"Harry Potter und der Gefangene von Askaban" - читать интересную книгу автора (Rowling Joanne K.)Vier Freunde Es dauerte eine Weile, bis sie diese aberwitzige Behauptung verdaut hatten. Dann sprach Ron aus, was Harry dachte. »Sie sind verrückt, alle beide.« »Lächerlich!«, sagte Hermine matt. »Peter Pettigrew ist tot!«, sagte Harry.»Er hat ihn umgebracht!« Er deutete auf Black, dessen Gesicht krampfartig zuckte. »Das wollte ich«, murmelte er,»aber ich hab es nicht geschafft.« »Alle dachten, Sirius hätte Peter umgebracht«, sagte Lupin bedächtig und ließ die Augen nicht von dem verzweifelt in Rons Faust strampelnden Krätze.»Ich selbst habe es zwölf Jahre lang geglaubt – Peter hat Sirius in die Enge getrieben und Sirius hat ihn getötet. Doch die Karte des Rumtreibers lügt niemals… das hier ist unser alter Freund Peter.« »Leute, ich verschwinde«, sagte Ron zitternd. Er versuchte sich auf sein gesundes Bein zu stellen, doch Lupin hatte seinen Zauberstab gezückt und deutete auf Krätze. »Ihr könnt gehen, wann ihr wollt, alle drei«, sagte er ruhig.»Aber Peter müßt ihr hier lassen.« »Das ist nicht Peter, das ist Krätze!«, rief Ron und drückte die Ratte fest an die Brust. »Hören Sie«, sagte Hermine und trat Ron zur Seite, als wollte sie ihn schützen.»Professor Lupin… es… es kann einfach nicht stimmen und Sie wissen das…« Sie klang verängstigt und argwöhnisch zugleich, als wisse sie nicht so recht, ob Lupin jetzt den Verstand verloren hatte oder nicht. Harry konnte es ihr nachfühlen, und daß Lupin plötzlich anfing zu grinsen, machte alles nur noch schlimmer. »Warum kann es nicht stimmen, Hermine?«, fragte er, als wären sie in der Schule und Hermine sei beim Experimentieren mit Grindelohs ein Problem aufgefallen. »Weil… es bekannt wäre, wenn Peter Pettigrew ein Animagus gewesen wäre. Das Zaubereiministerium führt ein Verzeichnis aller Animagi… das haben wir bei Professor McGonagall gelernt. Sie sagte, das Ministerium behält alle Hexen und Zauberer im Auge, die sich in Tiere verwandeln können; in einem Verzeichnis steht, welches Tier sie werden können und wie man sie erkennt und so weiter. Und ich hab in diesem Verzeichnis nachgesehen, für meine Hausaufgaben, und in diesem Jahrhundert gab es nur sieben Animagi, und Pettigrews Name stand nicht auf der Liste.« Harry hatte kaum Zeit, im Stillen Hermine zu bewundern, wie sie auch diesmal wieder aufgepaßt hatte, denn Lupin fing an zu lachen. Vielleicht war er tatsächlich verrückt und ein Werwolf noch dazu - »Schon richtig, Hermine!«, sagte er.»Aber das Ministerium wußte nie, daß es drei nicht verzeichnete Animagi in Hogwarts gab. Keiner davon hat seinen Namen im Ministerium eintragen lassen, weil sie insgeheim Animagi wurden, und aus einem sehr guten Grund – weil ich ein Werwolf bin.« Harry und Ron schauten sich in die Augen und ohne ein Wort zu wechseln waren sie sich einig. Lupin redete blanken Unsinn. Er war wirklich verrückt - »Das verstehe ich nicht, Professor«, sagte Hermine mit zittriger Stimme, als ob sie es kaum ertragen könnte, daß ein Lehrer vor ihren Augen überschnappte. Lupin wollte gerade etwas antworten, als es hinter ihm laut knarrte. Die Schlafzimmertür war von allein aufgegangen. Alle fünf starrten sie an. Dann ging Lupin hinüber und sah auf den Korridor hinaus. »Keiner da…« »Hier spukt es!«, sagte Ron. »Keineswegs«, sagte Lupin und sah immer noch ratlos zur Tür.»In der Heulenden Hütte hat es nie gespukt… das Schreien und Heulen, das die Leute im Dorf hörten, das stammte von mir.« Er wischte sich das angegraute Haar aus den Augen, dachte einen Moment lang nach und sagte dann: »Ich will euch alles erzählen. Ihr habt ein Recht, es zu erfahren – besonders du, Harry. Nichts davon hätte geschehen können, wenn ich nicht ein Werwolf wäre. Aber wo soll ich anfangen?« Er lachte nicht mehr. Er sah ernst und müde aus. »Also, ich denke, alles fing damit an, daß ich gebissen wurde. Ich war noch ein ganz kleiner Junge, als es geschah. Meine Eltern haben alles versucht, aber damals gab es noch keine Heilung. Der Trank, den Professor Snape für mich gebraut hat, ist eine ganz neue Entdeckung. Er schützt mich, müßt ihr wissen. Wenn ich ihn in der Woche vor Vollmond einnehme, behalte ich den Verstand, während ich mich verwandle… ich kann mich dann in meinem Büro einrollen, als harmloser Wolf und warten, bis der Mond wieder abnimmt. Bevor jedoch der Wolfsbann-Trank entdeckt wurde, verwandelte ich mich einmal im Monat in ein ausgewachsenes Ungeheuer. Es schien unmöglich, mich nach Hogwarts zu schicken. Die anderen Eltern würden ihre Kinder sicher nicht dieser Gefahr aussetzen wollen. Doch dann wurde Dumbledore Schulleiter, und er hatte Verständnis. Solange wir bestimmte Vorkehrungen träfen, sagte er, gebe es keinen Grund, warum ich nicht zur Schule kommen sollte…«Lupin seufzte und sah Harry in die Augen.»Ich hab dir schon vor Monaten erzählt, daß die Peitschende Weide in dem Jahr gepflanzt wurde, als ich nach Hogwarts kam. Die Wahrheit ist, daß sie gepflanzt wurde weil ich nach Hogwarts kam. Dieses Haus -«, Lupin sah sich traurig im Zimmer um,»- der Tunnel, der hierher führt – sie wurden für mich gebaut. Einmal im Monat hat man mich aus dem Schloß geschmuggelt, in dieses Haus, wo ich mich verwandeln konnte. Den Baum pflanzten sie am Eingang des Tunnels, damit niemand mir folgen konnte, wenn ich gefährlich war.« Harry hatte keine Ahnung, wo diese Geschichte hinführen sollte, und dennoch lauschte er hingerissen. Auch Ron und Hermine schienen wie gebannt von Lupin. Selbst Sirius Black folgte gespannt Lupins Worten, als ob er diese Geschichte noch nie gehört hätte. Außer Lupins Stimme war nur noch Krätzes ängstliches Quieken zu hören. »Meine Verwandlungen in jener Zeit waren… waren fürchterlich. Es ist sehr schmerzhaft, sich in einen Werwolf zu verwandeln. Ich war fernab von Menschen, die ich beißen konnte, also biß und kratzte ich mich selbst. Die Dorfbewohner hörten den Lärm und die Schreie und glaubten, es seien besonders wüste Gespenster. Dumbledore schürte diese Gerüchte… selbst heute, da im Haus seit Jahren Ruhe herrscht, wagen sich die Leute nicht in seine Nähe… Doch abgesehen von meinen Verwandlungen war ich so glücklich wie nie im Leben. Zum ersten Mal hatte ich Freunde, drei großartige Freunde. Sirius Black… Peter Pettigrew… und natürlich deinen Vater, Harry. James Potter. Meinen drei Freunden konnte natürlich nicht entgehen, daß ich einmal im Monat verschwand. Ich ließ mir alle möglichen Geschichten einfallen. Meine Mutter sei krank und ich müsse sie zu Hause besuchen… Ich hatte fürchterliche Angst, sie würden mich verlassen, wenn sie herausfänden, was in mir steckte. Doch wie du, Hermine, fanden sie natürlich die Wahrheit heraus… Und sie ließen mich nicht im Stich. Im Gegenteil, sie taten etwas für mich, das meine Verwandlungen nicht nur erträglich machte, sondern zur schönsten Zeit meines Lebens. Sie wurden Animagi.« »Mein Dad auch?«, sagte Harry erstaunt. »Ja, allerdings«, sagte Lupin.»Sie brauchten fast drei Jahre, um herauszufinden, wie man es anstellt. Dein Vater und Sirius hier waren, die klügsten Schüler in Hogwarts und das war ein Glück, denn die Verwandlung in einen Animagus kann fürchterlich schief gehen. Das ist ein Grund, weshalb das Ministerium alle, die es versuchen, scharf im Auge behält. Peter hätte es ohne die Hilfe von James und Sirius nicht geschafft. Sie sagten mir nicht, was sie vorhatten, sie taten es insgeheim, falls es nicht gelingen sollte. Doch dann, in unserem fünften Jahr in Hogwarts, schafften sie es.« »Aber wie konnten sie Ihnen damit helfen?«, fragte Hermine verwirrt. »Als Menschen konnten sie mir nicht Gesellschaft leisten, also taten sie es als Tiere«, sagte Lupin.»Ein Werwolf ist nur für Menschen gefährlich. Jeden Monat schlichen sie sich unter James' Tarnumhang aus dem Schloß. Sie verwandelten sich… Peter, als der Kleinste, konnte unter den peitschenden Weidenzweigen hindurchschlüpfen und den Knoten berühren, der sie erstarren läßt. Dann schlitterten sie hinunter in den Tunnel und kamen zu mir ins Haus. Unter ihrem Einfluß war ich weniger gefährlich. Mein Körper war immer noch der eines Wolfes, doch wenn ich mit ihnen zusammen war, fühlte ich mich eher wie ein Mensch. Vor allem James und Sinus entdeckten jetzt, was wir alles unternehmen konnten, wenn wir uns verwandelt hatten. Bald verließen wir die Heulende Hütte und streiften nachts über das Schloßgelände. Sirius und James verwandelten sich in so große Tiere, daß sie einen Werwolf mühelos in Schach halten konnten. Ich glaube nicht, daß je ein Hogwarts-Schüler mehr über das Schloß und die Ländereien herausgefunden hat als wir. Und so beschlossen wir, die Karte des Rumtreibers zu schreiben und sie mit unseren Spitznamen zu unterzeichnen. Sirius ist Tatze. Peter ist Wurmschwanz. James war Krone.« »Was für ein Tier…?«, wollte Harry wissen, doch Hermine unterbrach ihn. »Das war immer noch sehr gefährlich! Mit einem Werwolf in der Dunkelheit umherzulaufen.« »Du hast Recht«, sagte Lupin nachdenklich.»Aber wir waren jung und dachten, mit unserem Scharfsinn könnten wir alles machen. Ich will nicht verhehlen, daß es manchmal brenzlig wurde. Einige Male hätte ich die andern fast aus den Augen verloren und jemanden verletzt. Und dann, eines Tages, rächte sich alles. Ihr – ähm – habt sicher bemerkt, daß Professor Snape mich nicht leiden kann. Der Grund ist, daß Sirius ihm einen Streich gespielt hat, der ihn fast das Leben gekostet hätte.« Black grunzte hämisch. »Geschah ihm recht«, krächzte er.»Hat rumgeschnüffelt und wollte rausfinden, was wir vorhatten… er wollte doch nur, daß wir von der Schule fliegen…« »Snape war sehr erpicht darauf zu erfahren, wohin ich jeden Monat verschwand. Wir waren im selben Jahrgang, wißt ihr, und wir – ähm – mochten uns nicht besonders. Vor allem gegen James hegte er eine Abneigung. Er war wohl neidisch, weil James im Quidditch so begabt war… jedenfalls hatte Snape mich eines Abends, kurz vor Vollmond, mit Madam Pomfrey übers Gelände gehen sehen, die mich immer zur Peitschenden Weide führte. Sirius hielt es für eine – ähm – lustige Idee, Snape zu sagen, er müsse nur den Knoten an der Peitschenden Weide mit einem langen Stecken berühren und dann könne er mir folgen. Nur, natürlich hat Snape es probiert – und wenn er bis zu diesem Haus gekommen wäre, dann hätte er es mit einem ausgewachsenen Werwolf zu tun bekommen -, doch dein Vater, der hörte, was Sirius getan hatte, lief Snape hinterher und schleifte ihn zurück… Allerdings hat Snape noch einen Blick auf mich erhascht, wie ich am Ende des Tunnels verschwand. Dumbledore hat ihm verboten, es irgend jemandem zu sagen, doch von da an wußte er, daß ich…« »Wußte Professor Dumbledore von dem Animagus-Zauber?«, fragte Hermine neugierig. »Bis heute hat er keine Ahnung, daß James, Sirius und Peter Animagi wurden. Er hätte sie von der Schule weisen müssen… sie hatten ein wichtiges Gesetz gebrochen…« »Und aus diesem Grund kann Snape Sie nicht leiden?«, sagte Harry langsam.»Weil er dachte, sie hätten von Sirius' Scherz gewußt?« »So ist es«, sagte eine kalte Stimme an der Wand hinter Lupin. Severus Snape riß sich den Tarnumhang vom Leib. Sein Zauberstab wies drohend auf Lupin. |
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