"Karlsson vom Dach" - читать интересную книгу автора (Линдгрен Астрид)1. Karlsson vom DachAber das stimmt nicht. Er ist wirklich ein ganz gew#246;hnlicher Junge. Es gibt so viele Jungen, die sieben Jahre alt sind und blaue Augen haben und eine Stupsnase und ungewaschene Ohren und zerrissene Hosen. Lillebror ist also ein ganz und gar gew#246;hnlicher Junge, das steht fest. Birger ist f#252;nfzehn Jahre alt und spielt Fu#223;ball und kommt in der Schule schlecht mit. Er ist also auch ein ganz gew#246;hnlicher Junge. Und Betty ist vierzehn und tr#228;gt ihr Haar in einem Pferdeschwanz, genau wie andere ganz gew#246;hnliche M#228;dchen. Au#223;ergew#246;hnlich in diesem Haus ist nur einer, und das ist Karlsson vom Dach. Er wohnt oben auf dem Dach, der Karlsson, und schon das ist ja etwas recht Au#223;ergew#246;hnliches. Es mag in anderen Gegenden der Welt anders sein, aber in Stockholm kommt es fast nie vor, da#223; jemand in einem besonderen kleinen Haus wohnt, welches oben auf dem Dach steht. Das aber tut Karlsson. Er ist ein sehr kleiner und sehr rundlicher und sehr selbstbewu#223;ter Herr, und er kann fliegen. Mit Flugzeugen und Hubschraubern k#246;nnen alle Menschen fliegen, aber au#223;er Karlsson gibt es niemand, der ganz allein fliegen kann. Karlsson dreht blo#223; an einem Knopf, der ungef#228;hr mitten vor seinem Nabel sitzt, und wips springt ein winzig kleiner Motor an, den er auf dem R#252;cken hat. W#228;hrend der Motor anl#228;uft, steht Karlsson eine Weile still. Und dann, wenn der Motor auf gen#252;gend Touren gekommen ist, steigt Karlsson auf und schwebt so fein und w#252;rdevoll dahin wie ein B#252;rovorsteher — falls man sich einen B#252;rovorsteher mit Motor auf dem R#252;cken vorstellen kann. Karlsson f#252;hlt sich in seinem kleinen Haus oben auf dem Dach riesig wohl. Abends sitzt er auf der Treppe vorm Haus und raucht seine Pfeife und guckt die Sterne an. Nat#252;rlich kann man die Sterne vom Dach aus viel besser sehen als von irgendeiner anderen Stelle im Haus. Es ist also eigentlich sonderbar, da#223; nicht mehr Menschen auf einem Dach wohnen. Aber die Mieter im Haus wissen nichts davon, da#223; man auf einem Dach wohnen kann, sie wissen nicht einmal, da#223; Karlsson sein kleines Haus dort oben hat, weil es n#228;mlich so gut hinter dem gro#223;en Schornstein versteckt ist. Die meisten Menschen bemerken solche kleinen H#228;user wie das von Karlsson gar nicht, selbst wenn sie dar#252;ber fallen. Nur einmal sah ein Schornsteinfeger Karlssons kleines Haus, als er gerade den Schornstein fegen wollte, und er war wirklich sehr verbl#252;fft.
Sonderbar, sagte er zu sich selbst, hier steht ein Haus. Man sollte es nicht glauben, aber hier steht tats#228;chlich ein Haus oben auf dem Dach. Wie mag das nur hierhergekommen sein? Aber dann machte er sich daran, den Schornstein zu fegen und verga#223; das Haus ganz und gar und dachte nie mehr daran. F#252;r Lillebror war es bestimmt eine Freude, mit Karlsson bekannt zu werden, denn wenn Karlsson angeflogen kam, wurde alles so abenteuerlich und aufregend. F#252;r Karlsson war es vielleicht auch eine Freude, mit Lillebror bekannt zu werden, denn wie es auch sei, so gem#252;tlich ist es doch wohl kaum, ganz allein in einem Haus zu wohnen, ohne da#223; jemand eine Ahnung davon hat. Es freut einen sicher, wenn jemand „Hei#223;a hopsa, Karlsson" ruft, sobald man angeflogen kommt. So ging es zu, als Karlsson und Lillebror sich kennenlernten: Es war einer jener verdrehten Tage, wo es kein bi#223;chen Spa#223; machte, Lillebror zu sein. Im allgemeinen war es ganz sch#246;n, Lillebror zu sein, denn er war der Liebling der ganzen Familie, den alle verh#228;tschelten, so sehr sie konnten. Aber es gab viele Tage, da war alles verdreht. Da gab es Schelte von Mama, weil neue L#246;cher in die Hosen gekommen waren, und Betty sagte: „Putz dir die Nase, Bengel", und Papa machte Krach, weil man nicht rechtzeitig von der Schule heimkam. „Was hast du dich auf der Stra#223;e herumzutreiben?" sagte Papa. Auf der Stra#223;e herumtreiben — Papa wu#223;te ja nicht, da#223; Lillebror einem Hund begegnet war. Einem wunderh#252;bschen Hund, der Lillebror beschnuppert und mit dem Schwanz gewedelt und so ausgesehen hatte, als wollte er gern Lillebrors Hund werden. W#228;re es nach Lillebror gegangen, dann h#228;tte er es sofort werden k#246;nnen. Aber nun war es so, da#223; Papa und Mama auf keinen Fall einen Hund im Hause haben wollten. Und au#223;erdem kam da pl#246;tzlich eine Dame an, und die rief: „Fiffi, komm her", und da begriff Lillebror, da#223; dieser Hund niemals ihm geh#246;ren konnte. „Sieht nicht so aus, als ob man je in seinem Leben einen eigenen Hund bekommen w#252;rde", sagte Lillibror an diesem Tag, als alles so verdreht war, bitter. „Du, Mama, du hast Papa, und Birger und Betty halten immer zusammen, aber ich, ich habe niemand." „Liebster Lillebror, du hast doch uns alle miteinander", sagte Mama. „Das hab' ich doch #252;berhaupt nicht", sagte Lillebror noch bitterer, denn ihm kam es pl#246;tzlich so vor, als habe er niemand auf der ganzen Welt. Eins aber hatte er nun doch. Er hatte ein eigenes Zimmer, und in das ging er hin#252;ber. Es war ein heller, sch#246;ner Fr#252;hlingsabend, und das Fenster stand offen. Die wei#223;en Gardinen wehten sacht hin und her, als ob sie den kleinen blassen Sternen dort oben am Fr#252;hlingshimmel zuwinkten. Lillebror stellte sich ans Fenster und schaute hinaus. Er dachte an den h#252;bschen Hund und malte sich aus, was der wohl jetzt machte. Vielleicht lag er in einem Hundekorb irgendwo in einer K#252;che, vielleicht sa#223; ein Junge — nicht Lillebror, sondern ein anderer Junge — auf dem Fu#223;boden neben ihm und streichelte seinen struppigen Kopf und sagte: „Fiffi, du bist ein feiner Hund." Lillebror seufzte tief. Da h#246;rte er ein leises Brummen. Das Brummen wurde lauter, und ehe er sich's versah, kam ein kleiner dicker Mann langsam ans Fenster geflogen. Das war Karlsson vom Dach, aber das wu#223;te Lillebror ja noch nicht. Karlsson warf nur einen langen Blick auf Lillebror, und dann segelte er weiter. Er drehte eine kleine Runde #252;ber dem Hausdach gegen#252;ber, umflog einmal den Schornstein und steuerte dann wieder auf Lillebrors Fenster zu. Er hatte jetzt die Geschwindigkeit erh#246;ht, und er zischte an Lillebror vorbei fast wie ein kleiner D#252;senj#228;ger. Mehrmals zischte er vorbei, und Lillebror stand nur stumm da und wartete und f#252;hlte, wie es ihm im Magen kribbelte vor Aufregung, denn es kommt ja nicht alle Tage vor, da#223; kleine dicke M#228;nner am Fenster vorbeifliegen. Schlie#223;lich verlangsamte Karlsson dicht vor dem Fenster die Fahrt. „Hei#223;a hopsa", sagte er. „Darf man sich hier ein wenig niederlassen?" „Ja, bitte sehr", sagte Lillebror. „Ist es nicht schwer, so zu fliegen?" „F#252;r mich nicht", sagte Karlsson und warf sich in die Brust. „F#252;r mich ist es #252;berhaupt nicht schwer. Ich bin n#228;mlich der beste Kunstflieger der Welt. Ich m#246;chte aber nicht jedem ixbeliebigen Strohkopf raten, es nachzumachen."
Lillebror f#252;hlte, da#223; er selber „jeder ixbeliebige Strohkopf" sei, und beschlo#223; sofort, er wolle bestimmt nicht versuchen, Karlssons Flugk#252;nste nachzumachen. „Wie hei#223;t du?" fragte Karlsson. weiter nichts. Hei#223;a hopsa, Lillebror." „Lillebror", sagte Lillebror. „Eigentlich hei#223;e ich allerdings Svante Svanteson." hei#223;e Karlsson", sagte Karlsson. „Nur einfach Karlsson und „Denk blo#223;, wie verschieden das sein kann — ich, ich „Hei#223;a hopsa, Karlsson", sagte Lillebror. „Wie alt bist du?" fragte Karlsson. „Sieben", sagte Lillebror. „Gut. Mach so weiter", sagte Karlsson. Hurtig stellte er eins seiner kurzen dicken Beine auf Lillebrors Fenstersims und kletterte ins Zimmer hinein. „Wie alt bist du denn?" fragte Lillebror, denn er fand, Karlsson sei eigentlich zu klein, um ein Mann zu sein. „Wie alt ich bin?" sagte Karlsson. „Ich bin ein Mann in meinen besten Jahren. Das ist das einzige, was ich sagen kann." Lillebror wu#223;te nicht so recht, was das hei#223;en sollte: ein Mann in seinen besten Jahren zu sein. Er #252;berlegte, ob er nicht selber am Ende auch ein Mann in seinen besten Jahren war, ohne da#223; er es wu#223;te, und fragte vorsichtig: „Welche Jahre sind denn die besten?" „Alle", sagte Karlsson vergn#252;gt. „Jedenfalls was mich betrifft. Ich bin ein sch#246;ner und grundgescheiter und gerade richtig dicker Mann in meinen besten Jahren." Alsdann zog er Lillebrors Dampfmaschine hervor, die auf dem B#252;cherbord stand. „Wollen wir die laufen lassen?" schlug er vor. „Das darf ich nicht, Papa will es nicht haben", sagte Lillebror. „Immer m#252;ssen Papa oder Birger dabei sein, wenn ich sie laufen lasse." „Papa oder Birger oder Karlsson vom Dach", sagte Karlsson. „Der beste Dampfmaschinenaufpasser der Welt, das ist Karlsson vom Dach. Gr#252;#223; sch#246;n und bestell das deinem Papa." Er griff rasch nach der Flasche mit Brennspiritus, die neben der Dampfmaschine stand, go#223; den kleinen Spiritusbeh#228;lter voll und z#252;ndete den Brenner an. Obwohl er der beste Dampfmaschinenaufpasser der Welt war, war er so ungeschickt, da#223; er einen kleinen See von dem Spiritus auf das B#252;cherbord versch#252;ttete. Als dieser See Feuer fing, tanzten muntere blaue Fl#228;mmchen um die Dampfmaschine herum. Lillebror schrie auf und st#252;rzte herbei. „Ruhig, nur ruhig", sagte Karlsson und streckte abwehrend eine kurze dicke Hand aus. Aber Lillebror konnte nicht ruhig sein, als er sah, wie es brannte. Er holte sich einen alten Lappen und erstickte die kleinen, munteren blauen Fl#228;mmchen. Wo sie getanzt hatten, blieben jetzt gro#223;e h#228;#223;liche Flecke auf der Politur des B#252;cherbords zur#252;ck. „Guck mal, wie das B#252;cherbord aussieht", sagte Lillebror bek#252;mmert. „Was wird Mama sagen?" „Ach was, das st#246;rt keinen gro#223;en Geist", sagte Karlsson vom Dach. „Ein paar unbedeutende Flecke auf einem B#252;cherbord — das st#246;rt keinen gro#223;en Geist. Gr#252;#223; sch#246;n und bestell das deiner Mama." Er lag neben der Dampfmaschine auf den Knien, und seine Augen gl#228;nzten. „Jetzt ist sie bald ordentlich im Gange", sagte er. Und das war sie. Es dauerte nicht lange, da begann die Dampfmaschine zu arbeiten. Fffft-ffft-ffft, machte sie. Oh, es war die pr#228;chtigste Dampfmaschine, die man sich vorstellen konnte, und Karlsson sah so stolz und gl#252;cklich aus, als habe er sie selber gemacht. „Ich mu#223; das Sicherheitsventil kontrollieren", sagte Karlsson und drehte eifrig an einem kleinen Verschlu#223;. „Es gibt immer ein Ungl#252;ck, wenn man das Sicherheitsventil nicht kontrolliert." F ff ft-f ff ft-f f ft, machte die Dampfmaschine. Es ging schneller und schneller, f ff ft-f ffft-ffft. Zuletzt h#246;rte es sich an, als ob sie galoppiere, und Karlssons Augen funkelten. Lillebror k#252;mmerte sich nicht mehr um die Flecke auf dem B#252;cherbord. Er freute sich m#228;chtig #252;ber seine Dampfmaschine und #252;ber Karlsson, den besten Dampfmaschinenaufpasser der Welt, der das Sicherheitsventil so gut kontrolliert hatte. „Ja, ja, Lillebror", sagte Karlsson, „dieses Fffft-fffft-ffft ist wahrlich nicht so ohne. Der beste Dampfmaschinenaufpasser der We ..." Weiter kam er nicht, denn in diesem Augenblick h#246;rte man einen f#252;rchterlichen Knall — und es gab keine Dampfmaschine mehr, sondern nur Teile einer Dampfmaschine, #252;ber das ganze Zimmer verstreut. „Die ist explodiert", sagte Karlsson gl#252;ckstrahlend, fast so, als sei es das gr#246;#223;te Kunstst#252;ck, das man von einer Dampfmaschine erwarten kann. „Tats#228;chlich, sie ist explodiert. Welch ein Knall!" Aber Lillebror konnte sich nicht freuen. Ihm traten die Tr#228;nen in die Augen. „Meine Dampfmaschine!" sagte er. „Sie ist entzwei..." „St#246;rt keinen gro#223;en Geist", sagte Karlsson und winkte unbek#252;mmert mit seiner kurzen dicken Hand. „Du kannst leicht eine neue Dampfmaschine kriegen." „Wieso denn?" fragte Lillebror verwundert. „Ich hab' oben bei mir mehrere Tausend." „Wo denn oben bei dir?" fragte Lillebror. „Oben bei mir in meinem Haus auf dem Dach", sagte Karlsson. „Du hast ein Haus auf dem Dach?" fragte Lillebror. „Mit mehreren Tausend Dampfmaschinen drin?" „Ja. Jedenfalls sind es wenigstens ein paar Hundert", sagte Karlsson. „Ach, dieses Haus m#246;chte ich gern mal sehen." Es war seltsam, da#223; oben auf dem Dach ein kleines Haus stehen sollte und da#223; Karlsson dort wohnte. „Was sagst du, ein Haus voller Dampfmaschinen?" fragte Lillebror. „Mehrere Hundert Dampfmaschinen?" „Ja, ich hab' nicht so genau nachgez#228;hlt, wieviele noch #252;brig sind, aber einige Dutzend sind es bestimmt", sagte Karlsson. „Die eine oder andere explodiert ja mal, aber 'n paar Dutzend werden doch immer #252;brig sein." „Dann k#246;nnte ich vielleicht eine kriegen?" sagte Lillebror. „Gewi#223;", sagte Karlsson. „Gewi#223;!" „Jetzt gleich?" fragte Lillebror. „Hmmja, ich mu#223; sie erst mal ein bi#223;chen nachsehen", sagte Karlsson. „Das Sicherheitsventil kontrollieren und dergleichen. Ruhig, nur ruhig, du kriegst sie gelegentlich." Lillebror begann, die Teile aufzusammeln, die vorher seine Dampfmaschine gewesen waren. „Ich m#246;chte wissen, was Papa sagt", murmelte er bek#252;mmert. Karlsson hob verwundert die Brauen. „Wegen der Dampfmaschine?" sagte er. „Das st#246;rt keinen gro#223;en Geist. Deswegen braucht er sich durchaus nicht zu beunruhigen. Gr#252;#223; ihn sch#246;n von mir. Ich w#252;rde es ihm selber sagen, wenn ich Zeit h#228;tte und so lange bleiben k#246;nnte, bis er kommt. Aber ich mu#223; jetzt rauf und nach meinem Haus sehen." „Es war nett, da#223; du gekommen bist", sagte Lillebror, „wenn auch die Dampfmaschine . . . Kommst du mal wieder?" „Ruhig, nur ruhig", sagte Karlsson und drehte an dem Knopf, der ungef#228;hr mitten vor seinem Nabel sa#223;. Der Motor fing an zu husten, und Karlsson stand still und wartete auf den Start. Dann ging er hoch und flog ein paar Runden durchs Zimmer. „Der Motor st#246;#223;t", sagte er. „Ich werde wohl in eine Werkstatt gehen m#252;ssen und ihn mal #246;len lassen. Nat#252;rlich k#246;nnte ich es selber machen, denn ich bin der beste Motorenaufpasser der Welt, aber ich habe keine Zeit — nein, ich glaube, ich liefere mich in eine Werkstatt ein." Lillebror meinte auch, es sei das kl#252;gste. Karlsson steuerte durch das offene Fenster nach drau#223;en, und sein kleiner rundlicher K#246;rper hob sich klar von dem bestirnten Fr#252;hlingshimmel ab. „Hei#223;a hopsa, Lillebror", sagte er und winkte mit seiner kurzen dicken Hand. Und dann war Karlsson weg. |
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