"Die schwarze Bruderschaft" - читать интересную книгу автора (Хольбайн Вольфганг)DIE SCHWARZE RUDERSCHAFTWOLFGANG HOHLBEIN KAPIT#196;N NEMOS KINDER DIE SCHWARZE BRUDERSCHAFT UEBERREUTER Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Hohlbein, Wolfgang: Kapit#228;n Nemos Kinder / Wolfgang Hohlbein. - Wien: Ueberreuter Die schwarze Bruderschaft. - 1995 ISBN 3-8000-2413-6 J 2215/1 Alle Rechte vorbehalten Umschlag von Doris Eisenburger Copyright (C) 1995 by Verlag Carl Ueberreuter Printed in Germany 1357642 Thema Science Fiction und Phantasie. Au#223;erdem erhielt dieser Titel 1983 den »Phantasie-Preis der Stadt Wetzlar« und den »Preis der Leseratten«. In der Reihe »Kapit#228;n Nemos Kinder« bisher erschienen: Die Vergessene Insel Das M#228;dchen von Atlantis Die Herren der Tiefe Im Tal der Giganten Das Meeresfeuer Die Schwarze Bruderschaft Weitere B#228;nde in Vorbereitung. Die Nautilus liegt in Alexandria vor Anker. Mike und seine Freunde erholen sich von ihrem letzten Abenteuer, Trautman und Singh versuchen, das besch#228;digte U-Boot zu reparieren, der Kater Astaroth h#228;lt das Hotelpersonal mit seinen Streichen in Trab. Lady Grandersmith, die sich im Hotel mit den Jugendlichen angefreundet hat, l#228;dt sie in ihr Haus in der N#228;he der Pyramiden ein. Doch bald wird ihnen klar, da#223; sie Gefangene sind. Lady Grandersmith will so die Besatzung der Nautilus zwingen, mit ihr zum Wrack der Titanic zu tauchen, um einen geheimnisvollen Schatz zu bergen. Die Nautilus ist soweit wiederhergestellt, da#223; sie diese Tauchfahrt wagen kann. Mit an Bord gehen auch Hasim und Yasal, die Leibw#228;chter Lady Grandersmith', zwei unheimliche, v#246;llig in Schwarz gekleidete Gestalten, die keiner je sprechen h#246;rt und deren Gedanken f#252;r Astaroth nicht zu lesen sind. Sie geh#246;ren zur Schwarzen Bruderschaft, einem geheimnisvollen Beduinenstamm, und scheinen ebenfalls gro#223;es Interesse an der Titanic zu haben. Als sie das Wrack des m#228;chtigen Schiffes erreichen, entdecken Mike und seine Freunde nicht nur, weshalb dieser Schatz so wertvoll ist, sondern auch, wer wirklich hinter der Schwarzen Bruderschaft steckt... Mike hob die Hand #252;ber die Augen und blinzelte in das grelle, fast wei#223;e Licht der Sonne, die als gl#252;hende Scheibe hoch am Himmel #252;ber Kairo stand und die Stadt mit unertr#228;glicher Hitze und fast ebenso unertr#228;glicher Helligkeit #252;bersch#252;ttete. Obwohl er erst vor wenigen Stunden aufgestanden war, f#252;hlte er sich schon wieder m#252;de. Dabei konnte er sich kaum daran erinnern, jemals so viel geschlafen zu haben wie in den drei Tagen, die seit ihrer Ankunft hier vergangen waren. Die Zeit, die hinter ihnen lag, war sehr anstrengend gewesen. Seit ihrem Abenteuer am Polarkreis -bei dem es um nicht weniger als die Rettung fast der gesamten menschlichen Zivilisation gegangen war! waren gute zwei Monate verstrichen. Kapit#228;n Nemos ber#252;hmtes Unterseeboot war wenig mehr als ein Wrack gewesen, als es Trautman endlich gelungen war, es aus dem unterseeischen Mahlstrom herauszuman#246;vrieren, in den es von der Explosion der LEOPOLD hineingeschleudert worden war. Die NAUTILUS war ein phantastisches Schiff; obwohl mehr als zehntausend Jahre alt, war ihre Technik der der #252;brigen Menschheit doch um Jahrhunderte, wenn nicht um Jahrtausende voraus. Aber der Kampf gegen Winterfeld und seine Piratenflotte hatte das Schiff st#228;rker in Mitleidenschaft gezogen, als sie im ersten Moment gemerkt hatten. W#228;hrend der vergangenen Monate hatten Trautman, Singh und alle anderen fast ununterbrochen an der NAUTILUS gearbeitet -sie hatten repariert, ausgetauscht, improvisiert, umgebaut... Aber nun war es geschafft. Die NAUTILUS war bis auf einige wenige Kleinigkeiten #252;berholt, und was fehlte, das besorgten Singh und Trautman gerade irgendwo dort drau#223;en in der pulsierenden Millionenstadt. Es war Mike zwar ein R#228;tsel, woher Trautman ausgerechnet in Kairo Ersatzteile f#252;r die NAUTILUS bekommen wollte, aber w#228;hrend der letzten drei Tage hatten Singh und er doch Kisten, Kartons und in T#252;cher gewickelte B#252;ndel voll merkw#252;rdiger Dinge herbeigeschleppt, und Mike hatte schlie#223;lich aufgeh#246;rt zu fragen, woher all dies stammte. Wenn er eines #252;ber Trautman wu#223;te, dann, wie sinnlos es war, ihm Fragen #252;ber etwas zu stellen, #252;ber das er nicht reden wollte. Was z#228;hlte, war, -aber sie machten Urlaub. Mike hatte es aufgegeben, sich den Kopf dar#252;ber zu zerbrechen, wie sie ihre Beute an Bord der NAUTILUS zur#252;ckbringen wollte. Das Schiff lag in Alexandria vor Anker, und sie waren mit einer der zahlreichen F#228;hren den Nil herauf nach Kairo gekommen. Wenn Serena so weitermachte, w#252;rden sie wohl einen Lastkahn mieten m#252;ssen. Mike entging der sp#246;ttische Ton in der Stimme des Katers keineswegs, obwohl sie nur in seinem Kopf erscholl, und auch in diesem Punkt konnte er Astaroth sehr gut verstehen -auch ihm war es ein R#228;tsel, wieso jemand, der die letzten drei Jahre an Bord eines Unterseebootes verbracht hatte und somit st#228;ndig von Wasser umgeben war, Spa#223; daran haben konnte, den ganzen Tag in der Sonne zu liegen und zu schwimmen! Was Chris und den jungen Spanier jedoch keineswegs daran hinderte, genau das zu tun. Aber wahrscheinlich, dachte Mike, wundern sich die beiden umgekehrt genauso #252;ber mich, der ich die letzten drei Tage mit nichts anderem als Nichtstun verbracht habe. Jeder hatte eben seine eigene Art, sich zu erholen. Mike sah auf die Uhr, die hinter dem Kater an der Wand hing. Es war fast Mittag. Er war zwar kein bi#223;chen hungrig, aber er wu#223;te, da#223; Trautman und Singh normalerweise um diese Zeit von ihrem vormitt#228;glichen Beutezug zur#252;ckkehrten, ebenso wie Serena - und auch wenn er es vor den anderen niemals laut zugegeben h#228;tte, so gab es zwischen ihm und Astaroth doch noch eine weitere Gemeinsamkeit: Auch er f#252;hlte sich wohler, wenn er in Serenas N#228;he war. Bei dem Gedanken, da#223; sie ganz allein in den Basaren der Stadt herumstrolchte, war ihm am ersten Tag hei#223; und kalt geworden, und er hatte darauf bestanden, sie zu begleiten. Am zweiten Tag nicht mehr. Kairo war zweifellos ein gef#228;hrliches Pflaster f#252;r ein f#252;nfzehnj#228;hriges M#228;dchen, aber nachdem er ihr stundenlang dabei zugesehen hatte, wie sie Stoffe und Kleider bewunderte, Schmuck begutachtete und darum und um anderen vorstellbaren (und unvorstellbaren) Krempel mit wachsender Begeisterung feilschte Mike blickte ihn mit #252;bertriebener Feindseligkeit an. »Schn#252;ffelst du schon wieder in meinen Gedanken herum?« fragte er scharf. »Bl#246;dsinn!« antwortete Mike #228;rgerlich. »Das ist dasselbe! Du solltest allm#228;hlich wissen, da#223; ich es hasse, wenn du meine Gedanken liest!« Mike zog es vor, diese Bemerkung zu ignorieren, drehte sich vollends um und ging mit schnellen Schritten an Astaroth vorbei zur T#252;r. Als er das Hotelzimmer verlie#223;, w#228;re er um ein Haar mit einer Gestalt zusammengeprallt, die unmittelbar vor der T#252;r stand. Mike fuhr erschrocken zur#252;ck und setzte zu einer geharnischten Bemerkung an, aber dann sah er, um wen es sich handelte, und statt w#252;tend zu werden, starrte er sie verbl#252;fft an. Es war eine vielleicht vierzigj#228;hrige, schlanke Frau, die sehr elegant gekleidet war und einen gro#223;en Hut mit einem hauchd#252;nnen Schleier trug. Sie stand so dicht -und in eindeutiger Haltung! vor seiner Zimmert#252;r, da#223; gar kein Zweifel daran bestehen konnte, da#223; sie gelauscht hatte; etwas, worauf Mike normalerweise ziemlich #228;rgerlich reagiert h#228;tte. Vielleicht lag es an dem beengten Leben, das sie notgedrungen auf der NAUTILUS f#252;hren mu#223;ten, aber ihnen allen war ihre Privatsph#228;re heilig. Ungefragt darin einzudringen oder einen anderen gar zu belauschen, das w#228;re Mike und den #252;brigen Besatzungsmitgliedern der NAUTILUS niemals in den Sinn gekommen. Wenn sie nicht gerade Astaroth hie#223;en... »Ich... habe mit Astaroth gesprochen«, antwortete Mike ausweichend. Er fragte sich immer noch, warum Lady Grandersmith an seiner Zimmert#252;r gelauscht haben mochte bestimmt nicht, um Serena und ihn zum Essen abzuholen. Vielleicht sehe ich auch nur Gespenster, dachte er #228;rgerlich. Sie ist nichts als eine freundliche, harmlose Frau, die wahrscheinlich Anschlu#223; sucht, weil sie einsam ist. H#246;r auf, in jedermann einen Spion zu sehen! Das war ein Problem, mit dem er in letzter Zeit sowieso immer mehr zu k#228;mpfen hatte. Seit sie das Erbe seines Vaters angetreten hatten und mit der NAUTILUS auf gro#223;e Fahrt gegangen waren, befanden sie sich praktisch ununterbrochen auf der Flucht - mal vor Winterfeld, mal vor der englischen Marine, mal vor pr#228;historischen Ungeheuern aus Serenas Vergangenheit; und vor allem davor, entdeckt zu werden. Die NAUTILUS war viel zu gef#228;hrlich, um in falsche H#228;nde zu geraten, und die Erfahrung hatte Mike und die anderen gelehrt, da#223; sie kaum einem Menschen wirklich trauen konnten. Trotzdem mu#223;te er aufpassen. Jedem Menschen zu mi#223;trauen, das war auf die Dauer sicher ebenso falsch, wie zu vertrauensselig zu sein. Er entschuldigte sich in Gedanken bei Lady Grandersmith und zwang sich zu einem L#228;cheln. »Ich komme gern mit. Serena ist in der Stadt und kauft ein. Aber sie mu#223; bald zur#252;ckkommen. « »Dann k#246;nnen wir ja gemeinsam auf sie warten«, schlug Lady Grandersmith vor. »Nimm deinen kleinen Freund ruhig mit. « Sie deutete auf Astaroth, der schr#228;g hinter Mike sa#223; und sie beide aus seinem einzigen Auge aufmerksam musterte. Auf seinem Katergesicht zeigte sich keine Regung, aber seine Ohren zuckten leicht, und Lady Grandersmith erwies sich als ausgezeichnete Beobachterin, denn sie sagte: »Ich glaube, das hat er verstanden. « Hotelk#252;che aufgest#246;bert und zur Strecke gebracht - aber er hatte dabei auch einen Gutteil der Inneneinrichtung kaputtgemacht, den Chefkoch und zwei seiner Gehilfen gekratzt und den Sch#228;ferhund des Hotelbesitzers so verdroschen, da#223; das arme Tier sich zwei Tage lang verkrochen hatte. Lady Grandersmith lachte schallend. »Ach das! Das ist doch l#228;ngst vergessen. Und wenn nicht - nur keine Sorge. Der Hotelbesitzer ist ein Freund von mir, ich regele das schon. Deine Katze wird ja ganz tr#252;bsinnig, wenn du sie dauernd hier im Zimmer gefangenh#228;ltst. « »Also, ich wei#223; nicht... « sagte Mike. Astaroth kam mit steil aufgestelltem Schwanz herangeschlendert, rieb sich an seinen Beinen und blickte ihn flehend an. Dabei miaute er so herzzerrei#223;end, da#223; Mike sich vornahm, ihn f#252;r diese schauspielerische Meisterleistung f#252;r die n#228;chste Preisverleihung nominieren zu lassen. »Siehst du? Ich glaube, er versteht mich wirklich! Und jetzt komm. Ich habe Hunger -und dir spendiere ich eine Riesenportion Eis!« Lady Grandersmith ergriff ihn lachend am Arm und zog ihn einfach mit sich. Sie war jetzt keine ertappte S#252;nderin mehr, sondern wieder ganz die vor Lebenslust spr#252;hende Frau, als die Mike sie kennengelernt hatte. Ehe er es sich versah, hatte sie ihn bereits am Arm hinter sich her und den halben Weg zum Aufzug hingezogen. »Aber... ich mu#223; wenigstens die T#252;r... « stammelte Mike, kam aber auch diesmal nicht dazu, seinen Satz zu Ende zu bringen. »Keine Sorge«, unterbrach ihn Lady Grandersmith. »Yasal! Schlie#223; bitte Mikes T#252;r - und bring das K#228;tzchen mit!« Von der Wand des Flures l#246;ste sich eine hochgewachsene, dunkle Gestalt. Yasal und sein Bruder Hasim geh#246;rten so unverzichtbar zu Lady Grandersmith wie ihr Schleierhut und ihre st#228;ndige gute Laune. Die beiden schwarzgekleideten Beduinen waren Lady Grandersmith' st#228;ndige Begleiter -wie sie selbst sagte, Diener, K#246;che, Chauffeure, Leibw#228;chter und #252;berhaupt M#228;dchen f#252;r alles in einem. Es waren ziemlich unheimliche Gesellen. Sie trugen lange schwarze Gew#228;nder, und ihre Gesichter verbargen sich hinter schwarzen T#252;chern, die nur die Augen freilie#223;en, und Mike hatte niemals einen der beiden reden h#246;ren. Sie bewegten sich so lautlos und schnell wie Schatten, was bei Mike immer ein leichtes Fr#246;steln verursachte. Auch jetzt bewegte sich Yasal, ohne das geringste Ger#228;usch zu verursachen. Er glitt auf die Zimmert#252;r zu, zog sie ins Schlo#223; und wandte sich dann um, um sich nach Astaroth zu b#252;cken. Der Kater wich seinen H#228;nden mit einer eleganten Bewegung aus und rannte dann los, um Mike und Lady Grandersmith einzuholen. Er huschte durch die T#252;r, gerade als sich der Aufzug schlo#223;. Er mochte Yasal und seinen Bruder nicht, das wu#223;te Mike, wahrscheinlich aus demselben Grund wie er. Auch er empfand ein leises Schaudern beim Anblick der h#252;nenhaften, vollkommen schwarzen Gestalt, die sich jetzt herumdrehte und mit raschen Schritten zur Treppe ging, um schneller im Erdgescho#223; anzukommen als sie und unten bereits auf den Aufzug zu warten. Irgend etwas Sie trafen Juan und Chris am Swimmingpool des Hotels, ganz wie Astaroth gesagt hatte. Chris planschte wie #252;blich im Wasser. Juan l#252;mmelte in einem Liegestuhl und hielt ein riesiges Glas Orangensaft in der Hand, aus dem ein Strohhalm herausragte. Er trug nichts als eine Badehose und einen gro#223;en Panamahut. Mike grinste fl#252;chtig, als er den Spanier so am Rande des Schwimmbeckens gewahrte. Vermutlich bildete sich Juan ein, besonders weltm#228;nnisch auszusehen, aber das Gegenteil war der Fall. »Hallo, Don Juan!« Lady Grandersmith l#228;chelte Juan fr#246;hlich zu, wobei sie dessen mi#223;billigendes Stirnrunzeln gar nicht zu bemerken schien. Aber Mike wu#223;te, da#223; ihr selten etwas entging, schon gar nicht die Tatsache, da#223; sich Juan dar#252;ber #228;rgerte, wenn sie ihn so nannte. »Hallo, Lady Grandersmith«, antwortete er einsilbig. »Mike und ich sind hungrig«, fuhr Lady Grandersmith unger#252;hrt fort. »Wir wollen gemeinsam eine Kleinigkeit essen -habt ihr nicht Lust, uns zu begleiten?« Juan sah nicht so drein, als h#228;tte er zu irgend etwas anderem Lust, als weiter in seinem Liegestuhl zu bleiben, aber jetzt tauchte Chris aus dem Pool auf, stemmte sich prustend aus dem Wasser und nickte als Zustimmung, so da#223; Juan gar keine Gelegenheit fand, zu protestieren. »Warum nicht?« sagte er statt dessen. »Es wird sowieso Zeit. Singh und Trautman m#252;ssen bald zur#252;ckkommen. « Als sie gemeinsam auf das Restaurant zugingen, das auf der anderen Seite des weitl#228;ufigen Hotelhofes lag, hatte Mike pl#246;tzlich keine Lust mehr, mit Lady Grandersmith zu essen, auch nicht, sich mit ihr zu unterhalten. Er f#252;hlte sich sogar #228;u#223;erst unbehaglich in ihrer N#228;he, und er wu#223;te sofort, warum. Yasal. Mike hatte bisher noch nie so deutlich gesp#252;rt, was f#252;r eine unheimliche Atmosph#228;re ihn umgab, und als er in Juans und Chris' Gesichter sah, glaubte er zu erkennen, da#223; sie dasselbe f#252;hlten. »Heute ist m#246;glicherweise unser letzter Tag«, sagte Juan unvermittelt. »Wie?« Mike schreckte hoch. Juan nickte und wiederholte: »Vielleicht reisen wir morgen fr#252;h schon ab. « »Wieso denn das?« fragte Mike. Juan seufzte. »Trautman hat fast alles beisammen, was er braucht, um unsere Reisevorbereitungen zu treffen. Ihm fehlen nur noch ein oder zwei Kleinigkeiten, und er hofft, da#223; er sie heute auftreiben kann. H#228;ttest du nicht den halben Vormittag verschlafen, sondern zusammen mit uns gefr#252;hst#252;ckt, w#252;#223;test du es. Wir haben heute Morgen dar#252;ber gesprochen. « Mike war etwas entt#228;uscht. Sie hatten zwar nie eindeutig dar#252;ber geredet, aber er hatte ganz selbstverst#228;ndlich angenommen, da#223; sie l#228;nger in Kairo bleiben w#252;rden. »Aber wir haben doch noch gar nichts von der Stadt gesehen!« wandte er ein. Juan zuckte mit den Schultern und wollte etwas entgegnen, aber Lady Grandersmith kam ihm zuvor: »Es ist schade, da#223; ihr schon abreisen wollt. Mike hat Recht -ihr habt bisher nichts von Kairo gesehen, ganz zu schweigen von den anderen Sehensw#252;rdigkeiten, die dieses herrliche Land bietet. Seid ihr #252;berhaupt bei den gro#223;en Pyramiden gewesen?« Juan sch#252;ttelte den Kopf, und Lady Grandersmith sagte: »Also, die m#252;#223;t ihr euch unbedingt ansehen, bevor ihr die Stadt verla#223;t. Kairo zu besuchen, ohne die Pyramiden zu sehen, ist eine Tods#252;nde! Ich werde gleich nachher mit Mister Trautman dar#252;ber reden. « Juan atmete h#246;rbar ein. »Ich glaube nicht, da#223; -« In diesem Moment betraten sie das Hotelrestaurant, und die Katastrophe nahm ihren Lauf. Mike begriff sofort, was geschehen w#252;rde, als sein Blick durch den Saal flog, der zu dieser Stunde bis auf den letzten Platz gef#252;llt war, und an dem Schreibtisch am anderen Ende des Restaurants h#228;ngenblieb, an dem der Hotelmanager sa#223; - und an dem langhaarigen deutschen Sch#228;ferhund, der neben ihm auf den Mosaikfliesen vor sich hin d#246;ste. »O nein!« murmelte Mike, aber es war bereits zu sp#228;t. Astaroth hatte unmittelbar hinter ihm und Lady Grandersmith das Restaurant betreten und ebenfalls sofort den Hund ersp#228;ht. Mike b#252;ckte sich nach dem Kater, um ihn festzuhalten, aber Astaroth schl#252;pfte mit einer flinken Bewegung unter seinen H#228;nden weg und raste los. Mike sah, wie die Augen des Hotelmanagers gro#223; wurden. Sein Gesicht f#228;rbte sich in einer einzigen Sekunde bleich, dann puterrot und dann schneewei#223;. Der Hund, der den Kopf auf die Vorderpfoten gebettet hatte, fuhr mit einem Ruck hoch, erkannte den schwarzen Riesenkater, der auf ihn zuscho#223;, und stie#223; ein #252;berraschtes Heulen aus. Dann sprang er auf und raste mit Riesens#228;tzen davon, wobei er wieder ein Heulen ausstie#223;, als w#228;ren s#228;mtliche Furien der H#246;lle auf einmal hinter ihm her. »0 nein!« keuchte Mike noch einmal. Und dann schrie er: »Astaroth! Nein! Komm zur#252;ck!« Astaroth w#228;re nicht Astaroth gewesen, h#228;tte er auch nur im Geringsten auf diesen Befehl reagiert. Wie ein pelziger schwarzer Ball galoppierte er hinter dem Hund her, der hakenschlagend zwischen den Tischen hindurchfl#252;chtete. Astaroth kannte solche Hemmungen nicht. Er jagte in gerader Linie seinem Opfer nach, wobei er r#252;cksichtslos #252;ber St#252;hle, Tische oder auch #252;ber Hotelg#228;ste hinwegsetzte. Eine Spur aus zerrissenen Tischdecken, zerbrechendem Geschirr und hastig aufspringenden Menschen markierte den Weg, den die beiden Tiere durch das Restaurant nahmen. »Astaroth!« schrie Mike verzweifelt und begann ihm nachzulaufen. »La#223; den Hund in Ruhe!« Der Sch#228;ferhund rannte nun ebenfalls ohne R#252;cksicht Tische, St#252;hle und alles, was sich in seinem Weg befand, einfach um, und nicht nur ein Hotelgast landete aufschreiend oder lauthals fluchend auf dem Boden. Mike sah aus den Augenwinkeln, wie der Hotelmanager zur Verfolgung der beiden Tiere ansetzte, und auch Chris und Juan riefen nach dem Kater und liefen ebenfalls los. Aber sie vergr#246;#223;erten damit nur das allgemeine Chaos. Mike prallte gegen einen Mann, der #252;berrascht von seinem Stuhl hochgesprungen war, und w#228;re wohl gest#252;rzt, w#228;re nicht in diesem Moment Juan von hinten in ihn hineingerannt. Der Zusammenprall nahm ihm die Luft, und er mu#223;te mit aller Gewalt um sein Gleichgewicht k#228;mpfen. Als er wieder aufblickte, sah er, wie der Sch#228;ferhund auf die gro#223;e metallbeschlagene Pendelt#252;r zujagte, hinter der die K#252;che lag. Als er sie fast erreicht hatte, wurde die T#252;r ge#246;ffnet, und ein Kellner mit einem hochbeladenen Tablett trat heraus. Er machte einen energischen Schritt, um der zur#252;ckpendelnden T#252;r mit jahrelanger Routine auszuweichen, doch in diesem Moment prallte der Hund gegen seine Beine. Mensch und Tier stolperten in entgegengesetzten Richtungen davon. Der Hund schlitterte #252;ber die glatten Bodenfliesen und verschwand heulend in der K#252;che, w#228;hrend der Kellner gegen die Wand st#252;rzte und mit fast komisch anmutenden Bewegungen sein Tablett festzuhalten versuchte. Dann jagte Astaroth heran, flitzte direkt zwischen seinen Beinen hindurch und verschwand hinter dem Sch#228;ferhund in der K#252;che. Der Mann verlor endg#252;ltig das Gleichgewicht und kippte mit einem schrillen Schrei nach vorne. Das Tablett flog ihm aus den H#228;nden und sch#252;ttete seinen Inhalt #252;ber den Hotelmanager aus, der das Pech hatte, gerade in diesem Augenblick anzukommen. Inmitten eines Hagelschauers aus dampfender Fleischbr#252;he, zerbrechendem Geschirr, Salat, Saucen, fliegenden Brotscheiben, splitterndem Glas und ger#246;steter Kartoffeln st#252;rzte der Mann zu Boden. Mike schenkte ihm kaum einen Blick. Er sprang kurzerhand #252;ber ihn hinweg, stie#223; die Pendelt#252;r mit der Schulter auf -und blieb wie vom Donner ger#252;hrt stehen. Er konnte Astaroth und den Hund von hier aus nicht sehen -aber ihre Spur war deutlich zu erkennen: T#246;pfe und Geschirr flogen in hohem Bogen durch die Luft, #252;berall schepperte und klirrte es, und mehr als ein Angeh#246;riger des K#252;chenpersonals brachte sich mit einem entsetzten Sprung in Sicherheit, um nicht von den beiden au#223;er Rand und Band geratenen Tieren #252;ber den Haufen gerannt zu werden. »Astaroth!« schrie Mike. Der Kater und der Sch#228;ferhund hatten mittlerweile das gegen#252;berliegende Ende der K#252;che erreicht, und als Mike losst#252;rmte, machte der Hund kehrt und versuchte hakenschlagend wieder aus der K#252;che hinauszurennen -wobei er eine zweite Spur der Verheerung durch den Raum zog. Mike versuchte den Punkt abzusch#228;tzen, an dem sein Kurs den des Hundes kreuzen w#252;rde, rannte geradewegs auf das Tier zu und streckte die Arme aus. Der vollkommen ver#228;ngstigte Hund schnappte nach ihm, aber damit hatte Mike gerechnet. Im letzten Moment zog er die H#228;nde zur#252;ck, warf sich zur Seite und sprang mit weit ausgestreckten Armen vor. Seine H#228;nde gruben sich in Astaroths Fell und versuchten ihn aufzuhalten. Astaroth fauchte w#252;tend. Sein Schwung war so gro#223;, da#223; Mike von den F#252;#223;en gerissen und hinter dem Kater hergeschleift wurde, ehe es ihm endlich gelang, Astaroth richtig zu packen. Selbst dann brauchte er all seine Kraft, um den w#252;tend um sich schlagenden Kater festzuhalten, und er handelte sich dabei etliche schmerzhafte Kratzer auf Gesicht und H#228;nden ein. Erst als er Astaroth mit beiden H#228;nden im Nacken ergriff und ihn wie ein kleines K#228;tzchen hochhob und hin und her sch#252;ttelte, h#246;rte der Kater auf, um sich zu schlagen und vor Wut zu spucken. Aber sein Fell war immer noch gestr#228;ubt, und er knurrte tief und drohend; beinahe mehr wie ein Hund als eine Katze. »H#246;rst du jetzt endlich auf?!« fragte Mike zornig. »Astaroth! Komm zu dir!« »Nur wenn du versprichst, vern#252;nftig zu sein!« antwortete Mike. »Was ist in dich gefahren? Hast du v#246;llig den Verstand verloren?« Er war w#252;tend auf den Kater wie selten zuvor. Astaroth war daf#252;r bekannt, sich gerne einmal einen derben Scherz zu erlauben, aber so toll wie heute hatte er es noch nie getrieben. »Benimmst du dich?« vergewisserte sich Mike. Mike setzte den Kater vorsichtig auf den Boden, l#246;ste aber nur eine Hand aus seinem Nackenfell und blieb bereit, jederzeit wieder fester zuzupacken. Dabei war er nicht sicher, ob er #252;berhaupt kr#228;ftig genug war, Astaroth festzuhalten, wenn es darauf ankam. Erst jetzt nahm Mike wieder bewu#223;t wahr, da#223; Astaroth und er nicht allein in der K#252;che waren. Er sah sich von mindestens einem Dutzend K#246;chen und Kellnern umringt, die w#252;tend gestikulierten und durcheinanderredeten. Manche hielten Messer, kleine Beile oder andere K#252;chenger#228;te in den H#228;nden, und der Ausdruck auf ihren Gesichtern verhie#223; nichts Gutes. Um nicht zu sagen: In dem einen oder anderen Augenpaar glaubte er so etwas wie Mordlust aufblitzen zu sehen... Hastige Schritte n#228;herten sich, und dann #252;bert#246;nte eine kr#228;ftige Stimme das Durcheinander. Mike erkannte sie sofort. Er hatte sie vor zwei Tagen schon einmal geh#246;rt, und da war sie fast ebenso aufgebracht und schrill gewesen wie jetzt. Er hatte die Worte damals wie heute nicht verstanden, aber das brauchte er auch nicht. Ein einziger Blick in das Gesicht des Hotelmanagers reichte vollkommen. Singh und Trautman kamen eine gute halbe Stunde sp#228;ter zur#252;ck, und was Trautman ihm zu sagen hatte, das verstand Mike sehr wohl. Irgendwie war es ihm gelungen, aus dem Hotelrestaurant zu entkommen, ohne vom aufgebrachten Personal oder dem Manager gelyncht zu werden, und sich in sein Zimmer zu fl#252;chten, aber jetzt fragte er sich, ob es vielleicht nicht besser gewesen w#228;re, in der K#252;che zu bleiben. Trautman hielt ihm n#228;mlich die sch#228;rfste Gardinenpredigt seines Lebens. Mike hatte den grauhaarigen Steuermann der NAUTILUS niemals so zornig erlebt wie jetzt. »... wirklich mehr Verantwortungsgef#252;hl von dir erwartet!« sagte Trautman gerade. »Du bist wirklich alt genug! Und nach dem letzten Vorfall habe ich dir doch deutlich gesagt, da#223; Astaroth hier im Zimmer zu bleiben hat!« »Aber ich -« begann Mike, wurde aber sofort von Trautman unterbrochen: »Dir ist anscheinend nicht klar, was ihr getan habt! Ich war von Anfang an dagegen, hierherzukommen, und wie es aussieht, hatte ich damit nur zu Recht. « Das stimmte. Mike und die anderen -allen voran Serena -hatten ihre gesamte #220;berredungskunst aufbieten m#252;ssen, um von Trautman die Erlaubnis zu diesem Ausflug nach Kairo zu bekommen. Trautman war zwar nicht der Kapit#228;n des Schiffes, auch nichtder Anf#252;hrer der Gruppe -so etwas gab es nicht -, aber als #196;ltester hatte er doch automatisch die Verantwortung f#252;r sie alle #252;bernommen, und nach ihrem letzten Versuch, irgendwo wie normale Menschen an Land zu gehen, der in einer Katastrophe und um ein Haar mit der Vernichtung der NAUTILUS geendet hatte, litt er geradezu unter der panischen Angst, entdeckt zu werden. »So schlimm war es doch gar nicht«, wiederholte Mike. Die Worte klangen nicht einmal in seinen eigenen Ohren #252;berzeugend, aber er fuhr trotzdem fort: »Es ist doch kaum etwas passiert. Ein bi#223;chen Geschirr ist zu Bruch gegangen, aber niemand wurde verletzt. Die Leute haben schallend gelacht. « »Gelacht?!« Trautmans Augen wurden gro#223;, und sein Gesicht sah aus, als tr#228;fe ihn jeden Moment der Schlag. »Mein lieber junger Freund, ich kann dir versichern, da#223; der Hotelmanager nicht gelacht hat! Und was die anderen angeht... Wir erregen sowieso schon genug Aufsehen, auch ohne da#223; du f#252;r einen Skandal sorgst, #252;ber den sp#228;testens morgen ganz Kairo spricht. « »Wie meinen Sie das?« erkundigte sich Mike. Trautman atmete h#246;rbar ein und fuhr dann mit etwas ruhigerer Stimme fort: »Nun, Singh und ich sind die letzten drei Tage in den Basaren unterwegs gewesen. Man spricht dort #252;ber uns. Ein alter Mann, ein Inder und f#252;nf Halbw#252;chsige, die in einem der besten Hotels der Stadt absteigen und von denen niemand wei#223;, wer sie sind und woher sie kommen, erregen nun einmal Aufsehen. Vor allem in diesen Zeiten. « »Aber wir sind doch nur ganz normale Touristen!« entgegnete Mike. Trautman lachte auf. »Drau#223;en in der Welt herrscht Krieg«, sagte er. »Jeder mi#223;traut jedem. Die Leute hier fangen bereits an, Fragen zu stellen. Ich m#246;chte so etwas wie in England nicht noch einmal erleben. Wir haben n#228;mlich das Gl#252;ck keineswegs gepachtet, wei#223;t du? Das n#228;chste Mal k#246;nnte es anders ausgehen. « Mike schwieg. Bis jetzt hatte Trautman es noch nie so offen ausgesprochen, aber Mike hatte gewu#223;t, wie sehr ihn die Geschichte am Polarkreis mitgenommen hatte. F#252;r Trautman waren sie wohl alle -selbst Serena -so etwas wie seine Kinder. Er redete niemals viel von seiner Vergangenheit, aber Mike wu#223;te, da#223; er der #228;lteste und wahrscheinlich einzige noch lebende Freund seines Vaters war und da#223; er es sich zur Aufgabe gemacht hatte, nicht nur die NAUTILUS, sondern auch ihn, Mike, Kapit#228;n Nemos Sohn, zu besch#252;tzen. Aber er begann sich zu fragen, ob Trautman diese Aufgabe nicht etwas zu ernst nahm. Gerade als Mike #252;berlegte, wie er diesen Einwand in m#246;glichst diplomatischer Form vorbringen konnte, wurde an die T#252;r geklopft. Trautman fuhr zusammen, und Ghunda Singh, der bisher mit vor der Brust verschr#228;nkten Armen schweigend an die Wand gelehnt dagestanden hatte, spannte den K#246;rper an. Die beiden tauschten einen raschen Blick, dann wandte sich Trautman um und ging zur T#252;r, w#228;hrend sich der Inder so postierte, da#223; er von dem Hereinkommenden nicht gleich gesehen werden konnte. Das Klopfen wiederholte sich, als Trautman die Hand nach dem T#252;rgriff ausstreckte, und diesmal klang es eindeutig energischer. Aber drau#223;en standen weder der Hotelmanager noch die Polizei, sondern Lady Grandersmith. Ohne auf eine entsprechende Aufforderung zu warten, ging sie an Trautman vorbei ins Zimmer, dicht gefolgt von einer ganz in Schwarz gekleideten, hochgewachsenen Gestalt. Eine zweite gleichartige Gestalt stand drau#223;en auf dem Korridor, machte aber keine Anstalten, den beiden zu folgen. »Mylady?« Trautman deutete ein Kopfnicken an, und seine Stimme klang einigerma#223;en freundlich, aber seine Augen verrieten ihn. Der Ausdruck darin machte klar, da#223; er nicht besonders begeistert #252;ber die St#246;rung war. Lady Grandersmith lie#223; sich allerdings davon nicht beeindrucken. Sie marschierte einfach an ihm vorbei und steuerte auf Mike zu. »Mike! Wie ich sehe, bist du ja noch wohlauf und das Miezek#228;tzchen auch!« Das »Ja«, knurrte Trautman. »Obwohl ich ziemliche Lust dazu h#228;tte, einen K#228;fig f#252;r das Lady Grandersmith' Gesicht wurde ernst, und sie drehte sich zu Trautman herum. »Es tut mir leid, Mister Trautman«, sagte sie in ver#228;ndertem Tonfall. »Ich habe mit dem Hotelmanager gesprochen. Ich habe mit Engelszungen geredet, aber ich konnte ihn nicht #252;berzeugen. Ich f#252;rchte, ihr m#252;#223;t das Hotel verlassen. « »Verlassen?« wiederholte Mike verbl#252;fft. »Sie werfen uns raus«, best#228;tigte Trautman. »Ich habe zwar alles versucht und Lady Grandersmith auch, wie du geh#246;rt hast, aber der Hoteldirektor besteht darauf, da#223; wir ausziehen, und zwar sofort. « »Sofort? Aber wir wollten doch morgen sowieso -« »Nicht morgen«, unterbrach ihn Trautman. »Jetzt. Innerhalb der n#228;chsten Stunde. Juan und Chris sind schon dabei, ihre Sachen zu packen. « »Dann ziehen wir eben in ein anderes Hotel«, sagte Mike. »So einfach ist das nicht«, antwortete Trautman d#252;ster. »Es ist Hochsaison. Die Stadt ist so gut wie ausgebucht, und au#223;erdem habe ich einer ganzen Anzahl von Leuten diese Adresse hier gegeben. Du wei#223;t ja, da#223; ich noch gewisse Eink#228;ufe t#228;tigen mu#223;. Das meiste habe ich mittlerweile bekommen, aber das eine oder andere wird noch hierhergebracht. « »Vielleicht kann ich Ihnen da helfen«, sagte Lady Grandersmith. »Ich besitze ein Haus in der N#228;he Kairos. Es ist gro#223; genug, und es ist ausreichend Personal da. Sie und Ihre jungen Freunde k#246;nnen gerne dort wohnen, bis Sie Ihre Besorgungen erledigt haben. Ich werde Hasim hier lassen. Er wird alles, was f#252;r Sie angeliefert wird, zuverl#228;ssig weiterleiten. « Trautman z#246;gerte. Es war ihm anzusehen, da#223; ihm Lady Grandersmith' Vorschlag nicht gefiel. »Das Haus liegt #252;brigens ganz in der N#228;he der Pyramiden«, fuhr Lady Grandersmith fort. »Ich habe den Kindern versprochen, sie heute Abend dorthin zu begleiten. Auf diese Weise k#246;nnten wir das N#252;tzliche mit dem Angenehmen verbinden. « »Die Pyramiden?« wiederholte Trautman verst#228;ndnislos. Offenbar war ihm bisher noch gar nicht klargeworden, da#223; sie sich ganz in der N#228;he eines der phantastischsten Bauwerke der Welt befanden. »Kairo zu besuchen, ohne die Pyramiden zu sehen, ist eine S#252;nde«, sagte Lady Grandersmith. »Geben Sie sich einen Ruck, Mister Trautman. Die Kinder werden sich freuen, und was Ihre Eink#228;ufe angeht, so wird Hasim Ihnen nach Kr#228;ften helfen. « Pl#246;tzlich l#228;chelte sie ein wenig sp#246;ttisch. »Sie h#228;tten mich ohnehin schon viel eher fragen sollen. Hasim ist der geborene H#228;ndler. Wenn er Sie auf den Basar begleitet, sparen Sie garantiert ein h#252;bsches S#252;mmchen. « Trautman k#228;mpfte noch einen Moment mit sich, aber dann nickte er schlie#223;lich widerstrebend. »Wie die Dinge liegen, haben wir ja wohl keine andere Wahl«, sagte er. Zu Mike gewandt, f#252;gte er hinzu: »Auch wenn ich keinen Hehl daraus machen will, da#223; es mir nicht gef#228;llt, dich f#252;r den Vorfall von heute morgen auch noch zu belohnen. « Es klopfte wieder, und diesmal wurde die T#252;r ge#246;ffnet, noch bevor sich Trautman ganz herumgedreht hatte, und Serena und Ben traten ein. Von Ben waren allerdings nur die Beine zu sehen -sein Oberk#246;rper war hinter einem gewaltigen Berg von Kartons und T#252;ten verschwunden, den er auf ausgestreckten Armen vor sich her balancierte. Serena lief an Trautman vorbei auf Mike zu. »Mike! Du glaubst gar nicht, was ich Wundervolles -« Siebrach mitten im Satz ab. Mit leiser #220;berraschung sah sie Lady Grandersmith an, doch als ihr Blick auf die in Schwarz gekleidete Gestalt hinter der Lady fiel, erschien ein Ausdruck des Schreckens auf ihrem Gesicht. Es war nicht das erste Mal, da#223; Serena so auf Yasal oder dessen Bruder Hasim reagierte. Mike hatte sie ein paar Mal darauf angesprochen, aber nie eine ausreichende Antwort bekommen, doch er zweifelte keine Sekunde daran, da#223; Serena regelrecht Angst vor den beiden hatte. Sie hatte zwar seit ihrem Abenteuer in der Stadt auf dem Meeresgrund all ihre magischen F#228;higkeiten eingeb#252;#223;t, die einen Teil ihres Erbes als Prinzessin von Atlantis ausmachten, aber sie war trotzdem noch sehr viel sensibler als die meisten Menschen. »Oh«, sagte sie. »Lady Grandersmith. Ich wu#223;te nicht, da#223; Sie hier sind. « Lady Grandersmith l#228;chelte, aber es wirkte ein bi#223;chen verlegen. Serena hatte sich bereits wieder in der Gewalt, aber ihr Erschrecken bei Yasals Anblick war nicht zu #252;bersehen gewesen. Vermutlich war es Lady Grandersmith peinlich, da#223; der Anblick ihres Leibw#228;chters anderen Menschen Furcht einfl#246;#223;te. »Mister Trautman und ich hatten etwas zu besprechen«, antwortete sie ausweichend. »Aber nun mu#223; ich gehen. Ich habe noch eine Menge Vorbereitungen zu treffen. « Sie wandte sich direkt an Trautman: »Sagen wir, in einer halben Stunde, unten beim Empfang? Oder brauchen Sie mehr Zeit?« »Eine halbe Stunde?« fragte Serena. »Wozu?« »Um zu packen«, antwortete Trautman mit einem schr#228;gen Blick in Mikes Richtung. »Wir reisen heute schon ab. Frag Mike, weshalb. Er kann es dir besser erz#228;hlen als ich. « Mike schrumpfte unter seinen Blicken ein wenig zusammen, w#228;hrend auf Lady Grandersmith' Lippen ein gutm#252;tiges L#228;cheln erschien. »He! K#246;nnte mir vielleicht jemand irgend etwas abnehmen?« Bens Stimme drang nur d#252;nn durch den Kartonstapel, den er noch immer vor sich trug. Niemand reagierte. »Also in einer halben Stunde unten am Empfang«, wiederholte Lady Grandersmith. »Und jetzt entschuldigen Sie mich, Mister Trautman. Ich werde versuchen, einen Wagen zu besorgen, der uns alle in mein Haus bringt. Keine Sorgen wegen der dummen Geschichte von vorhin. Ich bringe das schon in Ordnung. « Sie ging zur T#252;r. Singh #246;ffnete ihr, und Yasal schlo#223; sich seiner Herrin schweigend an. W#228;hrend Lady Grandersmith das Zimmer verlie#223;, machte der Beduine einen Bogen um Ben, aber in diesem Moment begann der junge Engl#228;nder unter seiner Last zu wanken. Yasal versuchte ihm auszuweichen, doch Ben stolperte gegen den Beduinen, und einige der Kartons, die sich auf seinen Armen stapelten, gerieten ins Rutschen. Serena stie#223; einen erschrockenen Laut aus, und Mike machte instinktiv eine Bewegung, um zuzugreifen, aber er schaffte es nicht. Einige der sorgsam in Geschenkpapier eingeschlagenen und mit Schleifen versehenen Kartons rutschten zur Seite und st#252;rzten zu Boden. In diesem Moment geschah etwas Unheimliches. Yasal schien zu einem Schatten zu werden, der so schnell vibrierte, da#223; seine Umrisse zu verschwimmen begannen. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, aber als er wieder er selbst war, da hatte er alle vier Kartons sicher in seinen Armen. Mike starrte den Beduinen fassungslos an. Auch Ben blickte ungl#228;ubig zu der schwarzen Gestalt hoch, von der nur die Augen unter dem schwarzen Turban sichtbar waren, und zwischen Serenas hellblonden Augenbrauen war eine steile Falte erschienen. Trautman blinzelte. »Das war aber knapp«, sagte Lady Grandersmith fr#246;hlich. »Du solltest die Kartons absetzen, Ben, bevor noch etwas herunterf#228;llt und kaputtgeht. « »Aber... aber... aber wie hat er das gemacht?« murmelte Ben verbl#252;fft. Lady Grandersmith lachte. Bens Erstaunen am#252;sierte sie ganz offensichtlich. »Er ist ziemlichschnell, nicht wahr? Und das ist nicht die einzige #220;berraschung, die er und Hasim bereit haben. « Und damit ging sie. Yasal setzte die Kartons neben Ben auf den Boden und folgte ihr, und drau#223;en auf dem Gang schlo#223; sich ihnen auch sein Bruder Hasim an. Mike starrte den beiden nach, bis sie im Aufzug verschwunden waren. Ein unheimliches, diesmal fast be#228;ngstigendes Gef#252;hl breitete sich in ihm aus. Was hatte Lady Grandersmith gesagt? Lady Grandersmith war gerade gegangen, als es erneut an der T#252;r klopfte. Diesmal stand eine ganze Abordnung des Hotelpersonals drau#223;en auf dem Gang, die den Auftrag hatte, Mike und den anderen dabei behilflich zu sein, ihre Sachen zu packen und die Zimmer zu r#228;umen. Offensichtlich konnte der Hotelmanager sie nicht schnell genug loswerden. Noch vor Ablauf der vereinbarten halben Stunde standen sie alle mit einem gewaltigen Berg aus Koffern, Kisten, T#252;ten, Paketen und P#228;ckchen (das allermeiste davon geh#246;rte Serena) im Foyer des Hotels und warteten auf Lady Grandersmith. Trautman hatte darauf bestanden, f#252;r ihre letzten Momente hier im Hotel gewisse Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Sie bestanden aus einem geflochtenen Katzenkorb (den Astaroth in ungef#228;hr einer Sekunde h#228;tte sprengen k#246;nnen) und einer zehnmin#252;tigen Standpauke, die Trautman dem Kater gehalten hatte. Sie mu#223;te wohl sehr eindringlich gewesen sein, denn zur allgemeinen #220;berraschung war Astaroth widerspruchslos in den Korb geh#252;pft, ehe Mike sein Zimmer verlie#223;. Die halbe Stunde ging vor#252;ber, ohne da#223; sich eine Spur von Lady Grandersmith zeigte. Sie warteten f#252;nf Minuten, zehn, schlie#223;lich eine Viertelstunde. Trautman schickte einen Hotelboy hinauf zu Lady Grandersmith' Zimmer, aber dieser kam schon nach wenigen Minuten unverrichteter Dinge zur#252;ck. Kurz darauf erschien der Hotelmanager selbst, um mit Trautman zu sprechen, und Mike sah sich und die anderen bereits mit dem gesamten Gep#228;ck auf der Stra#223;e sitzen. Bevor es jedoch soweit kommen konnte, fuhr drau#223;en schnaufend und klappernd ein Lastwagen vor. Er sah aus, als ob er mindestens hundert Jahre alt w#228;re, und bestand fast ausschlie#223;lich aus Rostschutzfarbe, Schmutzflecken, nachtr#228;glich eingesetzten Blechen, ausgebesserten Stellen und Flecken aller m#246;glichen Farben. Gut die H#228;lfte der Windschutzscheibe fehlte, und das Gel#228;nder rings um die Ladefl#228;che schien ungef#228;hr hundert Generationen junger Termiten als Trainingslager gedient zu haben. Der Motor hustete und keuchte, und aus dem Auspuff quollen schwarze, fettige Qualmwolken, die wahrscheinlich noch am anderen Ende der Stadt zu riechen sein mu#223;ten. Ein kleiner, in einen bunten Kaftan gekleideter Mann sprang heraus undbewegte sich zielstrebig auf den Empfang zu. »Au weia!« sagte Ben. »Mir schwant #220;bles. Diese Klapperkiste ist doch nicht etwa der Wagen, von dem Lady Grandersmith gesprochen hat?« Aber genau das war er. Trautman beendete seine Diskussion mit dem Manager und kam zu ihnen. »Also, jeder schnappt sich einen Koffer und tr#228;gt ihn zum Wagen«, sagte er. »Je eher wir hier wegkommen, desto besser. « »Aber das ist doch nicht Ihr Ernst!« beschwerte sich Ben. »Ich weigere mich, auch nur einen Fu#223; auf diesen rollenden Schrotthaufen zu setzen!« »Kein Problem«, sagte Trautman k#252;hl. »Du kannst gerne hinterherlaufen. Der Wagen wird uns zu Lady Grandersmith bringen. Er ist vielleicht nicht sch#246;n, aber er f#228;hrt, oder? Und ich wei#223; nicht, wie lange ich den Manager noch davon abhalten kann, die Polizei zu rufen. Also los!« Ben zog ein langes Gesicht, aber er schnappte sich schweigend einen Koffer (den kleinsten, der greifbar war) und trug ihn zum Wagen. Auch die anderen -Trautman und Singh eingeschlossen -packten kr#228;ftig mit an, so da#223; nur ein paar Minuten vergingen, bis der Wagen beladen war. »Und jetzt?« maulte Ben. »Wo sollen wir sitzen?« Trautman machte eine Geste zur Ladefl#228;che hinauf. »Da ist immer noch Platz genug. « Sie kletterten hintereinander auf die Ladefl#228;che des Lkw. Der Motor erwachte qualmend und spuckend zum Leben, kaum da#223; Trautman nach vorne zu dem Fahrer in die Kabine gestiegen war, und nach wenigen Augenblicken entfernten sie sich vom Hotel. »Ein komfortableres Gef#228;hrt stand uns leider nicht zur Verf#252;gung«, antwortete Mike spitz. »Wir mu#223;ten das Hotel n#228;mlich ziemlich #252;berhastet verlassen, wei#223;t du?« »Sag blo#223;, dieser ein#228;ugige M#228;useschreck beschwert sich auch noch!« sagte Ben. »H#246;r nicht hin«, sagte Mike hastig. »Er sagt manchmal komische Sachen. « Mike fuhr so abrupt in die H#246;he, da#223; die anderen ihre Gespr#228;che unterbrachen und ihn neugierig ansahen. »Was ist los?« fragte Ben. »Ich... bin nicht sicher«, sagte Mike. »Aber liegen die Pyramiden nicht in der entgegengesetzten Richtung?« Serena runzelte die Stirn, Chris und Juan blickten aufmerksam um sich, sagten aber nichts. Singh sah sich nur einmal kurz um, dann stand er auf und kletterte mit geschickten Bewegungen #252;ber die nahezu vollgestopfte Ladefl#228;che des Lkw nach vorne. Mike sah, wie er sich mit der linken Hand an den Aufbauten festhielt, zugleich mit dem linken Fu#223; festen Halt suchte und sich dann in weitem Bogen nach au#223;en schwang, um so neben die Beifahrert#252;r des Wagens zu gelangen. Der Motorenl#228;rm verschlang den gr#246;#223;ten Teil seiner Worte, aber Mike bekam immerhin mit, da#223; er mit Trautman sprach. Singhs Gesicht war wie #252;blich keinerlei Regung anzusehen, als er wieder auf den Wagen heraufkletterte, aber Mike sp#252;rte, da#223; ihm das, was er geh#246;rt hatte, nicht besonders gefiel. »Er sagt, es w#228;re eine Abk#252;rzung«, sagte er. »Ob es stimmt, wei#223; ich nicht. Aber in einem habt Ihr recht, Herr -wir fahren in die falsche Richtung. « Sie hatten die Hauptstra#223;e verlassen und bewegten sich mittlerweile durch eines jener Stadtviertel Kairos, die man Touristen normalerweise wohl nicht zu zeigen pflegte. Die H#228;user zu beiden Seiten waren zumeist zweigeschossig und wei#223;, mit flachen D#228;chern und kleinen, glaslosen Fenstern, aus denen neugierige Gesichter zu ihnen herausstarrten; viele davon verschleiert. Sie kamen jetzt auch nur noch im Schrittempo vorw#228;rts. Die Stra#223;e war sehr viel schmaler als die, durch die sie bisher gefahren waren, aber daf#252;r vollgestopft mit Menschen, die dem heranrumpelnden Lkw nur widerwillig Platz machten. »Schau dir mal die beiden Typen da hinten an!« sagte Ben d#252;ster. »Sie folgen uns schon eine ganze Weile. « Mikes Blick folgte der Richtung, in die Bens ausgestreckte Hand wies. Zwanzig oder drei#223;ig Schritte hinter ihnen befanden sich zwei schwarzgekleidete Gestalten, die dem Wagen folgten. In der einen Stra#223;e herrschte ein ziemliches Gedr#228;nge von Menschen und Tieren, und trotzdem schienen die beiden fast allein. Jedermann machte ihnen Platz, als w#228;re etwas an ihnen, was die Menschen davon abhielt, ihnen zu nahe zu kommen. Mike erkannte die beiden im selben Augenblick, in dem Ben laut sagte: »Ich fresse eine Woche lang nichts anderes als Astaroths Katzenfutter, wenn das nicht Lady Grandersmith' Lakaien sind!« Er hatte recht. Die beiden waren Yasal und Hasim. Lady Grandersmith' Leibw#228;chter und Diener. »Was soll das?« fragte Juan. »Wieso folgen uns die beiden?« »Fragen wir sie«, sagte Singh entschlossen. Er wandte sich wieder um, balancierte auf die gleiche halsbrecherische Weise nach vorne wie gerade vorhin und rief dem Fahrer durch das offene Fenster auf der Beifahrerseite etwas zu. Als Antwort darauf trat dieser auf das Gaspedal -und der scheinbar schrottreife Lkw machte einen Satz, der einem Rennwagen zur Ehre gereicht h#228;tte. Singh schrie auf, verlor um ein Haar den Halt und klammerte sich im allerletzten Moment an den Aufbauten des Lkw fest. Menschen und Tiere sprangen entsetzt dem heranrasenden Wagen aus dem Weg. Wie durch ein Wunder hatten sie bisher noch niemanden #252;berfahren, aber Mike f#252;rchtete, da#223; das sehr bald geschehen w#252;rde, denn der Wagen wurde nicht langsamer, sondern immer schneller, und dazu begann er heftig zu schlingern, scho#223; mal nach rechts, dann wieder nach links, und prallte schlie#223;lich gegen eines der H#228;user auf der linken Stra#223;enseite. Mike wurde von den F#252;#223;en gerissen und fiel kopf#252;ber in den Gep#228;ckberg hinein, der sich auf dem vorderen Teil der Ladefl#228;che stapelte. Funken stoben, als das F#252;hrerhaus kreischend an der Hauswand entlangschrammte. Steinsplitter, Kalk und die Reste von abgerissenen T#252;rund Fensterl#228;den flogen wie eine bizarre Bugwelle hinter ihnen her, dann machte der Wagen einen j#228;hen Satz zur Seite, rumpelte einen Moment lang auf der Stra#223;e entlang und n#228;herte sich dann der gegen#252;berliegenden H#228;userreihe. Ein Chor von Fl#252;chen und Verw#252;nschungen folgte ihnen, F#228;uste wurden gesch#252;ttelt, Steine und andere Wurfgeschosse hinter ihnen hergeschleudert, und Mike sah, da#223; Yasal und Hasim zu rennen begonnen hatten. Dann erinnerte er sich an etwas, was ihn vor Schreck herumfahren und die beiden unheimlichen Beduinen auf der Stelle vergessen lie#223;: Singh! Der Inder hatte es nicht geschafft, sich wieder auf den Wagen hinaufzuziehen. Er hing, sich mit nur einer Hand festklammernd, an den Aufbauten und ruderte verzweifelt mit der anderen in der Luft und versuchte sich festzuklammern. Seine Beine pendelten wild hin und her und knallten immer wieder gegen die T#252;r auf Trautmans Seite. Und das war nicht das schlimmste. Das schlimmste war, da#223; sich der Wagen unaufhaltsam der H#228;userreihe auf der rechten Stra#223;enseite n#228;herte. Singh w#252;rde einfach zerquetscht werden, wenn er gegen die Wand prallte! »Singh!« schrie Mike entsetzt. »La#223; los!« Aber Singh h#246;rte seine Worte entweder nicht, oder er wagte es nicht, bei diesem m#246;rderischen Tempo tats#228;chlich abzuspringen. Mikes Gedanken #252;berschlugen sich. Es blieben vielleicht noch drei oder vier Sekunden... Mike schnellte vor, umfa#223;te Singhs Handgelenk und ri#223; den Inder mit aller Gewalt in die H#246;he. Singh packte gedankenschnell zu, fand schlie#223;lich irgendwo doch noch Halt und wurde regelrecht #252;ber die Ladewand des Lkw katapultiert. Keinen Augenblick zu fr#252;h. Das F#252;hrerhaus des Wagens krachte gegen die Wand und schlingerte funkenspr#252;hend daran entlang. Nur einen Sekundenbruchteil sp#228;ter, und Singh w#228;re... Nein. Mike, der von dem Anprall wie alle anderen von den F#252;#223;en gerissen worden war, arbeitete sich in die H#246;he und blickte direkt in Singhs schreckensbleiches Gesicht. »Danke, Herr«, keuchte der Inder. »Ihr habt mir das Leben gerettet. « Damit steht es ungef#228;hr f#252;nfundzwanzig zu eins, dachte Mike. Er hatte l#228;ngst aufgeh#246;rt zu z#228;hlen, wie oft Singh F#252;r das wilde Hinundherschaukeln des Wagens gab es eigentlich nur eine einzige Erkl#228;rung: Wahrscheinlich lieferten sich Trautman und der Fahrer gerade eine wilde Rangelei -die durchaus mit ihrer aller Tod enden konnte, denn der Wagen wurde noch schneller. »Mike!« br#252;llte Ben von hinten. Seine Stimme schnappte fast #252;ber. »Tu was! Wir m#252;ssen den Wagen anhalten! Sieh doch!« Mike sah in die Richtung, in die Bens ausgestreckte Hand wies -nicht weit vor ihnen endete die Stra#223;e vor einer zwei Stockwerke hohen Mauer mit einem geschlossenen Tor! Es war zu sp#228;t, um noch irgend etwas zu unternehmen -alles, was ihm noch blieb, war, entsetzt die Arme #252;ber den Kopf zu schlagen und sich auf den Anprall vorzubereiten. Der Wagen krachte wie eine Kanonenkugel gegen das Tor und zerfetzte es, als best#252;nde es aus d#252;nnem Papier, und f#252;r eine einzige, scheinbar endlose Sekunde schien die Welt nur noch aus Schreien, wirbelnden Tr#252;mmern und auseinanderbrechendem Metall zu bestehen. Ein unvorstellbarer Schlag lie#223; das gesamte Geb#228;ude in seinen Grundfesten erbeben, und Mike f#252;hlte sich wie von einer unsichtbaren Faust gepackt und in die H#246;he gerissen. Noch w#228;hrend der Wagen durch das zerberstende Tor scho#223;, wurden Mike und alle anderen in hohem Bogen von der Ladefl#228;che geschleudert. Wahrscheinlich rettete ihnen das das Leben. Mike #252;berschlug sich ein paarmal hintereinander, ehe er liegenblieb, aber er sah trotzdem, wie der Wagen, eingeh#252;llt in einen Regen aus durcheinanderfliegenden Ziegeln und Metallteilen, weiter in das Haus hineinscho#223; und dann mit fast unverminderter Wucht gegen die jenseitige Wand prallte. Was vom F#252;hrerhaus noch #252;brig war, verwandelte sich sofort in einen Schrotthaufen. Der Wagen wurde durch die Wucht des Aufpralles ein St#252;ck zur#252;ckgeschleudert, neigte sich zur Seite und kippte schlie#223;lich um. »Trautman!« keuchte Mike. »Um Gottes willen -Trautmann!!!« Die Angst um seinen v#228;terlichen Freund lie#223; ihn alles andere vergessen. Er sprang in die H#246;he und raste auf den umgest#252;rzten Lastwagen zu. Dabei bekam er noch mit, wie Singh hinter ihm hochkam und ebenfalls zu laufen begann. Vor seinem geistigen Auge sah er ein schreckliches Bild: Trautman, der tot im Wrack des F#252;hrerhauses lag, zerschmettert durch den gewaltigen Aufprall, den kein Mensch #252;berlebt haben konnte. Singh und er mu#223;ten den Wagen umrunden, um an die zerbeulte Beifahrert#252;r zu gelangen, und gerade, als Mike sie aufrei#223;en wollte, ert#246;nte ein metallisches Rei#223;en, und sie wurde von innen aufgesto#223;en. Alles ging so schnell, da#223; er im Grunde nur einen Schatten sah. Etwas -irgend etwas, nicht Trautman! tauchte in einem Wirbel aus Schwarz aus dem Wagen auf, fetzte mit einer gewaltigen Bewegung die kaputte T#252;r vollends aus den Angeln und raste so schnell zwischen Singh und ihm hindurch, da#223; sie nicht einmal Gelegenheit bekamen, es richtig zu sehen; geschweige denn, danach zu greifen. Irgend etwas Kaltes schien ihn zu streifen, aber vielleicht war das das falsche Wort: es ber#252;hrte Mike nicht wirklich, sondern schien vielmehr seine Seele zu streifen... Mike verscheuchte den Gedanken, rannte weiter und zog sich mit einer hastigen Bewegung an dem zertr#252;mmerten F#252;hrerhaus in die H#246;he, um einen Blick in sein Inneres zu werfen. Trautman hockte mit blut#252;berstr#246;mtem Gesicht und sichtbar benommen auf dem Boden, aber er war am Leben, und er schien nicht einmal sehr schwer verletzt zu sein, denn als Mike die Hand nach ihm ausstreckte und Anstalten machte, zu ihm in den Wagen zu klettern, sch#252;ttelte er hastig den Kopf und begann mit beiden H#228;nden zu gestikulieren, in denen er etwas Buntes hielt. »Der Fahrer!« sagte er. »Schnappt euch den Kerl! Schnell!« Mike starrte ihn eine halbe Sekunde lang v#246;llig verwirrt an. Erst dann sah er, da#223; Trautman allein im Wagen war -und da#223; er nichts anderes als die Fetzen eines bunten Kaftans in den H#228;nden hielt. Was Singh und ihn fast von den F#252;#223;en gerissen h#228;tte, war nichts anderes als der Lkw-Fahrer gewesen! »Schnappt ihn euch!« schrie Trautman noch einmal. »Los doch! Er darf nicht entkommen!« Das wirkte. Mike fuhr herum und hielt nach dem Schatten Ausschau, der aus dem Wagen gesprungen war. Er sah gerade noch, wie dieser durch eine schmale T#252;r in einer der Seitenw#228;nde verschwand. Seltsamerweise konnte er ihn auch jetzt nicht richtig erkennen. Alles, was er sah, war etwas Dunkles, Wirbelndes, das gar keine richtige Form zu haben schien. Dann war es verschwunden, und die T#252;r fiel mit einem dumpfen Knall ins Schlo#223;. »Hinterher!« befahl Mike. Singh war bereits herumgefahren und setzte mit ein paar gro#223;en Spr#252;ngen hinter dem Fahrer her. Noch bevor Mike vom Wagen heruntergesprungen war, hatte er die T#252;r erreicht und aufgerissen. Etwas an dieser Dunkelheit erschreckte ihn so sehr, da#223; er abrupt stehenblieb und f#252;r ein paar Sekunden z#246;gerte weiterzulaufen. Es war, als w#228;re dort vor ihm nicht nur Dunkelheit, nicht nur die Abwesenheit von Licht, sondern die Anwesenheit von etwas anderem, Unbeschreibbarem, das das Tageslicht aufgesogen hatte und auch ihn verschlingen w#252;rde, wenn er den Fehler beging, ihm zu nahe zu kommen. Das Gef#252;hl war f#252;r einen Moment so intensiv, da#223; er einfach nicht dagegen ankam. Aber dann h#246;rte er wieder Singhs Schritte, und die Sorge um seinen Freund war gr#246;#223;er als seine Furcht. Mike nahm all seinen Mut zusammen und st#252;rmte hinter Gundha Singh die Treppe hinab. Vor ihm war nichts -keine k#246;rperlosen Ungeheuer, die sich auf ihn st#252;rzten, kein Abgrund, der sich j#228;h unter seinen F#252;#223;en auftat, sondern tats#228;chlich nichts als Dunkelheit. Und doch.. In dieser Dunkelheit Das Gef#252;hl war so erschreckend, da#223; er gar nicht bemerkte, da#223; er das Ende der Treppe erreicht hatte, sondern mit voller Wucht gegen Singh prallte und ihn um ein Haar von den F#252;#223;en gerissen h#228;tte. Singh taumelte zur Seite, Mike stolperte einen Schritt zur#252;ck und hatte alle M#252;he, sein Gleichgewicht zu halten. »Ist Euch etwas passiert, Herr?« fragte Singh erschrocken. Mike sch#252;ttelte den Kopf und sah sich mit Erstaunen und Unglauben um. Singh und er befanden sich in einem kleinen, vielleicht f#252;nf oder auch acht Schritte messenden Kellerraum, der weder einen zweiten Ausgang noch ein Fenster hatte. Die W#228;nde bestanden aus uraltem, aber trotzdem h#246;chst massivem Mauerwerk. Direkt neben der T#252;r brannte eine Fackel, die die Kammer in d#252;sterrote, flackernde Helligkeit tauchte. »Wo... wo ist er?« frage Mike verwirrt. Singh hob hilflos die Schultern. Er sagte nichts, aber Mike konnte auf seinem Gesicht dieselbe Verbl#252;ffung lesen, die auch er selbst versp#252;rte. Der Mann war fort. »Aber das ist doch unm#246;glich!« murmelte Mike. Diesmal antwortete Singh. »Ich war nur zwei oder drei Schritte hinter ihm. Ich konnte ihn »Unm#246;glich«, sagte Mike noch einmal -als w#252;rde es ausreichen, dieses Wort nur oft genug auszusprechen, um den verschwundenen Fahrer wie aus dem Nichts wieder erscheinen zu lassen, aber es blieb dabei: Der Fremde war spurlos verschwunden. Innerhalb einer einzigen Sekunde und aus einem Kellerraum, der keinen zweiten Ausgang hatte. Jedenfalls keinen, den man Singh sah ihn zweifelnd an, und Mike sp#252;rte, wie wenig #252;berzeugend seine Worte klangen. Selbst wenn es hier unten eine Geheimt#252;r gab -die Zeit h#228;tte f#252;r den Mann nicht ausgereicht, sie zu #246;ffnen, hindurchzuschl#252;pfen und spurlos wieder hinter sich zu schlie#223;en, und das alles in der einen Sekunde, die sein Vorsprung betragen hatte. Trotzdem protestierte Singh nicht, sondern begann gehorsam die steinerne Wand auf der rechten Seite abzutasten, w#228;hrend Mike auf der linken Seite dasselbe tat. Mit dem Ergebnis, das er sich eigentlich h#228;tte denken k#246;nnen -n#228;mlich keinem. Die Wand war das, wonach sie aussah: alt, modrig und sehr massiv. Pl#246;tzlich aber stie#223; Singh einen leisen, #252;berraschten Ruf aus. Mike fuhr herum und trat mit zwei schnellen Schritten neben ihn. »Was ist?« fragte er. »Hast du die T#252;r gefunden?« »Nein, Herr«, antwortete Singh. »Aber seht -das ist -seltsam. « Mike runzelte fragend die Stirn und beugte sich weiter vor, um in dem flackernden Licht genauer zu erkennen, was Singh entdeckt hatte. Es war eine Art Bild, das offenbar schon vor sehr langer Zeit tief in den Stein der W#228;nde hineingemei#223;elt worden war. Mike mu#223;te wieder einen Schritt zur#252;cktreten, um es in seiner ganzen Gr#246;#223;e #252;berblicken zu k#246;nnen. Es schien eine Art Symbol darzustellen. Ein mehr als mannsgro#223;er Kreis, von dessen Rand gezackte Linien nach au#223;en liefen; so als h#228;tte ein Kind mit krakeliger Hand versucht, eine Sonne zu malen. Auch im Inneren des Kreises »He, da unten! Was ist los? Lebt ihr noch?« Mike fuhr erschrocken zusammen, aber zugleich war er auch erleichtert, Bens Stimme zu h#246;ren, denn ihr Klang ri#223; ihn abrupt in die Wirklichkeit zur#252;ck. Rasch wandte er sich um und rief: »Alles in Ordnung! Uns ist nichts passiert!« »Na, dann ist es ja gut«, antwortete Ben. »Aber vielleicht bewegt ihr euch mal hier herauf. Hier wird's n#228;mlich brenzlig!« Mike und Singh tauschten einen raschen, erschrockenen Blick, dann rannten sie gemeinsam los. Der R#252;ckweg nach oben kam Mike viel l#228;nger vor als der hinab - es mu#223;ten mindestens f#252;nfundzwanzig oder drei#223;ig Stufen sein, und er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, so weit nach unten gelaufen zu sein. Aber mit diesem sonderbaren Geb#228;ude stimmte ja ohnehin so manches nicht. Ben erwartete sie mit sichtbarer Ungeduld. »Wo bleibt ihr denn?« fragte er. »Ich habe schon gedacht, ihr h#228;ttet dort unten ein kleines Kaffeekr#228;nzchen abgehalten. « »Aber wir waren doch nur -« begann Mike, kam jedoch nicht dazu, weiterzusprechen. Ben hatte sie nicht allein erwartet. Hinter ihm hatten sich Chris, Juan und Serena versammelt, und jetzt tauchte auch Trautmann auf. Er war sehr bleich und hatte eine h#228;#223;liche Platzwunde auf der Stirn, schien aber ansonsten unverletzt zu sein, wie Mike erleichtert feststellte. »Wo wart ihr so lange?« fragte er in ungew#246;hnlich ruppigem Ton. »Er ist uns entkommen«, gestand Mike kleinlaut. »Wir waren direkt hinter ihm, aber er ist einfach verschwunden. Und noch etwas ist sehr eigenartig dort unt-« »Das spielt jetzt keine Rolle. « Trautmann schnitt ihm mit einer entsprechenden Handbewegung das Wort ab. »Wir m#252;ssen hier raus! Gibt es unten einen anderen Ausgang?« »Nein«, antwortete Mike. »Das ist es ja. Ich -« Er brach abermals mitten im Satz ab, denn was er hinter Trautman und den anderen erblickte, das lie#223; ihn schlagartig verstehen, was Ben gerade mit Das Geb#228;ude, dessen T#252;r sie durchbrochen hatten, schien eine Art Lagerhaus zu sein. Der Lkw hatte einen ganzen Berg von Kisten und F#228;ssern niedergewalzt, ehe er umgest#252;rzt war, so da#223; auf dem Boden Holzteile, Metallst#252;cke und die Tr#252;mmer der zerborstenen T#252;r verstreut lagen. Aber die so entstandene#214;ffnung war keineswegs leer. Mike sch#228;tzte, da#223; es mindestens zwei Dutzend M#228;nner sein mu#223;ten, die sich auf der Stra#223;e und am Eingang des Geb#228;udes versammelt hatten. Und obwohl er gegen das helle Sonnenlicht drau#223;en ihre Gesichter nicht erkennen konnte, sp#252;rte er die gespannte Stimmung doch sehr deutlich. Von der Menge ging ein unwilliges Murren und Raunen aus, und Mike sah eine allgemeine, erregte Bewegung. Und es kamen mit jedem Moment mehr M#228;nner hinzu. »Sie scheinen nicht besonders gut gelaunt zu sein«, sagte Ben. Trautman schnaubte. »Was erwartest du? Dieser Narr h#228;tte ein Blutbad anrichten k#246;nnen! Es ist ein Wunder, da#223; wir niemanden #252;berfahren haben!« »Vielleicht sollten Mike berichtete den anderen rasch, was er von Astaroth erfahren hatte. Trautman nickte. »Das habe ich mir schon gedacht«, sagte er d#252;ster. »Diese Leute hier sind im Moment sowieso nicht gut auf Ausl#228;nder zu sprechen -und wir haben die halbe Stra#223;e demoliert. « »Wir m#252;ssen hier raus«, pflichtete ihm Singh bei. Aber das war leichter gesagt als getan. Mikes Blick glitt hilfesuchend durch den Raum, aber er fand nicht, wonach er suchte. Das Geb#228;ude war anscheinend tats#228;chlich nur eine gro#223;e Lagerhalle. Mit Ausnahme der T#252;r, durch die sie hereingerast waren, und der Kellertreppe gab es keinen weiteren Ausgang... »Das kann ja heiter werden«, murmelte Juan. »Wolltest du nicht ein bi#223;chen Aufregung?« fragte Ben sp#246;ttisch. Juan schenkte ihm einen b#246;sen Blick. »Ja. Aber eigentlich wollte ich nicht gelyncht werden. « Mike fand das nicht besonders komisch. Selbst ohne Astaroths Worte w#228;re mittlerweile beim besten Willen nicht mehr zu #252;bersehen gewesen, wie aufgebracht die Menge war. Aus dem unwilligen Murren war ein Chor w#252;tender Stimmen geworden. F#228;uste wurden gesch#252;ttelt, und der eine oder andere hatte auch einen Kn#252;ppel mitgebracht, den er zornig in ihre Richtung schwenkte. Zu seinem Entsetzen sah Mike sogar zwei M#228;nner, die mit Krumms#228;beln bewaffnet waren. »Ich verstehe das nicht«, sagte Ben. »Klar, da#223; sie nicht besonders erfreut sind -aber die tun ja so, als h#228;tten wir wer wei#223; was angestellt. « »Vielleicht... haben wir doch jemanden #252;berfahren, ohne es zu merken?« fragte Serena z#246;gernd. F#252;r eine Sekunde machte sich betroffenes Schweigen breit, dann drehte sich Mike zu Astaroth herum und sah ihn fragend an. »Wenn wir k#228;mpfen m#252;ssen, flieht jeder f#252;r sich!« sagte Ben. »Wir treffen uns am Hafen. « »Witzbold«, knurrte Juan. »Wenn Auch die M#228;nner, die sich ihnen bereits gen#228;hert hatten, fuhren erschrocken herum. Die Menge schien regelrecht in Panik zu geraten, und er h#246;rte auch Ger#228;usche, die eindeutig auf einen Kampf schlie#223;en lie#223;en. In der n#228;chsten Sekunde schon wurde aus seinem Verdacht Gewi#223;heit. Ein gellender Schrei erklang, und dann stolperte eine Gestalt in einem braunen Kaftan in die Halle herein und brach zusammen. Drei, vier weitere M#228;nner folgten ihm, offensichtlich in gro#223;er Hast vor irgend etwas fliehend, und dann teilte sich die Mauer aus Leibern, die die T#252;r bisher versperrt hatte, und sie sahen endlich, Mike atmete tief durch. Es waren zwei gro#223;e, in der Farbe der Nacht gekleidete Gestalten, die unter die M#228;nner fuhren. Sie waren unbewaffnet, aber das machte keinen Unterschied. Ihre Bewegungen waren so schnell, da#223; Mike sie kaum sah. Er wu#223;te sofort, wen sie vor sich hatten -Yasal und Hasim, Lady Grandersmith' Leibw#228;chter, aber sie schienen nur wirbelnde schwarze Schatten zu sein, unter deren Hieben und Tritten die Menschenmenge auseinanderstob wie eine Schafherde, unter die der Wolf gefahren war. »Al Achawwiya al sauda'!« Zuerst war es nur eine Stimme, die diese fremdartigen Worte schrie, aber gleich darauf stimmte die gesamte Menge in den Ruf ein, und die schienen die Panik endg#252;ltig komplett zu machen. Mike wu#223;te nicht, was die Worte bedeuteten, aber allein ihr unheimlicher Klang jagte auch ihm einen eisigen Schauer #252;ber den R#252;cken. Hatten bisher noch einige besonders tapfere M#228;nner versucht, die beiden tobenden Beduinen aufzuhalten, so warfen nun auch die letzten ihre Waffen fort und st#252;rzten davon. Auch die M#228;nner, die bereits zu ihnen hereingekommen waren, fuhren herum und suchten ihr Heil in der Flucht. Nicht allen gelang es. Mike sah voller Entsetzen, wie Yasal einen der Fl#252;chtenden mit einem gewaltigen Satz einholte und ihn so m#252;helos durch die Luft schleuderte wie ein Kind eine Stoffpuppe. Der Mann prallte gegen die Wand, rappelte sich mit der Kraft der Verzweiflung wieder auf und humpelte davon. Yasal setzte ihm nach und holte ihn mit einem einzigen Schritt ein. Serenas Stimme war so scharf, da#223; f#252;r den Bruchteil einer Sekunde alles mitten in der Bewegung zu erstarren schien. Yasal, der den ungl#252;ckseligen Burschen bereits wieder gepackt und diesmal hoch #252;ber den Kopf erhoben hatte, um ihn mit t#246;dlicher Wucht auf den Boden zu schmettern, hielt inne und wandte sich Serena zu. »Nein!« sagte Serena noch einmal. »Tu das nicht! Es ist nicht n#246;tig! Sie fliehen doch!« F#252;r eine Sekunde stand der schwarzgekleidete Beduine da und starrte Serena an, und es war Mike, als f#228;nde ein stummer Zweikampf zwischen ihnen statt. Er selbst war sicher, da#223; er dem durchdringenden Blick der unheimlichen Augen keinen Sekundenbruchteil lang standgehalten h#228;tte -aber am Ende war es Serena, die das stumme Duell gewann. Nicht unbedingt sanft, aber auch nicht mit der furchtbaren Gewalt, zu der er ausgeholt hatte, setzte Yasal den Mann zu Boden und wandte sich dann vollends zu ihnen herum. »Puh«, sagte Chris. »Das war knapp. « Mike fragte sich, was er damit meinte -ihre Rettung vor der aufgebrachten Menge oder Serenas Eingreifen, das dem Mann mit gro#223;er Wahrscheinlichkeit das Leben gerettet hatte. Die aufgebrachte Menge war inzwischen fast verschwunden. Zwei oder drei Nachz#252;gler humpelten noch davon, aber ansonsten schien die Stra#223;e mit einem Male wie ausgestorben. Es war, als reiche die blo#223;e Anwesenheit der beiden Beduinen allein, um alles menschliche Leben in weitem Umkreis zu vertreiben. »Danke«, sagte Trautman. »Das war wirklich Rettung in letzter Sekunde. Was ist passiert? Wieso seid ihr hier, und was war mit dem Fahrer los?« Weder Yasal noch Hasim antworteten, und pl#246;tzlich erinnerte sich Mike wieder daran, da#223; er keinen der beiden jemals auch nur ein Wort hatte sagen h#246;ren. »Das sollten wir vielleicht sp#228;ter kl#228;ren«, sagte Ben nerv#246;s. »Ich meine... sie k#246;nnten zur#252;ckkommen. « »Und selbst wenn nicht, hat bestimmt jemand die Polizei gerufen«, f#252;gte Chris hinzu. »Und?« fragte Mike. »Vor zehn Sekunden h#228;ttest du dir noch »Ihr kennt die Polizei Kairos nicht«, sagte Trautman mit einem schiefen L#228;cheln. »K#246;nnt ihr uns von hier wegbringen?« M#246;glicherweise sprachen die beiden kein Englisch, aber zumindest verstanden sie es. Yasal nickte, und Hasim machte eine entsprechende Handbewegung #252;ber die Schulter nach drau#223;en. »Also gut«, sagte Trautman. »Dann nichts wie raus hier. « »Und unsere Sachen?« fragte Serena. Trautman warf einen Blick durch den Raum. Was nicht bei dem Zusammenprall des Wagens mit dem Tor zerst#246;rt worden war, das war in einem heillosen Chaos #252;berall verstreut. Er sch#252;ttelte den Kopf. »Es tut mir leid, aber daf#252;r bleibt uns keine Zeit«, sagte er bedauernd. »Sei froh, da#223; wir noch am Leben sind, Serena. Kommt jetzt. Wir m#252;ssen weg. Und au#223;erdem m#246;chte ich mich gerne mit Lady Grandersmith #252;ber einige Eigenschaften ihrer Dienstboten unterhalten. « »Sie k#246;nnen sich gar nicht vorstellen, wie leid es mir tut«, sagte Lady Grandersmith zum wiederholten Mal an diesem Abend. Sie sch#252;ttelte abermals den Kopf und sah Mike und die anderen der Reihe nach und mit aufrichtiger Sorge an. Es war mittlerweile sp#228;ter Nachmittag. Sie sa#223;en auf der Terrasse des Hauses, von dem Lady Grandersmith gesprochen hatte -das sich als Prachtbau von der Gr#246;#223;e und Ausstattung eines kleinen Schlosses entpuppt hatte -, und tranken eisgek#252;hlten Zitronentee, und obwohl erst wenige Stunden verstrichen waren, seit sie mit so knapper Not dem sicheren Tod entgangen waren, kam Mike ihr Abenteuer schon fast wie ein b#246;ser Traum vor. Yasal und Hasim hatten sie zu einem Wagen gef#252;hrt, der gar nicht weit entfernt in einer Seitenstra#223;egeparkt gewesen war, und die beiden hatten auch gleich noch f#252;r eine #220;berraschung gesorgt: Yasal erwies sich n#228;mlich als ausgezeichneter Fahrer, der sie in einem h#246;llischen Tempo, aber nichtsdestotrotz sehr sicher aus der Stadt gebracht hatte. Danach war es eine gute Stunde nach Westen gegangen, zu Anfang noch #252;ber eine asphaltierte Stra#223;e, sp#228;ter #252;ber einen schmalen Weg und schlie#223;lich durch die W#252;ste. Und gerade als Mike ernsthaft dar#252;ber nachzudenken begonnen hatte, ob es das Haus der Lady Grandersmith denn #252;berhaupt gab, hatten sie diese Oase erreicht: ein kleines Paradies, das versteckt in einem D#252;nental lag und aus einem kristallklaren Quellsee und einem Palmenw#228;ldchen bestand, unter dessen Schatten das Haus lag. »Ich verstehe immer noch nicht, wie der Bursche wissen konnte, da#223; wir auf einen Wagen warten«, sagte Ben kopfsch#252;ttelnd. Er nippte an seinem Zitronentee, behielt aber Lady Grandersmith dabei #252;ber den Rand des Glases hinweg scharf im Auge. Er machte aus seinem Mi#223;trauen keinen Hehl, obwohl Lady Grandersmith ihnen bereits mehrmals erkl#228;rt hatte, was wirklich passiert war. Und ihrem Gesichtsausdruck nach zu schlie#223;en, begann sie sich allm#228;hlich dar#252;ber zu #228;rgern. Trotzdem tat sie es geduldig noch einmal. »Die Schuld trifft auch mich, junger Mann«, antwortete sie. »Ich gebe es zu. Ich habe l#228;nger f#252;r meine Reisevorbereitungen gebraucht, als ich gedacht hatte, und als ich schlie#223;lich mit dem Wagen zum Hotel kam, wart ihr nicht mehr da. « »Ja«, sagte Ben s#228;uerlich. »Wir waren schon unterwegs. Mit einem anderen Wagen. « Lady Grandersmith machte ein betr#252;btes Gesicht. »Ich kann es mir nur so erkl#228;ren, da#223; irgend jemand vom Hotelpersonal wu#223;te, da#223; ihr auf eine Fahrgelegenheit wartet. « »Und hat seinen Onkel gerufen, der Ehrenmitglied bei der #246;rtlichen Mafia-Filiale ist?« fragte Ben. Lady Grandersmith #252;berging den sarkastischen Unterton und nickte ernst. »So etwas kommt leider immer wieder vor. Dies ist ein armes Land, Ben; und euer Hotel ist eines der teuersten in der Stadt. So etwas lockt fast zwangsl#228;ufig alle m#246;glichen zwielichtigen Gestalten an. Glaub mir, ich bedauere am meisten, was passiert ist, aber ihr hattet trotz allem noch gro#223;es Gl#252;ck. « »Ja«, sagte Trautman. »W#228;ren Ihre beiden Bediensteten nicht zuf#228;llig aufgetaucht... « »Oh, so zuf#228;llig war das nicht«, erkl#228;rte Lady Grandersmith mit einem Seitenblick auf Hasim, der mit vor der Brust verschr#228;nkten Armen einige Meter abseits stand und auf weitere Befehle wartete. Mike f#252;hlte sich in seiner Gegenwart nach wie vor unbehaglich. Da#223; die beiden Beduinen ihnen gerade das Leben gerettet hatten, #228;nderte nichts daran. »Nein?« fragte Mike. »Nein«, best#228;tigte Lady Grandersmith. »Wir haben euch nur um wenige Minuten verpa#223;t. Als ich h#246;rte, was geschehen war, habe ich Yasal und Hasim losgeschickt, um euch zu suchen. Wie sich gezeigt hat, keine Sekunde zu fr#252;h. « »Das stimmt«, sagte Trautman schaudernd. »Ich verstehe bis jetzt nicht, warum die Leute so erbost waren. Sie h#228;tten uns gelyncht, w#228;ren die beiden nicht aufgetaucht. « Lady Grandersmith lachte leise. »Kein Wunder. Wissen Sie #252;berhaupt, wo Sie waren?« »Nein«, antwortete Trautman. »Seien Sie froh«, sagte Lady Grandersmith. »Die Gegend geh#246;rt zu den schlimmsten der ganzen Stadt. Diese Leute waren nicht w#252;tend, weil ihr etwas bekannt wird. « Pl#246;tzlich wurde sie sehr ernst. »Glauben Sie mir - sie h#228;tten euch alle get#246;tet. « Das klang plausibel. Und trotzdem... irgendwie #252;berzeugte es Mike noch nicht. Er mu#223;te unentwegt an den Ausdruck von Angst auf den Gesichtern der M#228;nner denken, den Yasals und Hasims Erscheinen hervorgerufen hatte -und die Brutalit#228;t, mit der die beiden gegen die M#228;nner vorgegangen waren. Auch Mike hatte schon um sein Leben k#228;mpfen m#252;ssen, und das mehr als einmal, aber er w#228;re niemals auf die Idee gekommen, einem Gegner nachzusetzen, der bereits floh. »Aber nun ist es ja #252;berstanden«, sagte Lady Grandersmith in ver#228;ndertem Ton. »Es tut mir leid, da#223; ihr eure Sachen eingeb#252;#223;t habt -vor allemdu, Serena, aber das war das kleinere #220;bel, denke ich. « Sie blinzelte Serena verschw#246;rerisch zu. »Ich bin sicher, da#223; ich noch ein paar kleine Souvenirs f#252;r euch finde, bevor ihr abreist. « »Was morgen der Fall sein wird«, sagte Trautman. »Morgen schon?« Lady Grandersmith wirkte #252;berrascht, obwohl sie es eigentlich besser wissen mu#223;te. »Das hatten wir besprochen«, erinnerte Trautman. »Jaja«, antwortete Lady Grandersmith hastig. »Das stimmt. Aber... « Sie schwieg einen Moment. »So, wie die Dinge liegen, sollten Sie sich #252;berlegen, doch noch ein paar Tage hierzubleiben. Sie sind meine G#228;ste, solange Sie wollen. « »Das ist sehr freundlich von Ihnen, Lady Grandersmith. Aber -« begann Trautman, wurde aber sofort wieder von ihr unterbrochen: »Das ist nicht nur freundlich, ich f#252;rchte, es Trautman schwieg. Er sah nicht besonders begeistert drein, aber er schien auch einzusehen, da#223; Lady Grandersmith wahrscheinlich recht hatte. Es w#252;rde jetzt tats#228;chlich sehr viel schwieriger werden, noch einmal in die Stadt zu gehen und die Teile zu besorgen, die sie f#252;r die Reparatur der NAUTILUS ben#246;tigten. »Und au#223;erdem ist da ja noch der versprochene Ausflug zu den Pyramiden«, erinnerte Lady Grandersmith. »Ich glaube nicht, da#223; es klug w#228;re, heute dorthin zu fahren. F#252;r diesen Tag habt ihr alle genug Aufregung gehabt. Aber wir holen es morgen oder #252;bermorgen nach. « »Das ist keine gute Idee«, sagte Singh. Nicht nur Mike sah ihn stirnrunzelnd an -schlie#223;lich hatten sie sich alle auf den Ausflug zu den Pyramiden gefreut -, aber der Inder fuhr unbeirrt fort: »Sie haben vollkommen recht, Lady Grandersmith. Man wird nach uns Ausschau halten, entweder die eine oder die andere Seite. Und eine Gruppe wie die unsere f#228;llt zwangsl#228;ufig auf. Selbst bei den Pyramiden. « »Oh, das ist kein Problem«, antwortete Lady Grandersmith l#228;chelnd. »Ich kenne den Mann, der die F#252;hrungen organisiert. Ich bin sicher, da#223; er f#252;r uns eine kleine Privattour veranstaltet. Ganz unter uns und am Abend, wenn die Touristen nicht mehr da sind. Und andere neugierige Augen. « Es war nicht das erste Mal, da#223; Lady Grandersmith etwas in dieser Art sagte. Wahrscheinlich war ihr l#228;ngst aufgefallen, da#223; Trautman, Singh und die anderen ein Geheimnis umgab und da#223; sie aus irgendwelchen Gr#252;nden Wert darauf legten, nicht zu viel Aufsehen zu erzeugen. Sie fragte nie direkt, aber es gelang ihr auch nicht, ihre Neugier ganz im Zaum zu halten. »Ich denke dar#252;ber nach«, sagte Trautman. Er hob rasch die Hand und warf einen Blick in die Runde. »Das hei#223;t nicht zwangsl#228;ufig »Aber auch nicht »Al Achawwiya al sauda'«, sagte Serena, ehe Mike antworten konnte. Sie sprach die fremdartig klingenden Worte ohne Akzent aus. »Ja, genau«, sagte nun auch Juan. »Wir wissen nicht, was es hei#223;t, aber es schien ihnen gewaltige Angst zu machen. « F#252;r eine Sekunde wirkte Lady Grandersmith regelrecht erschrocken -aber dann begann sie zu lachen. »Al Achawwiya al sauda'« wiederholte sie. »Ja, jetzt verstehe ich. « Sie sah Yasal an und drohte ihm spielerisch mit dem Finger. »Yasal, wie oft soll ich euch noch sagen, da#223; ihr das lassen sollt?« »Was?« fragte Mike. »#220;bersetzt hei#223;t es ungef#228;hr soviel wie »Daf#252;r hat es ihnen aber eine Menge Angst gemacht«, sagte Ben. »Genau das sollte es auch«, meinte Lady Grandersmith mit einem jetzt eher am#252;sierten Seitenblick auf Yasal. »Die Schwarze Bruderschaft war angeblich ein Stamm von Beduinen, der tief in der W#252;ste gelebt und sich der Schwarzen Magie verschrieben haben soll. Es hei#223;t, da#223; sie unsterblich und unverletzbar gewesen sein sollen und da#223; sie jedem, der mit ihnen in Ber#252;hrung kam, den Tod brachten oder Schlimmeres. Nat#252;rlich ist es nur eine Legende. Aber Yasal und sein Bruder machen sich einen Spa#223; daraus, so zu tun, als geh#246;rten sie dazu. Ich habe es ihnen schon ein paarmal verboten, aber manchmal sind sie eben wie die Kinder. Ich kann es nicht #228;ndern. « Sie seufzte. »Heute hat es uns das Leben gerettet«, sagte Singh. »Ja, das ist richtig. « Lady Grandersmith nickte best#228;tigend. »Und nun endg#252;ltig Schlu#223; mit diesem unangenehmen Thema. Wenn ihr wollt, erz#228;hle ich euch heute abend die Legende der Schwarzen Bruderschaft in aller Ausf#252;hrlichkeit, aber nun bin ich m#252;de -und euch tun ein paar Stunden Schlaf sicher auch gut. Es sind Zimmer genug da, jeder kann sich eines aussuchen. Bis sp#228;ter dann. « Sie ging -ein bi#223;chen #252;berst#252;rzt, fand Mike und mit ihr auch Yasal. Nach einem Augenblick stand auch Mike auf, um ins Haus zu gehen, aber Ben rief ihn noch einmal zur#252;ck. »Warte noch«, sagte er. Mike sah ihn fragend an. »Ja?« »Da ist noch etwas, was ich nicht in ihrer Gegenwart tun konnte«, antwortete Ben. Zwischen seinen Augenbrauen stand eine steile Falte; ein untr#252;gliches Zeichen daf#252;r, da#223; er mehr als nur »Dann frag ihn jetzt folgendes: Wenn er doch st#228;ndig in unseren Gedanken herumschn#252;ffelt -und ich nehme an, nicht nur in unseren -, wieso zum Teufel hat er uns dann nicht gewarnt, als wir in den falschen Wagen eingestiegen sind?!« Seinen Worten folgten einige Sekunden betroffenes Schweigen, in denen sich alle Blicke auf Astaroth richteten. Offensichtlich war Ben bisher der einzige hier, der sich diese Frage gestellt hatte. Obwohl sie auf der Hand lag. »Da hat er recht«, sagte Trautman schlie#223;lich. »Also, Mike? Was sagt er?« Mike blickte den Kater an, ri#223; pl#246;tzlich #252;berrascht die Augen auf und fragte: »Das ist dein Ernst?« »Was hat er gesagt?« fragte Trautman noch einmal. »Er... er hat gesagt, da#223; er es nicht konnte«, antwortete Mike. »Wie bitte?« Trautman zog die Augenbrauen hoch und starrte den Kater an. Astaroth duckte sich unter seinem Blick und wirkte pl#246;tzlich so kleinlaut und niedergeschlagen wie der sprichw#246;rtliche begossene Pudel. »Ich f#252;rchte, es ist die Wahrheit«, sagte Mike. »Er konnte seine Gedanken nicht lesen weil er nicht gedacht Den Abend verbrachten sie zusammen mit Lady Grandersmith, die wieder einmal die spannendsten Geschichten zu erz#228;hlen hatte. Das einzige, wor#252;ber sie »Haben Sie etwas Besonderes vor, Lady Grandersmith?« fragte Trautman #252;berrascht. »Ich meine, wegen Ihrer... #228;h... au#223;ergew#246;hnlichen Kleidung. « »Gef#228;llt Sie Ihnen nicht?« fragte Lady Grandersmith l#228;chelnd. »Doch, doch, sicher«, antwortete Trautman hastig. »Es ist nur... ich meine... « Lady Grandersmith geno#223; sichtlich die Verlegenheit, in die sie Trautman mit ihrer Frage gebracht hatte. Dann lachte sie und sch#252;ttelte den Kopf. »Sie haben doch nicht etwa unsere Verabredung vergessen?« sagte sie mit leichtem Vorwurf. »Verabredung?« »Die Pyramiden«, erinnerte Ben. »Wir wollten uns die gro#223;en Pyramiden ansehen. « »Oh. « Trautman hatte es vergessen, das machte sein Blick deutlich. Singh nicht. »Wir sollten das nicht tun«, sagte er. »Aber wieso denn nicht?« protestierte Chris. »Es kann doch #252;berhaupt nichts passieren!« »Weil mir nicht wohl dabei ist«, antwortete Singh ein wirklich ungew#246;hnliches Eingest#228;ndnis f#252;r einen Mann, der normalerweise nie irgend etwas #252;ber sich erz#228;hlte; und schon gar nicht #252;ber seine Gef#252;hle. Und nun war es bereits das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit. »Niemand wird uns sehen«, sagte Ben. »Du hast es doch geh#246;rt -wir bekommen sozusagen eine Privatf#252;hrung. Es wird nicht einmal jemand merken, da#223; wir dagewesen sind. « »Es gef#228;llt mir trotzdem nicht«, beharrte Singh, und Trautman f#252;gte hinzu: »Er hat Recht. Ihre Gastfreundschaft in Ehren, Mylady, aber auch mir w#228;re wohler, wenn wir so schnell wie m#246;glich -« »Das Land verlassen?« unterbrach ihn Lady Grandersmith. Trautman sah drein wie ein ertappter S#252;nder. »Jaja, Mylady«, sagte er hastig. »Wenn ich die letzten Eink#228;ufe get#228;tigt habe, die wir noch brauchen -« »Bis es soweit ist, m#252;ssen Sie aber meine Gastfreundschaft notgedrungen ertragen«, fiel ihm Lady Grandersmith ins Wort; in leicht sp#246;ttischem Ton, aber mit einem Blick, der Mike nicht gefiel. »Und Ihre jungen Freunde hier auch. Warum also wollen Sie ihnen nicht die kleine Freude bereiten und ihnen die Cheopspyramide zeigen? Sooft kommenSie doch sicher auch nicht nach #196;gypten, oder?« »Nein«, gestand Trautman. »Au#223;erdem ist es nicht einmal weit«, f#252;gte Lady Grandersmith hinzu. »Mit dem Wagen keine halbe Stunde. Und wenn es Sie beruhigt -Yasal und Hasim werden uns selbstverst#228;ndlich begleiten. « Trautman sagte nichts, aber sein Blick sprach B#228;nde, fand Mike. Wie es aussah, war es gerade das, was Trautman beunruhigte. »Geben Sie Ihrem Herzen einen Sto#223;«, sagte Lady Grandersmith. »Es dauert nur ein paar Stunden, aber Sie werden sich f#252;r den Rest Ihres Lebens daran erinnern, das verspreche ich Ihnen. « Trautman z#246;gerte noch immer. Aber dann sah er in die Runde und begegnete den erwartungsvollen Blicken Chris', Juans, Bens und Serenas -und auch Mikes, der trotz allem nat#252;rlich darauf brannte, die Pyramiden zu sehen -, und schlie#223;lich nickte er. »Also gut. Aber wenn auch nur die kleinste Kleinigkeit schiefgeht oder uns jemand ein bi#223;chen zu neugierig ansieht -« »-verschwinden wir wie weggezaubert«, versprach Lady Grandersmith. Alle lachten. Nur Mike blieb ernst; und, wie er nach einer Sekunde bemerkte, Singh ebenfalls. Wahrscheinlich dachten sie beide in diesem Moment an dasselbe: n#228;mlich, da#223; es gerade vierundzwanzig Stunden her war, da#223; sie genau das mit eigenen Augen mit angesehen hatten: da#223; jemand wie Wie Lady Grandersmith gesagt hatte, brachen sie gegen Abend auf und erreichten die Pyramiden erst kurz vor Einbruch der D#228;mmerung. Trotzdem bot sich ihnen ein gro#223;artiger Anblick, als sie aus dem Wagen stiegen, in den sie sich hineingequetscht hatten. Die Sonne war bereits hinter dem Horizont verschwunden, aber noch war im Westen ein schmaler Streifen dunkelroter Helligkeit zu sehen, vor dem sich die drei Pyramiden als gewaltiger Schattenri#223; erhoben. Das rote Licht und die seltsame Stimmung, die es mit sich brachte, lie#223;en sie noch gewaltiger und majest#228;tischer erscheinen, als sie ohnehin waren. Ein sonderbares Gef#252;hl ergriff von Mike Besitz, als er aus dem Wagen stieg und zu den m#228;chtigen Bauwerken hin#252;bersah. Er hatte von den Pyramiden schon unz#228;hlige Male Bilder gesehen und daher geglaubt, da#223; ihn der Anblick nicht sonderlich beeindrucken w#252;rde. Das genaue Gegenteil war der Fall. Mike versp#252;rte ein Gef#252;hl von Ehrfurcht, und er kam sich winzig und vollkommen unwichtig vor im Angesicht dieser unglaublichen, von Menschenhand erschaffenen Monumente. Er versuchte sich vorzustellen, da#223; diese Bauwerke mehrere tausend Jahre alt waren und da#223; Menschen sie erschaffen hatten, die keine modernen Maschinen kannten. All das stimmte, und trotzdem erschien ihm dieses angelernte Wissen pl#246;tzlich v#246;llig bedeutungslos. Die Pyramiden umgab etwas Gro#223;es und ungeheuer Machtvolles, das mit Worten nicht zu beschreiben war. Und den anderen mu#223;te es wohl ganz #228;hnlich ergehen, denn auch sie standen fast eine Minute lang einfach nur schweigend da und blickten zu den riesigen dreieckigen Schatten hin#252;ber. »Unglaublich«, fl#252;sterte Ben schlie#223;lich. »Ja, phantastisch«, murmelte Juan. »Pyramidal«, sagte Chris -was vielleicht nicht ganz passend war, Mike aber ein fl#252;chtiges L#228;cheln entlockte. »Nun, hat es sich gelohnt?« fragte Lady Grandersmith in einem so stolzen Ton, als w#228;ren die Pyramiden von Gizeh ganz allein ihre Entdeckung. »Ich habe euch nicht zuviel versprochen, oder? Das ist mit Recht eines der Sieben Weltwunder!« »So?« fragte Serena. »Mein Vater hatte einen Sommerpalast, der viermal so gro#223; war. « Mike fuhr wie von der Tarantel gestochen zusammen, und auch Trautman ri#223; erschrocken die Augen auf und starrte das M#228;dchen an. Serena selbst schien im ersten Moment gar nicht zu begreifen, was sie gesagt hatte. Dann gab sie einen erschrockenen Laut von sich und machte eine Bewegung, als wolle sie sich selbst auf den Mund schlagen. Eine Sekunde lang hoffte Mike, da#223; Lady Grandersmith die Worte vielleicht nicht geh#246;rt hatte, denn sie reagierte gar nicht darauf. Aber nat#252;rlich hatte sie alles geh#246;rt. Schlie#223;lich hatte Serena laut genug gesprochen, und es war hier vollkommen still. »Was hast du gesagt, Liebes?« fragte Lady Grandersmith. »Nichts«, sagte Serena hastig. Sie l#228;chelte etwas verlegen. »Es war... nur ein Scherz. « Lady Grandersmith erwiderte Serenas L#228;cheln, aber ihre Augen blieben ernst dabei. »Er war nicht besonders komisch«, sagte sie. »Wei#223;t du, ich finde, da#223; es Dinge gibt, #252;ber die man nicht scherzen sollte. Ein wenig Ehrfurcht ist manchmal angebracht. « »Selbstverst#228;ndlich, Mylady«, sagte Trautman hastig. »Serena hat es nicht so gemeint. « »Bestimmt nicht«, versicherte Serena. »Entschuldigen Sie. « »Schon gut. « Lady Grandersmith l#228;chelte wieder. »Vielleicht waren meine Worte ja auch ein bi#223;chen #252;bertrieben. Ich bin nun mal eine sentimentale Frau, die manchmal vergi#223;t, da#223; die Welt f#252;r euch Kinder noch ganz anders aussieht. Und wei#223;t du was? Ich glaube, da#223; »Da kommt unser F#252;hrer«, sagte Lady Grandersmith. Sie deutete in dieselbe Richtung wie Hasim, aber es vergingen noch etliche Sekunden, bis auch Mike dort eine Bewegung wahrnahm. Lady Grandersmith schien #252;ber erstaunlich scharfe Augen zu verf#252;gen. Tats#228;chlich tauchte aus der Dunkelheit eine hochgewachsene Gestalt auf, die mit raschen Schritten auf sie zukam. Lady Grandersmith gab ihnen mit einer Geste zu verstehen, da#223; sie zur#252;ckbleiben sollten, dann ging sie dem Mann entgegen. Hasim begleitete sie. »Bist du von allen guten Geistern verlassen?« fuhr Ben auf, als sich Lady Grandersmith und ihr Leibw#228;chter weit genug entfernt hatten. Die Worte galten Serena, die erschrocken zusammenfuhr. »Warum erz#228;hlst du ihr nicht gleich, da#223; du aus Atlantis kommst und wir die Besatzung der NAUTILUS sind, die im Mittelmeer vor Anker liegt?« »Es tut mir ja leid!« verteidigte sich Serena. »Ich wollte es nicht sagen. Es... es ist mir einfach so herausgerutscht. Und au#223;erdem ist es die Wahrheit«, f#252;gte sie in leicht trotzigem Ton hinzu. »Was?« fragte Ben. »Da#223; mein Vater einen gr#246;#223;eren Sommerpalast hatte«, antwortete Serena. »Wenn das da schon das gr#246;#223;te Wunder eurer Welt ist, m#246;chte ich die kleineren gar nicht sehen. « »Immerhin haben »Schlu#223;!« sagte Trautman scharf. »Sie kommen zur#252;ck. « Serena und Ben wechselten noch ein paar zornige Blicke, hielten aber gehorsam den Mund. Lady Grandersmith war mittlerweile wieder in H#246;rweite. Mike drehte sich zu ihr herum -und erlebte eine weitere, nicht besonders angenehme #220;berraschung. Lady Grandersmith und Hasim waren nicht allein. Ihr F#252;hrer kam mit ihnen -aber im ersten Moment war Mike nicht sicher, wer wer war. Der andere Mann glich Hasim n#228;mlich aufs Haar -genauer gesagt, bis auf die letzte Faser seines schwarzen Kaftans. Die beiden waren vollkommen identisch gekleidet, gleich gro#223;, von der gleichen Statur, und sie bewegten sich sogar im selben Rhythmus. »Hoppla«, sagte Ben. »Wer ist das? Der dritte im Bunde?« Lady Grandersmith lachte leise. »Ich h#228;tte es anders ausgedr#252;ckt, aber du hast Recht. Hasim und Yasal geh#246;ren zum selben Stamm wie er. Deshalb war es auch so einfach f#252;r mich, diese Privatf#252;hrung f#252;r euch zu organisieren. « »Gibt's davon noch mehr?« fragte Ben. Diesmal lachte Lady Grandersmith nicht. »Ja«, antwortete sie ernst. »Und du solltest deine Zunge ein bi#223;chen h#252;ten, junger Mann. Sie sprechen zwar unsere Sprache nicht, aber ich kann dir versichern, da#223; sie sie ausgezeichnet verstehen. Und sie sind ein sehr stolzes Volk. « »Sie?« fragte Ben. »Al Achawwiya al sauda'«, antwortete Lady Grandersmith. »Das wolltest du doch h#246;ren, oder?« Ben war klug genug, nicht darauf zu antworten. Lady Grandersmith' Stimme war sehr scharf gewesen. Ihre anfangs so gute Stimmung war ohnehin schon fast verflogen, und Lady Grandersmith' Antwort auf Bensnicht besonders h#246;fliche Frage hatte noch ein #220;briges dazugetan. Nat#252;rlich ist sie nicht ernst gemeint, dachte Mike. Ganz bestimmt nicht. Nein, auf gar keinen Fall. Al Achawwiya al sauda' waren nichts als eine Legende. Basta. Auch wenn Yasal, Hasim und dieser dritte unheimliche Mann in Schwarz ganz genau so aussahen, wie er sich jemanden vorgestellt h#228;tte, der sich den dunklen M#228;chten und dem Teufel verschrieben hatte... Sie setzten ihren Weg sehr schweigsam fort, und die sonderbare Stimmung, die er bei ihrer Ankunft versp#252;rt hatte, ergriff allm#228;hlich wieder Besitz von ihm. Vielleicht lag es tats#228;chlich an der N#228;he der Pyramiden. Mike war nicht abergl#228;ubisch, aber hier sp#252;rte er, da#223; es wohl wirklich so etwas wie heilige Orte gab, und dieser hier geh#246;rte eindeutig dazu. Pl#246;tzlich stockte Serena mitten im Schritt. »Was ist denn »Sie ist zu gro#223;«, antwortete Serena. Diese Antwort verwirrte Mike, w#228;hrend sie Lady Grandersmith wieder einmal zu einem am#252;sierten Lachen Anla#223; gab. »Nat#252;rlich ist sie so gro#223;«, sagte sie. »Schlie#223;lich ist es nur eine Sagengestalt. Sie bewacht die Pyramiden, wei#223;t du?« Mike konnte regelrecht sehen, wie Serena zu einer Antwort ansetzte und sich dann im letzten Moment zusammenri#223;. Schweigend gingen sie weiter, aber w#228;hrend sie die Sphinx passierten, hing Serenas Blick weiter wie gebannt an der gigantischen Figur. »Und sie »Doch«, antwortete Serena ernst. »Ich. Zwei davon haben den Palast meines Vaters bewacht. « »Wie bitte?« keuchte Mike. »Du willst sagen, da#223; -« Er bemerkte sofort, da#223; er zu laut gesprochen hatte und Lady Grandersmith ihm und Serena einen schiefen Blick zuwarf. So schluckte er den Rest seiner Frage hinunter. Aber er nahm sich fest vor, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit wieder darauf zur#252;ckzukommen. Offensichtlich gab es noch eine Menge, was Serena ihm und den anderen #252;ber ihre Welt nicht erz#228;hlt hatte. Als sie am Fu#223; der gro#223;en Pyramide angekommen waren, blieb Lady Grandersmith stehen und wechselte einige kurze Worte in einer fremden Sprache mit ihrem F#252;hrer, worauf dieser nickte und mit raschen Schritten in der Dunkelheit verschwand. Mike registrierte mit#220;berraschung, da#223; die Worte nicht im Geringsten nach Arabisch geklungen hatten. »Er holt nur eine Lampe«, sagte Lady Grandersmith und warf einen pr#252;fenden Blick in die Runde, wobei sie vor allem Serena besonders aufmerksam musterte. »Ihr habt alle festes Schuhwerk angezogen, hoffe ich doch?« Darum hatte sie sie eigens gebeten, bevor sie losgefahren waren. Alle nickten, aber Ben konnte sich nicht verkneifen, zu fragen: »Wozu eigentlich? Ich dachte, wir gehen »Das tun wir auch, junger Mann«, antwortete Lady Grandersmith. »Aber ein bi#223;chen klettern m#252;ssen wir schon. Der Eingang liegt leider nicht ebenerdig, sondern ein St#252;ck dar#252;ber. « Bens Gesicht verd#252;sterte sich, und auch Mike war #252;ber die Aussicht, an der Pyramide hinaufzuklettern, alles andere als begeistert. Auch wenn die #252;bereinanderliegenden Bl#246;cke so etwas wie eine Treppe bildeten, so doch eine mit sehr hohen Stufen. Auch nur ein kleines St#252;ck darauf emporzusteigen w#252;rde zu einer ziemlichen Anstrengung werden. Trautmans Gedanken schienen wohl ganz #228;hnlich zu sein, denn er sagte: »Sind Sie sicher, da#223; das notwendig ist, Lady Grandersmith? Ich meine, es ist bereits dunkel, und so eine Kletterpartie ist nicht ungef#228;hrlich... « »Aber, Mister Trautman!« sagte Lady Grandersmith kopfsch#252;ttelnd. Ihre Stimme klang sp#246;ttisch. »Sie wollen mir doch nicht erz#228;hlen, da#223; Sie und die Kinder auf ihren Reisen nicht schon Schlimmeres geschafft haben?« Trautman blinzelte. Das war nun die direkteste Anspielung, die Lady Grandersmith machte; eigentlich schon eine fast unverbl#252;mte Frage. Mike fragte sich, wieviel Lady Grandersmith eigentlich #252;ber sie wu#223;te -und ob sie wirklich die harmlose Dame war, f#252;r die sie sie alle bisher gehalten hatten. Er w#252;nschte sich, sie h#228;tten Astaroth mitgenommen, aber leider hatte Trautman darauf bestanden, da#223; der Kater im Haus zur#252;ckblieb. »Au#223;erdem lohnt sich die kleine M#252;he«, fuhr Lady Grandersmith fort, als Trautman nicht antwortete. »Sie werden etwas zu sehen bekommen, von dessen Existenz die normalen Touristen nicht einmal etwas ahnen. « »Und was?« Lady Grandersmith lachte. »Warten Sie's ab. Ich verspreche Ihnen, da#223; Sie nicht entt#228;uscht sein werden. « Trautman blickte weiterhin mi#223;trauisch, aber er sagte nichts mehr, sondern fa#223;te sich in Geduld, bis ihr F#252;hrer zur#252;ckkam. Er brachte drei Petroleumlampen mit, die jedoch noch nicht brannten. Lady Grandersmith winkte auffordernd und begann als erste die hohen Steinquader hinaufzuklettern, und langsam folgten ihr die anderen. Es war ein unheimliches Gef#252;hl, in fast vollkommener Dunkelheit an der Au#223;enseite der Pyramide hinaufzuklettern; umso mehr, als sie kaum sahen, wohin sie traten. Der Himmel war zwar wolkenlos, aber es war beinahe Neumond, so da#223; die Pyramide wie ein riesiger gemauerter Berg #252;ber ihnen emporzuragen schien, dessen Gipfel schon nicht mehr zu sehen war. Und auch der Boden verschwand in endlosem Schwarz, kaum da#223; sie vier oder f#252;nf der Bl#246;cke erklommen hatten. Nach weiteren zehn Stufen h#246;rte Mike auf, sie zu z#228;hlen, aber es ging noch ein gutes St#252;ck weiter nach oben, bis Lady Grandersmith endlich anhielt und mit sichtlicher Ungeduld darauf wartete, da#223; Mike und die anderen zu ihr aufschlossen. Mikes Herz jagte von der Anstrengung, und seine H#228;nde und Knie zitterten leicht. Mittlerweile fand er ihren n#228;chtlichen Ausflug gar nicht mehr aufregend, sondern eher unheimlich und wahrscheinlich wirklich so gef#228;hrlich, wie Trautman vorher gesagt hatte. »Na, habt ihr noch Puste?« fragte Lady Grandersmith fr#246;hlich. »Das schon«, antwortete Trautman. »Aber wohin f#252;hren Sie uns eigentlich? Soviel ich wei#223;, liegt der Eingang zum Inneren der Pyramide auf der anderen Seite. « »Das stimmt«, antwortete Lady Grandersmith. »Aber wir nehmen nicht den offiziellen Eingang. « »Gibt es denn noch einen?« fragte Juan verbl#252;fft. »La#223;t euch #252;berraschen«, sagte Lady Grandersmith. »Es ist jetzt nicht mehr weit. « Mike und Juan tauschten einen erstaunten Blick. Einen Was in dem flackernden gelben Licht zum Vorschein kam, das verschlug Mike schier den Atem. Ihr F#252;hrer war verschwunden. Wo er gestanden hatte, g#228;hnte ein gut anderthalb Meter hohes, rechteckiges Loch in der scheinbar so massiven Wand der Pyramide. Dahinter war ein schmaler, schr#228;g in die Tiefe f#252;hrender Gang zu erkennen, der sich jedoch nach wenigen Metern in vollkommener Schw#228;rze verlor. Trautman sog ungl#228;ubig die Luft ein. »Aber das ist doch -« »Habe ich zu viel versprochen?« fragte Lady Grandersmith stolz. »Kommen Sie. Das Beste erwartet uns noch!« Sie trat geb#252;ckt durch den Eingang, wobei sie ungeduldig mit der freien Hand wedelte, ihr zu folgen. Trautman z#246;gerte sichtlich, doch schlie#223;lich gewann die Neugier. Er folgte Lady Grandersmith, und Mike und die anderen schlossen sich an. Mike bemerkte, da#223; Hasim den Abschlu#223; der kleinen Gruppe bildete. Er ma#223; dieser Beobachtung zwar keine besondere Bedeutung zu, aber sie gefiel ihm auch nicht. Der Gang war so schmal, da#223; sie nur hintereinandergehen konnten, und Trautmans breite Schultern die W#228;nde an beiden Seiten streiften. Der Boden fiel in steilem Winkel ab, so da#223; Mike instinktiv die Arme ausstreckte und sich an den groben Steinw#228;nden festhielt, um die Balance zu halten, und manchmal senkte sich die Decke, so da#223; er sich b#252;cken mu#223;te, um darunter durchzukommen. Wie Boden und W#228;nde bestand auch die Decke aus den gleichen, gewaltigen Steinquadern, aus denen die gesamte Pyramide errichtet worden war, und einige davon hatten sich offensichtlich gelockert. Einmal mu#223;ten sie #252;ber einen heruntergest#252;rzten Steinquader klettern, der den Stollen fast v#246;llig ausf#252;llte. Vielleicht, dachte Mike mit einem unguten Gef#252;hl, ist diese Pyramide gar nicht so massiv, wie allgemein angenommen wird... »Wohin f#252;hrt dieser Gang?« drang Trautmans Stimme aus der Dunkelheit vor ihnen zu ihm. Lady Grandersmith antwortete: »Nicht zur Schatzkammer, wenn Sie das erwarten, Mister Trautman. Aber vielleicht zu etwas, was noch viel wertvoller ist. « Trautman seufzte, ersparte es sich aber, eine weitere Frage zu stellen. Schweigend gingen sie weiter. Sie mu#223;ten l#228;ngst nicht nur den Boden wieder erreicht haben, sondern sich bereits tief unter dem Fundament der Pyramide befinden, bevor es vor Mike endlich wieder hell wurde: Trautman, Singh und Lady Grandersmith hatten angehalten und hielten die Lampen hoch. Mike atmete unwillk#252;rlich auf. Dabei machte er eine erstaunliche Entdeckung. Die Luft in dem schmalen, vielleicht seit Jahrtausenden verschlossen gewesenen Gang war sehr schlecht; so trocken und bitter, da#223; er ununterbrochen das Gef#252;hl hatte, husten zu m#252;ssen. Jetzt aber wurde sie mit einem Male besser. Es war k#252;hler geworden, und es Er ging schneller, erreichte endlich das Ende des schmalen Schachtes und blieb #252;berrascht stehen. Sie befanden sich in einer gro#223;en, sicherlich zwanzig Meter hohen und vielleicht f#252;nf- oder sechsmal so breiten, ovalen H#246;he. Soweit das Licht der drei Petroleumlampen reichte, bestanden die W#228;nde hier nicht mehr aus steinernen Quadern, sondern aus gewachsenem Felsgestein, das nur hier und da k#252;nstlich gegl#228;ttet worden war. Auf den so entstandenen, zumeist rechteckigen Fl#228;chen waren kunstvolle Reliefs herausgemei#223;elt worden, die noch deutliche Spuren von Bemalung aufwiesen. Sie stellten Szenen aus dem Leben des alten #196;gypten dar, wie Mike sie aus B#252;chern und gelegentlichen Museumsbesuchen kannte. »Gro#223;er Gott!« fl#252;sterte Juan. »Was ist das?« »Ich f#252;rchte, das wei#223; niemand«, antwortete Lady Grandersmith leise. Ihre Stimme hatte einen sonderbaren, lang nachhallenden Klang, der Mike verriet, da#223; die H#246;hle wahrscheinlich wesentlich gr#246;#223;er war, als sie im Schein der drei Lampen erkennen konnten. »Aber ich habe eine Theorie. Kommt mit!« Sie hob ihre Lampe und ging langsam weiter. Mike und die anderen folgten ihr. Mike sah sich mit heftig klopfendem Herzen um. Er entdeckte weitere Reliefarbeiten. Hier und da waren Nischen in die W#228;nde gehauen, die zwar allesamt leer waren, in denen sich aber fr#252;her sicherlich irgend etwas befunden hatte. Vielleicht goldene Statuen? dachte er. Vielleicht t#228;uschte sich Lady Grandersmith ja, und dies war tats#228;chlich einmal die sagenumwobene Schatzkammer der Cheopspyramide gewesen. Aber wenn, wohin waren dann all die Kostbarkeiten verschwunden? Eines dieser Reliefs erweckte Mikes besondere Aufmerksamkeit. Es pa#223;te nicht so recht zwischen die anderen, auch wenn es sichtlich mindestens genauso alt war. Es stellte einen Kreis dar, von dessen R#228;ndern d#252;nne, gezackte Linien nach au#223;en liefen, wie eine krakelig gemalte Sonnenscheibe. In seinem Zentrum war ein wirres Durcheinander von Linien, Strichen und d#252;nnen Umrissen, die auf eine fast unheimliche Weise ineinanderzuflie#223;en schienen, fast als alter Lumpen, der am Boden lag. »Was ist das?« fragte Trautman. Er wollte sich vorbeugen, aber Lady Grandersmith fiel ihm mit einer fast erschrockenen Bewegung in den Arm. »Nicht anfassen!« sagte sie. »Es ist sehr empfindlich. Als ich das erste Mal hier war, h#228;tte ich es fast zerst#246;rt. Seien Sie vorsichtig - bitte. « Trautman trat gehorsam wieder einen halben Schritt zur#252;ck und lie#223; sich dann in die Hocke sinken, um den sonderbaren Fund zu begutachten. Die anderen versammelten sich um ihn herum und blickten ebenfalls neugierig auf das herab, was da im flackernden gelben Licht der Lampen vor ihnen lag. Trotzdem dauerte es noch eine geraume Weile, bis Mike wirklich begriff, was er da sah. Er fuhr erschrocken zusammen. »Das... das ist eine... eine Mumie!« »Igitt!« sagte Chris -und beugte sich aufgeregt noch weiter vor. Trautman nickte. »Du hast Recht. Es »Wenn Sie dasselbe denken, was ich denke, glaube ich, da#223; wir beide recht haben k#246;nnten«, sagte Lady Grandersmith. »Man hat den Sarkophag des Pharaos nie gefunden. Die Grabkammer war leer. Aber ich glaube, ich wei#223;, warum. « »Wie bitte?« fragte Mike ungl#228;ubig. »Sie... Sie meinen, »-ist die wirkliche Grabkammer, ja«, fiel ihm Lady Grandersmith ins Wort. »Es war damals ein beliebter Trick. Die Pharaonen hatten vor nichts so viel Angst wie vor Grabr#228;ubern. Deshalb legten sie falsche Spuren. G#228;nge, die im Nichts endeten oder auch in t#246;dlichen Fallen, leere Grabkammern manchmal sogar kleinere Gr#228;ber, in denen sich tats#228;chlich einige Kostbarkeiten befanden, in der Hoffnung, da#223; die R#228;uber sich damit zufriedengeben und abziehen w#252;rden, ohne den wirklichen Schatz zu finden. Ich vermute, da#223; das, was man f#252;r die Grabkammer h#228;lt, eine solche falsche Spur ist. « »Aber dann... dann w#228;re das hier ja... der Pharao!« murmelte Juan ungl#228;ubig. »Und wo ist der Sarkophag? Und all die Sch#228;tze, die man Cheops angeblich mitgegeben hat?« fragte Chris. »Gestohlen«, sagte Lady Grandersmith traurig. »Alles hat am Ende nichts genutzt. Sie haben den Zugang doch gefunden und alles mitgenommen - bis hin zu dem goldenen Sarkophag, in dem er bestattet wurde. « »Und den Toten haben sie einfach so hingeworfen und liegengelassen?« fragte Serena ersch#252;ttert. »So sind Menschen nun oft einmal«, antwortete Lady Grandersmith. »Denk mal an das, was »Wenn das wahr ist... wissen Sie eigentlich, welch ungeheure Entdeckung Sie hier gemacht haben, Lady Grandersmith? Sie m#252;ssen es der Wissenschaft sagen. Das ist -« »Du irrst dich«, sagte Lady Grandersmith. »Ich will es euch zeigen. Kommt. « Sie hob ihre Lampe und ging weiter. Mike hatte sich gr#252;ndlich versch#228;tzt, was die Gr#246;#223;e der H#246;hle anging. Sie entfernten sich sicher hundert Meter oder mehr von der Mumie, ohne da#223; in der Dunkelheit vor ihnen eine Mauer aufgetaucht w#228;re, und ihre Schritte riefen noch immer dieses lang anhaltende, unheimliche Echo hervor. Daf#252;r wurde es merklich k#252;hler. Schlie#223;lich erreichten sie das gegen#252;berliegende Ende der H#246;hle. Allerdings sah es vollkommen anders aus, als Mike erwartet hatte. Es bestand nicht aus Fels oder einer Wand aus riesigen Quadern. Vor ihnen lag ein riesiger, unterirdischer See. »Unglaublich!« fl#252;sterte Trautman. Seine Stimme zitterte vor Erregung. »Das ist... phantastisch. « Er hob seine Lampe hoch #252;ber den Kopf, aber so weit das Licht auch reichte, es war kein Ende der schimmernden Wasserfl#228;che zu erkennen. »Das mu#223; ein unterirdischer Seitenarm des Nil sein!« »Sie t#228;uschen sich«, sagte Lady Grandersmith. »Das hier ist kein unterirdischer Flu#223;. « »Aber was dann?« fragte Chris verwundert. »Das wirkliche Geheimnis der Cheopspyramide«, antwortete Lady Grandersmith, »das der Pharao f#252;r alle Zeiten mit in sein Grab genommen hat. Vielleicht der gr#246;#223;te Schatz, den dieses Land besitzt. « »Schatz?« fragte Serena. »Aber es ist doch nur Trautman runzelte die Stirn, ging in die Knie und tauchte die Hand ins Wasser. Er leckte vorsichtig an seinen Fingerspitzen und zog dann #252;berrascht die Brauen zusammen. »Das ist S#252;#223;wasser«, sagte er. Lady Grandersmith nickte. »Ja, unvorstellbare Mengen davon. Es speist die Oasen und Brunnen, die dieses Land hat, seit Jahrtausenden, und es wird dies f#252;r weitere Jahrtausende zuverl#228;ssig tun. Das ist das wahre Geheimnis der Pharaonen. Der Grund ihres Reichtums. Sie wu#223;ten, wo das Wasser zu finden war. « »Und haben dieses Wissen f#252;r sich behalten?« fragte Ben. »Warum? Sie h#228;tten aus dieser W#252;ste wieder ein Paradies machen k#246;nnen!« »Sicher«, stimmte ihm Lady Grandersmith zu. »Aber f#252;r wie lange, Ben? Dieser See ist gewaltig, aber er ist nicht unersch#246;pflich. Die Menschen neigen leider dazu, nur an sich zu denken, nicht an die, die vielleicht nach ihnen kommen. W#252;#223;te man um die Existenz dieses Sees, dann w#252;rden sie anfangen, ihn r#252;cksichtslos auszubeuten. Sie w#252;rden Brunnen bohren; #252;berall. Hunderte, Tausende, vielleicht Zehntausende. Und f#252;r vielleicht hundert Jahre, vielleicht auch nur zwanzig oder drei#223;ig, w#252;rde die W#252;ste tats#228;chlich wieder zu einem bl#252;henden Garten. Und dann? Irgendwann w#228;re das Wasser ersch#246;pft, und das Land w#252;rde endg#252;ltig sterben. Nein, glaub mir -es ist schon gut so, wie es ist. Dieses Geheimnis darf niemals bekannt werden. « F#252;r eine Weile wurde es sehr still, und dann sagte Trautman leise: »Das ist... phantastisch, Lady Grandersmith. Einfach unvorstellbar. Aber gestatten Sie mir eine Frage?« »Nat#252;rlich. « »Wenn dieses Geheimnis tats#228;chlich so gro#223; ist, und seit Jahrtausenden so gut geh#252;tet wird -wieso haben Sie uns dann hierhergebracht?« Lady Grandersmith l#228;chelte. »Ich dachte schon, Sie stellen diese Frage nie, Mister Trautman. Ich beantworte Sie Ihnen gerne. Ich brauche Sie. « »Mich?« »Euch alle«, verbesserte sich Lady Grandersmith. »Und euer Schiff. « Sie deutete auf das Wasser. »Dieser See hat eine unterirdische Verbindung zum Ozean. Es gibt etwas, was hierhergebracht werden mu#223;. Sehr schnell und unbemerkt. « »Was?« wollte Mike wissen. »Das kann ich euch nicht sagen«, antwortete Lady Grandersmith. »Noch nicht. Aber der einzige Weg, es schnell genug hierherzubringen und ohne Aufsehen zu erregen, ist der #252;ber das Wasser. « »Aber wie kommen Sie auf die Idee, da#223; wir Ihnen dabei helfen k#246;nnten?« fragte Trautman mi#223;trauisch. Lady Grandersmith sch#252;ttelte tadelnd den Kopf. »Aber Mister Trautman, ich bitte Sie! Nach allem, was ich Ihnen gezeigt habe, sollten auch Sie ehrlich zu mir sein. « »Ich verstehe nicht, was Sie meinen«, antwortete Trautman. Er klang pl#246;tzlich sehr nerv#246;s. »Tats#228;chlich nicht? Nun, der einzige Weg, hierherzukommen, ohne da#223; die Menschen oben es bemerken, f#252;hrt #252;ber diesen Flu#223;. Und Sie, mein lieber Trautman, und Ihre jungen Freunde hier besitzen das einzige Schiff auf dieser Welt, das diesen Weg nehmen kann. « »Von welchem Schiff reden Sie?« fragte Trautman jetzt nicht mehr nerv#246;s, sondern regelrecht entsetzt. »Von der NAUTILUS nat#252;rlich«, antwortete Lady Grandersmith. »Wovon denn sonst?« Mike konnte sich kaum daran erinnern, wie sie die Pyramide verlassen hatten; geschweige denn an den R#252;ckweg. Von der Faszination, mit der sie der verborgene Zugang zu der Pyramide und deren uraltes Geheimnis erf#252;llt hatte, war nichts mehr geblieben. Lady Grandersmith' Er#246;ffnung hatte ihnen allen einen regelrechten Schock versetzt -er begriff einfach nicht, wie er sich derartig in der vermeintlich harmlosen freundlichen Lady hatte t#228;uschen k#246;nnen. Sie waren in dem gro#223;en Kaminzimmer der Villa zusammengekommen. Yasal hatte Tee und Geb#228;ck serviert, das jedoch keiner von ihnen auch nur anger#252;hrt hatte, obwohl es wirklich verlockend duftete. Aber ihnen war nicht nach Essen zumute. »Nun, Mister Trautman«, begann Lady Grandersmith, nachdem sie eine geraume Weile vergeblich darauf gewartet hatte, da#223; ihre G#228;ste den Imbi#223; zu sich nahmen, und ihre G#228;ste umgekehrt, da#223; Yasal und Hasim gingen. »Ich denke, Sie hatten jetzt hinl#228;nglich Zeit, #252;ber meine Worte nachzudenken. Ich m#246;chte nicht unh#246;flich sein und dr#228;ngen, aber uns bleibt nicht mehr sehr viel Zeit. Und es gibt eine Menge Vorbereitungen zu treffen, wenn Sie verstehen, was ich meine. « Trautman warf einen hilfesuchenden Blick in die Runde und z#246;gerte einige Sekunden, ehe er endlich antwortete: »Ich f#252;rchte, ich verstehe immer noch nicht so ganz, was... was Sie #252;berhaupt von uns erwarten, Mylady. « Lady Grandersmith seufzte. »Mister Trautman, ich bitte Sie«, sagte sie. »Vorhin in der Pyramide habe ich Ihre Reaktion ja noch verstanden, aber ich habe Ihnen nun wirklich genug Zeit gelassen, oder?« »Aber Zeit wozu denn?« fragte Trautman. »Ich verstehe #252;berhaupt nicht, wovon Sie reden!« »Davon, da#223; ich Ihre Hilfe brauche«, antwortete Lady Grandersmith geduldig. »Die und die Ihrer jungen Freunde hier und vor allem die Ihres Schiffes. « »Ich f#252;rchte, hier liegt ein gro#223;es Mi#223;verst#228;ndnis vor, Mylady«, sagte Trautman. »Wir sind nichts als -« »-die komplette Besatzung der NAUTILUS«, fiel ihm Lady Grandersmith ins Wort. Sie klang jetzt h#246;rbar ungeduldig und auch ver#228;rgert. »Und Lady Grandersmith sah ihn einen Augenblick lang durchdringend an, ehe ein leichtes, aber ehrlich wirkendes L#228;cheln auf ihren Lippen erschien. »Ah, Prinz Dakkar«, sagte sie. »So scharfsinnig und klug wie dein Vater, wie ich sehe. « Sie deutete auf Trautman. »Warum sprichst du nicht mit deinem Freund und versuchst, ihn zur Vernunft zu bringen?« »Wie haben Sie mich genannt?« fragte Mike. Er hatte alle M#252;he, sich seinen Schrecken nicht zu deutlich anmerken zu lassen. Es war lange her, da#223; ihn jemand mit diesem Namen angeredet hatte obwohl es sowohl sein richtiger Name als auch sein korrekter Titel war.Aber bis zu dieser Sekunde war er der festen #220;berzeugung gewesen, da#223; es auf der ganzen Welt nur sieben Menschen gab, die das wu#223;ten, ihn eingeschlossen. Lady Grandersmith seufzte erneut. »Also gut«, sagte sie. »Wenn ihr unbedingt darauf besteht, ein Spiel zu spielen... Ich wei#223; durchaus, wer du bist, junger Mann. Du bist Prinz Dakkar, der einzige Sohn einer englischen Lady und eines indischen Adeligen, der allerdings weitaus besser unter dem Namen Kapit#228;n Nemo bekannt ist -und nach seinem Tod nicht nur der Erbe seines bedeutenden Verm#246;gens, sondern auch seines Schiffes. « »Interessant«, sagte Mike. »Von welchem Schiff reden Sie?« Lady Grandersmith ignorierte die Frage und deutete nacheinander auf Ben, Juan und Chris. »Du bist zusammen mit deinen drei Freunden hier vor gut drei Jahren aus England verschwunden. Alle Welt glaubt, ihr w#228;rt bei einem Schiffsungl#252;ck ertrunken, aber das war nur vorget#228;uscht, nicht wahr? In Wahrheit seid ihr zusammen mit zwei weiteren Jungen zu einer Karibikinsel gefahren, die auf keiner Karte zu finden ist; einem jungen Deutschen, dem Sohn eines Kapit#228;ns der Kriegsmarine, und einem Franzosen. Dort habt ihr die von aller Welt untergegangen geglaubte NAUTILUS gefunden und mit Hilfe Kapit#228;n Trautmans wieder seet#252;chtig gemacht. Seither befahrt ihr damit die Weltmeere und seid abwechselnd auf der Flucht vor der deutschen und der englischen Kriegsmarine nebst einiger anderen unerfreulichen Zeitgenossen, die sich zu gerne das Geheimnis der NAUTILUS aneignen w#252;rden. « Trautman war kreidebleich geworden, und auch Mike sp#252;rte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich. Keiner von ihnen sagte auch nur ein Wort. »Soll ich noch mehr erz#228;hlen?« fragte Lady Grandersmith. Als niemand antwortete, fuhr sie fort: »Euer Freund Andre ist von einer Expedition auf den Meeresgrund nicht zur#252;ckgekehrt; Kapit#228;n Winterfelds Sohn Paul kam im vergangenen Herbst ums Leben; ebenso wie sein Vater, der versuchte, sich die NAUTILUS anzueignen, um mit ihrer Hilfe eine neue Eiszeit heraufzubeschw#246;ren. Ihr seht also, ich bin gut informiert. « Sie schwieg einen Moment, w#228;hrend dem ihr Blick durchdringend auf Serena ruhte. »Nur wer du bist, junge Dame, wei#223; ich nicht genau. Jedenfalls wu#223;te ich es bis jetzt nicht. Aber seit heut abend habe ich da gewisse... Vermutungen. Der Palast deines Vaters war tats#228;chlich viermal so gro#223; wie die Pyramiden von Gizeh, sagst du? Das ist beeindruckend. « »Lady Grandersmith«, sagte Trautman scharf. »Das ist die phantastischste Geschichte, die ich jemals geh#246;rt habe, aber ich versichere Ihnen, da#223; wir nicht die geringste Ahnung haben -« »Aber, aber«, unterbrach ihn Lady Grandersmith kopfsch#252;ttelnd. »Ein Mann sollte begreifen, wann er verloren hat, Mister Trautman -oder sollte ich besser sagen »Wie?« fragte Ben #252;berrascht. Trautman sah betroffen drein, antwortete aber nicht. An seiner Stelle tat es Lady Grandersmith. »Um genau zu sein, Lady Grandersmith machte sich nicht die M#252;he, darauf einzugehen. »Ich beobachte Sie und diese tapferen Kinder hier seit dem Tag, an dem Sie die NAUTILUS wieder flottgemacht haben«, sprach sie weiter. »Ich wei#223; nicht alles #252;ber Sie, aber doch das meiste. Ich h#228;tte schon eher Kontakt mit Ihnen aufgenommen, aber es ist nicht leicht, Sie zu finden. Immerhin versucht es praktisch die gesamtezivilisierte Welt seit drei Jahren. #220;brigens mein Kompliment -wie Sie aus der Falle vor der schottischen K#252;ste entkommen sind, das war eine nautische Meisterleistung, die Ihnen so schnell keiner nachmacht. « »Sie haben die ganze Zeit #252;ber offensichtlich aufgegeben, zu leugnen. »Weil ich Ihre Hilfe brauche«, antwortete Lady Grandersmith. »Sagte ich das nicht? Es gibt etwas, was getan werden mu#223;. Etwas von unglaublicher Wichtigkeit, auch wenn ich Ihnen im Moment noch nicht sagen kann, was es ist. Und die NAUTILUS ist das einzige Schiff auf der Welt, das dazu in der Lage ist. « »Uns zu entf#252;hren und fast umzubringen ist nicht unbedingt der richtige Weg, um uns um unsere Hilfe zu bitten«, sagte Juan. Lady Grandersmith sah pl#246;tzlich ein bi#223;chen verlegen drein. Sie warf einen raschen Blick zu der schwarzverh#252;llten Gestalt neben sich, ehe sie antwortete. »Damit hast du wahrscheinlich sogar recht, mein Junge. Ich habe Yasal und Hasim gesagt, da#223; es der falsche Weg ist, aber sie sind... sagen wir, manchmal etwas eigen in der Wahl ihrer Mittel. Und es f#228;llt mir oft schwer, sie zu #252;berzeugen. « »Also war die Entf#252;hrung »Das wei#223; ich, und ich bedauere es zutiefst«, antwortete Lady Grandersmith. »Ich entschuldige mich daf#252;r. « »Und ich nehme an, Sie haben auch daf#252;r gesorgt, da#223; wir aus dem Hotel geworfen wurden«, sagte Juan grollend. Diesmal l#228;chelte Lady Grandersmith. »Ich gestehe es. Irgendwie mu#223;te ich euch doch schlie#223;lich hierherbekommen, oder? Und dieses Haus ist doch wirklich komfortabler als das Hotel, das mu#223;t du zugeben. #220;brigens -es geh#246;rt dem Hotelmanager, falls es dich interessiert. Er ist ein guter Freund von mir. « »Aber warum das Ganze?« fragte Trautman. »Ich meine: Wenn Sie wirklich unsere Hilfe brauchen, h#228;tten Sie uns einfach fragen k#246;nnen. Es w#228;re nicht n#246;tig gewesen, die Kinder in Lebensgefahr zu bringen. « »Ich glaube nicht, da#223; Sie mir in Kairo #252;berhaupt zugeh#246;rt h#228;tten«, antwortete Lady Grandersmith. »Sie w#252;rden doch am liebsten jetzt noch leugnen, da#223; Sie der sind, der Sie nun einmal sind, und da#223; es die NAUTILUS #252;berhaupt gibt, oder?« »Hm«, machte Trautman. »Nun?« fragte Lady Grandersmith. »Werden Sie mir helfen?« »Helfen?« Trautman lachte b#246;se. »Wohl kaum, wenn Sie uns nicht einmal sagen, wobei. Wenn Sie wirklich so genau #252;ber uns alle Bescheid wissen, sollten Sie sich das eigentlich selbst sagen. « »Es ist im Grunde ganz einfach«, antwortete Lady Grandersmith nach kurzem #220;berlegen - und nachdem sie wieder einen raschen Blick mit Yasal getauscht hatte. »Es gibt etwas, was hierhergebracht werden mu#223;, in die gro#223;e Pyramide. Wir k#246;nnen es aus bestimmten Gr#252;nden nicht riskieren, es #252;ber Land zu transportieren, und wir k#246;nnen es schon gar nicht riskieren, da#223; irgend jemand davon erf#228;hrt. Der einzige Weg, der bleibt, ist der #252;ber den unterirdischen Flu#223;. Und dazu brauchen wir die NAUTILUS. « »Angenommen«, sagte Trautman, »es g#228;be dieses sagenumwobene Schiff wirklich -nur einmal angenommen -, dann verstehe ich Sie immer noch nicht. Die NAUTILUS ist wei#223; Gott nicht das einzige Unterseeboot auf der Welt. Sie h#228;tten sehr viel leichter ein anderes bekommen k#246;nnen. Man kann sie sogar chartern, wissen Sie? Es ist teuer, aber es geht. « »Aber die NAUTILUS ist das einzige Schiff auf der Welt, das in der Lage ist, das, was wir brauchen, zu finden und hierherzubringen«, antwortete Lady Grandersmith. »Zu finden?« hakte Trautman nach. »Was soll das hei#223;en? Was ist es, und »Ich habe euch das Geheimnis der Pyramide gezeigt, aber es ist nur eines von »Dann ist es wahr, was Sie uns #252;ber die Schwarze Bruderschaft erz#228;hlt haben?« fragte Chris. Er starrte Hasim aus gro#223;en Augen an. »Da#223; sie Zauberer sind, die sich mit dem Teufel verb#252;ndet haben?« Lady Grandersmith lachte. »Nat#252;rlich nicht. Aber wahr ist, da#223; sie »Und Sie werden uns selbstverst#228;ndlich knurrte Trautman. Lady Grandersmith #252;berging die Bemerkung. »Vor drei Jahren beschlossen sie, das, von dem ich vorhin sprach, an einen anderen Ort bringen zu lassen; einen Ort, an dem es sicher w#228;re, auch wenn es sie nicht mehr g#228;be. Es gelang ihnen mit meiner Hilfe, den - sagen wir wirklichen -Schatz der Cheopspyramide unbemerkt au#223;er Landes zu bringen. « »Ohne die NAUTILUS?« fragte Trautman sp#246;ttisch. Diesmal antwortete Lady Grandersmith. »Die Situation war v#246;llig anders, Mister Trautman«, sagte sie. »Wir hatten Zeit, und es herrschte kein Krieg, wie jetzt. Wir brachten den Schatz au#223;er Landes und transportierten ihn nach England, wo ich genug einflu#223;reiche Freunde hatte, die uns weiterhalfen. « »Und dort ist er heute noch«, vermutete Trautman. Er sch#252;ttelte den Kopf. »Ich mu#223; Sie entt#228;uschen, Lady Grandersmith. Sie haben es selbst gesagt -es ist Krieg. Nicht einmal die NAUTILUS k#246;nnte sich einem englischen Hafen unbemerkt n#228;hern. « »W#228;re der Schatz noch in England, w#252;rden wir Sie nicht brauchen«, erwiderte Lady Grandersmith kopfsch#252;ttelnd. »Nein, ich f#252;rchte, ich habe einen Fehler gemacht. « »Einen Fehler?« »Ich wollte ganz sicher gehen, verstehen Sie?« sagte Lady Grandersmith. »Ich lie#223; die Fracht auf das gr#246;#223;te und sicherste Passagierschiff verladen, das es zu jenem Zeitpunkt auf der Welt gab, um nur ja jedes Risiko auszuschlie#223;en. Das Schiff verlie#223; Liverpool im Winter des Jahres neunzehnhundertzw#246;lf und nahm Kurs auf Amerika. Es kam niemals an. « Trautmans Augen wurden gro#223;, und alle Farbe wich aus seinem Gesicht. Ben war erschrocken zusammengefahren, und Mike f#252;hlte einen eisigen Schauer #252;ber seinen R#252;cken gleiten. »Sie... Sie wollen damit andeuten, da#223; das Schiff-« begann er. »Es war die TITANIC«, sagte Lady Grandersmith leise. »Sie wissen, was geschah. Sie kollidierte mit einem Eisberg und sank in kurzer Zeit. « »Die TITANIC?« Mike h#228;tte das Wort fast geschrieen. Mit einem Mal begriff er den Ausdruck ungl#228;ubigen Schreckens auf Trautmans Gesicht. Jeder hatte von der furchtbaren Katastrophe geh#246;rt, die das gewaltige Schiff auf seiner Jungfernfahrt heimgesucht hatte. Es war mit mehr als eintausendf#252;nfhundert Passagieren an Bord in den eisigen Fluten versunken, und niemand wu#223;te genau, wo. »Ja«, sagte Lady Grandersmith traurig. »Der Schatz befand sich in den Lader#228;umen der TITANIC, als sie unterging. Und dort ist er noch heute. Es gibt nur ein einziges Schiff auf der Welt, das in der Lage ist, ihn zu bergen und hierher zur#252;ckzubringen. Die NAUTILUS. « Mike war wie vor den Kopf geschlagen. Wu#223;te Lady Grandersmith denn #252;berhaupt, was sie da verlangte? Das Wrack der TITANIC lag irgendwo auf dem Meeresgrund, wahrscheinlich Tausende und aber Tausende von Metern tief und m#246;glicherweise sogar in St#252;cke gebrochen. Und das schlimmste war - niemand wu#223;te genau, »Ich bin #252;ber den Zustand Ihres Schiffes informiert«, sagte Lady Grandersmith. Ihre Stimme klang noch immer freundlich, aber nun lag eine Spur von H#228;rte darin. »Es liegt unweit des Hafens von Alexandria auf dem Meeresgrund und wartet auf Sie. Es ist wahr, da#223; die NAUTILUS besch#228;digt ist, aber nicht ann#228;hernd so schlimm, wie Sie behaupten. Was Sie noch an Ersatzteilen brauchen, werden wir bis morgen Abend herschaffen. Und Yasal und Hasim werden Ihnen bei der Reparatur helfen. Die NAUTILUS kann in l#228;ngstens f#252;nf Tagen auslaufen. « »Aber das ist nicht dasselbe!« protestierte Trautman. »Es ist ein Unterschied, f#252;nf Meter unter der Wasseroberfl#228;che dahinzufahren oder m#246;glicherweise f#252;nftausend Meter tief auf den Meeresgrund zu tauchen. « »Die TITANIC liegt in einer Tiefe von etwas #252;ber zweitausend Metern«, antwortete Lady Grandersmith. »Das ist f#252;r die NAUTILUS kein Problem. « »Nicht unter normalen Umst#228;nden«, sagte Trautman grimmig. »Jetzt kann es unseren sicheren Tod bedeuten. Sie wissen, was am Polarkreis geschehen ist. Das Schiff wurde schwer besch#228;digt. Eine einzige undichte Naht, ein winziger Ri#223;, der vielleicht mit blo#223;em Auge nicht einmal zu sehen w#228;re, und wir werden zerquetscht wie eine Konservendose. Ich brauche »Soviel Zeit bleibt uns nicht«, erwiderte Lady Grandersmith k#252;hl. »Yasal und Hasim m#252;ssen ihre Aufgabe in zwei Wochen erledigt haben. « »Unm#246;glich!« sagte Trautman entschieden. »Es gibt ein gewisses Risiko, das gebe ich zu«, sagte Lady Grandersmith. »Aber ich f#252;rchte, das m#252;ssen Sie in Kauf nehmen. « »Ich glaube kaum, da#223; Sie das entscheiden k#246;nnen«, erwiderte Trautman. »Meine Antwort ist nein. Endg#252;ltig. Ich werde weder das Leben der Kinder noch die Existenz der NAUTILUS wegen etwas aufs Spiel setzen, von dem ich nicht einmal wei#223;, was es ist. « Er stand auf. »Ich danke Ihnen f#252;r Ihre Gastfreundschaft, Lady Grandersmith, aber ich denke, es ist besser, wenn wir jetzt gehen. « »Mitten in der Nacht?« Lady Grandersmith lachte. Es klang nicht besonders am#252;siert. »Machen Sie sich nicht l#228;cherlich, Mister Trautman. Wir sind hier mitten in der W#252;ste. Vier oder f#252;nf Stunden Fu#223;marsch von der n#228;chsten menschlichen Behausung entfernt. « »Wir haben schon Schlimmeres #252;berstanden«, sagte Ben. »Trautman hat recht -wir gehen. « »Ich f#252;rchte, das kann ich nicht zulassen«, antwortete Lady Grandersmith. Ben runzelte die Stirn. Mike bemerkte, wie Singh hinter ihn trat und sich unmerklich spannte. »Wie bitte?« fragte Trautman. »Wie meinen Sie das?« »Es tut mir aufrichtig leid«, sagte Lady Grandersmith. Aber ich mu#223; darauf bestehen, da#223; Sie hierbleiben. « »Und was hei#223;t das genau?« fragte Trautman. »Sind wir vielleicht so etwas wie Ihre Gefangenen?« »Ich h#228;tte eine andere L#246;sung vorgezogen«, sagte Lady Grandersmith ernst. »Aber es ist wohl so. « »Kaum«, antwortete Trautman. Er trat herausfordernd auf Lady Grandersmith und ihre beiden Begleiter zu, und sofort machte Yasal einen Schritt und stellte sich sch#252;tzend vor seine Herrin. »Bitte, Mister Trautman«, sagte Lady Grandersmith. »Machen Sie es nicht noch schlimmer. « Und dann ging alles ganz schnell. Singh sprang blitzartig an Trautman vorbei und versuchte mit einer fast t#228;nzerisch anmutenden Bewegung Yasal zu packen. Der Sikh beherrschte die Kampftechnik seiner Kasteperfekt. Das unscheinbare #196;u#223;ere des Inders t#228;uschte. Mike hatte einmal mit eigenen Augen gesehen, wie Singh mit Aber er war auch noch nie auf jemanden wie Yasal gesto#223;en. Yasal tat etwas, was keiner von ihnen richtig sah. F#252;r eine Sekunde schien er zu einem Schatten zu werden, und als Mike ihn wieder richtig erkennen konnte, lag Singh am Boden und rang keuchend nach Luft. Die beiden Beduinen brachten sie in eines der G#228;stezimmer, das nur ein einziges vergittertes Fenster hatte. Lady Grandersmith verabschiedete sich mit den Worten von ihnen, sie f#252;r eine Stunde allein zu lassen, in der sie sich ihre Entscheidung noch einmal #252;berlegen konnten, und ging dann, begleitet von Hasim und Yasal. Kaum hatte sie die T#252;r hinter sich geschlossen, da eilte Ben auch schon zum Fenster, #246;ffnete es und r#252;ttelte mit aller Kraft an den Gitterst#228;ben. Sie r#252;hrten sich nicht. »La#223; es sein«, sagte Mike niedergeschlagen. »Das hat keinen Zweck. « »Wenn mir keiner hilft, bestimmt nicht«, sagte Ben w#252;tend. »Zu zweit oder dritt k#246;nnten wir es schaffen. So stabil sind die St#228;be nicht. « »Selbst wenn, w#228;re es sinnlos«, sagte Trautman. Er sch#252;ttelte traurig den Kopf. »Wir k#228;men keine zwei Meilen weit, bevor sie uns -« Er brach ab, da die T#252;r wieder ge#246;ffnet wurde und einer der beiden Beduinen erschien. Er trug ein schwarzes, heftig fauchendes und um sich schlagendes Fellb#252;ndel auf den Armen, das er in hohem Bogen zu ihnen hereinwarf. Astaroth landete geschickt auf allen vieren, fuhr auf der Stelle herum und wollte sich auf Hasim st#252;rzen, aber Serena rief ihm einen kurzen Befehl zu, und der Kater hielt inne. Hasim starrte ihn noch eine Sekunde lang an, dann fuhr er herum und warf die T#252;r lautstark hinter sich ins Schlo#223;. Astaroth fauchte entt#228;uscht und str#228;ubte das Fell. »Typisch!« sagte Ben verdrie#223;lich. »Jetzt, wo es zu sp#228;t ist, spielt er sich auf. « Mike sch#252;ttelte seufzend den Kopf, aber er ersparte es sich, irgend etwas darauf zu sagen. Bens scheinbare Feindseligkeit war seine Art, mit dem Schock fertig zu werden. Er meinte es nicht so, das wu#223;ten sie alle; selbst Astaroth. Trotzdem wandte er sich an den Kater und sagte laut, damit alle es h#246;rten: »Nimm es ihm nicht #252;bel, Astaroth. Er ist nur durcheinander. « »Nichts«, antwortete Mike hastig. Er warf einen raschen Blick zu Singh hin#252;ber, der vorn#252;bergebeugt auf dem Sofa sa#223; und die Hand gegen den Leib pre#223;te. Der Inder war nicht schwer verletzt, aber Mike zweifelte keine Sekunde daran, da#223; Yasal ihn mit einer einzigen Handbewegung h#228;tte t#246;ten k#246;nnen, wenn er gewollt h#228;tte. »Ist auch besser so«, maulte Ben. »H#246;rt auf!« sagte Trautman streng. Er ma#223; Astaroth und Ben mit einem strafenden Blick. »Wir haben wirklich Besseres zu tun, als uns zu streiten. « »So?« gab Ben zur#252;ck. »Und was?« »Zum Beispiel dar#252;ber nachzudenken, was wir tun k#246;nnen«, sagte Juan. »Ich verstehe einfach nicht, wie sie uns so hereinlegen konnte!« »Das versteht niemand«, sagte Trautman. »Ich dachte immer, ich w#228;re ein guter Menschenkenner, aber ich mu#223; gestehen, da#223; sie auch mich get#228;uscht hat. Wer ist diese Frau nur?« »Jedenfalls keine harmlose Lady«, murrte Ben. »Wenn ich nicht so w#252;tend w#228;re, w#252;rde ich sie bewundern. Sie wei#223; tats#228;chlich alles #252;ber uns. « »Fast alles«, sagte Serena. Alle sahen sie #252;berrascht an, und Serena fuhr fort. »Offensichtlich wei#223; sie nicht, wer ich bin. Und ich glaube, sie wei#223; auch nicht, wer Astaroth ist. Und schon gar nicht, einem Jahren zusammen waren. »Dann frag ihn, worum es hier wirklich geht. « »Wirklich? Wie meinen Sie das?« »Ich kann mir einfach nicht vorstellen, da#223; sie blo#223; hinter einem »Das will ich ja gerade von Astaroth wissen«, sagte Trautman. Er sah den Kater auffordernd an, erntete aber nur ein zaghaftes Blinzeln. »Was soll das hei#223;en?« fragte Mike. »Kannst du ihre Gedanken lesen oder nicht?« Astaroth machte eine Bewegung, die fast wie ein menschliches Achselzucken wirkte. Mike #252;bersetzte rasch, was der Kater gesagt hatte. Allgemeine Entt#228;uschung machte sich breit, aber dann sagte Juan: »Und was ist mit den anderen? Yasal und Hasim?« »Dann bleibt uns wohl keine andere Wahl«, sagte Trautman niedergeschlagen. »Als was?« fragte Ben. »Auf ihre Forderung einzugehen? Das gef#228;llt mir nicht. Ich lasse mich nicht gerne zu etwas zwingen. « »Ich auch nicht«, sagte Trautman. »Aber im Moment k#246;nnen wir nicht viel tun. Du hast gesehen, wozu Hasim und Yasal in der Lage sind. Vielleicht haben wir sp#228;ter eine Chance, sie zu #252;berw#228;ltigen. Wenn wir erst einmal wieder auf der NAUTILUS sind, haben wir m#246;glicherweise die besseren Karten. Ich schlage vor, wir gehen auf ihre Forderung ein - wenigstens zum Schein. « Mike bezweifelte, da#223; Lady Grandersmith darauf hereinfallen w#252;rde, aber welche andere Wahl hatten sie schon? Au#223;erdem hatte Trautman nicht v#246;llig unrecht -auf der NAUTILUS standen ihnen andere Mittel und Wege zur Verf#252;gung, sich zu wehren. Er wollte gerade eine entsprechende Bemerkung machen, als die T#252;r ge#246;ffnet wurde und Lady Grandersmith in Begleitung ihrer beiden W#228;chter eintrat. Sie wirkte sehr entschlossen. »Lady Grandersmith!« begann Trautman. »Die Frist ist noch nicht -« Lady Grandersmith unterbrach ihn mit einer #228;rgerlichen Handbewegung und deutete auf Serena. Noch bevor Mike richtig begriff, was #252;berhaupt geschah, trat Hasim auf sie zu, packte das M#228;dchen und zerrte es grob in die H#246;he. Serena schrie #252;berrascht auf. Astaroth fauchte, st#252;rzte sich blitzschnell auf Hasim und handelte sich einen Tritt ein, der ihn meterweit davonschlittern lie#223;. Sofort war er wieder auf den F#252;#223;en und griff erneut an, aber diesmal mit noch geringerem Erfolg: Hasim ergriff ihn mit der freien Hand im Nacken und hob ihn mit derselben M#252;helosigkeit hoch, mit der er mit der anderen Hand Serena festhielt. Auch Mike, Ben und Juan waren aufgesprungen, und selbst Singh stemmte sich in die H#246;he. Hasim wich rasch zur#252;ck, und sein Bruder Yasal stellte sich sch#252;tzend zwischen ihn und die anderen. »H#246;rt auf!« sagte Trautman scharf. Er machte eine rasche Handbewegung, sah Ben warnend an und wandte sich dann an Lady Grandersmith. »Lady Grandersmith, was bedeutet das?« fragte er. »Darf ich um eine Erkl#228;rung bitten?« »Das d#252;rfen Sie, Mister Trautman«, antwortete Lady Grandersmith. »Ich war unh#246;flich, ich gebe es zu. Ich habe gelauscht. « »Sie haben -« »- jedes Wort verstanden«, best#228;tigte Lady Grandersmith. Sie blickte stirnrunzelnd auf Astaroth herab, der noch immer in Hasims Griff zappelte, und sah dann wieder Trautman an. »Dieses Tier kann also meine Gedanken lesen. Das ist interessant -aber auch ein wenig beunruhigend. Und da#223; Sie vorhaben, mich zu hintergehen, entt#228;uscht mich ein wenig. Auch wenn ich eigentlich damit h#228;tte rechnen m#252;ssen. « »Was haben Sie erwartet?« fragte Trautman trotzig. »Da#223; ich mich einer gemeinen Erpressung beuge?« »Nein«, sagte Lady Grandersmith. »Auch wenn es schmerzt, da#223; Sie mich so mi#223;verstehen. Ich bin nicht Ihre Feindin. Und ich h#228;tte niemals zu diesem letzten Mittel gegriffen, h#228;tte ich eine andere Wahl. Aber uns bleibt keine Zeit f#252;r lange Verhandlungen. Es tut mir leid, aber nun zwingen Sie mich, etwas zu tun, was ich eigentlich vermeiden wollte. « »Und was?« fragte Trautman. Lady Grandersmith deutete mit einer Kopfbewegung auf Serena, lie#223; Trautman dabei aber keinen Moment aus den Augen. »Ich mu#223; darauf bestehen, da#223; Sie meinen Wunsch erf#252;llen und zum Wrack der TITANIC hinuntertauchen«, sagte sie. »Und um sicherzugehen, da#223; Sie nicht versuchen, Ihr Wort zu brechen, werde ich das M#228;dchen und das Tier hierbehalten. Sobald Sie mit der Ladung an Bord wieder hier sind, bekommen Sie beide unversehrt zur#252;ck. « »Sie wollen sie als »Nat#252;rlich nicht«, antwortete Lady Grandersmith. »Ich werde weder ihr noch dem Kater ein Leid zuf#252;gen. Niemals. Aber ich verspreche auch, da#223; ihr sie nie wiedersehen werdet. Jedenfalls nicht, solange ich lebe. « »Das werden Sie bereuen«, sagte Mike w#252;tend. »Sie... Sie werden -« »Bitte, Mike«, unterbrach ihn Lady Grandersmith. »Mach es nicht noch schlimmer. Auch wenn du es mir sicher nicht glaubst, aber es macht mich sehr traurig, so handeln zu m#252;ssen. « »Dann lassen Sie es!« »Das kann ich nicht«, antwortete Lady Grandersmith. »Ich habe keine Wahl. Die Ladung der TITANIC »Warten Sie!« rief Mike. Lady Grandersmith hatte sich bereits herumgedreht, um das Zimmer zu verlassen, aber jetzt hielt sie noch einmal inne und sah zu ihm zur#252;ck. »Ich... ich will mich wenigstens noch von Serena verabschieden«, sagte Mike. »Bitte!« »Ihr wird nichts geschehen«, sagte Lady Grandersmith. »Du hast mein Wort. Mach dir keine Sorgen!« »Aber ich will doch nur auf Widersehen sagen!« beharrte Mike. »Mehr nicht!« Lady Grandersmith sah auf den Gang hinaus, dann sch#252;ttelte sie den Kopf. »Ich f#252;rchte, das geht nicht«, sagte sie. »Es tut mir leid. « Irgend etwas stimmte nicht. Der Korridor zog sich gute sechs oder sieben Meter weit vor ihm entlang, und es gab auf dieser Strecke weder eine T#252;r noch ein Fenster oder irgendeinen anderen Ausgang. Und die Zeit, die vergangen war, seit Hasim das Zimmer verlassen hatte, h#228;tte einfach nicht ausgereicht, um das Ende des Korridors und damit die Treppe nach unten zu erreichen; nicht einmal, wenn Hasim gerannt w#228;re. Und trotzdem war er nicht mehr da. Er war verschwunden, zusammen mit Serena und Astaroth. So spurlos, als h#228;tte es ihn nie gegeben. Das Ger#228;usch der Maschinen hatte sich im Laufe der letzten halben Stunde ver#228;ndert. Aus dem monotonen, gleichm#228;#223;igen Stampfen, das im Verlauf der vergangenen Jahre beinahe zu einem festen Bestandteil seines Lebens geworden war, war ein unregelm#228;#223;iges St#246;hnen und Rumoren geworden, und manchmal glaubte er bedrohlich mahlende Laute wahrzunehmen, wie von Zahnr#228;dern, die gegen einen immer gr#246;#223;er werdenden Widerstand anzuk#228;mpfen hatten. Zuerst hatte Mike versucht, sich damit zu beruhigen, da#223; er sich das alles nur einredete und ihm seine Nerven einen Streich spielten. Aber das stimmte nicht. Keiner der anderen hatte es direkt ausgesprochen, aber Mike sah an ihren Gesichtern, da#223; sie es ebenfalls h#246;rten. Irgend etwas war mit der NAUTILUS nicht in Ordnung. Er wu#223;te sogar, was. Mikes Blick glitt zu dem kleinen Ger#228;t, das die Tauchtiefe anzeigte. Er fuhr zusammen, als er sah, auf welcher Ziffer der verschn#246;rkelte Zeiger stand. Sie hatten die Tausendf#252;nfhundert-Meter-Marke #252;berschritten und sanken langsam, aber gleichm#228;#223;ig weiter. Und der Meeresboden lag noch unendlich tief unter ihnen. Die Ger#228;te, die ihnen normalerweise auf den Meter genau gesagt h#228;tten, welche Entfernung noch vor ihnen lag, versagten hier. Zum Teil lag das daran, da#223; die NAUTILUS noch nicht vollst#228;ndig instand gesetzt war, aber auch an der Beschaffenheit des Meeresbodens. Es gab gewaltige Schluchten und T#228;ler, so da#223; die Unterschiede oft Tausende von Metern betrugen. Es mochte sein, da#223; sie noch f#252;nfhundert Meter tief tauchen mu#223;ten, um auf Grund zu sto#223;en, ebensogut konnten es aber auch drei oder vier Meilen sein. Wie immer, wenn er hier im Salon der NAUTILUS war -der zugleich auch die Steuer- und Navigationskontrollinstrumente enthielt -, wanderte Mikes Blick hin und wieder zu der schwarzgekleideten Gestalt neben der T#252;r. Diesmal war es Hasim, der hier Wache stand, w#228;hrend sein Bruder Yasal durch das Schiff patrouillierte. Seit sie ausgelaufen waren, wechselten sich die beiden Beduinen darin ab -einer stand immer hier und #252;berwachte den Teil der Mannschaft, der das Schiff steuerte, w#228;hrend der andere durch das Schiff ging. Weder Mike noch einer der anderen hatte die beiden jemals schlafen sehen, obwohl sie seit mittlerweise f#252;nf Tagen unterwegs waren. Und wie immer, wenn er Yasal oder Hasim sah, packte ihn brodelnde Wut. Er hatte Serena nicht wiedergesehen, und Lady Grandersmith hatte ihm nicht gesagt, wohin sie und Astaroth gebracht worden waren. Wenn das alles hier vorbei ist, dachte er, werde ich eine Gelegenheit finden, mich an den beiden zu r#228;chen. Falls wir dann noch am Leben sind, hei#223;t das. »Da ist etwas!« Mike fuhr aus seinen Gedanken hoch, als er Juans Stimme h#246;rte, und war mit einem einzigen Schritt neben dem jungen Spanier. Juan stand in gespannter Haltung vor dem Kontrollpult und blickte auf eines der zahllosen Instrumente herab, die darauf blinkten und blitzten. Auch Mike warf einen raschen Blick #252;ber die Kontrollen, konnte aber nichts Auff#228;lliges entdecken. »Der Kerl wird uns noch alle umbringen«, grollte Ben. Genau in diesem Moment fuhr wieder dieses unheimliche, mahlende Ger#228;usch durch den Schiffsrumpf, das Mike bis ins Innerste erschauern lie#223;. Er wu#223;te zwar, da#223; es sinnlos war, aber er wandte sich trotzdem an Hasim: »Sei doch endlich vern#252;nftig«, sagte er. »Das Schiff h#228;lt die Belastung nicht aus, merkst du das denn nicht selbst? Wir werden auseinanderbrechen, lange ehe wir den Meeresgrund erreichen. « Hasim starrte ihn an und schwieg, und dieses Schweigen machte Mike pl#246;tzlich w#252;tend. »Ist es das, was du willst?« fragte er in fast schreiendem Ton. »Uns alle umbringen? Das h#228;ttet ihr leichter haben k#246;nnen!« »La#223; es gut sein, Mike«, sagte Trautman bes#228;nftigend. »Damit erreichst du nichts. « Das wu#223;te Mike selbst. Aber es erleichterte ihn, endlich laut auszusprechen, was ihnen allen seit Tagen ununterbrochen durch den Kopf ging. Bei ihren Unterhaltungen gab es praktisch kein anderes Thema mehr. »Aber das wird euch alles nichts nutzen, wei#223;t du?« fuhr er erregt fort. »Wenn die NAUTILUS zerst#246;rt ist, dann kommt ihr niemals an euren Schatz oder was auch immer im Wrack der TITANIC verborgen liegt. Hast du daran vielleicht schon einmal gedacht?« Er rechnete nicht mit einer Antwort -Hasim hatte noch nie auf irgend etwas geantwortet - und war darum um so #252;berraschter, als der Beduine doch reagierte. Zuerst blickte er Mike nur eindringlich aus seinen unheimlichen Augen an, aber dann l#246;ste er sich pl#246;tzlich von seinem Platz neben der T#252;r und ging mit langsamen Schritten auf das Steuerpult zu. »He!« sagte Ben. »Was hat er denn jetzt wieder vor?« »Das frage ich mich auch«, murmelte Trautman. Er war aufgestanden und sah Hasim erwartungsvoll entgegen. Hasim lie#223; sich davon jedoch nicht beeindrucken, sondern ging einfach weiter, so da#223; Trautman wohl oder #252;bel beiseite treten mu#223;te, um ihm Platz zu machen. Hasim beugte sich #252;ber die Instrumente, blickte eine ganze Weile schweigend darauf hinab und streckte schlie#223;lich die Hand aus. Seine Finger glitten wie flinke schwarze Schatten #252;ber Schalter und Kn#246;pfe, fast schneller, als das Auge ihnen zu folgen vermochte. »Was macht er denn da?« fragte Ben entsetzt. »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, murmelte Trautman. »Aber es gef#228;llt »Wir sinken viel zu tief!« sagte Trautman, nachdem er rasch zu Juan gegangen war und einen Blick auf die Instrumente geworfen hatte. »Das h#228;lt das Schiff nicht aus! Nicht einmal unter normalen Umst#228;nden!« Er fuhr herum und wandte sich direkt an Hasim. »H#246;r auf damit!« sagte er. »Wir m#252;ssen langsamer sinken, h#246;rst du?« Hasim reagierte nicht, sondern fuhr fort, Hebel und Tasten zu bet#228;tigen, Schalter umzulegen und an Kontrollr#228;dchen zu drehen, so schnell und geschickt, als h#228;tte er sein Lebtag lang nichts anderes getan. Mike begriff erst nach einigen Sekunden, was das bedeutete. »Er... er kennt sich mit den Kontrollinstrumenten aus!« sagte er verbl#252;fft. »Seht doch! Er wei#223; ganz genau, wie man die NAUTILUS steuert!« Trautman blinzelte. »Du hast recht«, gestand er. »Und wei#223;t du was? Ich habe das Gef#252;hl, er wei#223; es sehr viel besser, als ich es jemals wu#223;te. « »Das #228;ndert aber nichts daran, da#223; er auf dem besten Weg ist, uns umzubringen«, grollte Ben. »Wir m#252;ssen den Kerl aufhalten!« Er trat auf Hasim zu und versuchte ihn von den Instrumenten wegzuziehen. Mike hielt instinktiv den Atem an; nach allem, was er bisher mit den beiden Beduinen erlebt hatte, rechnete er felsenfest damit, Ben in der n#228;chsten Sekunde durch die Luft fliegen zu sehen. Aber Hasim reagierte #252;berhaupt nicht. Er stand einfach da und arbeitete weiter am Pult, und Ben zerrte vergeblich an seinem schwarzen Gewand. Ebensogut h#228;tte er wahrscheinlich auch versuchen k#246;nnen, mit blo#223;en H#228;nden das Kontrollpult aus dem Boden zu rei#223;en. »Zweitausend Meter!« sagte Juan nerv#246;s. »Wir sinken wie ein Stein. « Wieder sah Mike zum Fenster. Die Dunkelheit dort drau#223;en war unver#228;ndert. »Er bringt uns um!« rief Ben. »Wir m#252;ssen etwas tun! Helft mir!« Mittlerweile war auch Singh zu ihnen gekommen, der sich auf Bens Ausruf hin dem Beduinen zuwandte. Diesmal sah Hasim kurz hoch, konzentrierte sich dann aber wieder auf seine T#228;tigkeit. Mike machte eine bes#228;nftigende Geste in Singhs Richtung. Ganz davon abgesehen, da#223; sie alle zusammen wahrscheinlich nicht in der Lage gewesen w#228;ren, Hasim zu #252;berw#228;ltigen, hatte er pl#246;tzlich das Gef#252;hl, da#223; Ben sich t#228;uschte. »La#223;t ihn«, sagte er. Ben ri#223; ungl#228;ubig die Augen auf. »La#223;t ihn?« wiederholte er in fassungslosem Ton. »Was sollen wir ihn lassen? Uns umzubringen? Bist du #252;bergeschnappt? Wenn du unbedingt Selbstmord begehen willst, hole ich dir ein Gewehr!« »Mike hat recht«, sagte nun auch Trautman. Er deutete auf Hasim. »Sieh doch, Ben. Er wei#223; ganz genau, was er tut. M#246;glicherweise -wei#223; er besser als ich, was dieses Schiff wirklich aush#228;lt. « Mike war das kurze Stocken in Trautmans Worten keineswegs verborgen geblieben, aber insgeheim stimmte er ihm zu. »Zweitausendzweihundert Meter«, sagte Juan gepre#223;t. »Und vom Meeresgrund keine Spur. « Trautman starrte noch immer den Beduinen an. Mike konnte ihn sehr gut verstehen. Auch ihm erging es nicht viel anders. Wenn das, was er beobachtete, wirklich das bedeutete, was er glaubte... »Was dann?« fragte Ben. Mike blinzelte. Erst jetzt wurde ihm klar, da#223; er den letzten Gedanken laut ausgesprochen hatte. »Was bedeutet es?« bohrte Ben. »Kommst du nicht von selbst drauf, Schlaumeier?« fragte Chris. »Nein, komme ich nicht, Zwerg«, gab Ben giftig zur#252;ck. »Warum erkl#228;rst du's mir nicht, wenn du so viel schlauer bist als ich. « Mike warf Chris einen beruhigenden Blick zu, ehe er antwortete. Bens Feindseligkeit #252;berging er. Sie hatten alle Angst. Es war wei#223; Gott nicht das erste Mal, da#223; sie in einer gef#228;hrlichen Situation waren, aber bisher hatten sie sich wenigstens »#220;berleg doch mal!« fuhr Mike fort. »Sie nennen sich selbst die H#252;ter der Cheopspyramide, und die ist ein paar tausend Jahre alt. Aber wer sagt dir denn, da#223; sie nicht noch viel #228;lter sind! Vielleicht so alt wie dieses Schiff oder noch #228;lter. « »Du meinst... Eigentlich wollte Mike mit einem klaren Ja antworten -aber dann kam ihm das doch selbst zu unglaublich vor. Er sch#252;ttelte den Kopf. »Nat#252;rlich nicht. Aber die Schwarze Bruderschaft. Vielleicht sind sie wirklich keine Menschen, sondern... sondern Nachfahren der Atlanter. « »Wie Serena?« »Zweitausendsechshundert Meter«, sagte Juan. »Der Meeresboden!« Mit einem einzigen Satz waren sie alle bei ihm. Mike war insgeheim froh, da#223; er nicht weiterreden mu#223;te -Bens letzte Frage h#228;tte er n#228;mlich verneinen m#252;ssen. Hasim und Yasal hatten nichts, aber auch gar nichts mit den Atlantern zu tun, das wu#223;te er einfach. Aber die einzige andere Erkl#228;rung, die ihm einfiel, w#228;re noch viel phantastischer gewesen. Tats#228;chlich hatte sich die Anzeige bei einigen Instrumenten ver#228;ndert. F#252;r einen Au#223;enstehenden w#228;re es weiter nichts als ein gr#252;nliches Blitzen und Zucken gewesen, aber Mike erkannte sofort, da#223; Juan die Wahrheit sagte: Sie n#228;herten sich dem Meeresboden. Unter ihnen waren vielleicht noch f#252;nfzig Meter Wasser. »Die Scheinwerfer«, sagte Trautman. »Schalt sie ein. « Juan gehorchte. Direkt vor dem Fenster leuchtete ein meterdicker, wei#223;er Strahl auf, der schr#228;g nach unten gerichtet war. Im ersten Moment konnten sie in dem grellen Licht nichts erkennen au#223;er einem sachten Flimmern, dann tauchte der Grund des Ozeans in der Helligkeit auf. Es gab in dieser Wassertiefe kaum noch Leben -jedenfalls keines, das auf dem Meeresgrund Fu#223; gefa#223;t h#228;tte. Unter ihnen lag nur nackter, fast wei#223;er Sand, aus dem hier und da ein Felsbuckel oder ein gezackter Grat ragte. Juan sagte: »Wir #228;ndern den Kurs. Und das Schiff wird langsamer. « Zumindest drau#223;en war davon nichts zu erkennen. Der Scheinwerferstrahl tastete weiter #252;ber den sandigen Meeresboden, der jetzt keine zehn Meter mehr unter ihnen lag und verlor sich pl#246;tzlich in j#228;h aufklaffender Schw#228;rze. Nicht nur Mike fuhr erschrocken zusammen. »Was ist das?« keuchte Ben. »Eine Schlucht«, antwortete Juan. »Sie ist... « Er stockte. »Ja?« fragte Trautman. »Die Instrumente zeigen nichts an«, sagte Juan nerv#246;s. »Sie mu#223; unvorstellbar tief sein. « »0 nein«, fl#252;sterte Ben. »Wenn die TITANIC dort unten liegt, dann gute Nacht. « Mike wagte gar nicht daran zu denken. Das Schiff zitterte und bebte jetzt ununterbrochen, und aus dem anf#228;nglich vereinzelten Knirschen und Mahlen war ein fast ununterbrochenes Knistern geworden. Noch einmal Tausende von Metern tiefer zu tauchen, »Wir sinken!« keuchte Juan. »Gro#223;er Gott, wir tauchen fast senkrecht! Er bringt uns um!« Mike sah aus den Augenwinkeln, wie Singh sich spannte, um sich in einer verzweifelten Bewegung auf Hasim zu werfen -doch da fiel der Scheinwerferstrahl wieder auf wei#223;en Sand. »Singh! Nicht!« schrie Mike. Singh erstarrte mitten in der Bewegung, sah Mike an und folgte dann dessen Blick. Sie hatten das jenseitige Ende der Schlucht erreicht. Unter ihnen g#228;hnte noch immer bodenlose Schw#228;rze, aber schr#228;g vor der NAUTILUS war wieder der Meeresgrund zu erkennen, der auf dieser Seite wohl ein gutes St#252;ck tiefer lag als auf der anderen. Und nicht sehr weit von diesem Abgrund entfernt, oben an Land, kaum einen Steinwurf entfernt, befand sich das Wrack des gewaltigsten Schiffes, das Mike jemals zu Gesicht bekommen hatte. Die NAUTILUS lag auf dem Meeresgrund. Das Stampfen der Motoren hatte endlich aufgeh#246;rt, und selbst das unheimliche Knistern und Knirschen, mit dem der Wasserdruck gegen die st#228;hlernen W#228;nde des Schiffes anrannte, war leiser geworden. Sie standen dichtgedr#228;ngt vor dem Bullauge und blickten zu dem gigantischen Berg aus Stahl hinauf, der #252;ber der NAUTILUS emporragte. Die TITANIC hatte ihren Namen zu Recht. Die NAUTILUS war zwei- oder dreimal #252;ber das Schiff hinweggefahren und hatte es mit ihren Scheinwerferstrahlen abgetastet, und es war Mike jedesmal gr#246;#223;er vorgekommen. Die NAUTILUS war gewi#223; nicht klein, aber gegen die TITANIC war sie ein l#228;cherlicher Zwerg, der bequem mehrmals darin Platz gefunden h#228;tte. Mike versuchte vergeblich, sich vorzustellen, welche unglaublichen Gewalten n#246;tig gewesen waren, um dieses Schiff zu versenken, noch dazu in so kurzer Zeit. Es war eine der schlimmsten Katastrophen der Seefahrt gewesen, der die TITANIC zum Opfer gefallen war; zusammen mit den allermeisten ihrer Passagiere und dem Gro#223;teil der Besatzung. Das gespenstische war, da#223; das Schiff kaum besch#228;digt zu sein schien. Der gewaltige Ri#223;, der den Rumpf fast auf halber L#228;nge aufgerissen hatte, war von ihrer Position aus nicht zu sehen. Einer der Schornsteine war abgerissen, als das Schiff sank, ein Teil der Reling verschwunden und einige Aufbauten durcheinandergewirbelt, aber ansonsten wirkte das Schiff beinahe unversehrt. Es geh#246;rte nur ein wenig Phantasie dazu, sich vorzustellen, da#223; es sich pl#246;tzlich vom Meeresgrund heben und seinen Weg fortsetzen w#252;rde, als w#228;re nichts geschehen. »Unheimlich«, fl#252;sterte Ben in die Stille hinein, die von ihnen allen Besitz ergriffen hatte. Mike sch#228;tzte, da#223; sie seit etwa zehn Minuten hier standen und das Schiff anstarrten, wenn nicht l#228;nger. »Was ist unheimlich?« fragte Chris. »Das Schiff«, antwortete Ben. »Ich frage mich, wo all die Toten sind. Es waren doch #252;ber tausend. « Mike fand die Bemerkung h#246;chst #252;berfl#252;ssig, aber Trautman antwortete trotzdem. »Die, die an Deck waren, hat die Str#246;mung weggetragen. Aber die meisten waren wohl unter Deck. « »Und da sind sie wohl noch«, f#252;gte Ben finster hinzu. »Ich verstehe. Das kann ja heiter werden. « Mike sah ihn fast w#252;tend an. Ben sprach nur aus, was sie alle wu#223;ten -n#228;mlich da#223; die Aufgabe, hin#252;ber zu dem Wrack zu gehen und seine Ladung zu bergen, wahrscheinlich das Schlimmste werden w#252;rde, was sie jemals erlebt hatten -aber er h#228;tte viel darum gegeben, diesen Gedanken wenigstens noch f#252;r ein paar Minuten verdr#228;ngen zu k#246;nnen. »Mich kriegen jedenfalls keine zehn Pferde dort r#252;ber«, fuhr Ben nach einigen Sekunden fort. Er sch#252;ttelte sich. »Das ist auch nicht n#246;tig«, sagte Trautman. »Singh und ich werden gehen. Wir haben schon alles besprochen. « Niemand protestierte. Mike geh#246;rte normalerweise nicht zu denen, die sich dr#252;ckten, wenn es Arbeit zu tun gab, aber in diesem Fall war er sehr froh, da#223; ihm diese unangenehme Aufgabe erspart blieb. Die Vorstellung, durch ein Schiff voller Toten zu schwimmen, war einfach entsetzlich. Er warf Trautman einen raschen, dankbaren Blick zu. Doch es sollte anders kommen. Mike schrak aus seinen Betrachtungen hoch, als er das Ger#228;usch der T#252;r h#246;rte, und drehte den Kopf. Es war Yasal, der hereinkam. Er tauschte einen raschen Blick mit seinem Bruder, dann ging er mit schnellen Bewegungen auf sie zu und deutete nacheinander auf Singh und Mike. »Was soll das?« fragte Trautman. Yasal wiederholte seine Geste mit sichtbarer Ungeduld. »Ich glaube, er will, da#223; wir ihn begleiten«, sagte Singh. »Wir? Aber... aber wieso denn?« Mike sp#252;rte, wie ihm ein eisiger Schauer #252;ber den R#252;cken lief. Er hatte das unangenehme Gef#252;hl, die Antwort auf seine Frage zu kennen. »Gehen wir besser«, sagte Singh, aber Trautman fiel ihm in den Arm. »Wartet«, sagte er. Dann wandte er sich an Yasal. »Nehmt mich. Der Junge kann euch nicht helfen. Zum ersten Mal, seit Mike die beiden unheimlichen Beduinen kennengelernt hatte, antwortete einer von ihnen direkt auf eine Frage; wenn auch nur mit einem heftigen Kopfsch#252;tteln und einer neuerlichen, diesmal befehlenderen Geste in seine Richtung. Trautman wollte erneut auffahren, aber Mike war schneller. »Schon gut«, sagte er. »Ich gehe mit. Ich glaube nicht, da#223; er mir etwas tun will. « »Das gef#228;llt mir nicht«, knurrte Trautman. Mir auch nicht, dachte Mike niedergeschlagen. Er ersparte es sich, das laut auszusprechen. Erneut #252;berkam ihn ein Gef#252;hl der Ohnmacht, das auf seine Weise fast schlimmer war als die Furcht, die er vorhin versp#252;rt hatte. Aber er folgte Yasal wortlos, ebenso wie Singh. Sie verlie#223;en den Salon und stiegen die kurze Treppe in den unteren Laderaum der NAUTILUS hinab. Yasal und Hasim hatten sich in den letzten Tagen oft hier zu schaffen gemacht, ihnen aber nicht gestattet, diesen Teil des Schiffes zu betreten, und jetzt sah Mike auch, warum: Sie hatten den gro#223;en Laderaum vollkommen ausger#228;umt und eine sonderbare Konstruktion aus d#252;nnen silberfarbenenen Metalldr#228;hten errichtet, die eine Art Wabenmuster bildete und den vorhandenen Raum fast vollkommen beanspruchte. Der verbleibende Platz reichte gerade aus, um sich hindurchzuquetschen. »Cheops scheint #252;ber eine Menge Sch#228;tze verf#252;gt zu haben«, sagte Mike in dem schwachen Versuch, einen Scherz zu machen. Singh sah ihn nur irritiert an, und Mike bereute seine Worte. Im Grunde wu#223;ten sie alle l#228;ngst, da#223; die Ladung, die sie aus der TITANIC bergen sollten, bestimmt nicht aus Gold und Silber bestand. Aber er hatte pl#246;tzlich das immer st#228;rker werdende Gef#252;hl, da#223; sie vielleicht noch viel phantastischer und bizarrer war, als er sich bisher auch nur hatte tr#228;umen lassen... Aus Mikes unguter Vorahnung wurde Gewi#223;heit, als sie ihr Ziel erreichten: die Bodenschleuse der NAUTILUS, eine kleine Tauchkammer, die gerade gro#223; genug f#252;r zwei Personen war. Yasal machte eine entsprechende Geste, hineinzugehen, aber Mike sch#252;ttelte entschieden den Kopf. »Ich bin doch nicht wahnsinnig!« sagte er. »Du wei#223;t nicht, was du da verlangst! Die Taucheranz#252;ge sind nicht f#252;r diesen Wasserdruck -« Yasal schnitt ihm mit einer herrischen Geste das Wort ab, und Mike gab auf. Er war nicht einmal sicher, ob seine Behauptung tats#228;chlich der Wahrheit entsprach. Die Taucheranz#252;ge, #252;ber die die NAUTILUS verf#252;gte, waren der #252;brigen menschlichen Technik ebenso #252;berlegen wie das Schiff selbst. Aber sie hatten sie niemals in dieser Tiefe ausprobiert, und Mike hatte auch keine Lust, am eigenen Leib herauszufinden, ob sie wirklich f#252;r einen Spaziergang in mehr als zweitausend Meter tiefem Wasser geeignet waren. Yasal interessierte sich wenig daf#252;r, wozu er Lust hatte oder nicht. Er wiederholte seine Aufforderung ein drittes Mal -und diesmal auf eine Weise, die eindeutig drohend wirkte -, und Singh und er gaben auf. Hintereinander quetschten sie sich in die kleine Tauchkammer und halfen sich gegenseitig dabei, die klobigen Anz#252;ge anzulegen und die Sauerstoffflaschen zu montieren. Kurz bevor er das schwere Panzerschott #252;ber ihnen schlo#223;, bedeutete Yasal ihnen, drau#223;en auf ihn zu warten; die Kammer war nicht gro#223; genug, um zu dritt hindurchzugehen. »Witzbold«, murmelte Mike. »Was denkt er denn, wo wir hingehen werden?« »Irgend etwas stimmt mit den Anz#252;gen nicht«, erklang Singhs Stimme in Mikes Helm. Mike erschrak. »Wie?« »Ich wei#223; auch nicht, was, aber irgendwie... « Singh suchte h#246;rbar nach Worten. »Sie haben etwas damit gemacht. Vielleicht haben sie sie ver#228;ndert, damit sie den Druck in dieser Tiefe aushalten. « Mike hoffte es inst#228;ndig. W#228;hrend das Wasser rings um sie herum allm#228;hlich h#246;her zu steigen begann, versuchte er Singhs Anzug durch die Sichtscheibe seines Helmes genauer zu mustern. Ihm fiel kein Unterschied an den klobigen Anz#252;gen auf, die jede Bewegung zu einer bewu#223;ten Anstrengung machten. Die runde Scheibe in dem schweren Messinghelm verlieh seinem Tr#228;ger etwas Zyklopenhaftes. Dann fiel Mikedoch etwas auf: #220;ber dem schwarzen, gummi#228;hnlichen Material, aus dem der gesamte Anzug gefertigt war, war pl#246;tzlich... noch etwas. Mike konnte es in dem schwachen Licht im Inneren der Schleusenkammer nicht richtig erkennen, aber es schien etwas wie ein feines, mattschwarzes Netz zu sein. »Unsere Freunde waren ziemlich flei#223;ig, scheint mir«, sagte er. »Ja. Und ich bete, da#223; sie gewu#223;t haben, was sie tun«, antwortete Singh. Das Wasser stieg rasch h#246;her. Mittlerweile reichte es Mike bereits bis zur H#252;fte. Er sp#252;rte die K#228;lte selbst durch das dicke Material des Taucheranzuges hindurch, aber von dem erwarteten Druck, der ihn eigentlich auf der Stelle h#228;tte zermalmen m#252;ssen, war nichts zu f#252;hlen. Das Wasser stieg h#246;her, erreichte seine Schultern und #252;bersp#252;lte schlie#223;lich seinen Helm. Nichts. Was immer Hasim und Yasal mit den Anz#252;gen getan hatten, es wirkte. Als die Kammer geflutet war, schalteten sie ihre Scheinwerfer ein und verlie#223;en die NAUTILUS durch die Bodenschleuse. Im ersten Moment umgab sie vollkommene Schw#228;rze, in der selbst die beiden starken Scheinwerferstrahlen d#252;nn und verloren wirkten, denn es gab nichts, worauf sie sie h#228;tten richten k#246;nnen. Dann aber folgte er Singh aus dem Schatten der NAUTILUS heraus, und jetzt sahen sie das gigantische Schiff, das im Licht der gro#223;en Bugscheinwerfer des U-Bootes #252;ber ihnen emporragte. Von hier aus betrachtet, wirkte es noch gigantischer als aus der vermeintlichen Sicherheit des Salons heraus. Das Schiff schien jetzt tats#228;chlich zu einem Berg geworden zu sein, wenn auch zu einem st#228;hlernen, von Menschenhand gemachten Berg, der vierzig, f#252;nfzig oder auch mehr Meter #252;ber ihnen emporragte und sich zu beiden Seiten weiter in die ewige Nacht des Meeresgrundes hinein erstreckte, als das Licht der Scheinwerfer reichte. Es war genau wie oben im Salon: Singh und er standen einfach stumm da und blickten das Schiff an, ohne sich zu r#252;hren. Ein sonderbares Gef#252;hl #252;berkam Mike, als sein Blick #252;ber die mehr als mannsgro#223;en Buchstaben glitt, die den Namen des Schiffes bildeten. TITANIC. Das Schiff Was f#252;r ein sonderbarer Gedanke. Er l#228;chelte fl#252;chtig dar#252;ber und rief sich selbst in die Wirklichkeit zur#252;ck, als Singh ihn an der Schulter ber#252;hrte und auf die NAUTILUS deutete. Die Schleusenkammer #246;ffnete sich wieder, und Yasal erschien. Mike h#228;tte beinahe aufgeschrien. Nach allem bisher Erlebten hatte er geglaubt, da#223; ihn nichts mehr #252;berraschen k#246;nnte, was mit Yasal und seinen Br#252;dern zusammenhing, aber das stimmte nicht. Yasal trat mit einem raschen Schritt aus der Schleuse. Sein schwarzes Gewand wehte in der Str#246;mung wie in einem unsichtbaren Wind. Er trug keinen Taucheranzug. F#252;r ein paar Sekunden weigerte sich Mike einfach, zu glauben, was er sah. Sie befanden sich mehr als zweitausend Meter tief unter Wasser. Der Druck hier unten war so gigantisch, da#223; er selbst einen Panzerwagen zerquetscht h#228;tte wie eine Konservendose, aber Yasal trug noch immer seinen schwarzen Burnus. Weder einen Anzug noch einen Helm oder gar eine Sauerstoffflasche. »Das ist nicht m#246;glich«, fl#252;sterte Mike. »Ich... ich tr#228;ume!« »Wenn, dann tr#228;umen wir denselben Traum«, sagte Singh. Seine Stimme klang seltsam tonlos. Was er sah, schockierte ihn offensichtlich ebenso wie Mike. »Aber wie... wie kann denn das sein?« fl#252;sterte Mike fassungslos. »Er mu#223; doch atmen. Und der Druck... « Singh sagte nichts, und warum auch? Mike wu#223;te die Antwort auf seine eigene Frage ja selbst. Was er schon seit einer geraumen Weile insgeheim vermutet hatte -jetzt war es zur Gewi#223;heit geworden. Yasal und seine beiden Br#252;der waren keine Menschen. Sie brauchten eine gute halbe Stunde, um in die TITANIC hineinzugelangen. Die Anz#252;ge sch#252;tzten sie zwar zuverl#228;ssig vor dem Wasserdruck, aber sie machten jede Bewegung zu einer riesigen Anstrengung, und an Schwimmen war darin gar nicht zu denken, so da#223; sie ein ganzes St#252;ck weit an dem Schiff entlanggehen mu#223;ten, ehe sie endlich einen Zugang fanden das Ende des gewaltigen Risses, der den Rumpf gespalten hatte. Er lag gerade noch im Bereich der Scheinwerferstrahlen der NAUTILUS, und hier sahen sie die Zerst#246;rung, die sie bisher vermi#223;t hatten: Die fast zehn Zentimeter dicken Stahlplatten, aus denen der Rumpf der TITANIC gefertigt war, waren zerrissen wie d#252;nnes Pergament, und die dahinterliegenden R#228;ume bildeten ein einziges, gewaltiges Chaos aus Tr#252;mmern und zermalmtem Metall. Mikes Blick tastete sich an der klaffenden Wunde im Leib der TITANIC entlang, bis er sich in der Dunkelheit verlor. Seine Gedanken von gerade schossen ihm noch einmal durch den Kopf. Ob es nun eine h#246;here Gerechtigkeit gewesen war oder nur ein Zufall - der Anblick dieser unvorstellbaren Zerst#246;rung machte ihm wieder einmal klar, Trotz allem wurde es eine anstrengende Kletterei, ins Innere des Schiffes zu kommen. Der Ri#223; war auch hier hoch genug, um bequem hindurchzuklettern, aber Mike mu#223;te aufpassen, seinen Anzug nicht an den scharfen Metallkanten zu besch#228;digen, und jeder weitere Schritt in das Schiff hinein wurde zu einem lebensgef#228;hrlichen Abenteuer. Der Boden stand ein wenig schr#228;g, so da#223; er aufpassen mu#223;te, nicht die Balance zu verlieren, und war mit Tr#252;mmerst#252;cken nur so #252;bers#228;t. Das Schiff war beinahe im NeunzigGrad-Winkel gesunken, ehe es auf dem Meeresgrund aufgeschlagen war, und bei der h#246;llischen Fahrt in die Tiefe war alles, was nicht niet-und nagelfest war, losgerissen und durch das Wasser gewirbelt worden.#220;berall lagen zerborstene M#246;bel, losgerissene T#252;ren und zertr#252;mmerte Maschinenteile. Sie durchquerten einige R#228;ume, in denen sie regelrecht #252;ber Tr#252;mmerberge hinwegklettern mu#223;ten, und einmal mu#223;ten sie sogar ein St#252;ck des Weges zur#252;ckgehen, weil es einfach kein Durchkommen gab. Und trotz allem schien Yasal mit traumwandlerischer Sicherheit seinen Weg zu finden. Mike hatte den sicheren Eindruck, da#223; er noch viel schneller gewesen w#228;re, h#228;tte er nicht auf sie R#252;cksicht genommen. Er begann sich allm#228;hlich zu fragen, warum sie #252;berhaupt hier waren -wie die Dinge bisher lagen, behinderten sie Yasal eher, statt ihm zu helfen. »Das ist seltsam«, sagte Singh pl#246;tzlich. »Was ist seltsam?« Singh schwieg einen Augenblick. »Erinnert Ihr Euch, Herr«, sagte er dann. »Wir haben vorhin dar#252;ber gesprochen: die Toten. Die ertrunkenen Passagiere und die Besatzung. « Und ob sich Mike daran erinnerte. Erneut fr#246;stelte er, und diesmal lag es eindeutig nicht an der eisigen K#228;lte, die allm#228;hlich durch seinen Anzug zu kriechen begann. Er sah sich um, fast als rechne er damit, ganze Legionen von Toten durch das klare Wasser auf sich zutreiben zu sehen. »Wo sind sie alle?« fragte Singh. Mike blickte ihn verwirrt an - und ri#223; pl#246;tzlich die Augen auf. Singh hatte Recht. Sie waren bereits tief in den Rumpf des Schiffes eingedrungen und durchquerten gerade etwas, was vielleicht einmal ein Speisesaal gewesen war, aber sie hatten bisher keinen einzigen Leichnam gesehen! »Vielleicht... vielleicht sind sie abgetrieben worden«, sagte er stockend. »Hier drinnen gibt es keine Str#246;mung. « Mike ersparte es sich, seinen zweiten Gedanken auszusprechen: n#228;mlich da#223; die Toten einfach von Raubfischen gefressen worden waren. Sie hatten bisher nicht einmal eine Spur von Leben gesehen, geschweige denn einen Raubfisch. »Unheimlich«, murmelte er. Aber zugleich war er auch erleichtert. Ihr Ausflug in dieses gigantische Wrack war schlimm genug, aber vielleicht blieb ihnen das Allerschlimmste erspart. Aber die Sache war sehr r#228;tselhaft. Und es blieb dabei. Sie durchquerten den Saal und stiegen eine gro#223;e Treppe hinab, folgten Yasal durch eine vollkommen verw#252;stete K#252;che und anschlie#223;end drei, vier weitere R#228;ume, deren urspr#252;nglicher Bestimmungszweck nicht einmal mehr zu erraten war, aber sie fanden keine Toten. Es war, als w#228;re das Schiff leer gewesen, als es sank. Oder als h#228;tte jemand die Toten geholt. Schlie#223;lich betraten sie die Lader#228;ume des Schiffes. Das Chaos war hier noch wesentlich gr#246;#223;er, so da#223; es bald selbst Yasal schwerfiel, einen Weg f#252;r sie zu finden. Mike sah immer #246;fter auf die Uhr. Der Sauerstoffvorrat in ihren Anz#252;gen war nicht unbeschr#228;nkt. Sie hatten die H#228;lfte davon fast verbraucht und w#252;rden sich bald auf den R#252;ckweg machen m#252;ssen. Gerade als er zu #252;berlegen begann, wie er Yasal auf diesen Umstand aufmerksam machen konnte, erreichten sie ihr Ziel. Sie hatten einen v#246;llig verheerten Lagerraum voller gro#223;er, fast ausnahmslos aufgeplatzter Kisten durchquert, und vor ihnen lag ein gro#223;es metallenes Tor, offensichtlich der Durchgang zu einem weiteren Lager. Yasal gebot ihnen mit einer entsprechenden Geste, zur#252;ckzubleiben, und machte sich allein einen Moment lang daran zu schaffen. Mike konnte nicht genau erkennen, was er tat, aber pl#246;tzlich blitzte ein grelles wei#223;es Licht auf, und schon im n#228;chsten Augenblick #246;ffnete sich die T#252;r einen Spaltbreit -und Singh und er hatten ihre liebe M#252;he, sich auf den Beinen zu halten. Ein ungeheurer Sog ergriff sie mit einem Mal und zerrte sie auf die T#252;r zu. Mike griff haltsuchend um sich, fand irgend etwas, woran er sich klammern konnte, und sah aus den Augenwinkeln, da#223; es Singh nicht besser erging. Es dauerte nur einige wenige Sekunden, bevor sich das tobende Wasser wieder beruhigte, aber diese Sekunden beanspruchten seine gesamte Kraft. »Was... was war denn das?« keuchte er, als es endlich vorbei war und er es vorsichtig wagte, seinen Halt loszulassen. »Der Lagerraum mu#223; noch voller Luft gewesen sein«, antwortete Singh. »Yasal hat irgendwie die T#252;r aufgesprengt. « Mit klopfendem Herzen bewegte sich Mike auf die T#252;r zu, die nun weit offenstand. Er fragte sich, was sie dahinter finden w#252;rden -Kisten voller Sch#228;tze, wie Trautman und Ben anzunehmen schienen, oder etwas ganz, ganz anderes? Das erste, was er im Licht seines Scheinwerfers sah, war ein Ballen wei#223;er Stoff. Er war durch den pl#246;tzlichen Wassereinbruch offensichtlich losgerissen worden und wirbelte sich #252;berschlagend durch den Raum, und es war nicht der einzige. Hier und da trieben weitere der gut mannslangen, wei#223;en B#252;ndel dahin, und auf dem Boden stapelten sich gleich Dutzende, wenn nicht Hunderte der sonderbaren Gebilde. Mike lie#223; den Strahl seines Scheinwerfers ein paarmal durch den Lagerraum gleiten, der fast die Abmessungen einer kleinen Turnhalle hatte. Ein Teil der verbliebenen Luft hatte sich unter der Decke gesammelt und bildete einen silbernen Himmel aus Millionen zerbrochener Halbmonde. Das und die wei#223;en Ballen waren die einzigen Dinge, die sich in dem Raum befanden. »Was ist denn das?« fragte Mike. Singh schwieg. Er bewegte sich schwerf#228;llig weiter in den Raum hinein und wollte sich nach einem der Ballen b#252;cken, aber er kam nicht dazu, die Bewegung zu Ende zu fuhren. Yasal war mit einem blitzschnellen Schritt neben ihm und ri#223; ihn so grob zur#252;ck, da#223; er fast die Balance verloren h#228;tte. »Ja«, sagte Mike s#228;uerlich. »Kein Zweifel. Das versuchte aber nicht, ihn davon abzuhalten. Offensichtlich wollte er nur nicht, da#223; sie die B#252;ndel ber#252;hrten. Mike sah jetzt, da#223; ihn sein erster Eindruck get#228;uscht hatte. Es war kein Stoffballen, und es war auch nicht rund, wie es ein solcher gewesen w#228;re, sondern sechseckig. Wo hatte er diese Form schon einmal gesehen? Au#223;erdem war es gar kein Stoff. Es war... Mike suchte vergeblich nach einer Bezeichnung f#252;r das, was er »Ich habe keine Ahnung«, sagte Singh. »Aber ich frage mich, wie wir es an Bord der NAUTILUS bekommen sollen. « Mike sah ihn fragend an. »Wir haben fast eine Stunde gebraucht, um hierherzukommen«, antwortete Singh mit einer erkl#228;renden Geste. »Und wir brauchen garantiert l#228;nger f#252;r den R#252;ckweg, selbst wenn diese B#252;ndel so leicht sind, wie es scheint. Wi#223;t Ihr, wie viele es sind?« Mike sah sich ratlos um und sch#252;ttelte den Kopf. »Sehr viele«, sagte er kleinlaut. »Dutzende. « »Wohl eher Hunderte«, verbesserte ihn Singh. »Wir w#252;rden Wochen brauchen, um sie alle auf die NAUTILUS zu schaffen. Und so viel Zeit haben wir nicht. « Mike gestand sich ein, da#223; er auf diesen Gedanken noch gar nicht gekommen war. Bisher waren sie ja immer davon ausgegangen, nur einige Kisten aus dem Wrack der TITANIC holen zu m#252;ssen; eine Aufgabe, die mit zwei oder drei Expeditionen hier herunter sicher zu bew#228;ltigen gewesen w#228;re. Aber das hier... »Das ist unm#246;glich!« sagte er #252;berzeugt. Singh nickte betr#252;bt. Die Bewegung war hinter der Scheibe seines Helmes kaum zu erkennen, aber sie versetzte Mike trotzdem einen gewaltigen Schrecken. Seine Worte hatten keinen anderen Sinn gehabt, als Singh widersprechen zu lassen. Er hatte einfach vorausgesetzt, da#223; der Inder wie immer schon einen Ausweg parat haben w#252;rde. Diesmal schien es nicht der Fall zu sein. Und das bedeutete, da#223; sie ihre Aufgabe unm#246;glich in der ihnen zur Verf#252;gung stehenden Zeit bew#228;ltigen konnten. Und das wiederum bedeutete, da#223; er Serena und Astaroth niemals wiedersehen w#252;rde. Verzweifelt sah er hoch und blickte sich nach Yasal um. Er entdeckte den Beduinen an der gegen#252;berliegenden Seite des Raums. Yasal hatte vor der Wand Aufstellung genommen und beide Arme in einer seltsamen, beinahe beschw#246;rend anmutenden Geste erhoben. Er stand vollkommen reglos da. »Was tut er da?« murmelte Mike. Es sah beinahe aus, als wolle Yasal die Wand... beschw#246;ren? »Was um alles in der Welt -« Mike brach ab und schlo#223; geblendet die Augen, aber es nutzte nicht viel. Zwischen Yasals Fingern war j#228;h ein grelles, bl#228;ulich-wei#223;es Licht aufgeflammt; ein Schein, ganz #228;hnlich dem, den sie gerade beobachtet hatten, als er die T#252;r aufsprengte, nur ungleich heller. So rasch es in dem schwerf#228;lligen Anzug m#246;glich war, hob Mike beide H#228;nde vor das Sichtfenster und wandte sich ab. Trotzdem blitzte und funkelte es weiterhin so grell und schmerzhaft vor seinen Augen, da#223; er absolut nichts sehen konnte. Erst nach einer ganzen Weile wagte er es wieder, den Kopf zu heben und vorsichtig in die Richtung zu blinzeln, wo Yasal gestanden hatte. Er war noch immer da, aber die Wand vor ihm war zum gr#246;#223;ten Teil verschwunden. Im ersten Moment glaubte Mike, seine geblendeten Augen w#252;rden ihm einen Streich spielen. Er blinzelte ein paarmal, aber es blieb dabei: Genau dort, wo der Beduine stand, g#228;hnte ein gut zweieinhalb Meter messendes, kreisrundes Loch in der massiven Stahlwand des Rumpfes, dessen R#228;nder noch dunkelrot gl#252;hten. Kochendes Wasser und silberne Luftblasen stoben in einem wilden Sog nach drau#223;en. »Er... er hat ein Loch in die Wand gebrannt!« murmelte Mike fassungslos. »Aber... aber wie hat er das gemacht? Er hat doch nichts mit hierhergebracht. Ich meine, kein Werkzeug, kein... « Er sprach nicht weiter. Offensichtlich verf#252;gte Yasal -und sicher auch Hasim -#252;ber F#228;higkeiten und Kr#228;fte, die an Zauberei grenzten. Yasal winkte ihnen zu und b#252;ckte sich dann nach einem der wei#223;en Kokons. Ohne sichtbare Anstrengung hob er ihn hoch und versetzte ihm einen sachten Stubs, so da#223; er durch das Loch in der Schiffswand hindurchglitt und sich drau#223;en sanft auf den Meeresgrund herabsenkte. Eine Wolke aus beigewei#223;em Sand stob hoch und verteilte sich in weitem Umkreis im Wasser, ehe sie wieder zu sinken begann. Yasal deutete auf die #252;brigen Ballen, drehte sich dann herum und sprang nach drau#223;en. »Das war deutlich«, sagte Singh. »Offenbar hat er nichts mehr dagegen, da#223; wir die Dinger anfassen. Kommt, Herr -beeilen wir uns. « Mike und er machten sich wortlos an die Arbeit. Sie konnten von hier aus die NAUTILUS sogar sehen. Das Schiff lag wie ein st#228;hlerner Riesenfisch nicht weit entfernt, allerdings so, da#223; ihre Position und das, was sie taten, vom Salon aus oder auch dem Turm, der ja ebenfalls #252;ber Fenster verf#252;gte, nicht zu sehen war. Mike glaubte keine Sekunde lang daran, da#223; das Zufall war. Sie bugsierten ein knappes Dutzend der sechseckigen wei#223;en Beh#228;ltnisse nach drau#223;en, ehe Yasal ihnen bedeutete, da#223; es genug war, dann verlie#223;en sie die TITANIC auf dieselbe Weise wie der Beduine zuvor. Yasal mu#223;te sie nicht eigens auffordern, jeweils eines der B#252;ndel zu nehmen und zur NAUTILUS zu tragen. Zumindest dieser Teil der Bergungsaktion war Singh und Mike vollkommen klar. Mike war mittlerweile sicher, da#223; Yasal jeden Schritt und jeden Handgriff, den sie taten, genau vorausgeplant hatte. Sie trugen die drei Beh#228;lter zur NAUTILUS und verstauten sie aufrecht nebeneinander in der Schleusenkammer, dann kehrten sie zur#252;ck, um die n#228;chsten drei zu holen, und noch einmal und schlie#223;lich ein letztes Mal. Nachdem sie den Weg insgesamt viermal zur#252;ckgelegt hatten, bedeutete ihnen Yasal, da#223; es genug sei. Mike konnte ihm nur beipflichten. W#228;hrend sie darauf warteten, da#223; das Schleusentor sich wieder #246;ffnete und sie selbst an Bord der NAUTILUS gehen konnten, sah er nerv#246;s auf die Uhr. Seiner Sch#228;tzung nach konnte der Sauerstoffvorrat in ihren Flaschen allerh#246;chstens noch f#252;r ein paar Minuten reichen. Ihre Nerven wurden auf eine harte Probe gestellt. Es schien endlos zu dauern, bis die Schleuse erneut ge#246;ffnet wurde, und noch l#228;nger, bis sie sich hineingequetscht hatten und das Wasser abzuflie#223;en begann. Die Luft, die in Mikes Helm str#246;mte, war jetzt schlechter geworden; sie schmeckte bitter und verbraucht. Er wartete gerade so lange, bis das Wasser bis an seine Schultern abgesunken war, ehe er sich mit einer hastigen Bewegung den Helm vom Kopf ri#223; und gierig ein-und ausatmete. »Das war knapp«, keuchte er. »Noch eine Minute l#228;nger, und ich w#228;re erstickt. Mein Sauerstofftank ist vollkommen leer. « »Meiner auch«, sagte Singh. Auch er hatte den Helm abgenommen, wenn auch wesentlich langsamer als Mike. »Unsere Freunde stellen unser Gl#252;ck ganz sch#246;n auf die Probe«, sagte Mike #252;bellaunig. »Knapp vorbei ist zwar auch daneben, aber irgendwie habe ich keine Lust, st#228;ndig zu beten, da#223; es gerade noch einmal gutgehen k#246;nnte. « Singh sah ihn auf sonderbare Weise an. »Ich glaube nicht, da#223; das etwas mit Gl#252;ck zu tun hat«, sagte er. Mike schwieg. Wahrscheinlich hatte Singh Recht. Sie warteten, bis das Wasser v#246;llig abgeflossen war, dann #246;ffneten sie die obere Luke, kletterten vollends ins Schiff zur#252;ck und begannen, aus den Anz#252;gen zu steigen. Nach einigen Augenblicken erschien Hasim und half ihnen. Mike lie#223; es widerspruchslos geschehen, obwohl ihm die N#228;he des Beduinen jetzt mehr denn je unangenehm war. Aber er war viel zu ersch#246;pft, um Einspruch zu erheben, und au#223;erdem waren seine Finger so steifgefroren, da#223; er M#252;he hatte, sie #252;berhaupt noch zu bewegen, geschweige denn, richtig zu benutzen. Erst jetzt, als sie wieder im Schiff waren, sp#252;rte er wirklich, wie kalt das Wasser gewesen war. Als sie in den Laderaum zur#252;ckkehrten, erlebte er eine weitere #220;berraschung. Hasim war w#228;hrend ihrer Abwesenheit nicht unt#228;tig gewesen. Er hatte die zw#246;lf Beh#228;lter, die sie aus der TITANIC geborgen hatten, in den Laderaum geschafft und verstaut, und jetzt sah Mike endlich, welche Bewandtnis es mit der sonderbaren Wabenkonstruktion hatte, die die beiden Br#252;der in den letzten Tagen hier unten aufgestellt hatten: Sie entsprachen genau der Form der Kokons. Die seltsamen Beh#228;lter pa#223;ten so genau in die Gestelle, da#223; sie wahrscheinlich eine geschlossene Wand zu beiden Seiten bilden w#252;rden, wenn sie alle an Bord waren. Mikes Mut sank jedoch, als er sah, wie viele dieser Waben noch leer waren. Dr#252;ben, im Bauch der TITANIC, war die Zahl der Beh#228;lter unm#246;glich zu sch#228;tzen gewesen, aber jetzt sah er, da#223; es tats#228;chlich noch Hunderte sein mu#223;ten, und er fragte sich wieder, was sie wohl enthielten. »Keine Toten?« fragte Ben ungl#228;ubig. »Ganz bestimmt kein einziger?« Mike schlo#223; zitternd die H#228;nde um die Tasse mit br#252;hhei#223;em Tee, die Trautman ihm gebracht hatte. Seine Finger waren noch immer taub, aber die W#228;rme tat gut, und er fror jetzt nicht mehr ganz so erb#228;rmlich wie vorhin. »Nein, nicht einen«, antwortete er. »Ich bin froh, da#223; wir keinen gefunden haben. Nach vier Jahren bieten sie bestimmt keinen sehr sch#246;nen Anblick. « »Darum geht es nicht«, sagte Trautman. Er sch#252;ttelte den Kopf, setzte sich neben Ben und sah Mike sehr ernst an. »Ben hat recht, wei#223;t du? Irgend etwas stimmt hier nicht. « Was f#252;r eine scharfsinnige Bemerkung, dachte Mike, h#252;tete sich aber, diesen Gedanken laut auszusprechen. »Und ihr habt keine Ahnung, was in diesen B#252;ndeln ist?« fragte Juan. Mike sch#252;ttelte den Kopf. »Nein. Und ich werde auch bestimmt nicht nachsehen, wenn du darauf anspielst. Yasal h#228;tte Singh fast den Arm abgerissen, als er eines der Dinger auch nur angefa#223;t hat. « »Mike #252;bertreibt«, sagte Singh und trank einen Schluck Tee. »Aber er hat trotzdem Recht -was immer in diesen Beh#228;ltern ist, es mu#223; f#252;r die Schwarze Bruderschaft von gro#223;em Wert sein. Ich glaube nicht, da#223; sie uns gestatten, einen davon zu #246;ffnen. « »Und es w#228;re auch nicht empfehlenswert, es heimlich zu tun«, f#252;gte Mike mit einem Blick in Bens Richtung hinzu. »Ganz davon abgesehen, da#223; es dir kaum gelingen d#252;rfte. « Ben machte ein beleidigtes Gesicht. »Du untersch#228;tzt mich mal wieder, scheint mir. « »Nein«, sagte Singh. »Aber »Wof#252;r Das war nat#252;rlich vollkommener Unsinn -es gab kein lebendes Wesen, das »Noch sind wir nicht zur#252;ck«, gab Trautman zu bedenken. »Selbst wenn wir Tag und Nacht arbeiten, brauchen wir wahrscheinlich Tage, um alle Beh#228;lter zu verladen, wenn es wirklich so viele sind, wie ihr sagt. Und dann kommt noch die R#252;ckfahrt. « Er sch#252;ttelte seufzend den Kopf. »Ich will ja nicht unken, aber ich habe Zweifel, da#223; wir es schaffen. Und ihr wi#223;t, was passiert, wenn wir die Frist nicht einhalten. « Seltsamerweise beunruhigte Mike diese Vorstellung kaum. Nach alledem, was er heute mit Yasal und seinem Bruder erlebt hatte, war er ziemlich sicher, da#223; die beiden auch dies einkalkuliert hatten. »Wieviel Zeit haben wir noch?« fragte er. »F#252;nf Tage«, antwortete Trautmari. »Warum?« »F#252;nf Tage. Das w#228;re der... « Mike rechnete rasch in Gedanken nach. »Sechzehnte Februar, richtig?« »Stimmt«, antwortete Trautman. »Weshalb fragst du?« »Ohne besonderen Grund«, antwortete Mike. »Ich habe #252;berlegt, ob an diesem Datum etwas Besonderes ist. « Da war eine Erinnerung, irgendwo tief in seinem Ged#228;chtnis vergraben. Zu tief, um sie zu erkennen, aber nicht tief genug, um sie ganz zu vergessen. Irgend etwas, was irgend jemand gesagt hatte und das ihm pl#246;tzlich wichtig erschien. Aber was nur? »Oder war?« fragte Chris. Mike sah ihn aus aufgerissenen Augen an. »Das ist es!« sagte er. »Erinnert ihr euch an das, was Lady Grandersmith gesagt hat? »Zweihundertf#252;nfzig Jahre?« Juan sah ihn kopfsch#252;ttelnd an. »Du willst doch nicht etwa behaupten, da#223; Yasal und die beiden anderen zweihundertf#252;nfzig Jahre alt sein sollen? Warum nicht gleich f#252;nfhundert?« Er versuchte zu lachen. »Das ist unm#246;glich. Niemand wird so alt. « »Jemand, der ohne Atemger#228;t eine Stunde unter Wasser Spazierengehen kann, vielleicht doch«, sagte Mike. Er zuckte mit den Schultern. »Wer wei#223;. Wir sollten jedenfalls einmal nachschlagen, was am sechzehnten Februar vor zweihundertf#252;nfzig Jahren war. « »Das werden wir tun«, sagte Trautman. »Aber du nicht. Du gehst jetzt in deine Koje und schl#228;fst dich gr#252;ndlich aus. « Er machte eine entschiedene Handbewegung, als Mike protestieren wollte. »Keine Widerrede. Schau in den Spiegel, wenn du mir nicht glaubst. Du bist vollkommen ersch#246;pft und total durchgefroren. Juan und ich werden als n#228;chste mit Yasal zur TITANIC hin#252;bergehen, und dann sehen wir weiter. Vielleicht finden wir ja eine M#246;glichkeit, den Transport irgendwie zu beschleunigen. « »Wir k#246;nnten einen Flaschenzug bauen«, schlug Juan vor. »Wie?« fragte Ben. »Wozu denn das?« »Um die Beh#228;lter auf diese Weise schneller zu transportieren, Schlaumeier«, antwortete Juan sp#246;ttisch. »Sie wiegen hier unten kaum etwas, aber nach Mikes Beschreibung sind sie ziemlich unhandlich. Wenn wir ein Seil zwischen der NAUTILUS und der TITANIC spannen und sie daran befestigen, geht es viel schneller. « »Hm«, machte Ben. Mike konnte ein Grinsen nicht v#246;llig unterdr#252;cken. Juans Idee war geradezu genial, und das mu#223;te Ben wohl auch einsehen, aber so war er nun einmal -er fand prinzipiell erst einmal nichts gut, was nicht auf seinem Mist gewachsen war. »Ich frage mich, wieso »Vielleicht ist die Idee zu einfach«, witzelte Ben. »Wer wei#223; vielleicht sind sie ja nur Spezialisten f#252;r Unm#246;gliches. « Das Gespr#228;ch schleppte sich noch eine Weile dahin, aber es fiel Mike immer schwerer, ihm zu folgen. Er sp#252;rte erst jetzt richtig, wie anstrengend der Ausflug zur TITANIC hin#252;ber gewesen war, und so stand er schlie#223;lich auf, verabschiedete sich von den anderen und ging zu seiner Kabine, um zu tun, was Trautman ihm geraten hatte: sich gr#252;ndlich auszuschlafen. Leider wurde es damit nichts. Mike hatte das Gef#252;hl, die Augen noch nicht einmal richtig geschlossen zu haben, als er schon wieder geweckt wurde; von lauten Stimmen, die direkt vor seiner T#252;r erklangen. Mike pre#223;te st#246;hnend den Handr#252;cken gegen die Stirn, z#228;hlte in Gedanken bis f#252;nf und sah dann auf die Uhr. Er hatte nicht einmal zwei Stunden geschlafen - kein Wunder, da#223; er fast m#252;der war als zuvor. Aus rotger#228;nderten Augen blickte er zur T#252;r. Sie war noch geschlossen, aber das Stimmengewirr wurde lauter. Er konnte die Worte nicht verstehen, aber der Klang war der eines Streites. Was war denn da drau#223;en los? Benommen richtete er sich vollends auf, schlurfte zur T#252;r und g#228;hnte ausgiebig. Wahrscheinlich hat Ben wieder einmal #252;ber die Str#228;nge geschlagen, dachte er, und nach den letzten Tagen war wohl auch Trautmans sprichw#246;rtliche Geduld nicht mehr ganz so unersch#246;pflich wie sonst. Er #246;ffnete die T#252;r -und verga#223; schlagartig seine M#252;digkeit. Es ging nicht um Ben. Er war auch drau#223;en auf dem Gang -wie die gesamte Besatzung der NAUTILUS, einschlie#223;lich der beiden Beduinen -, aber Trautman redete in erregtem Ton auf Yasal ging unersch#252;tterlich weiter, und in Mike kam ein vager Verdacht hoch. »Was ist denn hier los?« murmelte er schlaftrunken. »Deine Pause ist vorbei«, antwortete Ben, »das ist los. Die beiden wollen anscheinend wieder raus. « Mike blinzelte. Yasal steuerte geradewegs auf ihn zu, und das, zusammen mit Bens Worten und Trautmans sichtlicher Erregung, lie#223; eigentlich nur einen Schlu#223; zu. »Das... das meint ihr doch nicht ernst«, sagte er. »Wir sollen weitermachen? Yasal blieb einen Meter vor ihm stehen und nickte. Nat#252;rlich sagte er nichts. »Aber ich kann das nicht«, beharrte Mike. »Ich bin v#246;llig ersch#246;pft. La#223;t mich wenigstens noch ein paar Stunden ausruhen. « Yasal machte eine auffordernde Geste, mit der er zugleich auch auf Singh deutete. »Singh auch?« murmelte Mike. »Aber der ist genauso fertig wie ich. Wir w#228;ren euch keine Hilfe!« Diesmal belie#223; es Yasal nicht bei einer Geste. Er packte Mike kurzerhand an der Schulter und zerrte ihn aus seiner Kabine heraus. »Schon gut, schon gut!« sagte Mike hastig. Sofort lie#223; Yasal seine Schulter los, doch allein die Art, wie er es tat, machte Mike klar, da#223; er sofort wieder zupacken w#252;rde, wenn er sich widersetzte. »Das ist doch Wahnsinn!« protestierte Trautman. »Ich lasse nicht zu, da#223; -« »Lassen Sie's gut sein«, unterbrach ihn Mike resignierend. »Ich gehe mit. Wahrscheinlich werden wir ihn eher behindern als ihm helfen, aber wenn er darauf besteht... « Er zog die T#252;r hinter sich zu, trat neben Yasal und nickte. »Ihr m#252;#223;t ja wissen, was ihr tut. Wenn ich unterwegs einschlafe, tr#228;gst du mich aber zur#252;ck, ist das klar?« Trautman blickte ihn an, als w#228;re er #252;bergeschnappt, aber Ben lachte leise. »Die beiden scheinen einen echten Narren an euch gefressen zu haben«, sagte er. »Aber keine Sorge -ich komme mit nach unten und helfe dir wenigstens noch, den Anzug anzuziehen. « Doch dazu sollte es nicht kommen. Kurz bevor sie den Laderaum erreichten, blieb Yasal pl#246;tzlich stehen, wandte sich um und machte eine befehlende Bewegung mit beiden Armen. Trautman, Ben und die beiden anderen blieben unvermittelt stehen, und Trautmans Gesicht verd#252;sterte sich schon wieder vor Zorn. »Was hat denn das jetzt wieder zu bedeuten?« fragte er grollend. »Ich glaube, sie wollen nicht, da#223; ihr den Laderaum betretet«, antwortete Singh. »Wie bitte?« emp#246;rte sich Ben. »He -wem geh#246;rt dieses Schiff eigentlich?« Er machte eine herausfordernde Bewegung, wie um Yasal einfach beiseite zu schieben -und fand sich in der n#228;chsten Sekunde mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden wieder. Yasal hatte blitzartig zugesto#223;en. »Soviel zu deiner Frage«, sagte Mike. »War diese Antwort deutlich genug?« Er grinste, aber im Grunde war ihm nicht nach Lachen zumute. Sie waren tats#228;chlich nicht mehr die Herren #252;ber ihr eigenes Schiff, aber »Also gut«, seufzte er. »Bringen wir es hinter uns. « Sie gingen weiter, durchquerten den Laderaum mit seiner seltsamen Fracht und stiegen mit Yasals Hilfe in die schweren Taucheranz#252;ge. Mike war kein bi#223;chen #252;berrascht, als er feststellte, da#223; die Sauerstoffflaschen schon wieder gef#252;llt waren. Und nicht nur das -Yasal und Hasim hatten je eine zus#228;tzliche Flasche an ihren Anz#252;gen angebracht, was wohl bedeutete, da#223; sie diesmal noch l#228;nger drau#223;en bleiben mu#223;ten. Aber zumindest blieb ihnen jetzt der kr#228;ftezehrende Weg durch das gesamte Wrack erspart. Sie kletterten in die Schleuse. W#228;hrend sie darauf warteten, da#223; das Wasser h#246;her stieg, w#228;re Mike beinahe eingeschlafen, aber das Wasser war so kalt, da#223; er regelrecht mit den Z#228;hnen zu klappern begann. Die Schleuse war komplett geflutet. Mike trat aus demSchiff heraus, knipste seinen Scheinwerfer an -und erlebte eine gewaltige #220;berraschung. Dabei bestand das, was da im wei#223;en Licht des Scheinwerferstrahles schimmerte, blo#223; aus zwei fingerdicken, aus Metall geflochtenen Dr#228;hten, die neben der Schleusent#252;r am Rumpf der NAUTILUS verankert waren und in der ewigen Nacht verschwanden. Aber es war auch nicht die Konstruktion selbst, die Mike so ersch#252;tterte. Es war der Umstand, da#223; sie Die Konsequenz dieser Entdeckung war ihnen beiden sofort klar, aber diesmal wagte es nicht einmal Singh, den Gedanken in Worte zu kleiden. Yasal und Hasim wu#223;ten offenbar #252;ber jedes Wort Bescheid, das zwischen ihnen gesprochen wurde. Selbst wenn keiner von ihnen im Raum war. Was wiederum nur eines bedeuten konnte: Sie lasen ihre Gedanken. Und pl#246;tzlich war Mike klar, Hasim -der diesmal anstelle von Yasal mit nach drau#223;en gekommen war -bedeutete ihnen ungeduldig, loszugehen, und sie gehorchten. Direkt unter dem glitzernden Metallseil hindurch marschierten sie zurTITANIC hin#252;ber und kletterten durch die gewaltsam geschaffene #214;ffnung in den Laderaum. Das andere Ende des Seiles war unter der Decke befestigt worden, und Hasim hatte auch eine Anzahl von Haken mitgebracht, die er daran einklinkte; au#223;erdem einige Seilschlaufen. Er demonstrierte Mike und Singh mit knappen Bewegungen, was sie zu tun hatten: n#228;mlich die Kokons in jeweils zwei der Schlaufen hineinzulegen und ihnen einen leichten Sto#223; zu versetzen, so da#223; sie an dem schr#228;g gespannten Tau entlang wie an einer Seilbahn zur NAUTILUS hin#252;berglitten. Mike vermutete, da#223; Yasal dort dr#252;ben wartete, um sie in Empfang zu nehmen. Obwohl er so m#252;de war, da#223; ihm jede Bewegung M#252;he bereitete, machte er sich unverz#252;glich an die Arbeit, ebenso wie Singh. Wie es aussah, hatten Yasal und sein Bruder offensichtlich beschlossen, da#223; nur sie beide an Bord der TITANIC gehen durften, und wenn die Arbeit ohnehin allein an ihnen h#228;ngenblieb, konnten sie sie genausogut so schnell wie m#246;glich erledigen. Es ging leichter, als er zu hoffen gewagt hatte. Schon nach wenigen Augenblicken fanden sie in einen Rhythmus, als h#228;tten sie diese Art der Arbeit schon seit Jahren getan: W#228;hrend Mike die Kokons herbeischaffte, befestigte Singh sie in den Seilschlaufen und schickte sie auf den Weg. Yasals Konstruktion erwies sich als h#246;chst effektiv: F#252;r jeden Beh#228;lter, den sie losschickten, trug das Seil zwei leere Schlaufen wieder zu ihnen heran, so da#223; sie rascher vorankamen, als Mike zu hoffen gewagt hatte. Er h#246;rte bald auf, die Beh#228;lter zu z#228;hlen, die sie zur NAUTILUS hin#252;berschickten. Es mu#223;ten schon an die hundert sein. Mike und Singh arbeiteten bis zur Ersch#246;pfung. Erst als die Luft in seinen Lungen schon wieder bitter zu schmecken begann und er begriff, da#223; ihre Tanks fast leer waren, h#246;rte Mike auf und machte sich zusammen mit Singh auf den R#252;ckweg; allerdings nicht zu Fu#223;. Jeder von ihnen ergriff kurzerhand eine der Seilschlaufen und glitt damit zur NAUTILUS zur#252;ck, wo sie von Hasim erwartet wurden. Mike erinnerte sich hinterher nicht einmal, wie er in seine Koje zur#252;ckgekommen war. Er schlief auf der Stelle ein, und er hatte auch das Gef#252;hl, auf der Stelle wieder geweckt zu werden, auch wenn ihm ein Blick auf die Uhr verriet, da#223; Yasal ihm diesmal vier ganze Stunden geg#246;nnt hatte, um sich zu erholen. Auf diese Weise verging mehr als ein Tag - sie arbeiteten drei Stunden, kehrten zur NAUTILUS zur#252;ck, um vier Stunden auszuruhen, und stiegen dann wieder in die Tauchanz#252;ge. Die Zahl der Beh#228;lter nahm nur langsam ab, aber schlie#223;lich begann Mike doch Hoffnung zu sch#246;pfen, da#223; sie es schafften -falls Singh und er bis dahin nicht vor lauter Ersch#246;pfung einfach zusammengebrochen waren, hie#223; das. Er hatte auch l#228;ngst aufgeh#246;rt, sich den Kopf dar#252;ber zu zerbrechen, was in diesen sonderbaren wei#223;en B#252;ndeln sein mochte. Er wollte seine Arbeit beenden und dann ungef#228;hr acht Monate durchschlafen, das war alles, was ihn noch interessierte. Aber er sollte bald erfahren, Mike war so sehr in seine Gedanken vertieft, da#223; er f#252;r einen Moment unaufmerksam war. Singh und er hatten ihre Aufgaben getauscht: W#228;hrend Singh die Beh#228;lter herbeischaffte, befestigte Mike sie in den Schlaufen und gab ihnen einen leichten Sto#223;, und er mu#223;te den letzten wohl nicht richtig befestigt haben, denn er hatte das Schiff noch nicht ganz verlassen, als er aus seinem Halt zu gleiten begann. Mike sah das Ungl#252;ck kommen und wollte los, um den Kokon aufzufangen, aber in dem schweren Taucheranzug kam er nat#252;rlich zu sp#228;t: Der wei#223;e Beh#228;lter glitt vollends aus der Seilschlaufe, prallte gegen diemesserscharfe Kante der #214;ffnung, die Yasal in den Schiffsrumpf geschwei#223;t hatte, und verschwand sich #252;berschlagend in der Dunkelheit drau#223;en. Mikes Herz machte einen entsetzten Sprung. Er war nicht sicher -aber er hatte den Eindruck, da#223; der Beh#228;lter aufgeplatzt war, und wenn das stimmte, dann w#252;rde Yasal ihm wahrscheinlich den Kopf abrei#223;en, und das m#246;glicherweise nicht nur im #252;bertragenen Sinne! So schnell er konnte, durchquerte er den Raum, sprang aus dem Schiff und sah sich nach dem Beh#228;lter um. Im ersten Moment konnte er ihn nirgends entdecken. Dort, wo er eigentlich h#228;tte liegen m#252;ssen, war nur unber#252;hrter Sand. Dann sah er ihn -ein ganzes St#252;ck weiter rechts und nicht auf dem Boden, sondern sich noch immer #252;berschlagend in der Str#246;mung dahintreibend. Und er »Singh!« rief er. »Schnell! Komm her! Hilf mir!« Er wartete Singhs Antwort nicht ab, sondern bewegte sich hinter dem Beh#228;lter her. Der Kokon war schon fast weiter entfernt, als der Scheinwerferstrahl reichte, und er entfernte sich ununterbrochen weiter. Mikes Schrecken wandelte sich in Entsetzen. Wenn die Str#246;mung den Beh#228;lter ergriff und aus dem Licht trug, hatten sie keine Chance mehr, ihn je wiederzufinden. F#252;r einen Moment war er nahe daran, aufzugeben. Was, wenn er einfach zur#252;ckgehen und so tun w#252;rde, als w#228;re nichts passiert? Es waren Hunderte von Beh#228;ltern. Einer mehr oder weniger w#252;rde kaum auffallen, und selbst wenn, konnte er sich einfach dumm stellen. Aber er ahnte auch zugleich, da#223; das nicht klappen w#252;rde. Yasal und Hasim wu#223;ten ganz genau, wie viele Beh#228;lter sich an Bord der TITANIC befanden, und sie w#252;rden nicht eher Ruhe geben, bis auch der allerletzte geborgen war. Und au#223;erdem war es schlichtweg unm#246;glich, jemanden zu bel#252;gen, der Gedanken lesen konnte wie andere ein offenes Buch. Er griff schneller aus, und er hatte ausnahmsweise Gl#252;ck: Die Str#246;mung schien nachzulassen, denn der Beh#228;lter entfernte sich jetzt nicht mehr weiter von ihm, sondern sank ganz langsam zu Boden, so da#223; der Abstand zwischen ihnen allm#228;hlich wieder kleiner zu werden begann. Als Mike ihn endlich eingeholt hatte und schweratmend stehenblieb, hatte er sich so weit von der NAUTILUS entfernt, da#223; das Schiff hinter ihm schon nicht mehr sichtbar war. Selbst die Scheinwerferstrahlen waren von der allgegenw#228;rtigen Dunkelheit hier unten fast verschluckt worden. »Mike? Herr? Wo seid Ihr?« Singhs Stimme erklang verzerrt und d#252;nn in seinem Helm, und es dauerte eine ganze Weile, bis die Gestalt des Inders hinter Mike erschien. Er bewegte sich, so schnell der Taucheranzug dies zulie#223;. »Ich bin hier«, antwortete Mike. »Gro#223;er Gott, was ist in Euch gefahren?« keuchte Singh. »Seid Ihr verr#252;ckt geworden?« Mike wollte #252;ber diesen ungewohnt scharfen Ton auffahren, aber dann begriff er voller Schrecken, wie weit er dem Beh#228;lter gefolgt war. W#228;re er auch nur noch ein St#252;ck weitergelaufen, dann w#228;re er vielleicht in die ewige Nacht des Meeresgrundes hineingerannt, ohne es auch nur zu merken. »Es ist ja nichts passiert«, sagte er hastig. »Das hei#223;t -mir nicht. « Er deutete auf den aufgeplatzten Beh#228;lter, der vor ihm im Sand lag. Es kamen nun keine Luftblasen mehr aus ihm, aber irgend etwas D#252;nnes, Wei#223;es hing heraus und bewegte sich tr#228;ge in der Str#246;mung. »Was ist los?« Singh klang erschrocken, und Mike konnte h#246;ren, wie er #252;berrascht die Luft einsog, als er neben ihm anlangte und sah, was passiert war. »Ich habe nicht aufgepa#223;t«, gestand Mike. »Es tut mir leid. Komm -hilf mir. Vielleicht k#246;nnen wir irgend etwas tun, damit Yasal nicht merkt, was ich angerichtet habe. « Singh schwieg vielsagend, lie#223; sich aber neben Mike in die Hocke sinken und half ihm, den Beh#228;lter herumzudrehen, so da#223; sie hineinblicken konnten. Und im selben Moment schrie Mike so laut auf, da#223; man es wahrscheinlich noch dr#252;ben auf der NAUTILUS h#246;ren konnte. Er wu#223;te jetzt, was die sonderbaren Beh#228;lter enthielten, die sie aus dem Wrack geborgen harten. Das Gesch#246;pf sah auf den ersten Blick aus wie ein Mensch -das hie#223;, es hatte zwei Arme, zwei Beine und einen Kopf, aber damith#246;rte die #196;hnlichkeit mit einem Menschen auch schon wieder auf. Mike sch#228;tzte, da#223; es nicht gr#246;#223;er als Chris war, also etwa so gro#223; wie ein elf-oder zw#246;lfj#228;hriges Kind, aber sehr viel schlanker als ein normaler Mensch. Seine Arme und Beine waren so d#252;nn, da#223; Mike sie bequem mit einer Hand h#228;tte umschlie#223;en k#246;nnen, und seine Haut hatte eine fast wei#223;e Farbe. Es hatte sechs Finger an jeder Hand, die viel schmaler und um einiges l#228;nger waren als die eines Menschen, und nicht ein einziges Haar, weder am Leib noch auf dem Kopf. Und dieser Kopf war das Unheimlichste an ihm. Das Gesicht lief in einem spitzen Kinn aus, in dem sich ein fast l#228;cherlich kleiner Mund befand und keine sichtbare Nase. Daf#252;r waren die Augen #252;bergro#223; und von einer seltsamen Tropfenform. Sie standen weit offen, so da#223; Mike sehen konnte, da#223; sie weder Pupillen noch Iris hatten, sondern einfach nur schwarz waren. Und au#223;erdem war das Gesch#246;pf tot. »Gro#223;er Gott!« fl#252;sterte Mike ersch#252;ttert. Singh lie#223; sich neben ihm auf ein Knie herabsinken und streckte die behandschuhte Rechte nach dem Wesen aus, wagte dann aber doch nicht, es zu ber#252;hren. »Was... was ist das?« fl#252;sterte er. »So etwas... habe ich noch nie gesehen!« »Ich glaube, das hat noch niemand«, antwortete Mike leise. »Mit Ausnahme von Lady Grandersmith vielleicht. « »Ihr meint -« Singh stockte und sah Mike verbl#252;fft an. »Yasal und die beiden anderen... ?« »F#228;llt dir eine bessere Erkl#228;rung ein?« antwortete Mike. »Ich wei#223; nicht, was die drei sind, aber »Luft«, wiederholte Mike. »Als der Beh#228;lter aufgeplatzt ist, kamen Luftblasen heraus. « Pl#246;tzlich war er sehr aufgeregt. »Vielleicht sind es gar keine S#228;rge, Singh! Was, wenn... « Der Gedanke war so phantastisch, da#223; es ihn h#246;rbare #220;berwindung kostete, ihn auszusprechen. »Was, wenn sie alle noch Singh starrte ihn aus aufgerissenen Augen an und wollte etwas erwidern, aber Mike fuhr hastig fort: »Das ist die Erkl#228;rung, Singh! Sie sind nicht tot, versteh doch! Dieses Gesch#246;pf hier ist gestorben, weil der Beh#228;lter aufgeplatzt und es ertrunken ist, aber Singh sagte nichts - Mikes Theorie war die einzige, die #252;berhaupt Sinn ergab, und trotzdem warf ihre Entdeckung tausendmal mehr Fragen auf, als sie beantwortete. Sie waren beide noch viel zu verbl#252;fft und ersch#252;ttert, um einen klaren Gedanken zu fassen. Nach einer Weile stand Mike auf und deutete in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Gehen wir zur#252;ck«, sagte er. »Mit ein bi#223;chen Gl#252;ck hat Yasal noch nicht gemerkt, was passiert ist. Vielleicht f#228;llt ihm gar nicht auf, da#223; einer der Beh#228;lter fehlt. « »Ihr wollt ihn einfach hier zur#252;cklassen?« »Mir ist auch nicht wohl dabei«, antwortete Mike. »Aber hast du vielleicht eine bessere Idee? Ich wei#223; nicht, was er tut, wenn er herausfindet, was passiert ist, und ehrlich gesagt: Ich will es auch nicht wissen. « Aber er w#252;rde es herausfinden, das war ihnen beiden klar. Schlie#223;lich war es unm#246;glich, vor Yasal irgend etwas geheimzuhalten. Als h#228;tte es nur dieses Stichwortes bedurft, tauchte in diesem Moment eine schwarzgekleidete Gestalt aus der Dunkelheit hinter ihnen auf. Mikes Herz machte einen entsetzten Sprung. Yasal kam so schnell n#228;her, da#223; an eine Flucht nicht einmal zu denken war. Mikes Gedanken #252;berschlugen sich. »Yasal!« sagte er. »Es tut mir leid. Es ist meine Schuld, ich... ich war einen Moment unaufmerksam, und -« Yasal ignorierte ihn. Mit zwei, drei raschen Schritten war er neben ihm, stie#223; ihn unsanft beiseite und lie#223; sich neben dem aufgeplatzten wei#223;en Kokon auf die Knie sinken. Seine H#228;nde streckten sich nach der reglosen Gestalt in seinem Inneren aus, aber wie Singh zuvor, stockte er kurz, bevor er sie wirklich ber#252;hrt h#228;tte. Wie Yasal so im Sand kniete und sich #252;ber das leblose Gesch#246;pf beugte, empfand Mike nichts anderes als ein pl#246;tzliches, sehr heftiges Mitleid mit ihm. Bisher hatte er nicht einmal gewu#223;t, ob die unheimlichen Schwarzgekleideten #252;berhaupt in der Lage waren, menschliche »Es tut mir wirklich leid«, sagte er noch einmal. »Ich wollte das nicht, das mu#223;t du mir glauben. Es war ein Unfall. « Yasal hob langsam den Kopf und sah ihn an. Mike konnte sein Gesicht auch jetzt nicht erkennen, aber pl#246;tzlich wu#223;te er, wieso ihm die Augen immer so unheimlich und fremd vorgekommen waren. Es waren nicht die Augen eines Menschen. Was hinter dem schwarzen Tuch sichtbar war, das waren die gleichen, pupillenlosen Riesenaugen wie die des toten Gesch#246;pfes vor ihnen. »La#223; uns zur#252;ckgehen«, sagte Mike. »Wir m#252;ssen die anderen noch bergen. Ich schw#246;re dir, da#223; ich vorsichtiger sein werde. « Yasal r#252;hrte sich nicht. Mike hatte pl#246;tzlich ein schlechtes Gewissen, als er daran dachte, da#223; er noch vor ein paar Augenblicken ernsthaft vorgehabt hatte, das tote Wesen einfach so zur#252;ckzulassen. Und er sch#228;mte sich ein wenig. »Singh und ich bringen ihn zur#252;ck«, sagte er. Als Yasal nicht reagierte, beugte er sich herab und wollte das Gesch#246;pf aus seinem Beh#228;lter nehmen. Yasal versetzte ihm einen Sto#223;, der ihn zur#252;cktorkeln lie#223;. Er fiel, landete unsanft auf dem R#252;cken und sah noch im Fallen, wie Singh herumfuhr, um sich auf Yasal zu st#252;rzen. »Nicht, Singh!« schrie er. Tats#228;chlich hielt sich Singh im letzten Augenblick zur#252;ck wohl auch, weil ihm selbst klar wurde, wie wenig er h#228;tte ausrichten k#246;nnen. Trotzdem fuhr Mike in hastigem Ton fort: »Ich glaube, er will uns damit nur sagen, da#223; wir ihn nicht anr#252;hren sollen. « Er versuchte aufzustehen, schaffte es nicht und w#228;lzte sich in dem klobigen Anzug umst#228;ndlich auf den Bauch, um sich auf H#228;nde und Knie hochzustemmen. Der Scheinwerfer, der an seinem Helm angebracht war, machte die Bewegung mit, und der wei#223;e Strahl tastete noch ein St#252;ck weiter in die Dunkelheit hinein. Und Mike erstarrte mitten in der Bewegung. Sie hatten den Bug des Schiffes fast erreicht, und #252;ber ihnen g#228;hnte der gewaltige Ri#223;, der die Flanke der TITANIC gespalten hatte. Aber es war nicht dieser Anblick, der Mike f#252;r endlose Sekunden einfach starr dasitzen und an seinem Verstand zweifeln lie#223;. Alles, was bisher r#228;tselhaft und sinnlos erschienen war, wurde ihm mit einem Male ganz klar. »Was um alles in der Welt ist das?« keuchte Singh. Auch er hatte sich herumgedreht und starrte in dieselbe Richtung wie Mike. Sie konnten das Gebilde im Licht ihrer Scheinwerfer nur zum Teil erkennen, denn es war sehr gro#223; -Mike sch#228;tzte seinen Durchmesser auf sicherlich drei#223;ig Meter, wenn nicht mehr. Es war von silbergl#228;nzender Farbe und mu#223;te die Form einer gro#223;en Scheibe haben, wenn es sich nicht jenseits des Lichtstrahles pl#246;tzlich anders fortsetzte. Ein Teil davon war eingedr#252;ckt und zerfetzt -der Teil des messerscharfen Randes, der den Rumpf der TITANIC getroffen und wie eine Axtklinge aufgerissen hatte... »Es war gar kein Eisberg«, fl#252;sterte Mike. »Wie?« fragte Singh. Er begriff nicht, was Mike meinte. »Die TITANIC«, erkl#228;rte Mike, ohne den Blick auch nur eine Sekunde von dem unheimlichen Gebilde zu wenden. »Es wurde immer angenommen, da#223; sie mit einem Eisberg kollidiert ist. Aber das stimmt nicht. Es war das »Aber was ist das?« fragte Singh verst#246;rt. »Ich... ich glaube, ich wei#223; es«, antwortete Mike stockend. Er k#228;mpfte sich m#252;hsam auf die F#252;#223;e und warf einen Blick zu Yasal zur#252;ck, ehe er fortfuhr. Der vermeintliche Beduine hatte das tote Gesch#246;pf mittlerweile aus seinem Kokon gel#246;st und trug es wie ein Kind auf beiden Armen. Er starrte Mike noch immer an, auf eine Weise, die ihm einen eisigen Schauer #252;ber den R#252;cken laufen lie#223;. »Ich glaube, es ist ihr Schiff«, sagte er. »Schiff?« Singh sch#252;ttelte heftig den Kopf. »Das ist kein Schiff. So etwas habe ich noch nie gesehen!« »Das hat vermutlich niemand auf der Erde«, antwortete Mike. »Ich glaube, sie stammen aus einer anderen Welt. Vielleicht von einem anderen Planeten. Und sie sind damit zu uns gekommen. « »Niemand kann zu einem anderen Planeten fahren«, sagte Singh #252;berzeugt. »Wir nicht, aber vielleicht sie«, beharrte Mike. Gerade war es nur eine Idee gewesen, die ihm selbst ein bi#223;chen verr#252;ckt vorgekommen war, aber je l#228;nger er Yasal ansah, desto #252;berzeugter war er selbst davon. Es war pl#246;tzlich nicht nur eine blo#223;e Idee. Es war, als erz#228;hlten ihm die unheimlichen Augen des Fremden eine Geschichte oder zumindest einen Teil davon. »Ich glaube, sie haben sie deshalb auf die TITANIC gebracht«, sagte er. »Damit sie von diesem Schiff abgeholt und wieder nach Hause gebracht werden k#246;nnen. Aber irgend etwas ist schiefgegangen. Es ist mit der TITANIC zusammengesto#223;en und beide sind gesunken. « Er wandte sich ganz zu Yasal um. »War es so?« fragte er. Yasal nickte. »So ist das also«, murmelte Singh. Mike fiel der ver#228;nderte Ton in seiner Stimme auf. Sie klang pl#246;tzlich sehr bitter. »Was meinst du?« »Was ich meine?« Singh lachte hart. »Ich meine die mehr als tausendf#252;nfhundert Menschen, die hier ums Leben gekommen sind. « »Aber es war ein Unfall!« antwortete Mike. »Du glaubst doch nicht, da#223; sie das absichtlich getan haben? « »Nein -aber es hat ihnen wahrscheinlich auch nicht viel ausgemacht«, erwiderte Singh. »Immerhin haben Sie auch »Aber das ist doch etwas anderes!« protestierte Mike. Doch ganz sicher war er nicht. Der Anblick Yasals, der mit dem toten Gesch#246;pf auf den Armen dastand und Singh und ihn wortlos ansah, r#252;hrte noch immer sein Herz, aber er mu#223;te auch gleichzeitig wieder an die Szene im Lagerhaus denken. H#228;tte Serena Hasim nicht zur#252;ckgehalten, h#228;tte er einen Wehrlosen get#246;tet. Er schauderte pl#246;tzlich. Wenn diese Wesen #252;ber Gef#252;hle und ein Moralempfinden verf#252;gten, so schien es vollkommen anders zu sein als das eines Menschen. »Unsere Luft geht bald zu Ende«, sagte Singh pl#246;tzlich. »Wir m#252;ssen zur#252;ck. « Er wollte losgehen, aber Yasal vertrat ihm den Weg. Mit einer raschen Bewegung verlagerte er das Gewicht des toten Gesch#246;pfes auf den linken Arm und streckte die freigewordene Rechte in Singhs Richtung aus. Zwischen seinen Fingern blitzte und funkelte etwas Kleines, Wei#223;es; wie ein winziges lebendiges Licht. »Was bedeutet das?« fragte Mike erschrocken. »K#246;nnt Ihr Euch das nicht denken, Herr?« fragte Singh bitter. Das Licht zwischen Yasals Fingern wurde heller -und pl#246;tzlich wu#223;te es Mike. Es war der gleiche, blendendwei#223;e Schein, mit dessen Hilfe er gestern ein Loch in den zentimeterdicken Stahl des Schiffsrumpfes geschnitten hatte. »Yasal, was... was hast du vor?« fragte er unsicher. Pl#246;tzlich hatte er Angst. »Wir kennen sein Geheimnis«, sagte Singh. »Ich glaube nicht, da#223; er zulassen wird, da#223; wir es weitererz#228;hlen. « Er machte eine Kopfbewegung zu der silbernen Scheibe zur#252;ck, die sich in den Rumpf der TITANIC verkeilt hatte. »Das ist es doch, nicht? Nur zu. Bring uns um, wenn du willst. Wir k#246;nnen uns nicht wehren. Ein Menschenleben ist euch ja offensichtlich nicht viel wert. Geschweige denn das von tausendf#252;nfhundert!« Das Licht flackerte heller, aber der t#246;dliche Blitz, auf den Mike wartete, blieb aus. F#252;r endlose Sekunden stand Yasal reglos da und zielte mit seiner furchtbaren Waffe auf Singh, aber dann senkte er den Arm ein wenig und sah Mike an. »Wir werden es niemandem verraten«, sagte Mike. Und er Die Zeit schien stehenzubleiben. Das Licht richtete sich nun auf ihn, und zugleich schienen die unheimlichen Augen Yasals direkt in ihn hineinzublicken. Er konnte regelrecht sp#252;ren, wie etwas durch seinen Kopf tastete und seine geheimsten Gedanken ergr#252;ndete. Und dann, nach einer Ewigkeit, senkte Yasal die Hand wieder, und das furchtbare Gl#252;hen zwischen seinen Fingern erlosch. Selbst am n#228;chsten Morgen begriff Mike noch nicht wirklich, »Wir sind soweit. « Trautmans Stimme drang in Mikes Gedanken. Er schrak hoch, blickte einen Moment lang v#246;llig verst#228;ndnislos in das b#228;rtige Gesicht Trautmans und rettete sich dann in ein verlegenes L#228;cheln. »Schon?« Trautman runzelte die Stirn. Sein Blick wurde wieder ein bi#223;chen besorgt -Mike hatte gute zw#246;lf Stunden ununterbrochen geschlafen, aber er war noch immer hundem#252;de, und wahrscheinlich sah er auch so aus. »Alles in Ordnung mit dir?« fragte er. Mike nickte hastig. »Ja. Entschuldigen Sie. « Er wollte aufstehen und zu seinem Platz am Steuerpult gehen, aber Trautman sch#252;ttelte den Kopf. »Ben wird das #252;bernehmen«, sagte er. »Ruh dich aus. Du wirst deine Kr#228;fte noch brauchen. « »Wieso?« fragte Mike. »Weil wir ohne Pause durchfahren werden und uns am Ruder abl#246;sen m#252;ssen«, antwortete Trautman. »Wir k#246;nnen es bis zum sechzehnten schaffen, aber es wird knapp. « Er z#246;gerte einen Moment, dann setzte er hinzu: »Ist wirklich alles in Ordnung mit dir? Du bist irgendwie anders seit gestern. So nebenbei: Singh ebenfalls. « »Wir sind nur ersch#246;pft«, antwortete Mike hastig. »Es war alles sehr anstrengend. Ich bin froh, da#223; es vorbei ist. Wann fahren wir los? Sofort?« »Noch nicht«, erwiderte Trautman. »Wir warten noch auf Yasal. « »Ist er denn nicht an Bord?« fragte Mike verwundert. Er hatte von Trautman erfahren, da#223; Yasal und sein Bruder gestern noch einmal allein hinausgegangen waren, vermutlich, um die zur#252;ckgebliebenen Beh#228;lter zu holen. Aber es waren nur noch wenige gewesen, allerh#246;chstens ein Dutzend; eine Aufgabe, die in einer Stunde zu erledigen gewesen w#228;re. »Er ist vor einer halben Stunde noch einmal hinausgegangen«, antwortete Ben an Trautmans Stelle. »Frag mich blo#223; nicht, warum. « Er lachte. »Vielleicht hat er seine Fr#252;hst#252;cksdose dr#252;ben auf der TITANIC vergessen. « Mike fand das nicht sehr komisch. Er schenkte Ben einen giftigen Blick, stand auf und schlenderte zum Fenster. Der Anblick drau#223;en hatte sich nicht ver#228;ndert. Die TITANIC ragte noch immer wie ein st#228;hlerner Berg #252;ber ihnen empor, aber sie kam ihm jetzt unheimlicher und bedrohlicher denn je vor. Ganz automatisch wanderte sein Blick nach links, in die Dunkelheit vor dem Wrack hinein, und ein sonderbares Gef#252;hl #252;berkam ihn. Er konnte sie nicht sehen, aber f#252;r einen Moment erschien der Anblick der riesigen silbernen Scheibe ganz deutlich vor seinen Augen, und wieder sp#252;rte er dieselben einander widersprechenden Gef#252;hle wie gestern. Zorn, Verwirrung, Mitleid und Ohnmacht. Singh hatte gewi#223; Recht, aber zugleich t#228;uschte er sich auch. Die Katastrophe damals war viel gewaltiger -und viel tragischer gewesen, als die Menschen oben unter der Sonne glaubten. Und er konnte auch zugleich Yasal und seine Br#252;der verstehen. Sie hatten nichts anderes als nach Hause gewollt, und sie hatten ganz bestimmt nicht beabsichtigt, dabei irgend jemanden zu verletzen. Aber trotzdem waren so viele Unschuldige ums Leben gekommen, da#223; sich Zorn in Mikes Mitleid mischte. Es war ein Unfall gewesen -letztendlich genau das, was auch ihm widerfahren war, als er den Beh#228;lter nicht richtig befestigt hatte -, und er durfte es Yasal und den anderen nicht vorwerfen. Aber er war auch nicht sicher, ob er es ihnen jemals wirklich verzeihen konnte... »Wo bleibt er nur?« fragte Trautman. Er war neben Mike getreten und sah wie er aus dem Fenster. »Jede Minute ist kostbar. Es macht mich rasend, hier herumzustehen und nicht zu wissen, warum. « Etwas leiser und in so beil#228;ufigem Ton, da#223; Mike um ein Haar ganz automatisch geantwortet h#228;tte, f#252;gte er hinzu: Mike fuhr zusammen, starrte Trautman betroffen an und bi#223; sich auf die Unterlippe. Er schwieg. »Was habt ihr dort drau#223;en gefunden?« fragte Trautman nun. »Nichts«, antwortete Mike. Er wich Trautmans Blick aus. Trautman lachte. »Habe ich dir eigentlich schon einmal gesagt, da#223; du ein miserabler L#252;gner bist?« Mike schwieg eine Weile, ehe er leise und ohne Trautman anzusehen antwortete: »Sie haben recht. Wir »Ich habe es versprochen«, antwortete Mike. Trautmans Blick wurde eindringlich, und obwohl Mike ihn nicht direkt erwiderte, war er nicht sicher, wie lange er ihm wohl noch standhalten w#252;rde. Aber dann nickte Trautman. »Gut, ich respektiere das. Sie haben ihr Wort gehalten und uns bisher nichts getan, und so ist es nur richtig, da#223; auch du dein Wort h#228;ltst. Keine Angst ich werde den anderen nichts sagen. « Mike l#228;chelte dankbar, und Trautman drehte sich ohne ein weiteres Wort herum und wollte zum Steuerpult zur#252;ckgehen, machte aber dann noch einmal kehrt. »Ach ja, das h#228;tte ich beinahe vergessen«, sagte er. »Ich habe die halbe Nacht lang B#252;cher gew#228;lzt, aber mir ist nichts untergekommen, was genau zweihundertf#252;nfzig Jahre her sein k#246;nnte. Mit einer Ausnahme -aber sie ergibt keinen Sinn. « »Welche Ausnahme?« fragte Mike. »Eine ganz bestimmte Sternenkonstellation«, sagte Trautman. »Alle zweihundertf#252;nfzig Jahre steht der Sirius in einem ganz bestimmten Winkel #252;ber der Erde. Zu Anfangdachte ich, das w#228;re die L#246;sung. Die alten #196;gypter waren gro#223;artige Astronomen. Die Pyramiden sind nach den Sternen ausgerichtet, wu#223;test du das? Aber dann habe ich noch einmal genauer nachgesehen w#228;hrend dieser Konstellation ist der Sirius von den Pyramiden aus gar nicht sichtbar. « »Wahrscheinlich hat es nichts zu bedeuten«, sagte Mike. Trautman sah ihn scharf an, dann wandte er sich ab, und Mike drehte sich wieder dem Fenster zu. Er wu#223;te nicht, wie lange er so dastand und in die Dunkelheit hinausstarrte. Irgendwann begannen die st#228;hlernen Planken unter seinen F#252;#223;en zu zittern, und der Rumpf der NAUTILUS vibrierte wieder im vertrauten Dr#246;hnen und H#228;mmern der Maschinen. W#228;hrend Singh und er die Ladung aus der TITANIC her#252;bergebracht hatten, hatten Trautman und die anderen die Maschinen #252;berholt und wohl das eine oder andere wieder in Ordnung gebracht. »Jemand sollte hinausgehen und Yasal holen«, maulte Ben. »Er k#246;nnte wirklich allm#228;hlich kommen. « »Ich werde gehen und Hasim suchen«, sagte Juan. Doch bevor er seinen Vorsatz in die Tat umsetzen konnte, #246;ffnete sich die T#252;r, und Hasim trat ein. Er war v#246;llig durchn#228;#223;t und hinterlie#223; eine feuchte Spur auf dem Boden. Offenbar war auch er gerade erst von drau#223;en zur#252;ckgekehrt. »Hasim!« sagte Trautman. »Endlich. Wo ist Yasal? Wir k#246;nnen aufbrechen. « Hasim blieb stehen und deutete auf das Fenster. »Noch drau#223;en?« fragte Trautman. »Aber warum? Unsere Zeit ist knapp!« Hasim machte eine Geste, deren Bedeutung Mike erst nach einer Sekunde begriff. Trautman offensichtlich sehr viel schneller, denn er blickte Hasim ungl#228;ubig an. »Verstehe ich dich richtig? Wir sollen losfahren?« Hasim nickte. »Aber Yasal ist noch dort drau#223;en!« Hasim nickte wieder, dann deutete er mit einer Hand auf das Steuerpult, mit der anderen nach oben. »Das ist deutlich genug«, sagte Ben. »Warum tun wir ihm nicht den Gefallen und tauchen endlich auf?« »Weil ich nicht daran denke, jemanden hier zur#252;ckzulassen«, antwortete Trautman #228;rgerlich. »Was ist passiert? Hattet ihr einen Unfall, oder -« Hasims Geduld war offensichtlich zu Ende. Er ging rasch auf das Steuerpult zu, schob Trautman einfach beiseite und begann an den Instrumenten der NAUTILUS zu hantieren. Das Motorenger#228;usch ver#228;nderte sich, und nur einen Augenblick sp#228;ter begann das Wrack der TITANIC unter ihnen wegzugleiten. Mike konnte sp#252;ren, wie die NAUTILUS von der Str#246;mung ergriffen wurde und gleichzeitig an Tempo zulegte. »He, was soll das?« fragte Trautman aufgebracht. »Wir k#246;nnen ihn doch nicht einfach hierlassen! Sagt uns doch, was geschehen ist! Wir holen deinen Bruder, wenn er verletzt ist!« Hasim sagte nichts. Statt dessen schob er einen Hebel vor, und die NAUTILUS machte so einen Satz, da#223; es Mike fast von den F#252;#223;en gerissen h#228;tte. Hastig streckte er die Hand aus, um sich an einem Stuhl festzuklammern, und drehte sich wieder zum Fenster herum. In der n#228;chsten Sekunde schlo#223; er geblendet die Augen, denn ein kleines St#252;ck vor dem Bug der TITANIC flammte ein grellwei#223;er Blitz auf. Nur einen Augenblick sp#228;ter erbebte die NAUTILUS wie unter einem Hammerschlag und legte sich sp#252;rbar auf die Seite. Diesmal verlor er endg#252;ltig das Gleichgewicht. Mike landete unsanft auf dem Boden und sah, wie auch Ben, Juan und Singh gerade noch irgendwo Halt fanden, w#228;hrend Chris vom Stuhl geschleudert wurde. Einzig Hasim stand wie ein Fels hinter dem Steuerpult. Einen Moment sp#228;ter blitzte es drau#223;en ein zweites Mal auf, und eine weitere, noch heftigere Druckwelle traf das Schiff. Die NAUTILUS begann zu schaukeln. »Was war das?« keuchte Ben. Der Blick seiner weit aufgerissenen Augen war auf das Fenster gerichtet. »Da ist etwas explodiert!« Das tobende Wasser beruhigte sich nur langsam. Die NAUTILUS beschleunigte noch immer, w#228;hrend sie zugleich der Meeresoberfl#228;che entgegenstieg, aber sie schaukelte auch weiterhin so heftig, da#223; Mike M#252;he hatte, wieder auf die F#252;#223;e zu kommen. Alle redeten durcheinander und #252;berboten sich gegenseitig in Mutma#223;ungen und Theorien, was dort unten geschehen sein mochte. Die einzigen, die nichts sagten, waren Mike selbst und Singh. Sie allein wu#223;ten, was dort drau#223;en explodiert war. Mike sah Hasim an, und als er dem Blick seiner Augen begegnete, #252;berkam ihn wieder jenes sonderbare Mitleid, das er sich selbst nicht so richtig erkl#228;ren konnte. Er wu#223;te, da#223; sie Yasal niemals wiedersehen w#252;rden. Hasims Bruder war zur#252;ckgeblieben, um zu tun, weshalb er wahrscheinlich von Anfang an gekommen war: daf#252;r zu sorgen, da#223; - sollten irgendwann einmal wieder Taucher zum Wrack der TITANIC hinabsteigen -niemand mehr herausfinden w#252;rde, was damals Und ganz pl#246;tzlich hatte er wieder Angst. Vielleicht war seine Erleichterung etwas vorschnell gewesen, und vielleicht hatte Singh mit seiner Meinung #252;ber die Schwarze Bruderschaft recht und nicht er. Sie hatten sie zwar bisher am Leben gelassen, aber mit einem Mal war er nicht mehr so sicher, da#223; das auch so bleiben w#252;rde. Vielleicht waren sie nicht nur hierhergekommen, um Yasals Br#252;der aus dem Wrack zu bergen, sondern auch, um die Spuren ihrer Anwesenheit zu verwischen. Und sie taten es sehr gr#252;ndlich. Die n#228;chsten Tage wurden zu einem Wettrennen mit der Zeit. Sie gewannen es, aber buchst#228;blich um Haaresbreite. Die NAUTILUS fuhr fast die gesamte Zeit unter Wasser, so da#223; am Ende selbst ihr Sauerstoffvorrat knapp zu werden begann, und Trautmans Gesicht schien sich jedesmal, wenn Mike ihn anblickte, mehr zu verfinstern. Der Steuermann f#252;rchtete um das Schiff. Er hatte die Maschinen, so gut er konnte, #252;berholt, aber Hasim belastete sie bis weit #252;ber ihre Grenzen hinaus, und er gef#228;hrdete damit nicht nur die NAUTILUS, sondern auch das Leben ihrer Besatzung. Zwei Stunden vor Mitternacht des sechzehnten Februar neunzehnhundertsechzehn erreichten sie die Nilm#252;ndung und fuhren hinein, ohne aufzutauchen oder auch nur merklich zu verlangsamen. Hasim hatte wieder das Steuerpult #252;bernommen, wogegen Trautman diesmal nichts einzuwenden hatte. Es war schon gef#228;hrlich genug gewesen, das Schiff in diesem Tempo durch das Mittelmeer mit all seinen Untiefen und Inseln zu steuern. Hier, in dem Flu#223;, der zwar breit, aber nicht besonders tief war, grenzte es an Selbstmord. Sie waren alle wieder im Salon zusammengekommen und blickten abwechselnd zu Hasim, der konzentriert hinter dem Steuer stand, und dem gro#223;en Aussichtsfenster. Das Wasser scho#223; nur so daran vor#252;ber, aber ein paarmal glaubte Mike auch einen dunklen Schatten entlanghuschen zu sehen, und einmal konnten sie alle sp#252;ren, wie die NAUTILUS etwas streifte und daran entlangschrammte. »Wir sind bald auf der H#246;he der Pyramiden«, sagte Trautman pl#246;tzlich. »Wenn es diesen geheimnisvollen Kanal wirklich gibt, m#252;#223;ten wir ihn allm#228;hlich erreichen. « Niemand antwortete -aber Mike war nicht der einzige, dem sich bei Trautmans Worten die Haare zu Berge stellten. Die Vorstellung, mit der riesigen NAUTILUS durch einen unterirdischen Kanal zu fahren, war schon schlimm genug; es in diesem m#246;rderischen Tempo zu tun, das war etwas, was sich Mike gar nicht vorstellen wollte. »Ich frage mich, was passiert, wenn wir zu sp#228;t kommen«, murmelte Juan. Mike tauschte einen stummen Blick mit Singh und sah in dessen Augen die gleiche Furcht, die auch an ihm nagte. Offensichtlich dachte Singh an dasselbe wie er: Mike fragte sich n#228;mlich nicht, was geschah, wenn sie es nicht schafften, sondern vielmehr, was passieren w#252;rde, »Wir werden langsamer«, sagte Trautman pl#246;tzlich. Alle wandten sich wieder dem Fenster zu. Das Wasser sprudelte noch immer daran vor#252;ber wie ein Wildbach, doch sie verloren tats#228;chlich an Geschwindigkeit. Trotzdem scho#223; die NAUTILUS dreimal so schnell unter Wasser dahin, als es jedem anderen Schiff m#246;glich gewesen w#228;re. Und dann, ganz pl#246;tzlich, wurde es finster. Das bi#223;chen Licht, das bisher durch das Wasser gedrungen war, erlosch schlagartig. »Der Kanal«, fl#252;sterte Trautman. »Wir sind drin. « Mike fuhr sich nerv#246;s mit dem Handr#252;cken #252;ber die Lippen. Seine H#228;nde und Knie zitterten ein wenig, und sein Magen zog sich zu einem schmerzenden Klumpen zusammen. Er konnte die W#228;nde des unterirdischen Kanals nicht sehen, aber seine Phantasie gaukelte ihm ein wahres Labyrinth aus steinernen Speeren und Klingen vor, das nur darauf wartete, die NAUTILUS aufzuspie#223;en. Dabei wu#223;te er nicht einmal, wie gro#223; dieser Kanal war. »Wir sollten nach oben gehen«, sagte Trautman. »In den Turm. « »Und wozu?« fragte Ben mit einem schiefen Grinsen. »Um eine bessere Aussicht zu haben?« »Nein«,antwortete Trautman. »Aber vielleicht eine winzige #220;berlebenschance, falls doch etwas passiert. « Er warf Hasim einen nerv#246;sen Blick zu. »Hast du etwas dagegen?« Hasim sah nicht einmal von den Instrumenten auf, aber sein Schweigen war Trautman Antwort genug. Hastig scheuchte er sie alle aus dem Salon und deutete die schmale Wendeltreppe hinauf. »Beeilt euch!« sagte er. »Singh und ich holen die Taucheranz#252;ge. « »Das ist nicht n#246;tig«, sagte Juan. »Sie sind schon oben. « »Wie?« Trautman blinzelte verbl#252;fft. »Ich war vor einer Stunde im Turm«, sagte Juan. »Jemand hat f#252;nf Taucheranz#252;ge dort hinaufgebracht. Ich dachte, Sie w#228;ren es gewesen. Ich wu#223;te nur nicht, warum. « »Hasim«, sagte Trautman. »Das mu#223; Hasim gewesen sein. « »Aber warum?« »Vielleicht, weil er wu#223;te, wie gef#228;hrlich es wird«, erwiderte Trautman. »Aber das ist jetzt auch egal kommt. Schnell jetzt. « Sie rannten die Treppe hinauf, so schnell sie konnten, und kletterten hintereinander in den Turm. Tats#228;chlich lagen dort f#252;nf Taucheranz#252;ge bereit, ganz wie Juan gesagt hatte, und dazu auch f#252;nf frisch gef#252;llte Sauerstoffflaschen. Sie legten sie an, so rasch sie konnten, was in der Enge der #252;berf#252;llten Turmkammer nicht so einfach war. »Wieviel Zeit ist noch?« fragte Chris. Trautman sah auf die Uhr. »Eine halbe Stunde bis Mitternacht. Wenn der Kanal in direkter Linie bis zu den Pyramiden f#252;hrt, m#252;#223;ten wir bald dort sein. Wir k#246;nnten es schaffen. Ich frage mich allerdings -« Der Rest des Satzes ging in einem #252;berraschten Laut unter, als die NAUTILUS unter einem heftigen Schlag erzitterte. W#228;re die Turmkammer nicht so eng gewesen, da#223; sie ohnehin alle aneinandergepre#223;t dastanden, w#228;ren sie wahrscheinlich von den F#252;#223;en gerissen worden. Mikes erster Gedanke war, da#223; sie gegen ein Hindernis geprallt waren, aber der furchtbare Laut von zerrei#223;endem Stahl, auf den er mit angehaltenem Atem wartete, kam nicht. Statt dessen machte er eine andere, viel unheimlichere Feststellung. Die NAUTILUS stand still. »Das ist doch unm#246;glich!« murmelte Trautman. »Wir w#252;rden mindestens eine Meile brauchen, um bei dem Tempo anzuhalten! Das kann #252;berhaupt nicht sein!« Mike sah konzentriert durch eines der beiden gro#223;en Bullaugen nach drau#223;en. Nicht weit entfernt vor ihnen schimmerte ein blasses Licht; ein dreieckiger, zitternder Streifen hoch oben unter der Decke des Kanals. »Dort!« sagte er. »Das mu#223; die H#246;hle sein!« »Warum fahren wir dann nicht weiter?« wunderte sich Ben. Bevor jemand antworten konnte, h#246;rten sie ein seltsames Scharren und Knirschen -und pl#246;tzlich schrie Trautman, so laut er nur konnte. Kaum hatte Mike das getan, #246;ffnete sich die Turmluke #252;ber ihnen, und ein Sturzbach von eiskaltem Wasser sprudelte herein. Mike h#246;rte Chris schreien, fuhr herum und sah, da#223; dieser vor lauter Aufregung die Scharniere seines Helmes nicht zubekam. Hastig griff Mike zu, lie#223; den Helm einrasten und #246;ffnete auch noch das Ventil der Sauerstoffflasche auf Chris' R#252;cken. Keine Sekunde zu fr#252;h. Die Turmkammer f#252;llte sich rasend schnell mit Wasser. Mike fand kaum noch Zeit, seinen eigenen Helm richtig zu befestigen, da schlo#223; sich das Wasser bereits #252;ber ihnen. »Was geht hier vor?« keuchte Ben. »Will er uns ers#228;ufen?« Mike hob den Blick und sah nach oben. Der schwere Lukendeckel war mittlerweile fast ganz aufgeschwungen, und ein hinter schwarzem Tuch verh#252;lltes Gesicht lugte zu ihnen herein. »Hasim?« murmelte Ben. »Aber wie kommt der denn hierher?« Es kann nicht Hasim sein, dachte Mike, es wird sein Bruder Sulan sein. Der Schwarzgekleidete machte keinen Versuch, zu ihnen hereinzukommen, sondern hob statt dessen die Hand und gab ihnen einen eindeutigen Wink. »Was will er denn?« murmelte Chris. »Das ist doch wohl deutlich«, grollte Ben. »Wir sollen aussteigen. « Sulan wiederholte seine Bewegung diesmal voller Ungeduld. »Wir tun besser, was er verlangt«, sagte Trautman. »Ich glaube, ich wei#223;, was sie vorhaben. « »Ja, uns ers#228;ufen wie junge Katzen!« grollte Ben. »Unsinn!« widersprach Trautman streng. »Es ist allerh#246;chstens noch eine Meile bis zum See. Wir haben mehr als genug Luft, um dorthin zu schwimmen. Wenn sie uns h#228;tten umbringen wollen, h#228;tten sie es l#228;ngst getan. « »Aber warum denn schwimmen?« beschwerte sich Ben. »Das ist doch vollkommen verr#252;ckt!« »Sie wollen nicht, da#223; wir sehen, was dort geschieht«, antwortete Trautman. »Also kommt - ehe er es sich anders #252;berlegt und uns um unsere Helme bittet... « Das wirkte. Niemand widersprach mehr. Selbst Ben kletterte gehorsam hinter Trautman die Leiter empor und verschwand in dem kalten Wasser. Doch als Singh und als letzter Mike den Turm verlassen wollten, sch#252;ttelte Sulan den Kopf. Singh protestierte lautstark, doch es nutzte nichts. Sulan schlo#223; die Turmluke #252;ber ihm. »Mike, Singh!« klang Trautmans Stimme in Mikes Helm. »Wo bleibt ihr?« »Er hat uns nicht hinausgelassen«, antwortete Mike. »Was?! Aber -« »Keine Angst«, unterbrach ihn Singh. »Sie werden uns nichts tun. Wahrscheinlich brauchen sie nur unsere Hilfe. Sie haben auch auf der TITANIC niemand anderen bei sich geduldet. « »Also gut«, antwortete Trautman. Seine Stimme wurde bereits leiser, und Mike sah, da#223; nun der helle Fleck vor ihnen zu wachsen begonnen hatte. Das Schiff hatte wieder Fahrt aufgenommen, ohne da#223; sie es gemerkt hatten. »Aber pa#223;t auf euch auf. Wir kommen nach, so rasch wir k#246;nnen. « Damit ri#223; die Verbindung ab. Sie waren offensichtlich schon zu weit voneinander entfernt. Ihr Ziel kam jetzt schnell n#228;her. Der helle Fleck, dem sich die NAUTILUS in rasendem Tempo n#228;herte, wurde schnell gr#246;#223;er, und nach kaum einer Minute brachen der Turm und der zackengekr#246;nte R#252;cken des Schiffes durch die sch#228;umende Oberfl#228;che des Sees, der in Cheops' geheimer Grabkammer lag. Das Schiff schaukelte wild hin und her, so da#223; Mike sich hastig am Steuer festklammerte. Kaum hatte er seinen festen Halt wiedergefunden und einen Blick nach drau#223;en geworfen, da schrie er #252;berrascht auf. Die gro#223;e H#246;hle war hell erleuchtet, und sie war nicht mehr leer. Am Ufer des Sees dr#228;ngten sich Dutzende, wenn nicht sogar Hunderte von schwarzgekleideten Gestalten. »Was ist das?« murmelte er. »Die Schwarze Bruderschaft«, antwortete Singh. »Aber... aber Lady Grandersmith hat doch gesagt, da#223; es nur noch diese drei gibt!« Singh machte eine Geste, die wohl andeuten sollte, da#223; er das auch nicht verstand, dann deutete er nach drau#223;en. »Schau! Dort ist sie. Lady Grandersmith. « »Und Serena!« f#252;gte Mike aufgeregt hinzu. »Und Astaroth!« Tats#228;chlich stand Lady Grandersmith zwischen den schwarzgekleideten Gestalten, die sich am Ufer dr#228;ngten. Und unmittelbar neben ihr war Serena, auf deren Schulter der riesige schwarze Kater hockte. Sie waren zu weit entfernt, um etwas genau zu erkennen, aber eigentlich, dachte Mike verbl#252;fft, sehen sie nicht wie Gefangene aus. »Komm!« sagte er. Voller Ungeduld fuhr er herum, schwamm in dem noch immer mit Wasser gef#252;llten Turm nach oben und #246;ffnete die Luke. Mike stemmte sich mit einer kraftvollen Bewegung hinaus, trat rasch zwei Schritte zur Seite, um Platz f#252;r Singh zu machen, und nahm dann seinen Helm ab. Mittlerweile hatten Lady Grandersmith und Serena das Ufer ebenfalls erreicht, und er sah jetzt, da#223; er sich nicht get#228;uscht hatte: Serena wirkte ausgesprochen fr#246;hlich und sehr erleichtert. Vielleicht hatte sie ebenso wie er nicht mehr damit gerechnet, da#223; sie sich jemals wiedersehen w#252;rden. »Serena!« schrie Mike. »Geht es dir gut?« »Ja!« rief sie zur#252;ck. »Kommt heraus. Schnell! Sie haben keine Sekunde mehr zu verlieren!« W#228;hrenddessen bewegte sich die kleine Armee aus Schwarzgekleideten rasch auf die NAUTILUS zu. Mike beobachtete verbl#252;fft, wie einige von ihnen tauchten und unter dem Rumpf des Schiffes verschwanden. Er machte sich aber deswegen keine Gedanken, hastete ans Ufer und schlo#223; Serena so kr#228;ftig in die Arme, da#223; ihr die Luft wegblieb. »Serena! Gott sei Dank! Ich dachte schon, ich sehe dich niemals wieder. « Serena machte sich aus seinem Griff los und holte #252;bertrieben m#252;hsam Luft. »Kein Grund, mich zu erw#252;rgen!« beschwerte sie sich. Mike lachte und umarmte sie abermals, tat es aber diesmal entsprechend vorsichtiger. Erst nach langen Sekunden l#246;ste er sich wieder von ihr und wandte sich dem Kater zu, der zu Boden gesprungen war und ihn mi#223;trauisch be#228;ugte. »Und du, M#228;useschreck? Alles in Ordnung?« Mike antwortete nicht darauf, sondern lachte nur laut und wurde sofort wieder ernst, w#228;hrend er sich an Serena wandte. »Geht es dir gut?« fragte er. »Haben sie dir etwas getan?« »Getan? Mir?« Serena sah ihn an, als h#228;tte er soeben die d#252;mmste Frage gestellt, die sie in ihrem ganzen Leben geh#246;rt hatte. »Nat#252;rlich hat mir niemand etwas getan. Aber wir waren in gro#223;er Sorge um euch. Ich hatte schon Angst, ihr schafft es nicht mehr rechtzeitig. « »Beinahe h#228;tten wir es auch nicht«, gestand Mike. »Aber jetzt erz#228;hle -wo bist du gewesen, und was geht hier vor? Wo kommen all diese M#228;nner her?« »Es sind Hasims und Sulans Br#252;der. « Es war Lady Grandersmith, die die Frage beantwortete, nicht Serena. Sie war n#228;her gekommen und betrachtete Mike auf eine so freundliche Art, da#223; es ihm schwerfiel, ihr L#228;cheln nicht zu erwidern. »So?« fragte er. »Haben Sie nicht selbst gesagt, da#223; sie die letzten sind?« »Die letzten derer, die sich Al Achawwiya al sauda' nennen«, korrigierte ihn Lady Grandersmith mit einem geheimnisvollen L#228;cheln. »Nicht die letzten ihrer Art. Du w#228;rst #252;berrascht, wenn du w#252;#223;test, wie viele es von ihnen gibt. « »Wo?« fragte Mike. »Auf dem Sirius?« Lady Grandersmith starrte ihn an. »Aber du... woher... « Sie fing sich wieder. »Wie kommst du nur auf diese Idee, mein Junge? Der Sirius ist ein Stern, der unendlich weit von der Erde entfernt ist, wei#223;t du das denn nicht?« »Doch«, antwortete Mike. »Und ich wei#223; auch, da#223; er alle zweihundertf#252;nfzig Jahre in einer ganz bestimmten Konstellation zur Erde steht. Wie heute, zum Beispiel. « Lady Grandersmith war nun fassungslos, aber Serena lachte. »Sagte ich Ihnen nicht, da#223; wir ihm trauen k#246;nnen?« fragte sie. Zu Mike gewandt, f#252;gte sie hinzu: »Du wei#223;t also alles. Aber das ist ja eigentlich klar -sonst h#228;tte Hasim dich niemals hierhergebracht. Wo sind die anderen?« »Singh ist noch an Bord«, antwortete Mike. »Und Trautman und die anderen kommen... #228;h... etwas langsamer nach. Ich f#252;rchte, sie werden eine Stunde brauchen. « »Das ist mehr als genug Zeit«, sagte Lady Grandersmith. »Zeit? Wof#252;r?« Ihr Mi#223;trauen schien noch nicht v#246;llig #252;berwunden zu sein, denn sie sah ihn einige Sekunden lang nachdenklich an, ehe sie antwortete. »Um sie wegzubringen. Zur#252;ck nach Hause. « »Nach Mike beobachtete neugierig, was weiter geschah. Die M#228;nner trugen ihre Last ans Ufer, legten sie aber nicht ab, sondern n#228;herten sich der gegen#252;berliegenden Wand der H#246;hle, auf der sich das sonderbare Relief befand, das Mike bei seinem ersten Besuch hier entdeckt hatte. »Gib acht!« sagte Serena aufgeregt. »Jetzt geschieht es!« Zuerst war es nur ein seltsamer, schwingender Ton, der aus dem Nirgendwo zu kommen schien und den er viel weniger zu h#246;ren als mehr zu »Der Weg nach Hause«, antwortete Lady Grandersmith. Ihre Stimme zitterte. »Sie haben es geschafft. Nach all den Jahren haben sie endlich den Weg zur#252;ck gefunden!« Mike sah sie an und stellte fest, da#223; ihr die Tr#228;nen #252;ber das Gesicht liefen. »Sieh doch nur!« sagte Serena. Mikes Blick folgte ihrer Geste wieder zum Licht. Die glei#223;ende Helligkeit trieb ihm die Tr#228;nen in die Augen, aber was er erblickte, das war so unglaublich, da#223; er es kaum sp#252;rte. Die schwarzgekleideten Gestalten traten mit ihrer Last einer nach der anderen in das Zentrum dieses lodernden Lichtes hinein -und verschwanden darin. Ihre K#246;rper schienen sich aufzul#246;sen, wie Eiskristalle, die direkt in die Sonne hineingefallen waren, aber es war nichts Zerst#246;rerisches an diesem Anblick, er sp#252;rte keine Angst, sondern ein Gef#252;hl des Gl#252;cks und der Erleichterung, das nicht aus ihm selbst kam, sondern von au#223;en auf ihn einst#252;rmte. »Das... das ist... « »Der Weg nach Hause«, f#252;hrte Lady Grandersmith den Satz zu Ende. »Sie haben so lange auf diesen Tag gewartet, so unvorstellbar lange. Und nun ist es ihnen endlich verg#246;nnt. « »Nichts«, sagte Mike. Um das Thema zu wechseln, drehte er sich zu Serena um. »Ich bin nur erleichtert, da#223; es vorbei ist. Und da#223; es dir gut geht. Wohin haben sie dich gebracht?« »An einen Ort, #252;ber den ich nicht reden darf«, antwortete Serena, und es klang so einfach und zugleich so #252;berzeugend, da#223; Mike diese Antwort ebenso akzeptierte, wie Trautman seine Antwort an Bord der NAUTILUS. »Aber warum weichst du Lady Grandersmith aus? Sie ist nicht deine Feindin. Im Gegenteil. Sie wollte nur helfen. « »Das glaube ich Ihnen«, sagte Mike. »Es ist nur... « »Was?« fragte Lady Grandersmith. »Keine Angst. Du kannst ganz frei sprechen. Sie w#252;rden niemals einem Menschen ein Leid antun. « »So?« fragte Mike. »Und was war vor vier Jahren auf der TITANIC?« Lady Grandersmith schwieg eine ganze Weile. Ein Schatten huschte #252;ber ihr Gesicht, und als sie endlich antwortete, klang ihre Stimme ver#228;ndert und traurig. »Ich mu#223; dir ihre Geschichte erz#228;hlen, glaube ich«, sagte sie. »Du wei#223;t nun schon so viel, da#223; du wohl ein Recht dazu hast, und ich glaube, ich kann dir vertrauen. Sie kamen vor sehr langer Zeit hierher, wei#223;t du? Vor Tausenden und aber Tausenden von Jahren, lange bevor es uns gab, ja bevor es Serenas Volk gab. Sie waren Reisende, Forscher. Das Schiff, mit dem sie kamen, st#252;rzte ab, so da#223; ihnen der Weg nach Hause verwehrt blieb. Sie werden sehr alt, mu#223;t du wissen, aber auch ihr Leben ist begrenzt, und die Zeit, die ihr Hilferuf nach Hause brauchte, war hundertmal l#228;nger, als sie zu leben hatten. Also versetzten sie sich in einen Schlaf, von dem nur einige wenige ausgenommen blieben. Die W#228;chter, die #252;ber die Schlafenden wachten. Niemand wu#223;te, da#223; sie hier waren - au#223;er einiger weniger Eingeweihten, zu denen auch mein Mann und ich geh#246;rten. Das Schiff, das vor vier Jahren kam, sollte sie abholen, aber es kam anders. Alles war vorbereitet, die Kokons in aller Heimlichkeit, nachts und auf hoher See, zu #252;bernehmen. Aber das Schicksal hat es nicht so gewollt. Weder Yasal noch Hasim oder Sulan wissen, was in jener Nacht wirklich geschehen ist -ob der Pilot des Schiffes einen Fehler beging, der Kapit#228;n der TITANIC, und wahrscheinlich wird es auch niemand je herausfinden. Das Schiff kollidierte mit der TITANIC, und beide sanken, das ist alles, was wir wissen. « »Ja, und tausendf#252;nfhundert Menschen fanden den Tod«, sagte Mike traurig. »Ich wei#223;, da#223; es keine Absicht war, Lady Grandersmith. Es war nur ein Unfall. Aber es... ich kann es einfach nicht vergessen. « »Und jetzt glaubst du, es w#228;re ihnen gleich?« fragte Lady Grandersmith sanft. Mike zuckte mit den Achseln. »Ich... wei#223; einfach nicht, was ich glauben soll«, gestand er. »Und du hast immer noch Angst vor ihnen«, stellte Lady Grandersmith fest. »Weil du glaubst, da#223; ihnen ein Menschenleben nichts gilt. « »Yasal hat sich selbst geopfert, um alle Spuren zu verwischen«, sagte Singh. »Und Mike und ich -und nun auch Serena und Sie selbst, Lady Grandersmith, das sollten Sie bedenken, sind die einzigen Menschen, die #252;berhaupt von ihrer Existenz wissen. « Lady Grandersmith' Miene wurde ernst. »Ich verstehe«, sagte sie. »Ihr habt Angst, da#223; sie uns alle t#246;ten, jetzt, wo sie am Ziel sind. « Sie sch#252;ttelte den Kopf. »Ja, ich glaube, ich kann euch verstehen. Aber da ist etwas, was ihr nicht wissen k#246;nnt. « »Und was?« fragte Singh. Statt direkt zu antworten, stellte Lady Grandersmith eine Frage: »Ist euch nicht aufgefallen, da#223; es an Bord der TITANIC keine Toten gab?« »Doch«, antwortete Mike #252;berrascht. »Aber woher wissen Lady Grandersmith l#228;chelte fl#252;chtig. »Weil ich an Bord war«, antwortete sie. »Ich habe erlebt, was geschah. Das Schiff, das mit der TITANIC zusammenstie#223;, hatte eine #228;hnliche Apparatur wie dies an Bord«, sagte sie mit einer Geste auf das lodernde Lichttor. »Als sein Kapit#228;n sah, was geschehen war, da nutzte er all seine Macht und alle M#246;glichkeiten seines Schiffes, um das Schlimmste zu verhindern. Es Lady Grandersmith deutete abermals auf das Lichttor und fuhr fort. »Auf diesem Wege. Die Maschine und auch das Sternenschiff wurden zerst#246;rt, als sie auf dem Meeresboden aufschlugen, und all seine Besatzungsmitglieder fanden den Tod, aber zuvor konnten Hasims Br#252;der die allermeisten Passagiere retten. « Ihre Stimme wurde leise und traurig. »Die Zeit reichte, um die menschliche Besatzung der TITANIC in Sicherheit zu bringen, aber nicht mehr f#252;r ihre Ladung. « Mike begriff nun, was Lady Grandersmith damit gesagt hatte. »Sie... Sie meinen, Sie haben sich selbst geopfert und ihre Aufgabe nicht erf#252;llt -« »-um das Leben unschuldiger Menschen zu retten, ja«, sagte Lady Grandersmith. Sie l#228;chelte wieder, aber pl#246;tzlich sah Mike, da#223; dieses L#228;cheln gar nicht ihm galt, sondern auf einen Punkt hinter ihnen gerichtet war. Er drehte sich herum. Der Zug der Schwarzgekleideten war fast zu Ende. Aus dem Wasser erschienen keine weiteren Gestalten mehr, und auch die Reihe, die auf das leuchtende Tor durch Raum und Zeit zugingen, wurde bereits k#252;rzer. Es mu#223;te fast Mitternacht sein. Nur eine einzelne Gestalt n#228;herte sich Mike, und obwohl sie sich #228;u#223;erlich nicht von all den anderen unterschied, erkannte Mike sie sofort. Es war Hasim. In einigen Schritten Entfernung blieb er stehen und blickte Mike aus seinen grundlosen, schwarzen Augen an. »Es tut mir leid«, sagte Mike. »Bitte glaube mir. Ich... ich habe dir mi#223;traut, aber das war ein Fehler. Denkt nicht zu schlecht #252;ber uns, wenn ihr nach Hause kommt. « Hasim blickte ihn weiter an, dann drehte er sich ohne irgendeine sichtbare Reaktion herum und n#228;herte sich als letzter dem leuchtenden Tor. Als letzter seiner Art, hie#223; das. Kurz bevor er in das Licht hineintrat, folgte ihm Lady Grandersmith. »Aber was tun Sie denn da?« rief Mike #252;berrascht. »Um Gottes willen, Lady Grandersmith!« Lady Grandersmith blieb noch einmal stehen und sah l#228;chelnd zu Serena, Singh und ihm zur#252;ck. »Habt keine Angst um mich«, sagte sie. »Ich begleite sie. Das ist meine Belohnung f#252;r meine Hilfe. Ich habe all die Jahre davon getr#228;umt. Und nun lebt wohl!« Mike setzte dazu an, sie noch einmal zur#252;ckzurufen, aber Serena legte ihm rasch die Hand auf den Arm. »La#223; sie«, sagte sie. »Sie wei#223;, was sie tut. Und sie wird sehr gl#252;cklich sein, dort, wo sie ist, glaub mir. « Nebeneinander verschwanden die beiden Gestalten in dem lodernden Licht, und sie hatten es kaum getan, da begann der Schein schon wieder zu verblassen. Aber eine Sekunde, bevor es endg#252;ltig geschah, h#246;rte Mike zum ersten Mal in seinem Leben etwas, von dem er gar nicht gewu#223;t hatte, da#223; es existierte: Hasims Stimme. Sie erklang direkt in seinem Kopf, und was sie sagte, das sollte er niemals wieder vergessen, denn es war ein Versprechen, das so ehrlich und so fest war wie das, das er Yasal gegeben hatte und ebenso sicher eingehalten werden w#252;rde. |
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