"Johann Wolfgang Goethe. Egmont" - читать интересную книгу автора

mehr um seine Besitztц╝mer als um sein Wohl, um seiner Seele Heil zu tun
ist? Haben die neuen Bischц╢fe mehr Seelen gerettet, als fette Pfrц╝nden
geschmaust, und sind es nicht meist Fremde? Noch werden alle
Statthalterschaften mit Niederlцдndern besetzt; lassen sich es die Spanier
nicht zu deutlich merken, daцЯ sie die grц╢цЯte, unwiderstehlichste Begierde
nach diesen Stellen empfinden? Will ein Volk nicht lieber nach seiner Art
von den Seinigen regieret werden als von Fremden, die erst im Lande sich
wieder Besitztц╝mer auf Unkosten aller zu erwerben suchen, die einen fremden
MaцЯstab mitbringen und unfreundlich und ohne Teilnehmung herrschen?
Regentin. Du stellst dich auf die Seite der Gegner.
Machiavell. Mit dem Herzen gewiцЯ nicht; und wollte, ich kц╢nnte mit
dem Verstande ganz auf der unsrigen sein.
Regentin. Wenn du so willst, so tцдt' es not, ich trцдte ihnen meine
Regentschaft ab; denn Egmont und Oranien machten sich groцЯe Hoffnung,
diesen Platz einzunehmen. Damals waren sie Gegner; jetzt sind sie gegen mich
verbunden, sind Freunde, unzertrennliche Freunde geworden.
Machiavell. Ein gefцдhrliches Paar.
Regentin. Soll ich aufrichtig reden: ich fц╝rchte Oranien, und ich
fц╝rchte fц╝r Egmont. Oranien sinnt nichts Gutes, seine Gedanken reichen in
die Ferne, er ist heimlich, scheint alles anzunehmen, widerspricht nie, und
in tiefster Ehrfurcht, mit grц╢цЯter Vorsicht tut er, was ihm beliebt.
Machiavell. Recht im Gegenteil geht Egmont einen freien Schritt, als
wenn die Welt ihm gehц╢rte.
Regentin. Er trцдgt das Haupt so hoch, als wenn die Hand der Majestцдt
nicht ц╝ber ihm schwebte.
Machiavell. Die Augen des Volks sind alle nach ihm gerichtet, und die
Herzen hцдngen an ihm.
Regentin. Nie hat er einen Schein vermieden; als wenn niemand
Rechenschaft von ihm zu fordern hцдtte. Noch trцдgt er den Namen Egmont.
Graf Egmont freut ihn sich nennen zu hц╢ren; als wollte er nicht vergessen,
daцЯ seine Vorfahren Besitzer von Geldern waren. Warum nennt er sich nicht
Prinz von Gaure, wie es ihm zukommt? Warum tut er das? Will er erloschne
Rechte wieder geltend machen?
Machiavell. Ich halte ihn fц╝r einen treuen Diener des Kц╢nigs.
Regentin. Wenn er wollte, wie verdient kц╢nnte er sich um die Regierung
machen; anstatt daцЯ er uns schon, ohne sich zu nutzen, unsцдglichen
VerdruцЯ gemacht hat. Seine Gesellschaften, Gastmahle und Gelage haben den
Adel mehr verbunden und verknц╝pft als die gefцдhrlichsten heimlichen
Zusammenkц╝nfte. Mit seinen Gesundheiten haben die Gцдste einen dauernden
Rausch, einen nie sich verziehenden Schwindel geschц╢pft. Wie oft setzt er
durch seine Scherzreden die Gemц╝ter des Volks in Bewegung, und wie stutzte
der Pц╢bel ц╝ber die neuen Livreen, ц╝ber die tц╢richten Abzeichen der
Bedienten!
Machiavell. Ich bin ц╝berzeugt, es war ohne Absicht.
Regentin. Schlimm genug. Wie ich sage: er schadet uns und nц╝tzt sich
nicht. Er nimmt das Ernstliche scherzhaft; und wir, um nicht mц╝цЯig und
nachlцдssig zu scheinen, mц╝ssen das Scherzhafte ernstlich nehmen. So hetzt
eins das andre; und was man abzuwenden sucht, das macht sich erst recht. Er
ist gefцдhrlicher als ein entschiednes Haupt einer Verschwц╢rung; und ich
mц╝цЯte mich sehr irren, wenn man ihm bei Hofe nicht alles gedenkt. Ich kann