"Franz Kafka. Die Verwandlung " - читать интересную книгу автора

bei meinem Chef versuchen; ich warde auf der Stelle hinausfliegen. Wer weiB
abrigens, ob das nicht sehr gut far mich ware. Wenn ich mich nicht wegen
meiner Eltern zurackhielte, ich hatte langst gekandigt, ich ware vor den
Chef hingetreten und hatte ihm meine Meinung von Grund des Herzens aus
gesagt. Vom Pult hatte er fallen massen! Es ist auch eine sonderbare Art,
sich auf das Pult zu setzen und von der Hahe herab mit dem Angestellten zu
reden, der aberdies wegen der Schwerharigkeit des Chefs ganz nahe
herantreten muB. Nun, die Hoffnung ist noch nicht ganzlich aufgegeben; habe
ich einmal das Geld beisammen, um die Schuld der Eltern an ihn abzuzahlen -
es darfte noch fanf bis sechs Jahre dauern -, mache ich die Sache unbedingt.
Dann wird der groBe Schnitt gemacht. Vorlaufig allerdings muB ich aufstehen,
denn mein Zug fahrt um fanf."
Und er sah zur Weckuhr hinaber, die auf dem Kasten tickte. "Himmlischer
Vater!" dachte er. Es war halb sieben Uhr, und die Zeiger gingen ruhig
vorwarts, es war sogar halb voraber, es naherte sich schon drei Viertel.
Sollte der Wecker nicht gelautet haben? Man sah vom Bett aus, daB er auf
vier Uhr richtig eingestellt war; gewiB hatte er auch gelautet. Ja, aber war
es maglich, dieses mabelerschatternde Lauten ruhig zu verschlafen? Nun,
ruhig hatte er ja nicht geschlafen, aber wahrscheinlich desto fester. Was
aber sollte er jetzt tun? Der nachste Zug ging um sieben Uhr; um den
einzuholen, hatte er sich unsinnig beeilen massen, und die Kollektion war
noch nicht eingepackt, und er selbst fahlte sich durchaus nicht besonders
frisch und beweglich. Und selbst wenn er den Zug einholte, ein Donnerwetter
des Chefs war nicht zu vermeiden, denn der Geschaftsdiener hatte beim
Fanfuhrzug gewartet und die Meldung von seiner Versaumnis langst erstattet.
Er war eine Kreatur des Chefs, ohne Rackgrat und Verstand. Wie nun, wenn er
sich krank meldete? Das ware aber auBerst peinlich und verdachtig, denn
Gregor war wahrend seines fanfjahrigen Dienstes noch nicht einmal krank
gewesen. GewiB warde der Chef mit dem Krankenkassenarzt kommen, warde den
Eltern wegen des faulen Sohnes Vorwarfe machen und alle Einwande durch den
Hinweis auf den Krankenkassenarzt abschneiden, far den es ja aberhaupt nur
ganz gesunde, aber arbeitsscheue Menschen gibt. Und hatte er abrigens in
diesem Falle so ganz unrecht? Gregor fahlte sich tatsachlich, abgesehen von
einer nach dem langen Schlaf wirklich aberflassigen Schlafrigkeit, ganz wohl
und hatte sogar einen besonders kraftigen Hunger.
Als er dies alles in graBter Eile aberlegte, ohne sich entschlieBen zu
kannen, das Bett zu verlassen - gerade schlug der Wecker drei Viertel
sieben -, klopfte es vorsichtig an die Tar am Kopfende seines Bettes.
"Gregor", rief es - es war die Mutter-, "es ist drei Viertel sieben.
Wolltest du nicht wegfahren?" Die sanfte Stimme! Gregor erschrak, als er
seine antwortende Stimme harte, die wohl unverkennbar seine frahere war, in
die sich aber, wie von unten her, ein nicht zu unterdrackendes,
schmerzliches Piepsen mischte, das die Worte farmlich nur im ersten
Augenblick in ihrer Deutlichkeit belieB, um sie im Nachklang derart zu
zerstaren, daB man nicht wuBte, ob man recht gehart hatte. Gregor hatte
ausfahrlich antworten und alles erklaren wollen, beschrankte sich aber bei
diesen Umstanden darauf, zu sagen: "Ja, ja, danke Mutter, ich stehe schon
auf." Infolge der Holztar war die Veranderung in Gregors Stimme drauBen wohl
nicht zu merken, denn die Mutter beruhigte sich mit dieser Erklarung und
schlarfte davon. Aber durch das kleine Gesprach waren die anderen