"Eine letzte Breitseite: Kommodore Bolitho im östlichen Mittelmeer" - читать интересную книгу автора (Кент Александер)XII Treue und PflichtIm flimmernden Dunst sahen die drei Schiffe, die eine Kabellänge vor der Küste still vor Anker lagen, beinahe gleich aus. Captain Thomas Herrick ging zur Backbordseite des Achterdecks der Herrick biß sich auf die Lippen und spielte mit dem Gedanken, wieder unter Deck zu gehen. Aber die große Heckkajüte kam ihm jedesmal wie eine Falle vor; wie ein Stück von Farquhar. Sein Blick schweifte zur Sie lagen jetzt zwei Wochen vor Anker. Der Garnisonskommandant von Syrakus war mehrfach an Bord der Ruhelos ging Herrick auf dem Achterdeck hin und her, so in Gedanken versunken, daß er kaum die sengende Hitze auf seinen Schultern fühlte, wenn er unter einem der Sonnensegel heraustrat. Als er von Bolithos Absicht gehört hatte, einen französischen Agenten in Malta aufzusuchen, war es für seinen Protest schon zu spät. Die Dunkelheit hatte die John Manning interessierte allerdings mehr die Frage, warum die drei Vierundsiebziger so lange in einem offiziell neutralen Hafen lagen. Reparaturen, Proviant- und Wasserübernahme, alle diese normalen Gründe und Vorwände waren erledigt. Doch immer noch hatten sie keine Nachricht. Bolitho mußte von den Malteser Behörden festgenommen worden sein. Diese hatten vor den Franzosen noch mehr Angst als die Sizilianer, falls auch nur die Hälfte von dem stimmte, was Herrick gehört hatte. Oder vielleicht hatte ihn auch der französische Agent überwältigt und getötet. Herrick starrte auf die offene See, bis ihm die Augen tränten. Bolithos Platz war Mehrmals war Herrick ohne Aufforderung an Bord der Die Besuche auf seinem alten Schiff wurden noch schmerzlicher durch die offensichtliche Freude, mit der die Männer herbeieilten und ihn begrüßten. Unter ihnen Leroux, der alte Grubb, und Yeo, der Bootsmann. Gilchrist jedoch hatte sich seit Farquhars Kommandoübernahme verändert. Er war fast wie ein Fremder. Ständig in nervöser Spannung, ständig auf dem Sprung, ruhelos. Ganz anders als der Erste der Aber die beiden Schiffe unterschieden sich auch stark. Auf der Herrick hatte versucht, diesen ungemütlichen Zustand zu ändern; aber genauso wie bei Farquhar stieß er auch hier gegen eine Wand. Farquhar hatte sein Schiff auf den höchsten Standard gebracht, was Seemannschaft, Sauberkeit und äußere Erscheinung betraf. Doch die Menschen, ohne die das alles nicht ging, waren ihm ganz gleichgültig. Und doch zollten ihm manche, und ganz besonders Outhwaite, bereitwillig Anerkennung und Respekt.»Für Dummköpfe hat er kein Verständnis, wissen Sie«, hatte der Leutnant gesagt und ihn dabei mit seinen Froschaugen neugierig angesehen;»und bei Widersetzlichkeit haut er verdammt hart dazwischen.» «Schiff rundet die Landspitze«, rief der Offizier der Wache unvermittelt. Und als er Herrick sah, befahl er scharf:»Schreiben Sie den Ausguck auf, weil er es nicht früher gemeldet hat!» Herrick griff sich ein Glas und rannte an die Netze. Ein Weilchen noch ritten die Segel des Unbekannten leblos über dem driftenden Dunststreifen; dann kamen Bugspriet und Galion heraus — Herrick erkannte die Schaluppe Er schlug sich mit der Faust in die Handfläche. Die Augen wässerten ihm vor Anstrengung. Endlich! Francis Inch, ihr Kommandant, würde für Bolitho alles tun. Und seine kleine Schaluppe eignete sich noch besser zum Suchen als die Fregatte. «Ah, Sir, ich sehe, Sie haben sie gesichtet. «Outhwaite, den Hut flott über einem Auge, trat zu ihm an die Reling. Komischer Vogel, dachte Herrick. Sein mattbraunes, im Nacken zusammengebundenes Haar reichte ihm bis zum Gurt. Die meisten Seeoffiziere trugen das Haar kürzer, nach der neuen Mode in der Armee; Outhwaite jedoch wollte anscheinend beim Alten bleiben. «Die Herrick bemerkte, wie es an Bord der «Die Doch Herrick war es ganz egal, wie es in England stand.»Ich gehe nach unten, Mr. Outhwaite. Melden Sie mir «Aye, Sir. «Lächelnd tippte Outhwaite an den Hut. Er schätzte Captain Herrick durchaus. Ungefähr so, wie sein Vater einen guten Wildhüter oder Reitknecht schätzte. Outhwaite sah zu, wie das Boot, in dem Inchs goldbetreßter Hut blinkte, von der Doch der Nachmittag verstrich, Herrick saß in Farquhars schön eingerichteter Kajüte oder rannte ruhelos herum, und kein Signal kam, nichts verlautete davon, was die Mehr als einmal hatte er die Schaluppe von seiner Galerie aus im Teleskop gehabt, hatte die großen Streifen nackten Holzes am Rumpf gesehen, wo die See die Farbe weggefressen hatte, und die Flicken in den lose aufgegeiten Segeln, denen man ansah, daß Inch es sehr eilig mit seinen Depeschen gehabt hatte. Ein Stampfen oben am Skylight. Er sah hoch. Scharfes Klopfen an der Tür — ein Midshipman sah aufgeregt herein.»Entschuldigung, Sir, Mr. Outhwaite läßt bestellen — » Herrick sprang auf.»Ach nein? Geruht das Flaggschiff endlich, nach mir zu signalisieren?«Er versuchte gar nicht erst, seinen Sar-kasmus zu verbergen. Der Midshipman starrte ihn mißtrauisch an.»No, Sir. Captain Farquhar kommt zu Herrick griff nach seinem Hut.»Ich komme an Deck.» Er versuchte sich vorzustellen, was los war. Auf jeden Fall sah sich Farquhar endlich veranlaßt, schnell zu handeln. Später, als die Pfeifen trillerten und die Musketen krachend präsentiert wurden, suchte Herrick in Farquhars gutgeschnittenen Zügen nach einem Hinweis. Aber da war nichts, allenfalls ein leichtes Lächeln um die Mundwinkel. «Kajüte!«sagte er kurz und schritt Herrick voran, ohne den angetretenen Marine-Infanteristen auch nur einen Blick zu schenken. In der Kajüte drehte er sich um und sah Herrick fest ins Gesicht.»Die «Dann haben Sie also keine Nachricht vom Kommodore?«fragte Herrick. Farquhar starrte ihn an.»Habe ich «Ich dachte, die «Kommander Inch hat wichtigere Nachrichten gebracht. «Herricks Unterbrechung schien ihn zu irritieren.»Admiral St. Vincent ist vollkommen im Bilde. Anscheinend haben ihn die schweren Geschütze, die wir erobert haben, überzeugt. Er hat Vize-Admiral Sir Horatio Nelson eine Flotte unterstellt, die groß genug ist, um wieder im Mittelmeer präsent zu sein und die Franzosen hinauszuwerfen, Herrick blickte zur Seite. Das war natürlich eine gute Nachricht oder sollte es wenigstens sein. Bolitho hatte die Voraussetzungen für diesen Plan geschaffen. Aber jetzt, da seine Ideen sehr schnell Wirklichkeit wurden, war er nicht da und hatte nichts von seiner Mühe. «Ich habe meine Depeschen für den Admiral geschrieben«, sagte Farquhar kalt.»Die Erstaunt blickte Herrick ihn an.»Aber Sie werden doch die Schaluppe vorher nach Malta schicken?» «Da sind Sie im Irrtum.» «Aber.» Farquhar fuhr ihm über den Mund.»Als Sie Flaggkapitän waren, hatten Sie Gelegenheit, Ihre humanen Ideale in die Tat umzusetzen. Jetzt ist es zu spät. Also machen Sie mir keinen Vorwurf, Captain. Wenn jemand den Kommodore im Stich gelassen hat, dann waren Herrick starrte zu Boden, auf die Schottwand, und sah nichts. Was Farquhar gesagt hatte, war richtig. Alles. Gelassen fuhr Farquhar fort:»Das Geschwader bleibt hier, bis wir neue Order bekommen. Ich habe Mr. Manning davon überzeugen können, daß weitere gt;Reparaturenlt; unumgänglich sind. «Herrick hörte die Worte, aber es dauerte Sekunden, bis er verstand, was sie bedeuteten. «Aber Sie dürfen doch nicht alles, was der Kommodore herausgefunden hat, einfach ignorieren. Die Prise, die Informationen. Das alles deutet doch auf Korfu!«Herrick hörte selbst, wie flehend seine Stimme klang, aber es war ihm gleich.»Sie können doch nicht einfach hierbleiben und gar nichts tun!» Farquhar zuckte die Achseln.»Gerüchte. Ich kann es mir nicht leisten, das Geschwader in alle Himmelsrichtungen zu verstreuen. Sobald die ersten Verstärkungen eintreffen, beabsichtige ich — » Angewidert starrte Herrick ihn an.»Sie zu begrüßen, nicht wahr? Persönlich bei Nelson vorzusprechen — das wollen Sie doch, ja?» Farquhar runzelte die Stirn.»Treiben Sie es nicht zu weit! Ich bin hergekommen, weil ich Ihnen die Herrick sah sich in der schönen Kajüte um. Ja, die paßte besser zu einem Flaggschiff als die der Farquhar sprach weiter:»Die Herrick konnte ihn nur anstarren. Langsam wurde sein Kopf klarer, der Schmerz stärker. Jetzt hatte Farquhar alles, was er brauchte. Von Trauer, von dem Bewußtsein eines Verlustes, war ihm nicht das Geringste anzumerken. Endlich hatte er seinen Adelstitel, die Landgüter, die damit verbunden waren. Und wenn Nelson ins Mittelmeer kam, würde er einen neuen Kommodore für das Geschwader ernennen: Sir Charles Farquhar. Heiser vor Erregung sagte Herrick:»Haben Sie Captain Probyn schon informiert?» «Alles zu seiner Zeit. «Farquhar schien weit weg zu sein; seine Augen waren jenseits von Sizilien.»Probyn benimmt sich, als sei Dummheit eine Tugend. Sie müßten das doch wissen. «Er schritt zum Heckfenster.»Ich habe meinen Steward angewiesen, meine Sachen noch vor Sonnenaufgang herüberzuschaffen. Sobald Sie meine schriftliche Order bekommen, können Sie auf die «Mir ist im Augenblick nicht sehr nach Freuen zumute, «Nun?» «Ich glaube, daß der Kommodore recht hatte.«»Vielleicht. Das wird sich eines Tages herausstellen.» Herrick ließ nicht locker.»Sie könnten ein Schiff abordnen. Wenn Sie hier unter dem Schutz Siziliens liegenbleiben wollen, so würde ein Schiff weniger die Täuschung noch plausibler machen.» «Weiter«, sagte Farquhar gelassen.»Wo soll dieses «Das wissen Sie doch, Sir Charles. Nach Korfu. Und feststellen, was die Franzosen dort machen.» «Aha. «Farquhar ging die paar Schritte bis zum Tisch und blickte mit Widerwillen auf Herricks Karte mit den vielen hingekritzelten Berechnungen nieder. «Na schön. Aber aus Ihrer Segelorder wird hervorgehen, daß Sie auf «Ich danke Ihnen.» Farquhar hob die Brauen.»Sie danken mir? Sie haben um Ihren eigenen Ruin gebeten. Korfu ist bedeutungslos. Die große Schlacht wird vor Toulon stattfinden oder an der ägyptischen Küste. «Betrübt schüttelte er den Kopf.»Als ich Midshipman auf der Farquhar wurde ungeduldig und schlug heftig an die Tür.»Posten! Der Erste Offizier soll kommen!» Dann wandte er sich wieder an Herrick.»Gehen Sie gleich auf Ihre geliebte Herrick nickte.»Und wenn Sie Gelegenheit dazu haben, Sir.» «Ja. Ich werde versuchen herauszufinden, was mit dem Kommodore ist, obwohl…«Er sprach den Satz nicht zu Ende. Outhwaite erschien an der Tür.»Sir?» «Captain Herrick kehrt auf sein Schiff zurück.» Das Froschgesicht blieb ausdruckslos.»Auf wessen Befehl, Sir?» Farquhar lächelte dünn.»Auf meinen.» Als Herrick sich zum Gehen wandte, hielt er ihn zurück.»Eins noch. Ich brauche einen guten Signaloffizier, also werde ich Ihren Sechsten Offizier behalten.» Herrick seufzte. Pascoe wenigstens brauchte nicht mit. Obgleich er den Verdacht hatte, daß Farquhar das nicht tat, weil Pascoe ein so guter Signaloffizier war, sondern eher, um seine Menschlichkeit zu demonstrieren, indem er den Jungen vor einem sinnlosen Tod bewahrte. Herrick trat unter der Kampanje hervor in die Sonne. Es schien sich bereits herumgesprochen zu haben, daß er von Bord ging. Trübe Gesichter, neugierige Blicke, die ihm folgten, als er zur Fallreepspforte schritt. Vielleicht sahen sie ihn doch nicht gern gehen? Outhwaite eilte ihm nach.»Ich lasse Ihre Seekisten gleich hinüberschicken, Sir. Ihr Bootssteurer ist bereits in der Gig. «Er streckte die Hand aus.»Ich bezweifle, daß wir uns wiedersehen, Sir. Aber ich möchte die Zeit unter Ihrem Kommando nicht missen.» Herrick sah ihn nachdenklich an und wurde auf einmal ganz ruhig.»Für mich gilt dasselbe. Ich habe hier viel gelernt. Und das sollte ich wohl auch.» «Gelernt, Sir?«fragte Outhwaite überrascht.»Tatsächlich?» «Ja. Über Menschen. Am meisten über mich selbst.» Er tippte kurz an den Hut und ging zu der offenen Pforte. Outhwaite wartete, bis das Boot abgelegt hatte, und befahl kurz:»Wegtreten lassen, Mr. Guthrie! Keine Bummelei!» Er dachte an Herricks Gesicht in diesen letzten Minuten. Halb und halb hatte er erwartet, man würde ihm ansehen, daß er sich gedemütigt fühlte; aber es hatte eher so ausgesehen, als hätte er Mitleid. Mitleid mit ihm vielleicht? Er blickte über das breite Achterdeck und spürte eine seltsame Beunruhigung. Es schien nicht mehr dasselbe Schiff zu sein. Bewegungslos stand Herrick am offenen Kajütfenster und blickte in das wirbelnde Wasser unter dem Achtersteven. Die Sterne glitzerten darin, und wenn er sich etwas über das Fenstersüll beugte, konnte er die Laterne und die helle Fensterreihe der Offiziersmesse im unteren Deck sehen. Das Schiff wirkte ungewöhnlich still, als hielte es den Atem an. Die Stille war nur einmal unterbrochen worden, und das war bei seinem Anbordkommen gewesen, vor zwei Stunden. Irgend jemand — niemand wußte, wer — hatte damit angefangen, und dann war das ganze Schiff wie auf Signal, und trotz Gilchrists Ärger, in Hochrufe ausgebrochen. Die Pfeifen und Trommeln der Marine-Infanterie waren in dem Geschrei vollkommen untergegangen, und selbst der alte Grubb hatte seinen Hut heruntergerissen, in der Luft geschwenkt und dabei gebrüllt:»Hurra, Jungs, der Käpt'n is' wieder da!«Knallrot war sein verwittertes Gesicht dabei gewesen. Herrick trat vom Fenster zurück und warf einen kurzen Blick auf das leere Degengestell an der Schottwand. Bolitho hatte den Degen eigentlich nicht mitnehmen wollen. Ozzard hatte ihm das erzählt. Vielleicht hatte er irgendein Vorgefühl gehabt. Eine Ahnung. Er seufzte. Farquhar hatte Wort gehalten; die Formulierung der Segelorder für die Ein schüchternes Klopfen an der Tür. Es war Pascoe, den Hut vorschriftsmäßig unterm Arm. Selbst im schwachen Licht der einzelnen Lampe konnte Herrick sehen, wie angespannt er aussah, wie fiebrig seine Augen glänzten. «Ja?» «Sir. Manning ist an Bord gekommen, Sir«, antwortete Pascoe.»Er hat eine Dame bei sich. Sie wollten sich von Captain Farquhar verabschieden, da sie mit der Herrick nickte. Es war völlig windstill. Und das verstärkte noch sein Vorgefühl drohenden Unheils. «Sagen Sie Ozzard, er soll mehr Lampen holen. Dann bringen Sie den Besuch her. Ich werde ihnen wegen Captain Farquhar Bescheid sagen.» Er dachte wieder an seine Segelorder. Unterzeichnet: «Ich wäre gern hier auf der «Ich weiß. Aber Sie müssen morgen bei Sonnenaufgang auf die Pascoe unterbrach ihn.»Segeln Sie nur deshalb nach Korfu, um zu zeigen, daß er recht hatte, Sir?» «Ja. Das ist alles, was ich zur Zeit tun kann. Passen Sie gut auf sich auf, Adam. Es kann jetzt sehr viel von Ihnen abhängen.» Pascoe machte große Augen.»Sie sprechen, als ob mein Onkel schon tot wäre.» «Ich bin mir da nicht sicher. Jetzt nicht mehr. «Er sah sich in der stillen Kajüte um.»Aber eins weiß ich genau. Gewisse Leute in England, die keine Ahnung haben, werden versuchen, seinen Namen mit Dreck zu bewerten. Das passiert den Helden unseres Vaterlandes sehr oft, und Ihr Onkel ist ein Held, vergessen Sie das nie. «Seine Stimme wurde lauter; jetzt mußte er sich endlich einmal aussprechen.»Ich habe seinen Vater gekannt, wußten Sie das? Ihren Großvater. Ein feiner Mann, ein Mann von stolzer Tradition. Sie werden es nicht leicht haben, sich seiner würdig zu erweisen, und viele werden aus Haß und Neid versuchen, Ihnen Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Also denken Sie an diesen Tag, Adam, und halten Sie ihn hoch. «Er drehte sich kurz um.»Jetzt bringen Sie diese verdammten Zivilisten her!» Pascoe ging, und Herricks Herz schlug im Takt mit den sich entfernenden Schritten. Ozzard kam und hängte ein paar Lampen auf; es wurde hell um Herrick, und zusammenfahrend sah er, daß Manning in der Kajütentür stand, eine Dame im schwarzen Bootsmantel mit Kapuze neben sich. «Ich bedaure die Störung, Captain«, sagte Manning formell.»Anscheinend habe ich meine Zeit verschwendet und mich umsonst bemüht. Ich werde Sie leider um ein Boot zur Herrick konnte nur mit Mühe ein höfliches Lächeln aufbringen, weil sein Gesicht ganz gefühllos war.»Das tut mir leid, Mr. Man-ning. «Natürlich, das war typisch Farquhar, ihn nicht vorzuwarnen.»Sie wären sicher morgen früh über den Kommandantenwechsel informiert worden.» Manning sah ihn forschend an und erwiderte trocken:»In der Tat, das möchte ich annehmen. «Und zu der Dame gewandt, die stumm geblieben war, fuhr er fort:»Wir werden gleich zur «Vor Sonnenaufgang kommt kein Wind auf«, warf Herrick ein,»darauf können Sie sich verlassen.» «Aha. «Manning war anscheinend irritiert.»Das ist übrigens meine Schwester — Mrs. Boswell.» Sie warf die Kapuze zurück und lächelte flüchtig. «Ja, dann wollen wir lieber gehen«, sagte Manning. Doch sie erwiderte: «Kommst du jetzt, Dulcie?«fragte dieser ungeduldig. «Nein. «Mit wehendem Bootsmantel trat sie ein paar Schritte weiter in die Kajüte hinein.»Ich werde mich noch genügend mit wackligen Booten und engen Quartieren herumärgern müssen, bis ich in England bin. Und von Captain Farquhar habe ich sowieso genug. «Sie lächelte Herrick an.»Ich möchte hierbleiben, bis du deine Angelegenheiten mit ihm erledigt hast, John — vorausgesetzt, daß der Captain nichts dagegen hat.» Herrick schüttelte eifrig den Kopf.»Keineswegs, Ma'am. Es ist mir ein Vergnügen.» Sie war eine sehr nett aussehende junge Frau, mit den frischen Wangen und blanken Augen des Landkindes. Wieso lebte sie überhaupt hier in Sizilien? Vielleicht war ihr Mann so einer wie Man-ning, der seinem König diente, ohne offen des Königs Rock zu tragen? Manning stieß ein paar unbestimmte Laute aus und sagte dann:»Na schön. Ich bin in einer Stunde zurück.» Verlegenes Schweigen — Herrick kam sich auf einmal viel zu groß für die Kajüte vor. Nachdenklich betrachtete Mrs. Boswell ihn, löste den Bootsmantel und setzte sich graziös in einen Sessel. «Sie sind also Captain Herrick. Ich habe von Ihnen gehört. Einer Ihrer Männer sagte, daß Sie bald auslaufen. Ich hoffe, Sie haben eine sichere Fahrt.» Herrick war furchtbar verlegen. Sie sollte ihn in Ruhe lassen! — Nein, sie sollte bleiben! «Aye, Ma'am. Auf Schiffen gibt es immer viel Gerede. «Er wollte das Thema wechseln.»Sie segeln von Gibraltar weiter nach England, wenn ich recht verstanden habe?» «Ja. Wir wohnen. «Sie senkte die Lider.»Das heißt, mein Mann ist vor zwei Jahren gestorben, und ich kehre jetzt wieder nach Canterbury zurück. Ich hatte in mancher Hinsicht Angst davor. Deswegen bin ich nach Sizilien gekommen, um bei John zu leben. Er hat nie geheiratet, der Arme. Doch jetzt meint er, der Krieg käme jeden Tag näher. Da muß ich eben wieder nach Hause«, seufzte sie. Herrick nahm ihr gegenüber Platz.»Ma'am, auch ich stamme aus Kent. Ich wohne in Rochester. «Er lächelte verlegen.»Aber wohl nicht so fein wie Sie.» Nachdenklich sah sie ihn an. Ihre Haut schimmerte blaß unter dem Lampenlicht.»Dieser junge Offizier, der uns in Ihre Kajüte brachte. «Sie senkte die Augen.»Ich konnte nicht vermeiden mitanzuhören, was Sie zu ihm sagten.» Herrick wurde rot.»Ma'am, ich bitte sehr um Entschuldigung«, stotterte er, denn ihm fiel ein, wie wütend er gewesen war. «Nein, Captain, vorher. Sie waren sehr erregt, und ich glaube, dieser gutaussehende junge Mann ebenfalls.» Langsam nickte Herrick.»Er ist der Neffe des Kommodore.» «Ich habe auch von Ihrem Kommodore gehört. Es tut mir sehr leid um ihn. Er war, glaube ich, außerordentlich beliebt.» «Aye, Ma'am. Keiner war besser. Keiner tapferer.» «Und es besteht keine Hoffnung?» «Nicht viel. Ihr Bruder müßte inzwischen etwas gehört haben.«»Erzählen Sie mir von sich selbst, Captain. Haben Sie Familie in England?» Und so hatte es angefangen. Herrick sprach seine Gedanken und Erinnerungen laut aus, und sie saß ruhig da und hörte zu. Draußen ertönte ein Anruf, ein Boot kam längsseit. Herrick konnte kaum glauben, daß die eine Stunde so rasch vergangen war. Bestürzt stand er auf. «Wenn ich Sie gelangweilt habe, Ma'am…» Sie strich ihm über den Ärmel und lächelte ihn an.»Ich würde gern Ihre Schwester aufsuchen, Captain, wenn ich darf. Dann sind wir beide etwas fröhlicher, bis. «Sie knöpfte ihren Mantel zu.». bis Sie wieder in Kent sind. «Sie blickte auf und ihm direkt in die Augen.»Ich hoffe, Sie werden uns nicht vergessen.» Herrick ergriff ihre Hand. Sie war klein und fest, und er kam sich wieder so plump und ungeschickt vor.»Ich werde nie vergessen, wie freundlich Sie zu mir waren, Ma'am.» Draußen kam Mannings Stimme näher.»Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns wiedersehen, aber.» «Kein Aber, Captain. «Sie trat zurück.»Ich kann jetzt verstehen, warum Ihr Kommodore so schmerzlich vermißt wird. Wenn er solche Freunde hat wie Sie, muß er wirklich ein beachtlicher Mann sein.» Herrick brachte sie zum Achterdeck, wo ihr Bruder mit Major Leroux sprach.»Boot ist klar, Sir«, rief Pascoe. «Bringen Sie die Dame zur Sie berührte seinen Arm.»Inch? Noch ein Freund?» «Aye. «Behutsam führte er sie um die Geschützlafetten herum.»Sie werden in guten Händen sein.» Sie drückte seine Hand leicht mit ihrem Ellbogen.»Nicht in besseren als jetzt, denke ich.» Wieder erreichte der Alptraum einen Höhepunkt. Springende, dunkelrote Muster wie Flammen, festere Formen dazwischen, menschliche und andere, unkenntliche und daher noch furchterregendere. Bolitho wollte aufspringen, schreien, der saugende Umklammerung entfliehen. Einmal sah er vor der Feuersglut eine Frauengestalt, weiß wie der Tod, die ihre Arme winkend nach ihm ausstreckte und mit ihren Lippen lautlose Worte formte. Er versuchte, zu ihr zu gelangen, aber er hatte keine Beine mehr; ein Schiffsarzt war auf einmal da und lachte ihn aus. Aber dann verschwand alles. Nur Stille blieb und eine Dunkelheit, die nicht wirklich sein konnte; er krampfte seine Muskeln in Erwartung eines neuen furchtbaren Alptraumes zusammen. Da merkte er, daß er seine Beine doch noch fühlen konnte und den Schweiß, der ihm über Hals und Schenkel rann. Langsam und angstvoll wie ein Mann, der von den Toten zurückkehrt, suchte er seine Gedanken zu sammeln, die Wirklichkeit von dem zu trennen, was er durchgemacht hatte, seit.. Er stützte sich mühsam auf die Ellbogen und starrte in die Finsternis. Seine Sinne gehorchten ihm wieder; er empfand eine träge Bewegung unter sich, das Schwanken eines Schiffes in Fahrt. Blöcke und Stage quietschten, und etwas Neues fiel ihn an: Angst. Er erinnerte sich an den Rückfall des Fiebers, die Anzeichen, die er kannte und nicht hatte wahrhaben wollen. Alldays Gesicht über ihm, voller Sorgenfalten, Hände, die ihn trugen, die umhüllende Dunkelheit. Er tastete nach seinen Augen und holte erschreckt Luft, als er sie fühlte. War er blind? Völlige Schlaffheit überkam ihn; erschöpft fiel er in die Koje zurück. Das Gesicht verschwand, er hörte einen Ruf:»Er ist wach! Er ist wieder zu sich gekommen!» Die nächsten paar Minuten waren in gewisser Hinsicht die schlimmsten. Allday stützte ihn gegen die Schiffsbewegungen ab. Leutnant Veitch sah auf ihn herunter und grinste breiter denn je. Midshipman Breens mohrrübenblonder Schöpf tanzte auf und ab; noch andere drängten sich in die enge Kajüte und schnatterten in allerlei fremden Zungen. «Macht, daß ihr rauskommt, Jungs!«befahl Veitch. Allday drückte Bolitho sanft auf die Koje zurück und sagte:»Schön, daß Sie wieder bei sich sind, Sir. Mein Gott, Ihnen ging's vielleicht elend!» Bolitho versuchte zu sprechen, aber seine Zunge kam ihm doppelt so groß vor wie sonst. Er konnte nur krächzen.»W. wie lange?«Er sah Veitch und Allday rasche Blicke wechseln.»M. muß es wissen!» «Ziemlich genau drei Wochen, Sir«, sagte Veitch behutsam;»da sind Sie.» Bolitho wollte Allday beiseite stoßen, aber er war hilflos. Kein Wunder, daß er sich so schwach und ausgehöhlt fühlte: drei Wochen! «Was war los?«flüsterte er. Veitch berichtete.»Als wir Sie in La Valetta wieder an Bord hatten, dachten wir, es wäre besser, noch etwas vor Anker zu bleiben. Gefahr von seiten der Malteser bestand anscheinend nicht; und ich hatte Bedenken, mit Ihnen in diesem Zustand auf hoher See zu sein.» Allday stand langsam auf, den Kopf gebeugt, um nicht an den Decksbalken zu stoßen.»So schlimm war's bei Ihnen noch nie, Sir. «Er mußte ganz erschöpft sein.»Wir wußten überhaupt nicht mehr, was wir tun sollten.» Bolitho blickte von einem zum anderen; und ein Teil seiner Angst verwandelte sich in Wärme. Drei Wochen lang, während er hilflos in den Banden des Fiebers lag, hatten sie sich durchgeschlagen, so gut sie konnten. Hatten ihn gepflegt, ohne Rücksicht auf sich selbst, ohne daran zu denken, was diese Verzögerung sie kosten konnte. Seine Augen hatten sich an das Halbdunkel gewöhnt, und er sah die tiefen Schatten in Alldays Gesicht, die Stoppeln am Kinn. Auch Veitch sah elend aus, wie ein Mann von einer Gefan-genenhulk. «Ich habe nur an mich selbst gedacht«, sagte er.»Gebt mir die Hände — alle beide!» Alldays Grinsen leuchtete weiß in dem gebräunten Gesicht.»Gott sei Dank, Mr. Veitch, es scheint ihm ein bißchen besser zu geh n.» «Erzählen Sie weiter«, sagte Bolitho.»Ich will versuchen, geduldig zuzuhören und nicht zu unterbrechen.» Es war eine seltsame Geschichte, die Veitch und Allday abwechselnd berichteten. Seltsam, weil sie ein Stück seines Lebens darstellte, das ihm abhanden gekommen war. Das er nie wiederbekommen würde. Gleich am ersten Morgen nach seiner Rückkehr waren zwei Beamte an Bord gekommen und hatten verkündet, die Beim Zuhören fragte sich Bolitho, ob Yves Gorse, der französische Agent, etwas davon gehört hatte, daß die Dann nahm Allday die Erzählung auf.»Als nächstes kamen zwei Mann als Wache an Bord. Mr. Plowman meinte, jetzt sei es Zeit abzuhauen, denn die an Land würden nicht mehr so scharf aufpassen, wenn jemand von der Behörde verantwortlich war.» Bolitho gelang ein schwaches Lächeln. Als ehemaliger Sklavenhändler mußte Plowman mit dergleichen Bescheid wissen. «Eines Nachts kam Wind auf, kräftig. Jetzt oder nie, sagte Mr. Plowman; also kappten wir das Ankertau und setzten Segel.» «Und die Wachen?» Allday grinste.»Wir trafen zwei Tage später ein Genueser Handelsschiff, dem gaben wir sie mit. «Dann wurde er wieder ernst.»Mit dem hatten wir Glück. Wir hörten bei der Gelegenheit, daß ein französisches Kriegsschiff in der Nähe sei. Eine Korvette, der Beschreibung nach. Ob sie auf der Suche nach uns war oder mit dem Agenten in Malta Verbindung aufnehmen wollte, wußten wir nicht. «Er strich die Decke glatt.»Wir hatten ja auch andere Sorgen.» Bolitho fuhr sich durchs Haar.»Bringt mehr Licht. Ich muß aufstehen. Aber wieso drei Wochen?» «Wir haben in einer kleinen Bucht an der Südküste von Sizilien gelegen. Die Sturmbö, die uns beinahe wieder in das verdammte La Valetta hineingefegt hätte, war ziemlich stark, aber sie hat nicht lange gedauert. Nur Sie wären uns beinahe gestorben, Sir.» Jetzt brachte Breen die zweite Laterne. Er war besser dran als die anderen; er brauchte sich nicht ständig zu bücken. Bolitho schwang die Beine über die Koje und ließ sich von All-day zu dem zerbrochenen Spiegel führen. Er sah seine hohlen Wangen, den fiebrigen Glanz der Augen, das befleckte Hemd. «Ich will euch nicht sagen, was ihr hättet tun Veitch zuckte die Achseln.»Wir wußten ja nicht, was sich zwischen Ihnen und dem Franzosen abgespielt hatte, Sir. Aber das war mir auch ganz egal«, betonte er grimmig.»Mir ging es zuallererst um Ihr Leben.» Bolitho sah Veitchs Spiegelbild in die Augen.»Ich danke Ihnen dafür.» Allday berichtete weiter:»Wir sichteten die Korvette ein paarmal, aber sie kam nicht näher an unseren kleinen Ankerplatz heran. Auf jeden Fall segeln wir jetzt mit Nordkurs auf Syrakus. Mr. Veitch sagt, wir sollen lieber bei Nacht segeln. Dieser alte Eimer kann sich mit keiner französischen Korvette einlassen.» «Gewiß.» Bolitho rieb sich das Kinn. Rasieren und ein Bad — das war jetzt sein höchster Wunsch. «Gestern früh«, fuhr Allday fort,»flößte ich Ihnen ein bißchen Brandy ein, und da sprachen Sie zum erstenmal. Jetzt brauchen Sie einen richtigen Arzt.» Bolitho ve rzog das Gesicht.»Das Geschwader ist bestimmt schon lange weg. Auch ohne das, was ich auf Malta erfahren habe, wird Farquhar inzwischen ausgelaufen sein.» «Sie hatten also recht, Sir?«fragte Veitch. «Ich glaube, das wußten wir alle von Anfang an, Mr. Veitch. «Er dachte wieder an die kühle Weinhandlung, und wie der heiße Schweiß auf seinem Rücken plötzlich eiskalt geworden war.»Gorse hat angedeutet, daß die Franzosen auf dem Weg nach Ägypten Malta einnehmen werden.» «Das überrascht mich nicht, Sir. «Veitch schien sehr müde zu sein.»Die Verteidigungsanlagen von Malta sind, nach allem, was ich gesehen habe, nur noch Ruinen.» «Wenn die Franzosen Malta mit seinen Waffen- und Proviantlagern in Händen haben, dann besitzen sie alles, was sie brauchen, um auf Korfu eine unaufhaltbare Invasion vorzubereiten. «Er ä-chelte müde.»Also müssen wir dem Admiral Nachricht geben. Wenn nicht anders, dann mit diesem alten Kasten.» Veitch ging zur Tür.»In einer Stunde geht die Sonne auf, Sir. Wenn wir Glück haben und das bißchen Wind uns nicht im Stich läßt, dann erreichen wir Syrakus im Laufe der Nachmittagswache. «Er blieb an der Tür stehen.»Ich muß Mr. Plowman ablösen, Sir.» Allday wartete, bis die Tür wieder zu war, und sagte dann:»Der wird mal ein guter Kommandant, Sir.» «Finden Sie?» «Aye, Sir. «Allday half ihm in den Stuhl.»Er hat ein besseres Temperament als mancher andere.» Bolitho sah ihm zu. Er war zufrieden, daß er saß, trotz der drängenden Gedanken in seinem Hirn. Er brauchte Allday nur anzusehen, um zu wissen, was diese Tage und Wochen gekostet hatten. Bestimmt hatten er und die anderen nie länger als nur ein paar Minuten schlafen können. «Ich habe in einer Lade ein spanisches Hemd gefunden«, sagte Allday munter.»Das hab ich gewaschen, und Larssen hat Ihre Kniehosen gereinigt. «Mit dem Rasiermesser in der Hand kam er in den Lichtschein der Laterne.»So, und jetzt wollen wir Sie ein bißchen präsentabler machen.» Später, als der rote Morgenschein durch das schmutzige Skylight drang, stand Bolitho mit seinem fremden Hemd vor dem Spiegel und sah sich an. Allday wischte das Rasiermesser an einem Stück Flaggentuch ab.»Sie wissen Bescheid, Sir, und ich auch; aber die Jungs werden denken, Sie sind wieder obenauf.» Die Hand mit dem Rasiermesser erstarrte. «An Deck! Segel in Luv voraus!«ertönte eine Stimme von oben. Allday faßte Bolitho beim Arm.»Sachte, Sir! Mr. Veitch macht das schon.» Bolitho sah ihn ernsthaft an.»Mr. Veitch hat das ein bißchen zu lange machen müssen. Und Sie auch. «In seinen Ohren brauste und läutete es.»Helfen Sie mir an Deck!» Für ein so kleines Schiff kam ihm der Weg bis zum Kampanje sehr lang vor. Die See war ganz ruhig und hatte im schwachen Schein der noch dicht auf der Kimm stehenden Sonne einen seltsam rötlichen Ton, in dem die undeutlichen Buckel der Küste beinahe häßlich wirkten. Bolitho hielt sich an der Reling fest und sog gierig die Luft ein. Nach der stickigen Kajüte war sie wie Wein. Er sah zu den lose killenden Segeln hoch. Kaum genügend Wind, um das Schiff auf Kurs zu halten. Er nickte Veitch und Plowman zu; seiner Stimme traute er nicht. Wenn die Sonne erst hoch stand, würde er die Küste Siziliens hinter den Backbordschanzkleid deutlicher sehen können und ungefähr wissen, wo sie waren. Da! Der rote Schein betupfte das kleine Quadrat eines Segels, weit draußen an Backbord voraus. In dem unsicheren Licht sah es aus, als wäre es sehr weit weg; aber die Entfernung würde sich mächtig schnell verringern. Er wandte sich um und sah Veitch an.»Einer von uns, vielleicht?» Veitch schob sein Teleskop mit einem Klicken zusammen.»Nein, Sir. Das ist wieder diese verdammte Korvette!» Bolitho hörte die bittere Verzweiflung in Veitchs Stimme. Trotz aller Anstrengungen und Mühen hatten sie die Korvette immer noch auf dem Hals! Da stand sie wie ein Hecht zwischen einem hilflosen Entenküken und dem schützenden Röhricht. Er dachte an die Bewaffnung der «Wie weit sind wir vom Land?«fragte er und war überrascht, wie fest seine Stimme klang. «Sechs Seemeilen, Sir«, sagte Plowman,»nicht mehr, meiner Schätzung nach. «Er sah ihn zweifelnd an.»Das Wasser ist hier sehr tief; ich hatte gehofft, näher an die Küste zu kommen, aber bei diesem Scheißwind — entschuldigen Sie, Sir.» Bolitho wäre gern auf und ab gegangen, um seine Gedanken zu ordnen, doch er wußte, daß ihn seine Kräfte augenblicklich verlassen würden. Sechs Meilen vor der Küste! Es hätten ebensogut sechshundert sein können. Er hörte, wie Breen angstvoll sagte:»Mit all dem Schießpulver in der Last — da fliegen wir ja beim ersten Schuß in die Luft!» Bolitho wandte sich um und blickte dem Jungen ins Gesicht.»Das haben Sie sehr richtig erkannt, Mr. Breen. «Mühsam ging er zum Rad und hielt sich daran fest.»Allday, lassen Sie das Boot zu Wasser!» «Ist schon geschehen, Sir. Unterm Heck vertäut. «Er sah Bolitho besorgt an. «Gut, sehr gut. «Er mußte weitersprechen, damit sich ihm nicht wieder der Kopf zu drehen anfing.»Riggen Sie darin einen Behelfsmast auf und verholen Sie es an die Leeseite, damit der Franzose es nicht sehen kann.» «Wir können doch nie einer Korvette entkommen, Sir!«rief Veitch aus. «Habe ich auch nicht vor. «Er bleckte die Zähne — es sollte ein Lächeln sein.»Macht eine lange Lunte zurecht und setzt sie in der Pulverlast an. «Er sah Veitchs ungläubiges Gesicht und sprach rasch weiter:»Wir lassen die Korvette herankommen und Enterhaken einschlagen; dann machen wir uns im Kutter davon.» Plowmann räusperte sich erschrocken.»Aber wenn uns die Frogs nicht entern, Sir? Vielleicht schicken sie bloß ein Prisenkommando an Bord?«Er blickte Veitch bedeutsam an, als fürchte er, daß Bo-litho immer noch im Fieber rede. Bolitho nahm ihm das Glas aus der Hand und richtete es über die Reling. Die Korvette war schon viel deutlicher zu erkennen. Sie hatte den Windvorteil und setzte bereits die Bramsegel, um ihn voll auszunutzen. Er gab das Glas zurück und sagte langsam:»Das müssen wir abwarten, Mr. Plowman. Jetzt macht die Lunte zurecht, und zwar schnell!» Als Allday gehen wollte, faßte Bolitho ihn beim Arm und fragte:»Als ich im Fieber sprach — habe ich da nach jemandem gerufen?» «Ja, Sir«, antwortete Allday und sah in die aufgehende Sonne.»Nach Cheney. Nach Ihrer Frau.» Bolitho nickte.»Danke.» Midshipman Breen eilte Allday nach und flüsterte nervös:»Aber die Frau vom Kommodore ist doch tot?» «Aye. «Er blieb über dem dümpelnden Kutter stehen und sah sich nach Bolitho um.»Und das ist sehr schade.» |
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