"Johann Wolfgang Goethe. Egmont" - читать интересную книгу автора

nur nicht so steif und fest mit den Pfaffen. Sie ist doch auch mit, schuld,
daцЯ wir die vierzehn neuen Bischofsmц╝tzen im Lande haben. Wozu die nur
sollen? Nicht wahr, daцЯ man Fremde in die guten Stellen einschieben kann,
wo sonst цёbte aus den Kapiteln gewцдhlt wurden? Und wir sollen glauben, es
sei um der Religion willen. Ja, es hat sich. An drei Bischц╢fen hatten wir
genug: da ging's ehrlich und ordentlich zu. Nun muцЯ doch auch jeder tun,
als ob er nц╢tig wцдre; und da setzt's allen Augenblick VerdruцЯ und
Hцдndel. Und je mehr ihr das Ding rц╝ttelt und schц╝ttelt, desto trц╝ber
wird's.
(Sie trinken.)
Soest. Das war nun des Kц╢nigs Wille; sie kann nichts davon- noch
dazutun.
Jetter. Da sollen wir nun die neuen Psalmen nicht singen. Sie sind
wahrlich gar schц╢n in Reimen gesetzt und haben recht erbauliche Weisen. Die
sollen wir nicht singen, aber Schelmenlieder, so viel wir wollen. Und warum?
Es seien Ketzereien drin, sagen sie, und Sachen, Gott weiцЯ. Ich hab ihrer
doch auch gesungen; es ist jetzt was Neues, ich hab nichts drin gesehen.
Buyck. Ich wollte sie fragen! In unsrer Provinz singen wir, was wir
wollen. Das macht, daцЯ Graf Egmont unser Statthalter ist; der fragt nach so
etwas nicht. - In Gent, Ypern, durch ganz Flandern singt sie, wer Belieben
hat. (Laut.) Es ist ja wohl nichts unschuldiger als ein geistlich Lied?
Nicht wahr, Vater?
Ruysum. Ei wohl! Es ist ja ein Gottesdienst, eine Erbauung.
Jetter. Sie sagen aber, es sei nicht auf die rechte Art, nicht auf ihre
Art; und gefцдhrlich ist's doch immer, da lцдцЯt man's lieber sein. Die
Inquisitionsdiener schleichen herum und passen auf; mancher ehrliche Mann
ist schon unglц╝cklich geworden. Der Gewissenszwang fehlte noch! Da ich
nicht tun darf, was ich mц╢chte, kц╢nnen sie mich doch denken und singen
lassen, was ich will.
Soest. Die Inquisition kommt nicht auf. Wir sind nicht gemacht, wie die
Spanier, unser Gewissen tyrannisieren zu lassen. Und der Adel muцЯ auch
beizeiten suchen, ihr die Flц╝gel zu beschneiden.
Jetter. Es ist sehr fatal. Wenn's den lieben Leuten einfцдllt, in mein
Haus zu stц╝rmen, und ich sitz an meiner Arbeit und summe just einen
franzц╢sischen Psalm und denke nichts dabei, weder Gutes noch Bц╢ses; ich
summe ihn aber, weil er mir in der Kehle ist: gleich bin ich ein Ketzer und
werde eingesteckt. Oder ich gehe ц╝ber Land und bleibe bei einem Haufen
Volks stehen, das einem neuen Prediger zuhц╢rt, einem von denen, die aus
Deutschland gekommen sind: auf der Stelle heiцЯ ich ein Rebell und komme in
Gefahr, meinen Kopf zu verlieren. Habt ihr je einen predigen hц╢ren?
Soest. Wackre Leute. Neulich hц╢rt' ich einen auf dem Felde vor tausend
und tausend Menschen sprechen. Das war ein ander Gekц╢ch, als wenn unsre auf
der Kanzel herumtrommeln und die Leute mit lateinischen Brocken erwц╝rgen.
Der sprach von der Leber weg; sagte, wie sie uns bisher hцдtten bei der Nase
herumgefц╝hrt, uns in der Dummheit erhalten, und wie wir mehr Erleuchtung
haben kц╢nnten. - Und das bewies er euch alles aus der Bibel.
Jetter. Da mag doch auch was dran sein. Ich sagt's immer selbst und
grц╝belte so ц╝ber die Sache nach. Mir ist's lang im Kopf herumgegangen.
Buyck. Es lцдuft ihnen auch alles Volk nach.
Soest. Das glaub ich, wo man was Gutes hц╢ren kann und was Neues.