"Макс Фриш. Skizze (нем.)" - читать интересную книгу автора

Gegenteil sagen, Menschen zu sehen, die mich wie einen armen Kranken
behandeln, wie ein Kind mit einem fallenden Weh, zu fuhlen, wie sie Angst
haben vor meinem nachsten Fauxpas, diese mutterliche Sorge, ich konnte
unseren Wagen auf ein Trottoir fahren, diesen freundschaftlichen Rat, ich
solle nicht so viel rauchen und mich nicht in eine Sache hineinsteigern, das
Schweigen, wenn ich mich erklare, die unausgesprochene Hoffnung, dass ich
endlich zu einem Nervenarzt gehe, ich halte es nicht mehr aus, ich muss
hinaus! - und noch ist der Zug nicht abgefahren, die paffende Lokomotive,
die zum Platzen voll Dampf ist..."
"Wo fahren Sie hin?"
"Das geht Sie einen Dreck an!"
Schinz ist aufgesprungen,
"Bitte", sagt der Kommissar -
"Das geht Sie einen Dreck an!" schreit Schinz: "Das geht Sie einen
Dreck an!"
Schreien ist so unschinzisch, er merkt es jedesmal, bereut es jedesmal,
nicht weil der Hornochse ihn jetzt strafen wird, bereut es, weil es ihm
nicht liegt... Gottlieb, hat Bimba damals gesagt, ich bin nicht taub - Und
ob sie taub sind! Alle sind sie taub! Sie horen, dass man schreit, aber
nicht, was man schreit. Das ist es! Naturlich sind sie taub, sonst wurden
sie sich selber nicht aushalten, sie wurden eingehen wie die Dogge, weil sie
es gehort haben und nicht sagen konnen, wie die Dogge! denkt er, wahrend der
Kommissar sich ebenfalls erhebt und trocken lachelt:
"Bitte. Sie konnen gehen."
Den Pass hat er in die Schublade geworfen, die Schublade schlie?t er
ab, den Schlussel steckt er in die hintere Hosentasche, die Fulle seines
Arsches zeigend - Schinz hat begriffen, nimmt seinen Mantel, geht hinaus,
doch kommt er nicht weit, bis der junge Gendarm ihn einholt.
"Sie sollen zuruckkommen."
" Warum?"
"Sie sollen zuruckkommen."
Schinz geht zuruck; der Kommissar steht, eine Pfeife anzundend, so dass
er eine Weile nicht sprechen kann; dann sagt er: "Schlie?en Sie die Ture wie
ein anstandiger Mensch, Herr Doktor."
Schinz schluckt. Der Kommissar raucht, bereits anderweitig beschaftigt.
Schinz schlie?t die Ture wie ein anstandiger Mensch... Drei Uhr morgens, es
regnet wieder in Stromen, geht er schwarz uber die Grenze, Heinrich Gottlieb
Schinz, Rechtsanwalt, ein Mann ohne Papiere.
Die Kinder schamen sich im Gymnasium.
Einige Nachte sieht sich Schinz, wie ,er in Stadeln ubernachtet, nie
ganz schlafend, wachsam, solange er sich im Grenzgebiet befindet. So
ungefahr, denkt er, ist Alexis uber unsere Grenze gekommen, der Emigrant,
der als Zeuge kein volles Gewicht hat; man ist sehr rasch ein Emigrant. Man
ist ansassig, wie man ansassiger nicht sein kann, hat einen Stammbaum und
ein Haus; plotzlich ist man ein Emigrant. Das ist schon ofter vorgekommen!
Man sieht die Dinge etwas anders, als die andern sie lehren; man kann nichts
dafur, dass die Zeitungen das Gegenteil schreiben... Eines Tages melden sie,
dass Schinz geschnappt worden ist, namlich auf der andern Seite. Er soll,
wie der behordliche Ausdruck lautet, abgeschoben werden. Abgeschoben! Fur
die Familie ein nicht ausdenkbarer Schlag. Nur Bimba halt sich gro?artig;