beute haben?« »Nat#252;rlich! Oder meinst du, da#223; dir alles geschenkt werden mu#223;, was du auf dem Gewissen hast? Die Yumas sind gute Menschen und wackere Krieger; das habe ich an der "Listigen Schlange" erfahren; aber wenn sie von ihrem obersten H#228;uptlinge auf falsche Wege gef#252;hrt werden, so d#252;rfen sie sich nicht wundern, da#223; mit seinem Zelte auch die ihrigen eingerissen werden. Raub, Mord, Brandstiftung, Verw#252;stung von L#228;ndereien, gewaltsame Vergrabung vieler Menschen tief unter die Erde, das sind Dinge, die du dir gewi#223; nicht ungestraft gefallen lassen w#252;rdest. Da aber du sie begangen hast, sollen sie wohl belohnt werden? Du h#246;rst, da#223; ich nicht im Hasse, im Zorne mit dir rede, sondern mit Freundlichkeit. Du bist alt; es thut mir wehe, zu sehen, da#223; deine letzten Tage keine sch#246;nen sein werden. F#252;hre deine tapfern Krieger auf besseren Wegen, wie sie die "listige Schlange" geht; dann kannst du, wenn Manitou dich ruft, fr#246;hlich nach den ewigen Jagdgr#252;nden gehen, und dann k#246;nnen deine M#228;nner mit mehr Stolz und mit gr#246;#223;erer Freude als jetzt auf ihr Leben und ihre Thaten blicken. Old Shatterhand meint es gut mit dir und ebenso gut mit ihnen. Der erste Schritt, den ihr vorw#228;rts thut, wird euch freilich schwer werden, denn er besteht darin, da#223; ihr euch jetzt in das Unvermeidliche f#252;gt. Der "starke B#252;ffel" hat euch die Freiheit und das Leben geschenkt; soll er auch noch auf die Beute verzichten? Das k#246;nnt ihr nicht verlangen!« »Er hat sie schon gro#223; genug gemacht!« murrte er. »Wo denn und wie?« »Du nahmst uns die Herden des Haziendero ab. Es gelang uns, zu entkommen, und wir holten sie uns wieder. Da wir hier herauf mu#223;ten, haben wir sie mit einigen Leuten zur#252;ckgelassen. Jetzt sehen wir, da#223; die Mimbrenjos uns gefolgt sind, und da ist es sicher, da#223; sie die Herden wieder haben. « »Ich habe mit dem "starken B#252;ffel" noch nicht dar#252;ber gesprochen; aber wenn es so ist, dann darfst du doch nicht von Beute sprechen, denn die Tiere geh#246;ren nicht den Mimbrenjos, sondern dem Haziendero und werden demselben zur#252;ckgegeben werden. Frage dich selbst, und gieb eine ehrliche Antwort, was du an Stelle des "starken B#252;ffels" thun w#252;rdest. Du w#252;rdest nicht von der Beute lassen. Ja, du w#252;rdest keine Gnade geben, sondern die Gefangenen nach deinen Weidepl#228;tzen schleppen. Du verlangst also von ihm noch viel, viel mehr, als du selbst thun w#252;rdest, wenn du dich an seiner Stelle bef#228;ndest. Seid also klug, denn wenn ihr euch weigert, nimmt er wohl gar das Wort zur#252;ck, welches er mir gegeben hat, und f#252;hrt euch als Gefangene fort! Und noch eins: Ihr befindet euch auf streitigem Lande. Wie nun, wenn er jetzt von euch verlangt, da#223; es von jetzt an nur den Mimbrenjos geh#246;ren soll? Ihr m#252;#223;tet euch f#252;gen, denn ihr seid in seiner Gewalt. La#223;t es also nicht noch zu solchen Forderungen kommen, sondern bringt lieber das kleine Opfer, um gr#246;#223;ern Schaden zu vermeiden.« Eine so freundlich eindringliche Redeweise waren die rohen Menschen nicht gew#246;hnt; darum machte dieselbe einen desto tiefern Eindruck auf sie. Es war ein kleiner diplomatischer Zug von mir gewesen, den Zorn der Krieger auf ihren H#228;uptling zu lenken als auf denjenigen, der sie verf#252;hrt hatte; das war eine gerechte Strafe f#252;r ihn und konnte meinem Freunde »listige Schlange«, der sich so treu erwiesen hatte, von Vorteil sein. Kurz und gut, ich brachte es dahin, da#223; sie sich wenigstens ohne #228;u#223;ern Widerstand darein f#252;gten, ihr Eigentum in die H#228;nde der Mimbrenjos #252;bergehen zu lassen, und freute mich dar#252;ber, dem »starken B#252;ffel« dieses Resultat melden zu k#246;nnen. Sie gaben ihre Waffen ab und mu#223;ten dann zusehen, wie ihre Pferde zusammengetrieben wurden. Eine Milderung, welche der »starke B#252;ffel« auf meine Bef#252;rwortung hin noch eintreten lie#223;, lag darin, da#223; sie alles behalten konnten, was sie in den Taschen bei sich trugen. Dann hielten sie es f#252;r geraten, abzuziehen, wobei sich gleich zeigte, da#223; meine lobende Erw#228;hnung der »listigen Schlange« auf einen guten Boden gefallen war, denn viele von den Kriegern des Alten gingen nicht mit ihm, sondern traten zu der Schlange #252;ber und baten, von jetzt an zu seinem Stamme gez#228;hlt zu werden. Er sagte ihnen das zu, und ich brachte es soweit, da#223; sie ihre Waffen und Pferde wieder erhielten, wor#252;ber sie sich selbstverst#228;ndlich au#223;erordentlich freuten. Der »gro#223;e Mund« war dar#252;ber sehr erbost; er sah seinen Einflu#223; schon jetzt schwinden und konnte sich sagen, da#223; derselbe in Zukunft wohl noch mehr abnehmen werde. Darum ging er nicht, wie ich erwartet hatte, ohne Abschied von dannen, sondern kam vor dem Abmarsche noch zu uns, um uns eine Rede zu halten, welche besonders an meine Adresse gerichtet war. Er brachte dabei seine Aeltesten mit, um ihnen zu zeigen, da#223; er, wenn auch nicht mehr die materielle, so doch noch die innere Kraft besitze, sich als unsern Feind zu betrachten. Als er mit seinen sechs oder sieben hervorragendsten Kriegern kam, sa#223;en wir gerade bei der Beratung #252;ber die weitere Richtung unsers Zuges; es waren also die angesehensten Personen, die sich bei uns befanden, beisammen. Ich sah ihn kommen, dachte mir sogleich, was er wolle, und gab den Befehl, die beiden S#246;hne des »starken B#252;ffels« herbeizuholen und den Platz, sobald der Alte mit seinen Begleitern bei uns stehe, durch Mimbrenjos einzuschlie#223;en. Als er bei uns anlangte, lud ich ihn ein, sich zu uns zu setzen; er lehnte das aber durch eine abwehrende Bewegung seiner Hand ab, nahm die Haltung eines Redners an und sprach, w#228;hrend die Mimbrenjos den anbefohlenen Kreis um uns zu bilden begannen, in sehr erhobenem Tone: »Das Gl#252;ck des Krieges ist ein Weib, welches heute lacht, morgen weint und #252;bermorgen wieder lacht. Das Weib ist dem "gro#223;en Munde" stets hold gewesen, so lange er es mit Feinden zu thun hatte, welche S#246;hne unsers Landes waren, die ich also kannte und von denen ich wu#223;te, welche Waffen sie f#252;hrten, wie sie sich verteidigen w#252;rden und wie ich also meine Angriffspl#228;ne zu entwerfen und auszuf#252;hren hatte. Ich wurde als gro#223;er Krieger bekannt; mein Ruhm wuchs von Tag zu Tag; meine roten und wei#223;en Feinde f#252;rchteten mich, und meine Freunde f#252;hlten sich sicher und geborgen unter meinem Schutze. Da aber kamen fremde M#228;nner, die nicht in dies Land geh#246;ren. Sie hatten kein Recht, sich in unsere Angelegenheiten zu mischen; aber sie thaten es doch, Old Shatterhand und Winnetou. Man h#228;tte die Eindringlinge sofort t#246;ten oder wenigstens #252;ber die Grenze treiben sollen. Sie f#252;hrten Waffen bei sich, mit denen die unserigen nicht zu vergleichen sind. Wer kann gegen die Silberb#252;chse des Apatschen und den B#228;rent#246;ter Old Shatterhands aufkommen! Und der letztere besitzt dazu gar noch ein Zaubergewehr, mit welchem er immerfort schie#223;en kann, ohne laden zu m#252;ssen. Was sind dagegen unsere Pfeile und Lanzen, unsere Messer und die wenigen Flinten, welche die Yumas besitzen! Auch f#252;hren die Leute den Krieg in einer Weise, welche wir nicht kennen. Sie sind voller Heimt#252;cke und List und treten immer gerade da auf, wo man sie am wenigsten erwartet. Sie stehen noch dazu mit b#246;sen Geistern im Bunde, welche sich gegen die roten M#228;nner feindselig verhalten, weil dieselben ehrliche und gute Menschen sind. Darum sind alle meine Pl#228;ne, seit diese beiden Menschen in das Land kamen, zunichte geworden; ich habe mich besiegen lassen m#252;ssen und mu#223; jetzt die F#252;#223;e nehmen, um ohne Pferde und Waffen heimzukehren. Aber Winnetou und Old Shatterhand werden nicht hier bleiben, und dann wird das Gl#252;ck sich mir wieder zuwenden. Diejenigen, welche jetzt Sieger sind, werden dann die Besiegten sein und unter unsern F#228;usten heulen wie die Hunde, welche sehen, da#223; sie geschlachtet werden sollen. Denn ich sage es, ich, der "gro#223;e Mund", der oberste H#228;uptling der Yumakrieger: Ich werde das, was jetzt geschehen ist, nicht vergessen und diejenigen, welche heute #252;ber mich triumphieren, unter meine F#252;#223;e treten und vernichten. Und dann wird es keine Gnade und Barmherzigkeit geben, und diejenigen, welche mir heute abtr#252;nnig geworden sind, werden die ersten sein, welche unter unsern Messern sterben. Old Shatterhand und Winnetou aber m#246;gen sich h#252;ten, jemals in meine N#228;he zu kommen, denn ich w#252;rde sie ergreifen und bei lebendigem Leibe schinden lassen, so da#223; ihr Jammer und Wehklagen durch alle Th#228;ler und #252;ber alle Berge t#246;nen m#252;#223;te. Die #228;ltesten meines Stammes werden mir das bezeugen, denn sie sind mit mir einverstanden. Ich habe gesprochen, Howgh!« »Howgh!« riefen auch die Aeltesten, um zu zeigen, da#223; sie wirklich seiner Ansicht seien. Sie drehten sich um, um sich zu entfernen, sahen aber, da#223; sie eingeschlossen waren. Darum fragte der Alte in zornigem Tone: »Warum hat man uns mit bewaffneten Kriegern umzingelt? Will man etwa Verrat gegen uns #252;ben und den Vertrag nicht halten, den man mit uns abgeschlossen hat?« »Wir sind keine Verr#228;ter,« antwortete Winnetou. »Die Krieger, welche euch umgeben, sollen nur eine Aufforderung an euch sein, noch ein wenig zu verweilen, um das zu h#246;ren, was wir auf deine Worte zu erwidern haben. Mein Bruder Old Shatterhand mag sprechen, denn der H#228;uptling der Apatschen ist ein Freund der Thaten, aber nicht der Worte!« Ich folgte der Aufforderung, indem ich aufstand und, zu dem Alten gewendet, sprach: »Der "gro#223;e Mund" hat uns eine Rede zu h#246;ren gegeben, welche voller Unvorsichtigkeit und Irrtum ist. Unvorsichtig ist er gewesen, indem er mi#223;achtet hat, da#223; wir mit gro#223;er Schonung gegen ihn und seine Leute verfahren sind. Wir haben ihnen das Leben und die Freiheit geschenkt; aber er sagt uns in das Gesicht, da#223; er uns schinden werde. Ich habe vorhin sehr gute Worte zu ihm gesprochen und ihn ermahnt, bessere und freundlichere Wege einzuschlagen, und h#246;re jetzt, da#223; die Mahnung keine Frucht tragen werde, denn er, der Besiegte, droht den Siegern damit, da#223; er nichts vergessen werde und sie unter seine F#252;#223;e treten und vernichten wolle. Sieht er denn nicht, da#223; er sich noch in unserer Hand befindet, er und seine Aeltesten, welche seiner Drohung beigetreten sind? Was hindert uns, unser Wort zur#252;ckzunehmen, da auch er sich wortbr#252;chig zeigt und den versprochenen Frieden nicht halten will? Er hat ein gro#223;es Lob #252;ber sich losgelassen, aber welches Lob sollen wir und sollen auch seine Leute ihm daf#252;r zollen, da#223; er sein und ihr Leben durch seine unvorsichtigen Drohungen wieder in die gr#246;#223;te Gefahr bringt?« »Ihr m#252;#223;t Wort halten!« rief er mir dazwischen. »Nein, wir m#252;ssen nicht! Old Shatterhand und Winnetou m#252;ssen #252;berhaupt niemals m#252;ssen; das merke dir! Wir h#228;tten das vollste Recht, dich infolge deiner Drohung sofort niederzuschie#223;en, dich, deine Aeltesten und alle deine Leute. Wir thun dies aber nicht, weil wir deiner lachen. Deine Drohungen sind wie das Quaken eines Wasserfrosches, welcher nur im Sumpfe leben kann und, wenn die Sonne diesen austrocknet, sterben mu#223;. Du bist alt und schwach geworden, und die Wut #252;ber deine Ohnmacht l#228;#223;t dich Worte reden, welche ein Mann nur deshalb nicht bestraft, weil sie kindisch sind und keine Thaten hervorbringen k#246;nnen. Wir werden euch also trotz eurer Drohungen laufen lassen, weil die L#228;cherL#228;cherlichkeit derselben uns nicht zu erz#252;rnen vermag, wohl aber unser Mitleid erregt. - Und voller Irrt#252;mer ist deine Rede gewesen, sagte ich. Du hast behauptet, Winnetou und ich geh#246;rten nicht in dies Land. Wei#223;t du denn nicht, da#223; er der ber#252;hmteste H#228;uptling der Apatschen ist, welche von Arizona oben bis hinauf zur gro#223;en Mapimi und dann hinunter bis #252;ber den Rio Pecos wohnen? Geh#246;ren die Mimbrenjos, welche du als deine Sieger hier siehst, nicht auch zu den St#228;mmen der Apatschen? Ist Winnetou nicht der vornehmste aller Apatschen, und du sagst, er sei ein Fremder im Lande! Ich sage dir, da#223; er ein gr#246;#223;eres Recht besitzt als du, sich hier zu befinden. Und ebenso gro#223; ist auch sein Recht, sich den Mimbrenjos vom gro#223;en Stamme der Apatschen, welche du befeindest, gegen dich anzuschlie#223;en. Wie kannst du verlangen, da#223; er #252;ber die Grenze getrieben werden soll! Wahr ist es, da#223; ihr gegen unsere Gewehre nicht aufkommen k#246;nnet; aber es sind das nur drei St#252;ck. Wenn sich ein ganzer Stamm der Yumas vor drei Flinten f#252;rchtet, so giebst du deinen Kriegern ein Zeugnis, dessen sie sich sch#228;men m#252;ssen. Wie oft haben wir #252;berhaupt die Gewehre gegen euch gebraucht? Haben wir euch mit ihnen besiegt? Nein, sondern mit ganz anderen Waffen. Auch das ist L#252;ge, da#223; wir mit b#246;sen Geistern im Bunde stehen, und da#223; ihr ehrliche und gute Menschen seid. Das Gegenteil ist richtig. Ihr thut nichts als B#246;ses; wir aber verteidigen das Gute, und darum stehen wir unter dem Schutze des gro#223;en, guten Manitou. Und letzteres ist die Ursache unseres Sieges, denn das Gute siegt stets, und das B#246;se mu#223; untergehen. Da#223; wir stets das Gute gethan haben und nicht wie du zum B#246;sen hielten, h#228;ltst du f#252;r Hinterlist. Ja, wie haben euch #252;berlistet, vielfach #252;berlistet, aber das ist ein Beweis daf#252;r, da#223; der Gute klug und der B#246;se dumm und unklug handelt. Wir zeigen uns auch jetzt wieder gut, indem wir euch trotz eurer Drohung laufen lassen, aber so ganz und gar straflos soll dieselbe denn doch nicht bleiben, denn eine Antwort mu#223; auf deine Prahlereien folgen, sonst glaubst du am Ende gar, da#223; wir durch dieselben eingesch#252;chtert worden sind. Mein junger, roter Bruder mag zu mir kommen.« Die Aufforderung war an den j#252;ngeren Sohn des "starken B#252;ffels" gerichtet. Er folgte derselben; ich nahm ihn bei der Hand und fuhr fort: »Der "gro#223;e Mund" hat es uns zum Vorwurfe gemacht, da#223; wir einem Sohne des H#228;uptlings der Mimbrenjos den Namen Yumat#246;ter gegeben haben; er hat daf#252;r sogar den Tod von dessen Bruder verlangt und diesen mit dem "schwarzen Biber" k#228;mpfen lassen. Der J#252;ngling, den ich hier an meiner Hand halte, hat mir gro#223;e Dienste erwiesen; er ist treu, klug und auch k#252;hn gewesen, und ich habe ihm viel von meinem Erfolge zu verdanken. Darum soll ihm jetzt der verdiente Lohn werden. Er soll einen Namen erhalten, der an seine Thaten erinnert, und damit in die Reihen der erwachsenen Krieger treten. Er hat den "schwarzen Biber" get#246;tet und ihm den Skalp genommen; darum, und auch als Antwort darauf, da#223; der "gro#223;e Mund", uns den Namen Yumat#246;ter so #252;belgenommen hat, erteile ich hiermit diesem meinem jungen, roten Bruder und Freunde den Namen Yuma-Tsil (* Yuma-Skalp.) und bitte Winnetou und alle Krieger der Mimbrenjos, demselben ihre Beistimmung zu geben!« Laute freudige Zurufe ert#246;nten ringsum. Winnetou erhob sich, nahm die andere Hand des Knaben in die seinige und erkl#228;rte: »Old Shatterhand hat mir aus dem Herzen gesprochen. Der junge, tapfere Krieger soll Yuma-Tsil hei#223;en; er ist mein Bruder, und seine Freunde oder Feinde werden auch meine Freunde oder Feinde sein. Ich habe gesprochen.« »So sind also die W#252;nsche der beiden S#246;hne unseres Freundes, des "starken B#252;ffels", erf#252;llt,« fuhr ich fort. »Sie w#252;nschten, Namen zu haben, und sind deshalb mit Winnetou und mir gegangen; sie haben gute, vortreffliche Namen bekommen, welche in Zukunft bekannt und ber#252;hmt sein werden bei allen Freunden und Feinden. Der alte "gro#223;e Mund" aber mag jetzt mit seinen Aeltesten fortgehen. Ob wir ihn und seine Leute f#252;rchten, haben wir ihm dadurch gesagt, da#223; wir die beiden S#246;hne des Mimbrenjoh#228;uptlings Yumat#246;ter und Yumaskalp genannt haben. Ich habe gesprochen. Howgh!« Ich winkte; der Kreis #246;ffnete sich, und die Yumas entfernten sich, jedenfalls w#252;tend dar#252;ber, da#223; sie auf ihre Verabschiedung eine solche Antwort erhalten hatten. Es versteht sich von selbst, da#223; dann die Namengebung durch ein allgemeines Rauchen des Kalumets und die sonstigen Gebr#228;uche gefeiert und bekr#228;ftigt wurde. Die Knaben, welche nun zu den erwachsenen Kriegern z#228;hlten, waren unendlich gl#252;cklich und auch ganz besonders stolz darauf, da#223; sie ihre Namen Winnetou und mir zu verdanken hatten. Ihr Vater f#252;hlte sich ebenso stolz und gl#252;cklich wie sie, flo#223; von Dankesworten #252;ber und bat um Verzeihung daf#252;r, da#223; er zuweilen nicht nur grob, sondern sogar mi#223;trauisch gegen mich gewesen war. Um mir einen Beweis seiner Dankbarkeit zu geben, bat er mich, da#223; ich mich nicht mehr von der »listigen Schlange« und deren Yumakriegern begleiten lassen m#246;ge, denn er selbst wolle mir f#252;r meine wei#223;en Kameraden genug gute Reit- und Packpferde zur Verf#252;gung stellen und uns mit einer Kriegerschar bis #252;ber die Grenze und dann noch soweit f#252;hren, wie ich nur immer w#252;nschen m#246;ge. Ich ging nat#252;rlich sehr gern auf diesen Vorschlag ein und traf noch heute die Vorbereitungen zum Aufbruche, welcher am n#228;chsten Morgen erfolgte. Von der "listigen Schlange" gab es einen herzlichen Abschied; seine Braut, die J#252;din, bekam ich dabei nicht zu sehen; sie blieb vor mir verborgen. Nach einem langen und beschwerlichen Ritte erreichten wir die Grenze von Texas, und ich verteilte das Geld. Auch der Player bekam die Summe, welche ich ihm versprochen hatte. Damit war die traurige Vergangenheit f#252;r sie alle verschwunden, und sie konnten einer zwar einfachen, aber doch bessern und fr#252;chtereichen Zukunft entgegenblicken. - - - |
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