"Фридрих Дюрренматт. Der tunnel (Тоннель, нем.)" - читать интересную книгу автора

Schweiz besitze. Er musse sich nun entschuldigen, wirklich, es tue ihm
schrecklich Leid, da er sich mit einem wichtigen Problem der
Nimzowitsch-Verteidigung beschaftige und nicht mehr abgelenkt werden durfe.
Der Schachspieler hatte hoflich, aber bestimmt geantwortet; dass von ihm
keine Antwort zu erwarten war, sah der junge Mann ein. Er war froh, als nun
der Schaffner kam. Er war uberzeugt, dass seine Fahrkarte zuruckgewiesen
werden wurde; auch als der Schaffner, ein blasser, magerer Mann, nervos, wie
es den Eindruck machte, dem Madchen gegenuber, dem er zuerst die Fahrkarte
abnahm, bemerkte, es musse in Olten umsteigen, gab der Vierundzwanzigjahrige
noch nicht alle Hoffnung auf, so sehr war er uberzeugt, in den falschen Zug
gestiegen zu sein. Er werde wohl nachzahlen mussen, er sollte nach Zurich,
sagte er denn, ohne die Ormond Brasil 10 aus dem Munde zu nehmen, und
reichte dem Schaffner das Billett hin. Der Herr sei im rechten Zug,
antwortete der, wie er die Fahrkarte gepruft hatte. "Aber wir fahren doch
durch einen Tunnel!" rief der junge Mann argerlich und recht energisch aus,
entschlossen, nun die verwirrende Situation aufzuklaren. Man sei eben an
Herzogenbuchsee vorbeigefahren und nahere sich Langenthal, sagte der
Schaffner. "Es stimmt, mein Herr, es ist jetzt zwanzig nach sechs." Aber man
fahre seit zwanzig Minuten durch einen Tunnel, beharrte der junge Mann auf
seiner Feststellung. Der Schaffner sah ihn verstandnislos an. "Es ist der
Zug nach Zurich", sagte er und schaute nun auch nach dem Fenster. "Zwanzig
nach sechs", sagte er wieder, jetzt etwas beunruhigt, wie es schien, "bald
kommt Olten, Ankunft achtzehnuhrsiebenunddrei?ig. Es wird schlechtes Wetter
gekommen sein, ganz plotzlich, daher die Nacht, vielleicht ein Sturm, ja,
das wird es sein." - "Unsinn", mischte sich nun der Mann, der sich mit
seinem Problem der Nimzowitsch- Verteidigung beschaftigte, ins Gesprach,
argerlich, weil er immer noch sein Billett hinhielt, ohne vom Schaffner
beachtet zu werden, "Unsinn, wir fahren durch einen Tunnel. Man kann
deutlich den Fels sehen, Granit wie es scheint. In der Schweiz gibt es am
meisten Tunnel der ganzen Welt. Ich habe es in einem statistischen Jahrbuch
gelesen." Der Schaffner, indem er endlich die Fahrkarte des Schachspielers
entgegennahm, versicherte aufs neue, fast flehentlich, der Zug fahre nach
Zurich, worauf der Vierundzwanzigjahrige den Zugfuhrer verlangte. Der sei
vorne im Zug, sagte der Schaffner, im ubrigen fahre der Zug nach Zurich,
jetzt sei es sechsuhrfunfundzwanzig, und in zwolf Minuten werde er nach dem
Sommerfahrplan in Olten anhalten, er fahre jede Woche diesen Zug dreimal.
Der junge Mann machte sich auf den Weg. Das Gehen fiel ihm noch schwerer im
uberfullten Zug als vor kurzem, wie er die gleiche Strecke umgekehrt
gegangen war; der Zug musste uberaus schnell fahren; auch war das Getose,
das er dabei verursachte, entsetzlich; so steckte er sich seine Wattebuschel
denn wieder in die Ohren, nachdem er sie beim Betreten des Zuges entfernt
hatte. Die Menschen, an denen er vorbeikam, verhielten sich ruhig, in nichts
unterschied sich der Zug von anderen Zugen, die er an den
Sonntagnachmittagen gefahren war, und niemand fiel ihm auf, der beunruhigt
gewesen ware. In einem Wagen mit Zweitklass-Abteilen stand ein Englander am
Fenster des Korridors und tippte freudestrahlend mit der Pfeife, die er
rauchte, an die Scheibe. "Simplon", sagte er. Auch im Speisewagen war alles
wie sonst, obwohl kein Platz frei war und der Tunnel doch einem der
Reisenden oder der Bedienung, die Wiener Schnitzel und Reis servierte, hatte
auffallen konnen. Den Zugfuhrer, den er an der roten Tasche erkannte, fand