"Макс Фриш. Skizze (нем.)" - читать интересную книгу автора

eine Uniform, die Schinz noch nie gesehen hat; die Historie, scheint es, hat
sich wieder einmal gewendet, die Mutzen sind anders, der Schnitt der Hosen,
anders ist auch die Art, das Gewehr zu tragen. Es ist schon ziemlich hell,
aber vor Sonnenaufgang. Was Schinz, ubrigens der einzige Deutschsprechende
in seiner Gruppe, mehr beschaftigt als die unbekannten Uniformen, ist der
kleine Huhnerhof des Hauswartes, wo er zum ersten Male die beiden bekannten
Hahne sieht, die er jeden Morgen gehort hat! noch haben sie nicht gekraht...
Auf der Treppe der Turnhalle erscheint ein Mann ohne Uniform, ein ziemlich
junger Bursche, der eine Armbinde tragt; eine Liste verlesend:
"Stepanow, Ossip."
"Hier."
"Becker, Alexis."
"Hier."
"Schinz, Heinrich Gottlieb."
"Hier."
Die ubrigen blicken auf den Kies. Je ein Soldat fuhrt die eben
Gerufenen aus ihrer Gruppe. Hinuber in die Turnhalle, die immer noch,
obschon es tagt, hell erleuchtet ist. Naturlich wird nicht gekreuzigt,
sondern erhangt. Die Vorrichtung ist lacherlich einfach, fast
schulbubenhaft; drei Ringseile sind heruntergelassen, daran je ein ziemlich
dunner Strick mit einer Schlaufe. Darunter je ein fluchtig genagelter
Holzblock mit drei Stufen. Schinz denkt: Das kann aber nicht euer Ernst
sein! ohne sich jedoch eine Hoffnung zu machen, dass es deswegen nicht
stattfinden werde. Auch daruber ist Schinz sich klar, dass er nie mehr
erfahren wird, worin sein Verbrechen eigentlich bestanden hat. Irgendwie
spielt es wirklich keine Rolle; so weit ist er schon gekommen. Wieder
vergeht eine Weile. Die drei Gerufenen sind so gestellt, dass sie sich den
Rucken zuwenden, einander nicht sprechen und nicht sehen konnen. Schinz
sieht einen Tisch, gemacht aus zwei Hurden und einem Brett, darauf ein
Eisenstab, zwei Handschuhe, wie die Schwei?er sie haben, drei kleine
Schnappzangen, ein Bunsenbrenner, ein vielfach vergluhter Draht, das genugt,
damit lasst sich foltern, so viel man nur will. Eine Uniform spricht mit
einer Art von Arzt, der mehrmals die Achseln zuckt. Dann, da die bei den
offenbar zu keinem Ende kommen, wendet sich die Uniform, drei Fotos in der
Hand; jeder wird nochmals mit seinem Foto verglichen. Dann kommt der junge
Bursche mit der Armbinde, weist ihnen die Platze an. Links Becker, Stepanow
in der Mitte, rechts Schinz. Die Schlaufe sollen sie sich selber um den Hals
legen - es ist wirklich der Forster. Er sagt:
"Warum haben Sie mich verraten?"
Schinz hat keine Stimme.
"Warum haben Sie mich verraten?"
Der Forster hilft ihm, vorwurfslos, so wie er dem armen Becker schon
geholfen hat, so, als ware er schon unzahlige Male gehangt worden, er
selber. Schinz schaut ihn an und sagt:
"Ich verstehe kein Wort."
Der Forster lachelt.
"Ich habe Sie nicht angesprochen, Herr Doktor, Sie haben mich
angesprochen, Sie haben mich nach dem Weg gefragt -."
"Nein", sagt Schinz.
"Tragen wir es."