"Фридрих Дюрренматт. Der tunnel (Тоннель, нем.)" - читать интересную книгу автора

vorbei, wenn er, entschlossen, ihn zu beachten, aufschaute, so schnell
durchfuhr ihn der Zug und so kurz war der kleine Tunnel. So hatte er denn
auch jetzt die Sonnenbrille nicht abgenommen, als sie einfuhren, da er nicht
an den Tunnel dachte. Die Sonne hatte eben noch mit voller Kraft geschienen,
und die Landschaft, durch die sie fuhren, die Hugel und Walder, die fernere
Kette des Juras und die Hauser des Stadtchens, war wie von Gold gewesen, so
sehr hatte alles im Abendlicht geleuchtet, so sehr, dass ihm die nun
schlagartig einsetzende Dunkelheit des Tunnels bewusst wurde, der Grund wohl
auch, warum ihm die Durchfahrt langer erschien, als er sie sich dachte. Es
war vollig finster im Abteil, da der Kurze des Tunnels wegen die Lichter
nicht in Funktion gesetzt waren, denn jede Sekunde musste sich ja in der
Scheibe der erste, fahle Schimmer des Tages zeigen, sich blitzschnell
ausweiten und mit voller, goldener Helle gewaltig hereinbrechen; als es
jedoch immer noch dunkel blieb, nahm er die Sonnenbrille ab. Das Madchen
zundete sich in diesem Augenblick eine Zigarette an, offenbar argerlich,
dass es im Roman nicht weiterlesen konnte, wie er im rotlichen Aufflammen
des Streichholzes zu bemerken glaubte; seine Armbanduhr mit dem leuchtenden
Zifferblatt zeigte zehn nach sechs. Er lehnte sich in die Ecke zwischen der
Coupewand und der Scheibe und beschaftigte sich mit seinen verworrenen
Studien, die ihm niemand recht glaubte, mit dem Seminar, in das er morgen
musste und in das er nicht gehen wurde (alles, was er tat, war nur ein
Vorwand, hinter der Fassade seines Tuns Ordnung zu erlangen, nicht die
Ordnung selber, nur die Ahnung einer Ordnung, angesichts des Schrecklichen,
gegen das er sich mit Fett polsterte, Zigarren in den Mund steckte,
Wattebuschel in die Ohren), und wie er wieder auf das Zifferblatt schaute,
war es Viertel nach sechs und immer noch der Tunnel. Das verwirrte ihn. Zwar
leuchteten nun die Gluhbirnen auf, es wurde hell im Coupe, das rote Madchen
konnte in seinem Roman weiterlesen, und der dicke Herr spielte wieder mit
sich selber Schach, doch drau?en, jenseits der Scheibe, in der sich nun das
ganze Abteil spiegelte, war immer noch der Tunnel. Er trat in den Korridor,
in welchem ein hochgewachsener Mann in einem hellen Regenmantel auf und ab
ging, ein schwarzes Halstuch umgeschlagen. Wozu auch bei diesem Wetter,
dachte er und schaute in die anderen Coupes dieses Wagens, wo man Zeitung
las und miteinander schwatzte. Er trat wieder zu seiner Ecke und setzte
sich, der Tunnel musste nun jeden Augenblick aufhoren, jede Sekunde; auf der
Armbanduhr war es nun beinahe zwanzig nach; er argerte sich, den Tunnel
vorher so wenig beachtet zu haben, dauerte er doch nun schon eine
Viertelstunde und musste, wenn die Geschwindigkeit eingerechnet wurde, mit
welcher der Zug fuhr, ein bedeutender Tunnel sein, einer der langsten Tunnel
in der Schweiz. Es war daher wahrscheinlich, dass er einen falschen Zug
genommen hatte, wenn ihm im Augenblick auch nicht erinnerlich war, dass sich
zwanzig Minuten Bahnfahrt von seinem Heimatort aus ein so langer und
bedeutender Tunnel befand. Er fragte deshalb den dicken Schachspieler, ob
der Zug nach Zurich fahre, was der bestatigte. Er wusste gar nicht, dass an
dieser Stelle der Strecke ein so langer Tunnel sei, sagte der junge Mann,
doch der Schachspieler antwortete, etwas argerlich, da er in irgendeiner
schwierigen Uberlegung zum zweitenmal unterbrochen wurde, in der Schweiz
gebe es eben viele Tunnel, au?erordentlich viele, er reise zwar zum
erstenmal in diesem Lande, doch falle dies sofort auf, auch habe er in einem
statistischen Jahrbuch gelesen, dass kein Land so viele Tunnel wie die