"Harry Potter und der Gefangene von Askaban" - читать интересную книгу автора (Rowling Joanne K.)Der Feuerblitz Dieser Rennbesen nach neuestem Stand der Technik hat einen stromlinienförmigen, superveredelten Stiel aus Eschenholz mit diamantharter Politur und von Hand eingemeißelter Registriernummer. Jede handverlesene Birkenholzrute des Schweifs ist aerodynamisch optimal abgeschliffen, was dem Feuerblitz unvergleichliche Stabilität und haarscharfe Präzision verleiht. Der Feuerblitz beschleunigt von 0 auf 250 Stundenkilometer in 10 Sekunden und ist mit einem unbrechbaren Bremszauber ausgestattet. Preis auf Nachfrage. Preis auf Nachfrage… Harry mochte sich lieber nicht ausmalen, wie viel der Feuerblitz kosten würde. Nie hatte er sich etwas sehnlicher gewünscht – doch immerhin hatte er auch noch nie ein Quidditch-Spiel auf seinem Nimbus Zweitausend verloren, und weshalb sollte er sein Verlies in Gringotts für den Feuerblitz plündern, wenn er bereits einen sehr guten Rennbesen hatte? Harry fragte nicht nach dem Preis, doch er kam fast jeden Tag in den Laden, nur um den Feuerblitz zu sehen. Es gab jedoch Dinge, die Harry kaufen mußte. In der Apotheke füllte er seinen Vorrat an Zaubertrankzutaten auf, und da seine Schulumhänge an Armen und Beinen jetzt um einige Zentimeter zu kurz waren, ging er in Madam Malkins Anzüge für alle Gelegenheiten und kaufte sich neue. Vor allem jedoch mußte er die neuen Schulbücher besorgen, darunter auch die für seine neuen Fächer Pflege magischer Geschöpfe und Wahrsagen. Ein Blick in das Schaufenster des Buchladens ließ Harry stutzen. Statt der üblichen Auslage an goldgeprägten Zauberspruchbänden, so groß wie Gehwegplatten, stand ein riesiger Eisenkäfig hinter der Scheibe, in dem rund hundert Exemplare des Monsterbuchs der Monster steckten. Die Bücher klatschten und schnappten nacheinander und hatten sich wütend ineinander verkeilt, und überall flatterten ausgerissene Seiten umher. Harry zog die Bücherliste aus der Tasche und las sie zum ersten Mal aufmerksam durch. Das Monsterbuch der Monster war das Lehrbuch für den Unterricht in Pflege magischer Geschöpfe. Jetzt war ihm leichter ums Herz; schon hatte er gefürchtet, Hagrid hätte sich ein schreckliches neues Haustier zugelegt und brauche seine Hilfe. Als Harry Flourish amp; Blotts betrat, kam ihm der Verkäufer entgegengelaufen. »Hogwarts?«, fragte er kurz angebunden.»Kommst du wegen der neuen Bücher?« »Ja«, sagte Harry,»ich brauche -« »Aus dem Weg«, sagte der Verkäufer ungeduldig und schob Harry beiseite. Er zog ein Paar sehr dicker Handschuhe an, packte einen großen, knotigen Wanderstock und ging auf den Käfig mit den Monsterbüchern zu. »Warten Sie«, sagte Harry rasch,»ich hab schon eins von denen.« »Ach ja?«Auf dem Gesicht des Verkäufers machte sich gewaltige Erleichterung breit.»Dem Himmel sei Dank, ich bin heute Morgen schon fünfmal gebissen worden.« Ein lautes Ratschen erfüllte die Luft; zwei der Monsterbücher hatten ein drittes geschnappt und rissen es auseinander. »Aufhören! Aufhören!«, rief der Verkäufer, stocherte mit dem Wanderstock durch die Käfigstäbe und trieb die Bücher auseinander.»Die bestell ich nie wieder, nie! Es ist die Hölle! Ich dachte schon, es könne nicht mehr schlimmer kommen, als wir zweihundert Exemplare von dem Titel Das Unsichtbare Buch der Unsichtbarkeit hier hatten – hat ein Vermögen gekostet und wir haben sie nie gefunden… Nun… kann ich dir weiterhelfen?« »Ja«, sagte Harry und sah auf die Bücherliste.»Ich brauche Die Entnebelung der Zukunft von Kassandra Wablatschki.« »Ah, verstehe, ihr fangt mit Wahrsagen an«, sagte der Verkäufer, zog die Handschuhe aus und führte Harry in den hinteren Teil des Ladens, in eine Ecke mit lauter Büchern über das Wahrsagen. Auf einem kleinen Tisch stapelten sich Werke wie Die Vorhersage des Unvorhersagbaren: So schützen Sie sich vor Schocks und Zerbrochene Träume: Wenn sich das Schicksal wendet. »Bitte schön«, sagte der Verkäufer, der auf eine kleine Stehleiter geklettert war und ein dickes, schwarz gebundenes Buch heruntergeholt hatte.»Die Entnebelung der Zukunft. Sehr guter Überblick über alle grundlegenden Methoden des Wahrsagens – Handlesekunst, Kristallkugeln, Vogeleingeweide -« Doch Harry hörte ihm gar nicht mehr zu. Sein Blick war auf ein anderes Buch gefallen, das auf einem kleinen Tisch auslag: Omen des Todes – Was tun, wenn Sie wissen, daß das Schlimmste bevorsteht. »Oh, das würde ich an deiner Stelle lieber nicht lesen«, sagte der Verkäufer beiläufig, als er Harrys Blick folgte,»sonst fängst du noch an, überall Vorzeichen des Todes zu sehen, und das kann einem wirklich Todesangst einjagen.« Doch Harry wandte den Blick nicht vom Umschlag des Buches; darauf abgebildet war ein Hund, groß wie ein Bär und mit glühenden Augen. Er kam ihm unheimlich bekannt vor… Der Verkäufer drückte Harry Die Entnebelung der Zukunft in die Hand. »Noch was?«, sagte er. »Ja«, sagte Harry, wandte den Blick mühsam von den Augen des Hundes ab und zog verwirrt seine Bücherliste zu Rate.»Ähm – ich brauche Verwandlung: Die Zwischenstufen und Das Lehrbuch der Zaubersprüche, Band 3.« Zehn Minuten später kam Harry mit seinen neuen Büchern unter den Armen aus Flourish amp; Blotts. Gedanken versunken und hie und da jemanden anrempelnd schlenderte er zum Tropfenden Kessel zurück. Er stapfte die Treppe zu seinem Zimmer empor, ging hinein und warf die Bücher aufs Bett. jemand war da gewesen, um zu putzen; die Fenster standen offen und Sonnenlicht flutete herein. Harry hörte die Busse auf der Muggelstraße, die er nicht besucht hatte, vorbeirollen und den Lärm der unsichtbaren Menge unten in der Winkelgasse. Im Spiegel über dem Waschbecken sah er sich ins Gesicht. »Es kann kein Todesomen gewesen sein«, erklärte er trotzig seinem Spiegelbild.»Ich hab einfach Panik gekriegt, als ich dieses Ding im Magnolienring gesehen habe… wahrscheinlich war es bloß ein streunender Hund…« Wie von selbst hob er die Hand, um sein Haar zu glätten. »Ein aussichtsloser Kampf, mein Lieber«, sagte der Spiegel mit pfeifender Stimme. Die Tage glitten dahin und Harry begann auf Schritt und Tritt nach Zeichen von Ron und Hermine Ausschau zu halten. Das neue Schuljahr nahte, und jetzt kamen eine Menge Hogwarts-Schüler in die Winkelgasse. Harry traf Seamus Finnigan und Dean Thomas, seine Mitschüler aus dem Haus der Gryffindors. Auch sie standen mit sehnsüchtigen Augen vor Qualität für Quidditch und bestaunten den Feuerblitz. Vor Flourish amp; Blotts stieß er auf den echten Neville Longbottom, einen rundgesichtigen, vergeßlichen Jungen. Harry hielt nicht an, um ein Pläuschchen zu halten; Neville schien seine Bücherliste verlegt zu haben und wurde gerade von seiner recht stattlichen Großmutter zur Schnecke gemacht. Am letzten Ferientag wachte Harry mit dem Gedanken auf, morgen im Hogwarts-Express würde er endlich Ron und Hermine treffen. Er stand auf, zog sich an, ging hinaus, um einen letzten Blick auf den Feuerblitz zu werfen, und fragte sich gerade, wo er zu Mittag essen sollte, als jemand seinen Namen rief Er drehte sich um. »Harry! Harry!« Da saßen sie, alle beide, vor Fortescues Eissalon; Ron sah unglaublich sommersprossig aus, Hermine war ganz braun gebrannt, und beide winkten ihm begeistert zu. Harry setzte sich zu ihnen.»Endlich!«, sagte Ron und grinste Harry an.»Wir waren im Tropfenden Kessel, aber sie meinten, du seist ausgegangen, und dann sind wir zu Flourish amp; Blotts und zu Madam Malkins und -« »Ich hab alle meine Schulsachen schon letzte Woche besorgt«, erklärte Harry.»Und woher wißt ihr eigentlich, daß ich im Tropfenden Kessel wohne?« »Dad«, sagte Ron nur. Mr Weasley, der beim Zaubereiministerium arbeitete, hatte natürlich die ganze Geschichte mit Tante Magda gehört. »Hast du wirklich deine Tante aufgeblasen?«, fragte Hermine mit sehr ernster Stimme. »Wollte ich gar nicht«, sagte Harry, während sich Ron vor Lachen schüttelte.»Ich hab einfach die Nerven verloren.« »Das ist nicht lustig, Ron«, sagte Hermine scharf»Ehrlich gesagt, ich bin erstaunt, daß sie Harry nicht von der Schule verwiesen haben.« »Das bin ich auch«, gab Harry zu.»Aber was heißt von der Schule fliegen, ich dachte schon, sie würden mich verhaften.«Er sah Ron an.»Dein Dad weiß nicht, warum Fudge mich laufen ließ, oder?« »Wahrscheinlich, weil du es bist«, sagte Ron schulterzuckend und immer noch kichernd.»Der berühmte Harry Potter, du weißt schon. Ich möchte nicht wissen, was das Ministerium mit mir angestellt hätte, wenn ich meine Tante aufgeblasen hätte. Na ja, sie würden mich erst ausgraben müssen, denn meine Mum hätte mich gleich umgebracht. Übrigens kannst du Dad heute Abend selbst fragen. Wir übernachten auch im Tropfenden Kessel! Und wir können morgen zusammen nach King's Cross fahren. Hermine ist auch dabei!« Hermine nickte strahlend.»Mum und Dad haben mich heute Morgen mit all meinen Hogwarts-Sachen hergebracht.« »Toll!«, sagte Harry glücklich.»Wie sieht's aus, habt ihr alle eure Bücher und Sachen?« »Sieh dir das mal an«, sagte Ron und zog eine lange schmale Schachtel aus seiner Tasche und öffnete sie.»Brandneuer Zauberstab. Vierzehn Zoll, Weide, mit Einhorn-schwanz-Haar. Und wir haben alle Bücher beisammen -«, er deutete auf eine große Tüte unter seinem Stuhl.»Was ist eigentlich mit diesen Monsterbüchern los? Der Verkäufer ist fast in Tränen ausgebrochen, als wir zwei Stück verlangt haben.« »Was ist das denn alles, Hermine?«, fragte Harry und deutete nicht auf eine, sondern auf drei prall gefüllte Tüten auf dem Stuhl neben ihr. »Tja, ich hab eben mehr Fächer gewählt als ihr«, sagte Hermine.»Das sind meine Bücher für Arithmantik, Pflege magischer Geschöpfe, Weissagung, Alte Runen, Muggelkunde -« »Warum gehst du eigentlich in Muggelkunde?«, fragte Ron und sah, die Augen rollend, zu Harry hinüber.»Du stammst doch von Muggeln ab! Deine Eltern sind doch Muggel! Du weißt doch schon alles über Muggel!« »Aber es ist spannend, sie aus der Sicht der Zauberei zu studieren«, sagte Hermine mit ernster Stimme. »Hast du vor, dieses Jahr überhaupt noch zu essen und zu schlafen, Hermine?«, fragte Harry, während Ron gluckste. Hermine ließ sich nicht beirren. »Ich hab noch zehn Galleonen«, sagte sie und sah in ihrer Geldbörse nach.»Ich hab im September Geburtstag und Mum und Dad haben mir ein wenig Geld gegeben, damit ich mir schon mal ein Geschenk kaufe.« »Wie wär's mit einem guten Buch?«, sagte Ron mit Unschuldsmiene. »Nein, eher nicht«, gab Hermine trocken zurück.»Ich will eigentlich gerne eine Eule. Immerhin hat Harry seine Hedwig und du hast Errol.« »Hab ich nicht«, sagte Ron.»Errol ist eine Familieneule. Alles, was ich hab, ist Krätze.«Er zog seine Ratte aus der Tasche.»Und ich will ihn untersuchen lassen«, fügte er hinzu, während er Krätze auf den Tisch legte.»Ich hab den Eindruck, Ägypten ist ihm nicht bekommen.« Krätze war dünner als sonst und seine Schnurrhaare waren sichtlich erschlafft. »Gleich da drüben ist ein Laden für magische Geschöpfe«, sagte Harry, der die Winkelgasse inzwischen recht gut kannte.»Du könntest fragen, ob sie irgendwas für Krätze haben, und Hermine kann ihre Eule kaufen.« Also bezahlten sie ihre Eisbecher und gingen über die Straße zur Magischen Menagerie. Drinnen war es ziemlich eng. jeder Zentimeter Wand war mit Käfigen voll gestellt. Die Luft war schlecht und die Bewohner der Käfige kreischten, quiekten, fiepten, plapperten oder zischten alle durcheinander und veranstalteten ein Höllenspektakel. Die Hexe hinter der Ladentheke gab einem Zauberer gerade Ratschläge zur Pflege doppelschwänziger Wassermolche, und Harry, Ron und Hermine erkundeten inzwischen die Käfige. Ein Paar gewaltiger purpurroter Kröten machte sich schlabbernd und schluckend über tote Schmeißfliegen her. Eine gigantische Schildkröte mit juwelenbesetztem Panzer glitzerte in der Nähe des Fensters. Giftige orangerote Schnecken saugten sich gemächlich an den Wänden ihrer Glaskästen hoch und ein fettes weißes Kaninchen verwandelte sich unter lautem Knallen in einen seidenen Zylinder und wieder zurück. Zudem gab es Katzen jeder Farbe, einen lärmigen Käfig voller Raben, einen Korb mit merkwürdigen senffarbenen Pelzbällchen, die laut summten, und auf der Theke stand ein riesiger Käfig mit schlanken schwarzen Ratten, die mit ihren langen kahlen Schwänzen eine Art Hüpfspiel veranstalteten. Der Zauberer mit den doppelschwänzigen Wassermolchen verließ den Laden und Ron trat an die Theke. »Das ist meine Ratte«, sagte er zu der Hexe,»sie hat ein wenig Farbe verloren, seit wir aus Ägypten zurück sind.« »Klatsch sie auf die Theke«, sagte die Hexe und zog eine klobige schwarze Brille aus ihrer Tasche. Ron zog Krätze aus seiner Innentasche und legte ihn neben den Käfig seiner Artgenossen, die mit ihrem Hüpfspiel aufhörten und zum Gitterdraht huschten, um ja nichts zu verpassen. Wie fast alles, was Ron besaß, war Krätze aus zweiter Hand (er hatte einst Rons Bruder Percy gehört) und wirkte ein wenig mitgenommen. Neben den Hochglanzratten im Käfig sah er besonders mitleiderregend aus. »Hm«, sagte die Hexe und hob Krätze hoch.»Wie alt ist diese Ratte?« »Keine Ahnung«, sagte Ron.»Ziemlich alt. Sie hat mal meinem Bruder gehört.« »Welche Kräfte hat sie?«, sagte die Hexe und musterte Krätze eingehend. »Ahm«, sagte Ron. Die Wahrheit war, daß Krätze nie die Spur einer interessanten Kraft gezeigt hatte. Der Blick der Hexe wanderte von Krätzes angeknabbertem linkem Ohr zu seiner Vorderpfote, an der ein Zeh fehlte, und er tat sein Mißfallen laut kund. »Der wurde aber wirklich übel mitgespielt«, meinte sie. »Sie war schon so, als ich sie von Percy bekommen hab«, sagte Ron zu seiner Verteidigung. »Eine gewöhnliche Haus- oder Gartenratte wie diese hier wird meist nicht älter als drei Jahre«, sagte die Hexe.»Nun, wenn du nach etwas Haltbarerem suchst, könntest du dich vielleicht mit einer von diesen anfreunden.« Sie zeigte auf die schwarzen Ratten, die prompt wieder anfingen zu hüpfen. »Angeber«, murmelte Ron. »Schön, wenn du keine neue willst, kannst du diese Rattentinktur ausprobieren«, sagte die Hexe, griff unter die Theke und holte eine kleine rote Flasche hervor. »Gut«, sagte Ron,»wie viel – autsch!« Ron duckte sich, denn etwas Riesiges und Orangerotes war von einem Käfigdach hoch oben auf den Regalen heruntergesprungen, auf seinem Kopf gelandet und hatte sich dann wild fauchend auf Krätze gestürzt. »Nein, Krummbein, aus!«, rief die Hexe, doch Krätze flutschte wie ein Stück nasse Seife zwischen ihren Händen hindurch, landete bäuchlings auf dem Boden und raste zur Tür. »Krätze!«, schrie Ron und jagte ihm nach aus dem Laden; Harry folgte ihm. Sie brauchten zehn Minuten, um Krätze einzufangen, der unter einem Mülleimer vor Qualität für Quidditch Zuflucht gesucht hatte. Ron stopfte die zitternde Ratte zurück in seine Tasche und richtete sich auf »Was war denn das?«, sagte er und rieb sich den Kopf, »Entweder eine sehr große Katze oder ein ziemlich kleiner Tiger«, sagte Harry. »Wo ist Hermine?« »Kauft vermutlich ihre Eule.« Durch die belebte Gasse gingen sie zurück zur Magischen Menagerie. Als sie vor dem Laden standen, kam Hermine heraus, doch eine Eule hatte sie nicht bei sich. Ihre Arme waren fest um einen gewaltigen rötlichen Kater geklammert. »Du hast dieses Monster gekauft?«, fragte Ron und starrte sie mit offenem Mund an. »Ist er nicht unglaublich?«, sagte Hermine strahlend. Das ist Ansichtssache, dachte Harry. Das rötliche Fell des Katers war dick und flauschig, doch er sah unleugbar etwas krummbeinig aus und sein Gesicht wirkte mißmutig und seltsam eingedellt, als ob er geradewegs gegen eine Backsteinmauer gerannt wäre. Nun jedoch, da Krätze außer Sicht war, schnurrte der Kater zufrieden in Hermines Armen. »Hermine, das Ungeheuer hat mich fast skalpiert!«, sagte Ron. »War keine Absicht, oder, Krummbein?«, sagte Hermine. »Und was ist mit Krätze?«, sagte Ron und deutete auf das Knäuel in seiner Brusttasche.»Meine Ratte braucht Ruhe und Entspannung! Wie soll das gehen, wenn dieses Ding in der Nähe ist?« »Da fällt mir ein, du hast dein Rattentonikum vergessen«, sagte Hermine und drückte Ron die kleine rote Flasche in die Hand.»Und mach dir keine Sorgen, Krummbein schläft bei mir im Schlafsaal und Krätze bei dir, wo ist das Problem? Armer Krummbein, die Hexe sagte, er sei schon seit Ewigkeiten da und keiner wollte ihn haben.« »Das wundert mich auch«, sagte Ron mit säuerlicher Miene und sie machten sich auf den Weg zum Tropfenden Kessel. In der Bar des Wirtshauses saß Mr Weasley und las den Tagespropheten. Er blickte auf»Harry!«, sagte er lächelnd.»Wie geht's dir?« »Danke, gut«, sagte Harry, und alle drei setzten sich mit ihren Einkäufen zu ihm. Mr Weasley legte die Zeitung beiseite und Harrys Blick fiel auf ein vertrautes Foto. Sirius Black starrte Harry ins Gesicht. »Sie haben ihn also noch immer nicht?«, fragte er. »Nein«, sagte Mr Weasley mit ernster Miene.»Das Ministerium hat uns alle von den täglichen Pflichten entbunden, um ihn mit vereinten Kräften zu suchen, doch bislang hatten wir wenig Glück.« »Wär eine Belohnung für uns drin, wenn wir ihn fangen würden?«, fragte Ron.»Ein wenig Geld könnte ich gut gebrauchen.« »Sei nicht albern, Ron«, sagte Mr Weasley, der bei näherem Hinsehen äußerst angespannt wirkte.»Black wird sich von einem dreizehnjährigen Zauberer nicht fangen lassen. Es sind die Wachen von Askaban, die ihn kriegen werden, darauf kannst du dich verlassen.« In diesem Augenblick kam Mrs Weasley in die Bar, beladen mit Einkäufen und gefolgt von den Zwillingen Fred und George, die nun ihr fünftes Jahr in Hogwarts begannen, vom neu gewählten Schulsprecher Percy und vom jüngsten Kind und einzigen Mädchen der Weasleys, Ginny. Ginny war von Harry immer schon hingerissen gewesen, und als sie ihn jetzt sah, stürzte sie offenbar in noch tiefere Verlegenheit als sonst, vielleicht, weil er ihr letztes Jahr in Hogwarts das Leben gerettet hatte. Sie wurde puterrot und murmelte:»Hallo«, ohne ihn anzusehen. Percy jedoch streckte Harry feierlich die Hand entgegen, als ob er und Harry sich noch nie gesehen hätten: »Harry. Wie schön dich zu sehen.« »Hallo, Percy«, sagte Harry und mühte sich, nicht zu lachen. »Ich hoffe, dir geht's gut?«, sagte Percy pompös und schüttelte ihm die Hand. Es war, als ob Harry einem Bürgermeister vorgestellt würde. »Sehr gut, danke.« »Harry!«, sagte Fred, schob Percy mit dem Ellbogen aus dem Weg und verbeugte sich tief,»Einfach toll dich zu sehen, alter Junge.« »Großartig«, sagte George, stieß Fred beiseite und ergriff seinerseits Harrys Hand.»Absolut umwerfend.« Percy runzelte die Stirn. »Das reicht jetzt«, sagte Mrs Weasley. »Mum!«, sagte Fred, als ob er sie just in diesem Augenblick erkannt hätte, und packte ihre Hand:»Einfach unglaublich dich zu sehen.« »Genug jetzt, hab ich gesagt«, herrschte ihn Mrs Weasley an und stellte ihre Einkäufe auf einem freien Stuhl ab.»Hallo, Harry, mein Lieber. Ich nehm an, du hast die fabelhafte Neuigkeit schon erfahren?«Sie deutete auf das brandneue silberne Abzeichen auf Percys Brust.»Der zweite Schulsprecher in der Familie!«, sagte sie und schwoll vor Stolz an. »Und der letzte«, murmelte Fred hintenherum. »Das bezweifle ich nicht«, sagte Mrs Weasley und runzelte plötzlich die Stirn.»Mir ist nicht entgangen, daß sie euch beide nicht zu Vertrauensschülern ernannt haben.« »Wozu sollen wir denn Vertrauensschüler sein?«, sagte George und schien bereits von der bloßen Vorstellung angewidert.»Das würde uns doch jeden Spaß im Leben nehmen.« Ginny gluckste. »Du solltest deiner Schwester ein besseres Vorbild sein«, fauchte Mrs Weasley. »Ginny hat doch noch andere Brüder, die ihr ein Vorbild sein können, Mutter«, sagte Percy hochmütig.»Ich geh nach oben und zieh mich zum Abendessen um…« Er verschwand und George seufzte schwer. »Wir wollten ihn in eine Pyramide einmauern«, meinte er zu Harry gewandt.»Aber Mum hat uns erwischt.« Das Essen an diesem Abend war eine vergnügliche Angelegenheit. Tom, der Wirt, stellte im Salon drei Tische zusammen und die sieben Weasleys, Harry und Hermine futterten sich durch fünf leckere Gänge. »Wie kommen wir morgen eigentlich nach King's Cross, Dad?«, fragte Fred, während sie sich über einen üppigen Schokoladenpudding hermachten. »Das Ministerium stellt ein paar Autos zur Verfügung«, sagte Mr Weasley. Alle hoben die Köpfe und sahen ihn an. »Warum?«, fragte Percy neugierig. »Wegen dir, Percy«, sagte George mit ernster Miene.»Und auf die Kühler stecken sie kleine Wimpel mit G. W, drauf,« »- für Gewaltiger Angeber«, sagte Fred. Alle außer Percy und Mrs Weasley prusteten in ihren Nachtisch. »Warum stellt das Ministerium Autos zur Verfügung?«, fragte Percy noch einmal in Respekt heischendem Ton. »Nun, weil wir kein Auto mehr haben«, sagte Mr Weasley,»und weil ich dort arbeite, tun sie mir einen Gefallen.« Er sprach in lässigem Ton, doch Harry entging nicht, daß seine Ohren rot angelaufen waren, genau wie die von Ron, wenn ihn etwas bedrückte. »Das ist auch ganz gut so«, sagte Mrs Weasley gut gelaunt.»Ist euch klar, wie viel Gepäck ihr alle zusammen mitschleppt? Da hätten die Muggel in ihrer U-Bahn was zu gucken… Ihr habt doch alle schon gepackt, oder?« »Ron hat noch nicht alle seine neuen Sachen im Koffer«, sagte Percy mit leidgetränkter Stimme,»er hat sie auf meinem Bett abgelegt.« »Dann gehst du jetzt besser und packst ordentlich, Ron, denn morgen früh haben wir nicht viel Zeit.«Mit diesen Worten hob Mrs Weasley die Tafel auf Ron starrte Percy mißmutig an. Nach dem Abendessen fühlten sie sich alle proppenvoll und schläfrig. Einer nach dem andern ging nach oben in sein Zimmer, um die Abreise am nächsten Tag vorzubereiten. Ron und Percy hatten das Zimmer neben Harry. Er hatte seinen Koffer gerade zugemacht und abgeschlossen, als zorniges Stimmengewirr durch die Wand drang. Er ging hinaus, um nachzusehen, was los war. Die Tür zu Nummer zwölf stand offen und er hörte Percy laut rufen. »Es war hier, auf dem Nachttisch, ich hab es zum Polieren abgenommen.« »Ich hab's nicht angerührt, klar?«, brüllte Ron zurück. »Was ist los?«, fragte Harry. »Mein Schulsprecher-Abzeichen ist verschwunden«, sagte Percy und wandte sich Harry zu. »Und Krätzes Rattentonikum auch«, sagte Ron und warf seine Sachen aus dem Koffer, um nachzusehen.»Vielleicht hab ich's unten vergessen.« »Du gehst nirgendwohin, bis du mein Abzeichen gefunden hast«, polterte Percy. »Ich hol das Zeug für Krätze, ich hab schon gepackt«, sagte Harry zu Ron und ging nach unten. Harry war in der Mitte des Durchgangs zur Bar, die jetzt stockdunkel war, als er vom Salon her ein weiteres Paar zorniger Stimmen hörte. Gleich darauf erkannte er sie als die von Mr und Mrs Weasley. Er wollte schon weitergehen, denn von ihrem Streit wollte er nichts wissen, als sein Name fiel. Er hielt inne und näherte sich langsam der Tür zum Salon. »… hat keinen Zweck, es ihm zu verschweigen«, sagte Mr Weasley mit erhitzter Stimme.»Harry hat ein Recht, es zu erfahren. Ich hab versucht mit Fudge zu reden, aber er muß Harry ja unbedingt wie ein kleines Kind behandeln – Harry ist immerhin dreizehn und -« »Arthur, die Wahrheit würde ihm fürchterliche Angst einjagen!«, erwiderte Mrs Weasley schrill.»Willst du Harry mit dieser schweren Last in die Schule schicken? Um Himmels Willen, er kann von Glück reden, daß er nichts weiß!« »Ich will nicht, daß es ihm schlecht geht, ich will nur, daß er auf sich aufpaßt!«, gab Mr Weasley zurück.»Du weißt doch, wie Harry und Ron sind, sie streunen zusammen in der Gegend rum, sie sind zweimal im Verbotenen Wald gelandet! Aber das kommt dieses Jahr für Harry nicht in Frage! Wenn ich überlege, was ihm hätte passieren können in dieser Nacht, als er von zu Hause weggelaufen ist! Wenn der Fahrende Ritter ihn nicht aufgelesen hätte, wär er tot gewesen, bevor das Ministerium ihn gefunden hätte, da wette ich mit dir.« »Aber er ist nicht tot, es geht ihm gut, also was soll -« »Molly, es heißt, Sirius Black sei verrückt, und vielleicht ist er es auch, aber er war gerissen genug, um aus Askaban zu entkommen, und das ist angeblich unmöglich. Das ist jetzt drei Wochen her, und wir haben nicht die leiseste Ahnung, wo er steckt, und egal, was Fudge ständig dem Tagespropheten erzählt, eher erfinden sie den selbstzaubernden Zauberstab, als daß wir ihn fangen. Wir wissen nur, wem Black auf den Fersen ist.« »Aber Harry ist in Hogwarts völlig sicher.« »Wir glaubten ja auch, Askaban wäre vollkommen sicher. Wenn Black aus Askaban ausbrechen konnte, kann er auch in Hogwarts einbrechen.« »Aber keiner weiß wirklich genau, ob Black hinter Harry her ist.« Es gab einen dumpfen Schlag auf Holz, und Harry war sich sicher, daß Mr Weasley mit der Faust auf den Tisch gehauen hatte. »Molly, wie oft soll ich es dir noch sagen? Sie haben es nicht in der Zeitung gebracht, weil Fudge es geheim halten wollte, aber Fudge ging noch in der Nacht, als Black verschwand, nach Askaban. Die Wachen haben ihm berichtet, daß Black schon eine ganze Zeit im Schlaf geredet habe. Immer dieselben Worte… gt;Er ist in Hogwarts – er ist in Hogwarts.lt; Black hat sie nicht mehr alle, Molly, und er will Harry umbringen. Wenn du mich fragst, glaubt er, daß er mit dem Mord an Harry Du-weißt-schon-wen an die Macht zurückbringt. Black hat alles verloren in der Nacht, als Harry die Macht von Du-weißt-schon-wem gebrochen hat, und er hat zwölf Jahre allein in Askaban hinter sich, in denen er darüber brüten konnte…« Schweigen trat ein. Harry drückte das Ohr an die Tür, um ja kein Wort zu verpassen. »Nun, Arthur, du mußt tun, was du für richtig hältst. Aber du vergißt Albus Dumbledore. Ich bin sicher, daß Harry in Hogwarts nichts passieren kann, solange Dumbledore dort Schulleiter ist. Ich nehme an, er weiß alles über diese Geschichte?« »Natürlich weiß er Bescheid. Wir mußten ihn fragen, ob er etwas dagegen hat, wenn sich die Wachen von Askaban an den Eingängen zum Schulgelände aufstellen. Er war nicht besonders erfreut darüber, aber er war einverstanden.« »Nicht erfreut? Warum eigentlich, wenn sie da sind, um Black zu fangen?« »Dumbledore hält nicht besonders viel von den Wachen in Askaban«, sagte Mr Weasley mit schwerer Stimme.»Und wenn du mich fragst – ich auch nicht… Aber wenn du mit einem Zauberer wie Black zu tun hast, mußt du manchmal deine Kräfte mit denen von Leuten vereinen, die du sonst meidest.« »Wenn sie Harry retten -« »- dann werd ich nie wieder ein Wort gegen sie sagen«, sagte Mr Weasley mit müder Stimme.»Es ist spät, Molly, wir gehen besser nach oben…« Harry hörte Stühle rücken. So leise er konnte, huschte er durch den Gang in die Bar und verschwand in der Dunkelheit. Die Salontür ging auf und ein paar Sekunden später hörte er Mr und Mrs Weasley die Treppe emporgehen. Die Flasche mit dem Rattentonikum lag unter dem Tisch, an dem sie gesessen hatten. Harry wartete, bis er die Zimmertür der Weasleys zugehen hörte, dann machte er sich mit der Flasche auf den Weg nach oben. Fred und George kauerten im dunklen Flur und krümmten sich vor Lachen, während sie Percy lauschten, der drinnen das Zimmer auf der Suche nach dem Abzeichen auseinander nahm. »Wir haben es«, flüsterte Fred Harry zu.»Wir haben es ein wenig überarbeitet.« »Großsprecher«hieß es jetzt auf der Plakette. Harry zwang sich zu einem Lachen, ging hinein, um Ron das Rattentonikum zu bringen, schloß sich dann in seinem Zimmer ein und legte sich aufs Bett. Sirius Black war also hinter ihm her. Das erklärte alles. Fudge war großzügig mit ihm gewesen, weil er so erleichtert war, daß er überhaupt noch lebte. Harry hatte ihm versprechen müssen, in der Winkelgasse zu bleiben, wo es genug Zauberer gab, die ihn im Auge behalten konnten. Und er schickte zwei Dienstwagen seines Ministeriums, um sie morgen alle zum Bahnhof zu bringen, so daß die Weasleys nach ihm sehen konnten, bis er im Zug war. Harry lag da und lauschte dem gedämpften Streit nebenan und fragte sich, warum er eigentlich nicht mehr Angst hatte..Sirius Black hatte mit einem Fluch dreizehn Menschen umgebracht. Die Weasleys glaubten offenbar, Harry würde in Panik geraten, wenn er die Wahrheit erführe. Doch Harry war sich von ganzem Herzen mit Mrs Weasley einig, daß der sicherste Ort auf Erden dort war, wo Albus Dumbledoresich gerade aufhielt; sagten die Leute nicht immer, Dumbledore sei der Einzige, vor dem Lord Voldemort je Angst gehabt hätte? Sicher würde Black als Voldemorts rechte Hand ebenfalls Angst vor ihm haben? Und dazu kamen noch die Wachen von Askaban, über die alle redeten. Sie schienen den meisten Leuten panische Angst einzujagen und wenn sie um die Schule herum postiert würden, hätte Black sicher wenig Chancen hineinzukommen. Nein, alles in allem machte sich Harry am meisten darüber Gedanken, daß seine Aussicht, nach Hogsmeade zu kommen, jetzt offensichtlich bei null lag. Keiner würde wollen, daß Harry die Sicherheit des Schlosses verließe, bis sie Black gefangen hatten. Harry ahnte außerdem voraus, daß man ihn auf Schritt und Tritt überwachen würde, bis die Gefahr vorüber war. Grimmig starrte er gegen die dunkle Decke. Glaubten sie wirklich, er könne nicht auf sich selbst aufpassen? Er war Lord Voldemort dreimal entkommen, er war nicht völlig hilflos… Unwillkürlich erschien das Bild des Ungeheuers im Magnolienring vor seinem Auge. Was wirst du tun, wenn du weißt, daß das Schlimmste bevorsteht… »Ich lasse mich nicht umbringen«, sagte Harry laut. »Das ist die richtige Einstellung, mein Junge«, sagte der Spiegel schläfrig. |
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