"Макс Фриш. Skizze (нем.)" - читать интересную книгу автора

so. Das eine und andere ist auch geblieben, nicht blo? gewisse Kenntnisse,
die etwas verwischt sein mogen, aber eine gewisse Art, den Kindern zu
zeigen, wie das Holz aussieht unter der Lupe, und zu erklaren, wieso das
Wasser von den Wurzeln emporsteigt in die Zweige. Doch all dies horen die
Kinder jetzt in der Schule; Schinz hat die Lupe, auch wenn er allein ist.
Und dann die Kunstgeschichte bei Wolfflin; damals in Munchen. Auch eine gute
Zeit, Schinz denkt gerne daran; im Kunstverein ist er zuweilen der einzige,
der nicht faselt; das hat ihm der alte Wolfflin mit einer einzigen Blamage
beigebracht, und kurz darauf hat er auch die Kunstgeschichte verlassen. Das
eine und andere ist dennoch geblieben; Durer und so. Die Welt, wenn man eine
mittelgro?e Stadt so bezeichnen will, hat wohl nicht unrecht, wenn sie
Heinrich Gottlieb Schinz als einen geistigen Menschen betrachtet: obschon er
seinerseits, das ist bemerkenswert, nie von Geist redet; er meidet dieses
Wort, als hasse er es, umgeht es auf alle Arten, oft auf sehr witzige Art,
als ware es etwas Unanstandiges, mindestens ist er in seiner Gegend sehr
zuruckhaltend, im Grunde nicht ohne Ahnung, dass der Geist, der wirkliche,
etwas durchaus Furchterliches ist, etwas Erdbebenhaftes, das man nicht rufen
soll, etwas Katastrophales, das alles Vorhandene uber den Haufen wirft,
etwas Todliches, wenn man ihm nicht durch au?erordentliche Gaben gewachsen
ist -.
Die Lichtung ist nicht gekommen.
Funf Uhr abends, und Schinz ist zum Mittagessen erwartet worden,
dammert es, dass man bald uberhaupt nichts mehr sieht. Schinz sitzt auf
einem gefallten Stamm, froh, Spuren menschlicher Arbeit zu sehen; ein
gewisses Bangen hat ihn doch beschlichen. Vor ihm die Dogge, keuchend,
irgendwie entsetzt und verwirrt. Wie die Hunde vor einem Erdbeben! denkt
Schinz. Zigarillos hat er keine mehr. Es schneit ohne Unterlass. Stille; das
Keuchen der Dogge, das nur dazu da ist, dass die Stille zwischen den Stammen
noch dichter wird. Einmal fallt Schnee von einer Tanne, ganz in der Nahe,
aber lautlos. So muss es sein, wenn man taub ist. Dann macht Schinz, was bei
belesenen Leuten vorkommt: er leistet sich den Witz, seine Lage literarisch
zu sehen; die Dammerung, die unfassbare Zeit, die Stille zwischen den
Stammen, die Dogge, das alles ist sehr poetisch, irgendwie bekannt, und auch
die Angst, plotzlich taub zu sein, ist nicht ohne Hintergrundiges. Schinz
ist sehr bewusst; er pfeift nicht, aber der kleine Witz, seine Lage
literarisch zu nehmen, ist nichts anderes, als wenn ein Junge in den Keller
gehen muss und dazu pfeift. Auch das ist ihm bewusst. Er schlagt den nassen
Schnee von seinem Hut, entschlossen, aufzustehen und weiterzugehen. Wohin?
Die Dogge sieht, wie der Herr einen gebrochenen Ast nimmt, einen Knebel; sie
winselt vor Hoffnung, der Herr werde ihn werfen, sie lauft umsonst. Einmal,
ganz unwillkurlich, schlagt er mit dem Knebel gegen einen Stamm. Nicht aus
Angst, taub zu sein! Nur so. Wie es hallt: dumpf, fast ohne Ton, obschon er
immer kraftiger schlagt, bis der Knebel zerbricht. Einen Ton, der wirklich
tragt, hat es nicht gegeben. Das macht naturlich der Schnee. Alles wie
Watte. Wieso sollte ein Mensch plotzlich taub werden? Er nimmt die Dogge an
die Leine. Es gibt nichts als Gehen. Und vor allem sagt sich Schinz: Nicht
sich selber verruckt machen. Das hat schon gar keinen Sinn. Jeder Wald hat
irgendwo ein Ende! Und im ubrigen sind sie immer noch auf einem Weg, Schinz
und die Dogge, deren Knurren ihm anzeigt, dass jemand kommt. Von hinten. Nur
jetzt nicht denken: Das ist der Geist. Die Dogge bellt, so dass er die Leine