"Die grauen Wächter" - читать интересную книгу автора (Хольбайн Вольфганг)KAPIT#196;N NEMOS KINDER ) dS ( WOLFGANG HOHLBEIN DIE GRAUEN W#196;CHTER UEBERREUTER Die Deutsche Bibliothek -CIP-Einheitsaufnahme Kapit#228;n Nemos Kinder / Wolfgang Hohlbein. - Wien: Ueberreuter Die Grauen W#228;chter. - 1997 ISBN 38000-2443-8 J 2245/1 Alle Urheberrechte, insbesondere das Recht der Vervielf#228;ltigung, Verbreitung und #246;ffentlichen Wiedergabe in jeder Form, einschlie#223;lich einer Verwertung in elektronischen Medien, der reprografischen Vervielf#228;ltigung, einer digitalen Verbreitung und der Aufnahme in Datenbanken, ausdr#252;cklich vorbehalten Umschlagillustration von Doris Eisenburger Gesetzt nach der neuen Rechtschreibung Copyright © 1997 by Verlag Carl Ueberreuter, Wien Printed in Austria 1357642 Das Licht war tr#252;ber als sonst; es hatte einen gr#252;nlichen Schimmer und zauberte nerv#246;s hin und her huschende Muster an die Decke des Salons. Ein ununterbrochenes dumpfes Summen lag in der Luft und manchmal knackte und knisterte es unheimlich. Die Luft roch muffig und es war so feucht, dass Mike trotz der im Grunde angenehmen Temperaturen, die im Salon der NAUTILUS herrschten, best#228;ndig fror. Vielleicht waren es aber auch Trauer und Verbitterung, die er sp#252;rte. Obwohl er jetzt seit einer guten Woche tagt#228;glich mehrere Stunden hier verbrachte, hatte er sich immer noch nicht an den Anblick gew#246;hnt. Die NAUTILUS war nicht einfach nur ein Schiff. In den letzten Jahren war sie zu seiner Heimat geworden und jetzt stand er sozusagen in den Tr#252;mmern dieser Heimat; dem erb#228;rmlichen Rest, der #252;brig geblieben war, nachdem die NAUTILUS von einem ihrer eigenen Torpedos getroffen und versenkt worden war. Trautman, Singh und vor allem Weisser lie#223;en zwar keine Gelegenheit verstreichen, um ihnen allen immer wieder zu versichern, dass sie noch Gl#252;ck gehabt hatten und es h#228;tte schlimmer kommen k#246;nnen, aber f#252;r Mike waren diese Worte kein Trost, auch wenn es sicherlich die Wahrheit war. Aber was half der Gedanke schon, dass es schlimmer kommen konnte? F#252;r seinen Geschmack war es schlimm genug: Sie hatten es zwar geschafft, die NAUTILUS aufzurichten, so dass der Turm mit dem Einstieg wieder aus dem Wasser ragte und sie hinein- und hinauskonnten, ohne dass jedes Mal ein neuer Schwall Salzwasser in das Schiff drang, aber das Unterseeboot lag immer noch reglos auf dem Meeresgrund -zwar nur in wenigen Metern Tiefe und nur einen Steinwurf vom Strand entfernt, trotzdem aber wenig mehr als ein Wrack. Das Platschen von Schritten im Wasser, das auch drau#223;en auf dem Gang noch immer kn#246;cheltief stand, riss ihn aus seinen Gedanken. Er sah hoch und l#228;chelte fl#252;chtig, als er Trautman erkannte, der durch die T#252;r hereintrat. Er trug wadenhohe Gummistiefelund dazu einen blauen Arbeitsanzug, der #252;ber und #252;ber mit #214;l, Ru#223; und Schmierfett bedeckt war, und er machte einen sehr ersch#246;pften Eindruck. Seit zwei Wochen arbeitete er fast ununterbrochen. Mike konnte sich nicht erinnern, wann er ihn das letzte Mal ausgeschlafen erlebt oder ihn gar schlafen gesehen hatte. Er h#228;tte Trautman, der bereits #252;ber sechzig war, gerne einen Teil der Arbeit abgenommen, aber es gab nur sehr wenig, was er tun konnte. Trautman war der Einzige an Bord, der sich gut genug mit der Technik der NAUTILUS auskannte, um das Schiff nicht nur zu steuern, sondern auch vieles zu reparieren. »Alles in Ordnung?« Es dauerte eine Sekunde, bis Mike begriff, dass Trautmans Frage weniger seinem Wohlbefinden galt als vielmehr den Instrumenten und Anzeigen auf dem Pult vor ihm. Hastig senkte er den Blick und nickte Trautman einen Augenblick sp#228;ter verlegen zu. Trautman l#228;chelte nur und winkte ab, was Mikes Verlegenheit noch mehr Nahrung gab. Seit sie auf dieser Insel gestrandet waren, benahmen sich alle #252;berm#228;#223;ig freundlich und eigentlich schon zu r#252;cksichtsvoll was nat#252;rlich mit den Vorf#228;llen zusammenhing, die der Beinahe-Katastrophe vorangegangen waren. Obwohl es bereits zwei Wochen her war, sa#223; ihnen allen der Schock noch immer in den Knochen und jedem machte die Erkenntnis zu schaffen, wie sehr er selbst sich ver#228;ndert gehabt hatte, als sie unter dem Einfluss jener fremden, unheimlichen Macht standen. Aus Freunden waren damals Fremde und beinahe Feinde geworden. Niemand hatte dem anderen irgendetwas vorgeworfen, denn jeder hatte genug damit zu tun, sich selbst Vorw#252;rfe zu machen, aber Mike wusste doch, dass es noch lange dauern w#252;rde, ehe an Bord des Schiffes wieder so etwas wie Normalit#228;t einkehrte. Falls das #252;berhaupt je der Fall sein w#252;rde ... »Das sollte reichen«, sagte Trautman. »Ich werde jetzt versuchen, die Pumpen zu starten.« Er griff an Mike vorbei und legte rasch hintereinander f#252;nf, sechs kleine Schalter um. Es gab weder eine sichtbare Ver#228;nderung noch h#246;rte Mike irgendetwas, aber einige Nadeln auf dem Instrumentenpult schlugen aus und Trautman nickte mit sichtbarer Erleichterung. »Sie laufen.« »Sie haben sie hingekriegt?« Mike wurde klar, dass Trautman ein weiteres kleines Wunder vollbracht haben musste. Die Pumpen lagen in jenem Bereich der NAUTILUS, der von der Explosion am schwersten mitgenommen worden war. Als Mike den ausgegl#252;hten Haufen aus zertr#252;mmertem Metall vor einigen Tagen das erste Mal gesehen hatte, der sich dort befand, wo die Lader#228;ume und ein nicht kleiner Teil lebenswichtiger Maschinen h#228;tten sein sollen, da hatte er fast jede Hoffnung aufgegeben. »Nicht ann#228;hernd so gut, wie ich es gerne h#228;tte«, sagte Trautman stirnrunzelnd. »Sie arbeiten zwar, aber das Wasser flie#223;t fast schneller wieder herein, als sie es hinauspumpen k#246;nnen.« Er sch#252;ttelte den Kopf und bedachte das Instrumentenpult mit einem besorgten Blick. »In diesem Tempo dauert es Tage, bis sich das Schiff auch nur vom Grund hebt. Und es darf nicht die winzigste Kleinigkeit passieren.« Mike verzichtete darauf, eine entsprechende Frage zu stellen. Es geh#246;rte nicht viel Fantasie dazu, sich vorzu stellen, was alles passieren konnte, um ihre Pl#228;ne zunichte zu machen. Es musste nicht einmal viel sein. In dem angeschlagenen Zustand, in dem sich die NAUTI-LUS befand, konnte jeder kleine Zwischenfall zu einer Katastrophe ausarten. »Genug f#252;r heute«, sagte Trautman. »Lass uns an Land gehen. Ich bin hungrig und m#252;de und du siehst auch nicht mehr gerade frisch aus. Ben oder Chris k#246;nnen die Pumpen ebenso gut #252;berwachen.« Mike stand auf und folgte Trautman nach drau#223;en. Nebeneinander schlurften sie durch das kn#246;cheltiefe Wasser, das den Boden bedeckte und aus dem kostbaren Teppich einen matschigen Schwamm gemacht hatte. Die Samtvorh#228;nge vor den Fenstern hingen herunter wie nasse Lappen, die Holzvert#228;felung an den W#228;nden wies gro#223;e, h#228;ssliche Flecken auf und am schlimmsten hatte es die B#252;cherregale getroffen. Fast alle B#228;nde waren nass und dem Geruch zufolge mussten etliche bereits zu schimmeln begonnen haben. Sie waren bisher nicht dazu gekommen, den Schaden genauer in Augenschein zu nehmen, aber Mike war ziemlich sicher, dass ein gro#223;er Teil der kostbaren Bibliothek seines Vaters unwiederbringlich verloren war; ein Verlust, dessen wahre Gr#246;#223;e er vermutlich nicht einmal abzusch#228;tzen vermochte. Und weiter unten im Schiff, in den R#228;umen, die zum Teil vollst#228;ndig #252;berflutet gewesen waren, sah es noch viel schlimmer aus. Sie gingen die Treppe in den Turm hinauf und mit dem hellen Licht, das durch die Bullaugen und das offen stehende Turmluke hereinfiel, besserte sich auch Mikes Laune ein wenig. Von drau#223;en drangen die Ger#228;usche des Meeres und ein wirres Durcheinander ferner Stimmen an sein Ohr und als er vor Trautman die Leiter hinaufkletterte, wehte ihm eine Brise k#252;hler Meeresluft ins Gesicht. Wie immer in den letzten Tagen glitt sein Blick ganz von selbst zu dem gewaltigen Krater, der kaum hundert Meter entfernt im Strand g#228;hnte. Und wie immer versp#252;rte er ein eisiges Fr#246;steln bei dem Gedanken, men. Als er sich auf dem Turm aufrichtete, um ins Wasser zu springen, entdeckte ihn Juan. Er hob beide Arme und winkte ihm zu und er rief auch irgendetwas, was Mike nicht verstand. Mike winkte zur#252;ck, woraufhin Juan noch heftiger mit den Armen zu gestikulieren begann und auch Weisser in seinem Tun innehielt und pl#246;tzlich mit beiden Armen wedelte. Die beiden konnten es wohl kaum erwarten, ihn wiederzusehen. Mike atmete tief ein, stie#223; sich ab und landete mit einem eleganten Hechtsprung im Wasser. Nach der klammen K#228;lte, die an Bord der NAUTILUS geherrscht hatte, kam ihm das Meer angenehm warm vor, so dass er so lange unter Wasser blieb, wie er nur konnte, und mit kr#228;ftigen Z#252;gen in Richtung Ufer schwamm. Als er auftauchte, hatte er bereits ein Viertel der Entfernung zur#252;ckgelegt. Juan und Weisser winkten ihm immer noch zu und auch die Eingeborenen hatten aufgeh#246;rt, sich mit dem Boot und seiner Fracht zu besch#228;ftigen, und blickten in seine Richtung. Mit kr#228;ftigen Z#252;gen schwamm Mike weiter. Erst als er schon die halbe Strecke zum Ufer zur#252;ckgelegt hatte und Juan und die anderen immer noch nicht aufh#246;rten, wild mit den Armen zu gestikulieren und auf der Stelle herumzuh#252;pfen, begann ihm die Sache doch etwas komisch vorzukommen. Er hob den Kopf ein wenig weiter aus dem Wasser und versuchte sich auf das zu konzentrieren, was Juan ihm zuschrie ... »Pass auf! Hinter dir!« Der Hai schoss mit unglaublicher Schnelligkeit heran. Mike konnte ihn im glasklaren Wasser jetzt deutlich erkennen. Er war nicht einmal besonders gro#223; - verglichen mit den Giganten, die sie in den Tiefen der Meere gesehen hatten, aber trotzdem eine t#246;dliche Gefahr. Mike konnte sehen, wie sein riesiges Maul auseinanderklaffte und zwei doppelte Reihen krummer, nadelspitzer Z#228;hne ihn angrinsten. Im allerletzten Moment warf er sich zur Seite und tauchte unter. Er entging dem zuschnappenden Haifischmaul, sp#252;rte aber einen heftigen Schlag gegen die H#252;fte und gleich darauf einen brennenden Schmerz, als w#228;re sein ganzes rechtes Bein von oben bis unten mit einem Reibeisen in Ber#252;hrung gekommen. Mike sah, wie der Hai auf der Stelle herumfuhr und zu einem zweiten Angriff ansetzte. Statt sich auf ein aussichtsloses Wettschwimmen mit einem Fisch einzulassen, der spielend die Geschwindigkeit eines Schnellbootes erreichte, drehte sich Mike unter Wasser herum - und schwamm dem Haifisch genau entgegen! Das riesige Maul des Raubfisches #246;ffnete sich erneut. Mike #228;nderte seine Richtung ein wenig, um weiter nach unten zu tauchen, und der Hai ging instinktiv auf Abfangkurs -und Mike bewegte sich im buchst#228;blich allerletzten Moment zur Seite. Diesmal war der Schlag noch h#228;rter und er hatte das Gef#252;hl, #252;ber einen Klotz mit Sandpapier gezerrt zu werden, doch er hatte nichts mehr zu verlieren. Als der Hai unter ihm entlangschoss, vollendete er seine Drehung und griff zugleich mit beiden H#228;nden nach der dreieckigen R#252;ckenflosse des Tieres. Mit aller Kraft klammerte er sich daran fest. Ein harter Ruck ging durch seine Arme und die Luft entwich aus seinen Lungen. Er w#252;rde jetzt nur noch wenige Augenblicke durchhalten, doch der Hai reagierte so, wie er gehofft hatte. Das Tier begann sich w#252;tend zu sch#252;tteln, drehte sich zweimal auf der Stelle und versuchte mit dem Schwanz nach dem Angreifer zu schlagen, der sich an seiner R#252;ckenflosse festgeklammert hatte. Mike krallte sich mit aller Gewalt in die rauhe Haut des Haifisches. Das Tier b#228;umte sich auf, machte einen Buckel wie ein bockendes Pferd und schoss dann in spitzem Winkel zur Oberfl#228;che hinauf. In einer Springflut aus Schaum brachen Mike und der Hai durch die Meeresoberfl#228;che. Mike verlor endg#252;ltig den Halt, wurde im hohen Bogen durch die Luft geschleudert und klatschte meterweit entfernt wieder aufs Wasser, aber der kurze Augenblick hatte gen#252;gt, ihn wieder Atem sch#246;pfen zu lassen, und er hatte sogar ein zweites Mal Gl#252;ck gehabt. In seinem w#252;tenden Kampf war der Hai noch n#228;her ans Ufer herangekommen und das Wasser war dort, wo er sich nun befand, allerh#246;chstens anderthalb Meter tief. Er schwamm mit verzweifelten Z#252;gen auf die Insel los und sp#252;rte endlich rauhen Sand unter den Knien. Hastig richtete er sich auf, watete das letzte St#252;ck zum Ufer und sank zu Boden. Seine Lungen brannten vor Atemnot. Der kurze Kampf hatte ihn so ersch#246;pft, dass ihm f#252;r einen Moment fast schwarz vor Augen wurde. Als er wieder klar sehen konnte, waren Juan, Weisser und die Eingeborenen bereits heran und umringten ihn. Weisser griff nach seinen Schultern, hob seinen Kopf und wollte nach seinem Puls tasten, aber Mike schlug seine Hand mit einer zornigen Bewegung zur Seite. Weisser starrte ihn einen Moment lang verdutzt an, trat dann kopfsch#252;ttelnd zur#252;ck, sagte aber nichts. Die Eingeborenen schnatterten wild und aufgeregt durcheinander und Juan redete ununterbrochen auf ihn ein. »Mein Gott! Ist dir etwas passiert? Was war denn los? So etwas habe ich ja noch nie gesehen! Wie geht es dir?« »Noch lebe ich«, antwortete Mike m#252;de. »Aber ich wei#223; nicht, wie lange noch. Anscheinend hast du dir vorgenommen, mich zu Tode zu quatschen.« Juan riss verbl#252;fft die Augen auf und fuhr in kaum weniger aufgeregtem Ton fort: »Das ... das war ja unglaublich. Es hat ausgesehen, als ob du auf dem Hai geritten w#228;rst!« »Bin ich auch«, maulte Mike. »Irgendwie musste ich ja ans Ufer kommen, nachdem du mir das Boot geklaut hast.« Er stand auf, holte tief Luft und drehte sich dann wieder zum Meer herum. Der Haifisch war immer noch da! Er schwamm kaum zehn Meter vom Ufer entfernt in gro#223;en Kreisen auf und ab, als k#246;nne er nicht glauben, dass seine Beute im letzten Moment doch noch entkommenwar. Und als w#228;re all dies noch nicht genug, ber#252;hrte Juan ihn am Arm und deutete nach links. Als Mikes Blick der Geste folgte, entdeckte er zwei, drei, schlie#223;lich ein halbes Dutzend weiterer Haifischflossen, die dort ihre Kreise zogen. »Sieht aus wie ein richtiges Familientreffen«, sagte Juan. Mike war nicht nach Scherzen zumute und Juan wurde auch sofort wieder ernst. »Entschuldige«, sagte er. »Dir ist wirklich nichts passiert?« »Nein«, beharrte Mike. »Aber ich habe einen ganz sch#246;nen Schrecken bekommen, das kann ich dir sagen.« Er rieb sich das schmerzende Bein und sog h#246;rbar die Luft ein, als er an sich herabsah. Seine ganze rechte Seite sah tats#228;chlich aus, als w#228;re jemand mit einem Riesenst#252;ck Schmirgelpapier dar#252;ber gefahren. Die Haut war rot und an einigen Stellen blutete er sogar aus winzigen Wunden. Mike konnte von Gl#252;ck sagen, dass er nicht schwerer verletzt war. Was ihn noch mehr besch#228;ftigte, das war die Frage, warum der Hai angegriffen hatte. Entgegen der landl#228;ufigen Meinung kommen Haie n#228;mlich recht selten in die N#228;he des Ufers und eigentlich greifen sie Menschen nur an, wenn diese sie provozieren oder verletzt sind. Und pl#246;tzlich tauchte hier nicht nur ein einzelnes Tier auf, sondern gleich ein halbes Dutzend - das war wirklich sonderbar! Mike l#246;ste den Blick von den Haifischen drau#223;en im Meer, drehte sich herum und sah Weisser an, auf dessen Gesicht er f#252;r einen Moment einen Ausdruck von Erschrecken, ja beinahe Entsetzen gewahrte, den er nicht verstand. Weisser starrte aufs Meer und die Haie hinaus. Er hatte die H#228;nde zu F#228;usten geballt und so fest gegen die Oberschenkel gepresst, als f#252;rchte er, dass ihr Zittern gesehen werden konnte, und er war trotz der Sonnenbr#228;une blass geworden. Und das war nicht alles. Wenige Augenblicke sp#228;ter schoben die Eingeborenen das Boot ins Wasser, um zur NAUTILUS hin#252;berzurudern und Trautman abzuholen, und ganz gegen seine sonstigen Gewohnheiten #252;bernahm Weisser nicht automatisch das Kommando #252;ber den kleinen Trupp. Er stieg nicht ins Boot, sondern wartete in sicherer Entfernung ab, bis Trautman die Insel betreten hatte, und die ganze Zeit #252;ber kam er dem Wasser nicht einmal nahe, aber er starrte ununterbrochen die Haifische an. Eine halbe Stunde sp#228;ter erreichten sie das Eingeborenendorf, das in der Mitte der kleinen Insel im Dschungel lag, und Mike stellte fest, dass die Nachricht von seinem Abenteuer am Strand bereits die Runde gemacht hatte. Und sie schien auch f#252;r geh#246;riges Aufsehen zu sorgen, denn er wurde immer wieder von M#228;nnern und Frauen angesprochen und musste seine Geschichte - mit Weissers Hilfe als#220;bersetzer -fast ein Dutzend Mal wiederholen, bevor Trautman und er endlich die kleine H#252;tte in der Mitte des Dorfes erreichten, in der sie f#252;r die Dauer ihres Aufenthaltes untergebracht waren. Chris, Ben und Singh erwarteten sie dort und Mike kam nicht darum herum, alles noch einmal zu erz#228;hlen. Als Juan mit einem heftigen Nicken hinzuf#252;gte, dass sich alles tats#228;chlich ganz genau so abgespielt hatte und er gut auf dem n#228;chsten Rodeo als Haifischdompteur auftreten k#246;nnte, schenkte er ihm zwar einen giftigen Blick, musste aber trotzdem pl#246;tzlich lachen. Es bestand ja kein Grund mehr, Angst zu haben. Die Gefahr war vorbei und auch wenn der Zwischenfall merkw#252;rdig genug gewesen war, gab es doch keinen Grund mehr, sich den Kopf dar#252;ber zu zerbrechen. »Dieser Hai hat sich wirklich seltsam benommen«, meinte Trautman. »Mir kam es so vor, als h#228;tte er sich te. Obwohl alle anderen ihn mittlerweile damit ansprachen, fiel es Mike immer noch schwer, ihn statt des Namens zu benutzen, unter dem sie ihn kennen gelernt hatten. Er verstand selbst nichts so recht, warum das so war; ebenso wenig, wie er sein #252;bertriebenes Misstrauen dem Atlanter gegen#252;ber begr#252;nden konnte. Mike musste sich auf die Zunge bei#223;en, um nicht laut zu antworten; sondern auf dieselbe lautlose Weise, auf die Astaroth mit ihm gesprochen hatte. Der Kater war ebenso wie Serena nicht in der H#252;tte, hatte aber ganz offensichtlich wieder einmal seine Gedanken gelesen, obwohl er wusste, wie unangenehm Mike dies war. Das war nat#252;rlich der blanke Unsinn. Aber aus irgendeinem Grund widersprach Mike jetzt nicht mehr, sondern wandte sich mit einem gek#252;nstelten R#228;uspern wieder den anderen zu, die ihre Unterhaltung immer noch nicht fortgesetzt hatten, sondern ihn fast erwartungsvoll ansahen. Eigentlich nur, um den peinlichen Moment irgendwie zu #252;berspielen und #252;berhaupt etwas zu sagen, fragte er: »Wie lange werden wir noch auf dieser Insel festsitzen?« Die Frage galt niemand Bestimmtem und im Grunde hatte er auch gar nicht mit einer Antwort gerechnet, aber Weisser sagte fast hastig: »Nicht mehr sehr lange. Wenn die Pumpen endlich funktionieren und wir das Wasser aus dem Schiff herausbekommen, ist das Schlimmste geschafft.« Mike war #252;ber diese Antwort ein bisschen irritiert und auch Trautman runzelte fl#252;chtig die Stirn. Mike war nicht ganz sicher, aber er glaubte doch, einen leisen Unterton von Kritik in Weissers Worten geh#246;rt zu haben. Es w#228;re nicht das erste Mal. Sie alle arbeiteten seit zwei Wochen wie die Verr#252;ckten daran, die NAUTILUS wenigstens halbwegs wieder flottzubekommen -alle, mit Ausnahme Weissers. Daf#252;r lie#223; er kaum eine Gelegenheit verstreichen, mehr oder weniger offen seinen Tadel daranzu #228;u#223;ern, dass sie offensichtlich nicht schnell genug voran kamen. #220;berhaupt war die erste Euphorie,nach Serena auf einen zweiten #220;berlebenden von Atlantis gesto#223;en zu sein -und noch dazu auf ihren leibhaftigen Vater, niemand anderem also als dem K#246;nig dieses untergegangenen Inselreiches! -, im Lauf der beiden vergangenen Wochen einer immer st#228;rkeren Ern#252;chterung gewichen. Weisser beziehungsweise die Herzen der Eingeborenen im Sturm erobert und waren schon nach wenigen Tagen zu den erkl#228;rten Lieblingen des Stammes geworden. Wenn man sie zwischen den Menschen der Insel sah, die allesamt gro#223;, sonnengebr#228;unt und den Nachkommen der s#252;damerikanischen Indianer sehr #228;hnlich waren, konnte man das gut verstehen: Serena mit ihrer hellen Haut, den gro#223;en, dunklen Augen und dem goldblonden Haar musste ihnen wie eine Fee erscheinen; einer Gestalt aus ihren Legenden und Mythen #228;hnlicher als einem lebendem Menschen. Und dazu kam ihr immer freundliches Wesen, das Mike nun, als sie allesamt dem unheilvollen Einfluss des Sternenschiffes entkommen waren, noch viel mehr auffiel als sonst. Niemand konnte #252;bersehen, dass Serena etwas Besonderes war. »Wir haben das Fest vorbereitet«, antwortete Serena. »Das Fest?« Argos runzelte fl#252;chtig die Stirn, dann hellte sich sein Gesicht auf. »Oh, ich verstehe.« »Ich nicht«, sagte Mike und auch die anderen blickten verwirrt drein. »Sie geben heute Abend ein Fest zu unseren Ehren«, erkl#228;rte Argos. »Heute ist Vollmond. In ihrer Religion spielt der Mond eine wichtige Rolle und wie es der Zufall eben wollte, bin ich genau beim letzten Vollmond auf diese Insel gekommen.« »Ach, und jetzt halten sie Sie f#252;r eine Art Gott, wie?«, fragte Mike. Der h#228;mische Ton in seiner Stimme #252;berraschte ihn selbst. Argos sah beleidigt drein, Serena runzelte die Stirn und auch die anderen blickten ihn verst#246;rt an. Mike hatte von der ersten Sekunde an keinen Hehl daraus gemacht, dass er Serenas Vater wohl nie als seinen Freund betrachten w#252;rde. Eine so offene Feindseligkeit wie jetzt aber hatte er noch nie an den Tag gelegt. Argos sah ihn an, l#228;chelte -und dieses L#228;cheln hatte eine seltsame Wirkung auf Mike. Mit einem Male sch#228;mte er sich seiner eigenen Worte und vor allem seiner Gef#252;hle Argos' gegen#252;ber. Und als h#228;tte der Atlanter diesen Gedanken gelesen, wurde sein L#228;cheln eine Spur w#228;rmer und herzlicher. Mike gestand sich ein, dass das meiste wohl doch seine Schuld gewesen war. Wie sie alle war er nerv#246;s. Er war unzufrieden, weil die Reparaturarbeiten an der NAUTILUS nicht so voranschritten, wie sie alle es gerne gehabt h#228;tten. Er entschuldigte sich in Gedanken noch einmal bei Serenas Vater und nahm sich fest vor, in Zukunft etwas mehr auf seine eigenen Gef#252;hle Acht zu geben - und vor allem auf das, was er sagte. »Vielleicht ist es gar keine so schlechte Idee, einmal einen Abend nicht zu arbeiten«, sagte Trautman pl#246;tzlich. »Ein kleines Fest wird uns sicher gut tun. Heute k#246;nnen wir sowieso nichts mehr ausrichten. Die Pumpen arbeiten von selbst und dar#252;ber hinaus wird es bald dunkel.« Niemand widersprach, aber die allgemeine Begeisterung hielt sich auch in Grenzen. Keiner von ihnen hatte etwas gegen eine Feier einzuwenden oder einen freien Abend. Und trotzdem wusste Mike, dass nicht nur er allein den Wunsch versp#252;rte, so schnell wie nur m#246;glich von hier wieder wegzukommen. Einige Stunden sp#228;ter sa#223; Mike missmutig auf einem Stein, drehte einen an einem Stock aufgespie#223;ten Fisch #252;ber dem Feuer und blickte Serena und Argos an, die vertraut aneinandergekuschelt auf der anderen Seite der Feuerstelle sa#223;en. Das Fest war nahezu vor#252;ber. Die Eingeborenen hatten sich wirklich M#252;he gegeben: Sie hatten Musik gemacht, einige T#228;nze aufgef#252;hrt und waren bis sp#228;t in die Nacht so fr#246;hlich und ausgelassen gewesen, wie Mike sie bisher noch nie erlebt hatte. Auch die anderen hatten sich k#246;niglich am#252;siert, ihm selbst war es nicht gelungen, die rechte Begeisterung zu entwickeln. Er hatte sich wirklich M#252;he gegeben, schon, um Serena nicht zu entt#228;uschen, die zwar nichts gesagt hatte, ihn aber auf eine Art ansah, die klarmachte, dass sie seine niedergeschlagene Stimmung durchaus sp#252;rte. Aber es hatte nichts genutzt. Ihm war nicht nach Feiern zumute und so hatte er sich schlie#223;lich ein wenig von den anderen abgesondert, um ihnen mit seiner miesepetrigen Laune nicht auch noch die Stimmung zu verderben. Schlie#223;lich - Mitternacht musste l#228;ngst vor#252;ber sein - hatten sich die meisten Eingeborenen in ihre H#252;tten zur#252;ckgezogen und auch Trautman, Singh und Juan waren schlafen gegangen, so dass au#223;er Mike selbst nur noch Ben, Chris, Serena und ihr Vater sowie eine Handvoll Eingeborener #252;brig geblieben waren, die sich an ihrem selbstgebrauten Wein g#252;tlich taten, dabei immer lauter wurden und offenbar entschlossen schienen, bis zum Morgen durchzumachen. Mike selbst war nicht nach Schlafen zumute. Er war nicht im Geringsten m#252;de. Schlie#223;lich stand er auf, warf den Stock mitsamt des halb gebratenen Fisches ins Feuer und verlie#223; mit schnellen Schritten den Festplatz. Er war so sehr in seine tr#252;ben Gedanken versunken, dass er gar nicht richtig registrierte, wohin ihn seine Schritte trugen und wie viel Zeit verging. So war er nicht schlecht erstaunt, als er pl#246;tzlich statt der n#228;chtlichen Ger#228;usche des Waldes und des Raunens des Windes in den Baumwipfeln einen anderen, wenn auch fast ebenso vertrauten Laut h#246;rte; ein seidiges, weiches und trotzdem sehr machtvolles Ger#228;usch: das Rauschen der Brandung. Ohne dass er sich des Umstandes selbst bewusst gewesen w#228;re, hatten ihn seine Schritte wieder zum Strand hinuntergetragen und damit dorthin, wo die NAUTILUS lag. Mike wollte schon kehrtmachen und zum Lager zur#252;ckgehen, aber dann zuckte er mit den Schultern und ging die letzten Schritte bis zum Waldrand hinunter. Auf eine Minute mehr oder weniger kam es jetzt auch nicht mehr an und so konnte er sich wenigstens davon #252;berzeugen, ob die Pumpen richtig arbeiteten oder nicht. Wenn alles gut gegangen war, dann musste der Turm der NAUTILUS jetzt schon ein gutes St#252;ck weiter aus dem Wasser herausschauen als am Abend. Vielleicht konnte er wenigstens mit einer guten Nachricht ins Lager zur#252;ckkehren. Entschlossen legte er die letzten Schritte zum Waldrand zur#252;ck, trat auf den Strand hinaus und blieb wie angewurzelt stehen. Um es kurz zu machen: Die Pumpen selbst war zwar der Einzige, der mit dem Tier sprechen konnte, aber sie alle wussten darum und es w#228;re nicht das erste Mal, dass es Astaroth gelang, eine Botschaft weiterzugeben, und sei es nur, indem er sich besonders auff#228;llig benahm. Er bekam jedoch keine Antwort. Entweder war er zu weit vom Lager entfernt oder Astaroth war abgelenkt oder schlief. Ein wenig entt#228;uscht, aber weiterhin entschlossen, dieses Geheimnis zu l#252;ften, gab Mike sein Vorhaben auf und sah sich um. Gottlob lag das Boot noch immer am Strand. Es bereitete Mike einige M#252;he, das schwere Gef#228;hrt ganz allein ins Wasser zu schieben, aber irgendwie gelang es ihm doch. Nach einigen Minuten sa#223; er keuchend, aber zufrieden im Boot und paddelte, so schnell er konnte, auf die NAUTILUS zu. Schon nach kurzer Zeit erreichte er das Schiff, vert#228;ute das Boot am Rumpf und trat mit einem entschlossenen Schritt auf die metallenen Decksplanken hinauf. Es war ein sonderbares Gef#252;hl, nach gut zwei Wochen wieder an Deck der NAUTILUS zu sein: gut und zugleich fast unwirklich, denn er hatte nach allem kaum noch darauf zu hoffen gewagt, es noch einmal zu erleben. Was ihn wieder zu der Frage brachte, Unter der Decke brannte eine einzelne, tr#252;be Lampe, die den gro#223;en Raum nur unzureichend beleuchtete. Trotzdem reichte der blasse Schein, Mike erkennen zu lassen, dass sich der Salon noch immer im selben be mitleidenswerten Zustand wie am Nachmittag befand und dass er leer war. Mike atmete erleichtert auf, beging aber trotzdem nicht den Fehler, jetzt etwa unvorsichtig zu werden. Dass der Salon leer war, bedeutete keineswegs, dass das auch auf das gesamte Schiff zutraf. Mike war hundertprozentig sicher, dass sie dieses Licht nicht angelassen hatten, als sie die NAUTILUS am Nachmittag verlie#223;en. Hundertzehnprozentig, sozusagen. Irgendjemand war hier. Er verlie#223; schlie#223;lich den Raum und ging in die andere Richtung, um auch die Kabinen zu untersuchen. Die meisten T#252;ren waren verschlossen, aber die seiner eigenen, Trautmans und Serenas Kaj#252;te waren offen. Er betrat sie alle drei, untersuchte sie fl#252;chtig und nahm aus Trautmans Kabine eine Taschenlampe mit, die ihm sicher von Nutzen sein w#252;rde. Etwas mutiger geworden, machte er sich auf den Weg zur Treppe, um sich das n#228;chste Deck vorzunehmen. Das Licht blieb rasch hinter ihm zur#252;ck und hier unten hatte niemand eine Lampe brennen lassen, so dass er heilfroh war, die Taschenlampe bei sich zu haben. Trotzdem war es ein unheimliches Gef#252;hl, bei fast vollkommener Dunkelheit durch das Schiff zu gehen. Der kleine, scharf abgegrenzte Kreis beinahe wei#223;er Helligkeit, der vor ihm #252;ber den Boden tanzte wie ein leuchtender Gummiball, machte es nicht besser, sondern eher schlimmer, denn er schien die Finsternis ringsum eher noch zu betonen, anstatt sie zu verscheuchen. Und da war noch das Ger#228;usch der Pumpen. Mike war jetzt sicher, dass es sich ver#228;ndert hatte. Er konnte den Unterschied nicht wirklich in Worte fassen, aber er war da. Es klang anders als am Nachmittag. Er stieg die n#228;chste Treppe hinab und hier waren die Spuren des eingedrungenen Meeres schon deutlich zu sehen: Auf dem Boden stand noch immer eine kn#246;cheltiefe Wasserschicht und selbst von der Decke tropfte und rieselte es. Hier und da hatte das Meer Tang und tote Fische zur#252;ckgelassen. Allein bei der Vorstellung, wie lange sie brauchen wurden, um das Schiff wieder sauber zu bekommen, wurde Mike ganz anders ... Er erreichte den Durchgang zum Maschinenraum und blieb wie angewurzelt stehen. Da war ein Ger#228;usch. Mike raffte all seinen Mut zusammen, drehte sich blitzschnell herum und hob die Lampe. Der wei#223;e Kegel stach wie eine Lanze aus Licht durch die Dunkelheit vorihm. Doch da war nichts. Im hellen Schein der Taschenlampe erkannte er nichts als feuchtes Metall und Wasser. Mit klopfendem Herzen schwenkte er die Lampe ein paarmal hin und her, ohne irgendetwas zu erkennen. Er war allein. Und auch das Ger#228;usch wiederholte sich nicht. Trotzdem war Mike vollkommen sicher, es sich nicht eingebildet zu haben. Es war ein Pl#228;tschern gewesen. Ein Laut, als fiele ein schwerer K#246;rper ins Wasser. Der Scheinwerferkegel der Taschenlampe richtete sich zitternd auf die T#252;r vor ihm. Dahinter lag die Tauchkammer, durch die sie die NAUTILUS verlassen konnten, auch wenn sie sich tief unter Wasser befanden. Er hob die Hand, streckte sie nach dem Griff aus und senkte sie wieder. Pl#246;tzlich hatte er Angst. Es war, als fl#252;sterte ihm eine unh#246;rbare Stimme zu, dass er diese T#252;r besser nicht #246;ffnen sollte, wenn er nicht wollte, dass etwas Furchtbares gesch#228;he. »Unsinn!«, murmelte Mike. Seine Stimme klang in der Dunkelheit so fremd und verzerrt, dass es ihm einen eisigen Schauer #252;ber den R#252;cken jagte. Trotzdem hob er erneut die Hand und n#228;herte sich der T#252;r und diesmal #246;ffnete er sie. Er war auf alles gefasst. Der Raum hinter der schmalen Metallt#252;r war so leer wie der davor. Alles, was der Schein der Taschenlampe erhellte, waren die runde Tauchkammer und das Gestell mit den Unterwasseranz#252;gen an der gegen#252;berliegenden Wand. Langsam lie#223; er den Lichtstrahl durch den Raum gleiten und senkte ihn schlie#223;lich. In der Mitte der Tauchkammer befand sich ein ebenfalls runder, wuchtiger Metalldeckel, der den Raum wasserdicht abschloss. Jetzt stand er offen. Der Strahl der Taschenlampe fiel ungehindert hindurch und verlor sich erst nach zwei oder drei Metern im kristallklaren Wasser der Karibik. Mike konnte sp#252;ren, wie sich jedes einzelne Haar auf seinem Kopf aufrichtete. Jetzt war er sicher, dass jemand an Bord der NAUTILUS gewesen war, der hier nichts zu suchen hatte. Es war ganz und gar unm#246;glich, dass irgendeiner von ihnen die Kammer offen gelassen hatte. Jemand war hier gewesen und er hatte das Schiff auf diesem Wege verlassen. Vermutlich sogar erst vor wenigen Augenblicken. Zweifellos hatte der Eindringling ihn geh#246;rt oder das Licht seiner Taschenlampe gesehen und die Flucht auf diesem Wege angetreten. Das musste das Ger#228;usch gewesen sein, das er geh#246;rt hatte. Mike richtete sich wieder auf, hob die Lampe und lie#223; den Strahl ein zweites Mal #252;ber die Taucheranz#252;ge gleiten, die an der gegen#252;berliegenden Wand hingen. Es waren sieben. Keiner fehlte. Diese Erkenntnis versetzte Mike in leises Erstaunen. Immerhin befand sich die Tauchkammer unter dem Rumpf der NAUTILUS. Um auf diese Weise aus dem Schiff und auch noch lebend zur Oberfl#228;che hinaufzukommen, musste der Eindringling entweder ein ganz besonders guter Schwimmer sein -oder ganz besonders leichtsinnig. Aber egal, wie -er war fort und Mike musste daf#252;r sorgen, dass er nicht zur#252;ckkehren konnte; wenigstens nicht auf demselben Weg, auf dem er gegangen war. Rasch legte er die Taschenlampe neben sich auf den Boden, lie#223; sich in die Hocke sinken und streckte die H#228;nde nach dem Lukendeckel aus, um die Tauchkammer wieder zu verschlie#223;en. Er kam nicht dazu, die Bewegung zu Ende zu f#252;hren. Hinter ihm erklang pl#246;tzlich ein feuchtes, schweres Platschen und er sah einen verzerrten Widerschein auf der Wasseroberfl#228;che. Hastig versuchte er sich wieder aufzurichten, verlor durch seine eigene Bewegung den Halt und st#252;rzte nach vorne. Doch w#228;hrend er fiel, drehte er sich halb herum und was er in diesem Sekundenbruchteil erblickte, das war so bizarr, dass er f#252;r einen Moment alles andere verga#223;. Hinter ihm war wie aus dem Nichts eine Gestalt erschienen. Sie hatte menschliche Umrisse, aber sie Mike kam nicht mehr dazu, den abgrundtiefen Schrecken wirklich zu sp#252;ren, mit dem ihn der Anblick dieses Gesichtes erf#252;llte, denn in diesem Moment knallte sein Hinterkopf mit solcher Wucht gegen den Lukendeckel, dass er auf der Stelle das Bewusstsein verlor. Hilflos st#252;rzte er ins Wasser und sank wie ein Stein in die Tiefe. Ganz besinnungslos konnte er wohl doch nicht gewesen sein, denn er erinnerte sich hinterher vage, wie er an die Oberfl#228;che gekommen war -allerdings war er nicht ganz sicher, ob er sich nun Bizarr genug dazu war es jedenfalls. Mike fand sich nun zum dritten Mal, seit sie auf diese Insel gekommen waren, keuchend, und Wasser erbrechend und verzweifelt nach Luft ringend, am Strand liegend vor, als sein Bewusstsein endlich wieder ganz erwachte. Sein Kopf schmerzte heftig und er musste wohl nicht nur einen guten Teil der Karibik hinuntergeschluckt haben, sondern auch noch ein paar Liter von seinem eigenen Blut, denn er hatte einen f#252;rchterlichen Geschmack im Mund und musste mit aller Macht an sich halten, um sich nicht zu #252;bergeben. Rings um ihn herum war ein wirres Durcheinander von Stimmen und Ger#228;uschen und als er endlich die Augen #246;ffnete, sah er in ein vertrautes Gesicht. Wenn auch vielleicht nicht in eines, das er in diesem Augenblick unbedingt lichkeit. »Was ist nur in dich gefahren, mitten in der Nacht und noch dazu bei Flut hierher zu kommen? Wolltest du dich umbringen?« »Argos -bitte!« Mike atmete innerlich auf, als er Trautmans Stimme h#246;rte und Argos sich herumdrehte, ohne auf eine Antwort auf seine Frage zu warten. Wahrscheinlich w#252;rde ihn auch Trautman gleich mit Vorw#252;rfen nur so #252;bersch#252;tten, aber das war ihm im Moment hundertmal lieber, als sich weiter mit dem Atlanter zu unterhalten. Unsicher stemmte er sich auf die Ellbogen hoch und wollte aufstehen, sp#252;rte aber, dass ihm dazu im Moment wohl noch die Kraft fehlte, und belie#223; es dabei, sich halbwegs aufzusetzen. Alles drehte sich um ihn und seine Lungen brannten noch immer wie Feuer. Auch wenn er sich nicht wirklich erinnerte, was passiert war, eines war klar: Er war dicht davor gewesen, zu ertrinken. Argos trat einen Schritt zur#252;ck, um Platz f#252;r Trautman und -wie Mike erleichtert feststellte -auch die restlichen Besatzungsmitglieder der NAUTILUS zu machen, die herangest#252;rmt kamen, und setzte zugleich zu einer scharfen Antwort an, doch Trautman lie#223; ihn gar nicht zu Wortkommen, »Was ist hier passiert?«, fragte er. »Mike? Was ist los?« »Ihr junger Freund hat gerade versucht, sich umzubringen«, antwortete Argos d#252;ster. »Vielleicht war er auch nur der Meinung, dass uns langweilig ist und wir eine kleine Abwechslung gebrauchen k#246;nnen.« Trautman ignorierte ihn, eilte an ihm vorbei und blieb dicht vor Mike stehen. Sein Gesichtsausdruck war sehr besorgt, aber auch erleichtert. »Was war los?«, fragte er noch einmal. »Was tust du hier, mitten in der Nacht, und was -« Er sprach nicht weiter. Seine Augen wurden gro#223; und sein Unterkiefer klappte fassungslos herunter. Mike konnte sehen, wie alles Blut aus seinem Gesicht wich, w#228;hrend sich sein Blick auf einen Punkt irgendwo hinter ihm richtete. Er musste sich nicht eigens herumdrehen, um zu wissen, was Trautman in solch fassungsloses Erstaunen versetzte. Er hatte die NAUTILUS entdeckt. »Aber das ist doch ...« »Deshalb war ich hier«, sagte Mike. Das Sprechen bereitete ihm M#252;he und er hatte immer noch Schwierigkeiten, richtig zu atmen. »Ich bin zufallig hergekommen, aber dann habe ich das Schiff gesehen.« »Aber wie ist das m#246;glich?«, murmelte Trautman. »Wieso ... #228;h ... ich meine, ich wei#223; nicht, Nat#252;rlich war an Schlaf in dieser Nacht nicht mehr zu denken. Serena versorgte seine Wunde, so gut es ging, und die anderen lie#223;en ihn gerade lange genug in Ruhe, dass sie sicher sein konnten, dass Trautmann nicht in der N#228;he war, um sie zur Ordnung zu rufen, ehe sie ihn mit Fragen auch nur so best#252;rmten. Fragen allerdings, auf die Mike kaum eine Antwort hatte. Er wusste ja selbst nicht genau, was er an Bord der NAUTILUS nun wirklich erlebt hatte. Irgendjemand war dort gewesen, das stand fest, aber wer oder gar warum, dar#252;ber wagte er nicht einmal eine Vermutung anzustellen. M#246;glicherweise hatte Trautman ja Recht und er hatte sich den Kopf tats#228;chlich fester angesto#223;en, als er zugab. Au#223;erdem w#228;re er um ein Haar ertrunken und in solchen Momenten neigt die menschliche Fantasie nur zu schnell dazu, einem die b#246;sesten Streiche zu spielen. Ein Mensch mit dem Gesicht eines - wisperte eine Stimme in seinen Gedanken. Mike antwortete nicht darauf. Astaroths Worte verwirrten ihn. Wieso sollte es kein gro#223;er Unterschied sein, ob man etwas sagte oder dachte? Niemand au#223;er dem telepathischen Kater konnte seine Gedanken lesen. Er sah sich suchend in der H#252;tte um, konnte Astaroth aber nirgends entdecken. Und wenn er richtig dar#252;ber nachdachte, dann hatte er den Kater auch seit seinem Erwachen am Strand nicht mehr gesehen. Bisher hatte er angenommen, dass Astaroth mit Trautman und Argos bei der NAUTILUS zur#252;ckgeblieben war. Andererseits machte das keinen gro#223;en Unterschied. Astaroth war durchaus in der Lage, seine Gedanken auch #252;ber gr#246;#223;ere Entfernungen hinweg zu lesen. Mike fragte sich nur, warum er das pl#246;tzlich tat. In den letzten Tagen hatte der Kater immer nur telepathischen Kontakt zu ihm aufgenommen, um ihn zu verspotten. und f#252;r nichts. Bis vor drei Sekunden noch h#228;tte Mike jeden Eid geschworen, dass Astaroth nicht einmal wusste, was dieses Wort bedeutete. Tats#228;chlich sahen sowohl Serena als auch Ben ihn mittlerweile fragend an. Sie wussten beide, wie auch die #252;brige Besatzung der NAUTILUS, was der abwesende Ausdruck auf seinem Gesicht bedeutete, doch Mike war klar, dass ihnen allen seine F#228;higkeit, in Gedanken mit dem Kater zu reden, ein wenig unheimlich war. Bevor einer der beiden jedoch eine entsprechende Bemerkung machen konnte, ging die T#252;r auf und Trautman, Argos und die anderen kamen zur#252;ck. Alle wirkten m#252;de und alle waren verdreckt und bis auf die Haut durchn#228;sst. Offensichtlich hatten sie die NAUTI-LUS mindestens ebenso gr#252;ndlich durchsucht, wie Mike es getan hatte. Den Abschluss der kleinen Gruppe bildete Astaroth, der mit einem ersch#246;pften Miauen sofort auf Serenas Scho#223; sprang und sich zu einem Ball zusammenrollte, um sich von ihr in den Schlaf kraulen zu lassen -was nicht einmal so lange dauerte, wie Trautman und die anderen brauchten, um sich zu setzen. »Und?«, fragte Mike aufgeregt. »Und was?«, murmelte Juan g#228;hnend. »Was ist mit der NAUTILUS?«, fragte Mike. »Es ist noch zu fr#252;h, um das zu sagen«, antwortete Trautman an Juans Stelle. »Aber es ist erstaunlich. Sie ist in viel besserem Zustand, als ich zu hoffen gewagt h#228;tte.« »Sie ist in hervorragendem Zustand«, verbesserte ihn Argos. Seine Stimme klang eine Spur sch#228;rfer, als Mike es f#252;r angemessen hielt, und als er zu ihm hochsah, fiel ihm auch auf, dass er nicht ann#228;hernd so ersch#246;pft und m#252;de aussah wie die anderen. Wahrscheinlich, dachte er, hatte sich sein Beitrag an der Durchsuchung des Schiffes darin ersch#246;pft, im Salon auf die R#252;ckkehr der anderen zu warten. Argos warf ihm einen raschen Blick zu und fuhr fort: »Ich denke, wir k#246;nnen sp#228;testens morgen Abend in See stechen.« Selbst Serena, die normalerweise »- mithelfen, haben wir das Leck in sp#228;testens zwei Tagen ausgebessert.« Argos wollte widersprechen, aber Trautman brachte ihn mit einer energischen Handbewegung zum Schweigen; eigentlich das erste Mal, seit er seine wahre Identit#228;t offenbart hatte. »Ich werde dar#252;ber nicht diskutieren«, sagte er, in einem Ton, der nicht besonders laut war, aber von einer Art, die selbst Argos zum Verstummen brachte. Auf dem Gesicht des Atlanters erschien ein Ausdruck, der Mike wahrscheinlich zum Lachen gebracht hatte, w#228;re die Situation auch nur etwas weniger ernst gewesen. »Vielleicht haben Sie sogar Recht«, sagte Argos schlie#223;lich. Er bem#252;hte sich sogar, so etwas wie ein verzeihendes L#228;cheln auf sein Gesicht zu zwingen. Aber tief in sich drinnen brodelte er vor Wut, das sah Mike seinem Gesicht deutlich an. Trotzdem fuhr Argos fort: »Wir sollten jetzt keinen Fehler begehen. Ich schlage vor, dass wir alle versuchen, noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, und uns den Schaden an der NAUTILUS morgen bei Tageslicht noch einmal genauer ansehen.« »Das ist eine gute Idee«, sagte Trautman eisig. »Wir sind alle m#252;de und entsprechend gereizt.« Argos starrte ihn noch einen Herzschlag lang aus Augen an, die vor Zorn brannten. Aber dann nickte er nur stumm, drehte sich auf dem Absatz herum und eilte aus der H#252;tte. Nur einen Augenblick sp#228;ter folgte ihm Serena und zu Mikes insgeheimer Entt#228;uschung aus Astaroth. »Das wurde ja auch langsam Zeit, dass ihm mal einer die Meinung -«, begann Ben, wurde aber sofort scharf von Trautmanunterbrochen: »Es wird jetzt langsam Zeit, dass wir alle schlafen gehen«, sagte er. »Wir werden morgen #252;ber alles reden. Gute Nacht.« Ben blinzelte verdutzt und auch Mike starrte Trautman ziemlich fassungslos an. Und aus seiner Fassungslosigkeit wurde fast so etwas wie Misstrauen, als Trautman aufstand und sich - ganz gegen das, was er gerade selbst gesagt hatte -mit einer entsprechenden Bewegung an Singh wandte: »Singh. Bitte begleite mich. Wir haben etwas zu besprechen.« L#228;rm weckte ihn. Mike hatte Schwierigkeiten, richtig wach zu werden. Er f#252;hlte sich benommen und schl#228;frig und an seinen Gliedern (und vor allem an den schnurrte etwas wie ein kleiner schnell laufender Elektromotor. Von weither h#246;rte er aufgeregte Stimmen und die Ger#228;usche durcheinander rennender Menschen und unter normalen Umst#228;nden h#228;tten allein diese Laute ausgereicht, ihn wie elektrisiert aufspringen und auf der Stelle wach werden zu lassen. Aber irgendwie waren die Umst#228;nde an diesem Morgen nicht normal. Mike g#228;hnte, versuchte den Kopf vom Kissen zu heben und stellte fest, dass schon diese einfache Bewegung fast all seine Kraft in Anspruch nahm. Au#223;erdem schien irgendetwas mit dem Gewicht eines Elefantenbabys auf seiner Brust zu liegen, was ihm das Atmen schwer machte. Mit einer zweiten, noch gr#246;#223;eren Anstrengung schaffte er es wenigstens, die Augen zu #246;ffnen. Helles Sonnenlicht drang in die H#252;tte und er sp#252;rte ganz instinktiv, dass es sehr sp#228;t war. Das Brummen, das er geh#246;rt hatte, stammte ebenso wie das vermeintliche Zentnergewicht von einem schwarzen, haarigen Ball, der sich auf seiner Brust zusammengerollt hatte und wohlig im Schlaf schnurrte, wobei er immer wieder rhythmisch die Krallen ausstreckte und einzog. Normalerweise h#228;tte ein einziger Gedanke ausgereicht, den Kater auf der Stelle zu wecken. Heute jedoch reagierte er nicht; nicht einmal, als Mike ein zweites und drittes Mal in Gedanken nach ihm rief. Erst als er sich mit einem Ruck ganz aufsetzte, wodurch Astaroth reichlich unsanft von seiner Brust h munterbef#246;rdert wurde, #246;ffnete der Kater erschrocken sein einziges Auge und blinzelte ihn an. Astaroth reagierte auch jetzt nicht. Er sch#252;ttelte benommen den Kopf und g#228;hnte dann noch einmal so herzhaft, dass Mike sein ganzes scharfes Gebiss sehen konnte. »Findest du das lustig?«, fragte er laut. Astaroth legte den Kopf auf die Seite, sah ihn fragend an und miaute. Die Antwort in seinem Kopf, auf die Mike wartete, kam nicht. Allm#228;hlich wurde Mike #228;rgerlich. Astaroth starrte ihn noch immer scheinbar vollkommen verst#228;ndnislos an, aber Mike hatte keine Lust auf diese M#228;tzchen. Au#223;erdem hatte er wahrlich Wichtigeres zu tun. Er hatte verschlafen und war allein in der H#252;tte aufgewacht - wie er annahm, hatte ihn Trautman absichtlich nicht wecken lassen, vielleicht weil er glaubte, dass Mike nach seinem Abenteuer in der vergangenen Nacht ein Anrecht auf ein wenig Ruhe hatte. Auch das w#228;re Mike unter normalen Umst#228;nden h#246;chst gelegen gekommen. Aber heute #228;rgerte es ihn. Die Auseinandersetzung zwischen Argos und Trautman war noch lange nicht vorbei. Und er wollte dabei sein, wenn sie sich entschied. Schon weil er das sichere Gef#252;hl hatte, dass Trautman jede Hilfe brauchen konnte. terem Gesicht an, seufzte und sagte: »Also gut, wenn du darauf bestehst: Wo sind die anderen?« Astaroth miaute auch jetzt wieder nur, aber er geb#228;rdete sich pl#246;tzlich wie toll: Er sprang auf der Stelle, machte einen Buckel und fauchte ein paarmal. Und nichts von alledem war normal. Aus Mikes Ver#228;rgerung wurde allm#228;hlich Misstrauen, dann ein deutliches Gef#252;hl von Sorge. Irgendetwas stimmte mit Astaroth nicht. Langsam lie#223; er sich in die Hocke sinken, streckte die Hand aus und strich Astaroth #252;ber den Kopf; eine Behandlung, die sich der Kater normalerweise niemals h#228;tte gefallen lassen, denn er betrachtete sie als kilometertief unter seiner W#252;rde. Jetzt aber schnurrte er, sprang mit einem Satz n#228;her an ihn heran und strich mit erhobenem Schwanz um seine Beine. Ganz wie eine normale Katze eben, die einen Menschen begr#252;#223;t. Nur dass Astaroth alles andere als eine aus der H#252;tte. Die Sonne stand bereits ein gutes St#252;ck am Himmel. Es musste noch sp#228;ter sein, als Mike angenommen hatte. Au#223;er ihm selbst schien jedermann hier am Ort schon auf den Beinen zu sein. Mike war der Sprache der Ein geborenen nicht m#228;chtig, so dass er die durcheinander hallenden Stimmen und Schreie nicht verstand, doch das musste man auch nicht sein, um zu erkennen, dass sich die M#228;nner und Frauen in heller Aufregung befanden. Als sie ihn mit Astaroth auf den Armen aus der H#252;tte kommen sahen, st#252;rmten gleich drei von ihnen auf ihn los und begannen auf ihn einzureden. Er verstand nichts von dem, was sie sagten, wohl aber ihre aufgeregten Gesten. Sie deuteten zum Strand. Mike fuhr auf dem Absatz herum und st#252;rmte los, so schnell er konnte. Obwohl ihn das Gewicht des Katers auf den Armen eigentlich h#228;tte behindern m#252;ssen, war er weitaus schneller als die Eingeborenen. Astaroth begann zu murren und sich unruhig zu bewegen; offenbar gefiel ihm diese Art des Transports nicht besonders. Aber darauf achtete Mike nicht. Er hielt den Kater mit eiserner Hand fest und be schleunigte seine Schritte noch. Trotzdem brauchte er sicherlich zwanzig Minuten, um den schmalen Streifen wei#223;en Sandstrandes zu erreichen, vor dem die NAUTILUS lag. Und er konnte schon von weitem h#246;ren, dass sich seine schlimmsten Bef#252;rchtungen zu bewahrheiten schienen. Er konnte Trautmans Stimme und auch die der anderen vernehmen - und ein Ger#228;usch, das ihm schier das Blut in den Adern gerinnen lie#223;: das dumpfe, vertraute Dr#246;hnen der m#228;chtigen Motoren, die die NAUTILUS antrieben! Mike rannte aus dem Wald heraus -und blieb so abrupt stehen, dass Astaroth fast von seinen Armen geglitten w#228;re und protestierend fauchte. Mit einem Gef#252;hl, das er nur noch als blankes Entsetzen bezeichnen konnte, schaute Mike die NAUTILUS an. Sie war noch ein kleines St#252;ck weiter aus dem Wasser emporgestiegen und hatte gedreht, so dass der Bug mit dem langen, gezackten Randsporn nun aufs offene Meer hinaus wies und das an einen Walschwanz erinnernde Heck dem Strand zugewandt war. Darunter brodelte das Wasser, gewaltige Blasen stiegen an die Oberfl#228;che und zerplatzten und hier und da stieg Dampf auf. Obwohl das Schiff eigentlich viel zu schwer war, um sich im Takt der Wellen zu bewegen, zitterte es sacht und hinter dem gewaltigen Loch, das wie eine Wunde im Heck des Tauchbootes g#228;hnte, stoben blaue Funken auf. »Was bedeutet das?«, fl#252;sterte Mike fassungslos. Er sah, dass Ben und Juan hinzugerannt kamen, wobei sie heftig mit den Armen gestikulierten, und er h#246;rte auch, dass sie ihm etwas zuschrien, achtete aber nicht darauf, sondern setzte Astaroth mit einer hastigen Bewegung in den Sand, hielt ihn aber zugleich mit beiden H#228;nden fest und zwang den Kater, ihm ins Gesicht zu blicken. da von ihm wollte, aber Mikes Geduld war endg#252;ltig ersch#246;pft. Das hier war nicht mehr witzig. »Was bedeutet das?!«, herrschte er den Kater an. »Antworte!« Astaroth miaute und versuchte, sich aus seinem Griff zu winden, aber Mike hielt ihn eisern fest. »Verdammt, Astaroth, was geht da vor?!«, schrie er. »Mike!« Ben langte schwer atmend neben ihm an. »Bist du verr#252;ckt? H#246;r auf, mit dem Kater herumzuspielen!« »Ich spiele nicht, ich versuche herauszubekommen, was hier los ist!«, erwiderte Mike gereizt. Ben machte eine heftige Bewegung mit beiden H#228;nden. »Das siehst du doch! Jemand versucht, das Schiff zu klauen!« »Das ist v#246;llig unm#246;glich«, behauptete Mike - obwohl ihm seine Augen das genaue Gegenteil bewiesen. Trotzdem f#252;gte er hinzu: »Niemand kann die NAUTILUS fahren, au#223;er ...« Er hielt verbl#252;fft mitten im Wort inne, stand mit einem Ruck auf und sah sich am Strand um. Alle waren hier, alle, bis auf... »Au#223;er Serena, ja«, sagte Ben d#252;ster. »Und Argos.« Wieder drehte sich Mike herum und blickte zur NAU-TILUS hin. Singh, Chris, Trautman und Juan standen bis zu den Knien im Wasser und starrten hilflos zu dem U-Boot hin#252;ber, das nur wenige Meter entfernt und doch unerreichbar war. Selbst ohne den Zwischenfall mit den Haifischen vom gestrigen Tag h#228;tte es nun niemand mehr gewagt, zum Schiff hinzuschwimmen. Unter dem Heck der NAUTILUS kochte das Meer. Und selbst wenn es nicht so gewesen w#228;re, so h#228;tte der gewaltige Sog der Turbinen jeden Schwimmer binnen Sekunden in die Tiefe gezerrt. »Aber das ... das kann nicht sein!«, murmelte Mike. »Das w#252;rde sie niemals tun!« Hastig b#252;ckte er sich wieder nach Astaroth, packte den Kater mit beiden H#228;nden und sch#252;ttelte ihn so wild, dass dieser erschrocken fauchte. »Was ist da los?!«, br#252;llte er. Und diesmal bekam er eine Antwort. Mike war insgeheim derselben Meinung wie der Kater, aber er kam gar nicht dazu, seine Bedenken zu #228;u#223;ern. Trautman und Singh hatten bereits die Ruder ergriffen und paddelten, was das Zeug hielt, und im Grunde erging es ihm so wie wohl den anderen auch: Alles, woran er wirklich denken konnte, war, dass jemand versuchte, die NAUTILUS zu stehlen. Und das augenblicklich folgten auch Ben und Juan seinem Beispiel. Trautmans Gesicht verzerrte sich vor Anstrengung. Die NAUTILUS wurde rasch schneller und er musste nur mit seinen H#228;nden das Gewicht des gesamten Bootes und seiner Insassen halten. »Beeilt euch!«, keuchte er. »Ich schaffe es nicht mehr lange!« Singh, Ben und Juan knoteten hastig ihre G#252;rtel aneinander, zogen dann eine Schlaufe um eine der Leitersprossen und banden das andere Ende ans Boot. Trautman lie#223; mit einem erleichterten Seufzer los und fiel zur#252;ck. Die Lederg#252;rtel knirschten h#246;rbar und der Ruck, der durch das kleine Schiffchen ging, war so heftig, dass Mike im ersten Moment fest davon #252;berzeugt war, sie w#252;rden einfach durchrei#223;en. Aber das Wunder geschah: Statt zur#252;ckzufallen oder in den Sog der Turbinen zu geraten und zu zerbrechen, wurde das Boot einfach mitgezogen. Singh packte die Leitersprossen, turnte mit geschickten Bewegungen am Rumpf der NAUTILUS empor und kletterte am Turm hinauf. F#252;r einen Moment entschwand er ihren Blicken, dann richtete er sich auf und sch#252;ttelte entt#228;uscht den Kopf. »Das Luk ist von innen verriegelt!«, rief er. »Ich versuche das andere!« Er sprang wieder auf das Deck hinab, rannte geb#252;ckt zu dem zweiten Einstieg, der sich in der Mitte der NAU-TILUS befand, und versuchte ihn zu #246;ffnen - mit demselben Ergebnis. Mit niedergeschlagenem Gesicht, aber sehr schnell, kehrte er zu ihnen zur#252;ck und kletterte wieder ins Boot. Die aneinander gebundenen Lederg#252;rtel #228;chzten und knarrten jetzt immer lauter und w#252;rden der Belastung vermutlich nicht mehr lange standhalten. Mike wandte den Kopf und stellte voller Schrecken fest, wie weit sie sich bereits vom Strand entfernt hatten, und die Distanz wuchs mit jeder Sekunde, denn die NAUTILUS wurde immer schneller und pfl#252;gte jetzt nur so durch das Wasser. Dann geschah genau das, was er bef#252;rchtet hatte: Der mittlere der drei aneinander geknoteten G#252;rtel zerriss mit einem peitschenden Knall und das Ruderboot l#246;ste sich schaukelnd vom Rumpf der NAU-TILUS. Das gr#252;ngraue Metall raste immer schneller und schneller an ihnen vor#252;ber -und pl#246;tzlich g#228;hnte darin eine gewaltige L#252;cke: das Loch, das ihr eigener Torpedo in die Panzerplatten gesprengt hatte. Diesmal war es Singh, der blitzschnell reagierte. Er warf sich vor, bekam mit beiden H#228;nden den Rand der gewaltsam in das Schiffgeschlagenen #214;ffnung zu fassen und klammerte sich fest. Er schrie vor Schmerz auf. Mike sah voller Entsetzen, dass pl#246;tzlich Blut zwischen seinen Fingern hervorquoll, w#228;hrend sich die Muskeln des Inders scheinbar bis zum Zerrei#223;en anspannten. Das Boot schaukelte so wild, dass Mike Halt suchend um sich griff. Besorgt kniete Mike neben Singh nieder und wollte nach dessen H#228;nden greifen, aber der Inder sch#252;ttelte nur den Kopf. »Ist es schlimm?«, fragte Mike. »Nicht sehr«, antwortete Singh mit einem erzwungenen L#228;cheln. »Es sind nur ein paar Schnitte. Ich habe schon Schlimmeres #252;berlebt, Herr.« »Du sollst mich nicht Herr nennen«, sagte Mike - was fast eine Art Zeremoniell zwischen ihnen war. Sie waren schon l#228;ngst nicht mehr Diener und Herr, aber Singh w#252;rde sich wahrscheinlich niemals ganz abgew#246;hnen, sich nicht nur als seinen Freund, sondern auch als Mikes Leibw#228;chter zu sehen, der er einmal gewesen war. »Das war unglaublich tapfer von dir«, sagte Mike. W#228;hrend er sich um Singh gek#252;mmert und mit dem Kater geredet hatte, hatten die anderen damit begonnen, ihre Umgebung zu erkunden. Der Raum, in dem sie sich befanden, war einstmals eines der Magazine des Schiffes gewesen. Jetzt war sein Inhalt nicht einmal mehr zu erraten und bestand nur aus wirren Tr#252;mmern und zerfetztem Metall. Das Wasser stand immer noch knietief hier drinnen und #252;berall ragten scharfkantige Tr#252;mmer und Scherben hervor, so dass sie sich nur mit #228;u#223;erster Vorsicht bewegen konnten und stets Gefahr liefen, sich an einem Tr#252;mmerst#252;ck zu verletzen, das unter der Wasseroberfl#228;che verborgen war. Trautman und Juan machten sich an dem geschlossenen Schott am anderen Ende des Raumes zu schaffen. Die Notfallautomatik hatte s#228;mtliche T#252;ren in diesem Teil des Schiffes verriegelt, als die NAUTI-LUS von dem Torpedo getroffen worden war, um den Wassereinbruch m#246;glichst gering zu halten. Und sie schien noch immer in Kraft zu sein -Trautman und Juan gelang es jedenfalls nicht, die Panzert#252;r zu #246;ffnen. Ein harter Ruck ging durch das Schiff, dem eine zweite, noch heftigere Ersch#252;tterung folgte, die nicht nur Mike, sondern mit Ausnahme Bens auch alle anderen von den F#252;#223;en riss, so dass sie unsanft in dem eiskalten Wasser landeten. Mike schluckte Wasser, kam prustend wieder hoch und sah gerade noch, wie eine gewaltige Woge durch das Loch in der Wand hereinbrach, da wurde er auch schon wieder von den F#252;#223;en gerissen und ein zweites Mal unter Wasser gedr#252;ckt. Als er wieder hochkam, war der Raum von den erschrockenen Schreien und Rufen der anderen erf#252;llt. Singh, Ben, Trautman, Chris und Juan plantschten ebenso wie er hilflos im Wasser, das ihnen jetzt nicht mehr bis an die Waden, sondern bis #252;ber die Knie hinauf reichte und unaufhaltsam weiter anstieg, und der Boden hatte nun eine sp#252;rbare Neigung. »O nein!«, keuchte Mike. »Astaroth! Astaroth, wo bist du?« Ben und Trautman begannen mit den F#228;usten gegen das geschlossene Panzerschott zu h#228;mmern, w#228;hrend sich Mike nach dem Kater umsah. Er schrie sowohl laut als auch in Gedanken nach Astaroth, bekam aber keine Antwort. Nach zwei oder drei Sekunden, in denen das Wasser um mindestens ebenso viele Zentimeter angestiegen war, entdeckte er den Kater auf einem Wandvorsprung in Kopfh#246;he, wo er sich mit gestr#228;ubtem Fell und wild die hereinbrandenden Wellen anfauchend, festgeklammert hatte. »Astaroth!«, schrie Mike. »Tu etwas!« Astaroth war eindeutig in Panik. Wenn Mike jemals eine Katze gesehen hatte, die Astaroth in diesem Moment -und das war nun wirklich seltsam, denn von allen hier war er der einzige, der gar keinen Grund hatte, Angst zu haben. Sie wurden hilflos ertrinken, wenn nicht ein Wunder geschah, aber der Kater war durchaus in der Lage, unter Wasser zu atmen. Trotzdem f#252;hrte er sich auf wie toll! Mike musste hastig nach einem Halt suchen, um nicht schon wieder von den F#252;#223;en gerissen zu werden, schrie aber weiter aus Leibeskr#228;ften: »Astaroth! Tu etwas!« »Das ist mir egal!«, br#252;llte Mike in schierer Todesangst. NAUTILUS sank sehr schnell. In sp#228;testens zehn oder f#252;nfzehn Sekunden w#252;rde der Laderaum bis unter die Decke mit Wasser gef#252;llt sein. Pl#246;tzlich begann das Wasser unmittelbar neben Mike zu brodeln. Ein verschwommener Schatten huschte unter seiner Oberfl#228;che entlang, dann b#228;umte sich ein geschuppter, grauer K#246;rper in einer Explosion aus Wasser und spritzendem wei#223;em Schaum zwischen Trautman und Ben auf, stie#223; die beiden zur Seite und schlug mit unvorstellbarer Kraft gegen die Panzert#252;r. Der dr#246;hnende Schlag schien die gesamte NAUTILUS zu ersch#252;ttern. Das Metall #228;chzte. Es hielt dem Hieb stand, aber zu dem ersten Gesch#246;pf gesellte sich pl#246;tzlich ein zweites, das sich nun ebenfalls mit aller Gewalt gegen das Schott warf, und dieser doppelte Ansturm war zu viel. Die T#252;r aus zehn Zentimeter dickem Stahl wurde einfach aus dem Schloss gerissen, schwang auf und prallte wuchtig gegen die Wand dahinter. Das gestaute Wasser schoss sch#228;umend in den Gang und riss Ben und Trautman, dann auch Chris, Juan und Singh einfach mit sich. Und auch Mike wurde von den F#252;#223;en gefegt und auf die T#252;r zu gezerrt. Doch er hatte weniger Gl#252;ck als die anderen. Aus dem Meer str#246;mte immer noch mehr Wasserherein, als durch die T#252;r abflie#223;en konnte, so dass sich vor der #214;ffnung ein wirbelnder Strudel bildete. Mike geriet hinein und versuchte mit hilflosen Schwimmbewegungen, an die Oberfl#228;che zu gelangen. Da begann sich die T#252;r vor seinen Augen zu schlie#223;en. Mikes Bewegungen wurden kraftloser und gerade, als er glaubte, dass es nun endg#252;ltig vorbei war, da griff eine Hand nach seinem Arm, packte ihn und stie#223; ihn mit einer unglaublich heftigen Bewegung durch die T#252;r. Mike prallte gegen hartes Metall, aber er sah endlich Licht #252;ber sich und der Anblick gab ihm trotz allem noch einmal die Kraft, sich aufzub#228;umen und die Wasseroberfl#228;che zu durchbrechen. Kaum hatte er es getan, da packten ihn zwei, drei H#228;nde und zerrten ihn vollends nach oben. Alles drehte sich um ihn. Irgendwoher nahm er trotzdem die Kraft, die Augen zu #246;ffnen. Die T#252;r war immer noch nicht ganz geschlossen, aber der hereinsprudelnde Wasserstrom hatte deutlich an Kraft verloren. Das Wasser reichte ihnen jetzt nur noch bis zu den Knien und sank rasch weiter und die T#252;r schloss sich jetzt immer schneller. »Astaroth!«, fl#252;sterte er. »Wo ist Astaroth?« Niemand antwortete. Doch eine Sekunde, bevor sich das Panzerschott endg#252;ltig schloss und wieder einrastete, flog ein struppiges, schwarzesB#252;ndel durch die #214;ffnung, segelte fauchend und kreischend an Mike und den anderen vorbei und landete mit einem gewaltigen Platschen im Wasser. Trautman und Ben lie#223;en ihn vorsichtig los. Mike lie#223; sich gegen die Wand sinken. Sein Herz h#228;mmerte noch immer und er hatte M#252;he, klar zu sehen, aber seine Kraft kehrte erstaunlich schnell zur#252;ck. »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Trautman besorgt. Mike nickte. »Ja«, antwortete er m#252;hsam. »Aber das war verdammt knapp.« »Und das ist noch geschmeichelt«, pflichtete ihm Trautman mit d#252;sterem Gesichtsausdruck bei. »Wenn diese M#228;nner nicht gekommen w#228;ren ...« Er sch#252;ttelte verwirrt den Kopf. »Wer waren sie?« Das wusste Mike nicht, ebenso wenig wie Trautman oder die anderen. Alles war viel zu schnell gegangen, um Einzelheiten zu erkennen, aber eines hatte er doch ganz deutlich gesehen -vielleicht f#252;r weniger als eine Sekunde, aber doch so deutlich, dass er den Anblick so schnell nicht mehr vergessen w#252;rde: die Hand, die ihn am Arm gepackt und durch die T#252;r gesto#223;en hatte. Es war nicht die Hand eines Mannes gewesen. Vielleicht nicht einmal die Hand eines Menschen. Sie war sehr gro#223; gewesen und sie hatte f#252;nf Finger gehabt, aber diese Finger waren ihm viel zu lang vorgekommen und da war vor allem eines: Zwischen ihnen befanden sich d#252;nne, halb durchsichtige Schwimmh#228;ute! Das Schiff glitt noch immer in steilem Winkel ins Meer hinab! Wenn es sein Tempo beibehalten hatte, dann mussten sie jetzt bereits drei#223;ig, vierzig Meter tief unter Wasser sein, und das war m#246;glicherweise mehr, als die NAUTILUS in ihrem angeschlagenen Zustand verkraften konnte. »Argos muss komplett den Verstand verloren haben!«, keuchte Trautman. »Will er uns denn alle umbringen? Und sich dazu? Los!« Er st#252;rmte vorw#228;rts und alle anderen folgten ihm, selbst Mike, obwohl er sich immer noch so wackelig auf den Beinen f#252;hlte, dass er sich am liebsten auf dem nackten Boden ausgestreckt h#228;tte, um auf der Stelle einzuschlafen. Sie brauchten nicht mehr als ein paar Minuten, um die Wendeltreppe aus Metall zu erreichen, die zum Salon hinauff#252;hrte, und trotzdem kam es Mike vor, als w#228;ren es Ewigkeiten. Das Schiff zitterte und #228;chzte rings um sie herum. Die Motoren dr#246;hnten, wie er es noch nie geh#246;rt hatte, und manchmal glaubte er, ein unheimliches Knacken und Rumoren zu h#246;ren, das seinen Ursprung irgendwo hinter ihnen hatte. Er wusste, woher dieses Ger#228;usch stammte. Durch das Loch im Heck war Wasser in die NAUTILUS eingedrungen und die inneren W#228;nde des Schiffes waren nicht daf#252;r angelegt, dem Wasserdruck in einer solchen Tiefe standzuhalten. Sie hatten dieses fantastische Tauchboot schon auf eine Tiefe von weit #252;ber viertausend Metern hinuntergebracht, aber da war die Au#223;enh#252;lle intakt gewesen. In ihrem jetzigen Zustand w#252;rde die NAUTILUS nicht einmal ein Zehntel dieses Wasserdruckes aushalten! Trotz seines Alters war Trautman der erste, der in den Salon hineinst#252;rzte. Argos stand hinter den Kontrollinstrumenten des Schiffes, ganz, wie sie es erwartet hatten, aber zu Mikes#220;berraschung war er nicht allein: Serena war bei ihm und hantierte hektisch an Schaltern und Kn#246;pfen. Und die beiden waren so sehr in ihr Tun vertieft, dass sie im ersten Moment nicht einmal bemerkten, wie Trautman und die anderen hereinkamen. »Aufh#246;ren!«, br#252;llte Trautman. »Wollt ihr uns alle umbringen?!« Argos sah mit einem Ruck hoch. F#252;r eine Sekunde erstarrte er und auf seinem Gesicht erschien ein Ausdruck, der zwischen fassungslosem Erstaunen und tiefer Erleichterung schwankte. Er #246;ffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber da war Trautman bereits bei ihm, stie#223; ihn mit einer groben Bewegung zur Seite und bef#246;rderte auch Serena nicht viel sanfter vom Pult weg. Gleichzeitig begannen seine H#228;nde #252;ber die Tasten und Schalter zu fliegen. »Singh!«, befahl er barsch. »Hilf mir!« Der Inder war mit zwei schnellen Schritten neben ihm. Seine H#228;nde bluteten immer noch heftig, aber das schien er gar nicht zu merken. »Volle Kraft zur#252;ck«, befahl Trautman. »Druck auf die vorderen Tanks. Ich versuche, sie auszutrimmen.« Das Maschinenger#228;usch ver#228;nderte sich. Es wurde schriller und gleichzeitig nahm das Zittern und Stampfendes Bodens merklich zu und auch das unheimliche #196;chzen war jetzt viel deutlicher zu h#246;ren als noch vor wenigen Momenten. Mike streckte instinktiv die Arme aus, um sich irgendwo festzuhalten, als sich das Schiff f#252;r einen Moment gef#228;hrlich auf die Seite legte und dabei #228;chzte und st#246;hnte wie ein lebendes Wesen, das Schmerzen litt. Obwohl er dem Kontrollpult nicht einmal nahe war, konnte er sehen, dass gleich Dutzende von roten Warnl#228;mpchen darauf zu flackern begonnen hatten. »Mehr Pressluft in die Tanks!«, befahl Trautman. »Alles, was du hast!« Seine H#228;nde h#228;mmerten immer ner v#246;ser auf den Instrumenten herum. Das Schiff sch#252;ttelte sich und bockte wie ein durchgehendes Wildpferd, das sich gegen die Z#252;gel stemmt, und irgendwo weit hinter ihnen zerbrach etwas mit einem schmetternden Knall. Nur einen Sekundenbruchteil sp#228;ter konnten Mike und die anderen das Ger#228;usch h#246;ren, das Seefahrer in aller Welt wie nichts sonst f#252;rchteten: das sprudelnde Rauschen von Wasser, das unter enormem Druck hereinstr#246;mte. »Das Sicherheitsschott ist gebrochen«, sagte Singh mit #252;berraschender Ruhe. Trautman nickte, bet#228;tigte rasch hintereinander zwei-, drei weitere Schalter und ein schwerer, metallener Gongschlag hallte durch das Schiff und schnitt das Ger#228;usch hereinstr#246;menden Wassers ab. »Das wird f#252;r den Moment halten«, sagte er, »aber ich wei#223; nicht, wie lange.« Niemand wagte es, auch nur einen Finger zu r#252;hren, w#228;hrend die beiden ungleichen M#228;nner verzweifelt mit den Kontrollinstrumenten der NAUTILUS k#228;mpften. Das Schiff zitterte immer noch, legte sich auf die eine Seite, rollte schwerf#228;llig auf die andere und dann wieder zur#252;ck. »Ich bekomme das Schiff nicht hoch!«, sagte Trautman. »Verdammt!« »Sinken wir?«, erkundigtesich Chris. Trautman sch#252;ttelte den Kopf. »Nein«, erwiderte er. »Wir halten unsere Position. Aber ich kann nicht aufsteigen. Wir haben Wasser im Schiff. Wir sind zu schwer.« Mit einer Bewegung, die halb w#252;tend, halb resigniert wirkte, legte er einige weitere Schalter um, sch#252;ttelte den Kopf und wandte sich dann an Argos: »Sind Sie zufrieden?«, fragte er. Argos hob in einer hilflos wirkenden Geste die H#228;nde. »Aber ... aber ich wollte doch nur -« »- herausfinden, was dieses Schiff aush#228;lt, bevor es auseinanderbricht?« Trautman schnitt ihm mit einer #228;rgerlichen Geste das Wort ab. »Das haben Sie geschafft. MeinenGl#252;ckwunsch!« »Sie verstehen nicht«, begann Argos, wurde aber schon wieder von Trautman unterbrochen: »Ich verstehe, dass Sie uns die ganze Zeit belogen haben! Sie wollten dieses Schiff! Wozu? Um es an die Amerikaner zu verkaufen? Die Deutschen? Die Engl#228;nder?« »Aber er hat es doch nur f#252;r euch getan«, sagte Serena. Trautman fuhr zu ihr herum. »Was?« »Ihr wart alle in einer furchtbaren Gefahr!«, sagte Serena. »Wir Und endlich begriff Mike. »Nat#252;rlich!«, rief er. »Die Torpedorohre!« Alle blickten ihn verwirrt an, selbst Trautman, der von der Technik der NAUTILUS mit Abstand am meisten verstand. »Begreift ihr denn nicht?«, fragte Mike aufgeregt. »Die Torpedorohre! Sie arbeiten mit Wasserdruck, oder? Und wo kommt dieses Wasser her?« »Aus dem Meer«, antwortete Trautman. »Es wird durch eine Rohrleitung vom Heck her ...« Er stockte. Seine Augen weiteten sich und auf seinem Gesicht erschien ein Ausdruck von Verbl#252;ffung, dann schlug er sich mit der flachen Hand vor die Stirn, dass es klatschte. »Nat#252;rlich«, sagte er. »Wieso bin ich nicht von selbst darauf gekommen?« Aufgeregt wandte er sich an Singh. »Wir m#252;ssen nur ein paar Ventile umklemmen und wir k#246;nnen das Wasser direkt aus den Balasttanks hinauspressen.« »Das ist nicht besonders viel«, gab Singh zu bedenken, aber Trautman lie#223; seinen Einwand nicht gelten. »Ein paar tausend Liter, ich wei#223;«, sagte er hastig. »Aber ein paar tausend Liter Wasser sind ein paar Tonnen Gewicht. Vielleicht genau das, was wir zu viel haben. Versuchen wir es!« Singh wollte unverz#252;glich aus dem Raum eilen, aber Argos machte eine erschrockene Handbewegung und sagte: »Nein! Das geht nicht!« »Wieso?«, fragte Trautman misstrauisch. Argos deutete zur Decke. »Wie tief sind wir?« »Vierzig Meter«, antwortete Trautman, sah rasch auf die Instrumente und verbesserte sich mit d#252;sterem Gesichtsausdruck: »Jetzt schon fast f#252;nfundvierzig.« »Wenn Sie die Torpedorohre abfeuern, wird der Wasserdruck eine deutlich sichtbare Flutwelle #252;ber uns erzeugen«, sagte Argos. Er trat an Trautman vorbei, streckte die Hand aus und schaltete das Ger#228;t ein, mit dem sie ihre Umgebung beobachten konnten. Auf dem kleinen Bildschirm war die Wasseroberfl#228;che zu sehen, ein kleiner Teil der Insel und ein riesiger, schwarzer Frachter ohne erkennbaren Namen oder Nationalit#228;tskennzeichen. »Sie w#252;rden es sehen«, sagte Argos. Niemand antwortete. Es wurde still und es war ein erschrockenes Schweigen, das sich im verw#252;steten Salon des Schiffes ausbreitete. Das Bild war nicht besonders scharf und zitterte dazu noch ununterbrochen, aber es fiel keinem von ihnen schwer, das Schiff zu identifizieren, das darauf zu sehen war. Es war das SCHWARZE SCHIFF, dem sie schon einmal begegnet waren. Der unheimliche Frachter, dessen noch unheimlichere Besatzung Argos und ihnen schon einmal nach dem Leben getrachtet hatte und dem sie letztendlich die Katastrophe mit der NAUTILUS zu verdanken hatten! »Das ist nicht m#246;glich«, fl#252;sterte Ben ungl#228;ubig. Aus aufgerissenen Augen blickte er das Schiff und dann Argos an. »Aber Sie haben gesagt, sie w#228;ren fort! Und sie w#252;rden auch nicht wiederkommen!« »Das dachte ich auch«, antwortete Argos. »Ich habe wirklich geglaubt, dass es so ist. Aber ich habe mich get#228;uscht. Erkl#228;rungen anzuh#246;ren.« Er wandte sich mit einer entsprechenden Handbewegung an Singh: »Singh -geh in den Torpedoraum und klemm die Ventile um. Ben kann dir helfen.« »Nein!«, protestierte Argos. »Dann werden sie uns entdecken!« Trautman beachtete ihn nicht, sondern machte erneut eine Handbewegung, und Singh und Ben z#246;gerten nun nicht mehr l#228;nger, sondern verlie#223;en eilig den Salon. Erst dann drehte sich Trautman zu Argos herum und sagte: »Das ist gut m#246;glich. Vielleicht sogar wahrscheinlich. M#246;glicherweise werden sie versuchen, uns zu kapern. Aber wenn wir hier bleiben, sind wir in zehn Minuten tot.« Argos widersprach nicht mehr, sondern starrte schweigend auf das unscharfe, zitternde Abbild des schwarzen Schiffes auf dem kleinen Bildschirm. Doch der Ausdruck, der dabei auf seinem Gesicht lag, jagte Mike einen eisigen Schauer #252;ber den R#252;cken. Mit gro#223;er Sicherheit hatte Trautman Recht: Wenn es ihnen nicht gelang, die NAUTILUS innerhalb der n#228;chsten zehn oder f#252;nfzehn Minuten an die Oberfl#228;che zu bringen, dann w#252;rden sie alle sterben. Doch wenn er den Ausdruck auf Argos' Z#252;gen richtig deutete, dann war das vielleicht nicht einmal das Schlimmste, was ihnen passieren konnte. Ein bedr#252;cktes Schweigen breitete sich im Salon des Schiffes aus, w#228;hrend sie darauf warteten, dass sich Singh und Ben aus dem vorderen Torpedoraum meldeten und Trautman das Zeichen gaben, mit seinem verzweifelten Rettungsplan zu beginnen. Dabei erging es allen #252;brigen mit Sicherheit nicht anders als Mike. Er war nicht nur noch immer schockiert #252;ber Argos' Verhalten, sondern auch ziemlich verwirrt. Er hatte den angeblichen Atlanter niemals so hundertprozentig als Verb#252;ndeten akzeptiert, wie es die anderen offensichtlich getan hatten, ihn aber trotzdem nicht f#252;r ihren »Gut«, sagte Trautman grimmig. »Dann riskieren wir es. Torpedorohre fluten!«»#220;berlegen Sie es sich noch einmal«, sagte Argos nerv#246;s. »Die Ersch#252;tterung k#246;nnte die NAUTILUS in St#252;cke rei#223;en!« »Ich wei#223;«, antwortete Trautman. »Aber wenn wir nichts tun, dann zerbricht sie in ein paar Minuten sowieso. Wir -« Wieder traf irgendetwas den Rumpf der NAUTILUS und lie#223; sie beben. Diesmal war es jedoch nicht der Wasserdruck, unter dem das Schiff #228;chzte - Mike hatte das unheimliche Gef#252;hl, dass irgendetwas das Schiff Auch Mike sah voller Unglauben auf den Tiefenmesser. Argos hatte Recht. Als er das letzte Mal darauf gesehen hatte, waren sie etwas #252;ber hundert Meter tief gewesen. Jetzt ber#252;hrte die Nadel die Achtzig und stieg ganz langsam, aber sichtbar, weiter nach oben. »Wie kann das ...«, murmelte Trautman, brach dann mitten im Satz ab und legte mit einer entschlossenen Bewegung zwei kleine Schalter auf dem Pult um. Ein Summen erscholl und die gro#223;e Irisblende vor dem Aussichtsfenster des Salons begann auseinander zu gleiten. Dahinter war nur die Schw#228;rze der Tiefsee zu erkennen. Trautman bet#228;tigte einen weiteren Schalter, worauf rechts und links des Fensters zwei starke Scheinwerfer aufflammten, die zwei grelle Lichtbahnen in die Dunkelheit warfen. Plankton und winzige Fische schimmerten darin, bevor sie sich irgendwo in hundert oder auch mehr Metern Entfernung in der Dunkelheit verloren. Aber sie konnten nun tats#228;chlich sehen, dass die NAUTILUS wieder stieg. Ganz langsam, aber deutlich. »Was ist das?«, fl#252;sterte Serena. Niemand antwortete, aber Trautman warf Argos einen fragenden Blick zu. »Ihre Freunde?«, fragte er. Argos fuhr sich nerv#246;s mit der Hand #252;ber das Kinn und deutete ein Kopfsch#252;tteln an. »Nein«, sagte er. »So m#228;chtig sind nicht einmal sie.« Bevor er weitersprechen konnte, schimmerte etwas hell im Licht der Scheinwerfer. Im ersten Moment konnte keiner von ihnen erkennen, was es war, dann identifizierten sie eine muschel#252;berzogene, nahezu senkrecht aufstrebende Felswand, auf die die NAUTILUS langsam zuglitt. Mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit, Staunen und banger Erwartung verfolgten sie, wie die unheimliche Kraft das Tauchboot weiter auf das Riff zu und gleichzeitig daran entlang in die H#246;he hob, bis vor ihnen ein nahezu ebenes, gewaltiges Unterwasserplateau schimmerte. Mike sah fl#252;chtig auf den Tiefenmesser. Sie befanden sich noch drei#223;ig Meter unter der Meeresoberfl#228;che. Dies musste das unter Wasser liegende Fundament der Insel sein, die ja letzten Endes nichts als ein Berg war, dessen Spitze aus dem Ozean herausragte. Er war nicht #252;berrascht, als das Schiff wieder zu sinken begann und nach wenigen Augenblicken fast sanft auf dem Meeresgrund aufsetzte. Mike regulierte mit der linken Hand die Sauerstoffzufuhr seines Anzuges neu und versuchte zugleich, mit der rechten den Scheinwerfer ruhig genug zu halten, damit Singh arbeiten konnte. Der winzige Lichtkreis und das in regelm#228;#223;igen Abst#228;nden aufflackernde blaue Glei#223;en des Unterwasser-Schwei#223;ger#228;tes waren die einzige Helligkeit, die die endlose Nacht hier unten durchbrachen. Obwohl sie sich nur vierzig Meter unter der Meeresoberfl#228;che befanden, drang nicht der kleinste Lichtschimmer zu ihnen herab. Oben, im trockenen Teil der Welt, musste bereits wieder Nacht herrschen. Vielleicht stand auch schon wieder der n#228;chste Morgen bevor. Mike wusste es nicht. Er hatte jedes Zeitgef#252;hl verloren und war so ersch#246;pft und m#252;de wie selten zuvor. »Noch f#252;nf Minuten«, drang Singhs Stimme aus den Lautsprechern, die in seinen Helm eingebaut waren. »Was ist dann?«, erwiderte Mike m#252;de. »Sind wir dann fertig?« Singh lachte, leise und nicht sonderlich begeistert. »Sch#246;n war's«, sagte er. »Nein - mein Sauerstoffvorrat geht allm#228;hlich zu Ende. Und ich glaube, das Schwei#223;ger#228;t ist auch bald leer.« Er seufzte. »Es dauert mindestens noch einen Tag, dieses Leck zu reparieren.« Mikes Meinung nach war allein die Idee, ein scheunentorgro#223;es Leck in einem Unterseeboot vierzig Meter unter Wasser schwei#223;en zu wollen, tollk#252;hn. Trotzdem hatten sie sich nach kurzer Beratung an die Arbeit ge macht. Tollk#252;hn oder nicht - sie hatten gar keine andere Wahl. Er war so sehr in seine Gedanken versunken gewesen, dass der Strahl seines Scheinwerfers die Stelle, an der Singh arbeitete, loslie#223; und in kleinen Zickzackbewegungen #252;ber den Rumpf der NAUTILUS zu wandern begann. Singh machte eine entsprechende Bemerkung und Mike fuhr so erschrocken zusammen, dass die Lampe seinen Fingern entglitt und langsam und sich dabei immer wieder #252;berschlagend zu Boden zu fallen begann. Mike b#252;ckte sich hastig danach, verlor selbst das Gleichgewicht und fiel in dem schweren Taucheranzug auf die Seite. Das war nur ein kleines Missgeschick und in keiner Weise gef#228;hrlich; die Unterwasseranz#252;ge waren so konstruiert, dass sie ihren Tr#228;ger vor fast allen denkbaren Gef#228;hrdungen sch#252;tzten, aber es war #228;rgerlich. Der Meeresboden war knietief mit einer staubfeinen Sandschicht bedeckt, die hoch aufwirbelte, als Mike fiel, und ihm f#252;r einen Moment vollkommen die Sicht nahm. W#252;tend auf sich selbst rappelte er sich hoch, schwenkte den Scheinwerfer im Kreis und sah ein, dass er gar keine andere Wahl hatte, als abzuwarten, bis sich der Sand von selbst wieder senkte. Ein silberner Schemen tauchte f#252;r den Bruchteil einer Sekunde im Licht des Scheinwerfers auf und versank wieder. Mike versuchte ihm mit dem Lichtstrahl zu folgen, sah jedoch nichts als wirbelnden Sand. Aber nur einen Moment sp#228;ter sah er den Schemen erneut und obwohl er auch diesmal nur f#252;r eine Sekunde im Licht der Scheinwerfer aufblitzte, erkannte er doch jetzt genau, worum es sich handelte. Es war ein Hai! Und es war keineswegs der einzige. Mike lie#223; den Scheinwerferstrahl langsam kreisen und er sah einen zweiten und dritten und vierten Hai, die mit gem#228;chlichen, fast majest#228;tisch anmutenden Bewegungen durch das Wasser schnitten. »Singh!«, sagte Mike. »Ich sehe sie«, antwortete Singh. »Beweg dich nicht! Ich komme zu dir.« Mikes Herz begann zu klopfen. Der Taucheranzug bot ihm wahrscheinlich auch Sicherheit gegen einen Haiangriff, aber er hatte trotzdem Angst. Sie schienen ihn zu umkreisen und Mike wusste, dass Haie das oft taten, kurz bevor sie angriffen. Eine riesenhaft anmutende Gestalt stampfte durch den aufwirbelnden Sand auf ihn zu. Es war Singh, der in seinem klobigen Taucheranzug aussah wie ein mittelalterlicher Ritter, der sich um Jahrhunderte geirrt hatte. Auch er hatte einen Scheinwerfer eingeschaltet, den er hin und her schwenkte, und trug das Schwei#223;ger#228;t wie eine Waffe in der rechten Hand. Mike wusste nat#252;rlich, dass ihm das rein gar nichts nutzen w#252;rde, sollten die Haifische sie wirklich angreifen. Aber es war seltsam: Irgendwie sp#252;rte er, dass die Tiere das nicht tun w#252;rden. »Zur Schleuse!«, sagte Singh und leuchtete mit seinem Scheinwerfer in die entsprechende Richtung. Zwei, drei Haifische huschten mit eleganten Bewegungen aus dem Licht heraus. »Aber vorsichtig«, fuhr der Inder fort. »Mach keine hastigen Bewegungen, sonst greifen sie vielleicht an.« Mike h#228;tte sich vermutlich nicht einmal dann schnell bewegen k#246;nnen, wenn er es gewollt h#228;tte. Der Taucheranzug war zu schwer dazu und er sank bei jedem Schritt bis an die Knie in den weichen Sand ein. Langsam bewegte er sich neben Singh an der Flanke der NAUTILUS entlang, bis sie die Tauchkammer erreichten. W#228;hrend sie darauf warteten, dass die Schleuse voll Wasser lief, so dass sie die #228;u#223;ere T#252;r #246;ffnen konnten, lie#223;en sie beide ihre Scheinwerferstrahlen in langsamen, gegeneinander gerichteten Kreisen durch das Wasser gleiten. Der Anblick war erschreckend und faszinierend zu gleich: Es mussten Dutzende von Haien sein, die sie umgaben. Haie der unterschiedlichsten Gattung und Gr#246;#223;e. Sie schwammen scheinbar ziellos hierhin und dorthin, bewegten sich manchmal auf sie zu, manchmal von ihnen fort, kreisten und schienen fast so etwas wie einen bizarren Tanz aufzuf#252;hren. Keines der Tiere kam ihnen jemals n#228;her als vier oder f#252;nf Meter und doch schienen sie sich auch nie sehr weit von ihnen zu entfernen. »Was bedeutet das?«, murmelte Mike. »Ich wei#223; es nicht, Herr«, antwortete Singh, der im Moment der Gefahr wieder in seine alten Gewohnheiten zur#252;ckfiel. »Aber es gef#228;llt mir nicht.« Hinter ihnen #246;ffnete sich nahezu lautlos die #228;u#223;ere Schleusent#252;r. Normalerweise betraten sie die Tauchkammer einzeln, denn sie war so klein, dass sie kaum genug Platz f#252;r einen bot. Jetzt aber quetschten sie sich gemeinsam hinein. Keiner von ihnen wollte l#228;nger als unbedingt n#246;tig in der Gesellschaft der Haifische zubringen. Trautman und Ben erwarteten sie, als sich die #228;u#223;ere T#252;r geschlossen hatte und der Wasserspiegel so weit gesunken war, dass sie das innere Schleusenschott #246;ffnen konnten. Die beiden halfen erst Singh, dann Mike aus dem Taucheranzug zu steigen; eine Aufgabe, die allein kaum zu bew#228;ltigen war. Trautman hatte bereits frische Sauerstoffflaschen bereitgestellt und wollte unverz#252;glich in Singhs Anzug steigen. Ben und er hatten wohl vor, die n#228;chste Schicht zu #252;bernehmen. Obwohl sie ebenso m#252;de und ersch#246;pft aussahen, wie Mike sich f#252;hlte, wusste er doch, dass Trautman sich keine Ruhepause g#246;nnen w#252;rde, bevor die Reparaturarbeiten nicht abgeschlossen und die gr#246;#223;te Gefahr somit gebannt war. Singh sch#252;ttelte jedoch den Kopf und machte eine abwehrende Bewegung mit beiden H#228;nden. »Ihr solltet da jetzt nicht rausgehen«, sagte er. »Wir haben Gesellschaft. Haifische! Hunderte!« Das war zwar #252;bertrieben, aber Mike best#228;tigte die Behauptung trotzdem mit einem Nicken. Der Inder und er erz#228;hlten abwechselnd und mit knappen Worten, was sie beobachtet hatten. Trautmans Gesicht nahm dabei einen immer besorgteren Ausdruck an, aber er sagte nichts, sondern legte schlie#223;lich den Taucherhelm aus der Hand und seufzte: »Also gut. Machen wir eine Pause. Vielleicht tut sie uns allen ja ganz gut.« »Das ist wirklich unheimlich«, sagte Ben, w#228;hrend sie sich umwandten und wieder in Richtung Salon gingen. Ein helles, rhythmisches H#228;mmern und Klingen drang an ihr Ohr. Juan, Chris und m#246;glicherweise auch Argos waren nicht unt#228;tig. Trautman hatte zur Sicherheit darauf bestanden, auch das innere Schott, das die gefluteten Bereiche abriegelte, verst#228;rken zu lassen. »Was glaubst du, wie ich mich erst gef#252;hlt habe?«, sagte Mike. Ben nickte und sagte: »Ich war vorhin im Salon, wei#223;t du? Und ich habe ein paar Funkspr#252;che aufgefangen.« »Und?« »Ich habe mir nichts dabei gedacht«, antwortete Ben. »Aber jetzt...« Er zuckte mit den Schultern. »So tief, wie wir sind, konnte ich nur ein paar sehr starke Signale empfangen. Es waren einige Warnungen vor Haien dabei.« Mike blieb #252;berrascht stehen und sah den jungen Engl#228;nder an. »Warnungen vor Haien?« »Ja, aus der Gegend hier«, antwortete Ben. »Vielleicht im Umkreis von zwei-, dreihundert Meilen. Es sind sehr viele Haifische gesehen worden. Anscheinend haben sie bisher noch niemanden angegriffen, aber nat#252;rlich sind die Leute beunruhigt, dass sie pl#246;tzlich in solchen Massen auftauchen.« Das konnte Mike durchaus verstehen. Auch er hatte sich dort drau#223;en alles andere als wohl gef#252;hlt. Und trotzdem erging es ihm noch immer genau so wie gerade: Der Anblick dieser gewaltigen Haiarmee hatte ihn erschreckt, verwirrt und beunruhigt - aber irgendetwas sagte ihm trotzdem, dass diese Tiere keine Gefahr darstellten, jedenfalls nicht im Moment und nicht f#252;r ihn. Erbehielt seine #220;berlegungen f#252;r sich, nahm sich aber fest vor, sie zur Sprache zu bringen, sobald sie alle zusammen waren. Er war sicher, dass das pl#246;tzliche Auftauchen so vieler Haifische in ihrer N#228;he kein Zufall war. Als sie im Salon ankamen, trafen sie Argos und Serena. Der Atlanter war dabei, mit einem L#246;tkolben an einem halb auseinandergenommenen Ger#228;t zu hantieren, wobei er sich allerdings so ungeschickt anstellte, dass Ben h#246;rbar seufzte und den Kopf sch#252;ttelte. Serena stand hinter ihm und sah ihm zu. Sie hatte die linke Hand auf die Stuhllehne gest#252;tzt und die rechte in einer vertrauten Geste auf Argos' Schulter gelegt; ein Anblick, der Mikes Eifersucht j#228;h wieder neue Nahrung gab. Und als w#228;re das alles noch nicht genug, sa#223; Astaroth zwischen Argos' F#252;#223;en, leckte sich gem#228;chlich die Pfoten und schnurrte dabei wie ein kleiner Elektromotor. um sie aufzuladen. Nun aber wich die Dunkelheit rings um die NAUTILUSschlagartig glei#223;endemLicht. »Gro#223;er Gott!«, st#246;hnte Ben. Mike begriff, dass Singh keineswegs #252;bertrieben hatte. Es Das verwirrte Mike noch mehr. Astaroth hatte sich in den letzten Tagen schon seltsam benommen, aber so geheimnisvoll wie jetzt hatte er noch nie getan. Dazu kam sein merkw#252;rdiges Verhalten: Er sa#223; noch immer zwischen Mikes F#252;#223;en und leckte sich das nasse Fell. H#228;tte er es nicht besser gewusst, so h#228;tte selbst Mike in diesem Moment Stein und Bein geschworen, dass Astaroth nichts anderes war als ein vielleicht etwas zu gro#223; geratener, aber durch und durch normaler schwarzer Kater. Zu seiner#220;berraschung sagte Trautman pl#246;tzlich: »Vielleicht hat er ja Recht, Mike. Wir sind alle ein bisschen nerv#246;s. Nach dem, was passiert ist, ist das ja auch kein Wunder. Vielleicht hat es mit diesen Haifischen wirklich nichts auf sich.« »Sie meinen, es ist ganz normal, dass sie pl#246;tzlich zu Hunderten hier auftauchen?«, fragte Mike sp#246;ttisch. Trautman sch#252;ttelte den Kopf. »Nat#252;rlich nicht. Aber es muss nicht unbedingt etwas mit uns zu tun haben.« »So wenig wie die geheimnisvollen Fremden, die uns gestern gerettet haben?«, fragte Mike. Trautman sah ihn stirnrunzelnd an. »Wovon redest du?« Im ersten Moment war Mike so verbl#252;fft, dass er nicht antworten konnte. Der fragende Ausdruck auf Trautmans Gesicht war echt. Er drehte sich zu Chris herum und stellte fest, dass auch dieser ihn nur verwirrt ansah, und dasselbe galt f#252;r alle anderen ebenso. »Ich rede von gestern«, sagte er. »Als wir beinahe ertrunken w#228;ren. Das k#246;nnt ihr doch nicht vergessen haben!« »Nat#252;rlich nicht«, sagte Trautman mit einem finsteren Blick in Argos' Richtung. »Und wir werden zu gegebener Zeit auch noch einmal eingehend dar#252;ber reden.« »Ich meine die, die die T#252;r ge#246;ffnet haben«, sagte Mike. »Ge#246;ffnet?« »Aber Sie ... Sie m#252;ssen sie doch gesehen haben!«, murmelte Mike. »Er ist doch genau zwischen Ihnen und Ben aufgetaucht und -« Er sprach nicht weiter, als er in Trautmans Gesicht sah. Trautman erinnerte sich nicht. So unglaublich es schien: Weder er noch einer der anderen schien vom pl#246;tzlichen Auftauchen der unheimlichen Wesen irgendetwas mitbekommen zu haben. Mike war nunmehr vollends durcheinander. Wenn es jemanden an Bord des Schiffes gab, dem er immer und vorbehaltlos vertraut und geglaubt hatte, dann war es Astaroth. Nun aber zweifelte er pl#246;tzlich an der Urteilskraft des Katers, ja, er ertappte sich f#252;r einen Moment sogar dabei, sich zu fragen, ob Astaroth ihn vielleicht ganz bewusst belog. Nat#252;rlich beantwortete er seine Frage im selben Moment auch selbst mit einem klaren Nein. Mike blickte fassungslos auf den Kater hinab. Astaroth tat immer noch so, als w#228;re er ganz damit besch#228;ftigt, sich das Fell trocken zu lecken. Offensichtlich wollte er nicht, dass die anderen irgendetwas von ihrem lautlosen Gespr#228;ch merkten. Und so schwer es Mike fiel, er beschlo#223;, sein Spiel -wenigstens f#252;r den Moment noch mitzuspielen. Aber wenn Astaroth nicht ein paar verdammt gute Argumente h#228;tte, dann w#252;rde er Argos noch heute Abend zur Rede stellen. Das nahm er sich fest vor. Niemand hatte Einw#228;nde erhoben, als Trautman nach einer Weile vorschlug, die Reparaturarbeiten f#252;r einige Stunden zu unterbrechen, so dass sie sich alle wenigstens etwas von dem dringend ben#246;tigtenSchlaf g#246;nnen konnten. Zur#252;ck in seiner Kabine erlebte Mike jedoch eine unangenehme #220;berraschung: Das eingedrungene Wasser hatte auch seine Kabine nicht verschont. Es stand zwei oder drei Zentimeter hoch auf dem Boden und die Feuchtigkeit, die zwei Wochen lang Zeit gehabt hatte, alles zu durchdringen, hatte ihre Arbeit wirklich gr#252;ndlich getan. Seine Matratze und sein Bettzeug waren klamm und rochen muffig, so dass er es erst einmal wechseln musste. W#228;hrend er damit besch#228;ftigt war, kratzte es an der T#252;r. Mike #246;ffnete und Astaroth huschte zu ihm herein. Der Kater sah sich maunzend um. Er sprang schlie#223;lich auf das abgezogene Bett hinauf und rollte sich schnurrend zusammen. »Das wurde aber auch Zeit«, sagte Mike. Astaroth blickte ihn kurz an und senkte dann wieder den Kopf auf die Pfoten. Er antwortete nicht. Mike sah ihn eine ganze Weile geduldig an und wartete darauf, dass der Kater von sich aus das Gespr#228;ch er#246;ffnete, aber Astaroth tat es nicht. »Also, was soll das eigentlich?«, fragte Mike schlie#223;lich. Seine Stimme - er sprach laut -verriet mehr von seiner Ver#228;rgerung, als ihm selbst bewusst war. Astaroths Ohren zuckten und wandten sich in seine Richtung, aber der Kater sah ihn nicht an. »Wenn du nur gekommen bist, um dein albernes Spielchen fortzusetzen, kannst du auch genauso gut wieder gehen«, sagte Mike. Endlich reagierte Astaroth, wenn auch nicht #228;u#223;erlich. lich eine Erkl#228;rung. Wer sind diese seltsamen Wesen? Was suchen sie hier und wieso durfte ich keinem anderem etwas davon sagen? Und wieso erinnern sich Trautman und die anderen nicht an sie?« Mike legte fragend den Kopf auf die Seite. »Ist das deine Methode, mir schonend beizubringen, dass ich spinne?«, wollte er wissen. »Aha«, sagte Mike. »Was sind das f#252;r Wesen?«, fragte Mike. Mikes Meinung nach war es schon immer eine nahezu todsichere Methode gewesen, jemanden in Panik zu versetzen, indem man ihm nur nachdr#252;cklich genug versicherte, dass er keinen Grund hatte, Angst zu haben. Au#223;erdem verwirrte und beunruhigte ihn Astaroths seltsames Benehmen immer mehr. Der Kater unterhielt sich mit ihm, er beantwortete seine Fragen, aber Mike hatte das Gef#252;hl, dass er genauso gut mit seinem Schrank reden konnte oder mit der T#252;r. »Was ist nur los mit dir?«, fragte er. »Warum benimmst du dich so komisch?« »Vielen Dank f#252;r diese pr#228;zise Auskunft«, murmelte Mike. »Es hat etwas mit Argos zu tun, richtig? Sie sind seinetwegen hier. Sind sie hinter ihm her?« »Ich dachte, wir w#228;ren Freunde«, sagte Mike vorwurfsvoll. »Ich frage mich ja nur, auf wessen Seite du stehst.« Das »Und jetzt will er es wiederhaben«, vermutete Mike. »Warum ist er dann hier?« Irgendetwas stimmte hier nicht. Astaroth war schon f#252;r so manche #220;berraschung gut gewesen, aber dass er im Schlaf redete und dass er auf Fragen antwortete, das konnte Mike nun doch nicht glauben. Er machte einen halben Schritt auf den Kater zu, blieb wieder stehen und sagte: »Und was hat es mit all diesen Haifischen auf sich? Es ist doch bestimmt kein Zufall, dass sie ausgerechnet jetzt in unserer N#228;he auftauchen?« Mike h#246;rte jedoch gar nicht mehr zu. W#228;hrend Astaroth antwortete, hatte er sich auf Zehenspitzen der T#252;r gen#228;hert und jetzt riss er sie auf, st#252;rmte auf den Gang hinaus und w#228;re um ein Haar gegen Argos geprallt, der hoch aufgerichtet und reglos unmittelbar vor der T#252;r stand. Das Gesicht des Atlanters war starr. Seine Augen waren ge#246;ffnet, aber Mike war sicher, dass er ihn im ersten Moment gar nicht zur Kenntnis nahm. Er schien konzentriert einen Punkt irgendwo im Nichts anzustarren und auch seine ganze Haltung war verspannt. Es dauerte nur eine halbe Sekunde. Als er Mikes Schritte h#246;rte, erwachte er aus seiner seltsamen Trance, blinzelte und zauberte dann ein beinahe #252;berzeugend wirkendes L#228;cheln auf sein Gesicht. »Hallo, Mike«, sagte er. »Ich wollte gerade zu dir kommen, um -« »So ist das also«, sagte Mike. Pl#246;tzlich war ihm alles klar. Von einer Sekunde auf die andere ergab Astaroths seltsames Verhalten einen Sinn, auch wenn er so schrecklich war, dass er sich im ersten Moment weigerte, es zu glauben. »Aber Sie waren doch schon bei mir«, sagte er. Argos legte perfekt gespielt die Stirn in Falten. »Wie meinst du das?« »Versuchen Sie nicht, mich f#252;r dumm zu verkaufen«, erwiderte Mike scharf. Er machte eine Geste #252;ber die Schulter zur#252;ck. »Dort drinnen. Das war nicht Astaroth, der mit mir gesprochen hat, nicht wahr? Das waren Sie!« »Ich? Aber wie kommst du denn darauf?« »H#246;ren Sie auf!«, sagte Mike w#252;tend. »Wie lange geht das schon so? Erst seit heute oder habe ich schon seit zwei Wochen mit Ihnen gesprochen, wenn ich dachte, ich rede mit Astaroth? Und was haben Sie mit ihm gemacht?!« Argos spielte weiter den Unwissenden, aber es wirkte jetzt nicht mehr #252;berzeugend. Bevor er jedoch antworten konnte, ging die T#252;r einer der anderen Kabinen auf und ein ziemlich verschlafener Trautman streckte den Kopf heraus. »Was ist denn hier los?«, murmelte er. »Mike?« Er kam ganz auf den Flur heraus, schien erst in diesem Moment zu bemerken, dass Mike nicht allein war, und blickte stirnrunzelnd von Argos zu ihm und wieder zur#252;ck. »Was geht hier vor?« »Mike und ich hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit«, sagte Argos l#228;chelnd. »Aber ich glaube, sie ist beigelegt.« »Wissen Sie, was er getan hat?«, fragte Mike erregt. Er deutete anklagend auf den Atlanter. »Er hat Astaroth beeinflusst. Undeuchalle auch.« meinst du damit: Er hat Astaroth beeinflusst und uns andere auch?« »Aber versteht ihr es denn nicht?«, fragte Mike erregt. »Er hat uns die ganze Zeit manipuliert!« »Aber warum sollte ich so etwas tun?«, fragte Argos laut. »Das wei#223; ich nicht«, erwiderte Mike zornig. Mit erho bener Stimme und an die anderen gewandt fuhr er fort:»#220;berlegt doch einmal selbst! Wir wissen #252;berhaupt nichts #252;ber diesen Mann. Wir kennen seinen Namen und wir wissen, dass er von sich behauptet, Serenas Vater zu sein. Er hat uns gesagt, er stamme aus Atlantis und er w#228;re der K#246;nig diesesVolkes. #220;berlegt doch mal! Wir sind jetzt seit zwei Wochen zusammen, aber au#223;er seinem Namen und zwei oder drei Brocken, die er uns hingeworfen hat, wissen wir gar nichts von ihm. Er hat nichts erz#228;hlt! Weder von sich noch von seinem Leben in Atlantis, noch, wo er all die Jahre #252;ber gewesen ist und wieso er ausgerechnet hier und jetzt wieder auftaucht.« »Stimmt doch gar nicht«, protestierte Serena. »Du bist nur eifers#252;chtig, das ist alles. Wir haben jeden Tag stundenlang miteinander gesprochen. Das solltest du doch am besten wissen!« »Ja - Argos #252;berging die Frage. »Es gibt in der Tat einige Dinge, die ich euch verschwiegen habe«, sagte er. »Aber das habe ich nicht getan, um euch zu hintergehen.« »Warum sonst?«, fragte Trautman. »Um Sie und die anderen nicht in Gefahr zu bringen«, sagte Argos. »Ich f#252;rchte, ich habe es vielleicht gerade dadurch getan, dass ich Sie im Ungewissen gelassen habe, und es tut mir sehr Leid. Aber ich dachte, ich k#246;nnte ...« Er suchte nach Worten, zuckte mit den Schultern. »... mein Problem l#246;sen, ohne Sie und Ihre Freunde noch tiefer mit in die Geschichte hineinzuziehen.« »Ich sch#228;tze, sehr viel tiefer geht es nicht«, sagte Trautman #252;bellaunig. »Wenn wir in Gefahr sind, dann w#252;sste ich gerne, warum und vor wem wir uns f#252;rchten m#252;ssen.« »Die M#228;nner von dem schwarzen Schiff«, antwortete Argos. »Sie verfolgen mich seit Jahren. Nachdem ich auf der Insel gestrandet war, dachte ich, sie h#228;tten meine Spur verloren, aber Sie wissen ja selbst, was danach geschah. Und ich f#252;rchte, sie werden auch nicht aufgeben.« »Wer sind sie?«, wollte Mike wissen. »Das spielt keine Rolle«, erwiderte Argos. »Es w#228;re zu kompliziert, das jetzt zu erkl#228;ren. Wichtig ist, wer sie geschickt hat. Es ist eine Macht, die nichts mit euch zu schaffen hat. Sie wollen nur mich.« »Warum?«, fragte Mike. »Weil ich etwas getan habe, wof#252;r sie mich zur Rechenschaft ziehen wollen«, erwiderte Argos mit ungewohnter Offenheit. »Euch das zu erkl#228;ren w#252;rde zu lange dauern und es spielt auch keine Rolle. Sie verfolgen mich und die anderen seit Jahren.« »Die anderen?« Serena l#246;ste sich #252;berrascht aus seinen Armen, trat einen halben Schritt zur#252;ck und sah ihrem Vater fassungslos ins Gesicht. »Soll das hei#223;en, es gibt noch mehr von uns?« Argos machte ein trauriges Gesicht. »Ich f#252;rchte nein«, sagte er. »Wir waren zu acht, aber ich glaube, ich bin der Letzte.« »Was ist mit den anderen geschehen?«, wollte Serena wissen. »Ihr habt sie gesehen«, sagte Argos. Er deutete auf Mike. »Ich rede von den M#228;nnern an Bord des gesunkenen Schiffes, das ihr gefunden habt.« »Sie meinen das deutsche Spionageschiff?«, fragte Ben. Argos l#228;chelte, wurde aber sofort wieder ernst. »Wenn du es so ausdr#252;cken m#246;chtest. Aber sie waren so wenig Spione f#252;r das deutsche Kaiserreich, wie ich es bin.« »Sie haben diese Rolle nur gespielt«, vermutete Trautman. »Ja. Wir leben seit vielen Jahren unerkannt unter den Menschen. Wir haben immer gehofft, dass wir nicht dieeinzigen sind, und wir haben immer nach anderen #220;berlebenden von Atlantis gesucht, aber niemals welche gefunden.« Er sah seine Tochter an. »Du bist die Erste, die ich getroffen habe. Als wir auf das Sternenschiff stie#223;en, da hofften wir, mit seiner Hilfe unsere Suche fortsetzen zu k#246;nnen, stattdessen hat es ihnen allen den Tod gebracht.« »Hat es das?«, fragte Trautman. »Es k#246;nnte sein, dass sie noch leben, wissen Sie?« »Wieso?«, erwiderte Argos verbl#252;fft. »Erinnern Sie sich, was Sie uns selbst #252;ber die Versteinerung erz#228;hlt haben?«, antwortete Trautman in nachdenklichem Tonfall. Mike sah ihn aufmerksam an. Er hatte eine ungef#228;hre Ahnung, worauf Trautman hinauswollte, aber es gefiel ihm nicht. Die ganze Situation gefiel ihm nicht. Das Gespr#228;ch entwickelte sich l#228;ngst nicht so, wie es sollte. Er hatte Argos mehr oder weniger enttarnt und im Grunde sollten sie alle -nicht nur er - zu Recht emp#246;rt und w#252;tend dar#252;ber sein, dass ihnen der Atlanter die ganze Zeit #252;ber etwas vorgemacht hatte. Stattdessen hatte er das Gef#252;hl, dass nicht nur Trautman mittlerweile schon wieder fast so etwas wie Sympathie f#252;r Argos empfand. »Wenn die Versteinerung wirklich die Methode der Au#223;erirdischen ist, ihre K#246;rper vor den sch#228;dlichen Einfl#252;ssen des Weltraums zu besch#252;tzen, dann m#252;sste sie auch unter Wasser funktionieren«, fuhr Trautman fort. »Ich selbst habe die M#228;nner nicht gesehen, aber nach allem, was mir Mike und Singh erz#228;hlt haben, waren sie nicht verletzt.« Argos wandte sich an Mike: »Ist das wahr?« »Unsinn«, antwortete Mike. Auch wenn er sp#252;rte, dass er selbst nicht ganz von dem #252;berzeugt war, was er da sagte. »Sie sind tot. Und wenn sie es noch nicht waren, als wir sie gefunden haben, sind sie es jetzt.« »Wieso?« »Weil das Schiff weiter gesunken ist«, antwortete Mike. »Habt ihr vergessen, was passiert ist? Das Wrack ist von der Klippe gerutscht. Keiner von uns wei#223;, wie tief es jetzt liegt. Vielleicht vier-oder f#252;nftausend Meter, das h#228;lt keiner aus, egal, in welchem Zustand.« »Das ist nicht gesagt«, antwortete Argos. »Wenn sie wirklich versteinert waren, Mike, dann k#246;nnten sie noch am Leben sein. Und ich wei#223;, wie man sie wieder erweckt.« Er wandte sich mit einem fragenden Blick an Trautman: »Glauben Sie, dass Sie die Stelle wiederfinden?« Trautman nickte. »Sicherlich. Es ist nicht einmal besonders weit von hier. Aber Mike hat Recht«, fuhr er in leicht ver#228;ndertem Tonfall fort, als Argos etwas sagen wollte. »Das Meer ist an dieser Stelle sehr tief. Selbst wenn wir das Schiff wiederfinden, wei#223; ich nicht, ob wir so tief hinunterkommen und ob Ihre Kameraden #252;berhaupt noch am Leben sind. Der Wasserdruck in dieser Tiefe ist unglaublich hoch.« Argos sch#252;ttelte den Kopf. Pl#246;tzlich wirkte er sehr aufgeregt. »Das spielt keine Rolle«, sagte er. »Glauben Sie mir, ich wei#223; genug #252;ber diesen seltsamen Zustand der Versteinerung. Einem K#246;rper, der sich darin befindet, kann so gut wie nichts zusto#223;en.« »Aber wir haben doch nicht einmal eine Chance, sie zu finden«, sagte Mike, doch Argos lie#223; auch dieses Argument nicht gelten. »Ich werde euch helfen«, sagte er. »Wenn wir in ihrer N#228;he sind, dann werde ich sie finden.« »Und wie?«, wollte Ben wissen. Auch seine Stimme klang misstrauisch, aber f#252;r Mikes Geschmack nicht ann#228;hernd misstrauisch genug. Was um alles in der Welt ging hier vor? War er denn der einzige, der begriff, welches Spiel Argos spielte -obwohl er es ihnen allen gerade erst gesagt hatte? »Ich habe so meine M#246;glichkeiten«, antwortete Argos ausweichend. Er sah Trautman an, wartete offensichtlich darauf, dass dieser irgendetwas sagte, und wirkte leicht entt#228;uscht, als es nicht geschah. »Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, sagte er schlie#223;lich. »So?«, fragte Mike. »Da bin ich aber mal gespannt.« Argos ignorierte ihn. Er sprach weiter, an Trautman gewandt, so wie er Trautman stets als Kapit#228;n und Anf#252;hrer der kleinen Gruppe behandelt hatte, obwohl er das ganz und gar nicht war. »Ich kenne einen Ort, an dem die NAUTILUS repariert werden kann«, sagte er. »Wenn Sie mich zu meinen Kameraden bringen und wir sie finden, dann f#252;hre ich Sie dorthin. Ich verspreche Ihnen, dass die NAUTILUS hinterher in besserem Zustand ist als zuvor.« Trautman wollte antworten, doch Mike kam ihm zuvor: »Und wenn nicht? Dann verraten Sie es uns nicht und wir k#246;nnen auf den Tag warten, an dem sie auseinanderbricht? Mir kommt das wie Erpressung vor!« Argos lie#223; sich nicht aus der Ruhe bringen. Mike hatte seine Worte mit Bedacht gew#228;hlt, um ihn zu reizen, aber es funktionierte nicht. Argos l#228;chelte nur traurig und sagte: »Nat#252;rlich nicht.« »Warum haben Sie uns dann nicht schon lange davon erz#228;hlt?«, wollte auch Ben wissen. »Es w#228;re bequemer, die NAUTILUS in einem Dock reparieren zu lassen, statt vierzig Meter unter der Wasseroberfl#228;che, und so nebenbei auch nicht ganz so gef#228;hrlich.« »Weil es keinen Sinn gehabt h#228;tte«, antwortete Argos. »Ich wei#223;, dass es diesen Ort gibt, aber ich war niemals da. Ich wei#223; nicht einmal genau, wo er ist. Aber einer der M#228;nner an Bord des gesunkenen Schiffes stammt von dort. Wenn es uns gelingt, sie zu retten, wird er uns hinbringen.« »Ist das jetzt wieder eine neue Geschichte?«, schnappte Mike. Argos reagierte auch darauf nicht, aber Trautman schenkte ihm einen b#246;sen Blick und wandte sich schlie#223;lich an den Atlanter: »Ich werde dar#252;ber nachdenken«, sagte er. »Die Entscheidung muss nicht jetzt fallen. Wir brauchen ohnehin mindestens noch zwei Tage, um die NAUTILUS so weit zu reparieren, dass wir #252;berhaupt auftauchen k#246;nnen. Wir werden Ihren Vorschlag diskutieren und dar#252;ber abstimmen.« Man konnte Argos deutlich ansehen, dass ihm das nicht gefiel. Er hatte sich wohl eine sofortige Entscheidung erhofft, doch er widersprach nicht und versuchte auch nicht mehr, Trautman oder die anderen zu #252;berzeugen, sondern nickte nur. »Das kann ich verstehen«, sagte er. »Aber bitte bedenken Sie eines: Es geht jetzt nicht mehr nur um mich. Wir waren zu acht an Bord des Schiffes. Die sieben anderen k#246;nnten noch leben.« »Wir werden es in Betracht ziehen«, versprach Trautman. »Aber jetzt sollten wir alle wieder in unsere Kabinen gehen und schlafen. Wir haben eine anstrengende Zeit hinter uns und eine vielleicht noch anstrengendere vor uns.« Mike sah ihn fast fassungslos an. War das alles? Was war mit den M#228;nnern auf dem schwarzen Schiff, die sie verfolgten? Mit den geheimnisvollen Wesen, die er gesehen hatte? Mit den Haien, die das Schiff umgaben wie ein Rudel hungriger W#246;lfe ein verletztes Beutetier? Mit dem, was Argos mit Astaroth getan hatte? Argos sah ihn an, als h#228;tte er seine Gedanken gelesen. Und es war seltsam: Pl#246;tzlich konnte Mike nichts von alledem, was ihm auf der Zunge lag, laut aussprechen. Es war nicht so, dass er es vergessen h#228;tte oder dass Argos ihn irgendwie daran hinderte, es zu tun, aber was er in den Augen des Atlanters las, das war eine stumme Bitte und noch etwas: die Angst um das Leben seiner Freunde und der fast verzweifelte Wunsch, dass Mike nichts unternehmen oder sagen mochte, das in irgendeiner Form dazu f#252;hrte, dass sie nicht gerettet wurden. Mike sagte nichts dazu. Er sah Argos nicht mehr an, sondern drehte sich mit einem Ruck um und ging in seine Kabine zur#252;ck, aber sosehr er es normalerweise hasste, wenn jemand in seinen Gedanken herumschn#252;ffelte, f#252;r einen Moment hoffte er sogar, dass Argos in diesem Moment seine Gedanken las, weil er dann wusste, was ihm passieren w#252;rde, wenn er nicht Wort hielte und Astaroth nicht wieder zu dem wurde, was er einmal gewesen war. Er erwachte am n#228;chsten Morgen mit h#228;mmernden Kopfschmerzen, einem schlechten Geschmack im Mund, einem Gef#252;hl wie Blei in allen Gliedern und der verschwommenen Erinnerung an einen v#246;llig absurden Albtraum, den er gehabt hatte. Es war dunkel in der Kabine. Die Luft roch so muffig, dass ihm davon fast schon wieder #252;bel wurde, und Astaroth hatte sich auf seiner Brust zusammengerollt und schnarchte und nahm ihm mit seinem Gewicht fast den Atem. Mike richtete sich in eine halb sitzende Position auf, scheuchte den Kater mit einer Handbewegung davon und massierte sich die schmerzenden Schl#228;fen. Es war kein Wunder, dass er Kopfschmerzen hatte; alles hier drin war feucht und modrig und er war fast erstaunt, dass er hier #252;berhaupt hatte schlafen k#246;nnen. Da musste man ja Albtr#228;ume bekommen! Astaroth maunzte, blickte ihn aus seinem einen Auge vorwurfsvoll an und wandte sich schlie#223;lich ab, als klar wurde, dass Mike ihn nicht wieder hinauf in das warme Bett lassen w#252;rde. Mike fragte sich ohnehin, wer ihn in seine Kabine gelassen hatte. Er war schon immer der Meinung gewesen, dass Katzen in Betten nichts verloren hatten. Aber im Augenblick traf das auf ihn wohl auch zu. Obwohl er sich alles andere als ausgeruht oder gar ausgeschlafen f#252;hlte, schwang er die F#252;#223;e aus dem Bett, schauderte ein wenig, als seine nackten Sohlen den eisigen, feuchten Metallboden ber#252;hrten, und stand schlie#223;lich widerwillig auf. Bruchst#252;cke seines Traumes gingen ihm noch immer durch den Kopf, w#228;hrend er sich fl#252;chtig wusch und anzog. Er konnte sich nicht ganz genau daran erinnern, aber es hatte irgendetwas mit Argos zu tun gehabt und mit Trautman und Serena ... Nein. Es hatte keinen Zweck. Immer wenn er versuchte, die Bilder mit Gewalt heraufzubeschw#246;ren, schien er eher das Gegenteil zu erreichen. Er verlie#223; die Kabine, wandte sich nach links und schlurfte in Richtung Salon los. Das Schiff war bereits vom H#228;mmern und L#228;rmen der anderen erf#252;llt, die offensichtlich schon bei der Arbeit waren. Und manchmal glaubte er ein sachtes Zittern zu sp#252;ren, das durch den Boden lief; so, als versuche die NAUTILUS, vom Meeresgrund abzuheben, schaffte es aber nicht. Wie es aussah, hatte er wirklich sehr lange geschlafen. Als er den Salon erreichte, sah er auf dem gro#223;en Kartentisch die Reste des Fr#252;hst#252;cks stehen, das die anderen bereits eingenommen hatten. Nur zwei Gedecke waren unber#252;hrt. Mike nahm vor einem davon Platz, goss sich eine Tasse mit l#228;ngst kalt gewordenem Tee ein und #252;berlegte einen Moment, ob er #252;berhaupt fr#252;hst#252;cken sollte. Er hatte keinen Hunger und seine Kopfschmerzen wollten nicht besser werden. Andererseits stand ihm wieder ein anstrengender Tag bevor. Etwas ber#252;hrte seine Beine. Mike sah an sich herab und erblickte Astaroth, der mit starr aufgestelltem Schwanz und lautstark maunzend um seine Beine strich und ihn immer wieder mit dem Kopf anstie#223;. »Was willst du, alter M#228;usef#228;nger?«, fragte er. »Du wei#223;t doch, dass du nicht am Tisch betteln sollst.« Astaroth miaute herzzerrei#223;end, aber Mike widerstand der Versuchung, die Hand auszustrecken, um ihm eine Scheibe Wurst oder ein St#252;ck Fleisch zuzuwerfen. Wenn er den Kater einmal daran gew#246;hnte, vom Tisch gef#252;ttert zu werden, w#252;rde er in Zukunft nie wieder eine Mahlzeit in aller Ruhe einnehmen k#246;nnen. »Verschwinde«, sagte er. Als Astaroth nicht sofort darauf reagierte, schob er ihn mit dem Fu#223; ein St#252;ck weit von sich fort. Astaroth miaute noch lauter, gab es aber dann endlich auf und lief zur T#252;r. Der Grund f#252;r seinen pl#246;tzlichen Sinneswandel war Serena, die in diesem Moment hereinkam und ein erfreutes Gesicht machte, als sie Mike sah. »Oh, hallo, Mike«, sagte sie. »Du bist wach, sch#246;n. Ich wollte dich gerade wecken.« »Das h#228;ttest du schon vor einer Stunde tun sollen«, antwortete Mike mit einem bezeichnenden Blick auf den Tisch und das benutzte Fr#252;hst#252;cksgeschirr. »Ich glaube, ich habe verschlafen.« Serena l#228;chelte, b#252;ckte sich und nahm Astaroth auf die Arme, bevor sie weitersprach und dabei auf ihn zu kam: »Eher zwei«, sagte sie. »Trautman und Singh sind schon das zweite Mal drau#223;en. Sie wollen heute unbedingt mit den Schwei#223;arbeiten fertig werden.« Mike erschrak. »So lange habe ich geschlafen? « »Du hattest es auch n#246;tig«, antwortete Serena. Sie setzte sich zu ihm an den Tisch. Astaroth, der es sich auf ihren Armen bequem gemacht hatte, maunzte und miaute immer aufgeregter, so dass Serena ihn gedankenverloren mit der Hand zwischen den Ohren zu kraulen begann. Der Kater beruhigte sich trotzdem nicht. »Was hat er denn?«, fragte Mike. Serena hob die Schultern. »Keine Ahnung«, sagte sie. »Vielleicht geht es ihm nicht anders als uns oder gef#228;llt es dir etwa, hier eingesperrt zu sein und nicht hinaus zu k#246;nnen?« »Es ist ja nicht mehr f#252;r lange«, sagte Mike. »Falls Argos -« Er verbesserte sich: »Falls sich selbst, dass er solch einen Unsinn dachte, und in der n#228;chsten Sekunde hatte er selbst das vergessen. Au#223;erdem kam Argos genau in diesem Moment herein und sah tats#228;chlich sehr m#252;de und abgespannt aus. Seine Schultern hingen schlaff nach vorne, unter seinen Augen befanden sich tiefe, dunkle Ringe und seine Haut wirkte sehr blass. Als er am Tisch Platz nahm und nach der Kaffeekanne griff, zitterten seine H#228;nde ganz leicht. Astaroth fauchte, zeigte dem Atlanter sein Gebiss - und war mit einem Sprung von Serenas Scho#223; herunter und verschwand aus dem Salon. Serena sah ihm stirnrunzelnd nach. »Was hat er denn?« »Ich bin ihm gestern versehentlich auf den Schwanz getreten«, sagte Argos. Auch seine Stimme klang m#252;de. »Wahrscheinlich kann er mir das nicht verzeihen.« »Er beruhigt sich schon wieder«, sagte Mike. »Katzen sind nicht besonders nachtragend.« Sie fr#252;hst#252;ckten eine Weile schweigend, bis Trautman und Singh hereinkamen und sich zu ihnen gesellten. Mike erschrak, als er Trautman erblickte. Er wirkte um zehn Jahre gealtert. Auch seine Haut war blass und auch seine H#228;nde zitterten etwas; trotzdem machte er einen zwar ersch#246;pften, aber durchaus zufriedenen Eindruck. »Wie geht es mit der Arbeit voran?«, erkundigte sich Argos. »Gut«, antwortete Trautman. »Singh und ich werden eine Stunde ausruhen und dann wieder nach drau#223;en gehen. Mit ein wenig Gl#252;ck sind wir heute Abend fertig.« Er drehte den Kopf und sah Mike an. »Du siehst nicht gut aus«, sagte er geradeheraus. »Ich habe nicht besonders geschlafen«, antwortete Mike. »Ich hatte einen verr#252;ckten Traum.« Er verscheuchte die bizarren Bilder, die aus seinem Unterbewusstsein heraufsteigen wollten. »Au#223;erdem habe ich rasende Kopfschmerzen«, f#252;gte er hinzu. Trautman nickte. »Die haben wir alle«, sagte er. »Irgendetwas scheint mit der Luftversorgung nicht zu stimmen. Es wird wirklich allm#228;hlich Zeit, dass wir auftauchen k#246;nnen.« Er wandte sich an Argos. »Ich m#246;chte Ihnen jetzt auf der Karte die Stelle zeigen, an der der Frachter gesunken ist.« Argos nickte und Trautman stand auf und ging zum Kartenschrank. Das zusammengerollte Blatt, mit dem er zur#252;ckkam, war wie alles hier: halb aufgeweicht, eingerissen und mit gro#223;en, h#228;sslichen Wasserflecken versehen. Trautman r#228;umte eine Ecke des Tisches frei, breitete die Karte aus und beschwerte die vier Ecken mit leeren Tassen und einer Zuckerdose. Dann senkte er den Finger auf eine Stelle, die ihre jetzige Position markierte. »Wir sind hier«, sagte er. »Wenigstens ungef#228;hr. Die Insel ist auf der Karte nicht eingezeichnet, deshalb kann ich nur sch#228;tzen. Aber das Schiff mit Ihren Freunden liegt genau ...« Sein Finger folgte einer imagin#228;ren, in willk#252;rlichem Zickzack #252;ber die Karte f#252;hrenden Linie und verharrte auf einem Punkt, der ebenso wenig vorhanden war wie der, auf den er gerade gedeutet hatte. »... dort. Ich wei#223; allerdings nicht, in welcher Tiefe.« »Ungef#228;hr viertausend Meter«, sagte Argos. Trautman sah ihn #252;berrascht an. »Woher wissen Sie das?« »Weil ich diese Gegend des Meeres kenne«, erwiderte Argos. »Nach allem, was Sie erz#228;hlt haben, kommt nur eine einzige Stelle in Frage. Die Klippe, von der das Wrack geglitten ist, geh#246;rt zu einem Unterwasser-Riff. Der Meeresgrund liegt dort fast viertausend Meter unter der Oberfl#228;che.« »Schaffen wir das?«, fragte Singh besorgt. »Das Schiff h#228;lt es aus«, versicherte Argos. »Es ist f#252;r weitaus gr#246;#223;ere Tiefen gebaut. Und ich habe vollstes Vertrauen in Ihre F#228;higkeiten. Wenn jemand das Schiff reparieren kann, dann Trautman und Sie. Aber sie sollten sich jetzt an die Arbeit machen. In ein paar Stunden k#246;nnen wir sicher auftauchen und dann k#246;nnen Sie sich die wohlverdiente Ruhe g#246;nnen.« Vor Mikes fassungslos aufgerissenen Augen erhoben sich Singh und Trautman ohne den geringsten Widerspruch, drehten sich herum und verlie#223;en den Salon und das, obwohl sie vor nicht einmal zwei Minuten so ersch#246;pft gewesen waren, dass sie kaum noch in der Lage zu sein schienen, aus eigener Kraft zu stehen. Mike blickte ihnen kopfsch#252;ttelnd nach, dann drehte er sich wieder zu dem Atlanter herum und blickte direkt in Argos' Augen und im selben Moment, in dem er es tat, sah er nat#252;rlich auch ein, dass dieser vollkommen Recht hatte. Die NAUTILUS war eben kein normales Schiff, das mit normalen Ma#223;st#228;ben zu messen war. Sie w#252;rde selbst in dem erb#228;rmlichen Zustand, in dem sie sich momentan befand, noch zehnmal tiefer tauchen als jedes andere Unterseeboot auf der Welt. Und Trautmann und Singh konnten sich tats#228;chlich sp#228;ter lange genug ausruhen -wenn sie erst einmal wieder oben an der Wasseroberfl#228;che waren. »Du solltest dir auch noch ein wenig Ruhe g#246;nnen, Junge«, sagte Argos. »Du siehst wirklich nicht gut aus.« Als w#228;ren diese Worte ein Signal gewesen, wurden Mikes Kopfschmerzen schlagartig schlimmer und er f#252;hlte, wie die M#252;digkeit zur#252;ckkam, als h#228;tte er die ganze Nacht nicht geschlafen. Er stimmte Argos innerlich zu; schlechtes Gewissen hin oder her, in dem Zustand, in dem er sich befand, war er f#252;r die anderen im Moment keine Hilfe, sondern eine Belastung. Und trotzdem hinderte ihn irgendetwas, aufzustehen und wieder in seine Kabine zur#252;ckzugehen. Er konnte das Gef#252;hl selbst nicht begr#252;nden, doch er f#252;rchtete sich fast davor, einzuschlafen. Vielleicht weil er Angst hatte, dann wieder zu tr#228;umen. Und auch wenn er sich immer noch nicht genau an seinen Traum erinnerte, so war doch allein das Das H#228;mmern und Klingen wurde lauter, als er auf den Gang hinaustrat. Er ging schneller, lief die Metalltreppe hinunter - und stolperte #252;ber ein schwarzes Fellb#252;ndel, das auf der untersten Stufe lag und protestierend maunzte. Im letzten Moment streckte Mike die Hand aus und fand am Gel#228;nder Halt, so dass er nicht st#252;rzte, aber er schickte Astaroth einen Fluch und einen b#246;sen Blick hinterher, die der Kater mit einem noch zornigeren Fauchen quittierte. Gleichzeitig war er aber auch klug genug, sich hastig ein paar Meter weiter zur#252;ckzuziehen. »Bl#246;des Vieh!«, murmelte Mike. Er holte mit dem Fu#223; aus, als wollte er nach dem Kater treten, und hielt dann #252;berrascht mitten in der Bewegung inne. Was war nur mit ihm los? Der Kater ging ihm manchmal auf die Nerven - und in letzter Zeit ganz besonders -, aber er hatte ihn niemals geschlagen, geschweige denn Ben und Juan unterbrachen ihre Arbeit nicht einmal, als sie ihn h#246;rten, aber Chris warf ihnen einen fl#252;chtigen Blick zu und als Mike in sein Gesicht sah, erschrak er. Das j#252;ngste Besatzungsmitglied der NAUTILUS sah kreidebleich aus. Unter seinen Augen waren dunkle Ringe und seine H#228;nde zitterten so sehr, dass er kaum die Kraft zu haben schien, die Werkzeuge zu halten, die er den beiden anderen reichte. Mike verlor kein weiteres Wort, sondern griff ebenfalls mit zu. Sie arbeiteten eine gute Stunde, bis Ben, der der handwerklich Geschickteste an Bord war, sich endlich mit dem Ergebnis zufrieden gab. »Gehen wir zur#252;ck in den Salon«, schlug Juan m#252;de vor. »Trautman und Singh m#252;ssten eigentlich auch bald zur#252;ckkommen.« Er warf Mike einen fragenden Blick zu. »Haben sie gesagt, wie weit sie sind?« Das hatten sie, aber Mike hatte pl#246;tzlich Schwierigkeiten, sich an Trautmans Worte zu erinnern. In seinem Kopf ging alles durcheinander. Wo sein Gehirn sein sollte, schien sich nur noch Watte zu befinden, in der sich seine Gedanken verirrten und die Erinnerungen seinem Zugriff entglitten. Er musste sich zwei, drei Augenblicke lang mit aller Macht konzentrieren und dann kam er doch nicht dazu, die Worte auszusprechen. Ein sachtes Zittern lief durch den Boden. Gleichzeitig h#246;rten sie ein dumpfes, rumorendes Dr#246;hnen, das immer lauter und lauter wurde. Mike riss #252;berrascht die Augen auf und auch Juan und Ben sahen sich erschrocken um. Dabei war das Ger#228;usch nicht einmal besonders beunruhigend: Es war das normale, seit Jahren vertraute Motorenger#228;usch der NAUTILUS, das den akustischen Herzschlag des Schiffes darstellte. Aber die Maschinen hatten seit Tagen geschwiegen und sie waren dem Maschinenraum so nahe, dass sie die Vibrationen der m#228;chtigen Antriebsaggregate h#246;ren konnten. Und nicht nur das. Mike fuhr erschrocken herum, als er einen anderen, weit weniger beruhigenden Ton h#246;rte: Das leise, monotone Pl#228;tschern von Wasser. Auch Ben sog entsetzt die Luft zwischen den Z#228;hnen ein und hob den Arm. Seine ausgestreckte Hand deutete auf eine Stelle an der Sicherheitswand, die sie gerade montiert hatten. Durch eine der Schwei#223;n#228;hte, die wohl doch nicht so dicht geworden war, wie sie angenommen hatten, sickerte ein d#252;nner, aber best#228;ndiger Wasserstrom. »Aber was ...?«, murmelte Juan. »Trautman muss v#246;llig den Verstand verloren haben!«, sagte Ben. »Will er uns umbringen? Mike war der Letzte, der das Schiff verlie#223;. Er hatte auf dem Weg nach oben nichts mehr gesagt, aber er behielt sowohl Trautman als auch Argos aufmerksam im Auge. Irgendetwas stimmte nicht mit den beiden, dessen war er sich mittlerweile vollkommen sicher. Dann verbesserte er sich in Gedanken: Etwas stimmte nicht mit Was f#252;r eine verr#252;ckte Vorstellung. Und doch ... Etwas war an dieser Vorstellung, was -Argos hob den Kopf, blickte ihm in die Augen und Mike blinzelte ein paarmal und fragte sich, woran er gerade eigentlich gedacht hatte. Es hatte irgendetwas mit Puppen zu tun gehabt, aber ... Nein. Er wusste es nicht mehr. Wahrscheinlich war es nur wieder die Erinnerung an seinen verr#252;ckten Traum, die ihn qu#228;lte. Er blickte auf das Meer hinaus und es dauerte nicht lange, bis ihm etwas auffiel. »Seht mal da«, sagte er. Seine ausgestreckte Hand deutete nach Norden, aber er h#228;tte ebenso gut in jede beliebige andere Richtung deuten k#246;nnen, denn der Anblick war #252;berall gleich. Sie waren nicht allein. Rings um das Schiff herum schnitten Dutzende, wenn nicht Hunderte grauer, dreieckiger Flossen durch die Wasseroberfl#228;che. Haie. »Und ich habe gedacht, wir w#228;ren die Biester los«, seufzte Trautman. »Was ist blo#223; in die gefahren?« »Vielleicht halten sie die NAUTILUS f#252;r einen besonders gro#223;en Appetithappen«, witzelte Ben. Niemand lachte. Trautman und Singh hatten ganz absichtlich nicht mehr dar#252;ber gesprochen, aber sie alle wussten, dass die Haie die NAUTILUS w#228;hrend der gesamten Zeit, die sie auf dem Unterwasserriff festlag, regelrecht belagert hatten. »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, antwortete Trautman achselzuckend, »Aber ich glaube nicht, dass wir Grund zur Sorge haben. H#228;tten sie uns angreifen wollen, h#228;tten sie dazu mehr als genug Gelegenheit gehabt.« »Vergesst die Biester einfach«, sagte Argos. Er sah zum Himmel hinauf. »In einer Stunde wird es dunkel. Ich schlage vor, ihr ruht euch so lange aus und genie#223;t noch das Sonnenlicht. Ich werde inzwischen nach unten gehen und die Pumpen einschalten, damit wir das Wasser aus dem Schiff bekommen. Sobald es dunkel wird, k#246;nnen wir wahrscheinlich losfahren.« »Ich helfe Ihnen«, sagte Singh. »Wir m#252;ssen die Batterien aufladen - und vor allem die Sauerstofftanks f#252;llen.« Mike hielt das nicht f#252;r eine gute Idee. Singh hatte, ebenso wie Trautman und Argos, mehr und schwerer gearbeitet, als ihm zuzumuten war. Er brauchte dringend ein paar Stunden Ruhe. Welchen Unterschied machte es, ob sie sofort oder in zwei Stunden weiterarbeiteten? Argos widersprach jedoch nicht, sondern nickte nur und machte sich mit m#252;den Bewegungen daran, die Leiter wieder hinaufzusteigen. Als er die Hand nach dem Turm ausstreckte, um sich hochzuziehen, erschien ein struppiges, ein#228;ugiges Katzengesicht #252;ber dessen Rand und fauchte ihn w#252;tend an. Argos prallte erschrocken zur#252;ck und h#228;tte um ein Haar seinen Halt losgelassen und Astaroth setzte ihm nach, holte aus und verpasste ihm einen Krallenhieb, der vier d#252;nne, blutige Striemen auf Argos' Wange hinterlie#223;. Der Atlanter schrie auf, griff sich an das Gesicht und w#228;re fast von der Leiter gest#252;rzt. Astaroth sprang los, landete mitten in seinem Gesicht und begann mit den Vorderpfoten auf ihn einzuschlagen. »Astaroth!«, br#252;llte Mike. »Bist du wahnsinnig?!« Er raste los und kletterte hinter Argos die Leiter hinauf, doch es gelang ihm nicht, an dem Atlanter vorbeizukommen. Argos schrie vor Schmerz und Zorn und warf sich wild hin und her, aber er klammerte sich auch gleichzeitig mit einer Hand eisern an der Leiter fest und versuchte mit der anderen, den Kater von sich herunter zuzerren. »Astaroth, h#246;r auf!«, br#252;llte Mike. Er versuchte noch einmal, an Argos vorbeizukommen, schaffte es irgendwie und packte Astaroth mit beiden H#228;nden. Um ein Haar w#228;re er dabei von der Leiter gefallen. Aber seine Hilfe gab Argos die Luft, die er brauchte, um den tobs#252;chtigen Kater endg#252;ltig abzusch#252;tteln. Mit einer w#252;tenden Bewegung packte er Astaroth mit beiden H#228;nden, riss ihn hoch in die Luft - und warf ihn in hohem Bogen #252;ber Bord! Mikes Herz stockte, als er sah, wie Astaroth f#252;nf oder sechs Meter von der NAU-TILUS entfernt ins Wasser st#252;rzte und unterging. Und f#252;r einen kurzen Moment war es ihm, als w#252;rde ein unsichtbarer Schleier von seinen Augen gezogen. Pl#246;tzlich wusste er, was hier falsch war. Warum sie sich alle so vollkommen fremd verhielten und was Argos getan hatte. »Nein!«, keuchte er. »Was haben Sie getan?« Astaroth tauchte fauchend wieder aus dem Wasser auf und begann mit geschickten Bewegungen auf das Schiff zuzupaddeln, w#228;hrend hinter ihm eine riesige, dreieckige Flosse durch die Wellen schnitt. »Nein!«, schrie Mike. »Nein! Astaroth - Astaroth paddelte, was das Zeug hielt. Er entwickelte eine erstaunliche Behendigkeit und er schwamm schneller, als es jeder Mensch gekonnt h#228;tte. Ungl#252;ckseligerweise wurde er nicht von einem NAUTILUS entfernte. Langsam drehte er sich zu Argos herum. Er begann am ganzen Leib zu zittern. Argos hatte sich auf den Turm hinaufgezogen. St#246;hnend und mit zitternden Fingern betastete er sein Gesicht, das #252;ber und #252;ber mit Blut bedeckt war. Er hatte Dutzende von Schrammen und Kratzern abbekommen und einige davon sahen nicht unbedingt harmlos aus. Mike nahm jedoch kaum etwas davon zur Kenntnis. Er war noch immer vollkommen fassungslos und so ent setzt, dass es ihm schwer fiel, #252;berhaupt einen klaren Gedanken zu fassen. »Was haben Sie getan?«, murmelte er. Und dann schrie er: Mit einem einzigen Satz war er neben Argos, hob die H#228;nde und begann mit beiden F#228;usten auf ihn einzuschlagen. Er war so w#252;tend, dass er nicht einmal gezielt zuschlug, sondern einfach blindlings drauflos drosch. Vermutlich h#228;tte er Argos schwer verletzt, w#228;ren nicht pl#246;tzlich Singh und Ben hinter ihm aufgetaucht, um ihn von seinem Opfer wegzuzerren. Mike br#252;llte wie von Sinnen weiter und schlug aus Leibeskr#228;ften um sich. Schlie#223;lich tat Ben das wahrscheinlich Einzige, was in dieser Situation #252;berhaupt Sinn hatte: Er versetzte Mike eine schallende Ohrfeige, die bunte Sterne vor seinen Augen tanzen lie#223;. Als er wieder klar sehen konnte, waren auch Trautman und die anderen auf den Turm hinaufgekommen. Serena kniete neben Argos und sah abwechselnd ihn und Mike an. In ihren Augen funkelte blanker Zorn. »Mike!«, sagte Trautman ungl#228;ubig. »Was ist denn in dich gefahren? Bist du verr#252;ckt?« »Er hat Astaroth umgebracht!«, antwortete Mike. Pl#246;tzlich war sein Zorn verraucht, von einer Sekunde auf die andere, und stattdessen machte sich ein Gef#252;hl von abgrundtiefer Verzweiflung in ihm breit. »Verstehen Sie doch, Trautman, er hat Astaroth umgebracht!« »Ich wei#223;«, antwortete Trautman. Er sah fl#252;chtig auf Argos hinab, sch#252;ttelte den Kopf und f#252;gte etwas leiser hinzu: »Das war vielleicht etwas #252;bertrieben, Argos.« Der Atlanter antwortete nicht, doch Serena fuhr Trautman regelrecht an: »Wenn er es nicht getan hatte, h#228;tte ich es getan! Sehen Sie sich an, wie dieses tollw#252;tige Vieh meinen Vater zugerichtet hat!« »Er ist tot«, murmelte Mike. Seine Augen f#252;llten sich mit hei#223;en Tr#228;nen. »Versteht ihr denn nicht? Astaroth ist tot!« »He, he, jetzt beruhige dich!«, sagte Ben. »Er hat es bestimmt nicht absichtlich getan. Und au#223;erdem: Es war nur eine Katze.« »Nur eine Katze?« Mike riss ungl#228;ubig die Augen auf. »Ja ... je seid ihr denn alle verr#252;ckt geworden? »Nein«, sagte Ben. »Warum erkl#228;rst du es uns nicht?« »Genau«, f#252;gte Argos hinzu. »Warum erkl#228;rst du es uns nicht?« Mike fuhr mit einer so w#252;tenden Bewegung herum, dass Singh vorsichtshalber wieder zugriff und ihn an den Schultern festhielt. Argos hatte die H#228;nde sinken lassen und sich halb aufgerichtet. Sein Gesicht sah wirklich schrecklich aus und Astaroths Krallen schienen auch sein linkes Auge verletzt zu haben, denn er blinzelte ununterbrochen. »Also?« Mike wollte antworten. Er wollte ihn anschreien, allen hier erz#228;hlen, was Argos getan hatte - aber er konnte es nicht. Diesmal Mike nickte z#246;gernd. Argos' Angebot war sehr gro#223;z#252;gig. Und au#223;erdem hatte Ben nat#252;rlich vollkommen Recht: Es war nur eine Katze gewesen, nicht mehr. Er verstand gar nicht mehr, was in ihn gefahren war, dass er so die Beherrschung verlor. »Also gut«, sagte Argos. »Es ist ja nichts passiert. Ich schlage vor, wir gehen wieder an die Arbeit. Wir haben noch viel zu tun, bis es dunkel wird.« Niemand widersprach. Seit guten zehn Minuten stand Mike vor dem gro#223;en Aussichtsfenster im Salon und blickte aufs Meer hinaus. Sie fuhren nur wenige Meter unter der Wasseroberfl#228;che, in einer Tiefe, in die das Sonnenlicht noch hinabkam, so dass der Blick weit in den Ozean hineinreichte. Auf jeden Fall weit genug, um die zahlreichen Schatten zu erkennen, die das Schiff begleiteten. Die NAUTILUS fuhr nicht mit H#246;chstgeschwindigkeit, aber doch ziemlich schnell. Trotzdem machte es den Haifischen sichtlich keine M#252;he, mit ihr mitzuhalten. Warum um alles in der Welt wurde die NAUTILUS von einer ganzen Armee von Haifischen verfolgt? »Ich g#228;be eine Menge darum, die Antwort darauf zu kennen«, sagte Argos hinter ihm. »Aber leider kann ich es dir auch nicht sagen.« Mike drehte sich #252;berrascht herum. Er konnte sich nicht erinnern, die Frage laut ausgesprochen zu haben. Aber das musste er wohl, denn anderenfalls h#228;tte Argos ja schwerlich darauf antworten k#246;nnen ... »Redet ihr von den Haien?«, mischte sich Singh ein. Argos nickte nur, aber Mike sagte: »Ja. Warum?« »Ich habe den Funk abgeh#246;rt«, antwortete Singh. »Jeder zweite Schiffskapit#228;n berichtet davon, dass er au#223;ergew#246;hnlich viele Haie gesehen hat.« »Das h#246;rt sich nicht nach einer guten Badesaison an«, witzelte Ben. Singh blieb ernst. »Anscheinend ist noch niemand angegriffen oder gar get#246;tet worden«, sagte er, »aber die Leute sind trotzdem in heller Aufregung. Irgendetwas stimmt mit diesen Tieren nicht.« F#252;r den Bruchteil einer Sekunde entstand vor Mikes innerem Auge das Bild eines bizarren Wesens, das wie eine Mischung aus Mensch und Hai aussah und ihm zuzuwinkenschien. Er verscheuchte die Vorstellung und sch#252;ttelte den Kopf. Was f#252;r ein Unsinn! »Jedenfalls bedeutet es, dass diese lieben Tierchen nicht nur unseretwegen hier sind«, sagte Ben. »Immerhin etwas.« Argos fuhr zusammen und sah Ben fast erschrocken an. Er hatte sich zwar sofort wieder in der Gewalt, aber Mike hatte seine Reaktion sehr wohl bemerkt. Aber was an Bens Worten hatte Argos so erschrecken lassen? Fast ohne sein Zutun l#246;ste sich Mikes Blick wieder von den Haifischen und fing die Spiegelung von Argos' Gesicht in der Fensterscheibe auf. Selbst in dieser Verzerrung wirkten die Z#252;ge des Atlanters bleich und schlaff. Die Haifische dort drau#223;en waren nicht das einzige, mit denen etwas nicht stimmte, dachte Mike. Argos war krank. Er stritt es zwar konsequent ab, wenn ihn einer der anderen darauf ansprach, aber Mike war ziemlich sicher, dass der Atlanter in den vergangen drei Tagen und N#228;chten kein Auge zugetan hatte. Seine H#228;nde zitterten jetzt ununterbrochen und wenn er glaubte, unbeobachtet zu sein, dann sah man ihm deutlich an, dass er kaum noch die Kraft hatte, sich auf den Beinen zu halten. »Wollen Sie sich nicht doch ein wenig ausruhen?«, fragte Mike das Bild im Spiegel. »Es ist noch eine Stunde Fahrt, bis wir die Position erreichen, an der das Schiff gesunken ist. Ich verspreche, Sie rechtzeitig zu wecken.« Der Atlanter sch#252;ttelte den Kopf. »Es wird schon noch gehen«, sagte er. »Sie werden Ihren Freunden keine Hilfe sein, wenn Sie total ersch#246;pft sind«, fuhr Mike fort. »Das wird nicht passieren«, erwiderte Argos unerwartet scharf. »Und jetzt h#246;r bitte auf, dir meinen Kopf zu zerbrechen. Ich halte schon noch durch. Sobald wir meine Kameraden aus dem Wrack geholt haben, habe ich Zeit genug, mich auszuruhen.« Mike funkelte ihn an, aber er schluckte die heftige Antwort hinunter, die ihm auf der Zunge lag. Es w#228;re nicht das erste Mal in den zur#252;ckliegenden Tagen gewesen, dass Argos und er wegen Kleinigkeiten aneinander gerieten, die eigentlich keinen Streit wert waren. Und er hatte keine Lust mehr, noch l#228;nger mit Argos in ein und demselben Raum zu sein ... Auf dem Weg in seine Kabine kam ihm Serena entgegen. Mike l#228;chelte ihr freundlich zu und wollte an ihr vor#252;bergehen, aber sie vertrat ihm den Weg und fragte geradeheraus: »Was ist los mit dir? Du machst ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter.« »Ist ja vielleicht auch nicht ganz falsch«, antwortete Mike. »Geh einen Schritt vor die T#252;r und du wirst feststellen, dass es drau#223;en ziemlich nass ist.« Serena blieb ernst. »Hattest du wieder Streit mit meinem Vater?«, fragte sie. »Nein«, murmelte Mike. »Ich bin gegangen, bevor es so weit kommen konnte.« Er ging weiter. Serena setzte dazu an, ihm ein zweites Mal den Weg zu vertreten, aber dann besann sie sich eines Besseren und schloss sich ihm stattdessen an. Mike hatte nichts dagegen. Ganz im Gegenteil: Seit sie die Insel verlassen hatten, war es eigentlich das erste Mal, dass Serena ihm nicht auswich oder schlichtweg keine Zeit f#252;r ihn hatte. »Ich verstehe nicht, warum ihr beiden immer streiten m#252;sst«, sagte sie. »Ich auch nicht«, erwiderte Mike. »Dabei w#228;re es doch so einfach. Argos m#252;sste mir einfach nur aus dem Weg gehen.« Serenas Gesicht verd#252;sterte sich, aber sie beherrschte sich und antwortete nicht. Jetzt war Mike auch klar, warum sie sich ihm freiwillig angeschlossen hatte: Sie war nur hier, weil sie mit ihm #252;ber ihren Vater reden wollte, nicht, weil ihr seine Gesellschaft so angenehm war. Der Gedanke steigerte seinen Zorn auf Argos nur noch. Sie erreichten Mikes Kabine. Er trat ein, lie#223; die T#252;r offen, damit Serena ihm folgen konnte, und ging zu dem in der Wand eingelassenen Schrank, w#228;hrend sie selbst mit untergeschlagenen Beinen auf dem Bett Platz nahm. Gute f#252;nf Minuten lang besch#228;ftigte sich Mike damit, seinen Schrank zu durchsuchen und seine w#228;rmsten Kleider vor sich aufzustapeln. Die Taucheranz#252;ge boten ihnen Schutz vor dem Wasserdruck, aber nicht unbedingt vor der K#228;lte, die in dieser Wassertiefe herrschte. »Was tust du da eigentlich?«, fragte Serena nach einer Weile. »Ich habe keine Lust, zu erfrieren, wenn ich drau#223;en bin«, antwortete er. »Drau#223;en?« Serena machte ein #252;berraschtes Gesicht. »Vater hat gesagt, dass du nicht nach drau#223;en musst. Singh und er gehen in das Wrack.« »Oh, entschuldige bitte!«, murmelte Mike gereizt. »Ich hatte ganz vergessen, dass die NAUTILUS ja einen neuen Kapit#228;n hat, der jetzt f#252;r unser aller Wohlverantwortlich ist!« Serena wirkte verletzt, aber zu seiner #220;berraschung beherrschte sie sich noch immer und sagte nach einer Weile sehr ruhig: »Das ist er in der Tat. Jedenfalls f#252;hlt er sich verantwortlich.« »Ja, und nicht ganz zu Unrecht«, erwiderte Mike #228;rgerlich. »Wir w#228;ren alle nicht in dieser gef#228;hrlichen Situation, wenn er nicht auf seinem hirnrissigen Plan beharren w#252;rde, ein halbes Dutzend Tote aus einem Wrack zu bergen, das in viertausend Metern Tiefe auf dem Meeresgrund liegt.« »Wir wissen nicht, ob sie wirklich tot sind«, antwortete Serena mit einer Ruhe, die ihn w#252;tend machte. »Unsinn!«, beharrte Mike. »Niemand kann in dieser Wassertiefe #252;berleben, versteinert oder nicht. Er bringt uns alle in Lebensgefahr.« »Wie kannst du das sagen?«, fragte Serena. »Du wei#223;t genau, dass es nicht wahr ist. Wir haben abgestimmt, ob wir das Risiko eingehen - und du warst auch damit einverstanden, wenn ich dich erinnern darf.« Mike war so perplex, dass er im ersten Moment nicht einmal antworten konnte, sondern Serena nur mit offenem Mund anstarrte. Es hatte niemals so etwas wie eine Abstimmung gegeben. Das wusste Serena ganz genau. Und selbst wenn, dann h#228;tte er bestimmt nicht was hinauswollte, etwas Gefangenes und Gebundenes, das mit aller Kraft an seinen Ketten zerrte. »Da siehst du, wie weit wir schon gekommen sind«, sagte Serena. »Ich fange schon an, Unsinn zu reden, nur weil wir uns dauernd streiten!« »Nein, nein«, antwortete Mike hastig. »Das war kein Unsinn. Du hast gesagt: »Astaroth«, murmelte er. »Es ... es hat etwas mit Astaroth zu tun.« Serena seufzte. Ihr Blick spiegelte pl#246;tzlich echtes Mitgef#252;hl. »Ich wusste nicht, dass du so sehr an ihm gehangen hast«, sagte sie. »Ich?« Mike riss ungl#228;ubig die Augen auf. »Ich?! Serena, was ... redest du da? Du hast genau so an ihm gehangen! Er war dein Leibw#228;chter!« »Mein was?«, wiederholte Serena. Es fiel Mike immer noch schwer, die verschwommenen Erinnerungen hinter seiner Stirn zu Worten werden zu lassen. F#252;r einen Moment war alles ganz klar gewesen, aber nun begannen sich seine Gedanken wieder zu vernebeln. Nein, das stimmte nicht ganz: werfen. Einen Blick, der seinen Zorn fast zur Raserei steigerte. »Sie ... Sie ...«, begann er. Argos hob die Hand, um ihn zu unterbrechen: »Streng dich nicht unn#246;tig an, Mike. Es hat sowieso keinen Zweck. Und ich habe nicht vor, dir etwas zu tun. wenn es das ist, was du bef#252;rchtest.« »Nein -Sie wollen uns nur zu Ihren Marionetten machen, ich wei#223;«, sagte Mike m#252;hsam. »Sie lesen meine Gedanken!« »Von der ersten Sekunde an«, gestand Argos unumwunden. »Und seit dieser Zeit beeinflussen Sie uns auch alle schon, wie?« Argos verneinte. »Ich kann deinen Zorn verstehen, Mike, aber du t#228;uschst dich in mir. Ich bin nicht euer Feind.« »Und warum dann das alles?«, fauchte Mike. Er versuchte, an Argos vorbei zur T#252;r zu schielen, und wog in Gedanken seine Chancen ab, schnell genug hinauszukommen, um die anderen zu warnen. Argos sch#252;ttelte den Kopf. »Das schaffst du nicht«, sagte er. »Au#223;erdem w#252;rden sie dir nicht glauben. Nicht, wenn ich es nicht will.« Mike erwiderte nichts. Es hatte offensichtlich wenig Zweck, jemanden hereinlegen zu wollen, der in seinen Gedanken wie in einem offenen Buch lesen konnte. »Stimmt«, sagte Argos. »K#246;nnen wir jetzt vern#252;nftig miteinander reden?« Jetzt, da Mike endlich wieder ganz Herr seines freien Willens und seiner Gedanken war, fiel ihm pl#246;tzlich noch deutlicher auf, konzentrieren. Es ist bestimmt nicht leicht, f#252;nf Menschen gleichzeitig zu beherrschen.« »Das stimmt«, sagte Argos. »Es ist sogar noch viel schwieriger, als du glaubst. Ich war selbst nicht sicher, ob es mir gelingt.« »Und wie lange glauben Sie, das noch durchhalten zu k#246;nnen?«, fragte Mike b#246;se. »Noch einen Tag? Oder zwei? Irgendwann Argos machte seine Drohung wahr, aber er hielt zugleich auch sein Versprechen: Mike hatte versucht, gewaltsam aus der Kabine zu entkommen, und der Atlanter hatte ihn trotz des erb#228;rmlichen Zustandes, in dem er sich befand, spielend #252;berw#228;ltigt und auf das Bett geworfen. Noch bevor Mike sich wieder hochrappeln und es ein zweites Mal versuchen konnte, hatte Argos die Kabine bereits verlassen, die T#252;r hinter sich zugezogen und abgeschlossen. Aber er verzichtete auch darauf, Mike wieder in seinen magischen Bann zu schlagen - auch wenn Mike annahm, dass er das weniger aus Freundlichkeit tat als vielmehr, um sich seine Konzentration f#252;r die anderen Besatzungsmitglieder aufzuheben. Seither waren mindestens drei oder vier Stunden vergangen. Mike hatte eine Weile aus Leibeskr#228;ften geschrien und mit den F#228;usten gegen die T#252;r getrommelt, aber selbstverst#228;ndlich war es sinnlos gewesen: Die T#252;r bestand aus zwei Zentimeter dickem Stahl, der jeden Laut verschluckte und den er ein Jahr lang mit Faustschl#228;gen und Fu#223;tritten h#228;tte bearbeiten k#246;nnen, ohne ihn auch nur anzukratzen. Schlie#223;lich hatte er es aufgegeben und sich zornig und frustriert auf sein Bett gelegt. Wenn wenigstens Astaroth hier gewesen w#228;re! Dann h#228;tte er ihn gedanklich um Hilfe rufen k#246;nnen und - Aber Astaroth war nicht hier. Und er w#252;rde auch nie wieder hier sein. Die Trauer #252;bermannte Mike mit solch einer Kraft und Pl#246;tzlichkeit, dass er die Tr#228;nen nicht mehr zur#252;ckhalten konnte, das Gesicht in die Kissen vergrub und versuchte, mit dem Gef#252;hl eines furchtbaren Verlustes fertig zu werden. Astaroth war mehr als ein Tier gewesen. Auf seine Art sogar mehr als ein Freund. Abgesehen von Serena war er von allen an Bord sicherlich derjenige gewesen, mit dem Mike am tiefsten verbunden gewesen war. Sie hatten viel mehr geteilt als gemeinsame Erlebnisse und Gespr#228;che. Der Kater war oft Gast in seinen Gedanken gewesen, kannte seine Geheimnisse und W#252;nsche und erst jetzt, als er nicht mehr da war, da begriff Mike, dass es irgendwie auch anders herum so gewesen sein musste, denn er hatte das Gef#252;hl, dass mit Astaroth auch ein Teil von ihm gestorben war. Nach einer Weile begannen sich die Maschinenger#228;u sche des Schiffes zu #228;ndern. Die NAUTILUS verlor an Fahrt, stand eine ganze Zeit reglos auf der Stelle und lief dann langsamer weiter. Kurze Zeit darauf nahm Mike ein leises, weit entferntes Knistern und#196;chzen wahr und eine kaum sp#252;rbare Vibration des Bodens: Das Schiff tauchte. Mike verbrachte die n#228;chsten zwei oder auch drei Stunden damit, sich in Gedanken auszumalen, was nun im Salon des Schiffes vor sich ging und wie es au#223;erhalb der NAUTILUS aussah. Obwohl ihm allein die Vorstellung einen eisigen Schauer #252;ber den R#252;cken jagte, lie#223; er doch jede noch so winzige M#246;glichkeit ei nes Fehlschlages vor seinem geistigen Auge Revue passieren, denn alles erschien ihm in diesem Moment besser, als weiter an Astaroth zu denken. Irgendwann w#228;hrend dieser endlosen Stunden, in denen Mike eingesperrt in seiner Kabine lag, musste er wohl eingeschlafen sein, denn das N#228;chste, was er bewusst wahrnahm, das war eine Hand, die an seiner Schulter r#252;ttelte, und Serenas ungeduldige Stimme: »Mike! Wach endlich auf!« Mike #246;ffnete die Augen, fuhr mit einem Ruck hoch und starrte eine Sekunde lang verst#228;ndnislos in Serenas Gesicht. Die Kabinent#252;r stand offen und die atlantische Prinzessin stand halb #252;ber ihn gebeugt da. Sie sah aufgeregt drein und gestikulierte heftig mit beiden H#228;nden. »Nun h#246;r schon!«, rief sie. »Du hast dich jetzt wirklich lange genug ausgeruht!« »Ausgeruht ...?«, murmelte Mike verschlafen. Er stemmte sich ganz in die H#246;he und versuchte, in Serenas Worten irgendeinen Sinn zu erkennen. »Aber ich habe nicht ...«, murmelte er benommen, brach den Satz dann ab und zog es vor, ohne ein weiteres Wort aufzustehen. Serena war wirklich sehr aufgeregt. »Was ist passiert?«, fragte er. »Es gibt Schwierigkeiten«, antwortete Serena. »Drau#223;en, beim Wrack.« »Beim Wrack?« Also hatten sie es gefunden! Zumindest sie sich der T#252;r zum Salon n#228;herten, h#246;rte er aufgeregte Stimmen. Serena war so schnell gelaufen, dass Mike einen kurzen Endspurt einlegen musste, um hinter ihr durch die T#252;r zu st#252;rmen. »Was ist los? Was ist passiert?« Trautman, der hinter dem Kontrollpult stand und aufgeregt mit Ben und Juan diskutierte, hob mit einem Ruck den Kopf und wies dann mit dem ausgestreckten Arm zum Fenster. Als Mikes Blick der Bewegung folgte, stockte ihm der Atem. Sie hatten den Meeresboden erreicht und im Licht der voll aufgeblendeten starken Scheinwerfer war das Wrack des deutschen Schiffes zu erkennen. Es war tats#228;chlich in drei unterschiedlich gro#223;e St#252;cke zerbrochen, die aber nur wenige Meter voneinander entfernt im Schlick lagen, und ringsum bildeten buchst#228;blich unz#228;hlige verschieden gro#223;e Tr#252;mmerst#252;cke eine bizarre Mondlandschaft, aus der das grelle Scheinwerferlicht alle Farben gel#246;scht hatte. Aber das war es nicht, was Mike so erschreckte. Er starrte aus ungl#228;ubig aufgerissenen Augen auf die schlanken, silbergrauen Gesch#246;pfe, die das zerbrochene Schiffswrack in dichten Schw#228;rmen umgaben. Haie! Es mussten Hunderte sein. Die Tiere schossen wie Pfeile ins Licht der Scheinwerferstrahlen hinein, verschwanden wieder, umkreisten das Wrack, stie#223;en herab, f#252;hrten Pirouetten auf oder schienen wie lauernde W#246;lfe fast reglos zu warten. Manchmal n#228;herte sich eines von ihnen der NAUTILUS und einmal schoss ein besonders gro#223;es Exemplar so dicht an dem gro#223;en Bullauge vorbei, dass Mike instinktiv einen halben Schritt zur#252;ckwich. Der allergr#246;#223;te Teil der Tiere jedoch schien nicht das geringste Interesse an der NAU-TILUS zu haben, sondern umkreiste weiter das Wrack. »Aber was ...«, murmelte Mike fassungslos. »Sie sind vor zehn Minuten aufgetaucht«, beantwortete Trautman seine gar nicht ausgesprochene Frage. »Ganz pl#246;tzlich. Vor einer Sekunde war das Meer noch leer und dann waren sie da.« Mike trat langsam, mit zitternden Knien und klopfendem Herzen, n#228;her an das Bullauge heran. «Wo ist Argos?«, fragte er. »Dort dr#252;ben, im hinteren Teil.« Serena trat neben ihn und deutete mit zitternder Hand auf das abgebrochene Heck des Schiffes. Ihr Gesicht war totenbleich und ihre Augen waren gro#223; und dunkel vor Furcht. »Zusammen mit Singh«, fuhr sie fort. »Sie haben die beiden vorderen Tr#252;mmerst#252;cke abgesucht und nichts gefunden«, erkl#228;rte Trautman vom Steuerpult her. »Aber kaum waren sie im Wrack, da tauchten die Haie auf. Als h#228;tten sie auf uns gewartet.« »Mach dir keine Sorgen«, antwortete Mike, zu Serena gewandt. »Den beiden kann nichts passieren, solange sie im Schiff bleiben.« »Aber sieh dir diese Ungeheuer doch an!«, protestierte Serena. »Ein paar davon sind so gro#223;, dass sie selbst in einem Taucheranzug nicht mehr vor ihnen sicher sind.« »Ja, aber die k#246;nnen nicht ins Schiff«, erwiderte Mike. Er wusste nicht, ob er Recht hatte oder nicht. Er wollte Serena nur beruhigen. Die abgrundtiefe Furcht, die er in ihren Augen las, schn#252;rte ihm die Kehle zusammen. So fuhr er fort: »Und gegen die kleinen Haie bieten die Unterwasseranz#252;gegen#252;gendSchutz.« »Du sagst es, Mike -solange sie das Wrack nicht verlassen«, sagte Trautman. Er kam mit langsamen Schritten um das Steuerpult herum und trat zwischen Serena und ihn. Dabei legte er die rechte Hand auf Serenas Schulter, um sie zu tr#246;sten. Aber sie streifte seinen Arm ab und trat einen halben Schritt zur Seite. Trautmans Gesicht verd#252;sterte sich, doch er sagte nichts dazu, sondern fuhr fort: »Sie haben noch Sauerstoff f#252;r eine halbe Stunde. Und danach »Wir m#252;ssen irgendetwas tun«, sagte Serena. »Wir m#252;ssen sie verscheuchen.« »Das ist unm#246;glich«, sagte Trautman leise. »Aber warum nicht?!«, fragte Serena. »Das Schiff ist bewaffnet! Und wir k#246;nnten « »Was?«, unterbrach sie Juan. »Mit Torpedos auf die Haie schie#223;en? Oder in die Taucheranz#252;ge steigen und sie mit Harpunen erlegen?« Er lachte hart. »Wenn es drei oder vier w#228;ren oder meinetwegen ein Dutzend ... aber so?« Mikes Gedanken #252;berschlugen sich. Nat#252;rlich hatte Serena Recht: Sie mussten irgendetwas tun, um Argos und vor allem Singh! - aus dieser Gefahr zu befreien. Aber ein einziger Blick aus dem Fenster zeigte ihm auch, wie sinnlos jede Idee war, die ihm kommen wollte: Es waren Haie der verschiedensten Gattungen und Gr#246;#223;e, die das Wrack am Meeresboden umkreisten; einige davon kaum so lang wie sein Arm, andere riesige, sieben oder acht Meter lange Giganten, vor deren Gebissen selbst die Unterwasseranz#252;ge keinen Schutz mehr bieten w#252;rden. »Wir k#246;nnten die NAUTILUS ein gutes St#252;ck n#228;her heranbringen«, sagte Trautman leise. »Es ist nicht ganz ungef#228;hrlich. Der Meeresboden ist uneben hier und einige dieser Tr#252;mmerst#252;cke k#246;nnten selbst das Schiff besch#228;digen, aber ich glaube, ich k#246;nnte sie auf zwanzig Meter heranman#246;vrieren.« Er ging zur#252;ck zum Steuerpult und sagte: »Sucht euch einen festen Halt. Es k#246;nnte ein bisschen holperig werden.« Alle mit Ausnahme Serenas und Mikes, der nicht von ihrer Seite weichen wollte, gehorchten seinem Rat. Juan gesellte sich zu Trautman, um ihm an den Kontrollinstrumenten zu helfen, w#228;hrend sich Ben und Chris mit beiden H#228;nden am Tisch festklammerten. Es vergingen nur wenige Augenblicke, da hob die NAUTI-LUS scheinbar schwerelos vom Meeresboden ab und begann ganz langsam weiter auf das Wrack zuzugleiten. Hier unten herrschte offenbar eine starke Str#246;mung, denn das Schiff zitterte und bebte ununterbrochen und Mike konnte jetzt auch wieder h#246;ren, wie der Rumpf unter dem enormen Wasserdruck #228;chzte. Mehr als einmal schlug etwas mit einem harten, metallischen Ger#228;usch gegen den Schiffsrumpf; die Laute hallten wie Glockenschl#228;ge im Schiff wider und lie#223;en Mike erschauern. Und einmal schrammte etwas mit einem schrecklichen Ger#228;usch unter dem Boden der NAUTI-LUS entlang: wie eine Messerklinge, die #252;ber Glas fuhr. Doch letzten Endes hielt das Schiff auch dieser weiteren Belastungsprobe stand und es gelang Trautman, die NAUTILUS tats#228;chlich nicht nur bis auf zwanzig, sondern allerh#246;chstens f#252;nfzehn Meter an das abgebrochene Heck des Wracks heranzubringen, bevor das Unterseeboot wieder auf den Meeresboden herabsank. F#252;r etliche Minuten waren sie so gut wie blind, denn ihr Man#246;ver hatte den feinen Schlick vom Meeresboden aufsteigen lassen, der nun wie Nebel im Wasser hing und selbst das Licht der Scheinwerfer verschluckte. Aber in dem unwirklichen graubraunen Schleier, der sich vor dem Fenster ausgebreitet hatte, zuckten immer wieder schlanke, silberfarbene und wei#223;e Schatten auf und die Haie kamen der NAUTILUS nun merklich n#228;her als bisher. Etliche von ihnen strichen so dicht am Bullauge entlang, dass Mike direkt in ihre schwarzen, unergr#252;ndlichen Augen sehen konnte. »Wie lange reicht ihr Sauerstoff noch?«, fragte Ben. Mike drehte sich nicht vom Fenster weg, als er Trautmans Stimme h#246;rte. »Vielleicht zwanzig Minuten, wahrscheinlich weniger.« »Und ... was tun wir nun?«, fragte er. »Ich wei#223; es nicht«, gestand Trautman. »Aber wir ... wir k#246;nnen doch nicht einfach dastehen und »Das sagt ja auch keiner«, erwiderte Trautman. »Aber wir helfen Singh und deinem Vater nicht, wenn wir einfach blindlings hinausst#252;rmen und selbst dabei umkommen. Noch ist etwas Zeit. Ich bin sicher, dass uns etwas einf#228;llt, wenn wir einen k#252;hlen Kopf bewahren und jetzt nicht in Panik geraten.« Mike #252;berpr#252;fte pedantisch den Sitz seines Unterwasseranzuges, tastete mit den Fingern ein letztes Mal sichernd #252;ber die schweren Messingbolzen, die den Helm verriegelten, und nickte dann zufrieden. In einer Wassertiefe wie dieser konnte er sich keine Unachtsamkeiten erlauben. Ein winziger Riss, ein noch so kleiner Spalt -und das Wasser w#252;rde mit der Gewalt eines Schwerthiebes in seinen Anzug hineinschie#223;en und ihn auf der Stelle t#246;ten. Unter dem Gewicht der drei Sauerstoffflaschen wankend, streckte er den Arm aus und bet#228;tigte den Schalter, der die Pumpen in Gang setzte. Die innere T#252;r der Schleuse hatte er bereits verriegelt und er hatte auch daf#252;r gesorgt, dass niemand sie von au#223;en #246;ffnen konnte; zumindest nicht schnell genug, um ihn an seinem Vorhaben zu hindern. Das Wasser schoss sprudelnd in die Kammer. Um Mikes F#252;#223;e bildeten sich kleine Wirbel, die rasch h#246;her stiegen, seine Waden, die Knie und dann die H#252;ften erreichten und binnen weniger als einer Minute war die Kammer bis unter die Decke mit eiskaltem Wasser gef#252;llt. Mike streckte ein zweites Mal die Hand aus, z#246;gerte noch einen letztenHerzschlag lang und dr#252;ckte dann entschlossen auf den #214;ffnungsknopf. Das #228;u#223;ere Schleusentor glitt auf und Mike blinzelte geblendet in das grelle Licht der Scheinwerfer, die den Meeresboden vor der NAUTILUS mehr als taghell erleuchteten. Sein Herz begann zu klopfen, als er sah, wie nahe die Haie waren. Eine Sekunde lang fragte er sich allen Ernstes, ob er den Verstand verloren hatte. Auch nur einen Schritt dort hinaus zu tun war glatter Selbstmord. Trotzdem tat er es. Der Meeresgrund war an dieser Stelle so weich, dass bei jedem Schritt unter seinen F#252;#223;en eine braungraue Sandwolke emporwirbelte, die fast bis zu seiner Brust stieg. Er hatte das Gef#252;hl, durch z#228;hen Sumpf zu laufen, der sich an seine Beine klammern wollte, und das Gewicht der Sauerstoffflaschen dr#252;ckte ihn unbarmherzig nach vorne. Er machte drei, vier m#252;hsame Schritte, bei denen er jedes Mal mehr Sand hochwirbelte, und es kam ihm vor, als Wie durch ein Wunder hatten die Haie bisher noch keinerlei Notiz von ihm genommen. Sie umkreisten weiterhin das Wrack. Viele von ihnen kamen ihm dabei so nahe, dass sie mit Flossen oder R#252;cken #252;ber das rostig gewordene Metall streiften. Und tats#228;chlich versuchten nicht wenige der grauen Killer ins Innere des Schiffes vorzudringen. Allerdings war es so, wie er vermutet hatte: Nur die kleinen, relativ ungef#228;hrlichen Tiere waren in der Lage, in das Schiff hineinzuschwimmen. Noch waren Singh und Argos dort drinnen also in Sicherheit. Mike schleppte sich m#252;hsam weiter. Er begann seine Schritte zu z#228;hlen und er hatte noch nicht die H#228;lfte der Entfernung zum Wrack zur#252;ckgelegt, als das geschah, was er insgeheim schon in der ersten Sekunde bef#252;rchtet hatte: Die Haie entdeckten ihn. Ein kleineres, kaum einen halben Meter langes Tier schoss pl#246;tzlich auf ihn los und schwenkte erst so dicht vor ihm zur Seite, dass Mike bereits alle Muskeln anspannte, um den erwarteten Anprall abzufangen. Dem ersten Tier folgte ein zweites, gr#246;#223;eres, dann ein drittes und viertes; und pl#246;tzlich war auch Mike von einer wirbelnden Schar tanzender, das Wasser peitschender Haie unigeben -doch zu seinem gro#223;en Erstaunen griff ihn keines der Tiere direkt an. Mike versuchte den lebendigen Schutzwall, der sich rings um ihn herum aufget#252;rmt hatte, mit Blicken zu durchdringen. Es gelang ihm. Er sah das Schimmern von Licht auf Metall und setzte seinen Weg in diese Richtung fort. Schlie#223;lich hatte er es geschafft: Unter seinen tastenden H#228;nden war pl#246;tzlich Metall. Die Haifische bedr#228;ngten ihn immer noch, aber er hatte das Wrack erreicht und dieser Erfolg gab ihm noch einmal neue Kraft. Er tastete sich weiter, versuchte die Haie davonzuscheuchen, und sah schlie#223;lich einen Einstieg vor sich. Mit dem schweren Taucheranzug und der zus#228;tzlichen Last der beiden Flaschen kostete es Mike all seine Kraft, nach dem Rand der Luke zu greifen und sich hinaufzuziehen. Als er es fast geschafft hatte, kam ihm ein grauer Schemen aus dem Schiff entgegengeschossen, traf seine Schulter und warf ihn zur#252;ck. Mike st#252;rzte nach hinten, fiel in den Sand und blieb einen Moment hilflos wie eine auf den R#252;cken gefallene Schildkr#246;te liegen, ehe es ihm irgendwie gelang, sich herumzuw#228;lzen und auf H#228;nde und Knie hochzustemmen. Er griff ein zweites Mal nach dem Rand der Luke, zog sich mit zusammengebissenen Z#228;hnen und unter Aufbietung aller seiner Kr#228;fte daran empor -und wieder schoss ein Hai heran und rammte ihm die stumpfe Schnauze in die Seite. Diesmal war es einer der gro#223;en, wei#223;en. Ein mehr als vier Meter langes Exemplar, dessen Aufprall ihn wie ein Hammerschlag traf. Mike verlor seinen Halt, schrie gellend auf und #252;berschlug sich zweimal, bevor er erneut, aber sehr viel h#228;rter, auf den Meeresboden krachte. Alles drehte sich um ihn. Als er wieder klar sehen konnte, bot sich ihm ein ganz und gar unglaubliches Bild: Er sah eine Gruppe von vier oder f#252;nf ganz besonders gro#223;en Haien direkt auf sich zu schie#223;en. Angef#252;hrt wurden sie von einem wahrhaft gigantischen Exemplar, einem Tier von der Gr#246;#223;e eines kleinen Schiffes, das Tonnen wiegen musste, sich aber pfeilschnell durch das Wasser bewegte. Das aber war es nicht, was Mike schier an seinem Ver stand zweifeln lie#223;. Es war der schwarze, ein#228;ugige Kater, der auf dem R#252;cken des Riesenhaies sa#223; und das Tier mit Fauchen und Krallenbewegungen ganz offen sichtlich lenkte! Mike blinzelte. Der Hai kam mit seinem ungew#246;hnli chen Reiter n#228;her, glitt kaum auf Armesl#228;nge an ihm vorbei und war dann verschwunden. M#252;hsam stemmte sich Mike in die H#246;he, drehte sich herum und versuch te, ihm mit Blicken zu folgen, aber das Tier hatte den Bereich greller Helligkeit, den die Scheinwerfer der NAUTILUS in die ewige Nacht hier unten warfen, bereits verlassen. Nat#252;rlich war das, was er gesehen hatte, vollkommen unm#246;glich. Astaroth war tot. Er war vor seinen Augen gestorben! Und selbst, wenn nicht, dann w#252;rde er wohl kaum in mehr als dreitausend Metern Wassertiefe rittlings auf einem Hai herankommen. Seine #252;berreizten Nerven, seine Furcht und der Schmerz um den Verlust des Katers hatten ihm einen Streich gespielt, das war alles. M#252;hsam drehte er sich herum, schleppte sich zum Schiff zur#252;ck und versuchte zum dritten Mal, nach dem Lukenrand zu greifen. Es gelang ihm, aber seine Kraft reichte nicht mehr aus, sich selbst und das Gewicht der Ausr#252;stung nach oben zu ziehen. Pl#246;tzlich ber#252;hrte ihn etwas an der Schulter. Mike senkte den Blick. Sein Herz machte einen erschrockenen Sprung, als er sah, dass sich ihm zwei Haifische von rechts und links gleichzeitig gen#228;hert hatten. Ihre stumpfen Schnauzen glitten #252;ber seinen Anzug; sicherlich aus keinem anderen Grund als dem, eine passende Stelle zu suchen, um zuzubei#223;en - und dann hoben die Tiere ihn vollkommen m#252;helos in die H#246;he, bugsierten ihn auf die Luke zu und versetzten ihm einen Sto#223;, der ihn kopf#252;ber in das Innere des Schiffes bef#246;rderte! Mike #252;berschlug sich, prallte gegen eine Wand und schlitterte haltlos die schr#228;ge Ebene hinab, die einmal die Seitenwand des Korridors gewesen war. Scharfkantige Tr#252;mmerst#252;cke kratzten #252;ber seinen Anzug, besch#228;digten ihn aber wie durch ein Wunder nicht. Und dann bremste irgendetwas sehr unsanft seinen Sturz. Mit klopfendem Herzen richtete Mike sich auf und sah sich um. Ringsum herrschte vollkommene Dunkelheit. Der Einstieg lag vier oder f#252;nf Meter #252;ber ihm - ein vom Licht der Scheinwerfer hell erleuchtetes Rechteck, von dem jedoch nicht genug Helligkeit ausging, um sich auch hier drinnen zu orientieren. Immerhin sah er jedoch, dass er nicht allein war. Vier oder f#252;nf kleinere Haifische waren mit ihm hereingeschwommen und umkreisten ihn, neugierig oder auch lauernd - das vermochte er nicht zu sagen. Es spielte auch keine Rolle. Zeichen daf#252;r, wie schlecht die Atemluft in seinen Tanks bereits war, und vielleicht lebte er auch schon gar nicht mehr. Mike verschwendete jedoch keine Zeit darauf, ihn zu untersuchen, sondern bewegte sich hastig weiter, erreichte Singh und streifte mit einer einzigen Bewegung die beiden Flaschen von den Schultern. Mit fliegenden Fingern schraubte er den Atemschlauch von Singhs Sauerstoffflasche, befestigte ihn am Ventil eines der frischen Tanks und drehte es auf. Erst dann kniete er neben Singh nieder und w#228;lzte ihn m#252;hsam auf den R#252;cken; mit klopfendem Herzen und fast verr#252;ckt vor Angst, einen Blick durch die Helmscheibe zu werfen und feststellen zu m#252;ssen, dass er zu sp#228;t gekommen war. Aber er war es nicht. Singh lebte. Er hatte die Augen geschlossen und schien bewusstlos zu sein wie Argos, doch sein Atem ging schnell und sto#223;weise und als der frische Sauerstoff zischend in seinen Helm str#246;mte, da konnte Mike sehen, wie er tief und gierig einzuatmen begann. Schon nach wenigen Augenblicken flatterten Singhs Lider und er #246;ffnete die Augen, blinzelte einen Moment lang, dann erkannte er Mike. »Argos ...«, murmelte er. »Hilf... ihm. Sein Sauerstoff ... geht zu Ende.« In der ersten Sekunde war Mike einfach fassungslos. Selbst jetzt schien Argos' geistiger Einfluss noch weit genug zu reichen, um Singhs ersten Gedanken ihm und nicht sich selbst gelten zu lassen. Trotzdem hatte der Inder nat#252;rlich Recht. Mike war nicht hierher gekommen, um ihn sterben zu lassen. So ging er rasch zu Argos hin#252;ber, tauschte auch dessen verbrauchte Sauerstoffflasche gegen eine neue aus und #246;ffnete das Ventil. Danach aber kehrte er sofort wieder zu Singh zur#252;ck. Sein ehemaliger Leibw#228;chter hatte sich mittlerweile in eine halb sitzende Position hochgestemmt; der frische Sauerstoff, der nun in seinen Anzug str#246;mte, schien wahre Wunder zu tun. Seine Bewegungen wirkten noch ein bisschen benommen, aber als Mike ihm ins Gesicht sah, da waren seine Augen klar und sein Blick fest. »Wie kommst du hierher?«, fragte Singh. Bevor Mike antworten konnte, fuhr er kopfsch#252;ttelnd fort: »Ich hatte schon mit dem Leben abgeschlossen. Ich dachte, alles w#228;re aus. Ganz pl#246;tzlich waren die Haifische da, unvorstellbar viele.« »Ich wei#223;«, antwortete Mike. »Aber wo sind sie alle hergekommen? Und was wollten sie?« Mike zuckte nur mit den Schultern, drehte sich aber halb herum und warf einen bezeichnenden Blick auf Argos. Auch der Atlanter hatte sich mittlerweile zu bewegen begonnen, schien aber weitaus gr#246;#223;ere Schwierigkeiten zu haben als Singh, wieder zu klarem Bewusstsein zur#252;ckzufinden. »Sind sie fort?«, fuhr Singh fort. Mike sah ihn an. »Die Haie?« Singh nickte. Um nicht auf seine Frage antworten zu m#252;ssen, stellte Mike eine eigene: »Habt ihr die M#228;nner gefunden?« »Drei von ihnen«, best#228;tigte Singh. »F#252;r die anderen besteht wohl keine Hoffnung mehr. Sie m#252;ssen aus dem Schiff geschleudert worden sein, als es in St#252;cke gebrochen ist. Es ist zwecklos, nach ihnen zu suchen.« »Wo sindsie?« Singh deutete zur T#252;r, die sich jetzt #252;ber ihren K#246;pfen befand. »Im Raum gegen#252;ber. Wir werden Werkzeuge und Tragen brauchen, um sie aus dem Schiff zu befreien. Sie sind zu schwer, um sie ohne diese Hilfe zur NAUTILUS zu schaffen.« »Wir haben das Schiff n#228;her herangebracht«, antwortete Mike. »Es sind nur noch f#252;nfzehn Meter. Ruh dich erst einmal aus und versuche, wieder zu Kr#228;ften zu kommen.« Er z#246;gerte einen Moment, in dem er sich zu Argos herumdrehte und ihm einen finsteren Blick zuwarf, dann f#252;gte er etwas leiser hinzu: »Danach werde ich dir das eine oder andere #252;ber unseren Freund Argos erz#228;hlen.« Singh blickte ihn fragend an, aber Mike ging nicht weiter darauf ein, sondern drehte sich nun vollends zu Argos herum und ging vor ihm in die Hocke, so dass er durch seinen Helm sehen konnte, Argos' Gesicht war noch immer so unnat#252;rlich blass und ausgezehrt wie zuvor. Er atmete schnell und sto#223;weise und Mike konnte sehen, dass an seinem Hals eine Ader pochte. Der frische Sauerstoff hatte ihn aus der Bewusstlosigkeit geweckt, doch es war deutlich zu erkennen, dass er am Ende seiner Kr#228;fte war. Als er Mikes Blick sp#252;rte, hob er den Kopf und sah ihn ein oder zwei Sekunden lang wortlos an. Dann sagte er ganz leise: »Das wird nicht n#246;tig sein.« Und kaum eine Sekunde sp#228;ter sog Singh erschrocken die Luft zwischen den Z#228;hnen ein und stie#223; einen kleinen, #252;berraschten Laut aus. Eine weitere Sekunde darauf sprang er trotz des schweren Taucheranzuges mit einer kraftvollen Bewegung in die H#246;he und trat drohend auf Argos zu. »Das haben Sie getan?!«, fuhr er den Atlanter an. Argos hob nun wieder den Kopf. »Es tut mir sehr Leid«, sagte er. »Es musste sein. Mir ist klar, dass Sie mir nicht glauben werden, aber ich sage die Wahrheit: Ich hatte keine andere Wahl.« »Oh, so einfach ist das?«, fauchte Singh. Seine Stimme zitterte. Trotz des Unterwasseranzuges konnte Mike sehen, unter welcher Spannung der Inder pl#246;tzlich stand. Er konnte sich nicht erinnern, ihn jemals so w#252;tend erlebt zu haben. »Sie haben uns alle in Lebensgefahr gebracht!« sagte er zornig. »Und nicht nur das. Sie haben -« »Jetzt nicht, Singh«, sagte Mike. Zum allerersten Mal, seit er den Sikh kannte, war Singh ganz dicht davor, die Beherrschung zu verlieren und etwas zu tun, was er vielleicht sp#228;ter bereuen w#252;rde, das sp#252;rte Mike ganz genau. Aber noch vor wenigen Stunden war es ihm ja ganz genauso ergangen. »Was ist mit den anderen?«, fragte er in scharfem Ton, an Argos gewandt. »Sie sind frei«, erwiderte der Atlanter. »Alle?«, vergewisserte sich Mike. Argos nickte. Seine Schultern sanken ersch#246;pft nach vorne und er schloss f#252;r einen Moment die Augen. »Meine Kr#228;fte h#228;tten sowieso nicht mehr gereicht, sie lange zu beherrschen«, sagte er. »Es ist sehr m#252;hsam, den freien Willen eines Menschen zu unterdr#252;cken.« »Und f#252;r wie lange?«, fauchte Singh. »Wollen Sie sich nur ein wenig ausruhen, um uns dann erneut zu ... »Haie?«, wiederholte Singh ungl#228;ubig. »Aber ich dachte, sie w#228;ren fort.« »Ich f#252;rchte, nein«, erwiderte Mike. »Aber wie ...?«, Singh machte eine unsichere Handbewegung, »... wie bist du denn hierher gekommen?« »Sie haben mir nichts getan«, antwortete Mike achselzuckend. Den Zusatz abgesch#252;ttelt«, antwortete Argos, eine Spur sch#228;rfer als bisher, trotzdem aber immer noch in m#252;dem, resignierendem Ton. Er seufzte. »Ich habe mich wohl geirrt.« Singh antwortete nicht, aber in seinem Gesicht arbeitete es und Mike sp#252;rte, dass die Situation zu eskalieren drohte. Auch Singh war ein #228;u#223;erst stolzer Mann. Als Angeh#246;riger der indischen Kriegerkaste h#228;tte er sich niemals dem Willen eines anderen gebeugt, es sei denn, aus freien St#252;cken. Schon die Vorstellung, dass Argos ihn w#228;hrend der letzten beiden Tage -und vielleicht schon viel l#228;nger! -manipuliert hatte wie eine Marionette, an deren F#228;den er zog, musste ihn fast in den Wahnsinn treiben. »Versuchen wir, einen Weg zur#252;ck zur NAUTILUS zu finden«, schlug Mike fast hastig vor. Singh brauchte eine Aufgabe, die ihn von seinem Zorn auf Argos ablenkte. »Das d#252;rfte gar nicht so leicht werden. Die Haie werden uns nichts tun, aber ich wei#223; nicht, wie wir Argos auf das Schiff bekommen sollen.« »Geht ruhig«, antwortete Argos. »Du hast Recht: Sie werden euch nichts tun, sie wollen nur mich. Wenn ihr mich hier zur#252;cklasst, werden sie euch unbehelligt ziehen lassen.« »Kommt #252;berhaupt nicht in Frage«, antwortete Mike. »So leicht kommen Sie uns nicht davon. Und au#223;erdem w#228;re dann alles umsonst gewesen, nicht wahr?« »Er hat Recht«, sagte Singh. Als Mike antworten wollte, hob er rasch die Hand und fuhr fort: »Ich meine nicht damit, dass wir ihn im Stich lassen sollen. Das w#252;rde seinen sicheren Tod bedeuten. Aber wenn es wirklich so ist, wie du sagst, und die Haifische uns nichts tun, dann k#246;nnen wir zur NAUTILUS zur#252;ckgehen und versuchen, dort eine L#246;sung zu finden.« »Der Sauerstoff in seiner Flasche reicht nicht ewig«, gab Mike zu bedenken. »Eine Stunde ist eine lange Zeit«, erwiderte Singh. »Wir erreichen nichts, wenn wir alle drei hier herumsitzen und warten, bis uns die Luft ausgeht.« Mike musste sich diesem Argument wohl oder #252;bel beugen. »Also gut«, sagte er schweren Herzens. »Gehen Es war gespenstisch. Die Haifische waren immer noch da und es kam Mike vor, als w#228;ren es noch mehr geworden. Die Tiere umkreisten Singh und ihn in dichten, nerv#246;sen Schw#228;rmen und wie auf dem Hinweg wurde er ein paarmal angesto#223;en und gerempelt. Obwohl er sich verzweifelt einzureden versuchte, dass sie nicht in Gefahr waren, hatte Mike Angst wie niemals zuvor in seinem Leben. Und der R#252;ckweg zur NAU-TILUS, der nicht einmal f#252;nf Minuten in Anspruch nahm, schien zu der gleichen Anzahl von Stunden zu werden. Kaum hatten sie die Schleusent#252;r geschlossen und das Wasser herausgepumpt, da wurde Mike von einem sehr w#252;tenden Trautman in Empfang genommen, der zwar sehr erleichtert wirkte, aber geschlagene f#252;nf Minuten damit verbrachte, Mike mit Vorhaltungen zu #252;berh#228;ufen und ihm in den d#252;stersten Farben auszumalen, was ihm alles h#228;tte passieren k#246;nnen. Mike sagte kein Wort dazu. Trautman hatte ja Recht und davon ganz abgesehen kannte er ihn gut genug, um zu wissen, dass es im Moment das Kl#252;gste war, ihn einfach reden zu lassen und nicht zu widersprechen. Schlie#223;lich war Trautman mit seiner Gardinenpredigt zu Ende und sie gingen zur#252;ck in den Salon, wo die anderen bereits auf sie warteten. Ein einziger Blick in ihre Gesichter machte Mike klar, dass Argos Wort gehalten hatte: sie alle wirkten erleichtert, ihn und Singh zu sehen, aber sie sahen zugleich auch zutiefst verst#246;rt und beunruhigt aus und offensichtlich kostete es jeden auf seine Weise gro#223;e Kraft, mit dem Gedanken fertig zu werden, in den vergangenen Tagen nicht mehr Herr seines Willens gewesen zu sein. Er musste niemandem erkl#228;ren, was geschehen war; so wie auch er selbst vor einigen Stunden, schienen die anderen im selben Moment, in dem Argos' Bann von ihnen abfiel, begriffen zu haben, was der Atlanter getan hatte. Nur Serena sah nicht zornig drein, sondern nur ein bisschen irritiert und immer noch #228;ngstlich. »Und was sollen wir jetzt tun?«, fragte sie, als Mike mit knappen Worten berichtet hatte, wie es ihm ergangen war und wie es au#223;erhalb der NAUTILUS aussah. »Wir m#252;ssen diese Ungeheuer vertreiben.« »Das ist v#246;llig ausgeschlossen«, erwiderte Trautman. »Und es ist genauso ausgeschlossen, Argos hierher zu holen«, f#252;gte Mike kopfsch#252;ttelnd hinzu. »Auch Singh und ich h#228;tten es kaum zur#252;ck zur NAUTILUS geschafft - und dabei haben sie uns nicht einmal angegriffen.« »Wollt ihr ihn etwa seinem Schicksal #252;berlassen?«, fragte Serena aufgebracht. »Ich h#228;tte nicht #252;bel Lust dazu«, grollte Ben. »Der Kerl h#228;tte uns um ein Haar alle umgebracht.« Direkt an Serena gewandt und in sp#246;ttischem Ton f#252;gte er noch hinzu: »Dich eingeschlossen, Prinzesschen.« Serena wollte auffahren, aber Trautman erstickte den beginnenden Streit mit einer energischen Handbewegung im Keim. »Genug!«, sagte er. »Ihr habt beide Recht. Wir k#246;nnen ihn nicht zur#252;cklassen, aber er kann auch nicht hierher kommen. Die Haie w#252;rden ihn in St#252;cke rei#223;en.« »Und wenn wir wirklich eine Art Tunnel bauen?«, schlug Juan vor. »Wir haben genug Material an Bord. Nur so etwas wie ein Gitter, ich habe so etwas schon einmal gesehen. Manche Taucher benutzen gro#223;e Metallk#228;fige, um sich vor Haien oder anderen Raubfischen zu sch#252;tzen.« »Vor normalen Haien vielleicht«, antwortete Singh. »Glaub mir, Juan: Diese Biester dort drau#223;en w#252;rden selbst die dicksten Eisenstangen einfach durchbei#223;en.« Er sch#252;ttelte traurig den Kopf. »Auch ich m#246;chte ihn nicht seinem Schicksal #252;berlassen, ganz gleich, wie w#252;tend ich auch bin. Aber ich sehe keinen anderen Ausweg. Solange er im Schiffswrack ist, ist er in Sicherheit, aber sobald er es verl#228;sst, kriegen sie ihn.« Niemand antwortete, Serena sah schlichtweg entsetzt drein und auch auf den Gesichtern der anderen begann sich ein betroffener Ausdruck breit zu machen. Einzig Trautman wirkte pl#246;tzlich sehr nachdenklich und dann sagte er: »Vielleicht ist das die L#246;sung.« »Was?«, fragte Mike. Auch Singh und die anderen blickten verst#228;ndnislos drein. »Es ist vielleicht eine verr#252;ckte Idee«, murmelte Trautman, aber ... wenn er nicht aus dem Wrack herauskann, dann m#252;ssen wir es eben zu uns holen!« Mike legte den Schwei#223;brenner aus der Hand und griff mit beiden H#228;nden zu und r#252;ttelte mit aller Kraft an der gro#223;en Metall#246;se, die er im Verlauf der letzten zwanzig Minuten am Rumpf des Wracksfestgeschwei#223;t hatte. Es war eine von fast einem Dutzend gleichartiger #214;sen, die sie an ebenso vielen, genau berechneten Punkten am abgebrochenen Teilst#252;ck des Schiffes angebracht hatten -ein Unterfangen, das sich als schwieriger erwies, als sie es sich vorgestellt hatten, denn der weitaus gr#246;#223;te Teil des Wracks bestand nicht mehr aus Metall. Vielmehr hatte der unheimliche Effekt, der jedes Leben an Bord des Schiffes zum Erl#246;schen gebracht hatte, auch vor seinem Rumpf nicht Halt gemacht und ihn in eine stein#228;hnliche Substanz verwandelt, der selbst mit einem Schwei#223;brenner schwer beizukom men war. Sein Funkger#228;t knisterte und Trautmans Stimme fragte: »Wie weit bist du?« »Fertig«, antwortete Mike. »Gut«, sagte Trautman, »dann komm zur#252;ck an Bord. Singh und ich erledigen den Rest.« Mike lie#223; sich kein zweites Mal dazu auffordern. Hastig ergriff er den Schwei#223;brenner, h#228;ngte sich das Ger#228;t #252;ber die Schulter und stapfte durch den aufwirbelnden Sand zur NAUTILUS zur#252;ck. Auf halbem Wege kam ihm Chris entgegen, der unter dem Gewicht einer zus#228;tzlichen Sauerstoffflasche schwankte. Es war das dritte Mal, dass einer von ihnen den Weg von der NAUTILUS zum Wrack hin mit dieser Last machte. Argos' Atemluft reichte immer f#252;r eine gute Stunde, aber wenn sie erst einmal damit begannen, ihren Plan in die Tat umzusetzen, w#252;rden sie keine Gelegenheit mehr haben, ihm eine weitere Reserveflasche zu bringen. Mike winkte dem j#252;ngsten Besatzungsmitglied der NAUTI-LUS fl#252;chtig zu und warf einen unsicheren Blick in die Runde; wohin er auch sah, grinsten ihn gef#228;hrliche Haifischgebisse an, doch keines der Tiere hatte ihn oder einen seiner Freunde angegriffen, und er beeilte sich, das restliche St#252;ck des Weges noch schneller zur#252;ckzulegen. Trautman und Singh traten aus der Schleuse, als Mike n#228;her kam. Trautman gab ihm noch einige knappe Anweisungen, dann betrat er das Schiff, schloss das #228;u#223;ere Schott und wartete ungeduldig darauf, dass die Schleuse leer lief. Erleichtert #246;ffnete er die innere T#252;r, legte das Schwei#223;ger#228;t zu Boden und begann sich mit fahrigen Bewegungen aus dem Taucheranzug zu sch#228;len. Erst jetzt, als er wieder im behaglich warmen Inneren der NAUTILUS war, sp#252;rte er richtig, wie kalt das Wasser drau#223;en gewesen war. Er war durchgefroren bis auf die Knochen und er glaubte jeden einzelnen Handgriff zu sp#252;ren, den er in den letzten beiden Stunden ge tan hatte. Mike betrat den Salon, stellte mit einem raschen Blick fest, dass er leer war, und trat m#252;de ans Fenster. Im Licht der starken Scheinwerfer konnte er Trautman und Singh erkennen, die zur Gr#246;#223;e von Ameisen geschrumpft zu sein schienen. Sie hatten das Wrack erreicht und begannen eine Anzahl gewaltiger Stahltrossen in den #214;sen zu befestigen, die Mike und die anderen am Schiff festgeschwei#223;t hatten. Die Haifische umkreisten sie dabei neugierig und aufgeregt und obwohl Mike wusste, wie l#228;cherlich dieser Gedanke war, kam es ihm trotzdem so vor, als ob die Tiere genau beobachteten, was sie da taten -und als ob sie es genau Mike rief sich in Gedanken zur Ordnung. Das sonderbare Verhalten der Haie war unheimlich genug, auch ohne dass er anfing, ihnen eine Intelligenz zuzuschreiben, die sie nicht besa#223;en. Er h#246;rte Schritte und erkannte an ihrem Klang, dass es Serena war, die den Salon betreten hatte. Mike drehte sich nicht zu ihr herum, aber nach einigen Sekunden erkannte er das verzerrte Spiegelbild ihrer Gestalt in der Scheibe vor sich. Es vergingen zwei oder drei Minuten, in denen Serena einfach schweigend neben ihm stand und ins Meer hinausblickte. Dann sagte sie: »Was meinst du? Werden sie es schaffen?« Mike wusste es nicht. Trautmans Plan war so verr#252;ckt, dass er sich unter normalen Umst#228;nden einfach geweigert h#228;tte, auch nur dar#252;ber nachzudenken. »Sie m#252;ssen es wohl«, sagte er leise. »Wir k#246;nnen ihn schlie#223;lich nicht ewig dort dr#252;ben lassen und darauf hoffen, dass die Haie von selbst verschwinden.« Sie sahen Trautman und dem Inder zu. Die Zeit verging nur schleppend langsam. Wie Trautman Mike auf dem Weg zur#252;ck zum Schiff gesagt hatte, kehrten die anderen der Reihe nach in die NAUTILUS zur#252;ck und gesellten sich zu ihnen. Niemand sprach. Ben, Chris und Juan nahmen neben Mike und Serena vor dem Fenster Aufstellung und beobachteten gebannt, wie Singh und Trautman ihre Arbeit beendeten. Sie kamen weitaus weniger gut voran, als sie alle gehofft hatten; die Arbeit in dieser Wassertiefe war ebenso schwierig wie gef#228;hrlich und die Haie behinderten die beiden M#228;nner, obwohl sie sie nicht angriffen. Es musste wohl so sein, wie Argos behauptet hatte: Die Tiere waren nur hier, um Moment direkt in die Gesichter der Menschen hinter der Glasscheibe zu starren und Mike glaubte etwas darin zu erkennen, das ihn schaudern lie#223;. Dann schwenkte das Tier herum und setzte zu einem zweiten, w#252;tenden Angriff an. Diesmal waren sie vorbereitet und fanden alle irgendwo festen Halt, aber die NAUTILUS erzitterte noch heftiger unter dem Anprall und wie zur Antwort lief ein langes, metallisches St#246;hnen durch den Schiffsrumpf, das ihnen allen einen eiskalten Schauer #252;ber den R#252;cken jagte. »Das »Aber die Luft im Anzug reicht h#246;chstens f#252;r drei oder vier Minuten«, protestierte Ben, doch Trautman schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab. »Mehr Zeit werde ich nicht brauchen«, erwiderte er. W#228;hrend er nach dem schweren Helm griff, wandte er sich an Mike und fragte: »Glaubst du, dass Argos noch unsere Gedanken liest?« Mike zuckte mit den Schultern. »Ich wei#223; es nicht«, antwortete er. »Dann bete, dass er es tut«, sagte Trautman d#252;ster. »Denn sonst ist er in ein paar Minuten tot.« Er st#252;lpte den Helm #252;ber, verriegelte die Verschl#252;sse und riss mit einer ungeduldigen Bewegung die innere T#252;r der Schleusenkammer auf. Ohne weitere Erkl#228;rung trat er hinein, zog die T#252;r hinter sich zu und bet#228;tigte den Schalter, der den Raum flutete. »Aber was hat er denn vor?«, fragte Ben kopfsch#252;ttelnd. Mike konnte nur erneut mit den Schultern zucken. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, was Trautman vorhatte. In diesem Moment erzitterte die NAUTILUS unter einem weiteren, krachenden Schlag. Der Tiefseehai setzte seine Angriffe beharrlich fort. Bei der enormen Gr#246;#223;e des Tieres, das sie durch das Fenster gesehen hatten, wunderte es Mike beinahe, dass das Wrack an seinen Stahlseilen nicht schon l#228;ngst auseinandergebrochen war. Aber mehr als zwei oder drei weiterer solcher Treffer w#252;rde es bestimmt nicht aushalten. Ben und er pressten die Gesichter gegen die dicke Glasscheibe, durch die sie ins Innere der Schleusenkammer blicken konnten. Das Wasser hatte bereits die Decke erreicht und Trautman bet#228;tigte den Schalter, der die #228;u#223;ere T#252;r #246;ffnete. Sie war noch nicht einmal halb auf, da schoss der erste Hai herein: ein armlanges Gesch#246;pf, das sich sofort w#252;tend in Trautmans Anzug verbiss und daran zerrte, bis Trautman ihm einen Faustschlag auf die Nase versetzte, woraufhin es sich benommen zur#252;ckzog. Aber schon dr#228;ngte ein weiterer Hai herein und dann ein dritter und vierter - und dann riss Ben erstaunt die Augen auf und lie#223; einen kleinen, #252;berraschten Schrei h#246;ren. Eingezw#228;ngt in einen lebenden Mantel aus schlanken, silbergrauen K#246;rpern, die sich an zahllosen Stellen in seinen Anzug verbissen hatten, zog sich Argos in die Schleusenkammer. Ein besonders gro#223;er Hai hatte sich in seinem rechten Bein verbissen und zerrte und riss mit aller Kraft daran, so dass es Argos nicht gelang, sich ganz in das Schiff hineinzuziehen. Selbst auch dann nicht, als Trautman zugriff und ihm zu helfen versuchte. Schlie#223;lich drehte sich Trautman halb herum, hielt sich mit beiden H#228;nden an den T#252;rkanten fest und versetzte dem Hai zwei, drei wuchtige Tritte gegen die Schnauze, bis er endlich loslie#223;. Doch die Gefahr war noch nicht vor#252;ber. Schon schossen weitere Haie heran. Und hinter dem Gewirr aus lebenden K#246;rpern glaubte Mike einen kolossalen Schatten zu erkennen, der sich rasend schnell n#228;herte. Es ging buchst#228;blich um Sekundenbruchteile. Die Haifische lie#223;en pl#246;tzlich von Argos und Trautman ab und stoben in alle Richtungen auseinander. Hinter ihnen klaffte ein Maul auf, in dem ein erwachsener Mann bequem h#228;tte liegen k#246;nnen, und jagte auf das Schiff zu. Trautman warf sich mit einer verzweifelten Bewegung zur#252;ck und zerrte Argos dabei mit sich und dann prallte der Riesenhai mit Urgewalt gegen die Flanke der NAUTILUS. Diesmal war es, als ob das Schiff vor Schmerz aufschrie. Ein helles, metallisches Kreischen dr#246;hnte in Mikes Ohren und die Ersch#252;tterung war so stark, dass Ben und er an die gegen#252;berliegende Wand geschleudert wurden und zu Boden fielen. In der fingerdicken Scheibe, die in der T#252;r zur Schleusenkammer eingelassen war, erschien ein gezackter Riss und dem ersten, gellenden Kreischen des Schiffsrumpfes folgte ein langanhaltendes, mahlendes St#246;hnen und Knacken. Die NAUTILUS zitterte immer noch so stark, dass es Mike kaum gelang, sich in die H#246;he zu stemmen und wieder zur T#252;r zu taumeln. Als er durch das Fenster sah, erblickte er ein wahres Wunder: Der Anprall des Riesenhais hatte weder Trautman noch Argos das Leben gekostet, sondern es ihnen im Gegenteil vermutlich gerettet, denn die Ersch#252;tterung schien sie beide in die Schleuse hineingeschleudert zu haben. Argos lag am Boden und regte sich nicht mehr. Aus dem aufgerissenen Bein seines Taucheranzuges sprudelte ein d#252;nner, aber best#228;ndiger Strom von Luftblasen in die H#246;he, w#228;hrend sich Trautman auf H#228;nde und Knie erhoben hatte und mit unsicheren Bewegungen nach dem Schalter tastete,der die T#252;r schloss. Auf der anderen Seite der #214;ffnung war eine sich bewegende Wand aus grauer, schimmernder Haut zu sehen und pl#246;tzlich starrte ein riesiges schwarzes Auge zu ihnen herein. Doch dann hatte Trautman endlich den Schalter erreicht, legte ihn um und die T#252;re begann sich zu schlie#223;en. Endlich war die Schleuse wieder mit Luft gef#252;llt und er konnte die T#252;r #246;ffnen. Trautman taumelte ihm entgegen, fiel auf die Knie und riss sich den Helm vom Kopf. Er tat einen tiefen, keuchenden Atemzug. Seine H#228;nde zitterten und sein Herz schlug so heftig, dass sie die Adern an seinem Hals pochen sehen konnten. Doch als sich Mike und Ben um ihn k#252;mmern wollten, sch#252;ttelte er den Kopf und deutete hinter sich. »Argos«, sagte er atemlos. »K#252;mmert euch um ihn. Ich weiss nicht, ob er noch lebt.« Ben machte ein trotziges Gesicht, aber dann traf ihn ein strenger Blick Trautmans und er stand auf und trat neben Mike in die enge Schleusenkammer. Zu zweit ergriffen sie Argos unter den Achseln und zerrten ihn aus der Schleuse; eine Aufgabe, die fast ihre Kraft #252;berstieg, denn der Atlanter trug gleich zwei der schweren Sauerstoffflaschen auf dem R#252;cken und ohne den hilfreichen Auftrieb des Wassers sp#252;rten sie deren Gewicht doppelt. M#252;hsam brachten sie ihn nach drau#223;en, legten ihn auf den R#252;cken und Mike lie#223; sich neben ihm auf die Knie sinken und #246;ffnete seinen Helm. Argos war bei Bewusstsein, schien aber benommen. Als Mike ihn ansprach, reagierte er nicht, sondern st#246;hnte nur leise. »Sein Bein sieht nicht gut aus«, sagte Ben. Mike vermied es, sich Argos' Bein anzusehen. Er konnte sich vorstellen, welchen Anblick es bot. Bei der Gr#246;#223;e des Haies, der sich darin verbissen hatte, war es ein kleines Wunder, dass er Argos das Bein nicht glattweg abgebissen hatte. Wenigstens, dachte er, wei#223; ich jetzt, warum Trautman gerade gefragt hatte, ob Argos noch ihre Gedanken las ... »Er muss aus dem Anzug heraus«, sagte Trautman. Er selbst hatte sich bereits aufgerichtet und damit begonnen, sich aus dem schweren Kleidungsst#252;ck zu sch#228;len. Mit Bens und Mikes Hilfe gelang es ihm binnen weniger Augenblicke, aus dem Taucheranzug herauszukommen, dann machten sie sich gemeinsam daran, auch Argos aus seiner Unterwasserausr#252;stung zu befreien. Der Atlanter begann laut zu st#246;hnen, als sie ihn aus dem Anzug zerrten. Die Wunden an seinem Bein waren weit weniger schlimm, als Mike bef#252;rchtet hatte, bluteten aber heftig und taten sicherlich h#246;llisch weh, doch als Ben sich b#252;cken wollte, sch#252;ttelte Trautman abermals den Kopf. »Dazu ist keine Zeit«, sagte er. »Wir bringen ihn in den Salon. Rasch. Serena kann sich um ihn k#252;mmern. Wir m#252;ssen hier weg, bevor dieses Vieh anf#228;ngt, die NAU-TILUS anzugreifen.« Er ergriff Argos an den Beinen und hob ihn hoch, w#228;hrend Mike und Ben sich jeweils einen Arm des Atlanters #252;ber die Schultern h#228;ngten. Argos st#246;hnte und wimmerte ununterbrochen, denn die Behandlung f#252;gte ihm sicherlich gewaltige Schmerzen zu, aber da rauf konnten sie keine R#252;cksicht nehmen. So schnell es mit ihrer schweren Last m#246;glich war, eilten sie die Treppe hinauf und zum Salon. Bevor sie ihn erreichten, kam ihnen Serena entgegen. Sie schrie erschrocken auf, als sie ihren Vater wie tot zwischen Mike und Ben erblickte und Mike hob rasch die freie Hand und sagte: »Keine Sorge. Er lebt.« Sie trugen Argos in den Salon, legten ihn behutsam auf den Boden und Trautman eilte wieder zum Steuerpult, w#228;hrend sich Ben und Mike voller banger Erwartung dem Fenster zuwandten. Ihre schlimmsten Bef#252;rchtungen schienen einzutreten. Der Tiefseehai war wieder da. Er schwamm in zehn oder f#252;nfzehn Metern Entfernung neben der NAUTILUS, im selben Tempo wie sie und umgeben von Hunderten seiner kleineren Artgenossen, die neben dem grauen Koloss wie Heringe wirkten. Noch hatte er keinen Versuch gemacht, die NAU-TILUS anzugreifen, aber Mike glaubte regelrecht zu sp#252;ren, was in dem Giganten der Tiefsee vorging: Es war seine Aufgabe, den Atlanter zu holen; wohin und in wessen Auftrag auch immer. Und er w#252;rde nicht ruhen, bis er diese Aufgabe erf#252;llt hatte. »Macht euch keine Sorgen«, sagte Trautman vom Steuerpult aus, als h#228;tte er seine Gedanken gelesen. »Hier drinnen sind wir sicher. Nicht einmal dieser Bursche kann uns ...« Er brach mitten im Wort ab und seine Augen wurden gro#223;, w#228;hrend er an Mike vorbei zum Fenster starrte und sein Gesicht -ohnehin schon sehr bleich -verlor noch mehr Farbe. Als Mike sich ebenfalls zum Fenster umwandte, schien ihm schier das Blut in den Adern zu gerinnen: Der Tiefseehai war immer noch da. Und er war nicht mehr allein. Im Licht der starken Scheinwerfer konnten sie einen zweiten, eine Sekunde sp#228;ter einen dritten und dann sogar einen vierten kolossalen Fisch erkennen, die sich alle der NAUTILUS langsam n#228;herten. »Oh«, sagte Ben halblaut. »Jetzt wird es eng.« »Gro#223;er Gott!«, murmelte Trautman. »Aber das ... das ist doch ... unm#246;glich!« Langsam n#228;herte sich einer der Riesenhaie dem Schiff. Er schwamm genau auf das Fenster zu, bis er direkt zu ihnen hereinstarren konnte. In seinem Blick war etwas Hypnotisierendes, fast L#228;hmendes. Alle anderen waren erschrocken vom Fenster zur#252;ckgewichen, als der Riesenfisch n#228;her kam, aber Mike konnte sich nicht r#252;hren. »Wenn sie uns angreifen, ist es aus«, fl#252;sterte Ben. »Das h#228;lt nicht einmal die NAUTILUS aus.« Damit hat er zweifellos Recht, dachte Mike. Aber es war seltsam - aus irgendeinem Grund hatte er #252;berhaupt keine Angst. Es war, als ... als rannte zum Fenster und warf sich gegen das dicke Panzerglas. Und das Wunder geschah: Der zweite Hai, der wie ein gigantischer lebender Torpedo heranschoss, warf sich im buchst#228;blich allerletzten Moment herum und verfehlte die NAUTILUS so knapp, dass seine dreieckige, segelbootgro#223;e R#252;ckenflosse mit einem h#246;rbaren Ger#228;usch unter dem Rumpf entlangschrammte. Aber der furchtbare Anprall, der das Schiff vermutlich in St#252;cke geschlagen h#228;tte, blieb aus. F#252;r einen Moment wurde es sehr still im Salon. Im allerersten Moment fiel es Mike gar nicht auf, dann aber sp#252;rte er die Stille. Und er f#252;hlte die Blicke der anderen auf sich, noch ehe er sich herumdrehte und in die Gesichter Serenas, Trautmans, Singhs, Bens, Juans und Chris' blickte, die ihn allesamt fassungslos anstarrten. »Was hast du gesagt?«, murmelte Ben. »Astaroth?« »Aber er ist doch tot«, sagte Chris. »Nein«, antwortete Mike. »Das ist er nicht.« »Aber wie ...« Trautman sch#252;ttelte den Kopf. »Wir alle haben doch gesehen, dass ihn die Haifische gefressen haben.« Mike drehte sich vom Fenster herum und ging zum Kartentisch. Der Anprall hatte auch Argos von seinem Platz heruntergeschleudert und er lag reglos und mit geschlossenen Augen auf dem R#252;cken. Er atmete tief und regelm#228;#223;ig, hatte aber das Bewusstsein verloren. »Wir haben gesehen, dass ihn die Haifische unter Wasser gezerrt haben«, sagte er. »Aber mehr auch nicht.« »Du ... du meinst, er »Ich habe ihn gesehen«, antwortete Mike. »Wann?«, fragte Trautman scharf. »Als ich das erste Mal drau#223;en beim Wrack war«, antwortete Mike. »Und es nicht f#252;r n#246;tig gehalten, es uns zu sagen?«, schnappte Ben. »Das h#228;tte wenig Sinn gehabt«, antwortete Mike. »Ihr habt ja alle noch unter Argos' Einfluss gestanden. Au#223;erdem hielt ich es f#252;r besser, wenn nicht alle es wissen.« Auch er deutete zum Fenster. »Astaroth ist da drau#223;en. Fragt mich nicht, warum oder was er dort tut aber ich habe ihn gesehen. Er ...« Mike brach ab. Was sollte er sagen? Dass er Astaroth gesehen hatte, wie er rittlings auf einem Hai herangeprescht kam und in Gedanken Ben warf einen nerv#246;sen Blick zum Fenster. Die Riesenhaie samt ihren kleineren Br#252;dern umkreisten das Schiff noch immer und auch wenn sie ihren Angriff eingestellt hatten, so trug der Anblick doch nicht unbedingt dazu bei, sie zu beruhigen. Weder er noch das Bild, das pl#246;tzlich wieder in Mikes Ged#228;chtnis erschien. Aber er sprach auch dies nicht aus. Argos hatte sie im Moment aus seinem geistigen Bann entlassen, aber Mike hatte das sichere Gef#252;hl, dass es noch nicht vorbei war. Ihr gespenstischer Geleitschutz blieb ihnen treu, bis sie die Oberfl#228;che und eine knappe Stunde darauf die kleine Insel erreicht hatten, die Trautman als Ziel aussuchte. Seine Wahl war gut gewesen: Das Eiland lag nicht nur fernab von allen bekannten Schiffsrouten, es war auch - zumindest auf den ersten Blick unbewohnt und es verf#252;gte #252;ber einen breiten, weit ins Meer hineinreichenden Sandstrand, an dem die NAU-TILUS anlegen konnte und an dem das Wasser so flach war, dass zumindest die gr#246;#223;eren Haie die Verfolgung aufgeben mussten. Und als sie schlie#223;lich mit klopfenden Herzen die NAUTILUS verlie#223;enund einen Blick ins kristallklare Wasser warfen, erlebten sie eine weitere #220;berraschung: Zwar waren die meisten Stahltrossen, die sie am Rumpf des Wracks angebracht hatten, gerissen, aber drei oder vier der fingerdicken Kabel hatten gehalten und sie hatten ausgereicht, das Tr#252;mmerst#252;ck sicher mit zur Oberfl#228;che hinaufzutragen. »Dann war es ja wenigstens nicht ganz umsonst«, sagte Trautman brummig. Er sah aufmerksam aufs Meer hinaus. Der Ozean war alles andere als leer. Auch wenn die gr#246;#223;ten Raubfische nicht in ihrer N#228;he waren, so konnte man doch auf Anhieb zwei- oder dreihundert dreieckige R#252;ckenflossen durch das t#252;rkisfarbene Wasser schneiden sehen. »Dann k#246;nnen wir nur hoffen, dass sie uns nicht angreifen, wenn wir die M#228;nner rausholen«, f#252;gte er hinzu. Ben riss ungl#228;ubig die Augen auf. »Das ist nicht Ihr Ernst!«, sagte er. »Sie wollen sie bergen? Nach allem, was Argos mit uns angestellt hat?« Trautman sah ihn eine Sekunde lang mit seltsamem Ausdruck an. »Daf#252;r wird er sich verantworten m#252;ssen, keine Angst«, sagte er dann. »Und selbstverst#228;ndlich ist das mein Ernst. Was sollte ich wohl tun? Die M#228;nner dort unten lassen? Sie sterben lassen, weil Argos etwas getan hat, was uns nicht gefallt? « Ben riss die Augen auf. »Was uns nicht gef#228;llt?«, kr#228;chzte er. »Das ist die Untertreibung des Jahres!« »M#246;glich«, sagte Trautman ruhig. »Trotzdem werden wir sie da rausholen. Und anschlie#223;end bringen wir sie und Argos an Land und beraten, was weiter zu tun ist.« Ben sah ganz so aus, als wollte er erneut protestieren, aber Trautman gab ihm gar keine Gelegenheit dazu, sondern drehte sich mit einem Ruck herum, winkte Singh zu sich heran und begann das auf dem Deck verschraubte Boot zu l#246;sen. Auch Juan und Mike packten mit zu, nur Ben stand mit trotzig vor der Brust verschr#228;nkten Armen dabei und r#252;hrte sich nicht. Serena und Chris waren unten im Schiff zur#252;ckgeblieben; Serena, um sich um ihren Vater zu k#252;mmern, und Chris, um ein Auge auf beide zu werfen. Der gef#228;hrliche Moment kam, als sie das Boot zu Wasser gelassen hatten und Singh mit einer entschlossenen Bewegung #252;ber Bord sprang und zu dem Wrackteil hinabtauchte. Mike sah mit angehaltenem Atem zu, wie zwei, drei Haifische auf ihn zu schossen, dann aber im letzten Moment wieder ihre Richtung wechselten, ohne ihn anzugreifen. »Sieht aus, als h#228;tten wir Gl#252;ck«, sagte Trautman. Singh tauchte wieder auf, holte tief Atem und erkl#228;rte keuchend: »Sie sind noch dort unten. Aber sie sind zu schwer, um sie so einfach herauszuholen.« »Dann m#252;ssen wir einige Sauerstoffflaschen neu f#252;llen und jemand muss in einem Taucheranzug hinunter«, sagte Trautman. »Das wird ein paar Stunden in Anspruch nehmen, aber ich glaube, nach all der Zeit macht das jetzt auch keinen Unterschied mehr.« Er half Singh, wieder an Bord des Beibootes zu klettern, dann ruderten sie die wenigen Meter zur NAUTI-LUS zur#252;ck und Trautman und der Inder kletterten aufs Schiff hinauf. Als Mike und Juan ihnen folgen wollten, sch#252;ttelte Trautman jedoch den Kopf und deutete zum Strand. »Fahrt zur Insel«, sagte er. »Seht euch ein bisschen um, aber geht nicht zu weit. Ich glaube nicht, dass sie bewohnt ist, aber sicher ist sicher. Singh und ich bereiten alles Notwendige vor. Ich will diese Nacht gerne auf festem Boden verbringen«, f#252;gte er in sonderbarem Tonfall hinzu. Mike konnte das gut verstehen. Trautmans Bemerkung zeigte, wie sehr das Zutrauen des deutschen Seemanns in die NAUTILUS ersch#252;ttert war. Trautman war praktisch auf dem Wasser geboren und hatte den allergr#246;#223;ten Teil seines Lebens dort beziehungsweise unter Wasser verbracht. Und Mike hatte in all den Jahren, in denen sie sich kannten, nicht ein einziges Wort des Bedauerns oder Zweifeins von ihm geh#246;rt, aber im Moment erging es ihm fast ebenso. Vielleicht waren sie einmal zu oft gerade noch mit knapper M#252;he entkommen. Juan und er griffen nach den Rudern und fuhren zum Strand. W#228;hrend der n#228;chsten halben Stunde untersuchten sie den Wald im Umkreis einer halben Meile so gr#252;ndlich, wie es ging, fanden aber weder Spuren menschlicher Bewohner noch gef#228;hrlicher Tiere, daf#252;r aber eine kleine Quelle, die nur wenige Dutzend Meter vom Ufer entfernt lag, und genug Fr#252;chte, um ein wahres Festmahl daraus zu bereiten. Sie sammelten trockenes Holz, um sp#228;ter ein Feuer zu entz#252;nden, stapelten es dicht oberhalb der Flutlinie zu einem Haufen auf und ruderten schlie#223;lich zur NAUTILUS zur#252;ck. Als sie in den Salon kamen, waren alle bis auf Singh darin versammelt. Argos lag auf der Couch beim Kartentisch und schien immer noch ohne Bewusstsein. Und Serena sa#223;, ganz wie Mike es erwartet hatte, neben ihm und hatte seine Hand ergriffen. Sie sah mit gro#223;er Sorge auf sein Gesicht hinab. Der Anblick versetzte Mike einen tiefen, schmerzhaften Stich. Serena schien seinen Blick zu sp#252;ren, denn sie sah pl#246;tzlich auf, blickte ihm in die Augen und l#228;chelte. Aber es war ein trauriges L#228;cheln, so dass Mike sich noch niedergeschlagener f#252;hlte. Rasch wandte er den Blick ab und ging zu Trautman und den anderen. »Wie weit seid ihr?« Trautman sah auf die Uhr. »Es dauert noch eine Stunde, bis die Sauerstoffflaschen gef#252;llt sind«, antwortete er, »Und dann kommt es drauf an, was unsere silbergrauen Freunde dort drau#223;en tun.« »Vorhin haben sie uns nicht angegriffen«, sagte Mike. »Vorhin«, antwortete Trautman mit leicht erhobener Stimme, »haben wir nur nachgesehen und nicht versucht, die M#228;nner aus dem Schiff zu holen.« Er lie#223; eine kurze Spanne Zeit verstreichen und f#252;gte leiser und fast nur an sich selbst gewandt hinzu: »Ich m#246;chte wissen, wer sie geschickt hat und warum.« »Warum fragen Sie ihn nicht?« Ben deutete mit einer trotzigen Geste auf Argos. »Ich bin sicher, er kennt die Antwort.« »Und er wird sie uns sagen«, antwortete Mike scharf. Vielleicht eine Spur sch#228;rfer, als notwendig gewesen w#228;re, denn Ben sah ihn irritiert an. »Aber jetzt nicht. Jetzt m#252;ssen wir erst -« »Vor allem aufh#246;ren, uns gegenseitig an die Kehlen zu gehen«, mischte sich Trautman ein. »Ich kann dich verstehen, Ben. Ich bin auch nicht besonders gut auf Argos zu sprechen, aber m#246;glicherweise hatte er seine Gr#252;nde f#252;r das, was er getan hat. Er wird uns alles erkl#228;ren.« »Klar«, sagte Ben giftig. »Wenn wir ihm nur Zeit genug lassen, sich eine h#252;bsche Ausrede auszudenken oder uns wieder zu seinen Sklaven zu machen.« »Ich glaube nicht, dass er das noch einmal tut«, antwortete Mike. Ben sah ihn nur b#246;se an, ersparte sich aber eine Antwort und drehte sich schlie#223;lich trotzig weg. Die Stunde, von der Trautman gesprochen hatte, schien sich zu einer Ewigkeit zu dehnen, in der kaum jemand ein Wort sagte. Sie alle waren ersch#246;pft und sie alle mussten auf die eine oder andere Weise mit dem Erlebten fertig werden. Das galt auch f#252;r Mike. Sie mochten hier vor den Haien in Sicherheit sein, doch irgendetwas sagte ihm, dass die, die diese Tiere geschickt hatten, noch #252;ber ganz andere M#246;glichkeiten verf#252;gten. Und da war immer noch dieses unheimliche Gesicht, an das er sich zu erinnern glaubte. Schlie#223;lich war die qu#228;lende Wartezeit vorbei und Singh kam zur#252;ck und teilte ihnen mit, dass der Taucheranzug bereit w#228;re. W#228;hrend er in die Schleuse hinunterging, um sich umzuziehen, begaben sich Trautman, Mike und Juan wieder aufs Deck und ruderten im Beiboot zu dem Wrackteil hinaus. Mike erschrak ein wenig. Das Wasser rings um das bizarre Anh#228;ngsel der NAUTILUS brodelte vor Haien. Obwohl es so flach war, dass man fast darin stehen konnte und ein Teil des zerborstenen Schiffsteiles sogar daraus hervorragte, hatten sich nun doch wieder einige wirklich grosse Haie eingefunden. Riesen von drei, vier Metern K#246;rperl#228;nge, die ihm jetzt zwar winzig vorkamen, nach den Kolossen, die sie weiter unten gesehen hatten, von denen jeder einzelne aber durchaus in der Lage war, selbst einem Mann im Taucheranzug gef#228;hrlich zu werden. Eine ganze Weile sa#223;en sie schweigend im Boot und warteten, dass Singh auftauchte und in das Wrack hineinstieg. Dann sagte Trautman pl#246;tzlich: »Du hast uns nicht alles erz#228;hlt, nicht wahr?« Mike blinzelte und versuchte, den Verwirrten zu spielen. »Wie?« »Du hast mich noch nie bel#252;gen k#246;nnen, Mike«, erkl#228;rte Trautman mit einem sanften, fast v#228;terlich wirkenden L#228;cheln. »Keiner von euch kann das. Da drau#223;en ist noch mehr passiert, nicht wahr? Du hast nicht nur Astaroth gesehen.« »Doch«, antwortete Mike. Trautman sah ihn nur an und nach einer Sekunde verbesserte sich Mike: »Oder nein, Sie haben Recht. Es »Haben?«, fragte Mike. »Wie meinen Sie das?« Trautman zuckte mit den Schultern. »Er hat uns niemals erz#228;hlt, wo er hergekommen ist. Ist euch das eigentlich noch nicht aufgefallen? Vielleicht ist er ja an einem Ort, wo er nicht sein sollte.« »Oder umgekehrt«, f#252;gte Juan nachdenklich hinzu. »Er ist nicht«, erwiderte Juan achselzuckend. »Au#223;erdem ist das lange her. Vielleicht haben sie seit dem ja gelernt. Vergiss nicht, was sie mit den Menschen auf der TITANIC getan haben. Sie haben ihre eigenen Leben riskiert, um sie zu retten.« Mike war nicht ganz sicher, ob das wirklich so gewesen war, aber er war auch nicht sicher, ob es so war, wie Serena behauptete. Er schrak beinahe selbst vor dem Gedanken zur#252;ck und doch fragte er sich, vielleicht zum ersten Mal, seit er die atlantische Prinzessin kennen gelernt hatte, ob ihr Volk den Menschen, die er kannte, wirklich so #228;hnlich gewesen war. Vielleicht hatte Serenas Einsamkeit ja einen Grund. Er verscheuchte den Gedanken. »Ich denke, Argos wird uns alles erz#228;hlen, sobald er wach ist«, sagte er. »Und wenn nicht er, dann die drei anderen. Immerhin haben wir ihnen das Leben gerettet.« »Noch nicht«, sagte Juan mit einem Blick auf die drei versteinerten K#246;rper. »Ich sch#228;tze, da gibt es doch noch eine Kleinigkeit zu tun.« Mike schwieg. Sie alle hatten ja selbst mit angesehen, wie Argos den Eingeborenen auf der Insel geholfen hatte, die von derselben unheimlichen Ver#228;nderung befallen gewesen waren. Andererseits hatten sie niemals erlebt, dass er eine so totale Verwandlung r#252;ckg#228;ngig gemacht hatte. Mike konnte sich aber auch nicht vorstellen, dass Argos dieses ungeheuerliche Risiko, zu dem er sie gezwungen hatte, eingegangen w#228;re, w#228;re er nicht absolut sicher gewesen, den Kameraden helfen zu k#246;nnen. Letzten Endes hatte er auch sein eigenes Le ben riskiert. Das Boot kam zur#252;ck. Ben, Chris und Singh sprangen von Bord und begannen, ohne viele Worte zu verlieren, im nahen Wald Holz zu schlagen, um eine Unterkunft f#252;r die Nacht zu errichten. Mike und Juan wollten ihnen helfen, aber Singh sch#252;ttelte nur den Kopf, er wusste ja schlie#223;lich am besten, wie schwer es gewesen war, die drei K#246;rper an Land zu schleppen, und Mike lie#223; sich heute auch nicht zweimal bitten, es sich gem#252;tlich zu machen und den anderen beim Arbeiten zuzusehen. Stolz war eine sch#246;ne Sache, aber Ersch#246;pfung eine andere. Nach einer Weile stellte Mike fest, dass er wohl eingenickt sein musste, denn als er das n#228;chste Mal die Augen #246;ffnete, da waren nicht nur der Inder, Ben und Chris bei ihnen, sondern auch der Rest der NAUTILUS-Besatzung; einschlie#223;lich Argos, der neben seinen drei versteinerten Kameraden im Sand lag und bei genauem Hinsehen nicht viel lebendiger aussah als sie. Er war immer noch ohne Bewusstsein und seine Haut war fast so bleich wie die der drei anderen. Nat#252;rlich sa#223; Serena neben ihrem Vater im Sand und hielt seine Hand. Sie musste Mikes Blick sp#252;ren, denn sie sah pl#246;tzlich auf, schaute ihm einen Moment lang ins Gesicht und blickte dann wieder auf ihren bewusstlosen Vater hinab. »Er wird schon durchkommen«, sagte Mike. Im ersten Moment sah es so aus, als w#252;rde Serena gar nicht darauf antworten, dann aber hob sie mit einem Ruck den Kopf. In ihren Augen stand ein fast trotziger Ausdruck, den Mike nicht verstand. Noch viel weniger verstand er den scharfen Ton, in dem sie antwortete: »Tu doch nicht so!« »Wie?«, fragte Mike. Serena machte eine #228;rgerliche Handbewegung. »Spiel nicht den Besorgten, ja. Es ist dir doch v#246;llig egal, ob er #252;berlebt oder nicht. Genau wie den anderen.« Mike schwieg betroffen. Er empfand Argos gegen#252;ber nicht unbedingt freundschaftliche Gef#252;hle, das stimmte - aber wie konnte Serena so etwas sagen? Sie musste doch wissen, dass er einem Menschen niemals den Tod gew#252;nscht h#228;tte, ganz egal, was dieser vorher auch getan hatte. Und als h#228;tte sie seine Gedanken gelesen, sah Serena nach einigen Augenblicken erneut auf und diesmal las er in ihren Augen eine tiefe Betroffenheit. »Entschuldige«, sagte sie. »Es tut mir leid. Ich wollte das nicht sagen.« Mike winkte ab. »Schon gut. Wir sind alle ein bisschen nerv#246;s.« »Trotzdem«, erwiderte Serena. »Ich wei#223; auch nicht, warum ... « Sie brach ab. Ihre Stimme zitterte. Mike wollte gerade die Arme ausstrecken und sie tr#246;stend an sich dr#252;cken, als Argos die Augen #246;ffnete und mit sehr leiser, aber klarer Stimme sagte: »Du tust ihm Unrecht, Kind. Er sagt die Wahrheit. Er h#228;tte mich dort unten im Meer umkommen lassen k#246;nnen. Niemand h#228;tte es bemerkt. Stattdessen hat er sein eigenes Leben riskiert, um mich zu retten.« »Na, was f#252;r ein Gl#252;ck«, sagte Ben giftig, der in der N#228;he stand und die Worte mitbekommen hatte. »Wenn ich rausgegangen w#228;re, h#228;tten Sie nicht so viel Gl#252;ck gehabt.« Argos richtete sich m#252;hsam auf, sah den jungen Briten einen Moment lang ernst an und l#228;chelte dann ganz schwach. »Du wei#223;t, dass das nicht stimmt, Ben.« In Bens Augen blitzte es auf. »Was soll das jetzt wieder hei#223;en?« »Das du niemals versuchen solltest, jemanden zu bel#252;gen, der in deinen Gedanken lesen kann«, sagte Argos. »Du spielst gern den starken Mann, ich wei#223;. Aber, Ben, es macht jemanden nicht erwachsener, wenn er so tut, als w#228;ren ihm Gef#252;hle wie Menschlichkeit und Mitleid fremd.« Bens Gesicht verd#252;sterte sich und es h#228;tte Mike nicht gewundert, h#228;tte er sich im n#228;chsten Moment mit geballten F#228;usten auf Argos gest#252;rzt. Aber dann drehte er sich nur mit einem Ruck um und verschwand in der Dunkelheit. »Das war nicht besonders klug«, sagte Mike leise. »Sie haben nat#252;rlich Recht: Ben ist nicht halb so hart, wie er sich gerne gibt. Aber ich m#246;chte ihn trotzdem nicht unbedingt zum Feind haben.« »Habe ich das denn?«, fragte Argos. Er sah Mike offen an. »Habe ich mir euch alle zum Feind gemacht?« In diesem Moment knirschten hinter ihnen Schritte im Sand und Trautman und Singh kamen heran. Sie hatten offenbar ebenfalls bemerkt, dass der Atlanter wach geworden war. »Das kommt ganz darauf an, was Sie uns jetzt erz#228;hlen werden, Argos«, sagte Trautman. »Und wenn wir schon einmal dabei sind: Hatten Sie uns nicht versprochen, nicht in unseren Gedanken zu lesen?« »Aber das habe ich auch nicht«, antwortete Argos. »Ha!«, machte Ben aus der Dunkelheit heraus. Argos sch#252;ttelte nur den Kopf. »Man muss keine Gedanken lesen k#246;nnen, um diesen Jungen zu durchschauen«, sagte er. »Er ist ein netter Kerl, wie alle hier.« »Das zieht nicht«, sagte Trautman scharf. »Wenn Sie versuchen, sich bei uns einzuschmeicheln, sparen Sie sich Ihren Atem. Warum haben Sie das getan?« Argos richtete sich ganz auf und blickte auf seine drei Kameraden herab. »Ihretwegen«, sagte er. »Sie h#228;tten es auch getan. Leugnen Sie es nicht, ich muss auch Ihre Gedanken nicht lesen, um das zu wissen. Sie h#228;tten auch Ihr eigenes Leben riskiert, um das Ihrer Freunde zu retten.« »Nat#252;rlich«, erwiderte Trautman. »Aber das hatten wir schon, oder? Ich h#228;tte niemand anderen dazu gezwungen, mich dabei zu begleiten.« »Das habe ich nicht«, antwortete Argos. »Im Gegenteil. Ich habe versucht, es allein zu tun, haben Sie das schon vergessen?« »Und Serena?«, fragte Mike aufgebracht. »Ich bin freiwillig mit ihm gekommen«, antwortete Serena an Argos' Stelle. »Und auch das ist die Wahrheit, ob es dir passt oder nicht.« Ihr scharfer Ton schockierte Mike, aber er biss die Z#228;hne zusammen und schwieg. »Ich werde jetzt versuchen, sie aufzuwecken«, sagte Argos. Trautman runzelte die Stirn. »In Ihrem Zustand? Sie haben ja kaum die Kraft, zu sitzen.« »Es muss sein«, beharrte Argos. »Jede Minute z#228;hlt. Sie waren viel zu lange dort unten. Ich bin nicht einmal sicher, ob wir nicht zu sp#228;t gekommen sind.« Er wollte die Hand nach einer der versteinerten Gestalten ausstrecken, aber Trautman machte eine rasche Bewegung. »Einen Moment noch.« Argos sah hoch. »Ja?« »Was ist mit den anderen?«, fragte Trautman. Er deutete aufs Meer hinaus. »Diesen ... Ohne ein weiteres Wort ging er zu einem seiner Kameraden hin#252;ber, setzte sich neben ihn in den Sand und legte die gespreizten Finger der linken Hand auf seine Stirn. Er schloss die Augen, ein konzentrierter Ausdruck erschien auf seinem Gesicht und schon einen Moment sp#228;ter schien er in eine Art Trance zu verfallen. »Vielleicht lassen wir ihn besser in Ruhe«, sagte Trautman leise. »Kommt: Wir entz#252;nden das Feuer und essen etwas und danach haben wir uns alle ein paar Stunden Schlaf verdient.« »Und ihn lassen wir einfach gew#228;hren?«, fragte Ben. »Du kannst gerne bei ihm bleiben und Wache stehen«, erwiderte Trautman. »Ich f#252;r meinen Teil habe f#252;r einen Tag Aufregung genug gehabt.« Damit wandte er sich um und ging und nach kurzem Z#246;gern folgten ihm die anderen, schlie#223;lich auch Ben. Mike schlief in dieser Nacht tief und traumlos, aber er erwachte vor Sonnenaufgang und hatte das sichere Gef#252;hl, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Lautlos richtete er sich auf, sah sich nach allen Seiten um und erhob sich schlie#223;lich ganz. Alle anderen schliefen. Das Feuer, das sie entz#252;ndet hatten, war zu einem glimmenden Haufen dunkelroter Glut heruntergebrannt und am Himmel stand kein Mond, so dass er nichts sehen konnte. Im Osten begann sich der Horizont grau zu f#228;rben; es war nicht mehr lange bis Sonnenaufgang. Trotzdem war alles, was weiter als f#252;nf oder sechs Schritte entfernt lag, mehr zu erahnen als wirklich zu erkennen. Erneut hatte er das Gef#252;hl, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Es war als ... als sp#252;rte er die Blicke unsichtbarer Augen auf sich ruhen. Jemand starrte ihn an. Jemand oder etwas. Mikes Herz begann heftig zu klopfen. Einen Moment lang #252;berlegte er, ob er zur#252;ckgehen und Trautman wecken sollte, tat es aber dann nicht. Trautman hatte seinen Schlaf ebenso bitter n#246;tig wie alle anderen. Mike machte ein paar Schritte, blieb wieder stehen und drehte sich halb um seine Achse. Seine Augen hatten sich mittlerweile an das schwache Licht gew#246;hnt, so dass er zumindest Schatten erkennen konnte. In einiger Entfernung glaubte er, Argos auszumachen, der immer noch so reglos dasa#223;, wie er ihn am Abend zur#252;ckgelassen hatte, und eine der schemenhaften Gestalten neben ihm im Sand schien ihre Position ver#228;ndert zu haben. Mike widerstand jedoch der Versuchung, hinzugehen; Argos hatte gesagt, dass er bis Sonnenaufgang fertig sein musste, wenn er es #252;berhaupt schaffen wollte, und Mike wollte nicht schuld am Tode eines Menschen sein, nur weil er Argos in seiner Konzentration st#246;rte. So bewegte er sich, so leise er konnte, in die entgegengesetzte Richtung, erreichte nach einigen Schritten den Waldrand und blieb wieder stehen. Das unheimliche Gef#252;hl des Beobachtetwerdens kam nicht aus dieser Richtung, sondern aus der anderen. Vom Meer her. Mike drehte sich wieder herum, raffte all seinen Mut zusammen und ging langsam zum Strand hinunter. Die Ebbe hatte eingesetzt, so dass das Wasser nun ein gutes St#252;ck weiter zur#252;cklag als vorhin. Die NAUTI-LUS ragte als gigantischer Schatten vor ihm empor, wie ein st#228;hlerner Berg, den die Flut angesp#252;lt hatte. Irgendetwas pl#228;tscherte. Es war nicht das normale Ger#228;usch der Wellen, die sich am Strand oder am Schiffsrumpf brachen, sondern ein Laut, als bewege sich etwas im Wasser. Im ersten Moment dachte Mike nat#252;rlich an einen Hai und machte erschrocken zwei, drei Schritte zur#252;ck, bis er wieder ganz im Trockenen stand. Als er seinen Blick auf die Wasseroberfl#228;che senkte, sah er keine der gef#252;rchteten Dreiecksflossen, aber das Ger#228;usch wiederholte sich. Diesmal deutli cher: Es kam von links. Mike fuhr herum und glaubte, gerade noch eine schattenhafte Bewegung zu sehen, die in der Nacht verschwand. Diesmal war er sicher, dass es keine Einbildung war. Er rannte los. Atemlos erreichte er die Feuerstelle, beugte sich #252;ber den schlafenden Trautman und r#252;ttelte ihn wild an den Schultern. »Wachen Sie auf!«, rief er. »Schnell! Alle! Wacht auf!« Trautman #246;ffnete verschlafen die Augen und versuchte seine Hand abzusch#252;tteln, doch als er in Mikes entsetztes Gesicht sah, wurde er schlagartig wach. »Was ist los?«, keuchte er und setzte sich mit einem Ruck auf. Binnen weniger Augenblicke waren auch die anderen aus dem Schlaf hochgefahren und umringten ihn. »Was ist passiert? Was soll der L#228;rm?« »Jemand ist hier«, sagte Mike. Er deutete zum Meer. »Ich ... ich habe etwas gesehen!« »Die Insel ist v#246;llig unbewohnt«, sagte Ben, doch Trautman brachte ihn mit einer raschen Geste zum Schweigen. »Entfacht das Feuer«, sagte er. »Singh - hast du eine Waffe mitgebracht?« Der Inder sch#252;ttelte bedauernd den Kopf, beugte sich aber dann nach einem armlangen St#252;ck Brennholz und wog es pr#252;fend in der Hand. Mike, der schon mehrmals gesehen hatte, was der Sikh-Krieger zur Not mit blo#223;en H#228;nden imstande war, f#252;hlte sich sofort sicherer. »Also gut«, sagte Trautman. »Ben, Juan, ihr bleibt mit Chris und Serena hier. Mike wird Singh und mir zeigen, wo er die Bewegung gesehen hat.« Als w#228;ren Trautmans Worte ein Signal gewesen, teilte sich pl#246;tzlich der Waldrand hinter ihnen und eine hochgewachsene Gestalt trat heraus. Fast im selben Augenblick wurde auch die Dunkelheit #252;berall rings um sie herum lebendig. Zwei, drei, vier, schlie#223;lich fast ein Dutzend riesiger breitschultriger Gestalten tauchten aus der Nacht rings um sie herum auf und bildeten einen schweigenden, drohenden Kreis, der sich ganz allm#228;hlich enger zusammenzog. Im ersten Moment dachte Mike, sie h#228;tten sich get#228;uscht und es w#228;ren doch Menschen auf der Insel, denn die M#228;nner hatten durchaus die Statur der riesigen Eingeborenen, denen sie das letzte Mal bei einer #228;hnlichen Gelegenheit begegnet waren, dann aber kam eine der Gestalten nahe genug heran, dass er ihr Gesicht erkennen konnte. Und Mike war nicht der Einzige, der erschrocken aufschrie! Es war nicht das Gesicht eines Menschen. Es war das Gesicht aus seinem Traum. Das furchtbare Antlitz eines jener Wesen, denen er schon zweimal begegnet war: einmal in der Tauchkammer der NAUTILUS, das zweite Mal im Lagerraum des Schiffes, als sie alle um ihr Leben gek#228;mpft hatten. Es war schwer zu beschreiben, doch wenn irgendwann einmal jemand versucht h#228;tte, einen Menschen und einen Haifisch zu kreuzen, dann h#228;tte das Ergebnis ungef#228;hr so aussehen m#252;ssen. Der Mann - wenn es ein Mit zitternden Knien und mit so heftig klopfendem Herzen, dass er M#252;he hatte, zu sprechen, trat er dem Haifischmann entgegen und streckte beide Arme aus; die H#228;nde leer und nach oben gedreht, eine Geste, von der er hoffte, dass sie auch f#252;r Wesen aus der Welt f#252;nftausend Meter unter dem Meeresspiegel verst#228;ndlich war. »Kannst du mich verstehen?«, fragte er. Das unheimliche Wesen sah ihn nur an. Es war unm#246;glich, in seinen unergr#252;ndlichen Augen irgendein Gef#252;hl zu erkennen, und es reagierte auch nicht auf den Klang seiner Sprache. »Wer seid ihr?«, fuhr Mike mit bebender Stimme fort. »Was wollt ihr von uns? Wir k#246;nnen euch nicht helfen, wenn ihr uns nicht sagt, warum ihr gekommen seid.« »Ist das so schwer zu erraten?«, fragte Ben sp#246;ttisch. »Sie sind wegen Argos hier, wollen wir wetten?« Nun zeigte das Gesch#246;pf zum ersten Mal eine Reaktion auf die menschliche Stimme. Sein Kopf drehte sich in einer sonderbar anmutenden Bewegung herum und f#252;r einen Moment richtete sich der Blick seiner unheimlichen, pupillenlos wirkenden Augen direkt auf Ben. Dann, als h#228;tte es die Worte doch verstanden und versuche, auf diese Weise zu antworten, drehte es sich ganz herum und starrte in die Richtung, in der Argos am Strand sa#223;. Als Mike ebenfalls dorthin blickte, glaubte er weitere Schatten zu erkennen, die bisher nicht dagewesen waren. Pl#246;tzlich schrie Serena erschrocken auf und wollte loslaufen. Singh riss sie im letzten Moment zur#252;ck, doch sie w#228;re ohnehin nicht weit gekommen, denn einer der Haifischm#228;nner vertrat ihr mit einer raschen Bewegung den Weg. Serena erwies sich jedoch als kr#228;ftiger, als Singh angenommen haben mochte. Sie riss sich mit einem #252;berraschend kraftvollen Ruck los und rannte in die Dunkelheit hinein. Und es gelang ihr sogar, den zupackenden H#228;nden des Haifischmannes zu entwischen. Kaum eine Sekunde, nachdem sie aufgeschrien hatte, war sie in der Nacht verschwunden. »Sie werden ihr nichts tun«, sagte Mike. Er betete, dass es so war. Die Haifischm#228;nner durften Serena einfach nichts zuleide tun! Fast verzweifelt versuchte er, die Dunkelheit mit Blicken zu durchdringen, aber es war unm#246;glich. Nach einigen Momenten jedoch glaubte er, die Ger#228;usche eines Kampfes zu h#246;ren. Laute, die ihm einen eisigen Schauer #252;ber den R#252;cken jagten. Ohne auf seine eigene Sicherheit zu achten, wollte er losst#252;rmen, doch auch er kam nicht weit. Der Haifischmann, mit dem er zu reden versucht hatte, ergriff ihn blitzschnell bei den Unterarmen. Er griff ihn nicht an, sondern hielt ihn einfach nur fest, aber in seinen H#228;nden lag eine so #252;bermenschliche St#228;rke, dass Mike trotzdem vor Schmerz aufst#246;hnte. Nach einem Augenblick jedoch lie#223; das Gesch#246;pf Mike wieder los und trat zu den anderen zur#252;ck. Die Botschaft war deutlich, auch ohne Sprache. Schritte n#228;herten sich und nur einen Moment sp#228;ter tauchten zwei der Haifischm#228;nner wieder aus der Dunkelheit auf. Sie hielten Argos an beiden Armen gepackt zwischen sich, aber der Atlanter versuchte nicht, Widerstand zu leisten. Argos war kein Schw#228;chling, aber Mike hatte am eigenen Leib gef#252;hlt, wie unvorstellbar stark diese Gesch#246;pfe waren. »Argos!«, rief Trautman. »Was um alles in der Welt hat das zu bedeuten? Was sind das f#252;r Wesen?« Argos hob m#252;hsam den Kopf. Mike erschrak, als er in sein Gesicht blickte. So kurz der Kampf gewesen war, er musste heftig gewesen sein, denn Argos' Z#252;ge waren nicht nur totenbleich, sondern auch verschwollen. Aus einem tiefen Kratzer auf seiner Wange lief Blut. Offensichtlich hatte er sich trotz allem noch mit letzter Kraft gewehrt. »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte er. »Solange Sie sich nicht einmischen, sind Sie nicht in Gefahr!« »Das ist keine Antwort«, sagte Trautman scharf. Er wollte auf Argos zutreten und diesmal schienen ihre unheimlichen Bewacher nichts dagegen zu haben, denn sie lie#223;en ihn gew#228;hren. Eine der Kreaturen, die Argos gepackt hatten, hob jedoch warnend die Hand, als er sich ihm auf drei Schritte gen#228;hert hatte, und Trautman blieb auch sofort wieder stehen. Nach kurzem Z#246;gern folgten ihm auch Mike und die anderen. Ihre unheimlichen Begleiter folgten ihnen ebenfalls, lautlos wie Schatten, aber nahe genug, um sofort eingreifen zu k#246;nnen. »Das sind die, vor denen Sie geflohen sind, nicht wahr?«, fragte Trautman mit einer Kopfbewegung auf einen der Haifischm#228;nner. »Die Wesen, die die Haie geschickt haben.« »Sind das die Leute aus dem schwarzen Schiff?«, wollte Ben wissen. Argos sch#252;ttelte matt den Kopf. »Nein«, sagte er. »Aber sie geh#246;ren zusammen. Und auch die hier sind nur Werkzeuge. Aber Sie haben Recht: Sie wurden geschickt, um mich und die anderen zu holen. Ich habe gedacht, ich k#246;nnte ihnen entkommen, aber vermutlich ist das unm#246;glich.« Er seufzte tief und als er weitersprach, war seine Stimme sehr leise. »Es ist vorbei. Machen Sie sich keine Vorw#252;rfe. Sie haben getan, was Sie konnten. Was nun geschieht, geht nur mich etwas an.« »Das ist nicht ganz richtig«, sagte eine Stimme aus der Dunkelheit hinter ihnen. Mike und die anderen fuhren #252;berrascht zusammen, als sie die beiden gro#223;gewachsenen, in dunkelblaue englische Marineuniformen gekleideten Gestalten sahen, die aus der Nacht hervorgetreten waren. Mike erkannte sie sofort: Es waren zwei der drei Seeleute, die sie aus dem Wrack geborgen hatten. Offensichtlich hatte das, was Argos versucht hatte, zumindest zum Teil Erfolg gehabt, denn sie schienen vollst#228;ndig wiederhergestellt zu sein. Doch das war nicht der Grund f#252;r Mikes Erschrecken. Die beiden waren nicht allein gekommen. Einer von ihnen hatte Serena gepackt. Mit der einen Hand hielt er ihr den Mund zu, mit der anderen presste er sie trotz ihres verzweifelten Str#228;ubens an sich. »Was soll das?«, fragte Mike. »Lassen Sie sie sofort los!« Der Seemann wandte langsam den Blick, sah ihn kopfsch#252;ttelnd an und sagte l#228;chelnd: »Aber das w#228;re ziemlich dumm, meinst du nicht auch?« »Serena hat nichts mit all dem zu tun«, sagte Trautman scharf. »Lassen Sie sie los! Auf der Stelle!« Und als w#228;ren seine Worte ein Signal gewesen, setzten sich nicht nur er und Singh, sondern auch beide Haifischm#228;nner in Bewegung, um sich auf die aufgetauchten Atlanter zu st#252;rzen. Der Mann, der zuerst gesprochen hatte, war jedoch schneller. Mit einer blitzartigen Bewegung griff er unter seine Jacke, zog eine Pistole hervor und richtete die M#252;ndung auf Serenas Schl#228;fe. »Keinen Schritt weiter«, sagte er. Trautman, Singh und Mike erstarrten mitten in der Bewegung und nach einem weiteren Schritt hielten auch die Haifischm#228;nner inne. »Sehr gut«, sagte der Seemann. »Ich hatte gehofft, dass ihr vern#252;nftig seid. Und nun alle ein paar Schritte zur#252;ck, wenn ich bitten darf.« Er wedelte auffordernd mit der linken Hand. Trautman, Ben und Singh, dann auch die beiden Haifischm#228;nner gehorchten, w#228;hrend der Seemann und sein Kamerad, der immer noch Serena gepackt hielt, im selben Tempo n#228;her kamen. »Und jetzt lasst ihn los!«, befahl der Atlanter mit einer Geste auf die beiden Haifischgesch#246;pfe, die Argos gepackt hielten. Die beiden z#246;gerten. Der Atlanter zog den Hahn des Revolvers zur#252;ck und wiederholte seine Aufforderung, und die beiden Gesch#246;pfe lie#223;en Argos' Arme tats#228;chlich los und traten zwei, drei Schritte weit zur#252;ck. Argos sank mit einem Keuchen auf die Knie und w#228;re nach vorne gest#252;rzt, h#228;tte er sich nicht im letzten Moment mit den H#228;nden im Sand abgest#252;tzt. »Du hattest Recht, Argos«, fuhr der Atlanter mit der Pistole fort. »Sie scheinen tats#228;chlich so programmiert zu sein, dass der Schutz unschuldigen Lebens #252;ber ihre eigentliche Aufgabe geht. Erstaunlich!« Mike verstand kein Wort, obwohl er das Gef#252;hl hatte, es eigentlich verstehen zu m#252;ssen. Aber er war viel zu aufgeregt, hatte viel zu viel Angst um Serena, um einen klaren Gedanken zu fassen. »Was soll das?«, fragte er. »Wir stehen auf Ihrer Seite! Warum bedrohen Sie Serena?« Der Atlanter schenkte ihm ein fast mitleidiges L#228;cheln. »Ich h#228;tte dich f#252;r kl#252;ger gehalten, nach allem, was Argos mir #252;ber dich erz#228;hlt hat«, sagte er. »Du siehst es doch selbst. Diese freundlichen Gesellen da werden nichts tun, solange sie damit das Leben eines unschuldigen Kindes gef#228;hrden w#252;rden. W#228;re es dir lieber, wenn ich dich als Geisel n#228;hme?« »Jederzeit«, antwortete Mike spontan und das war auch ernst gemeint. Der Atlanter sch#252;ttelte jedoch den Kopf. »Seltsam. Auch diese Antwort #252;berrascht mich nicht«, sagte er. »Trotzdem ist es besser, wenn wir unser Prinzesschen hier behalten.« Mike versuchte verzweifelt, Serenas Blick einzufangen. Serena hatte aufgeh#246;rt, sich zu str#228;uben, aber ihre Augen waren weit und dunkel vor Panik. Der Atlanter dr#252;ckte die Waffe so fest gegen ihre Schl#228;fe, dass es weh tun musste. »Sie ... Sie w#252;rden ihr doch niemals wirklich etwas antun, oder?«, stammelte Mike. Der Atlanter antwortete nicht, aber Trautman sagte mit einem leisen, harten Lachen: »Selbstverst#228;ndlich w#252;rde er das. Diese Gesch#246;pfe lassen sich nicht von leeren Drohungen beeindrucken.« »Da haben Sie in der Tat Recht, Trautman«, antwortete der Atlanter. »Ich w#252;rde es sehr bedauern, diesem entz#252;ckenden jungen M#228;dchen etwas zuleide tun zu m#252;ssen, aber glauben Sie mir: Ich werde es tun, wenn es n#246;tig ist.« Er trat rasch auf Argos zu -ohne dass der Lauf seiner Waffe dabei auch nur einen Sekundenbruchteil nicht auf Serenas Kehle gedeutet h#228;tte -, griff unter seine Arme und zog ihn mit einer kraftvollen Bewegung in die H#246;he. »Alles in Ordnung?«, fragte er. »Haben sie dich verletzt?« Argos sch#252;ttelte den Kopf. Er wankte, aber Mike nahm an, dass das eher an den Anstrengungen der vergangenen Nacht lag als an dem, was ihm die Haifischm#228;nner angetan hatten. »Es geht schon wieder«, murmelte er. Ersch#246;pft fuhr er sich mit beiden H#228;nden #252;ber das Gesicht, warf dann einen Blick in die Runde und sah Mike an. In seinen Augen erschien ein Ausdruck von Bedauern, ja, fast von Schmerz. »Es tut mir Leid«, sagte er. Mike starrte ihn an. »Sie verdammter Mistkerl«, antwortete er. »Warum habe ich Sie nicht da unten ertrinken lassen?« Und in diesem Moment meinte er das ernst. Argos schien es auch zu sp#252;ren, denn sein Blick verd#252;sterte sich noch mehr und nach einer Sekunde hatte er nicht mehr die Kraft, dem Mikes standzuhalten. M#252;hsam drehte er sich um und wandte sich an den Mann, der seine Tochter festhielt. »Bitte tu ihr nicht weh, Vargan«, sagte er. »Nur wenn es n#246;tig ist«, erwiderte Vargan. »Und was haben Sie jetzt vor?«, wollte Trautman wissen. »Nun«, sagte der Atlanter mit der Pistole l#228;chelnd. »Ich denke, wir werden uns zuerst einmal von unseren ungebetenen G#228;sten verabschieden.« Er wandte sich dem n#228;chststehenden Haifischmann zu, l#228;chelte -und schwenkte blitzschnell seine Pistole herum. Zwei Sch#252;sse fielen so rasch hintereinander, dass sie wie ein einzelner klangen. Der Haifischmann wurde zur#252;ckgeworfen, riss die Arme in die Luft und fiel sterbend in den Sand und im n#228;chsten Sekundenbruchteil hatte sich die Waffe wieder auf Serena gerichtet. »Tarras!«, schrie Argos. »Bist du verr#252;ckt geworden?!« Tarras grinste kalt. »Keineswegs, Argos. Ich bin nur nicht ganz sicher, ob sie unsere Sprache verstehen. Ich denke, das haben sie begriffen.« Mike starrte entsetzt auf den zu Boden gesunkenen Haifischmann herab. Zwei seiner Br#252;der bem#252;hten sich um ihn, aber selbst Mike erkannte sofort, dass jede Hilfe zu sp#228;t kam. Die beiden Kugeln hatten das Wesen mitten ins Herz getroffen. »Ich hoffe, ich muss meine Demonstration nicht wiederholen«, sagte Tarras. Noch bevor irgendeiner der anderen antworten konnte, riss er seine Pistole abermals herum und gab einen weiteren Schuss ab. Diesmal lie#223; die Kugel allerdings nur den Sand vor den F#252;#223;en eines der anderen Haifischm#228;nner hoch aufspritzen. Die Wesen hatten die Botschaft jedoch verstanden. Zwei von ihnen ergriffen ihren sterbenden Kameraden und nahmen ihn in die Mitte, die anderen drehten sich schweigend herum und verschwanden ebenso lautlos in der Nacht, wie sie aufgetaucht waren. Tarras deutete auf Ben. »Du, Junge! Lauf ihnen nach und #252;berzeuge dich davon, dass sie wirklich ins Wasser gehen und sich nicht nur irgendwo verstecken!« Ben starrte den Atlanter eine Sekunde lang trotzig an, aber dann nickte Trautman unmerklich und Ben drehte sich herum und lief hinter den Haifischm#228;nnern her. Als auch er in der Nacht verschwunden war, sagte Trautman: »Sie haben gewonnen. Sie k#246;nnen das M#228;dchen jetzt loslassen.« Eine Sekunde lang sah Tarras einfach nur verbl#252;fft drein, dann lachte er. Der Pistolenlauf deutete immer noch auf Serenas Kopf. »Sie haben wirklich keine Ahnung,wie?« »Wovon?«, fragte Trautman lauernd. »Was hast du ihnen erz#228;hlt, Argos?«, erkundigte sich Tarras lachend. »Nur das, was sie wissen mussten«, antwortete Argos leise. Er sah seinen Kameraden an. Nicht jedoch Trautman, Mike oder einen der anderen. »Nun, das ist anscheinend nicht allzu viel«, erwiderte Tarras. Er wandte sich direkt an Trautman. »Ich f#252;rchte, dass wir Ihrem Wunsch nicht entsprechen k#246;nnen, lieber Herr Trautman«, erkl#228;rte er in sp#246;ttischem Tonfall. »Jedenfalls noch nicht sofort. Wir brauchen unser kleines Prinzesschen n#228;mlich noch, wissen Sie?« Trautman nickte. Sein Gesicht war wie aus Stein. »Weil wir sonst nicht tun, was Sie von uns verlangen«, vermutete er. »F#252;r einen so alten Mann haben Sie ein erstaunlich scharfes Begriffsverm#246;gen«, erkl#228;rte Tarras h#246;hnisch. »Aber keine Sorge: Wir werden Ihre Dienste allerh#246;chstens noch f#252;r zwei oder drei weitere Tage in Anspruch nehmen. Und danach bekommen Sie Ihr Prinzesschen unbesch#228;digt zur#252;ck -falls niemand auf dumme Ideen kommt, hei#223;t das«, f#252;gte er mit einem Seitenblick auf Mike hinzu. Mike begriff nur ganz allm#228;hlich, was die Worte des Atlanters bedeuteten, dann aber fuhr er herum und wandte sich an Argos: »Das k#246;nnen Sie nicht tun! Warum lassen Sie das zu?« »Aber was soll er denn machen?«, erkundigte sich Tarras. Mike ignorierte ihn. »Befehlen Sie ihm, damit aufzuh#246;ren!«, schrie er. »Sie k#246;nnen es! Sie sind ihr K#246;nig!« Argos senkte den Blick. Tarras blinzelte, machte f#252;r eine Sekunde ein verbl#252;fftes Gesicht und begann dann schallend zu lachen. »Un ser K#246;nig? Hat er euch das erz#228;hlt?« Er drehte sich zu Argos herum. »Da hast du aber ein bisschen #252;bertrieben, wie?« Mikes Augen wurden gro#223;, »Sie ... Sie sind nicht... K#246;nig von Atlantis?« Argos sch#252;ttelte den Kopf. Er hatte nicht die Kraft, Mike anzusehen. »Nein«, sagte er leise. »Das bin ich nicht. Und ich bin auch nicht -«, und damit wandte er sich an Serena, und seine Stimme sank fast zu einem Fl#252;stern herab. »- dein Vater. Es tut mir Leid.« DIE SPANNENDE ABENTEUERREIHE VON WOLFGANG HOHLBEIN DIEVERGESSENEINSEL 160SeitenDAS M#196;DCHEN VON ATLANTIS 192 Seiten DIE HERREN DER TIEFE 160Seiten IM TAL DER GIGANTEN 176 Seiten DAS MEERESFEUER 176 Seiten DIE SCHWARZE BRUDERSCHAFT 160 Seiten DIE STEINERNE PEST 160 Seiten DIE GRAUEN W#196;CHTER176Seiten Weitere B#228;nde inVorbereitunglJEBERRfUTER Au#223;erdem erhielt dieser Titel 1983 den »Phantasie-Preis der Stadt Wetzlar« und den »Preis der Leseratten«. In der Reihe »Kapit#228;n Nemos Kinder« bisher erschienen: Die Vergessene Insel Das M#228;dchen von Atlantis Die Herren der Tiefe Im Tal der Giganten Das Meeresfeuer Die Schwarze Bruderschaft Die steinerne Pest Die Grauen W#228;chter Weitere B#228;nde in Vorbereitung. Die NAUTILUS liegt vor einer Insel in der Karibik. Trautman, Mike und seine Freunde haben nach den letzten Abenteuern dringend Erholung n#246;tig.Dochdaversuchen Serena undihrVaterArgos,mit derNAUTILUSdieInsel zu verlassen. Als Mike und seineFreunde das verhindern wollen, geraten sie in Lebensgefahr. Zwei seltsame Wesen,halb Mensch und halb Hai, retten sie. Wer sind sie? Und weshalb wird die NAUTILUS von Haien f#246;rmlich belagert? Argos gelingt es,die Herrschaft #252;ber die NAUTILUS zu erlangen und auf den Meeresgrund zu tauchen. Dort geraten sie in einen Hinterhalt und begegnen wieder den Haifischwesen ... |
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