"Satan und Ischariot III" - читать интересную книгу автора (Май Карл)
Satan und Ischariot III. Die Jagd auf den MillionendiebErstes Kapitel. Wieder im Westen.Seit dem bisher Erz#228;hlten waren vier Monate vergangen, in denen die ersten zw#246;lf Wochen lang ein mir unendlich teures Leben mit sehr abwechselndem Erfolge mit dem Tode gerungen hatte. Ich meine dasjenige meines Freundes Winnetou. Seine sonst so widerstandsf#228;hige Natur hatte doch unter dem Aufenthalte in Afrika, so kurz derselbe war, gelitten. Wir bekamen in Marseille schnelle Gelegenheit nur nach Southampton. Kaum hatte sich das Schiff in Bewegung gesetzt, so mu#223;te er sich legen. Wir hielten die Uebelkeit, welche ihn befiel, zun#228;chst f#252;r eine Folge der Seekrankheit; aber als dieselbe sich nicht hob, zogen wir den Schiffsarzt zu Rate, und dieser konstatierte ein schweres Gallen- und Leberleiden, welches eine gef#228;hrliche Wendung zu nehmen drohte. In Southampton angekommen, war er so schwach, da#223; er von Bord getragen werden mu#223;te; an eine Weiterreise war nicht zu denken. Emery, welcher hier bekannt war, mietete in der Umgegend der Seestadt, die der »Garten Englands« genannt wird, eine der vielen hier befindlichen Villen, welche wir mit dem Patienten bezogen. Zwei der t#252;chtigsten Aerzte, welche es gab, teilten sich in seine Behandlung. Er, der dem Tode hundertmal offen in das Auge geschaut hatte, mu#223;te hier nun mit einem versteckten, heimt#252;ckischen Feinde k#228;mpfen, den er nicht zu fassen vermochte. Bald schien er zu unterliegen, bald trat wieder eine Besserung ein, die uns Hoffnung gab, aber nicht lange anhielt. Es verstand sich ganz von selbst, da#223; wir an nichts anderes als die Pflege des teuern Freundes denken konnten. Wir sa#223;en, uns abl#246;send, Tag und Nacht an seinem Bette und thaten alles, was geeignet war, den t#252;ckischen Feind in die Flucht zu schlagen. Aber erst in der dreizehnten Woche erkl#228;rten uns die Aerzte, da#223; das Schlimmste vor#252;ber sei und der Kranke nur noch der Schonung und der Erholung bed#252;rfe. Schonung und Erholung! Der Apatsche l#228;chelte, als er die beiden Worte h#246;rte, obgleich er zum Skelette abgemagert war, soda#223; dieses L#228;cheln weit eher wie unterdr#252;cktes Weinen aussah. »Schonung?« fragte er. »Ich habe keine Zeit dazu. Und Erholung? Kann Winnetou sich auf diesem Lager und in diesem Lande erholen? Gebt ihm seine Prairie, seinen Urwald wieder, dann wird er seine Kr#228;fte schnell zur#252;ckbekommen! Wir m#252;ssen fort. Meine Br#252;der wissen, welche eilige Angelegenheit uns hin#252;berruft.« Wohl wu#223;ten wir das; sie war auch wirklich eilig-, aber einer, der soeben einer so schweren, lebensgef#228;hrlichen Krankheit entronnen ist, mu#223; sich vor jeder Eile h#252;ten. Es versteht sich von selbst, da#223; wir nichts vers#228;umt hatten, was wir in unserer Lage thun konnten, um den Plan der beiden Meltons, sich in den Besitz eines Verm#246;gens von Millionen zu setzen, zu Schanden zu machen. Die beiden Schufte hatten in Afrika den jungen Hunter ermordet und waren nun nach Amerika abgesegelt, um mittels der Aehnlichkeit, welche der junge Melton mit dem Ermordeten hatte, und mittels der ihm gestohlenen Papiere sich in Besitz eines Erbes zu setzen, welches ihm zufallen sollte. Ich hatte sofort nach unserer Ankunft in Southampton, als es sich herausstellte, da#223; wir hier bleiben mu#223;ten, dem jungen Advokaten Fred Murphy in New Orleans telegraphiert. Da die Depesche nicht als unbestellbar zur#252;ckkam, nahm ich an, da#223; er sie erhalten hatte. Gleich nach Absendung derselben schrieb ich ihm einen langen Brief, in welchem ich ihm unsere Erlebnisse mitteilte, ihn von allem, was wir erfahren hatten, genau unterrichtete und ihn ersuchte, die Meltons, sobald sie sich in New Orleans zeigen w#252;rden, festnehmen zu lassen und bis zu unserer Ankunft in sicherm Gewahrsam zu halten. Ungef#228;hr drei Wochen sp#228;ter antwortete er mir. Er dankte mir f#252;r meine Mitteilungen und benachrichtigter mich, da#223; sie bereits die von mir erwarteten Folgen gehabt h#228;tten. Als Freund von Small Hunter hatte er sich so sehr um dessen Auffindung und um die ganze Angelegenheit bem#252;ht, da#223; er vom Gericht aus als Erbschaftsverweser eingesetzt worden war. Er hatte die Beh#246;rde sofort #252;ber mein Telegramm und dann auch #252;ber meinen Brief verst#228;ndigt, und beide waren zu den Akten genommen worden. Kurze Zeit sp#228;ter hatte sich der falsche Hunter auch wirklich gemeldet und war mit seinem Vater festgenommen worden. Er hatte dem echten Hunter dort so #228;hnlich gesehen und war selbst in dessen kleinste und intimste Angelegenheiten so eingeweiht gewesen, da#223; man ihn ohne mein Schreiben ganz gewi#223; f#252;r denselben gehalten und ihm die reiche Erbschaft unbedenklich zugesprochen h#228;tte. Die Untersuchung aber hatte ergeben, da#223; er normale F#252;#223;e besa#223;, w#228;hrend die Bekannten des echten Hunter dort wu#223;ten, da#223; dieser zw#246;lf Zehen besessen hatte. Das schrieb mir der Anwalt. Zugleich bat er mich um Zusendung der Dokumente, welche sich in meiner Hand befanden und zur v#246;lligen Ueberf#252;hrung der beiden Betr#252;ger n#246;tig waren. Er meinte, wir drei Zeugen k#246;nnten noch lange verhindert sein, hin#252;ber zu kommen, und es l#228;ge im Interesse der eigentlichen Erben, die Sache so bald wie m#246;glich zum Austrag zu bringen. Ich mu#223;te zugeben, da#223; er da recht hatte, und doch gab es eine Stimme in mir, welche mich warnte, auf dieses Begehren einzugehen. In einer Seestadt, wie Southampton ist, werden alle hervorragenden ausl#228;ndischen Bl#228;tter gelesen. Es standen mir drei der gelesensten Zeitungen aus New Orleans zur Verf#252;gung, und keine gedachte der Angelegenheit auch nur mit einem Worte. Das fiel mir auf. »Die Beh#246;rde wird die Sache geheim halten«, meinte Emery, um das Schweigen zu erkl#228;ren. »Warum?« fragte ich. »Hm! Wei#223; auch keinen Grund.« »Ich kann mir noch weniger einen denken, zumal man dr#252;ben selbst in andern Angelegenheiten sich nicht scheut, vor die Oeffentlichkeit zu treten. Der Yankee ist selbst als Jurist, als Kriminalist kein Geheimniskr#228;mer, und in unserm Falle w#252;rde die Ver#246;ffentlichung mehr als geraten sein, da durch sie ganz gewi#223; ein niederschmetterndes Material gegen die Meltons zusammenk#228;me; davon bin ich #252;berzeugt.« »Well; ich auch.« »Also verstehe ich die Heimlichkeit nicht; ja, sie kommt mir sogar bedenklich vor.« »So willst du die Dokumente nicht hin#252;berschicken?« »Nein. Ich werde das dem Advokaten schreiben. Ich werde ihm sagen, da#223; die Papiere von zu gro#223;er Wichtigkeit seien, als da#223; ich sie den Zu- und Unf#228;llen des Seeverkehrs anvertrauen m#246;chte; und wenn er, was zu bezweifeln ich bis Jetzt noch keine Ursache habe, ein ebenso t#252;chtiger wie vorsichtiger Gesetzeskundiger ist, so kann er das nur loben.« Ich schrieb also und bekam nach abermals fast drei Wochen wieder einen Brief, in welchem Fred Murphy meine Zur#252;ckhaltung zwar vollkommen anerkannte, mich aber bat, ihm die Dokumente durch einen sichern Mann zu schicken. Auch das unterlie#223; ich, da sogar bis jetzt die Bl#228;tter von New Orleans geschwiegen hatten. Ich antwortete nicht, und er schwieg auch. Darum nahm ich an, da#223; er mir meine Vorsicht zwar wohl #252;belgenommen habe, aber nun auf meine Ankunft warten wolle. Einen zweiten Brief hatte ich geschrieben, n#228;mlich an Frau Werner und Ihren Bruder Franz, den Violinisten. Auch ihnen erz#228;hlte ich ausf#252;hrlich das Resultat unserer Nachforschung nach Small Hunter und gab ihnen die Versicherung, da#223; sie ganz gewi#223; in den Besitz der Erbschaft kommen w#252;rden, welche die beiden Meltons f#252;r sich ergaunern wollten. Ich freute mich k#246;niglich dar#252;ber, ihnen eine so frohe Nachricht senden zu k#246;nnen, bekam jedoch keine Antwort, was mich aber nicht st#246;ren konnte. Bis San Francisco war es weiter als bis New Orleans, und die Adressaten konnten die Wohnung, ja sogar den Aufenthalt in dieser Stadt mit dem an einem andern Orte gewechselt haben. Sie erhielten mein Schreiben sicher, da Franz mir die richtige Adresse gegeben und auch jedenfalls daf#252;r gesorgt hatte, da#223; der Brief ihnen auf alle F#228;lle nachgeschickt wurde. Als Winnetous Genesung soweit vorgeschritten war, da#223; er sich nun im Freien ergehen durfte, machte ich ihm den Vorschlag, noch bis zu seiner v#246;lligen Herstellung hier zu bleiben, ich aber wolle einstweilen allein nach New Orleans gehen. Er sah mich mit verwunderten Augen an und fragte: »Hat mein Bruder im Ernste gesprochen? Hat mein Bruder vergessen, da#223; Old Shatterhand und Winnetou zusammengeh#246;ren?« »Hier ist eine Ausnahme notwendig. Die Sache eilt, und du bist aber noch nicht ganz gesund.« »Winnetou wird auf dem gro#223;en Wasser schneller gesund werden, als hier in dem gro#223;en Hause. Er wird mit dir reisen. Wann f#228;hrst du ab?« »Nun h#246;chst wahrscheinlich noch nicht. Du l#228;ssest mich ohne dich nicht fort, und ich will dich keinem R#252;ckfalle aussetzen, welcher viel gef#228;hrlicher sein w#252;rde, als die ausgestandene Krankheit.« »Und doch werden wir fahren; ich will es so! Mein Bruder mag sich erkundigen, wann das n#228;chste Schiff nach New Orleans geht; dieses werden wir besteigen. Howgh!« Wenn er das Wort aussprach, so war es das Zeichen, da#223; jeder Einwand, jede Widerrede ohne Erfolg sein werde; ich mu#223;te mich also f#252;gen. Vier Tage sp#228;ter gingen wir an Bord. Es versteht sich von selbst, da#223; wir vorher alle Vorkehrungen getroffen hatten, welche uns geeignet erschienen, der Seereise die Gefahr f#252;r Winnetou zu benehmen. Unsere Sorge war umsonst gewesen; seine Vorhersagung erf#252;llte sich. er erholte sich so schnell, da#223; wir uns schier dar#252;ber verwunderten, und als wir in New Orleans ankamen, f#252;hlte er sich so stark und wohl, wie er vor der Krankheit gewesen war. Es braucht wohl kaum erw#228;hnt zu werden, da#223; Emery die Reise auch mitmachte. Seine Anwesenheit als Zeuge war nicht unbedingt n#246;tig, wenn auch w#252;nschenswert, doch war er neugierig auf das Kommende, und das Geld, welches die Reise kostete, spielte bei ihm keine Rolle. Nachdem wir uns in einem Hotel untergebracht hatten, suchte ich den Advokaten auf, ich allein, da es nicht notwendig war, ihn zu dritt zu bel#228;stigen. Seine Wohnung und seine Expedition war bald gefunden. Aus der Gr#246;#223;e der letzteren und den Klienten, welche wartend dasa#223;en, war zu schlie#223;en, da#223; ich es mit einem vielbesch#228;ftigten und gesuchten Advokaten zu thun hatte. Ich gab dem Bureaudiener meine Karte und wies ihn an, sie dem Chef sofort zu #252;bergeben, worauf derselbe mich augenblicklich vorlassen werde. Der Mann that dies. Als er aus dem Zimmer des Herrn zur#252;ckkehrte, lie#223; er mich zu meiner Verwunderung nicht eintreten, sondern deutete stumm auf einen leeren Stuhl. »Hat Mr. Murphy meine Karte gesehen?« fragte ich. »Yes,« nickte er. »Was sagte er?« »Nothing.« »Nichts? Aber er kennt mich doch!« »Well!« meinte er in gleichg#252;ltigem Tone. »Und meine Angelegenheit ist nicht nur au#223;erordentlich wichtig, sondern auch sehr eilig! Geht hinein, und sagt, da#223; ich bitte, sogleich vorgelassen zu werden!« »Well!« Er drehte sich steif um und verschwand abermals hinter der Th#252;r seines Prinzipals. Als er zur#252;ckkehrte, w#252;rdigte er mich keines Blickes, trat an das Fenster und beobachtete die drau#223;en vor#252;bergehenden Menschen. »Nun, was hat Mr. Murphy gesagt?« fragte ich ihn, indem ich zu ihm an das Fenster trat. »Nothing.« »Wieder nichts? Unbegreiflich! Habt Ihr meinen Auftrag denn wirklich ausgerichtet?« Da drehte er sich rasch zu mir herum und fuhr mich an: »Schwatzt nicht so in den Tag hinein, Sir! Ich habe mehr zu thun, als Euch Eure #252;berfl#252;ssige Neugierde wie eine alte Katze zu streicheln. Mr. Murphy hat Eure Karte zweimal angesehen und nichts dazu gesagt; das will hei#223;en, da#223; Ihr wie jeder andere zu warten habt, bis die Reihe an Euch kommt. Setzt Euch also nieder, und la#223;t mich in Ruhe!« Was war denn das! Nicht etwa, da#223; mich die Grobheit des Menschen genierte, 0 gar nicht; ich setzte mich ruhig nieder, um zu warten. Aber, da#223; der Advokat mich warten lie#223;, obgleich er meine Karte zweimal gelesen hatte! Mein Name ist kein oft vorkommender, zumal dr#252;ben in den Vereinigten Staaten, und mit welcher hochwichtigen Angelegenheit er in Beziehung stand, das mu#223;te dem Advokaten doch sofort einfallen, sobald sein Auge auf die Karte fiel. Nun, die Erkl#228;rung mu#223;te ja kommen! So war ich der letzte von fast zwanzig Klienten. Es verging eine Stunde und noch eine; auch die dritte war schon #252;ber die H#228;lfte verflossen, als endlich die Reihe an mich kam, bei dem Anwalt einzutreten. Er war ein noch junger Mann von nicht viel #252;ber drei#223;ig Jahren mit einem feinen, geistreichen Gesichte und scharfen Augen, die er fragend auf mich richtete. »Mr. Murphy?« erkundigte ich mich, indem ich mich leicht vorbeugte. »Ja,« antwortete er. »Euer Wunsch?« »Ihr kennt ihn. Ich komme direkt aus Southampton.« »Southampton?« meinte er kopfsch#252;ttelnd. »Ich erinnere mich keiner Verbindung, in welcher ich mit diesem Platz st#228;nde.« »Auch dann nicht, wenn Ihr meine Karte lest?« »Auch dann nicht.« »Sonderbar. Bitte, Euch zu besinnen! Ich konnte wegen der Erkrankung Winnetous nicht eher kommen.« »Winnetou? Jedenfalls meint Ihr den ber#252;hmten Apatschenh#228;uptling?« »Allerdings.« »Nun, der reitet jedenfalls mit seinem unvermeidlichen Old Shatterhand irgendwo in der Prairie oder im Gebirge herum. Wie konntet Ihr dr#252;ben in Southampton annehmen, da#223; er erkrankt ist?« »Er lag eben dr#252;ben in Southampton todkrank danieder; ich bin Old Shatterhand, habe ihn gepflegt und nun sind wir gekommen, Euch pers#246;nlich die Dokumente auszuh#228;ndigen, welche ich nach Eurem Wunsche Euch eigentlich schicken sollte.« Er war von einem Stuhle, von welchem er sich bei meinem Eintritte nicht erhoben hatte, aufgefahren, sah mir erstaunt in das Gesicht und rief: »Old Shatterhand? So wird mir ein gro#223;er, gro#223;er Wunsch erf#252;llt! Wie viel und oft habe ich von Euch geh#246;rt, von Winnetou, Old Firehand, dem langen Davy, dem dicken Jemmy und vielen andern, die mit Euch im Westen waren! Willkommen, Sir, herzlich willkommen! Ich habe wirklich sehr gew#252;nscht, Euch einmal zu begegnen, und nun sehe ich Euch so unerwartet, nun kommt Ihr zu mir! Setzt Euch, setzt Euch! Ich kann #252;ber meine Zeit verf#252;gen.« »Das schien vorher nicht so.« »Warum?« »Weil Ihr mich nicht vorlie#223;t; ich habe drittehalb Stunde warten m#252;ssen.« »Das thut mir leid, unendlich leid, Sir. Ich kenne wohl Euern Kriegsnamen, aber nicht Euern richtigen.« »Ihr m#252;#223;t Euch irren. Ich habe Euch zweimal geschrieben, und Ihr antwortetet mir auch zweimal.« »Ist mir nicht erinnerlich, habe noch nie nach Southampton geschrieben. Welches war denn die Angelegenheit, in welcher Ihr Euch an mich wendetet?« »Small Hunters Erbschaft.« »Small Hunters? Ah, feine Erbschaft! Einige Millionen! Ich war Verweser. War eine feine, sehr eintr#228;gliche Arbeit. Habe sie leider aufgeben m#252;ssen. Wollte, die Angelegenheit w#228;re nicht so schnell zu Ende gegangen.« »Zu Ende? Ihr wollt doch nicht etwa damit sagen, da#223; die Sache erledigt ist?« »Was sonst? Nat#252;rlich habe ich das damit sagen wollen.« »Erledigt?« fragte ich erschrocken. »Da m#252;#223;te sich doch der richtige Erbe gefunden haben?« »Das hat er auch!« »Und die Erbschaft erhalten?« »Ja, erhalten bis auf den letzten Penny.« »Doch die Familie Vogel aus San Francisco?« »Vogel? Habe mit keiner Art von Vogel aus San Francisco zu thun gehabt.« »Nicht? Wer ist denn da der Mann, der die Erbschaft ausgezahlt bekommen hat?« »Small Hunter.« »Alle Wetter! So komme ich doch schon zu sp#228;t! Aber ich habe Euch doch vor Small Hunter gewarnt!« »Wie! Was? Vor dem wollt Ihr mich gewarnt haben? Sir, Euer Wort in allen Ehren; Ihr seid ein ber#252;hmter und ein sehr t#252;chtiger Westmann; aber au#223;erhalb der Prairie scheint Ihr unbegreiflich zu werden oder es zu lieben, R#228;tsel aufzugeben. Ihr wollt mich vor Small Hunter gewarnt haben? Ich mu#223; Euch sagen, da#223; der junge Gentleman mein Freund ist.« »Das wei#223; ich, n#228;mlich, da#223; er es gewesen ist. Kann ein Toter noch jetzt, noch heut Euer Freund sein?« »Ein Toter? Was sprecht Ihr da! Small Hunter lebt nicht nur noch, sondern ist frisch und gesund.« »Darf ich fragen, wo?« »Auf Reisen im Orient. Ich habe ihn selbst auf das Schiff gebracht, mit welchem er zun#228;chst hin#252;ber nach England gefahren ist.« »Nach England! Hm! Reiste er allein?« »Ganz allein, ohne Diener, wie es sich f#252;r so einen t#252;chtigen Weltbummler schickt. Er hat die Barbest#228;nde einkassiert, alles andre schnell verkauft und ist dann wieder fort, nach Indien, wie ich glaube.« »Und sein Verm#246;gen hat er mitgenommen?« »Ja.« »Ist Euch das nicht aufgefallen? Pflegt ein Tourist sein ganzes, mehrere Millionen betragendes Verm#246;gen mit sich herumzutragen?« »Nein; aber Small Hunter ist kein Tourist zu nennen. Er hat die Absicht, sich in Aegypten, Indien oder sonstwo anzukaufen. Nur das ist der Grund, da#223; er sein ganzes Eigentum fl#252;ssig gemacht hat.« »Ich werde Euch beweisen, da#223; der Grund ein ganz anderer ist. Bitte, sagt mir vorher, ob sein K#246;rper eine auff#228;llige Eigenschaft, irgend eine Abnormit#228;t besitzt!« »Abnormit#228;t? Wieso? Wozu wollt Ihr das wissen?« »Das werdet Ihr erfahren. Antwortet zun#228;chst.« »Wenn Ihr es w#252;nscht, meinetwegen! Es gab allerdings so eine Abnormit#228;t, welche aber #228;u#223;erlich nicht zu bemerken war. Er hatte n#228;mlich an jedem Fu#223;e sechs Zehen.« »Das wisset Ihr genau?« »So genau, da#223; ich es beschw#246;ren kann.« »Hatte der Mann, dem Ihr die Millionen verabfolgt habt, auch zw#246;lf Zehen?« »Wie kommt Ihr zu dieser sonderbaren Frage? Schreibt das Gesetz vor, da#223; man, wenn man jemandem eine Erbschaft auszahlt, die Zehen des Mannes zu z#228;hlen hat?« »Nein. Aber der Mann, dem Ihr dieses gro#223;e Verm#246;gen ausgeantwortet habt, hat nur zehn Zehen in seinen Stiefeln.« »Unsinn! w#252;rde ich rufen, wenn ihr nicht Old Shatterhand w#228;rt.« »Ruft es immerhin; ich nehme es Euch nicht #252;bel. Ruft es dann noch einmal, wenn ich Euch sage, da#223; der echte, wirkliche Small Hunter mit seinen zw#246;lf Zehen im Gebiete der tunesischen Beduinen vom Stamme der Uelad Ayar begraben liegt!« »Begra - -« Er sprach das Wort nicht aus, trat zwei Schritte zur#252;ck und starrte mich mit gro#223;en Augen an. »Ja, begraben,« fuhr ich fort. »Small Hunter ist ermordet worden, und Ihr habt sein Erbe einem Betr#252;ger verabfolgt.« »Einem Betr#252;ger? Seid Ihr bei Sinnen, Sir? Ihr habt geh#246;rt, da#223; ich vorhin sagte, Small Hunter sei mein bester Freund, und doch sollte ich einen Betr#252;ger mit ihm verwechselt haben?« »Allerdings.« »Ihr irrt; Ihr m#252;#223;t irren, unbedingt irren. Ich bin mit Small Hunter so befreundet, war mit ihm so intim, und wir kannten und kennen uns gegenseitig so genau, da#223; ein Betr#252;ger selbst bei der gr#246;#223;ten Aehnlichkeit schon in der ersten Stunde unsers Verkehrs Gefahr laufen w#252;rde, von mir durchschaut zu werden.« »Gefahr laufen? Ja, das gebe ich zu; aber die Gefahr ist f#252;r ihn sehr gl#252;cklich vor#252;bergegangen.« »Bedenkt, was Ihr sagt! Ihr seid Old Shatterhand. Ich mu#223; annehmen, da#223; Ihr gekommen seid, mir nicht nur eine so unbegreifliche Mitteilung zu machen, sondern auch nach derselben zu handeln.« »Das ist allerdings meine Absicht. Uebrigens habe ich bereits gehandelt, auch in Bezug auf Euch, indem ich Euch von Southampton aus die beiden Briefe schrieb.« »Ich wei#223; von keinem Briefe!« »Dann gestattet mir, Euch Eure beiden Antworten vorzulegen.« Ich nahm die Briefe aus meiner Tasche und legte sie ihm auf den Tisch. Er ergriff und las den einen und dann den andern. Ich beobachtete ihn dabei. Welch eine Ver#228;nderung ging da in seinen Z#252;gen vor! Als er den zweiten gelesen hatte, langte er wieder nach dem ersten, dann abermals nach dem zweiten; er las jeden dreimal, viermal, ohne ein Wort zu sagen. Die R#246;te wich aus seinem Gesichte; er wurde leichenbla#223; und fuhr sich mit der Hand #252;ber die Stirn, auf welcher sich Tropfen bildeten. »Nun?« fragte ich, als er dann immer noch schwieg und lautlos in die Papiere starrte. »Kennt Ihr die Briefe nicht?« »Nein,« antwortete er mit einem tiefen, tiefen Atemzuge, indem er sich mir wieder zuwendete. Seine sonst bleichen Wangen r#246;teten sich unter den Augen stark. Das war der Schreck, die Aufregung. »Aber seht die Couverts! Die Briefe sind aus Eurer Office, wie Euer Stempel beweist.« »Ja.« »Und von Euch unterschrieben!« »Nein!« »Nicht? Wir haben da zweierlei Handschrift. Der Brief ist von einem Eurer Leute geschrieben und dann von Euch unterzeichnet worden.« »Das erstere ist richtig, das letztere aber nicht.« »Also ein Schreiber von Euch hat ihn doch verfa#223;t?« »Ja; es ist Hudsons Hand. Es ist mehr als gewi#223;, da#223; er ihn geschrieben hat.« »Und Eure Unterschrift -?« »Ist - gef#228;lscht, so genau nachgeahmt, da#223; nur ich selbst im stande bin, zu sehen, da#223; es F#228;lschung ist. Mein Gott! Ich habe Eure Fragen und Reden f#252;r inhaltslos gehalten; hier aber sehe ich eine F#228;lschung meiner Unterschrift vor Augen; es mu#223; also etwas vorliegen, was Euch die Berechtigung giebt, so unbegreifliche Dinge vorzubringen!« »Es ist allerdings so. Der kurze Inhalt alles dessen, was ich Euch zu sagen habe, ist in den Worten ausgedr#252;ckt, welche Ihr schon vorhin geh#246;rt habt: Der echte Small Hunter ist ermordet worden, und Ihr habt sein Verm#246;gen nicht nur einem Betr#252;ger, sondern sogar seinem M#246;rder #252;bergeben.« »Seinem - M#246;rder -?« wiederholte er wie abwesend. »Ja, wenn dieses Wort auch nicht so ganz genau w#246;rtlich zu nehmen ist. Er selbst hat ihn nicht ermordet, ist aber mit im Komplott gewesen und hat moralisch die gleiche Schuld, als wenn er die t#246;dliche Waffe gef#252;hrt h#228;tte.« »Sir, ich befinde mich wie im Traume! Aber es ist ein b#246;ser, ein schrecklicher Traum. Was werde ich h#246;ren m#252;ssen!« »Habt Ihr Zeit, eine ziemlich lange Geschichte anzuh#246;ren?« »Zeit - Zeit! Was fragt Ihr da erst! Hier habe ich die F#228;lschung in den H#228;nden; sie sagt mir, da#223; meine Office zu einem Betruge benutzt worden ist. Da mu#223; ich Zeit haben, selbst wenn Eure Erz#228;hlung Wochen in Anspruch nehmen sollte. Setzt Euch, und gestattet mir einen Augenblick, meinen Leuten zu sagen, da#223; ich jetzt f#252;r keinen Menschen mehr zu sprechen bin!« Wir hatten in der Erregung beide unsere Pl#228;tze verlassen; nun setzte ich mich wieder nieder. Ja, auch ich war erregt. Ich hatte die Ueberzeugung gehegt, da#223; meine Briefe an die richtige Adresse gekommen seien, und mu#223;te nun das Gegenteil davon h#246;ren. Die Halunken hatten ihren Plan ausgef#252;hrt. Vielleicht war alle unsere M#252;he, waren alle die Wagnisse, welche wir unternommen hatten, vergeblich gewesen! Als der Anwalt den beabsichtigten Befehl gegeben hatte, setzte er sich mir gegen#252;ber nieder und winkte mir mit der Hand, zu beginnen. Sein Gesicht war noch immer bla#223; wie vorher; ich sah, da#223; seine Lippen zitterten; es gelang ihm nur schwer, #228;u#223;erlich ruhig zu erscheinen. Der Mann, dessen Ehre auf dem Spiele stand, that mir leid. Seine pers#246;nliche Ehre, des war ich #252;berzeugt, konnte nicht angegriffen werden; aber in seiner Office war eine F#228;lschung vorgekommen; er hatte sich von einem raffinierten Schwindler betr#252;gen lassen; es handelte sich dabei um ein gro#223;es Verm#246;gen - wenn die Thatsachen an die Oeffentlichkeit gelangten, so war er vernichtet. Ich war #252;berzeugt, da#223; Thomas und Jonathan Melton nicht allein gehandelt, sondern auch Harry Meltons Hilfe in Anspruch genommen hatten. Darum mu#223;te sich mein Bericht auch auf letzteren erstrecken. Ich erz#228;hlte also alles, was ich von den drei Personen wu#223;te, was ich mit ihnen und gegen sie erlebt hatte. Die Erz#228;hlung dauerte nat#252;rlich sehr lange, und doch unterbrach der Anwalt sie mit keinem Ausruf. Selbst als ich geendet hatte, sa#223; er noch eine Zeitlang schweigend da, indem er den Blick starr in die Ecke gerichtet hielt. Dann stand er von seinem Stuhle auf, ging einigemal im Zimmer hin und her, blieb schlie#223;lich vor mir stehen und fragte: »Sir, alles, was ich jetzt geh#246;rt habe, ist wahr, ist die reine Wahrheit?« »Ja.« »Verzeiht die Frage! Ich sehe ein, ja ich mu#223; einsehen, da#223; sie #252;berfl#252;ssig ist; aber es klingt das alles so unm#246;glich, und f#252;r mich handelt es sich dabei um mehr, als Ihr vielleicht denkt.« »Um was es sich f#252;r Euch handelt, kann ich mir denken -um Euern Ruf, Eure Zukunft, vielleicht auch Euer Verm#246;gen.« »Nat#252;rlich auch um das letztere. Wenn es sich herausstellt, da#223; Ihr Euch nicht irrt, werde ich, selbst wenn mich niemand dazu zwingen k#246;nnte, mit allem, was ich besitze, f#252;r den Verlust eintreten, welchen die richtigen Erben dadurch, da#223; ich mich habe t#228;uschen lassen, erleiden. Und leider bin ich der Ueberzeugung, da#223; alles, was ich dem Betr#252;ger #252;bergeben habe, verloren ist.« »Ich m#246;chte das jetzt noch nicht als Thatsache hinstellen. Man kann ihn noch erwischen.« »Schwerlich! Er ist #252;ber die See und wird sich gewi#223; an einem Orte verstecken, von dem er wei#223;, da#223; er ihm Sicherheit gew#228;hrt.« »Hatte sich nicht auch sein Vater versteckt? Und haben wir diesen nicht in Tunis gefunden? Ich denke, da#223; der Sohn keinen Vorzug vor dem Vater haben wird. Die eigentliche Schwierigkeit liegt darin, da#223; die drei Halunken die Beute teilen werden. Selbst wenn wir den einen erwischen, gehen die beiden andern Teile verloren.« »So meint Ihr also, da#223; Harry Melton auch jetzt die Hand im Spiele gehabt hat?« »Ich bin #252;berzeugt davon.« »In welcher Weise sollte er geholfen haben?« »Hm! Wie hie#223; der Schreiber, welcher mir die beiden Antworten geschrieben und Eure Unterschriften gef#228;lscht hat?« »Hudson.« »Wie lange ist er schon bei Euch?« »Ein und ein halbes Jahr.« »Ich vermute, da#223; er sich nicht mehr in Eurer Office befindet.« »Ich erwarte seine Heimkehr #252;bermorgen. Er wurde telegraphisch von dem Tode seines Bruders benachrichtigt und erbat sich zwei Wochen Urlaub, um beim Begr#228;bnisse desselben zu sein und dann die Kinder des Verstorbenen unterbringen zu k#246;nnen.« »Wo soll der Bruder gelebt haben und gestorben sein?« »Droben in St. Louis.« »So k#246;nnen wir getrost bis auf weiteres annehmen, da#223; er diese Richtung nicht eingeschlagen hat. Wie seid Ihr mit ihm bekannt geworden?« »Durch die schriftlichen Empfehlungen, welche er besa#223;. Ich stellte ihn zun#228;chst als gew#246;hnlichen Schreiber an, obgleich er bedeutend #228;lter war als Leute, denen man sonst einen solchen Posten anweist, doch schon nach kurzer Zeit erwies er sich so brauchbar, da#223; ich ihm immer mehr und mehr anvertraute. Er lebte au#223;erordentlich zur#252;ckgezogen, war sehr flei#223;ig und p#252;nktlich und schien in seinen Mu#223;estunden zu studieren, denn ich bemerkte gar wohl, da#223; seine Kenntnisse sich vermehrten. Es gab F#228;cher, in denen ich meine Klienten getrost an ihn weisen konnte; ich war #252;berzeugt, da#223; sie von ihm ebensogut bedient wurden, wie von mir selbst.« »Wie stand er sich mit Euern andern Arbeitern?« »Er lebte mit keinem von ihnen auf vertrautem Fu#223;e; er hatte in seinem Verhalten gegen sie etwas, was ihn unnahbar machte, obgleich ich ihn keineswegs als absto#223;end bezeichnen kann. Dann, als seine Stellung sich immer mehr besserte, bis er es endlich zum Vorstande der Office brachte, verstand es sich von selbst, da#223; er sich noch mehr absonderte.« »Wer hatte die Briefe und #252;brigen Eing#228;nge zu empfangen?« »Er. Was ohne mich erledigt werden konnte, erledigte er; das #252;brige hatte er mir vorzulegen.« »So hat er meine beiden Briefe empfangen, ge#246;ffnet, gelesen und beantwortet, ohne Euch ein Wort davon zu sagen. Wie alt war er ungef#228;hr?« »Er schien am Ende der f#252;nfziger Jahre zu stehen.« »Welche Gestalt?« »Schm#228;chtig, starkknochig, schwarz von Haar.« »Z#228;hne?« »Vollst#228;ndiges Gebi#223;.« »Sein Gesicht?« »Das war ein ganz eigent#252;mliches. Hudson war ein sehr sch#246;ner Mann; ich habe noch nie das Gesicht eines Mannes gesehen, welches so sch#246;n war wie das seinige. Aber wenn man dasselbe l#228;nger betrachtete, so bekam man das Gef#252;hl, als ob die Sch#246;nheit auch ihre M#228;ngel habe. Ich bin kein Maler, kein Kunstverst#228;ndiger und verstehe nicht, mich richtig auszudr#252;cken. Sein Gesicht war sch#246;n; es gefiel mir, aber dann nicht mehr, wenn ich es l#228;nger als nur vor#252;bergehend betrachtete.« »Gut, Sir; ich wei#223; jetzt, woran ich bin. Harry Melton ist der Vorstand Eurer Office gewesen.« »Alle Wetter! Meint Ihr das wirklich?« »Unbedingt. Er durfte sich nicht sehen lassen; er mu#223;te zur#252;ckgezogen und verborgen leben. Sucht die Polizei einen schweren Verbrecher in der Office eines ber#252;hmten Advokaten?« »Das ist wahr. Sollte er schon bei seinem Eintritte bei mir von dem Plane unterrichtet gewesen sein, welcher jetzt ausgef#252;hrt worden ist?« »M#246;glich.« »Aber kein Mensch konnte damals wissen, da#223; man mich zum Erbschaftsverweser ernennen w#252;rde!« »War auch nicht n#246;tig. Der alte Hunter war so alt, da#223; man seinen Tod bald erwarten konnte. Der junge Melton war dem Erben #228;hnlich. Ihr waret mit dem letzteren auf das innigste befreundet, woraus folgte, da#223; Hunter sich beim Tode seines Vaters in juristischen Fragen an Euch wenden w#252;rde - - da habt Ihr alles!« »Und dennoch wird es mir schwer, zu glauben, da#223; ich das Opfer eines schon so lange vorbereiteten Planes gewesen sein soll. Aber Ihr #252;berzeugt mich. Ich nehme an, da#223; Ihr recht habt.« »Und ich bin sogar #252;berzeugt, da#223; dieser famose Vorstand Eurer Office nicht nur mit seinem Bruder in Tunis korrespondiert, sondern auch von seinem Neffen von Zeit zu Zeit Briefe bekommen hat, um auf dem Laufenden erhalten zu werden.« »Welch ein Abgrund von Bosheit und Schlechtigkeit ist es, in welchen man da blickt! Und welch ein Gl#252;ck, da#223; Ihr mir die verlangten Dokumente nicht geschickt habt! Sie w#228;ren vernichtet worden, soda#223; man sp#228;ter keinen Beweis gegen diese Menschen h#228;tte erbringen k#246;nnen.« »Was das betrifft, so w#228;ren, allerdings nur unter gro#223;em Zeitverluste, recht wohl neue Beweisschriften aus Tunis zu beschaffen gewesen; besser aber ist es allerdings, da#223; ich sie mir nicht habe ablocken lassen. Was gedenkt Ihr nun in der Angelegenheit zu thun, Sir?« »Vor allen Dingen meine n#228;chste Pflicht. Ich habe der Beh#246;rde unverz#252;glich Meldung zu machen. Dazu bedarf es Eurer Dokumente. Werdet Ihr sie mir anvertrauen?« »Nat#252;rlich! Ich habe sie ja nur dazu mitgebracht. Auch die andern Papiere, die ich damals Harry Melton und seinem Neffen abgenommen habe, sollt Ihr erhalten. Hier ist das Paket; es ist alles beisammen.« »Ich danke! Man wird Euch einigemal bel#228;stigen, indem man Euch und Eure beiden Begleiter zur Vernehmung ladet. Ich bitte Euch sehr, besonders die Gr#246;#223;e der Aehnlichkeit zu betonen, deren Opfer ich geworden bin!« »Ihr d#252;rft #252;berzeugt sein, da#223; ich nichts unterlassen werde, was Euch n#252;tzen kann. H#246;chst wahrscheinlich wird man die sofortige Verfolgung der drei Verbrecher einleiten?« »Nat#252;rlich! Man wird keine Minute damit s#228;umen. Gl#252;cklicherweise haben wir hier so vorz#252;gliche, gewandte und scharfsinnige Geheimpolizisten, da#223; sie sich auch mit anderen messen k#246;nnen. Sie sind in allen unsern Staaten ber#252;hmt und werden das m#246;gliche thun, die Fl#252;chtlinge zu ergreifen.« »Das ist ihre Pflicht, und daf#252;r werden sie besoldet. Uebrigens werde auch ich sofort nach der F#228;hrte der drei Meltons suchen und, sobald ich sie gefunden habe, derselben folgen.« »M#246;chtet Ihr das nicht lieber der Geheimpolizei #252;berlassen? Ihr k#246;nntet leicht Fehler begehen, welche den Polizisten zum Schaden gereichen.« »Meint Ihr?« »Ja. Ihr seid ein vorz#252;glicher Prairiej#228;ger; aber ein Wild aufsuchen oder drei so raffinierte Verbrecher verfolgen, das ist zweierlei.« »Hm! Eure Belehrung wirkt so erdr#252;ckend, da#223; ich mir allerdings vornehme, den Herren Geheimpolizisten keine St#246;rung zu bereiten. Wann ist der vermeintliche Small Hunter denn eigentlich abgereist?« »Vor fast zwei Wochen.« »Also ungef#228;hr an demselben Tage, an welchem Euer Vorstand der Office seinen Urlaub angetreten hat. In welchem Hotel hat er gewohnt?« »In keinem. Er hatte ein sehr h#252;bsches Privatlogis bei einer Witwe hier in meiner N#228;he. Er ging fast gar nicht aus und besuchte mich auch nur dann, wenn es notwendig war.« »Womit begr#252;ndete er diese Zur#252;ckgezogenheit?« »Mit dem Studium der indischen Sprache, welche ihn ganz in Anspruch nahm.« »So hat er mit niemandem sonst Verkehr gehegt?« »Mit keinem Menschen. Die Witwe, Mrs. Elias, bewohnt ein Parterre f#252;nf H#228;user aufw#228;rts von hier. Ich bin einigemal dort gewesen, fand ihn aber so in seine fremden B#252;cher vertieft, da#223; ich nur das Notwendigste mit ihm besprechen konnte.« »Und da behauptetet Ihr vorhin, da#223; ein Betr#252;ger Gefahr liefe, von Euch schon in der ersten Stunde durchschaut zu werden?!« »Ihr habt recht. Nun Ihr mir die Augen ge#246;ffnet habt, mache ich mir sein Verhalten erst klar und komme da allerdings zu der Ueberzeugung, da#223; er sich au#223;erordentlich in acht genommen hat, in ein intimes Gespr#228;ch mit mir zu geraten.« »Und wo hat Euer wackerer Vorstand der Office gewohnt?« »Im Parterre des Hofes rechts nebenan.« »Wer ist sein Wirt?« »Ein H#228;ndler, ich wei#223; nicht, womit. Hudson wohnte in Aftermiete. Wollt Ihr noch mehr #252;ber ihn wissen? Vielleicht den Polizisten doch noch in das Handwerk pfuschen? Thut das doch ja nicht; Ihr k#246;nntet vieles, vielleicht sogar alles verderben!« Ich will aufrichtig gestehen, da#223; mich diese wiederholte Warnung #228;rgerte. Ich war fr#252;her auch als Detektive th#228;tig gewesen und hatte meine Aufgabe zur Zufriedenheit gel#246;st. Vorhin hatte er meine Erz#228;hlung geh#246;rt, und wenn ich auch nur so wenig wie m#246;glich mich dabei in Erw#228;hnung gebracht hatte, so mu#223;te er doch aus dem Berichte ersehen, da#223; wir wenigstens keine Hohlk#246;pfe waren. Da#223; er dennoch meinte, ich k#246;nne leicht alles in Frage stellen, verdarb mir vollends die Laune, die schon vorher keine gute gewesen war. Ich machte also kurzen Proze#223;, nannte ihm das Hotel, in welchem wir zu finden waren, und lie#223; ihn mit dem Bewu#223;tsein allein, das zu sein, was ich nicht war, n#228;mlich ein guter Jurist, trotzdem aber doch die beiden Meltons nicht durchschaut zu haben. Wie staunten Emery und Winnetou, als ich ihnen erz#228;hlte, was ich bei dem Advokaten erfahren hatte! Der erstere schlug mit der Faust auf den Tisch, da#223; es dr#246;hnte, und rief zornig aus: »Hat man so etwas f#252;r m#246;glich gehalten! Jetzt k#246;nnen wir nun anfangen, von neuem hinter den Halunken herzulaufen, n#228;mlich, wenn sie so g#252;tig gewesen sind, eine Spur zu hinterlassen. Und dabei steht noch gar zu erwarten, da#223; trotz der M#252;he, die wir uns dabei geben, und trotz aller Gefahren, die wir laufen, das Geld deiner Sch#252;tzlinge doch verloren ist! Und das ist ein Jurist! Und der redet davon, da#223; man ein Wild leichter f#228;ngt, als einen Menschen! Der Kerl sollte mir mal einen Grizzlyb#228;ren fangen! Fliegen, ja, aber keinen B#228;ren! H#228;lt einen fremden Schwindler f#252;r seinen Busenfreund, stellt einen zehnfachen R#228;uber und M#246;rder in seiner Expedition als Vorstand an und will uns - uns - uns gute Lehren geben! Er mag Gott danken, da#223; er sich nicht jetzt in diesem Zimmer befindet; ich w#252;rde ihn - -!« Er sprach seine Drohung nicht aus, versetzte daf#252;r aber dem Tische einen zweiten Hieb, da#223; die Platte auseinandersprang. Winnetou sagte kein Wort. Wenn er ja eine Art von Aerger f#252;hlte, so verbot ihm sein Indianerstolz, ihn sehen oder h#246;ren zu lassen. Es waren noch nicht zwei Stunden vergangen, so erschien ein Bote, um uns in das Verh#246;r zu rufen. Als wir unsere Aussagen gemacht hatten, mu#223;ten wir sie beeiden. Winnetou bekam den Eid erlassen. Dann wurden wir ermahnt, uns jetzt stets zur Verf#252;gung der Beh#246;rde bereit zu halten. Trotzdem aber waren wir entschlossen, New Orleans zu verlassen, sobald wir das f#252;r n#246;tig halten sollten. Kaum waren wir in unsere gemeinsame Wohnung zur#252;ckgekehrt, so brachte der Kellner uns einen Mann, welcher uns zu sprechen verlangt hatte. Es war ein sehr sorgf#228;ltig gekleideter und pfiffig aussehender Master bei guten Jahren. Er setzte sich ohne Umst#228;nde auf den ihm n#228;chststehenden Stuhl, betrachtete uns der Reihe nach sehr aufmerksam, spuckte einmal t#252;chtig aus, schob sein Primchen in den andern Backen und fragte Emery: »Ich sch#228;tze, in Euch den sehr honorablen Mister Bothwell vor mir zu sehen?« »Ich hei#223;e Bothwell,« nickte der Gefragte kurz. »Und Ihr seid der bekannte Prairiemann, den man Old Shatterhand nennt?« wurde ich gefragt. »Ja.« »Und Ihr seid ein Redmann Namens Winnetou?« Winnetou gab trotz der etwas unh#246;flichen Ausdrucksweise des Fragers eine Antwort, indem er nickte. »Well! So bin ich bei den richtigen Leuten,« fuhr der Fremde fort, »und ich hoffe, da#223; ihr mir die n#246;tige Auskunft geben werdet.« »Wollt Ihr uns wohl zun#228;chst sagen, wer Ihr seid, Master?« forderte Emery ihn auf. »Oder seid ihr vielleicht gar nichts und habt auch keinen Namen?« »Ich bin alles und habe alle Namen,« lautete die selbstbewu#223;te Antwort. »Wie ich hei#223;e, kann Euch gleichg#252;ltig sein. Es gen#252;gt, Euch zu sagen, da#223; wir die drei Meltons suchen wollen. Ich habe die unter mir stehenden Detektives von allem zu unterrichten und m#246;chte Euch vor allen Dingen ersuchen, die Hand dabei aus dem Spiele zu lassen.« »Das werden wir au#223;erordentlich gern thun,« erkl#228;rte Emery. »Erinnert Euch nur so oft wie m#246;glich an die Weisung, die Ihr uns damit so freundlich erteilt!« »Also nun meine Fragen! Ihr kennt doch die Meltons genau?« Wir antworteten dem eingebildeten Patron kaum, soda#223; er endlich zornig sich empfahl. Dann meinte Emery: »Wir m#252;ssen die Meltons unbedingt selbst finden. Aber wo haben wir sie zu suchen? Glaubst du, da#223; Jonathan mit dem Schiffe fort ist?« »F#228;llt ihm nicht ein. Er ist an Bord gegangen, nur um den Advokaten irre zu f#252;hren,« antwortete ich. »Und sein Onkel Harry?« »Ist nicht nach St. Louis. Nach Europa sind sie nicht, denn sie wissen, da#223; die Telegraphen spielen werden. Nach Afrika und so weiter gehen sie auch nicht, da sie dort Pfefferk#246;rner unter den Rosinen gefunden haben. Es ist am kl#252;gsten f#252;r sie, zun#228;chst in die Verborgenheit zu gehen und Gras #252;ber die Gegenwart wachsen zu lassen, ehe sie es wagen k#246;nnen, sich, ob hier oder dort, unter Menschen zu zeigen. Und wo finden sie die Zur#252;ckgezogenheit am schnellsten und besten? Hier in den westlichen Staaten. Ich m#246;chte wetten, da#223; sie irgendwo droben in den Felsenbergen stecken. Sie k#246;nnen da ein ganzes Jahr und noch l#228;nger ungesehen stecken.« »M#246;chte dasselbe behaupten. Hoffentlich haben sie eine Spur zur#252;ckgelassen!« »Kein Ereignis und keine That bleibt ohne Spur. Es gilt nur, sie aufzufinden. Ich werde jetzt zun#228;chst einmal nach den beiden Wohnungen gehen. Vielleicht bemerke ich da den Anfang eines Fadens, den wir aufwickeln k#246;nnen.« Ich machte mich zu Mrs. Elias auf den Weg, ging aber nicht direkt zur ihr, sondern trat vorher in eine Trinkstube, welche ihrer Wohnung gegen#252;ber lag. Ich wollte versuchen, da etwas zu erfahren. Leider wurde ich von einem alten, schl#228;frigen Neger bedient, welcher sich erst seit einigen Tagen in dieser Stellung befand; ich richtete also gar keine weitere Frage an ihn. Dennoch freute ich mich nachher, hier eingekehrt zu sein, denn ich sa#223; noch gar nicht lange da, so sah ich unsern Detektive und »Gentleman« dr#252;ben aus dem Hause kommen. Er hatte Mrs. Elias gewi#223; einen Besuch abgestattet, um sich nach Jonathan Melton zu erkundigen. Ich wartete noch eine Viertelstunde und ging dann hin#252;ber. Die Inschrift eines kleinen Schildes sagte mir, da#223; die Wohnung wieder oder vielmehr noch zu vermieten sei. Als ich klingelte, #246;ffnete eine ziemlich alte und sehr dicke Mulattin, die mit ihrer undurchsichtigen Gestalt unter der Th#252;r stehen blieb und mich forschend betrachtete. Ich wu#223;te diese Art von Dienstboten zu behandeln, zog den Hut sehr tief und fragte: »Bitte, Mylady, bin ich so gl#252;cklich, Mrs. Elias zu sehen?« Sie f#252;hlte sich unendlich geschmeichelt, f#252;r ihre Herrin gehalten zu werden, und l#228;chelte vor Wonne, da#223; ihr Gesicht noch einmal so breit wurde. »Nein,« antwortete sie. »Ich bin nur die K#246;chin. Mrs. Elias ist im Zimmer. Kommt, Sirrrr!« »Nehmt vorher meine Karte, Mylady! Man darf nicht unangemeldet zu einer solchen Dame kommen.« Sie grinste mich wieder gl#252;cklich an, nahm die Karte, eilte mir voraus, ri#223; eine Th#252;r auf, trat hinein und sagte so laut, da#223; ich es h#246;ren konnte: »Hier, Ma'am, eine Karte von einem sehr, sehr feinen Sirrrr! Wonderful fine! Viel gebildeter als der, der vorhin da war!« Dann kam sie wieder heraus, lie#223; mich ein und machte die Th#252;r hinter mir zu. Ich stand vor einer #228;ltlichen Dame, welche mir aus einem wohlwollenden Gesichte mit freundlichen Augen entgegenblickte. »Verzeihung, Madam! Ich lese, da#223; hier eine Wohnung zu vermieten ist!« »Ja«, nickte sie, indem sie ihren Blick zwischen mir und meiner Karte hin und her gehen lie#223;. »Wie es scheint, seid Ihr ein Deutscher?« »Allerdings.« »Das freut mich sehr. Ich bin eine Landsm#228;nnin von Euch. Bitte, macht mir das Vergn#252;gen, Euch zu setzen! Die Wohnung, welche ich zu vermieten habe, besteht aus vier R#228;umen. Ist Euch das nicht zu viel?« Sie hatte das deutsch gesagt. ich sah in ihr gutes, ehrliches Gesicht, und da war es mir unm#246;glich, sie zu bel#252;gen. »Schade doch, ein Deutscher und dennoch ein L#252;gner!« so sollte sie nicht von mir denken oder gar sagen. Darum antwortete ich: »Allerdings. Selbst ein einzelner Raum w#252;rde mir zuviel sein. Ich komme nicht der Wohnung wegen, Madame.« »Nicht?« fragte sie erstaunt. »Und doch fragtet Ihr nach ihr!« »Das war nur ein Vorwand. Nun Ihr aber eine Landsm#228;nnin vor mir seid und ich in Euer aufrichtiges Gesicht blicke, darf ich Euch keine Unwahrheit sagen. Mein Zweck war, mich nach Small Hunter zu erkundigen, welcher bei Euch gewohnt hat.« »Nach diesem? Seid Ihr etwa auch ein Geheimpolizist?« Bei dieser Frage verfinsterte sich ihr Gesicht. »Nein, Madame; ich bin ein Privatmann, habe aber ein so gro#223;es und begr#252;ndetes Interesse an Hunter, da#223; ich Euch zu gro#223;er Dankbarkeit verbunden sein w#252;rde, wenn Ihr die G#252;te haben wolltet, mir Auskunft #252;ber Ihn zu geben.« Da l#228;chelte sie: »Ich sollte eigentlich nicht, weil Ihr nicht offen zu mir gekommen seid. Da Ihr aber Reue zeigt, will ich trotzdem Euern Wunsch erf#252;llen. Kennt Ihr Hunter?« »Besser, als mir lieb ist.« »Besser - -? als Euch lieb ist - -? So ist's wohl wahr, was der Polizist sagte?« »Was hat er gesagt?« »Da#223; Hunter ein Betr#252;ger, ja sogar ein M#246;rder sei?« »Das ist wahr.« »Hilf, Himmel! Einen so gef#228;hrlichen Menschen, einen solchen B#246;sewicht habe ich bei mir wohnen gehabt! H#228;tte ich das gewu#223;t, ich h#228;tte keine Minute ruhen k#246;nnen, bis er wieder fort gewesen w#228;re. Es ist schrecklich; es ist geradezu entsetzlich!« »Der Polizist hat Euch also gesagt, um was es sich handelt?« »Ja. Hunter hei#223;t eigentlich Melton, hat den echten Hunter ermordet und sich dann hier f#252;r diesen ausgegeben, um zu dem Verm#246;gen desselben zu kommen. Ist das wahr?« »So ungef#228;hr. Ich wei#223; nicht, ob der Detektive recht gehandelt hat, indem er Euch diese Mitteilungen machte; da Ihr nun aber einmal alles wi#223;t, kann ich mit Euch davon sprechen. Ich selbst bin es gewesen, der die Nachricht von der That hierher gebracht hat. Melton ist ein Schurke. Das Erbe, welches er durch Mord und Betrug an sich gebracht hat, geh#246;rt einer armen, braven deutschen Familie, welche in San Francisco in schwerer Bedr#228;ngnis lebt. Vielleicht k#246;nnt Ihr dazu beitragen, da#223; die Leute zu ihrem Rechte kommen.« »Wie gerne w#252;rde ich das thun, wenn ich es verm#246;chte. Was w#252;nscht Ihr von mir?« »Irgend einen Aufschlu#223;, der es mir erm#246;glicht, den jetzigen Aufenthalt Meltons zu entdecken.« »Dasselbe w#252;nschte der Polizist auch von mir.« »Habt Ihr ihm Auskunft gegeben?« »Nein, denn der Mann trat so brutal auf, da#223; er weniger erfuhr, als ich wu#223;te. Ich habe ihm gar nichts gesagt, h#228;tte ihm aber das, was er wissen wollte, auch gar nicht sagen k#246;nnen, weil ich mich dar#252;ber selbst in vollster Unwissenheit befinde.« »Mit wem verkehrte Hunter?« »Der Advokat Murphy kam einigemal zu ihm, und er ist auch zwei- oder dreimal ausgegangen; wohin, das wei#223; ich nicht, denke aber, eben zu diesem Advokaten.« »Weiter kam niemand?« »Einmal kam ein anderer. Der war wohl Schreiber des Advokaten. Er sah Hunters Diener au#223;erordentlich #228;hnlich.« »Hatte Hunter einen Diener?« »Nur so lange, als er hier in New Orleans blieb. Er hat ihn erst hier engagiert und vor seiner Abreise wieder entlassen.« »Hm! Was f#252;r eine Pers#246;nlichkeit war der Diener? K#246;nnt Ihr mir eine genaue Beschreibung von ihm geben?« Sie folgte dem Wunsche, und ich gelangte dadurch zu der Ueberzeugung, da#223; dieser sogenannte Diener kein anderer als sein Vater gewesen war. »Habt Ihr vielleicht geh#246;rt, was er mit dem Diener gesprochen hat?« erkundigte ich mich weiter. »Was ich da geh#246;rt habe, waren ganz allt#228;gliche Dinge. Sie fl#252;sterten aber sehr viel miteinander; sie mu#223;ten Heimlichkeiten haben, die niemand h#246;ren sollte.« »Womit besch#228;ftigte sich Small Hunter? Da er fast gar nicht ausging, stand ihm viel Zeit zur Verf#252;gung. Hat er diese denn nicht auf irgend eine n#252;tzliche Weise verbracht?« »Nein. Er sa#223; immer am Fenster.« »Mir aber wurde gesagt, er habe sich mit Studien besch#228;ftigt?« »Das ist nicht wahr. Nur wenn der Advokat kam, wurden B#252;cher zur Hand genommen.« »Ah, dachte es mir! Was hattet Ihr eigentlich f#252;r eine Ansicht #252;ber den Mann? Es mu#223; Euch doch aufgefallen sein, da#223; er sich nicht besch#228;ftigte.« »Ich hielt ihn f#252;r krank, f#252;r tiefsinnig. Diese Ansicht aber #228;nderte sich dann, als wir bemerkten, da#223; er nach oben ging, zu der Dame, welche sich #252;ber uns eingemietet hat.« »Wohnt sie allein?« »Nein. Sie hat zwei Dienerinnen bei sich, welche ich f#252;r Indianerinnen halte.« »Ist sie jung?« »Ja, und sch#246;n.« »Wie hei#223;t sie?« »Silverhill.« »Das ist ein englischer Name.« »Ja. Doch glaube ich kaum, da#223; ihre Eltern und Verwandten Yankees oder Engl#228;nder sind. Wir h#246;ren sie zuweilen mit ihren Dienerinnen sprechen; das ist immer spanisch.« »Hm! Und bei dieser Dame verkehrte Euer Mietwohner?« »Erst nach der ersten Woche. Da er stets am Fenster Sa#223;, ist sie ihm bei ihren Ausgingen und wenn sie heimkehrte, aufgefallen. Er erkundigte sich bei mir nach ihr; dann machte er ihr seinen Besuch, und von da an war er oft bei ihr.« »Wu#223;te Advokat Murphy davon?« »Ich wei#223; es nicht, glaube es aber auch nicht.« »G#228;be es sonst vielleicht noch irgend eine Bemerkung oder Mitteilung, welche Ihr mir #252;ber den falschen Hunter machen k#246;nnt?« »Wohl nicht. Wenigstens k#246;nnte ich mich auf nichts besinnen, was f#252;r Euch von Wert sein k#246;nnte. Wenn Ihr mich aber noch einmal besuchen wollt, werde ich Euch gern sagen, ob mir noch etwas eingefallen ist.« »Eurer freundlichen Einladung werde ich wahrscheinlich einmal Folge leisten, falls ich nicht f#252;rchten mu#223;, Euch allzusehr zu bel#228;stigen.« »O, Ihr bel#228;stigt mich nicht; Ihr seid mir sogar willkommen. Ich freue mich dar#252;ber, da#223; Ihr aus einem Manne, der die Unwahrheit sagen wollte, zu einem ehrlichen geworden seid.« »Aber nur durch Euch, Madame,« antwortete ich, auf ihren Scherz eingehend. »Wi#223;t Ihr vielleicht etwas #252;ber die Verh#228;ltnisse der Dame da oben?« »Sehr wenig. Sie ist reich. Meine K#246;chin hat einigemale mit den Indianerinnen gesprochen. Die Dame spielt leidenschaftlich, und dabei stets mit Gl#252;ck. Sie lud Herren zu sich ein, welche ebenso leidenschaftliche Spieler sind. Das ist alles. Uebrigens nehme ich an, da#223; sie Witwe ist. Eine der Indianerinnen hat einmal eine darauf bez#252;gliche Aeu#223;erung fallen lassen. Und ihr Mann scheint nicht von gew#246;hnlichem Stande gewesen zu ein.« »Wohl gar ein Indianerh#228;uptling!« Ich sagte das im Scherze, und sie lachte auch dar#252;ber; aber in demselben Augenblicke kam mir ein sehr ernster Gedanke, dem ich auch gleich Ausdruck gab: »Habt Ihr schon fr#252;her einmal ein indianisches Dienstm#228;dchen gesehen?« »Nein.« »Eine freie Indianerin wird sich niemals erniedrigen, einer Wei#223;en h#228;usliche Dienste zu erweisen. Es m#252;ssen hier ganz besondere Verh#228;ltnisse vorliegen. Ich kenne da einen Fall, da#223; eine Wei#223;e einen Indianerh#228;uptling geheiratet hat. Ist die Dame da oben blond?« »Nein, tiefschwarz. Ich halte sie f#252;r eine J#252;din.« »J#252;din? Ah! Kennt Ihr ihren Vornamen?« »Ja, es wurde einmal ein Brief gebracht und meiner Mulattin #252;bergeben. Diese kann nicht lesen und brachte ihn mir. Ich sah die Adresse. Die Dame hei#223;t Judith Silverhill.« »Meine Ahnung, meine Ahnung! Silverhill ist zu Deutsch Silberberg, und so hie#223; die J#252;din, welche den Indianerh#228;uptling zum Manne nahm. Ich mu#223; hinauf zu ihr!« »Wie? Ihr kennt Sie?« »Ja, wenn ich mich nicht ganz und gar irre. Das ist ein h#246;chst interessanter Zufall, welcher mir wahrscheinlich von gro#223;em Nutzen sein wird. Madame, Ihr seid so lieb und freundlich zu mir gewesen; ich bitte, mir noch eine gro#223;e, recht gro#223;e Gunst zu erweisen!« »Wenn es in meiner M#246;glichkeit liegt, wird es sehr gern geschehen.« »Ihr seid nie in ein Gespr#228;ch mit der Dame gekommen?« »Noch nie.« »Der Zufall k#246;nnte es f#252;gen, da#223; dies doch geschehe. Bitte, erw#228;hnt nicht, weshalb ich bei Euch gewesen bin; sprecht #252;berhaupt nicht von mir, und verbietet auch Eurer Mulattin, den Indianerinnen da oben zu erz#228;hlen, da#223; der vermeintliche Small Hunter eigentlich ein anderer ist.« »Sie wei#223; es noch gar nicht, und ich werde es ihr auch nicht sagen. Ihr wollt dieser Dame also wirklich einen Besuch machen?« »Auf alle F#228;lle!« Ich bedankte mich herzlich f#252;r die mir erwiesene Freundlichkeit und wurde aufgefordert, getrost wiederzukommen. Ich stieg die Treppe empor. Es gab da oben nur ein Entree. Als ich die Glocke gezogen hatte, wurde von einem M#228;dchen ge#246;ffnet, in welchem auch ich sogleich eine Indianerin vermutete. Sie trat beiseite, um mich einzulassen, und #246;ffnete, ohne mich zu fragen oder ein Wort zu sagen, eine zweite Th#252;r, durch welche ich in ein sehr sch#246;n ausgestattetes Zimmer kam. Im Nebenzimmer h#246;rte ich ein Ger#228;usch. Die Portieren wurden auseinandergeschlagen, und vor mir stand - -Judith Silberstein, die J#252;din, welche ich zuletzt als Verlobte des Yumah#228;uptlings gesehen hatte. Sie hatte sich seit damals noch mehr entwickelt und war sch#246;ner, h#246;her und auch st#228;rker geworden. Freilich zeigte der erste Blick gleich, da#223; sie ihre damaligen Anlagen flei#223;ig ausgebildet hatte und eine vollst#228;ndige Kokette geworden war. Sogar jetzt, daheim, wo kein Besuch zu erwarten war, hatte sie echte Diamanten am Halse und an den entbl#246;#223;ten Armen schimmern. Sie erkannte mich auf der Stelle. In einem Tone, welchem halb Freude, halb Besorgnis anzuh#246;ren war, rief sie in spanischer Sprache aus: »Sie, Sennor - - Sennor - -! Welch eine frohe Ueberraschung! Wie habe ich mich gesehnt, Sie einmal zu sehen! Bitte, kommen Sie herein ins Boudoir! Setzen Sie sich zu mir! Wir haben uns viel, viel zu erz#228;hlen.« Sie zog mich an der Hand in ihr Zimmer, und ich mu#223;te neben ihr auf dem Diwan Platz nehmen. Ja, sie war ein sch#246;nes Weib; aber der Scheitel lag voller Haarschuppen; der Hals schien heute noch nicht gewaschen zu sein; die sch#246;n geformten Fingern#228;gel hatten Trauerr#228;nder. Sie behielt meine Hand in der ihrigen und sagte mit einem neckischen Augenaufschlage: »Ich mu#223; Ihnen gleich von vornherein gestehen, da#223; ich Ihren Namen vergessen habe. Ist das nicht unverzeihlich?« »Allerdings, besonders da Sie mir soeben versicherten, sich so sehr nach mir gesehnt zu haben.« »Sie d#252;rfen verzeihen! Man sieht, h#246;rt und erlebt soviel, da#223; man das einzelne leicht vergi#223;t. Sie hatten, wenn ich nicht irre, zwei Namen, Ihren wirklichen und einen andern, mit dem Sie von den Indianern genannt wurden. Dieser letztere hie#223; - hie#223; - wie nur gleich? Es war wohl Hand oder Fu#223; dabei!« »Old Firefoot,« fiel ich schnell ein, indem ich ihr einen falschen Namen sagte. Es war mir ungemein lieb, da#223; sie sich nicht mehr besinnen konnte. Sie hatte mit Jonathan Melton hier verkehrt; es war jedenfalls besser, wenn sie meine Namen nicht wu#223;te. »Ja, ja, so war's - ein foot war dabei; das wu#223;te ich,« nickte sie lachend. »Und Ihr Familienname? Wenn ich mich nicht irre, hie#223;en Sie wie einer von den zw#246;lf Monaten?« »M#228;rz,« sagte ich. »Ja, M#228;rz, M#228;rz war es. Also, Sennor M#228;rz, k#246;nnen Sie sich besinnen, wie wir damals auseinandergegangen sind?« »Nicht eben sehr freundlich.« »Nein, gar nicht. Wissen Sie, welche Drohung Sie sogar aussprachen?« »Ja, das wei#223; ich noch.« »H#228;tten Sie den Mut, es mir heute zu sagen?« »Warum nicht? Ich wollte Sie peitschen lassen, falls Sie sich noch einmal von mir erblicken lie#223;en.« »Schrecklich! H#246;ren Sie nur, wie das klingt! Eine Dame, noch dazu eine junge, h#252;bsche, pr#252;geln lassen! Hoffentlich war es nur eine Drohung von Ihnen!« »Sie waren vom Gegenteil #252;berzeugt, denn Sie haben sich dann nicht wieder sehen lassen.« »Also h#228;tten Sie die Drohung wirklich zur Wahrheit gemacht?« »Ganz gewi#223;! Ich gebe Ihnen mein Wort, da#223; es mir voller Ernst war.« »Entsetzlich! Sie sind kein Sennor, kein Mensch, sondern ein Tyrann!« »Nein. Ich besitze im Gegenteil ein sehr weiches Herz, tausche aber nicht gern Wachs f#252;r Eisen ein. Beides hat Berechtigung, aber jedes nur zu seiner Zeit. Wenn es sich nicht nur um die Freiheit so vieler Menschen handelt wie damals, sondern um Blutvergie#223;en, um Leben und Tod, pflege ich keiner Laune zu folgen, selbst wenn es die Laune einer jungen und h#252;bschen' Dame w#228;re.« »Warum legen Sie den Ton so auf dieses W#246;rtchen h#252;bsch? Fanden Sie mich damals h#228;#223;lich?« »Nein.« »Ihr Verhalten lie#223; es mich aber sehr vermuten.« »Weil das Ihrige nicht h#252;bsch war. Sie gingen von der noch warmen Leiche Ihres Verlobten wie von einem Braten, der f#252;r den Herd geschlachtet worden ist.« »Ich liebte ihn nicht mehr. Also h#252;bsch fanden Sie mich doch? Und jetzt? Haben Sie nicht bemerkt, da#223; ich mich ver#228;ndert habe?« »Ja. Sie sind sch#246;ner geworden.« »Und das sagen Sie in einem so eisigen Tone? Sie sind wirklich ein entsetzlicher Mensch und ganz derselbe wie damals geblieben. Ich bin sch#246;ner, Sie aber sind nicht besser und gef#252;hlvoller geworden. Aber gerade Ihre K#228;lte, Ihre H#228;rte hat mir schon damals imponiert.« »Sprechen wir nicht von mir, sondern von Ihnen. Wie ist es Ihnen seit damals gegangen? Haben Sie sich immer wohlbefunden?« »Ja.« »Sie bereuten nicht, das Weib eines Wilden geworden zu sein?« »Zun#228;chst nicht, denn er hielt Wort. Ich bekam alles, was er versprochen hatte, Gold, Edelsteine, einen Palast und sogar auch ein Schlo#223;.« »Ach! Ich wei#223; zwar, da#223; es Indianer gibt, welche das Lager gro#223;er Sch#228;tze kennen, aber da#223; der H#228;uptling sein Versprechen so streng nehmen werde, das dachte ich damals nicht. Er war also wirklich so reich, wie er sagte?« »Ja. Er trug viel Gold zusammen, woher, das wei#223; ich heute noch nicht; er hat es mir niemals sagen wollen. Jedenfalls holte er es aus den Bergen, wo es noch heute viele alte Stollen und Adern geben soll. Wir verlie#223;en die Sonora und zogen an die Grenze von Ari- Arizona und Neumexiko. Dort liegt das Schlo#223;. Es ist ein gewaltiger Aztekenbau, den au#223;er mir noch kein Bleichgesicht gesehen hat. Zehn Yumaindianer, welche von ihrem H#228;uptlinge nicht lassen wollten, zogen nebst ihren Frauen und Kindern mit. Es war sehr, sehr einsam da oben, und ich sehnte mich nach der Stadt. Wir gingen also nach Francisco, auch schon des Palastes wegen. Ich bekam ein Haus.« »Sie Gl#252;ckliche! Wo ist Ihr Mann?« »In den ewigen Jagdgr#252;nden,« antwortete sie gleichg#252;ltig. »Was war die Ursache seines Todes?« »Ein Messer.« »Bitte, erz#228;hlen Sie! Ich bin au#223;erordentlich gespannt darauf. Er war ein Indianer, aber ein tapferer, braver und ehrlicher Mann. Er hielt mir treulich Wort, und ich habe immer gern an ihn gedacht.« »Was soll ich da erz#228;hlen! Die Sache ist sehr einfach. Ich wurde in Frisco bald bemerkt; man besuchte mich; man machte mir den Hof, und das wollte er nicht dulden, Wir waren eines Tages auf Besuch bei einem Haziendero; es waren noch andere Herrschaften geladen. Dabei gab es einige sehr interessante Caballeros und Offiziere, welche sich mit mir besch#228;ftigten. Die Messer wurden gezogen. Der Caballero erhielt einen Stich in den Arm, mein Mann aber einen in das Herz.« »Und Sie? Was f#252;hlten, was dachten, was thaten da Sie?« »Ich? Was sollte ich thun! Wissen Sie nicht, da#223; eine Frau, deren Mann unter solchen Umst#228;nden stirbt, eine von andern Frauen beneidete Ber#252;hmtheit wird? Das Band, mit welchem ich mich so leichtsinnigerweise an den Wilden gefesselt hatte, war zerrissen, und ich hatte meine kostbare Freiheit wieder.« Diese Herzlosigkeit war emp#246;rend. Sie fuhr in ruhigem Tone fort: »Ich geno#223; sie nat#252;rlich mit vollen Z#252;gen. Ich hatte das Spiel kennen gelernt und brauchte nun nicht mehr um die Erlaubnis zu bitten. Ich gewinne fast stets, so oft ich spiele, und was die Liebe betrifft, nun so habe ich jetzt, wenn ich heimkehre, einen neuen Bewerber, der so in Fesseln liegt, da#223; er mich um meine Hand gebeten hat.« »Auch ein Offizier?« »Nein, sondern ein junger, sehr h#252;bscher und hochgebildeter Caballero, welcher fast die ganze Erde und besonders den Orient bereist hat, und dem soeben eine Erbschaft von einigen Millionen zugefallen ist.« »Wetter noch einmal! Da haben Sie freilich Gl#252;ck!« rief ich aus, innerlich hocherfreut, denn ich zweifelte nicht, da#223; Jonathan Melton gemeint war. »Es kommt gar nicht zu fr#252;h, dieses Gl#252;ck,« fuhr sie fort. »Ich habe zwar gesagt, da#223; ich fast nie verliere; aber ich verbrauche viel, und das Gold des H#228;uptlings ist alle geworden. Ich habe das Haus in Frisco verkauft, und wenn die daf#252;r gel#246;ste Summe zur Neige geht, bleibt mir nur der alte Aztekenbau in der Wildnis #252;brig, f#252;r welchen niemand einen Dollar zahlt.« »Ist es denn gewi#223;, da#223; er Ihnen geh#246;rt? Haben Sie einen Besitztitel dar#252;ber?« »Nein, doch ist mir das gleichg#252;ltig. Ich brauche nur zu wollen, so wird Mr. Hunter mein Mann, und ich kann mich zu den Million#228;rinnen rechnen. Was gebe ich da auf den alten Felsenbau in der Wildnis!« »Ist der Sennor, von welchem Sie sprechen, viel- vielleicht jener so sehr interessante Small Hunter, dem vor einigen Tagen durch den Advokaten Murphy einige Millionen ausgezahlt worden sind?« »Ja, derselbe. Kennen Sie ihn vielleicht?« »Nein; ich habe von ihm geh#246;rt. Sie k#246;nnen es sich doch denken, da#223; von einem Millionenerben gesprochen wird. Man sagt, er sei nach Indien gegangen.« »Das ist nicht wahr.« Ach habe es #252;berall geh#246;rt. Man hat ihn doch auf das Schiff steigen sehen. Sein Advokat ist bei ihm gewesen.« »Das ist richtig; aber er hat sich unterhalb der Stadt per Boot wieder abholen lassen. Ich selbst habe in dem Boote gesessen. Wir sind dann, als es Abend war, hierher gegangen und haben gespielt bis nach Mitternacht, wo erst seine eigentliche Abreise erfolgte.« »Das interessiert mich ungemein. Warum hat er denn den Leuten weisgemacht, da#223; er mit dem Schiffe nach England und von da nach Indien will?« »Das ist ein Geheimnis, welches ich nur Ihnen verraten will. An dieser T#228;uschung trage n#228;mlich nur ich die Schuld.« »Sie? Wieso?« »Sein Vater, der alte Hunter, ist fr#252;her oft in Indien gewesen und hat das Land so liebgewonnen, da#223; er auf die Idee gekommen ist, da#223; sein Sohn vom Empfang des Erbes an zehn Jahre lang in Indien leben soll. Fehlt nur ein einziger Tag an den zehn Jahren, so wird ihm das Verm#246;gen wieder abgenommen. Auch soll er w#228;hrend der zehn Jahre nicht heiraten d#252;rfen. Er ist auf die Bedingungen eingegangen und hat sich unterschrieben. Zwei Tage sp#228;ter lernte er mich kennen. Was das hei#223;t, k#246;nnen Sie sich denken. Mich sehen und mich zu seiner Frau begehren, war f#252;r ihn ganz dasselbe. Sagen Sie, kann er da nach Indien? Kann er die Bedingungen erf#252;llen, auf welche er eingegangen ist?« »Warum denn nicht? Wer oder was soll ihn denn hindern, auf die an ihn gestellte Bedingung einzugehen?« »Ich nat#252;rlich, ich.« »Wieso? Wenn Sie beide so sehr aneinander h#228;ngen, kann er Sie doch mit nach Indien nehmen.« »Ha, ha,« lachte sie. »Es kann mir nicht einfallen, eines Mannes wegen, und wenn ich ihn auch #252;ber die Ma#223;en lieben Sollte, in ein wildfremdes Land zu gehen, Ich habe schon einmal die Heimat verlassen, n#228;mlich damals, als ich nach Amerika ging; Sie selbst wissen, wie es mir da ergangen ist. Nun ich eine zweite Heimat hier gefunden habe, f#228;llt es mir gar nicht ein, sie wieder zu opfern.« »Aber von ihm verlangen Sie das Opfer, hier zu bleiben!« »Es ist kein Opfer, denn er m#252;#223;te in Indien ledig bleiben, hier aber kann ich seine Frau werden.« »W#252;rde man es denn in Indien erfahren, da#223; er verheiratet ist, und dies hierher melden?« »H#246;chst wahrscheinlich. Wenigstens behauptete er dies.« »Und hier? Meinen Sie, da#223; die Entdeckung hier nicht nur viel wahrscheinlicher, sondern beinahe ganz sicher ist?« »Da irren Sie. Wir werden uns heimlich verbinden und dann verborgen wohnen. Mein Schlo#223; liegt so versteckt, da#223; es noch nie von dem Fu#223;e eines Wei#223;en betreten worden ist, mich und meinen Vater nat#252;rlich ausgenommen.« »Und der befindet sich dort?« »Ja.« »Da mu#223; ihm die Einsamkeit ja schrecklich vorkommen!« »Gar nicht. Ich habe Ihnen schon gesagt, da#223; damals eine ganze Anzahl von Indianern mit ihren Frauen und Kindern zu uns gezogen ist. Die wohnen noch dort und bilden eine kleine Kolonie, in welcher es trotz der gro#223;en Abgeschiedenheit keine Langeweile giebt.« »Aber zum Leben geh#246;rt sehr vieles, was Sie dort nicht erhalten k#246;nnen.« »Wir beziehen vieles durch die benachbarten Mogollon- und Zuni-Indianer.« »Haben sie die so nahe?« Die Frage war von gr#246;#223;ter Wichtigkeit f#252;r mich, und ich wartete mit gro#223;er Spannung auf die Antwort, lie#223; mir das aber nat#252;rlich nicht merken. Das Weib war von Jonathan Melton get#228;uscht worden, doch fiel es mir gar nicht ein, ihr das zu sagen. Ich betrachtete sie trotz oder auch wegen ihrer Sch#246;nheit als den Regenwurm an meiner Angel, mit welcher ich die Meltons fangen wollte. »Ja,« antwortete sie. »Mein Schlo#223; liegt zwischen den Gebieten dieser Indianer, am kleinen Kolorado und zwar am ersten linken Nebenfl#252;#223;chen desselben.« »Dann mu#223; die Lage Ihres Schlosses eine hochromantische sein, denn wenn ich mich nicht irre, so entspringt das Nebenfl#252;#223;chen auf dem n#246;rdlichen Abhange der Sierra Blanca?« »Allerdings.« »Auf deren S#252;dseite es Apatschen und Pimo-Indianer giebt?« »Ja. Wir sind damals durch das Gebiet derselben gezogen.« Sie ahnte nicht, mit welcher heimlichen Freude ich ihre Antworten h#246;rte. Ich sprach meine Fragen mit der gleichg#252;ltigsten Miene aus, und sie war so vertrauensselig und unbefangen, sie mir ohne allen Anstand, ja ohne das geringste Z#246;gern zu beantworten. »Es ist eine sehr abgelegene Gegend,« fuhr ich fort. »Ich bezweifle, da#223; Hunter sich ohne Sie zurechtfinden wird.« »Das hat er auch nicht n#246;tig; ich werde ihn f#252;hren.« »Sie? Befindet er sich denn noch hier?« »Das f#228;llt ihm nat#252;rlich nicht ein. Wir haben eine Zusammenkunft verabredet. Und selbst wenn ich ihn verfehle, so hat er zwei erfahrene Westm#228;nner dort zu erwarten, welche mein Schlo#223; ganz sicher finden w#252;rden.« »Kennen Sie dieselben?« fragte ich in der Ueberzeugung, da#223; mit den Westm#228;nnern sein Vater und sein Oheim gemeint seien. »Ich nicht.« »Ist es da nicht unvorsichtig gewesen, sich ihnen anzuvertrauen?« »Nein. Er hat mir versichert, da#223; sie die besten Freunde von ihm sind. Der eine ist der Diener, welcher hier bei ihm war.« »Ah so! Die beiden sind mit ihm fort?« »Nein. Jeder ist einzeln abgereist, weil die ganze Angelegenheit als Geheimnis behandelt werden mu#223;, und weil drei Reisende weit mehr auffallen als einer. Sie treffen an unserm Rendezvous in Albuquerque zusammen.« »Also droben in New-Mexico?« »Ja, bei einem gewissen Plener, welcher einen gro#223;en, sogenannten Salon mit Kosthaus besitzt.« »Da werden sie den Verh#228;ltnissen angemessen vor- vortrefflich aufgehoben sein. Aber Sie - warum befinden Sie sich noch hier? Warum sind Sie nicht gleich mit?« Sie machte eine komisch-wichtige Miene und antwortete: »Ich habe noch einige Zeit als Sicherheitsposten hier sitzen zu bleiben.« »Sicherheitsposten? Die Sache wird immer interessanter!« »O, sie ist auch interessant, hochinteressant! Man wird n#228;mlich nachforschen, ob Sennor Hunter, mein Verlobter, den Bedingungen etwa nicht nachkommt und, statt nach Indien zu gehen, sich hier im Lande versteckt.« »Wirklich? Wer k#246;nnte ein Interesse haben, sich darum zu bek#252;mmern?« »Ein Verwandter, dem in diesem Falle die Erbschaft zufallen w#252;rde.« »Wetter! So eine Person k#246;nnte freilich h#246;chst st#246;rend werden. Wer ist denn der Mann?« »Ein deutscher Prairiej#228;ger, der sich mit einem englischen Westmanne und einem Indianer verbunden hat, die Nachforschungen anzustellen.« »Wie hei#223;en die drei?« »Das wei#223; ich nicht; ich habe nicht nach ihren Namen gefragt.« »Und doch sitzen Sie als W#228;chterin hier? Sie m#252;ssen doch die Leute kennen, auf welche Sie aufzupassen haben!« »Ist nicht n#246;tig. Zum Aufpassen ist ein anderer angestellt, welcher mir Nachricht geben wird. Ist dies bis jetzt und einer Woche nicht geschehen, so reise ich nach Albuquerque ab.« »Aber Sie kennen doch wenigstens den Mann, welcher Ihnen die Nachricht bringen soll?« »Gesehen habe ich auch ihn noch nicht. Er ist ein Handelsmann, welcher unweit von hier in einem Hinterhause wohnt. Der andere Freund Hunters hat bei ihm logiert und ihm den betreffenden Auftrag erteilt - entschuldigen Sie, Sennor, es hat geklingelt!« Ich hatte das Klingeln auch geh#246;rt; sie stand vom Diwan auf und trat unter die Portiere, welche das Zimmer, in dem wir uns befanden, von dem vorderen trennte, durch welches ich gekommen war. Die Indianerin #246;ffnete vorn und sagte einen Namen, den ich nicht verstand. »Mag hereinkommen!« sagte Judith, indem sie vorw#228;rts ging und die Portiere hinter sich fallen lie#223;. Ich war allein und h#246;rte nun folgendes Gespr#228;ch, obgleich ich derjenige war, der es am wenigsten h#246;ren sollte: »Sind wir allein?« fragte nach der kurzen Begr#252;#223;ung eine m#228;nnliche Stimme englisch. »Redet!« forderte sie den Sprecher auf. »Ich habe Mrs. Silverhill mitzuteilen, da#223; sich die drei Personen, auf welche Ihr wartet, hier befinden. Mein Sohn hat es mir sofort gemeldet. Er ist da angestellt, wo sie vernommen worden sind.« »Vernommen? Haben sie sich an die Beh#246;rde gewendet?« »Allerdings.« »Um zu erfahren, ob Mr. Hunter wirklich nach Indien gereist ist?« Er z#246;gerte mit der Antwort und meinte dann zweideutig- »Von der Reise ist auch mit die Rede gewesen. Ich habe Euch nur zu sagen, da#223; die drei da sind; weiter erstreckt sich mein Auftrag nicht. H#246;chstens k#246;nnte ich Euch die Namen sagen, die Euch aber schon bekannt sein werden.« »Ich kenne sie noch nicht.« »Nun, der Indianer ist der Apatschenh#228;uptling Winnetou.« »Winnetou?« fragte sie im Tone des Erstaunens. »Den kenne ich freilich. Ich habe ihn fr#252;her gesehen.« »Sodann ein Engl#228;nder, welcher Bothwell hei#223;t - -« »Ist mir fremd.« »Und der deutsche Prairiej#228;ger ist der Westmann, welcher Old Shatterhand genannt zu werden pflegt.« »Old Shat-ter-hand!« rief sie, nach jeder Silbe innehaltend. »Das - das - das ist ja - - kommt, kommt schnell heraus!« Ich h#246;rte eine Th#252;r gehen, und es wurde still. Die J#252;din hatte den Boten in ein anderes Zimmer gef#252;hrt, damit ich das Weitere nicht verstehen sollte. Meine Rolle als Old Firefoot war ausgespielt. Der Mann, mit welchem sie jetzt sprach, war jedenfalls der H#228;ndler, bei welchem Melton, der Onkel, gewohnt hatte. Als er den Namen Old Shatterhand nannte, war ihr eingefallen, da#223; dies der meinige sei und da#223; ich nicht Old Firefoot hei#223;e. Sie hatte mich damals in der Sonora mit Winnetou beisammen gesehen und wu#223;te nun, da#223; ich der Deutsche sei, dem, ihrer Meinung nach, das Erbe Hunters zufallen mu#223;te, falls er nicht nach Indien ging. Und sie hatte mir so vertrauensvoll erz#228;hlt, da#223; er wirklich die Absicht hatte, hier im Lande zu bleiben! Ich war neugierig, was sie nun thun werde. Es dauerte fast eine Viertelstunde, ehe sie wiederkam. Ihre Wangen waren bleich; in ihren Augen gl#228;nzte ein drohendes Licht; sie befand sich in gro#223;er Aufregung, gab sich aber M#252;he, dies nicht merken zu lassen. »Sennor, Sie haben den Teil des Gespr#228;ches geh#246;rt, welcher da im Nebenzimmer stattfand?« fragte sie mich. Ihre Stimme zitterte. Sie mu#223;te sich sehr anstrengen, ihren Zorn zur#252;ckzuhalten. »Ja«, antwortete ich ruhig. »So haben Sie also gelauscht!« »F#228;llt mir nicht ein. Sie waren so g#252;tig, mit dem Manne nebenan zu sprechen, und nur ein vollst#228;ndig Tauber h#228;tte da nichts h#246;ren k#246;nnen.« »Gut, ich war unvorsichtig. Aber Sie haben mich belogen! Sie nannten sich Old Firefoot!« »Steht es mir nicht frei, mir einen Kriegsnamen zu geben, der mir gef#228;llt und beliebt?« »Aber Sie sind Old Shatterhand!« »Man nennt mich allerdings auch bei diesem Namen.« »Warum haben Sie ihn mir nicht genannt?« »Weil ich keinen triftigen Grund dazu hatte.« »Sie haben mich get#228;uscht. Wissen Sie, wie ich das nenne? Eine Dame in dieser Weise zu hintergehen, das ist -« »Bitte, schweigen Sie!« unterbrach ich sie schnell. »Ich dulde von Ihnen kein beleidigendes Wort. Sie sind die Braut eines Schwindlers. Was hindert mich, Sie der Polizei zu #252;bergeben?« »Wer oder was Sie hindert? Das werde ich Ihnen gleich zeigen. Warten Sie nur einen Augenblick. Ich habe vorher dem Boten nur ein Trinkgeld zu geben, und meine B#246;rse liegt im Schlafzimmer. Dann sollen Sie h#246;ren, was ich Ihnen zu sagen habe!« Sie verlie#223; das Boudoir durch eine mir und dem Diwan gegen#252;berliegende Th#252;r. Ich h#246;rte ein leises Ger#228;usch, als ob ein Riegel vorgeschoben werde. Schnell huschte ich nach der Th#252;r und klinkte; sie #246;ffnete sich nicht. Nun eilte ich leisen Schrittes durch das Boudoir zur#252;ck und hinaus in das Nebenzimmer. Auch dieses war von au#223;en verschlossen. Da die J#252;din durch dasselbe zu mir zur#252;ckgekehrt war, mu#223;te die Indianerin, ihre Dienerin, den Schl#252;ssel im Schlosse umgedreht haben. »Ah, sie hat dich gefangen, um auszurei#223;en!« lachte ich mir selbst zu. »Sehr gut! Sie mag gehen!« Ich #246;ffnete ein Fenster und sah hinaus, doch so, da#223; ich von unten nicht gesehen werden konnte. Kaum waren f#252;nf Minuten vergangen, so kam sie unten aus der Th#252;r. Sie hatte in gr#246;#223;ter Eile Toilette gemacht, und jedenfalls all ihr Geld und ihre Wertsachen zu sich gesteckt. Ihre Gestalt war in einen grauen Regenmantel geh#252;llt; ein einfacher Hut sa#223; auf ihrem Kopfe. Hinter ihr kam eine Indianerin, welche eine Tasche in der Hand hatte, und dann folgte ein schwarzb#228;rtiger Mann, der einen kleinen Koffer trug. Das war jedenfalls der Bote, mit dem sie gesprochen hatte. Die drei hoben die K#246;pfe, um zu den Fenstern emporzublicken; ich zog den meinigen schnell zur#252;ck. Als ich dann wieder hinaussah, waren sie schon weit fort; ich sah sie eiligen Schrittes unter den Passanten verschwinden. Ein anderer als ich h#228;tte vielleicht die Th#252;ren ausgesprengt, um ihnen augenblicklich zu folgen; mir aber fiel dies nicht ein; sie, n#228;mlich die J#252;din, war mir sicher, obwohl ich mir sagte, da#223; sie New-Orleans augenblicklich verlassen werde. Ich probierte zun#228;chst noch einmal die Th#252;ren; sie waren wirklich verschlossen. Dann sah ich mich genauer, als es bis jetzt geschehen war, in den beiden Zimmern um, die f#252;r mich offen waren. Auf einem kleinen Tischchen im Boudoir lag ein Photographiealbum. Ich #246;ffnete es und schlug die einzelnen Bilder um. Wahrhaftig, da steckte Jonathan Meltons Lichtbild im Visitenformat. Und dabei lag ein zusammengefalteter Zettel. Ich war keineswegs so diskret, ihn liegen zu lassen, sondern ich las ihn. Da stand in kalligraphisch sch#246;nen Buchstaben geschrieben: »Ich erkl#228;re hiermit durch die Unterschrift meines Namens, da#223; ich Mrs. Silverhill die Ehe versprochen habe. Small Hunter.« Wer die in Beziehung auf Eheversprechungen so strengen Gesetze der Vereinigten Staaten kennt, der wei#223;, was zwei oder drei solche Zeilen zu bedeuten haben. Ja, der sonst so kalt und gef#252;hllos berechnende Mann befand sich vollst#228;ndig in ihren Fesseln, und ich war #252;berzeugt, da#223; ich ihn, wenn nicht in Albuquerque, so doch in ihrem »Schlosse« treffen w#252;rde. Ich durchsuchte die beiden Zimmer weiter, fand aber nichts, was mir dienlich sein konnte. Die Photographie und den Zettel steckte ich zu mir und untersuchte dann die Schl#246;sser der beiden Th#252;ren. Man brauchte kein Einbrecher zu sein, um das eine #246;ffnen zu k#246;nnen. Nachdem ich einen kleinen Stift aus dem Dr#252;cker gezogen hatte, konnte ich den letzteren entfernen. Ich hatte in dem Necessaire ein kleines Messer gesehen, dessen Spitze ich abbrach, worauf es mir als Schraubenzieher diente, mit dessen Hilfe ich die vier kleinen Schrauben entfernte, welche das Schlo#223; festhielten; dann konnte ich dieses abnehmen; die Th#252;r war offen, und ich trat in den Korridor, mit dessen Th#252;r ich ganz ebenso verfahren konnte. Nun ging ich hinab ins Parterre zu der Witwe und teilte derselben soviel mit, wie ich f#252;r n#246;tig hielt. Sie war zun#228;chst ganz betroffen #252;ber die fluchtm#228;#223;ige Entfernung der J#252;din, setzte aber meiner Verabschiedung keine Schwierigkeiten in den Weg. Ich ging, aber nicht etwa schon zu Emery und Winnetou, sondern die Stra#223;e abw#228;rts nach dem Hinterhause, welches der Advokat mir als die Wohnung seines »Bureauvorstandes« bezeichnet hatte. Der Wirt sollte mich bei seiner R#252;ckkehr von seinem mehr als zweideutigen Ausgange in seiner Stube finden. Ich war der J#252;din nicht gefolgt, weil ich sicher gewesen war, von ihm mehr zu erfahren, als was ich h#228;tte sehen und beobachten k#246;nnen. Eine Inschrift #252;ber den Fenstern des Parterres verriet mir, da#223; er Jeffers hie#223; und alte Goldsachen und Uhren zu verkaufen hatte. Die Th#252;r war von innen verriegelt; auf mein Klopfen #246;ffnete eine Frau. »Mr. Jeffers daheim?« »Nein. Was wollt Ihr?« »Ein Armband oder so etwas als Geschenk f#252;r eine Dame.« »Wie hoch vielleicht im Preise?« »Ich gehe bis zehn oder f#252;nfzehn Dollars.« »Kommt herein, Sir; mein Mann mu#223; gleich wiederkommen.« H#228;tte ich eine niedrigere Summe genannt, so w#228;re ich von ihr fortgeschickt worden, um sp#228;ter wieder vorzusprechen. Ich trat in einen kleinen Vorsaal, in welchem es zwei Th#252;ren gab; die eine f#252;hrte in einige Hinterstuben, wo ich bedient werden Sollte; die andere ging jedenfalls in die vordern Zimmer, welche Harry Melton bewohnt hatte. Die Frau war sauber gekleidet und machte den Eindruck von Willenlosigkeit und Niedergeschlagenheit. Ich mu#223;te wohl drei Viertelstunden warten, ehe ihr Mann nach Hause kam. Sie #246;ffnete ihm und sagte ihm drau#223;en, was ich kaufen wollte. Er kam in die Stube und f#252;hrte mich in einen kleinen Nebenraum, in welchem sich seine Kostbarkeiten befanden. »Also ein Armband wollt Ihr, Sir,« meinte er. »Ich m#246;chte Euch hier die Granaten empfehlen; es giebt auch eine Broche dazu. Sie stehen wunderbar, besonders zu blond.« »Mrs. Silverhill ist leider nicht blond,« bemerkte ich. Er lie#223; die Hand, mit der er mir das Armband entgegenhielt, sinken und fragte rasch. »Mrs. Silverhill? Kennt Ihr eine Dame dieses Namens?« »Nat#252;rlich! Das Geschenk soll ja f#252;r sie sein! Wundert Ihr Euch dar#252;ber?« »Nein, gar nicht! Wo wohnt Mrs. Silverhill, Sir?« »Auf dieser Stra#223;e, nur einige H#228;user weiter aufw#228;rts.« »Ihr scheint mit ihr befreundet zu sein?« »Alte Bekanntschaft, weiter nichts.« »Well, geht mich nichts an; aber unsereiner interessiert sich nat#252;rlich f#252;r die Personen, welche die Sachen, die man verkauft, bekommen, und da ich zuf#228;llig erfahren habe, da#223; Mrs. Silverhill sehr reich sein soll, so m#246;chte ich Euch raten, das Beste auszusuchen, was ich habe.« »Sehr richtig. Ich h#228;tte eigentlich zu einem der gro#223;en Juweliers gehen sollen, bin aber doch zu Euch gekommen, weil ich mein Geschenk nur mit Eurer Hilfe anbringen kann.« »Wieso?« »Die Dame ist verreist und nur Ihr wi#223;t, wohin.« »Ich?« fragte er, indem sein Gesicht den Ausdruck #228;ngstlicher Spannung annahm. »Was habe ich mit Mrs. Silverhill zu thun?« »Das fragt die Polizei auch!« »Die Po - -?!« Er wollte das Wort aussprechen; es blieb ihm aber im Munde stecken. »Ja, die Polizei!« nickte ich bedeutungsvoll und ernst. »Was soll das hei#223;en? Was wei#223; ich von Eurer Mrs. Silverhill!« »Wo sie hin ist, das wi#223;t Ihr! Ihr habt ihr ja bei ihrer pl#246;tzlichen Abreise den Koffer getragen! Ihr wart bei ihr und habt ihr verraten, da#223; Old Shatterhand, Winnetou und Mr. Bothwell hier angekommen sind.« »Alle Wetter, Sir! Diese - diese - diese Namen -« stotterte er. »Hat Euch Euer Sohn genannt, der dar#252;ber seine Anstellung verlieren wird. Nat#252;rlich wird ihm und Euch au#223;erdem der Proze#223; gemacht. Weshalb, das wi#223;t Ihr wohl!« »Ich - ich - wei#223; von nichts!« »Wirklich? Kennt Ihr den Namen Small Hunter nicht?« »Small - -?!« »Und hat nicht der Schreiber Hudson bei Euch gewohnt? Wart Ihr nicht beauftragt, Mrs. Silverhill zu benachrichtigen? Ich sage Euch, das wird Euch und Eurem Sohne stark an den Kragen gehen, denn dieser wei#223; genau, wessen der sogenannte Small Hunter angeklagt wird.« »Das ist eine armselige Geschichte! H#228;tte ich mich doch nicht damit abgegeben!« Er warf sich bei diesen Worten auf einen Stuhl und schlug sich mit der Hand vor die Stirn. »Armselig genug wird's f#252;r Euch; das ist sehr richtig,« stimmte ich bei. »Was sagt Ihr dazu, da#223; ich Euch gleich mit mir nehme, Master?« Da fuhr er augenblicklich wieder auf und fragte, mir voller Angst in das Gesicht starrend: »Ist es denn wirklich so - so schlimm, so gef#228;hr- gef#228;hrlich, Sir? Ich habe doch bis jetzt an den echten Small Hunter geglaubt, habe erst vor zwei Stunden von meinem Sohne erfahren, da#223; er ein Betr#252;ger sein soll! Und da#223; er das ist, glaube ich auch jetzt noch nicht!« Ich sah es ihm an, da#223; er damit die Wahrheit sagte. Er schien ein Mann zu sein, der es, wenn es sich um seinen Vorteil handelte, im Gesch#228;fte nicht allzu genau mit der Ehrlichkeit nahm; aber wie ein gewerbsm#228;#223;iger, hartgesottener Verbrecher sah er nicht aus. »Er ist nicht nur ein Betr#252;ger, sondern etwas noch viel Schlimmeres,« versicherte ich dem H#228;ndler. »Sobald er erwischt wird, geht es ihm an Kopf und Leben, und denen, die mit ihm in Verbindung standen, wird es nicht viel besser ergehen.« Ich gab ihm die n#246;tigen Aufkl#228;rungen, worauf er sagte: »Ich will Euch alles gestehen. Sir, Ihr seid ein Detektive und m#252;#223;t Eure Pflicht thun; aber vielleicht ist es Euch doch m#246;glich, mich und meinen Sohn aus dem Spiele zu lassen. Sucht Euch daf#252;r meine beste Uhr aus oder den teuersten Schmuck, den ich hier habe!« Also er hielt mich f#252;r einen Polizisten! Das war mir eben recht. Er hatte mich vorhin bei der J#252;din nicht gesehen. Ich dachte also scheinbar eine kleine Weile nach und sagte dann. »Was Ihr mir da anbietet, w#252;rde Bestechung sein. Damit bleibt mir vom Leibe. Ich will nichts geh#246;rt haben, denn, wenn ich auch das noch anzeigte, w#252;rde man noch viel weniger an Eure Unschuld glauben. Es widerstrebt mir freilich, anzunehmen, da#223; Ihr mit solchen Schurken gemeinsame Sache gemacht habt, und so - -« »Sir,« fiel er mir in die Rede, »das habe ich auch nicht. Ich schw#246;re es Euch zu!« »Aber mit dem Schreiber seid Ihr vertraut gewesen!« »Nein. Ich verkehrte mit ihm, wie ein Wirt mit einem Mieter verkehrt.« »Aber seine Botschaft habt Ihr doch an die Silverhill ausgerichtet!« »Im guten Glauben. Er ist nach St. Louis gefahren und will wiederkommen. Ehe er abreiste, bat er mich, durch meinen Sohn zu erfahren, ob vielleicht drei M#228;nner kommen w#252;rden, um Small Hunter zu verd#228;chtigen. W#252;rde der Fall eintreten, so sollte ich es sofort der Dame melden.« »Ihr seid daf#252;r bezahlt worden?« »Er hat mir allerdings einige Dollars gegeben.« »Hm! Das spricht wieder nicht f#252;r Euch!« »Sir, ich bin arm und mu#223;, um auszukommen, jeden Dollar mitnehmen. Ist es denn gar nicht m#246;glich, mich aus dem Spiele zu lassen?« »Schwerlich! Ja, wenn weiter niemand davon erf#252;hre!« »Ich sage kein Wort, Sir, kein Wort! Lieber la#223; ich mich zerrei#223;en, als da#223; ich gegen jemand den Mund #246;ffne!« »W#252;rdet Ihr auch gegen meine Kollegen schweigen? Ich k#246;nnte Euch nur unter der Voraussetzung schonen, da#223; Ihr gegen andre schweigt, gegen mich aber aufrichtig seid.« »Beides soll geschehen, beides, Sir!« »Gut, wollen einmal sehen. Also, wo befindet sich der sogenannte Hudson, welcher bei Euch gewohnt hat?« »Ich wei#223; nicht anders, als da#223; er mit Small Hunters Diener hinauf nach St. Louis ist.« »Ihr habt den Diener gesehen?« »Ja; er war einigemale da. Sie sehen einander #228;hnlich.« »Weil sie Br#252;der sind. Und wo ist der falsche Hunter hin?« »Ich habe bis heute gedacht, da#223; er nach Indien ist, aber vorhin, als ich bei Mrs. Silverhill war, lie#223; sie ein Wort fallen, auf welches sie wahrscheinlich nicht achtete und aus dem ich nun jetzt schlie#223;en m#246;chte, da#223; er nicht nach Indien ist.« »Was war das f#252;r ein Wort?« »Sie sagte, Mr. Hunter h#228;tte daf#252;r gesorgt, da#223; sie schnell zu ihm kommen k#246;nne. Schnell? Das sagt man doch nicht von Indien!« »Allerdings. Wie kam sie denn eigentlich dazu, so ein unvorsichtiges Wort zu sagen?« »Das begreife ich auch nicht. Ich ging zu ihr, um mein Versprechen zu erf#252;llen. Sie empfing mich in einem Zimmer, wo ich ihr die Botschaft ausrichtete. Sie wu#223;te, um was es sich handelte, schien aber die Namen nicht zu kennen, denn als ich dieselben nannte, erschrak sie au#223;erordentlich, zog mich schnell hinaus in den Vorsaal und setzte dort das Gespr#228;ch weiter fort. Dann fragte sie mich, ob ich Zeit h#228;tte, gegen Belohnung einen Gang mit ihr zu thun. Ich sagte j a und mu#223;te dann hinaus auf die Treppe, um auf sie zu warten. Sie kam mit ihrer Dienerin; ich mu#223;te einen Koffer tragen. Sie sagte, Old Shatterhand sei in ihrer Wohnung, und sie m#252;sse augenblicklich zu Mr. Hunter, welcher daf#252;r gesorgt habe, da#223; sie schnell zu ihm kommen k#246;nne. So kam sie auf das Wort.« »Wo seid ihr dann mit ihr hingegangen?« »Nach dem Great-Union-Hotel; das hei#223;t, ich allein. Sie wartete mit ihrer Dienerin in der N#228;he. Ich mu#223;te im Hotel Eisenbahnbillets kaufen.« »Welche Billets habt Ihr gekauft?« »Das war eine komplizierte Sache. Sie wollte hin#252;ber nach Gainesville, aber auch mit dem allern#228;chsten Zuge, mit dem das m#246;glich war, denn sie scheute sich, auch nur eine Stunde in Orleans zu bleiben. Da auf der k#252;rzeren Strecke kein Zug ging, habe ich ihr Billets nach Jackson, Vicksburg, Monroe und Marschall genommen, von da nach Dallas und #252;ber Denton nach Gainesville.« »Das ist allerdings ein bedeutender Umweg. Sie h#228;tte viel sp#228;ter abfahren k#246;nnen und w#228;re auf der Strecke jenseits des Flusses dennoch eher in Gainesville angekommen.« »Die Angst vor Old Shatterhand trieb sie fort!« »Und die Angst hat sie auch gegen Euch geschw#228;tzig gemacht. Habt Ihr sonst noch etwas erfahren k#246;nnen?« »Nein, Sir. Ich habe Euch alles gesagt, was ich wei#223;. Darf ich nun auch hoffen, da#223; Ihr Nachsicht mit mir habt?« »Hm, ich m#246;chte wohl! Ihr werdet also keinem Menschen ein Wort von dem mitteilen, was Ihr mir erz#228;hlt habt?« »Nicht eine Silbe!« »Diese Bedingung stelle ich, denn wenn Ihr gegen andre schwatzt, ist es mir unm#246;glich, #252;ber Euch zu schweigen. Ich werde zun#228;chst weiter forschen. Finde ich, da#223; Ihr ehrlich gewesen seid, so werde ich Euch nicht in den Mund nehmen; habt Ihr mich aber get#228;uscht, und selbst wenn es mit einer Kleinigkeit w#228;re, so k#246;nnt Ihr Euch darauf gefa#223;t machen, auf eine ganze Reihe von Jahren mit Eurem Sohne eingesperrt zu werden!« »Wenn das ist, Sir, so brauche ich keine Angst zu haben.« »Well! So lebt wohl! Am besten ist's f#252;r Euch, ich sehe Euch nicht wieder. Das Armband kaufe ich nat#252;rlich nicht; das war nur ein Vorwand, wie Ihr Euch denken k#246;nnt.« »Nat#252;rlich!« meinte er, indem er erleichtert aufatmete. »Aber, Sir, k#246;nntet Ihr mir nicht sagen, woher Ihr wi#223;t, was zwischen mir und Mrs. Silverhill geschehen ist? Von dem Augenblicke an, an welchem ich zu ihr kam, bis zur Sekunde ihrer Abreise hat sie mit keinem Menschen, als nur mit mir gesprochen, ihre Indianerin ausgenommen, und doch wart Ihr so gut unterrichtet!« »Das ist mein Geheimnis, Mister Jeffers. Die Polizei mu#223; eben, wenn sie etwas taugen will, zuweilen ein wenig allwissend sein.« »Und dann, k#246;nntet Ihr nicht einmal nach Mrs. Silverhills Wohnung gehen? Sie sagte doch, da#223; Old Shatterhand sie dort #252;berrascht habe. Darum floh sie schnell. Sie hat zugeschlossen. Ich sch#228;tze, da#223; der Mann nun eingesperrt ist und nicht heraus kann.« »Macht Euch keine Sorge um den! Ein Prairiemann l#228;#223;t sich nicht so leicht einsperren. Und wenn es ja einmal geschieht, so wei#223; er ganz genau, wie er es anzufangen hat, wieder an die sch#246;ne Atmosph#228;re zu kommen.« Ich ging, sehr befriedigt von den Erfolgen meiner Nachforschungen. Wir hatten geglaubt, l#228;ngere Zeit in New Orleans bleiben zu m#252;ssen, und nun stellte es sich heraus, da#223; wir gezwungen waren, der Stadt sofort den R#252;cken zu kehren. Es ist bekannt, da#223; man in den Vereinigten Staaten in jedem gr#246;#223;eren Hotel Eisenbahnbillets nach allen Richtungen bekommen kann. Als ich jetzt in das unserige zur#252;ckkehrte, war es mein erstes, nach den Abfahrtszeiten zu sehen. Wir mu#223;ten nat#252;rlich auch nach Gainesville und hatten noch volle zwei Stunden Zeit bis zur Abfahrt des betreffenden Zuges. Das war Zeit genug, mich mit meinen beiden Gef#228;hrten vorher zu verst#228;ndigen. Diese freuten sich ebenso wie ich mich dar#252;ber, da#223; ich die Spur der Gesuchten entdeckt hatte, und weder Winnetou noch Emery zweifelten daran, da#223; es die richtige F#228;hrte sei. W#228;re ich allein gewesen, so h#228;tte ich derselben nicht so schnell folgen k#246;nnen, denn zu einer Fahrt nach Gainesville geh#246;rte mehr Geld, als ich dazu h#228;tte aufwenden k#246;nnen; dem Million#228;r Emery aber war das eine Kleinigkeit, und der Apatsche brauchte nur in seinen G#252;rtel zu greifen, um einige Nuggets gegen gutes Geld umzuwechseln; ich, der Proletarier, wurde von beiden so mit durchgeschleppt. - - - |
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