"Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" - читать интересную книгу автора (Роулинг Джоан)

Die Widmung dieses Buches ist siebengeteilt: für Neil, für Jessica, für David, für Kenzie, für Di, für Anne und für euch, wenn ihr zu Harry gehalten habt, bis ganz zum Schluss.

Erbteil des fluches,

hässlicher sünde

blutige wunde,

schmerzen, wer trüge sie?

quälen, wer stillte sie?

wehe weh!

Einzig der erbe

heilet des hauses

eiternde wunde,

einzig mit blut'gem schnitt.

götter der finsternis

rief mein lied.

Sel'ge geister drunten in der tiefe,

wenn ihr die beschwörungsrufe hörtet,

bringt den kindern hilfe, bringt den sieg.

Aischylos, Das Opfer am Grabe


Sterben ist nur ein Uebergang aus dieser Welt in die andere, als wenn Freunde über See gehen, welche dennoch in einander fortleben. Denn Diejenigen, die im Allgegenwärtigen lieben und leben, müssen nothwendig einander gegenwärtig seyn. In diesem göttlichen Spiegel sehen sie sich von Angesicht zu Angesicht, und ihr Umgang ist so wohl frey als rein. Und wenn sie auch durch den Tod getrennt werden, so haben sie doch den Trost, daß ihre Freundschaft und Gesellschaft ihnen, dem besten Gefühle nach, beständig gegenwärtig bleibt, weil diese unsterblich ist.

William Penn, Früchte der Einsamkeit. Zweyte Abtheilung


Das letzte Versteck

Es gab keine Möglichkeit, zu lenken; der Drache konnte nicht sehen, wohin er flog, und Harry wusste, wenn er scharf in die Kurve gehen oder sich mitten in der Luft überschlagen würde, dann würden sie sich unter keinen Umständen weiter an seinen breiten Rücken klammern können.

Dennoch, während sie immer höher stiegen und London sich unter ihnen ausbreitete wie eine graugrüne Landkarte, empfand Harry vor allem Dankbarkeit für eine Flucht, die undenkbar erschienen war. Er schmiegte sich eng an den Hals des Ungeheuers und klammerte sich an den metallischen Schuppen fest, während der kühle Wind seiner verbrannten und von Blasen übersäten Haut wohltat und die Flügel des Drachen durch die Luft schlugen wie die einer Windmühle. Hinter ihm fluchte Ron ununterbrochen aus Leibeskräften, Harry wusste nicht, ob aus Freude oder aus Angst, und Hermine schluchzte offenbar.

Nach etwa fünf Minuten ließ Harrys unmittelbare Befürchtung etwas nach, dass der Drache sie abwerfen könnte, denn er schien nichts anderes im Sinn zu haben, als sein unterirdisches Gefängnis so weit wie möglich hinter sich zu lassen, doch die Frage, wie und wann sie würden absteigen können, blieb ziemlich beängstigend. Er hatte keine Ahnung, wie lange Drachen sich in der Luft halten konnten, noch, wie gerade dieser Drache, der kaum etwas sehen konnte, einen guten Landeplatz ausfindig machen sollte. Harry blickte fortwährend umher und meinte, seine Narbe kribbeln zu spüren ...

Wie lange würde es dauern, bis Voldemort erfuhr, dass sie in das Verlies der Lestranges eingebrochen waren? Wie schnell würden die Kobolde von Gringotts Bellatrix benachrichtigen? Wie rasch würden sie erkennen, was gestohlen worden war? Und was würde geschehen, wenn sie entdeckt hatten, dass der goldene Becher fehlte? Dann würde Voldemort endlich wissen, dass sie Horkruxe jagten ...

Der Drache schien sich nach kühlerer und frischerer Luft zu sehnen: Beharrlich stieg er weiter in die Höhe, bis sie durch eisige Wolkenfetzen flogen und Harry die kleinen bunten Punkte nicht mehr ausmachen konnte, die Autos waren und in die Hauptstadt hinein- und wieder hinausströmten.

Immer weiter flogen sie, über Land, das in grüne und braune Flecken aufgeteilt war, über Straßen und Flüsse, die sich durch die Landschaft wanden wie Streifen von mattem und glänzendem Geschenkband.

»Was glaubt ihr, wonach er sucht?«, schrie Ron, während sie unentwegt in nördliche Richtung flogen.

»Keine Ahnung«, brüllte Harry zurück. Seine Hände waren taub vor Kälte, doch er wagte es nicht, den Griff zu wechseln. Schon seit einer ganzen Weile überlegte er, was sie tun würden, wenn sie sehen würden, dass die Küste unter ihnen dahinglitt, wenn der Drache aufs offene Meer zusteuerte. Ihm war kalt, und er fühlte sich starr, ganz abgesehen davon, dass er furchtbaren Hunger und Durst hatte. Wann, fragte er sich, hatte das Untier selbst zum letzten Mal etwas gefressen? Es würde doch sicher bald etwas Nahrung brauchen? Und was wäre, wenn ihm dann klar wurde, dass es drei durchaus essbare Menschen auf dem Rücken hatte?

Die Sonne sank tiefer und der Himmel färbte sich indigoblau; und noch immer flog der Drache, Städte und Dörfer zogen unter ihnen vorbei und verschwanden, sein gewaltiger Schatten glitt über die Erde wie eine große dunkle Wolke. Harrys ganzer Körper schmerzte von der Anstrengung, sich auf dem Rücken des Drachen zu halten.

»Bilde ich mir das nur ein«, rief Ron, nachdem sie recht lange geschwiegen hatten, »oder verlieren wir an Höhe? «

Harry blickte hinunter und sah tiefgrüne Berge und Seen, kupferfarben im Sonnenuntergang. Während er seitlich an dem Drachen vorbeispähte, schien die Landschaft größer zu werden, und mehr Einzelheiten waren zu sehen, und er überlegte, ob die blitzenden Spiegelungen des Sonnenlichts dem Drachen eingegeben hatten, dass dort unten frisches Wasser war.

Der Drache flog immer weiter in die Tiefe, in großen, spiralförmigen Kreisen, und wie es schien, steuerte er auf einen der kleineren Seen zu.

»Ich würde sagen, wir springen runter, wenn er niedrig genug ist!«, rief Harry nach hinten den anderen zu. »Direkt ins Wasser, bevor er merkt, dass wir da sind!«

Sie stimmten zu, Hermine etwas zaghaft. Und nun konnte Harry den breiten gelben Bauch des Drachen im Wellengekräusel auf dem Wasser erkennen.

»JETZT!«

Er rutschte über die Flanke des Drachen und stürzte mit den Füßen voraus auf die Seeoberfläche zu; er fiel tiefer, als er geschätzt hatte, schlug hart auf dem Wasser auf und sank wie ein Stein in eine eiskalte, grüne Welt voller Schilf. Er strampelte sich mit den Füßen an die Oberfläche, und als er keuchend auftauchte, sah er, wie sich gewaltige Wellen kreisförmig dort ausbreiteten, wo Ron und Hermine hineingestürzt waren. Der Drache hatte offenbar überhaupt nichts bemerkt: Er war schon fünfzehn Meter weiter und rauschte tief über den See hinweg, um mit seiner narbigen Schnauze Wasser zu schöpfen. Als Ron und Hermine prustend und japsend aus den Tiefen des Sees auftauchten, flog der Drache weiter, mit mächtigem Flügelschlag, und landete schließlich an einem entfernten Ufer.

Harry, Ron und Hermine schwammen mit kräftigen Zügen los zum gegenüberliegenden Strand. Der See war offenbar nicht tief: Bald kämpften sie sich mehr durch Schilf und Schlamm, als dass sie schwammen, und schließlich plumpsten sie triefnass, atemlos und erschöpft in glitschiges Gras.

Hermine klappte hustend und schlotternd zusammen. Obwohl Harry sich am liebsten hingelegt und geschlafen hätte, stand er schwankend auf, zog seinen Zauberstab hervor und begann die üblichen Schutzzauber um sie herum aufzubauen.

Als er fertig war, ging er zu den anderen. Es war das erste Mal, seit sie aus dem Verlies geflohen waren, dass er sie richtig sah. Beide hatten schlimme rote Verbrennungen im ganzen Gesicht und an den Armen, und ihre Kleider waren stellenweise weggebrannt. Sie zuckten zusammen, während sie Diptam-Essenz auf ihre vielen Wunden tupften. Hermine reichte Harry das Fläschchen, dann zog sie drei Flaschen Kürbissaft hervor, die sie von Shell Cottage mitgebracht hatte, und saubere, trockene Umhänge für alle drei. Sie zogen sich um und tranken dann in großen Schlucken den Saft.

»Also, das Gute ist«, sagte Ron schließlich, während er dahockte und zusah, wie die Haut an seinen Händen nachwuchs, »wir haben den Horkrux. Das Schlechte -«

»- kein Schwert«, sagte Harry mit zusammengebissenen Zähnen, indes er Diptam durch das Brandloch in seiner Jeans auf die schmerzhafte Wunde darunter träufelte.

»Kein Schwert«, wiederholte Ron. »Dieses hinterhältige kleine Ekel ...«

Harry holte den Horkrux aus der Tasche der nassen Jacke, die er gerade ausgezogen hatte, und legte ihn ins Gras vor ihnen. Er glitzerte in der Sonne und lenkte ihre Blicke auf sich, während sie aus ihren Saftflaschen tranken.

»Wenigstens können wir ihn diesmal nicht um den Hals tragen, das würde ein bisschen komisch aussehen«, sagte Ron und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab.

Hermine spähte über den See zum anderen Ufer, wo der Drache nach wie vor Wasser trank.

»Was mit dem wohl passieren wird, was meint ihr?«, fragte sie. »Wird er durchkommen?«

»Du hörst dich an wie Hagrid«, sagte Ron. »Es ist ein Drache, Hermine, der wird schon zusehen, wo er bleibt. Wir müssen uns eher um uns selber Sorgen machen.«

»Was soll das heißen?«

»Also, ich weiß nicht, wie ich es euch beibringen soll«, sagte Ron, »aber ich glaube, denen könnte aufgefallen sein, dass wir in Gringotts eingebrochen sind.«

Alle drei begannen zu lachen, und nachdem sie einmal angefangen hatten, war es schwierig, wieder aufzuhören. Harry taten die Rippen weh, er fühlte sich schwindlig vor Hunger, doch er sank rücklings ins Gras unter dem immer röter werdenden Himmel und lachte, bis er einen rauen Hals hatte.

»Aber was sollen wir jetzt tun?«, sagte Hermine schließlich, die vor lauter Schluckauf wieder ernst geworden war. »Er wird es erfahren, oder?

Du-weißt-schon-wer wird erfahren, dass wir von seinen Horkruxen wissen!«

»Vielleicht haben sie zu viel Angst, um es ihm zu sagen?«, meinte Ron hoffnungsvoll. »Vielleicht verheimlichen sie es -«

Der Himmel, der Geruch des Seewassers, Rons Stimme, alles wurde ausgelöscht: Schmerz spaltete Harrys Kopf wie der Hieb eines Schwertes.

Er stand in einem spärlich beleuchteten Raum, ein Halbkreis aus Zauberern vor ihm, und auf dem Boden zu seinen Füßen kniete eine kleine, zitternde Gestalt.

»Was hast du da gesagt?« Seine Stimme war hoch und kalt, doch Zorn und Angst brannten in ihm. Das Einzige, was er befürchtet hatte – aber es konnte nicht wahr sein, er begriff nicht, wie ...

Der Kobold bebte, unfähig, dem Blick der roten Augen über ihm standzuhalten.

»Sag es noch einmal!«, murmelte Voldemort. »Sag es noch einmal!«

»M-mein Herr«, stammelte der Kobold, die schwarzen Augen vor Entsetzen geweitet, »m-mein Herr ... wir ha-haben versucht, sie auf-aufzuhalten ... Be-Betrüger, mein Herr ... brachen – brachen in das – in das Verlies der Le-Lestranges ein ... «

»Betrüger? Was für Betrüger? Ich dachte, Gringotts hätte Mittel und Wege, Betrüger zu enttarnen? Wer waren sie?«

»Es war ... es war ... der P-Potter-Junge u-und zwei Kom-Komplizen ...«

»Und was haben sie gestohlen?«, fragte er mit anschwellender Stimme, und eine schreckliche Angst ergriff ihn. »Sag es mir! Was haben sie gestohlen?«

»Ei-einen kleinen g-goldenen B-Becher, m-mein Herr ...«

Der Schrei voll Wut, voll Abwehr entfuhr ihm, als wäre es der Schrei eines Fremden: Er war wahnsinnig, tobte, es konnte nicht wahr sein, es war unmöglich, niemand hatte je davon gewusst: Wie war es möglich, dass der Junge sein Geheimnis gelüftet hatte?

Der Elderstab peitschte durch die Luft, und grünes Licht flammte durch den Raum, der kniende Kobold rollte tot auf die Seite, die Zauberer, die es mit angesehen hatten, stoben in Panik davon: Bellatrix und Lucius Malfoy warfen andere über den Haufen, während sie zur Tür stürzten, und immer wieder sauste sein Zauberstab hinab, und die noch da waren, wurden ermordet, sie alle, weil sie ihm diese Nachricht überbracht hatten, weil sie von dem goldenen Becher erfahren hatten -

Allein zwischen den Toten, ging er mit stürmischen Schritten auf und ab, und vor seinem geistigen Auge tauchten sie der Reihe nach auf: seine Kostbarkeiten, seine Sicherheiten, seine Anker zur Unsterblichkeit – das Tagebuch war zerstört und der Becher war gestohlen; was wäre, wenn, was wäre, wenn der Junge von den anderen wusste? Konnte er davon wissen, hatte er schon etwas unternommen, hatte er noch mehr von ihnen aufgespürt? Steckte Dumbledore dahinter? Dumbledore, der ihn immer verdächtigt hatte, Dumbledore, dessen Tod er befohlen hatte, Dumbledore, dessen Zauberstab nun ihm gehörte, der jedoch aus der Schmach des Todes heraus handelte, durch den Jungen, den Jungen -

Aber wenn der Junge einen der Horkruxe zerstört hätte, dann hätte er, Lord Voldemort, dies doch sicher erfahren, dies gespürt? Er, der größte Zauberer von allen, er, der mächtigste, der Mörder Dumbledores und ungezählter anderer bedeutungsloser, namenloser Menschen: Wie konnte Lord Voldemort es nicht erfahren haben, wenn er, er selbst, wichtig und wertvoll, wie er war, angegriffen, verstümmelt worden war?

Gewiss, er hatte es nicht gespürt, als das Tagebuch zerstört worden war, doch er hatte geglaubt, dies hätte daran gelegen, dass er keinen Körper gehabt hatte, der empfinden konnte, da er doch geringer als ein Gespenst gewesen war ... nein, die anderen waren ganz bestimmt in Sicherheit ... die anderen Horkruxe mussten unversehrt sein ...

Doch er musste es wissen, er musste sicher sein ... Er durchschritt den Raum, stieß im Vorbeigehen die Leiche des Kobolds beiseite, und die Bilder verschwammen und loderten in seinem brodelnden Kopf: der See, die Hütte und Hogwarts -

Ein Quäntchen Ruhe kühlte nun seinen Zorn: Woher sollte der Junge wissen, dass er den Ring in der Hütte der Gaunts versteckt hatte? Niemand hatte je gewusst, dass er mit den Gaunts verwandt war, er hatte die Verbindung geheim gehalten, die Morde waren nie mit ihm in Zusammenhang gebracht worden: Der Ring war zweifelsohne sicher.

Und wie konnte der Junge oder sonst jemand von der Höhle erfahren oder ihren Schutz durchbrochen haben? Der Gedanke, dass das Medaillon gestohlen sein konnte, war absurd ...

Und was die Schule anging: Er allein wusste, wo in Hogwarts er den Horkrux untergebracht hatte, denn er allein war bis in die tiefsten Geheimnisse dieses Ortes vorgedrungen ...

Und da war immer noch Nagini, die jetzt in seiner Nähe bleiben musste, unter seinem Schutz, die er nicht mehr fortschicken durfte, um seine Befehle auszuführen ...

Doch um sich Gewissheit zu verschaffen, völlige Gewissheit, musste er zu jedem seiner Verstecke zurückkehren, er musste den Schutz um jeden seiner Horkruxe verdoppeln ...

eine Aufgabe, die er, wie die Suche nach dem Elderstab, allein bewältigen musste ...

Welchen sollte er zuerst aufsuchen, welcher war in der größten Gefahr?

Ein altes Unbehagen flackerte in ihm auf. Dumbledore hatte seinen zweiten Vornamen gekannt ... Dumbledore hätte möglicherweise die Verbindung zu den Gaunts herleiten können ... ihr verlassenes Haus war vielleicht das unsicherste seiner Verstecke, dieses würde er zuerst aufsuchen ...

Der See, gewiss unmöglich ... doch gab es den Hauch einer Möglichkeit, dass Dumbledore über das Waisenhaus von einigen seiner frühen Untaten erfahren haben könnte.

Und Hogwarts ... aber er wusste, dass sein Horkrux dort sicher war, es würde für Potter unmöglich sein, Hogsmeade zu betreten, ohne dass er entdeckt würde, geschweige denn die Schule. Dennoch, die Vorsicht gebot es, Snape davor zu warnen, dass der Junge vielleicht versuchen würde, wieder in das Schloss zu gelangen ... Snape zu sagen, warum der Junge zurückkehren könnte, wäre natürlich töricht; es war ein schwerwiegender Fehler gewesen, Bellatrix und Malfoy zu vertrauen: Bewiesen ihre Dummheit und ihre Nachlässigkeit nicht, wie unklug es war, überhaupt jemandem zu vertrauen?

Er würde also die Hütte der Gaunts zuerst aufsuchen und Nagini mitnehmen: Er würde sich nicht mehr von der Schlange trennen ... Und er schritt aus dem Raum, durch die Halle und hinaus in den dunklen Garten, wo der Brunnen plätscherte; er rief die Schlange auf Parsel, und sie glitt hervor und schloss sich ihm an wie ein langer Schatten ...

Harrys Augen flogen auf, als er sich zwang, in seine Gegenwart zurückzukehren: Er lag in der untergehenden Sonne am Seeufer, und Ron und Hermine sahen auf ihn herab. Ihren besorgten Mienen und seiner immer noch pochenden Narbe nach zu schließen, war sein plötzlicher Ausflug in Voldemorts Geist nicht unbemerkt geblieben. Er kämpfte sich mühsam hoch, zitternd und halb überrascht, dass er nach wie vor nass bis auf die Haut war, und sah den Becher, der unschuldig vor ihm im Gras lag, und den tiefblauen See, der in der versinkenden Sonne golden schimmerte.

»Er weiß es.« Seine eigene Stimme kam ihm nach Voldemorts schrillen Schreien fremd und leise vor. »Er weiß es, und er prüft jetzt nach, ob die anderen noch da sind, und der letzte«, er war schon auf den Beinen, »ist in Hogwarts. Ich wusste es. Ich wusste es.«

»Was?«

Ron starrte ihn mit offenem Mund an; Hermine richtete sich mit besorgtem Gesicht auf und kniete sich hin.

»Aber was hast du gesehen? Woher weißt du das?«

»Ich hab gesehen, wie er das mit dem Becher erfahren hat, ich – ich war in seinem Kopf, er ist -«, Harry erinnerte sich an die Morde, »er ist unglaublich wütend, und er hat auch Angst, er kann nicht begreifen, wie wir es rausgefunden haben, und jetzt will er nachprüfen, ob die anderen sicher sind, beim Ring zuerst. Er glaubt, dass der in Hogwarts am sichersten ist, weil Snape dort ist, weil es so schwierig sein würde, unbemerkt dort reinzukommen, ich glaube, bei dem sieht er zuletzt nach, aber er könnte trotzdem in ein paar Stunden dort sein -«

»Hast du gesehen, wo in Hogwarts er versteckt ist?«, fragte Ron, der sich nun ebenfalls hochrappelte.

»Nein, er war ganz darauf konzentriert, Snape zu warnen, er hat nicht daran gedacht, wo genau er ist -«

»Wartet, wartet!«, schrie Hermine, als Ron den Horkrux aufhob und Harry den Tarnumhang wieder hervorzog. »Wir können nicht einfach losgehen, wir haben keinen Plan, wir müssen -«

»Wir müssen aufbrechen«, sagte Harry entschieden. Er hatte gehofft, schlafen zu können, hatte sich darauf gefreut, in das neue Zelt zu schlüpfen, aber das war jetzt ausgeschlossen. »Könnt ihr euch vorstellen, was er tun wird, sobald er erkennt, dass der Ring und das Medaillon fort sind? Was, wenn er den Horkrux aus Hogwarts herausholt, weil er zu dem Schluss kommt, dass er nicht sicher genug ist? «

»Aber wie sollen wir dort reinkommen?«

»Wir gehen nach Hogsmeade«, sagte Harry, »und versuchen uns was auszudenken, sobald wir sehen, welche Schutzmaßnahmen es rund um die Schule gibt. Komm unter den Tarnumhang, Hermine, ich will, dass wir diesmal zusammenbleiben.«

»Aber wir passen nicht richtig -«

»Es wird dunkel sein, niemand wird unsere Füße bemerken.«

Über das schwarze Wasser hallte das Echo gewaltiger Flügelschläge: Der Drache hatte seinen Durst gestillt und war in die Luft gestiegen. Sie hielten in ihren Vorbereitungen inne und schauten zu, wie er immer höher stieg, nun schwarz vor dem rasch dunkler werdenden Himmel, bis er über einem nahen Berg verschwand. Dann trat Hermine heran und nahm ihren Platz zwischen den beiden anderen ein. Harry zog den Tarnumhang, so weit es ging, hinunter, und gemeinsam wirbelten sie auf der Stelle herum, in die drückende Dunkelheit hinein.