"Harry Potter und der Gefangene von Askaban" - читать интересную книгу автора (Rowling Joanne K.)

DIE HOCHWOHLGEBORENEN HERREN MOONY,

WURMSCHWANZ, TATZE UND KRONE

HILFSMITTEL FÜR DEN MAGISCHEN TUNICHTGUT GMBH


PRÄSENTIEREN STOLZ
DIE KARTE DES RUMTREIBERS

Es war eine Karte, die jede Einzelheit von Hogwarts und des Schloßgeländes zeigte. Doch wirklich erstaunlich waren die kleinen Tintenpunkte, die sich darauf bewegten, jeder mit einem Namen in winziger Schrift versehen. Verblüfft beugte sich Harry über die Karte. Ein beschrifteter Punkt oben links zeigte, daß Professor Dumbledore in seinem Büro auf und ab ging; Mrs Norris, die Katze des Hausmeisters, trieb sich im zweiten Stock herum, und Peeves, der Poltergeist, hüpfte gerade im Pokalzimmer auf und ab. Harrys Augen wanderten die vertrauten Korridore entlang, und plötzlich fiel ihm noch etwas Merkwürdiges auf,

Diese Karte zeigte eine Reihe von Durchgängen, die er nie betreten hatte. Und viele davon führten offenbar -

»- geradewegs nach Hogsmeade«, sagte Fred und fuhr mit dem Finger eine der Linien entlang.»Insgesamt sieben Geheimgänge. Filch kennt diese vier -«, er zeigte sie Harry,»- aber wir sind sicher die Einzigen, die diese hier kennen. Den hinter dem Spiegel im vierten Stock kannst du vergessen. Wir haben ihn letzten Winter benutzt, aber er ist eingebrochen – völlig unbegehbar. Und wir glauben nicht, daß irgend jemand schon mal diesen hier benutzt hat, weil die Peitschende Weide direkt darüber eingepflanzt ist. Aber der hier, der führt direkt in den Keller vom Honigtopf. Wir haben ihn etliche Male benutzt. Und wie du vielleicht bemerkt hast, ist der Eingang gleich vor diesem Zimmer, durch den Buckel dieser einäugigen Alten.«

»Moony, Wurmschwanz, Tatze und Krone«, seufzte George und strich sanft über die Namen der Hersteller.»Wir verdanken ihnen ja so viel.«

»Edle Männer, die unermüdlich daran arbeiteten, einer neuen Generation von Gesetzesbrechern auf die Beine zu helfen«, sagte Fred feierlich.

»Schön«, sagte George jetzt aufgeräumt,»vergiß nicht, sie Zu löschen, wenn du sie benutzt hast -«

»- sonst kann jeder sie lesen«, warnte Fred.

»Tipp sie einfach noch mal an und sag gt;Unheil angerichtet!lt; Dann wird sie wieder weiß.«

»Nun denn, junger Harry«, sagte Fred und sah dabei Percy Unheimlich. ähnlich,»ich hoffe, du benimmst dich.«

»Wir sehen uns im Honigtopf«, sagte George augenzwinkernd.

Zufrieden grinsend gingen die beiden hinaus.

Harry blieb stehen und starrte die wundersame Karte an. Er beobachtete, wie der winzige Tintenpunkt von Mrs Norris nach links wanderte und dann innehielt und etwas auf dem Boden beschnüffelte. Wenn Filch das wirklich nicht wußte… dann würde er gar nicht an den Dementoren vorbei müssen…

Doch während er noch völlig begeistert dastand, quoll etwas aus seinem Gedächtnis hoch, das er einst von Mr Weasley gehört hatte.

Trau nie etwas, das selbst denken kann, wenn du nicht sehen kannst, wo es sein Hirn hat.

Diese Karte war einer jener gefährlichen magischen Gegenstände, vor denen ihn Mr Weasley gewarnt hatte… Hilfsmittel für den Magischen Tunichtgut GmbH… Was Soll's, dachte Harry, ich brauch sie ja nur, um nach Hogsmeade zu kommen, ich will doch niemanden beklauen oder angreifen… und Fred und George benutzen sie seit Jahren und es ist nichts Schlimmes passiert…

Harry fuhr mit dem Finger auf der Karte über den Geheimgang, der in den Honigtopf führte.

Dann, ganz plötzlich, als ob er einem Befehl folgte, rollte er die Karte zusammen, steckte sie in den Umhang und eilte zur Tür. Er öffnete sie einen Spaltbreit. Draußen war niemand. Vorsichtig huschte er aus dem Zimmer und versteckte sich hinter der Statue der einäugigen Hexe.

Wie mußte er es anstellen? Er zog die Karte heraus und stellte verdutzt fest, daß eine neue kleine Tintengestalt darauf erschienen war, beschriftet mit»Harry Potter«.

Diese Figur befand sich genau da, wo Harry selbst stand, etwa in der Mitte des Korridors im dritten Stock. Harry sah ihr gespannt zu. Sein kleines Tintenselbst schien die Hexe mit seinem winzigen Zauberstab zu beklopfen. Rasch zog Harry seinen richtigen Zauberstab heraus und stupste gegen die Statue. Nichts geschah. Erneut blickte er auf die Karte. Eine noch winzigere Sprechblase war neben seiner Gestalt erschienen. Darin stand das Wort gt;Dissendiumlt;.

»Dissendium«, flüsterte Harry und stupste noch einmal gegen die steinerne Hexe.

Auf einmal öffnete sich der Buckel der Statue, weit genug, um einen schlanken Menschen einzulassen. Harry sah sich rasch im Korridor um, dann verstaute er die Karte, zog sich hoch, steckte den Oberkörper in das Loch und stieß sich ab.

Eine ganze Welle glitt er eine Art steinerne Rutschbahn hinunter und landete schließlich auf kaltem und feuchtem Erdboden. Er stand auf und sah sich um. Es war stockdunkel. Er hob seinen Zauberstab und murmelte»Lumos«. Das Licht zeigte, daß er einen sehr engen, niedrigen und lehmigen Tunnel vor sich hatte. Er zog die Karte heraus, tippte mit der Spitze des Zauberstabs dagegen und murmelte»Unheil angerichtet!«, Sofort wurde die Karte blank. Er rollte sie sorgfältig zusammen, steckte sie in die Hosentasche und machte sich dann mit heftig pochendem Herzen, begeistert und argwöhnisch zugleich, auf den Weg.

Der Tunnel, dessen eng verschlungenen Windungen er folgte, erinnerte Harry unweigerlich an den Bau eines Riesenhasen. Er lief schnell und stolperte hin und wieder auf dem holprigen Boden. Den Zauberstab hielt er vor sich ausgestreckt.

Der Tunnel wollte kein Ende nehmen, doch der Gedanke All den Honigtopf machte Harry Beine. Nach einer Stunde, so kam es ihm vor, begann der Tunnel anzusteigen. Keuchend, mit heißem Gesicht und kalten Füßen spurtete Harry nach oben.

Zehn Minuten später stand er am Fuß einer abgenutzten steinernen Treppe, die sich oben im Dunkeln verlor. Ganz sachte, um ja keinen Lärm zu machen, nahm Harry Stufe für Stufe. Hundert Stufen, zweihundert Stufen, irgendwann hörte er auf zu zählen und sah nur noch auf seine Schuhe… dann, ohne Vorwarnung, stieß er mit dem Kopf gegen etwas Hartes.

Es schien eine Falltür zu sein. Harry blieb stehen, rieb sich die Stirn und lauschte. Von der anderen Seite der Falltür war nichts zu hören. Ganz langsam drückte er sie einen Spaltbreit nach oben und spähte hinaus.

Er war in einem Keller voller Weidenkörbe und Holzkisten. Harry kletterte hinauf und schloß die Falltür – sie fügte sich so vollkommen in den staubigen Boden ein, daß sie nicht mehr zu sehen war. Nun schlich er langsam zur Holztreppe, die nach oben führte. Jetzt konnte er eindeutig Stimmen hören, und ganz deutlich auch das Läuten einer Glocke und das Auf- und Zugehen einer Tür.

Während er sich noch überlegte, was er tun sollte, hörte er plötzlich eine andere Tür aufgehen, viel näher bei ihm; jemand war auf dem Weg nach unten.

»Und bring noch 'ne Kiste Gummischnecken mit, die haben uns fast den Laden ausgeräumt -«, sagte eine Frauenstimme.

Ein Paar Füße kam die Treppe herunter. Harry hechtete hinter einen riesigen Korb und wartete, bis die Schritte sich entfernt hatten. Er hörte, wie der Mann Kisten an die gegenüberliegende Wand schob. Noch eine solche Gelegenheit würde er wohl nicht bekommen -

Rasch und leise huschte Harry aus seinem Versteck und kletterte die Stufen hoch; ein kurzer Blick zurück zeigte ihm einen mächtigen Rücken und einen glänzenden Glatzkopf, tief über eine Kiste gebeugt. Harry erreichte die Tür am oberen Treppenabsatz, glitt hindurch und sah sich plötzlich hinter der Ladentheke des Honigtopfes – er duckte sich, kroch zur Seite weg und richtete sich dann auf.

Im Honigtopf drängten sich so viele Schüler aus Hogwarts, daß keiner besondere Notiz von Harry nahm. Er schob sich zwischen ihnen durch, sah sich um und unterdrückte ein Lachen bei dem Gedanken, was für ein Schweinchengesicht Dudley machen würde, wenn er sehen könnte, wo Harry jetzt war.

Bis zur Decke reichten die Regale mit den verführerischsten Leckereien, die man sich vorstellen konnte: sahnige Nugatriegel, rosa schimmerndes Kokosnußeis, fette, honigfarbene Toffeebohnen; Hunderte verschiedene Sorten Schokolade, fein säuberlich aneinander gereiht; ein großes Faß mit Bohnen jeder Geschmacksrichtung und ein weiteres mit zischenden Wissbies, den Brausekugeln, die einen vom Boden rissen, wie Ron erzählt hatte. Entlang einer anderen Wand stapelten sich Süßigkeiten mit»Spezialeffekt«- Druhbels Bester Blaskaugummi (der ein Zimmer mit glockenblumenfarbenen Blasen füllte, die tagelang nicht platzen wollten), die merkwürdig splitterige Zahnweiß-Pfefferminzlakritze, winzig kleine Pfefferkobolde (»heiz deinen Freunden mal richtig ein!«), Eismäuse (»dir klappern die Zähne und du quiekst!«), Pfefferminzpralinen in der Form von Kröten (»hüpfen dir vorbildgetreu in den Magen!«), zerbrechliche, aus Zucker gedrehte Federhalter und explodierende Bonbons.

Harry drängte sich durch eine Schar Sechstkläßler und sah am anderen Ende des Ladens ein Schild hängen (»Ein ganz anderer Geschmack«). Darunter standen Ron und Hermine und untersuchten eine Schale Lutscher mit Blutgeschmack. Harry schlich sich unbemerkt von hinten an.

»Urrgh, nee, die will Harry bestimmt nicht, die sind sicher für Vampire«, sagte Hermine.

»Und was ist mit denen hier?«, fragte Ron und hielt ihr einen Krug mit getrockneten Kakerlaken unter die Nase.

»Auch nicht«, sagte Harry.

Fast hätte Ron den Krug fallen lassen.

»Harry!«, kreischte Hermine.»Was machst du denn hier? Wie… wie bist du -?«

»Aber hallo!«, sagte Ron ganz und gar beeindruckt,»du hast gelernt, wie man appariert!«

»Natürlich nicht«, sagte Harry. Er dämpfte die Stimme, damit keiner von den Sechstkläßlern ihn hören konnte, und erzählte ihnen alles über die Karte des Rumtreibers.

»Wieso haben Fred und George sie mir nie gegeben!«, sagte Ron empört.»Ich bin schließlich ihr Bruder!«

»O Harry«, flüsterte Hermine.»Wenn das jemand erfährt… dann sitzt du in der Patsche… und was ist mit – du weißt schon – Sirius Black?«

»Würd mich wundern, wenn er Harry jetzt erkennen könnte«, sagte Ron und nickte hinüber zu kleinen holzgerahmten Fenstern. Draußen herrschte dichtes Schneetreiben.»Mach dir nichts draus, Hermine, es ist Weihnachten. Harry hat sich seinen kleinen Ausflug verdient.«

Hermine wirkte sehr besorgt.

»Willst du mich etwa verpetzen?«, fragte Harry grinsend

»Oh – natürlich nicht – aber ehrlich gesagt, Harry -«

»Hast du die zischenden Wissbies gesehen, Harry?«, sagte Ron, packte ihn am Arm und führte ihn hinüber zu dem Faß.»Und die Gummischnecken? Und die Säuredrops? Als ich sieben war, hat mir Fred einen geschenkt, und er hat mir ein Loch durch die Zunge gebrannt, ich weiß noch, wie ihn Mum mit dem Besen vermöbelt hat.«Ron starrte gedankenversunken in die Schachtel mit den Säuredrops.»Meinst du, Fred wird von den getrockneten Kakerlaken probieren, wenn ich ihm sage, es seien Erdnüsse?«

Als Ron und Hermine all ihre Süßigkeiten bezahlt hatten, verließen sie den Honigtopf und stürzten sich nach draußen in den Schneesturm.

In Hogsmeade sah es aus wie auf einer Weihnachtskarte:

die kleinen aneinander geschmiegten Dorfhäuser und Läden lagen unter einer Hülle pulvrigen Schnees; an den Türen hingen Stechpalmenbündel und durch die Bäume schlangen sich Kordeln mit Zauberkerzen.

Harry bibberte; er hatte nicht daran gedacht, seinen Umhang mitzunehmen. Sie gingen die Straße entlang, die Köpfe gegen den Wind geneigt, und Ron und Hermine riefen durch ihre Schals:

»Das ist die Post -«

»Dort oben ist Zonko -«

»Wir könnten raufgehen zur Heulenden Hütte -«

»Wißt ihr was«, sagte Ron zähneklappernd,»wir könnten doch auf ein Butterbier in die Drei Besen gehen!«

Harry war unbedingt dafür; der Wind blies heftig und er hatte eiskalte Hände. Sie überquerten die Straße und ein paar Minuten später betraten sie das winzige Wirtshaus.

Es war gesteckt voll, laut, warm und verräuchert. Eine recht wohlproportionierte Frau mit hübschem Gesicht kümmerte sich gerade um einen Klüngel grobschlächtiger Hexenmeister an der Bar.

»Das ist Madam Rosmerta«, sagte Ron.»Ich hol uns was zu trinken, oder?«, fügte er hinzu und errötete kaum merklich.

Harry und Hermine schlugen sich in die hintere Ecke durch, wo ein Tisch zwischen den Fenstern frei war und ein schöner Weihnachtsbaum neben dem Kamin stand. Ron kam nach fünf Minuten mit drei dampfenden Krügen Butterbier zu ihnen.

»Frohe Weihnachten!«, sagte er glücklich und erhob seinen Krug.

Harry trank mit mächtigen Schlucken. Das war das Leckerste, was er je getrunken hatte, und es schien ihn von innen bis in die letzte Pore zu erwärmen.

Ein jäher Windstoß zerzauste ihm das Haar. Die Tür der Drei Besen war aufgegangen. Harry blickte über den Rand seines Krugs hinweg und verschluckte sich.

Die Professoren McGonagall und Flitwick hatten soeben unter Schneeflockengestöber den Pub betreten, und kurz darauf folgte ihnen Hagrid, ganz in ein Gespräch vertieft mit einem pummeligen Mann mit limonengrüner Melone und Nadelstreifenumhang – Cornelius Fudge, der Minister für Zauberei.

Ron und Hermine hatten keine Sekunde gezögert, die Hände auf Harrys Kopf gelegt und ihn vom Stuhl weg unter den Tisch gedrückt. Mit Butterbier bekleckert klammerte er den leeren Krug an sich und lugte unter dem Tisch hervor nach den Füßen der Lehrer und des Ministers, die zur Bar gingen, einen Moment stehen blieben und dann direkt auf ihn zukamen.

Über ihm flüsterte Hermine»Mobiliarbus!«.

Der Weihnachtsbaum neben ihrem Tisch erhob sich eine Handbreit vom Boden, schwebte zur Seite und landete mit einem sanften Rascheln direkt vor ihrem Tisch. So versteckt, spähte Harry durch die dichten unteren Zweige. Vier mal vier Stuhlbeine am Nebentisch wurden über den Boden gerückt, dann hörte er, wie sich die Lehrer und der Minister unter Ächzen und Seufzen niederließen.

Jetzt näherte sich ein weiteres Paar Füße in funkelnd türkisblauen Stöckelschuhen, und er hörte die Stimme einer Frau.

»Ein kleines Goldlackwasser

»Das ist für mich«, antwortete Professor McGonagalls Stimme.

»Vier Halbe heißen Honig-Met.«

»Hier, Rosmerta«, sagte Hagrid.

»Kirschsirup und Soda mit Eis und Schirmchen -«

»Mmm!«, sagte Professor Flitwick und schnalzte mit der Zunge.

»Dann ist der Johannisbeer-Rum für Sie, Minister.«

»Danke, Rosmerta, meine Liebe«, sagte Fudge.»Schön, Sie mal wieder zu sehen, Wollen Sie sich nicht setzen und einen Schluck mit uns trinken…«

»Oh, vielen Dank, Minister.«

Harry sah, wie die glitzernden Pumps sich entfernten und wieder zurückkamen. Das Herz pochte ihm schmerzhaft in der Kehle. Warum hatte er nicht daran gedacht, daß dies auch das letzte Wochenende für die Lehrer war? Und wie lange würden sie hier sitzen bleiben? Er brauchte Zeit, um sich wieder in den Honigtopf zu schleichen, wenn er heute abend noch in die Schule zurückwollte… Hermines Bein neben ihm zuckte nervös.

»Nun, was bringt Sie ausgerechnet in dieses Nest hier, Minister?«Das war Madam Rosmertas Stimme.

Harry sah, wie sich der Unterleib des Ministers auf dem Stuhl nach links und rechts wand, als ob er sich vergewissern wollte, daß keiner mithörte. Dann sagte er mit gedämpfter Stimme:

»Wer sonst, meine Liebe, als Sirius Black? Sie haben sicher gehört, was an Halloween oben in der Schule passiert ist?«

»Gerüchteweise«, gab Madam Rosmerta zu.

»Haben Sie es im ganzen Pub herumerzählt, Hagrid?«, sagte Professor McGonagall ungehalten.

»Glauben Sie, daß Black immer noch in der Gegend ist, Minister?«, flüsterte Madam Rosmerta.

»Da bin ich mir sicher«, sagte Fudge knapp.

»Sie wissen doch, daß die Dementoren das ganze Dorf zweimal durchsucht haben?«, sagte Madam Rosmerta mit einem Anflug von Ärger in der Stimme.»Haben mir alle Kunden verschreckt… gar nicht gut fürs Geschäft, Minister.«

»Rosmerta, meine Liebe, ich mag diese Gestalten genauso wenig wie Sie«, sagte Fudge peinlich berührt.»Das ist eine unerläßliche Vorsichtsmaßnahme… lästig, aber was soll man machen… hab gerade ein paar von ihnen gesprochen. Sie sind wütend auf Dumbledore – er will sie nicht aufs Schulgelände lassen.«

»Das kann ich nur unterstützen«, sagte Professor McGonagall scharf.»Wie sollen wir denn unterrichten, wenn diese Horrorgestalten um uns herumschweben?«

»Hört, hört«, quiekte der kleine Professor Flitwick, dessen Füße eine Handbreit über dem Boden baumelten.

»Wie auch immer«, sagte Fudge zögernd,»sie sind hier, um Sie alle vor etwas viel Schlimmerem zu schützen… wir wissen alle, wozu Black fähig ist…«

»Ehrlich gesagt, ich kann es immer noch nicht fassen«sagte Madam Rosmerta nachdenklich.»Alle möglichen Leute sind damals auf die Dunkle Seite übergelaufen, aber ich hätte nie gedacht, daß Sirius Black… ich meine, ich kannte ihn als Jungen in Hogwarts. Wenn Sie mir damals gesagt hätten, was aus ihm werden wird, hätte ich gesagt, Sie haben ein paar Met über den Durst getrunken.«

»Sie kennen noch nicht mal die Hälfte der Geschichte«, sagte Fudge grummelig.»Von seiner schlimmsten Tat weiß kaum jemand.«

»Von welcher Tat?«, fragte Madam Rosmerta neugierig.»Schlimmer als der Mord an all diesen Menschen, meinen Sie?«

»Allerdings«, sagte Fudge.

»Das kann ich nicht glauben. Was könnte denn schlimmer sein?«

»Sie sagen, Sie kennen ihn aus seiner Zeit in Hogwarts, Rosmerta«, murmelte Professor McGonagall.»Wissen Sie noch, wer sein bester Freund war?«

»Natürlich«, sagte Madam Rosmerta und lachte kurz auf»Hingen zusammen wie siamesische Zwillinge, nicht wahr? Ich weiß nicht mehr, wie oft sie hier bei mir waren – ooh, sie haben mich immer zum Lachen gebracht. Waren ein richtiges Duett, Sirius Black und James Potter!«

Harrys Krug fiel laut klirrend zu Boden. Ron versetzte ihm einen Stoß.

»Genau«, sagte Professor McGonagall.»Black und Potter. Anführer ihrer kleinen Bande. Beide sehr aufgeweckt, natürlich – ungewöhnlich klug, wenn Sie mich fragen – doch solche zwei Unheilstifter hatten wir wohl auch noch nie -«

»Na, ich weiß nicht«, gluckste Hagrid,»Fred und George Weasley hätten ihnen ganz schön Konkurrenz gemacht.«

»Man hätte meinen können, Black und Potter wären Brüder«, flötete Professor Flitwick.»Unzertrennlich!«

»Natürlich waren sie das«, sagte Fudge.»Potter hat Black mehr vertraut als allen seinen anderen Freunden. Und das hat sich nicht geändert, als sie von der Schule gingen. Black war Trauzeuge, als James und Lily heirateten. Dann baten sie ihn, Harrys Pate zu werden. Davon hat Harry natürlich keine Ahnung. Sie können sich vorstellen, wie ihn der Gedanke quälen würde.«

»Weil es sich eines Tages herausstellte, daß Black auf der Seite von Du-weißt-schon-wem stand?«, flüsterte Madam Rosmerta.

»Schlimmer noch, meine Liebe…«Fudge senkte die Stimme und fuhr mit einem gedämpften Brummen fort.»Nur wenige kennen die Tatsache, daß die Potters wußten, daß Du-weißt-schon-wer hinter ihnen her war. Dumbledore, der natürlich unermüdlich gegen Du-weißt-schon-wen arbeitete, hatte eine Reihe nützlicher Spione. Einer von ihnen hat ihm den Tipp gegeben und er hat sofort James und Lily gewarnt. Er riet ihnen, sich zu verstecken. Nun war es natürlich nicht so einfach, sich vor Du-weißt-schon-wem zu verstecken. Dumbledore hat ihnen gesagt, sie sollten am besten den Fidelius-Zauber anwenden.«

»Wie geht der?«, fragte Madam Rosmerta, atemlos vor Anspannung. Professor Flitwick räusperte sich.

»Ein äußerst komplizierter Zauber«, sagte er quiekend,»bei dem es darum geht, ein Geheimnis auf magische Weise im Innern einer lebenden Seele zu verbergen. Die Information wird in der gewählten Person, dem Geheimniswahrer, versteckt und ist fortan unauffindbar – außer natürlich, der Wahrer des Geheimnisses beschließt, es zu verraten. Solange sich der Geheimniswahrer weigerte zu sprechen, hätte Du-weißt-schon-wer das Dorf, in dem Lily und James lebten, jahrelang durchsuchen können, ohne sie zu finden, nicht einmal, wenn er die Nase gegen ihr Wohnzimmerfenster gedrückt hätte!«

»Also war Sirius Black der Geheimniswahrer?«, flüsterte Madam Rosmerta.

»Natürlich«, sagte Professor McGonagall.»James Potter hat Dumbledore erzählt, daß Black eher sterben würde als zu sagen, wo sie steckten, daß Black selbst vorhatte sich zu verstecken… und dennoch machte sich Dumbledore weiterhin Sorgen. Ich weiß noch, wie er anbot, selbst der Geheimniswahrer für Potter zu werden.«

»Hat er Black verdächtigt?«, hauchte Madam Rosmerta.

»Er war sich sicher, daß jemand, der den Potters nahe stand, Du-weißt-schon-wen über ihre Schritte informiert hatte«, sagte McGonagall bedrückt.»Tatsächlich hatte er schon länger den Verdacht gehegt, daß jemand auf unserer Seite zum Verräter geworden war und Du-weißt-schon-wem eine Menge Informationen weitergab.«

»Aber James Potter beharrte darauf, Black zu nehmen?«

»Ja, allerdings«, sagte Fudge mit schwerer Stimme.»Und dann, kaum eine Woche nachdem der Fidelius-Zauber ausgesprochen worden war -«

»- hat ihn Black verraten?«, keuchte Madam Rosmerta.

»Ja, so war es. Black hatte seine Rolle als Doppelagent satt, er war bereit, offen seine Unterstützung für Du-weißt-schon-wen zu erklären, und er scheint dies für den Tag von Potters Tod geplant zu haben. Doch wie wir alle wissen, fand Du-weißt-schon-wer in dem kleinen Harry Potter einen tödlichen Gegner. Seiner Kräfte beraubt und fürchterlich angeschlagen, machte er sich auf die Flucht. Und so steckte Black in einer sehr üblen Lage. Sein Meister war in eben jenem Moment gestürzt, da er, Black, seine Karten als Verräter offen auf den Tisch gelegt hatte. Er hatte keine andere Wahl als ebenfalls zu fliehen -«

»Dreckiger, stinkender Wechselbalg!«, rief Hagrid so laut, daß das halbe Wirtshaus verstummte.

»Schhh!«, sagte Professor McGonagall.

»Ich hab ihn getroffen!«, sagte Hagrid.»Ich muß der Letzte gewesen sein, der ihn gesehen hat, bevor er all diese Leute umgebracht hat! Ich war es, der Harry Potter aus Lilys und James' Haus gerettet hat, nachdem sie getötet wurden! Hab ihn nur noch aus den Ruinen holen können, das arme kleine Ding, mit einem großen Riß auf der Stirn, und beide Eltern tot… und dann erscheint plötzlich Sirius Black auf diesem fliegenden Motorrad, das er damals hatte. Keine Ahnung, was er dort suchte. Ich wußte nicht, daß er der Geheimniswahrer von Lily und James war. Ich dachte, er hat wohl von dem Überfall gehört und will nachsehen, ob er helfen kann. Ganz bleich war er und gezittert hat er. Und wißt ihr, was ich gemacht hab? Ich hab den mörderischen Verräter auch noch getröstet!«, polterte Hagrid.

»Hagrid, bitte!«, sagte Professor McGonagall,»schreien Sie nicht so rum!«

»Wie sollte ich wissen, daß er nicht wegen Lily und James so von der Rolle war? Dem ging es nur um Du-weißt-schon-wen! Und er sagt mir noch: gt;Gib Harry mir, Hagrid, ich bin sein Pate, ich kümmere mich um ihn -lt; Ha! Aber ich hatte meine Anweisungen von Dumbledore, und gt;nein, Blacklt;, hab ich gesagt, gt;Dumbledore will, daß Harry zu seinen Verwandten kommtlt;. Wir haben uns gestritten, aber am Ende hat er nachgegeben. gt;Nimm mein Motorradlt;, hat er gesagt, gt;und bring Harry dorthin, ich brauch es nicht mehr.lt;

Ich hätte wissen müssen, daß da irgendwas faul war. Er war ganz vernarrt in sein Motorrad. Weshalb hat er es mir gegeben? Warum hat er es nicht mehr gebraucht? Tatsache war, es war zu auffällig. Dumbledore wußte, daß er der Geheimniswahrer von Potter war. Black wußte, daß er in dieser Nacht schleunigst verschwinden mußte, es war nur eine Frage von stunden, bis das Ministerium ihm auf den Fersen sein würde.

Aber was, wenn ich ihm Harry gegeben hätte, eh? Ich wette, er hätte ihn draußen über dem Meer vom Motorrad geworfen. Der Sohn seines besten Freundes! Aber wenn ein Zauberer auf die Dunkle Seite überwechselt, gibt es nichts und niemanden, der ihm noch was wert ist…«

Auf Hagrids Geschichte folgte ein langes Schweigen. Dann sagte Madam Rosmerta mit einiger Genugtuung in der Stimme:

»Aber er hat es nicht geschafft zu verschwinden, oder? Das Zaubereiministerium hat ihn am nächsten Tag erwischt!«

»Ach, wenn es so gewesen wäre«, sagte Fudge erbittert.»Es waren nicht wir, die ihn gefunden haben, es war der kleine Peter Pettigrew – auch einer von Potters Freunden Sicher war er außer sich vor Trauer und wußte, daß BlackPotters Geheimnis bewahrt hat, und so hat er auf eigene Faust nach Black gesucht.«

»Pettigrew… dieser dicke kleine junge, der ihnen in Hogwarts immer hinterher geschlichen ist?«, fragte Madam Rosmerta.

»Hat Black und Potter wie Helden verehrt«, sagte Professor McGonagall.»Spielte allerdings nie in derselben Liga mit ihnen, was die Begabung angeht. Ich hab ihn öfter etwas scharf angefahren. Sie können sich vorstellen, wie ich – wie ich das heute bedaure…«Sie hörte sich an, als hätte sie plötzlich einen Schnupfen.

»Nimm's dir nicht so zu Herzen, Minerva«, sagte Fudge aufmunternd.»Pettigrew ist als Held gestorben. Die Augenzeugen – natürlich waren es Muggel, wir haben ihre Erinnerungen später gelöscht -, sie haben uns berichtet, daß Pettigrew Black in die Enge getrieben hatte. Sie sagten, er habe geschluchzt. gt;Lily und James, Sirius! Wie konntest du das tun!lt; Und dann hat er nach seinem Zauberstab gegriffen. Nun, natürlich war Black schneller. Hat Pettigrew in Stücke gerissen…«

Professor McGonagall schneuzte sich und sagte mit belegter Stimme:

»Dummer Junge… einfältiger Junge… er war beim Duellieren immer ein hoffnungsloser Fall… hätte es dem Ministerium überlassen sollen…«

»Ich sag euch«, knurrte Hagrid,»wenn ich Black vor Pettigrew in die Hände gekriegt hätte, ich hätte nicht lange mit dem Zauberstab gefackelt – ich hätte ihm – alle – Rippen rausgerissen.«

»Sie wissen doch nicht, wovon Sie reden, Hagrid«, sagte Fudge scharf»Keiner außer den dafür geschulten Eingreifzauberern von der Magischen Polizeibrigade hätte eine Chance gegen Black gehabt, als er in die Enge getrieben war.

Ich war damals als stellvertretender Minister für Zauberkatastrophen einer der Ersten am Tatort, nachdem Black all diese Menschen ermordet hatte. Ich – ich werde den Anblick nie vergessen. Ich träume heute noch manchmal davon. Ein Krater mitten in der Straße, so tief, daß die Abflußrohre in der Erde aufgerissen waren. Überall Leichen. Schreiende Muggel. Und Black stand da und hat gelacht, vor ihm die Überreste von Pettigrew… ein blutgetränkter Umhang und ein paar – ein paar Fetzen -«

Fudge brach ab. Harry hörte, wie Nasen geschneuzt wurden.

»Nun, jetzt wissen Sie Bescheid, Rosmerta«, sagte Fudge dumpf»Black wurde von zwanzig Leuten der Magischen Polizeibrigade abgeführt und Pettigrew hat den Orden des Merlin erhalten, erster Klasse, was wohl seine Mutter ein wenig getröstet hat. Black saß seit diesem Tag in Askaban.«

Madam Rosmerta stieß einen lang gezogenen Seufzer aus.

»Stimmt es, daß er verrückt ist, Minister?«

»Ich wünschte, ich könnte das behaupten«, sagte Fudge bedächtig.»Was ich sicher weiß, ist, daß ihn die Niederlage seines Meisters für einige Zeit aus der Bahn geworfen hat. Der Mord an Pettigrew und all den Muggeln war die Tat eines in die Enge getriebenen und verzweifelten Mannes – grausam… sinnlos. Aber bei meiner letzten Inspektion in Askaban habe ich Black getroffen. Wissen Sie, die meisten Gefangenen dort sitzen im Dunkeln und murmeln vor sich hin, sie haben den Verstand verloren… aber ich war erschrocken, wie normal Black schien. Er hat ganz vernünftig mit mir gesprochen. Es war unheimlich. Man hätte meinen können, er langweile sich nur – hat mich ganz gelassen gefragt, ob ich meine Zeitung ausgelesen hätte, er würde nämlich gern das Kreuzworträtsel lösen. ja, ich war erstaunt, wie wenig Wirkung die Dementoren auf ihn zu haben schienen – und er war einer der am schärfsten bewachten Gefangenen, müssen Sie wissen. Tag und Nacht standen sie vor seiner Zelle.«

»Aber, was glauben Sie, hat er jetzt nach seiner Flucht vor?«, fragte Madam Rosmerta.»Meine Güte, Minister, er will sich doch nicht etwa wieder Du-weißt-schon-wem anschließen?«

»Ich würde sagen, das – ähm – ist möglicherweise Blacks Absicht«, sagte Fudge ausweichend.»Aber wir hoffen, daß wir ihn schon bald fassen werden. Ich muß sagen, Du-weißt-schon-wer allein und ohne Freunde ist das eine… aber gewinnt er seinen ergebensten Gefolgsmann zurück, dann schaudert mir bei dem Gedanken, wie schnell er wieder an die Macht gelangen könnte…«

Es gab ein leises Klingen. jemand hatte sein Glas auf dem Tisch abgestellt.

»Wissen Sie, Cornelius, wenn Sie mit dem Direktor zu Abend essen, sollten wir jetzt besser zurück ins Schloß«, sagte Professor McGonagall.

Ein Fußpaar nach dem anderen kam in Bewegung; Umhangsäume schwangen an Harrys Augen vorbei und Madam Rosmertas glitzernde Stöckelschuhe verschwanden hinter der Bar. Die Tür zu den Drei Besen öffnete sich, erneut wirbelten Schneeflocken herein und die Lehrer verschwanden.

»Harry?«

Die Gesichter von Ron und Hermine erschienen unter der Tischkante. Sie starrten Harry an und brachten kein Wort heraus.