"Thomas Mann. Der kleine Herr Friedemann (нем.)" - читать интересную книгу автораdas Bild des Vaters zeigen, eines freundlichen Herrn mit grauem Backenbart.
Er befand sich im Himmel, sagte die Mutter, und erwartete dort sie alle. Hinter dem Hause war ein kleiner Garten, in dem man wXhrend des Sommers einen guten Teil des Tages zuzubringen pflegte, trotz des sXlichen Dunstes, der von einer nahen Zuckerbrennerei fast immer herXberwehte. Ein alter, knorriger Walnussbaum stand dort, und in seinem Schatten saX der kleine Johannes oft auf einem niedrigen Holzsessel und knackte NXsse, wXhrend Frau Friedemann und die drei nun schon erwachsenen Schwestern in einem Zelt aus grauem Segeltuch beisammen waren. Dei Blick der Mutter aber hob sich oft von ihrer Handarbeit, um mit wehmXtiger Freundlichkeit zu dem Kinde hin berzugleiten. Er war nicht schXn, der kleine Johannes, und wie er so mit seiner spitzen und hohen Brust, seinem weit ausladenden RXcken und seinen viel zu langen, mageren Armen auf dem Schemel hockte und mit einem behenden Eifer seine NXsse knackte, bot er einen hXchst seltsamen Anblick. Seine Hande und F Xe aber waren zartgeformt und schmal, und er hatte groXe, rehbraune Augen, einen weichgeschnittenen Mund und feines, lichtbraunes Haar. Obgleich sein Gesicht so jXmmerlich zwischen den Schultern saX, war es doch beinahe schXn zu nennen. Als er sieben Jahre alt war, ward er zur Schule geschickt, und nun vergingen die Jahre einfXrmig und schnell. TXglich wanderte er, mit der komisch wichtigen Gangart, die Verwachsenen manchmal eigen ist, zwischen den Giebelh usern und LXden hindurch nach dem alten Schulhaus mit den gotischen GewXlben; und wenn er daheim seine Arbeit getan hatte, las er vielleicht in seinen BXchern mit den schXnen, bunten Titelbildern oder beschXftigte sich fXhrten. Auch besuchten sie Gesellschaften, denn Friedemanns gehXrten zu den ersten Kreisen der Stadt; aber geheiratet hatten sie leider noch nicht, denn ihr VermXgen war nicht eben groX, und sie waren ziemlich hXlich. Johannes erhielt wohl ebenfalls von seinen Altersgenossen hie und da eine Einladung, aber er hatte nicht viel Freude an dem Verkehr mit ihnen. Er vermochte an ihren Spielen nicht teilzunehmen, und da sie ihm gegenXber eine befangene ZurXckhaltung immer bewahrten, so konnte es zu einer Kameradschaft hicht kommen. Es kam die Zeit, wo er sie auf dem Schulhofe oft von gewissen Erlebnissen sprechen hXrte; aufmerksam und mit groXen Augen lauschte er, wie sie von ihren SchwXrmereien fXr dies oder jenes kleine MXdchen redeten, und schwieg dazu. Diese Dinge, sagte er sich, von denen die anderen ersichtlich ganz erfXllt waren, gehXrten zu denen, fXr die er sich nicht eignete, wie Turnen und Ballwerfen. Das machte manchmal ein wenig traurig; am Ende aber war er von jeher daran gewXhnt, fXr sich zu stehen und die Interessen der anderen nicht zu teilen. Dennoch geschah es, dass er X sechzehn Jahre zXhlte er damals X zu einem gleichalterigen MXdchen eine plXtzliche Neigung fasste. Sie war die Schwester eines seiner Klassengenossen, ein blondes, ausgelassen frXhliches GeschXpf, und bei ihrem Bruder lernte er sie kennen. Er empfand eine seltsame Beklommenheit in ihrer NXhe, und die befangene und kXnstlich freundliche Art, mit der auch sie ihn behandelte, erfXllte ihn mit tiefer Traurigkeit. Als er eines Sommernachmittags einsam vor der Stadt auf dem Walle spazieren ging, vernahm er hinter einem Jasminstrauch ein FlXstern und |
|
|