"Harry Potter und der Gefangene von Askaban" - читать интересную книгу автора (Rowling Joanne K.)Gryffindor gegen Ravenclaw Die Freundschaft zwischen Ron und Hermine schien zerstört. So wütend waren sie aufeinander, daß Harry sich nicht vorstellen konnte, wie sie sich jemals wieder versöhnen sollten. Ron war wütend, weil Hermine die wiederholten Versuche Krummbeins, Krätze zu verspeisen, nicht ernst genommen hatte. Sie hatte sich nicht darum geschert, ihn scharf im Auge zu behalten, und tat immer noch so, als wäre Krummbein völlig unschuldig. Ron solle doch mal unter allen Betten nachsehen, schlug sie vor. Und außerdem, behauptete sie wütend, habe Ron keinen Beweis, daß Krummbein Krätze gefressen habe, die rostroten Haare seien vielleicht schon seit Weihnachten auf dem Bettlaken und überhaupt habe Ron Vorurteile gegen ihren Kater, seit Krummbein in der Magischen Menagerie auf seinem Kopf gelandet sei. Harry war sich sicher, daß Krummbein Krätze gefressen hatte, und als er Hermine erklären wollte, daß alle Tatsachen in diese Richtung deuteten, riß ihr der Geduldsfaden auch bei Harry. »Schön und gut, du schlägst dich auf Rons Seite, ich wußte es!«, sagte sie schrill.»Erst der Feuerblitz, jetzt Krätze, an Allem bin ich schuld, oder? Laß mich bloß in Ruhe, Harry, ich hab 'ne Menge Arbeit zu erledigen!« Ron war der Verlust seiner Ratte tatsächlich sehr nahe gegangen. »Komm schon, Ron, immer hast du gesagt, Krätze sei so langweilig«, wollte ihn Fred aufmuntern.»Und er war doch schon ewig nicht mehr richtig auf den Beinen, er ist langsam dahingestorben. War wohl ohnehin besser für ihn, wenn es schnell ging – in einem Schluck -, und gespürt hat er wahrscheinlich auch nichts.« »Fred!«, rief Ginny empört. »Er hat doch nur noch gefressen und geschlafen, Ron, das hast du doch selbst gesagt«, warf George ein. »Einmal hat er Goyle für uns gebissen!«, sagte Ron wehmütig.»Weißt du noch, Harry?« »Ja, stimmt«, antwortete Harry. »Seine größte Stunde«, sagte Fred, schaffte es jedoch nicht, eine ernste Miene zu behalten.»Angesichts der Narbe auf Goyles Finger werden wir immer voller Ehrfurcht an ihn denken. – Ach, komm schon, Ron, geh runter nach Hogsmeade und kauf dir eine neue Ratte, was hilft dein Jammern?« Harry unternahm einen allerletzten Versuch, Ron aufzumuntern, und überredete ihn, zum letzten Training der Gryffindors vor dem Spiel gegen Ravenclaw mitzukommen. Anschließend könne er noch ein wenig mit dem Feuerblitz herumfliegen. Das schien Ron tatsächlich einen Moment lang von seinem Kummer über Krätze abzulenken (»Voll kraß! Kann ich auch ein paar Tore schießen?«), und so, machten sie sich gemeinsam auf den Weg zum Quidditch-Feld. Madam Hooch, die weiterhin das Training der Gryffindors beaufsichtigte, und Harry ganz besonders, war ebenso beeindruckt vom Feuerblitz wie alle andern, die ihn gesehen hatten. Vor dem Start nahm sie ihn in die Hände und begutachtete ihn mit erfahrenem Blick. »Seht mal, wie schön er im Gleichgewicht ist! Wenn die Nimbus-Serie einen Fehler hat, dann ist es ein klein wenig Schlagseite zum Schweif hin – nach ein paar Jahren kommen sie meist ziemlich schräg daher. Den Stiel haben sie auch neu entwickelt, er ist ein wenig schlanker als bei den Sauberwischs und erinnert mich an den alten Silberpfeil – ein Jammer, daß sie den nicht mehr herstellen, auf dem hab ich fliegen gelernt, ein wirklich solider Besen…« Auf diese Art fuhr sie noch eine ganze Weile fort, bis Wood sie unterbrach. »Ähm – Madam Hooch? Könnte Harry den Feuerblitz jetzt zurückhaben? Wir müssen doch trainieren…« »Oh – natürlich – hier ist er, Potter«, sagte Madam Hooch.»Ich setz mich mit Weasley dort drüben hin…« Madam Hooch und Ron verließen das Spielfeld und kletterten auf die Ränge, während sich das Gryffindor-Team um Wood scharte, der ihnen die letzten Anweisungen für das morgige Spiel gab. »Harry, ich hab eben erfahren, wer bei den Ravenclaws den Sucher macht. Es ist Cho Chang, eine Viertkläßlerin, und sie ist ziemlich gut… eigentlich hatte ich gehofft, sie würde noch nicht wieder fit sein, sie hatte ein paar Verletzungsprobleme…«Woods Miene verfinsterte sich vor Mißbehagen über Cho Changs Genesung, dann fuhr er fort:»Andererseits fliegt sie einen Komet Zwei-Sechzig, der wird neben dem Feuerblitz wie ein Witz aussehen.«Er warf Harrys Besen einen Blick voll fiebriger Bewunderung zu.»Okay, Leute, los geht's -« Und endlich bestieg Harry seinen Feuerblitz und stieß sich vom Boden ab. Es war besser, als er sich hätte träumen lassen. Der Feuerblitz ging bei der leichtesten Berührung in die Kurve, er schien eher seinen Gedanken als seiner Hand zu folgen; so schnell raste er über das Spielfeld, daß Harry das Stadion nur noch als grünen und grauen Schleier wahrnahm; er ließ ihn so scharf wenden, daß Alicia Spinnet aufschrie, dann ging er in einen vollkommen sicheren Sturzflug, streifte das Gras unten mit den Schuhspitzen und stieg dann wieder zehn, zwanzig, dreißig Meter hoch in die Lüfte - »Harry, ich laß den Schnatz raus!«, rief Wood. Harry wendete und verfolgte einen Klatscher auf die Torstangen zu; er ließ ihn ohne weiteres hinter sich, sah den Schnatz hinter Wood hervorschnellen und hatte ihn nach zehn Sekunden sicher in Händen. Das Team jubelte, daß ihm die Ohren klangen. Harry ließ den Schnatz wieder los, gab ihm eine Minute Vorsprung dann jagte er ihm nach, wobei er sich zwischen den anderen hindurchschlängelte; er sah ihn nahe Katie Bells Knie lauern, drehte lässig einen Looping um sie herum und fing den Schnatz erneut ein. So gut hatten sie noch nie trainiert; das Team, durch den Feuerblitz in seiner Mitte angespornt, übte die schwierigsten Spielzüge fehlerlos, und als sie alle wieder gelandet waren, hatte Wood kein Wort der Kritik anzubringen, was, wie George Weasley verkündete, noch nie geschehen war. »Ich kann mir nicht vorstellen, was uns jetzt noch aufhalten soll!«, sagte Wood.»Außer – Harry, du hast dein Problem mit diesen Dementoren doch jetzt im Griff, oder?« »Jaah«, sagte Harry und dachte an seinen schwächlichen Patronus, den er sich viel stärker wünschte. »Die Dementoren werden nicht wieder aufkreuzen, Oliver, Dumbledore würde völlig durchdrehen«, sagte Fred zuversichtlich. »Nun, das können wir nur hoffen«, sagte Wood.»Jedenfalls – das war gute Arbeit von euch allen. Gehen wir zurück in den Turm… wollen heute mal früh ins Bett -« »Ich bleib noch eine Weile draußen, Oliver, Ron will Feuerblitz mal kurz ausprobieren«, sagte Harry, und während die andern sich auf den Weg zu den Umkleidekabinen machten, ging Harry hinüber zu Ron, der schon über die Absperrungen gesprungen war und ihm entgegenlief. Madam Hooch war auf ihrem Sitz eingeschlafen. »Da hast du ihn«, sagte Harry und reichte Ron den Feuerblitz. Ron schwang sich mit hingebungsvoller Miene auf den Besen und schwirrte hoch in den dunkler werdenden Himmel. Harry ging am Spielfeldrand entlang und beobachtete ihn, und als Madam Hooch jäh aufschreckte, war die Nacht schon hereingebrochen. Sie tadelte die beiden, weil sie sie nicht geweckt hatten, und schickte sie ungehalten zurück ins Schloß. Harry schulterte den Feuerblitz und verließ mit Ron das dunkle Stadion. Sie sprachen über die herrlich sanften Bewegungen des Feuerblitzes, seine irre Beschleunigung und seine haarnadelengen Drehungen. Auf halbem Weg zum Schloß wandte Harry den Blick zur Seite und sah etwas, das sein Herz fast zum Stillstand brachte – ein Augenpaar leuchtete in der Dunkelheit herüber. Harry blieb wie angefroren stehen, das Herz pochte ihm gegen die Rippen. »Was ist los?«, fragte Ron. Harry deutete mit dem Finger in die Dunkelheit. Ron zückte den Zauberstab und murmelte»Lumos!«. Ein Lichtstrahl fiel über das Gras, traf den Stamm eines Baumes und erhellte seine Äste; dort, zwischen den knospenden Zweigen, kauerte Krummbein. »Runter vom Baum!«, brüllte Ron. Er bückte sich und packte einen Stein, doch schon war Krummbein unter heftigem Wedeln seines langen rostbraunen Schwanzes verschwunden. »Siehst du?«, sagte Ron aufgebracht und ließ den Stein fallen.»Sie läßt es immer noch zu, daß er sich rumtreibt, wo er will – wahrscheinlich verdaut er gerade Krätze gewürzt mit ein paar Vögeln Harry blieb stumm. Erleichterung durchströmte ihn und er atmete tief durch; einen Augenblick lang war er sicher gewesen, daß diese Augen dem Grimm gehörten. Sie gingen weiter. Nach seinem kurzen Panikanfall genierte sich Harry ein wenig und sprach kein Wort mit Ron – und nicht ein einziges Mal sah er sich um, bis sie die hell erleuchtete Eingangshalle des Schlosses erreicht hatten. Am nächsten Morgen ging Harry zusammen mit den anderen Jungen im Schlafsaal, die wohl alle meinten, der Feuerblitz verdiene eine Ehrengarde, hinunter zum Frühstück. Als er die Große Halle betrat, wandten sich aller Augen dem Feuerblitz zu und aufgeregtes Getuschel hob an. Harry sah mit immenser Genugtuung, daß das Team der Slytherins wie vom Donner gerührt dasaß. »Hast du sein Gesicht gesehen?«, sagte Ron schadenfroh und blickte über die Schulter zu Malfoy hinüber.»Er kann es nicht fassen! Das ist klasse!« Selbst Wood badete in dem Glanz, den der Feuerblitz auch auf ihn warf. »Hier drauf mit dem Besen, Harry«, sagte er und legte den Feuerblitz mitten auf den Tisch, wobei er sorgsam darauf achtete, daß auch ja der Name zu lesen war. Bald kam einer nach dem andern von den Tischen der Ravenclaws und Hufflepuffs herüber, um ihn genauer zu betrachten. Auch Cedric Diggory kam zum Tisch, um Harry zu gratulieren, weil er einen so tollen Ersatz für seinen Nimbus bekommen hatte, und Percys Freundin von den Ravenclaws, Penelope Clearwater, fragte, ob sie den Feuerblitz einmal anfassen dürfe. »Na, na, Penny, keine Sabotage!«, sagte Percy gut gelaunt, während ihre Augen über den Feuerblitz glitten.»Penelope und ich haben gewettet«, erklärte er dem Team.»Zehn Galleonen auf das Ergebnis des Spiels!« Penelope legte den Feuerblitz zurück auf den Tisch, dankte Harry und kehrte zu den Ravenclaws zurück. »Harry – sieh bloß zu, daß du gewinnst«, flüsterte Percy eindringlich.»Ich hab keine zehn Galleonen. Ja, ich komme, Penny!«Und er wuselte hinüber, um sich mit ihr ein Stück Toast zu teilen. »Bist du auch sicher, daß du mit diesem Besen umgehen kannst, Potter?«, sagte eine kalte, schnarrende Stimme. Draco Malfoy, mit Crabbe und Goyle im Schlepptau, war herübergekommen, um sich die Sache näher anzusehen. »Ja, ich denk schon«, sagte Harry beiläufig. »Hat 'ne Menge Schnickschnack eingebaut, oder?«, sagte Malfoy mit bösartig glitzernden Augen.»Nur Pech, daß er nicht gleich mit Fallschirm geliefert wird – falls du einem Dementor zu nahe kommst.« Crabbe und Goyle kicherten. »Schade, daß du keinen Ersatzarm anschrauben kannst, Malfoy«, sagte Harry,»der könnte den Schnatz für dich fangen.« Die Gryffindors lachten laut auf. Malfoys blasse Augen verengten sich und er stakste davon. Sie beobachteten, wie er sich zu den anderen Spielern von Slytherin setzte, die jetzt die Köpfe zusammensteckten und Malfoy ganz gewiß fragten, ob Harrys Besen wirklich ein Feuerblitz sei. Um Viertel vor elf brachen die Gryffindors zu den Umkleideräumen auf. Das Wetter war um Welten besser als bei ihrem Spiel gegen Hufflepuff. Es war ein klarer, kühler Tag mit einer sanften Brise; diesmal würde Harry keine Schwierigkeiten haben, etwas zu sehen, und so nervös er auch war, zusehends spürte er die Begeisterung, die nur ein Quidditch-Spiel mit sich brachte. Sie hörten die anderen Schüler drüben ins Stadion einziehen. Harry legte den schwarzen Schulumhang ab, zog den Zauberstab aus der Tasche und steckte ihn in das T-Shirt, das er unter seinem Quidditch-Umhang tragen wollte. Er würde ihn hoffentlich nicht brauchen. Plötzlich fragte er sich, ob Professor Lupin in der Menge war und ihm zusah. »Du weißt, was wir tun müssen«, sagte Wood, als sie schon auf dem Sprung nach draußen waren.»Wenn wir dieses Spiel verlieren, können wir endgültig einpacken. Flieg – flieg einfach wie gestern im Training und wir schaukeln das Ding!« Unter tosendem Applaus marschierten sie hinaus auf das Spielfeld. Das Team der Ravenclaws, ganz in Blau, hatte sich bereits in der Mitte aufgestellt. Ihre Sucherin, Cho Chang, war das einzige Mädchen im Team. Sie war um fast einen Kopf kleiner als Harry, und trotz seiner Nervosität stellte er fest, daß sie besonders hübsch war. Sie lächelte Harry zu, während sich die Teams, die Gesichter einander zugewandt, hinter ihren Kapitänen aufstellten, und Harry war ein wenig schwummrig in der Magengegend, was jedoch, wie er glaubte, nichts mit seinen angespannten Nerven zu tun hatte. »Wood, Davies, begrüßt euch«, sagte Madam Hooch beschwingt, und Wood und der Kapitän der Ravenclaws schüttelten sich die Hände. »Besteigt eure Besen… auf meinen Pfiff geht's los eins – zwei – drei -« Harry stieß sich ab und der Feuerblitz rauschte schneller in die Höhe als jeder andere Besen; er jagte um das Stadion herum und begann nach dem Schnatz Ausschau zu halten, dabei lauschte er immer den Worten des Freundes der Weasley-Zwillinge, der den Spielkommentar sprach. »Jetzt sind sie oben, und die große Sensation dieses Spiels ist der Feuerblitz, den Harry Potter für die Gryffindors fliegt. Rennbesen im Test zufolge werden die Nationalmannschaften bei der diesjährigen Weltmeisterschaft allesamt den Feuerblitz fliegen -« »Jordan, wären Sie wohl so freundlich uns zu sagen, wie das Spiel verläuft?«, unterbrach ihn Professor McGonagalls Stimme. »Da haben Sie vollkommen Recht, Professor – ich wollte nur ein wenig Hintergrundwissen vermitteln – übrigens hat der Feuerblitz eine eingebaute automatische Bremse und -« »Jordan!« »Schon gut, schon gut, Gryffindor im Ballbesitz, Katie Bell auf dem Weg zum Tor…« Harry zog in der Gegenrichtung an Katie vorbei auf der Suche nach einem goldenen Schimmer und bemerkte, daß Cho Chang knapp hinter ihm herflog. Zweifellos war sie eine gute Fliegerin – ständig flog sie ihm in die Quere und zwang ihn, die Richtung zu wechseln. »Zeig ihr, wie du beschleunigen kannst, Harry!«, rief Fred, der einem Klatscher nachjagte, der es auf Alicia abgesehen hatte, und an ihm vorbeizischte. Harry brachte den Feuerblitz auf Touren, drehte ein paar Runden um die Torstangen, und Cho fiel zurück. Gerade als es Katie gelang, das erste Tor zu erzielen, und die Gryffindor-Kurve unten im Stadion anfing verrückt zu spielen, gerade da sah er ihn – der Schnatz flitzte eine Handbreit über dem Boden an einer der Absperrungen entlang. Harry ging in den Sturzflug; Cho entging das nicht und sie stürzte ihm nach – Harry wurde immer schneller, unglaubliche Freude durchflutete ihn; Sturzflüge waren seine Spezialität jetzt war er nur noch vier Meter entfernt - Ein Klatscher, von einem Treiber der Ravenclaws geschlagen, kam aus dem Nichts angeschossen; Harry machte einen jähen Schlenker und kam um Haaresbreite an ihm vorbei, und in diesen wenigen entscheidenden Sekunden verschwand der Schnatz. Es folgte ein lang gezogenes enttäuschtes»Oooooh«der Gryffindor-Fans, doch viel Applaus der Ravenclaw-Kurve für ihren Treiber. George Weasley ließ Dampf ab und schmetterte den zweiten Klatscher gegen diesen Missetäter der anderen Seite, der sich mitten in der Luft auf den Rücken drehen mußte, um dem Ball zu entgehen. »Gryffindor führt mit achtzig zu null Punkten, und schaut euch an, wie dieser Feuerblitz losgeht! Potter macht ihm jetzt wirklich die Hölle heiß, jetzt geht er scharf in die Kurve und Changs Komet kann da einfach nicht mithalten, die Gleichgewichtsautomatik des Feuerblitzes ist wirklich erstaunlich bei diesen langen -« »Jordan! Werden Sie dafür bezahlt, um für Feuerblitze Reklame zu machen? Bleiben Sie beim Spiel!« Die Ravenclaws holten jetzt auf; sie hatten drei Tore erzielt und Gryffindor lag nur noch mit fünfzig Punkten vorn – wenn Cho den Schnatz vor Harry fing, würden sie gewinnen. Harry ließ sich tiefer sinken, entging knapp einem Zusammenstoß mit einem Jäger der Ravenclaws und suchte fiebereifrig das Spielfeld ab – ein goldener Schimmer, ein Flattern winziger Flügel – der Schnatz umschwirrte eine Torstange der Gryffindors - Harry beschleunigte, die Augen auf den goldenen gerichtet – doch schon war Cho aus dem Nichts aufgetaucht und blockierte ihm die Bahn - »Harry, du kannst doch jetzt nicht den Kavalier spielen!«, polterte Wood, als Harry sich in die Kurve legte, um einen Zusammenprall zu vermeiden.»Hau sie wenn nötig runter von ihrem Besen!« Harry wandte sich um und erblickte Cho; sie grinste. Wieder war der Schnatz verschwunden. Harry zog den Feuerblitz nach oben und war rasch zehn Meter über dem Spiel. Aus den Augenwinkeln sah er, daß Cho ihn hartnäckig verfolgte… sie hatte offenbar beschlossen, ihn im Auge zu behalten anstatt den Schnatz zu suchen… na schön… wenn sie sich auf seine Fährte setzen wollte, mußte sie auch die Folgen tragen… Wieder stürzte er sich in die Tiefe, und Cho, die glaubte, er habe den Schnatz gesichtet, versuchte ihm zu folgen; scharf riß sich Harry aus dem Sturzflug heraus und sie trudelte weiter in die Tiefe; wieder raste er schnell wie eine Gewehrkugel in die Höhe und dann sah er ihn zum dritten Mal – der Schnatz glitzerte hoch über dem Feld drüben auf der Seite der Ravenclaws. Er legte los; viele Meter weiter unten tat es ihm Cho nach. Jetzt würde er gewinnen, jede Sekunde kam er näher auf den Schnatz zu – dann - »Oh!«, schrie Cho und deutete mit dem Arm nach unten. Harry ließ sich ablenken und sah hinunter. Drei Dementoren, drei große, schwarze, kapuzentragende Dementoren, sahen zu ihm hoch. Er überlegte erst gar nicht. Er steckte die Hand in den Kragen seines Umhangs, zückte den Zauberstab und brüllte: »Expecto patronum!« Etwas Silbrigweißes, etwas Riesiges, brach aus der Spitze seines Zauberstabes hervor. Er wußte, daß es direkt auf die Dementoren zuschoß, doch er wartete nicht, um zu sehen, was passierte; mit immer noch wundersam klarem Kopf sah er nach vorne – er war fast da – er streckte die Hand aus, die immer noch den Zauberstab hielt, und schaffte es eben noch, die Faust über dem kleinen, widerspenstig flatternden Schnatz zu schließen. Madam Hoochs Pfiff ertönte, Harry drehte sich in der Luft und sah sechs scharlachrote Schleier auf ihn zurasen, und schon schlangen die andern Spieler so heftig die Arme um ihn, daß sie ihn fast vom Besen zerrten. Von tief unten drangen die Begeisterungsstürme der Gryffindors im Publikum herauf. »Gut gemacht, mein Junge!«, rief Wood immer wieder. Alicia, Angelina und Katie hatten Harry inzwischen allesamt geküßt, Fred hielt ihn so fest umklammert, daß Harry fürchtete, er würde ihm den Kopf abreißen. In heillosem Durcheinander schaffte das Team gerade noch die Landung. Er stieg vom Besen und sah jetzt einen Wirbel von Gryffindors auf das Spielfeld rennen, Ron vorneweg. Bevor er sich retten konnte, war er schon von einer jubelnden Menge eingeschlossen. »Ja!«, rief Ron und riß Harrys Arm in die Luft.»Ja! Ja!« »Gut gemacht, Harry!«, sagte Percy vergnügt.»Zehn Galleonen für mich! Ich muß Penelope suchen, entschuldige mich kurz -« »Feine Sache, Harry!«, brüllte Seamus Finnigan. »Klasse, verdammt noch mal!«, rief Hagrid mit strahlendem Gesicht über die Köpfe der wogenden Menschenmenge hinweg. »Dein Patronus war nicht von schlechten Eltern«, flüsterte jemand in Harrys Ohr. Harry wandte sich um und erkannte Professor Lupin, der erschüttert und erfreut zugleich wirkte. »Die Dementoren haben mir gar nichts ausgemacht!«, sagte Harry aufgeregt.»Ich hab gar nichts gespürt!« »Das – ähm – liegt daran, daß sie gar keine Dementoren waren«, sagte Professor Lupin.»Komm und sieh dir das an -« Er führte Harry aus der Menge heraus, bis sie den Spielfeldrand sehen konnten. »Du hast Mr Malfoy einen hübschen Schreck eingejagt«, sagte Lupin. Harry stand mit offenem Mund da. In einem verknäuelten Haufen auf dem Boden lagen Malfoy, Crabbe, Goyle und Marcus Flint, der Teamkapitän der Slytherins, und mühten sich verzweifelt, sich aus ihren langen, schwarzen Kapuzenumhängen zu befreien. Offenbar hatte Malfoy auf Goyles Schultern gestanden. jemand hatte sich über ihnen aufgebaut und blickte mit furchtbar wütendem Blick auf sie hinab – Professor McGonagall. »Ein verabscheuungswürdiger Trick!«, rief sie.»Ein mieser und feiger Versuch, den Sucher der Gryffindors zu behindern. Strafarbeiten für Sie alle, und fünfzig Punkte Abzug für Slytherin! Ich werde mit Professor Dumbledore über diese Sache sprechen, machen Sie sich keine falschen Vorstellungen! Ah, da kommt er ja schon!« Wenn irgendetwas den Sieg der Gryffindors endgültig besiegelte, dann dies. Ron, der sich zu Harry durchgekämpft hatte, krümmte sich vor Lachen, während sie Malfoy zusahen, wie er sich aus seinem Umhang, in dem immer noch Goyles Kopf steckte, freizustrampeln versuchte. »Komm mit, Harry!«, sagte George, der sich ebenfalls durchgedrängelt hatte.»Fete ist angesagt! Jetzt gleich im Gemeinschaftsraum!« »Gut!«, sagte Harry, der sich seit Ewigkeiten nicht mehr so glücklich gefühlt hatte. Er ging mit den anderen Spielern, immer noch in den scharlachroten Umhängen, voran, aus dem Stadion hinaus und zurück ins Schloß. Es war, als hätten sie den Quidditch-Pokal schon gewonnen. Den ganzen Tag tobte die Fete und weit hinein in die Nacht. Fred und George Weasley verschwanden für ein paar Stunden und kehrten mit Massen von Butterbier, Kürbislimo und Süßigkeiten aus dem Honigtopf zurück. »Wie habt ihr das geschafft?«, kreischte Angelina Johnson, während George anfing, Pfefferminzkröten in die Menge zu werfen. »Mit ein wenig Hilfe von Moony, Wurmschwanz, Tatze und Krone«, murmelte Fred Harry ins Ohr. Nur eine nahm nicht an den Festlichkeiten teil. Hermine, es war nicht zu fassen, saß tatsächlich in einer Ecke und versuchte einen Riesenschinken mit dem Titel Häusliches Leben und gesellschaftliche Sitten britischer Muggel zu lesen. Harry löste sich von dem Tisch, an dem Fred und George gerade mit Butterbierflaschen jonglierten, und ging zu ihr hinüber. »Warst du wenigstens beim Spiel?«, fragte er sie. »Natürlich«, sagte Hermine ohne aufzusehen mit merkwürdig hoher Stimme.»Und ich bin sehr froh, daß wir gewonnen haben, und du warst wirklich gut, aber ich muß das hier bis Montag gelesen haben.« »Komm. schon, Hermine, iß doch wenigstens etwas«, sagte Harry, blickte hinüber zu Ron und fragte sich, ob der so gut gelaunt war, daß er das Kriegsbeil begraben würde. »Ich kann nicht, Harry, ich muß noch vierhundertzweiundzwanzig Seiten lesen!«, sagte Hermine und klang jetzt ein wenig überdreht.»Außerdem…«, sie warf einen Blick zu Ron hinüber,»er will ja nicht, daß ich mitmache.« Daran gab es keinen Zweifel, denn Ron wählte eben diesen Moment, um zu verkünden: »Wenn Krätze nicht vor kurzem gefressen worden wäre, hätte er ein paar von diesen Zuckerwattefliegen haben können, die mochte er so gerne -« Hermine brach in Tränen aus. Bevor Harry etwas sagen oder tun konnte, hatte sie den dicken Wälzer unter den Arm geklemmt, war schluchzend zur Mädchentreppe gerannt und verschwunden. »Kannst du sie nicht wenigstens ein Mal in Ruhe lassen?«fragte Harry Ron mit leiser Stimme. »Nein«, sagte Ron stur.»Wenn sie wenigstens so tun würde, als ob es ihr Leid täte – aber Hermine gibt nie zu, daß sie im Unrecht ist. Sie tut immer noch so, als ob Krätze einfach in Urlaub gefahren wäre oder so was.« Die Party der Gryffindors fand erst ein Ende, als Professor McGonagall um ein Uhr morgens in schottengemustertem Morgenmantel und Haarnetz auftauchte und sie, ohne Widerspruch zuzulassen, ins Bett schickte. Während Harry und Ron die Treppe zum Schlafsaal hochstiegen, redeten sie immer noch über das Spiel. Endlich, ganz erschöpft, kletterte Harry ins Bett, zog die Vorhänge ringsum zu, um das Mondlicht so lange wie möglich draußen zu halten, legte sich in die Kissen und spürte, wie er fast im selben Moment in den Schlaf entschwebte… Er hatte einen sehr seltsamen Traum. Mit dem Feuerblitz auf der Schulter durchstreifte er einen Wald auf der Spur einer silbrig weißen Gestalt. Sie huschte vor ihm durch die Bäume und er sah sie nur hin und wieder zwischen den Blättern auftauchen. Er wollte sie unbedingt einholen, doch je schneller er ging, desto schneller floh auch seine Beute. Harry fing an zu rennen und jetzt konnte er galoppierende Hufe vor sich hören – er stieß durch dichtes Blattwerk hinaus auf eine Lichtung und - »AAAAAAAAAAAAAARRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH! NEIIIIIIIIIIIIIIIIIIN!« Harry erwachte so plötzlich, als hätte ihm jemand ins Gesicht geschlagen. Völlig verwirrt tastete er in der Dunkelheit nach den Vorhängen – er hörte Bewegungen um sich her und von der anderen Seite des Saals kam Seamus Finnigans Stimme: »Was ist denn los?« Harry glaubte, die Schlafsaaltür zugehen zu hören. Endlich fand er den Spalt in den Vorhängen, er riß sie auf und im selben Augenblick machte Dean Thomas seine Lampe an. Die Vorhänge von Rons Bett waren an einer Seite zerrissen. Ron saß kerzengerade im Bett mit einem Ausdruck sprachlosen Entsetzens auf dem Gesicht. »Black! Sirius Black! Mit einem Messer!« »Was?« »Hier! Gerade eben! Hat die Vorhänge aufgeschlitzt! Hat mich aufgeweckt!« »Bist du sicher, daß du nicht geträumt hast, Ron?«, sagte Dean. »Sieh dir die Vorhänge an! Ich sag dir, er war hier!« Alle kletterten aus ihren Betten; Harry war als Erster an der Tür und sie rannten die Treppe hinunter. Türen flogen hinter ihnen auf. verschlafene Stimmen riefen ihnen nach - »Wer hat geschrien?« »Was macht ihr da?« Das Glimmen des sterbenden Feuers im Kamin erleuchtete den Gemeinschaftsraum, in dem noch die Überbleibsel ihrer Party verstreut lagen. Er war menschenleer. »Bist du sicher, daß es kein Traum war, Ron?« »Ich sag dir, ich hab ihn gesehen!« »Was soll denn dieser Lärm?« »Professor McGonagall hat uns doch gesagt, wir sollen ins Bett gehen!« Ein paar Mädchen waren ihre Treppe heruntergekommen, die Morgenmäntel fest um den Körper gewickelt und tief gähnend. Auch mehrere Jungen tauchten jetzt auf »Gute Idee, machen wir weiter?«, fragte Fred Weasley strahlend. »Alle zurück in die Betten!«, sagte Percy, der jetzt hereingerannt kam und sich beim Sprechen sein Schulsprecher-Abzeichen an den Schlafanzug heftete. »Perce – Sirius Black!«, sagte Ron matt.»In unserem Schlafsaal! Mit einem Messer! Hat mich geweckt!« Im Gemeinschaftsraum wurde es totenstill. »Unsinn!«, sagte Percy, wenngleich verdutzt.»Du hast zu viel gegessen, Ron – davon hat man Alpträume -« »Ich sag dir doch -« »Jetzt aber wirklich, genug ist genug!« Professor McGonagall war auch wieder da. Sie schlug das Porträt hinter sich zu, trat in den Gemeinschaftsraum und blickte wütend in die Runde. »Ich bin ja froh, daß Gryffindor das Spiel gewonnen hat, aber Ihr Betragen wird allmählich lästig. Percy, ich hätte mehr von Ihnen erwartet!« »Ich habe das natürlich nicht erlaubt, Professor!«, sagte Percy empört.»Ich hab sie alle ins Bett zurückgeschickt. Mein Bruder Ron hier hatte einen Alptraum -« »Es war kein Alptraum!«, rief Ron.»Professor, ich bin aufgewacht und da stand Sirius Black über mir mit einem Messer in der Hand!« Professor McGonagall starrte ihn an. »Machen Sie sich nicht lächerlich, Weasley, wie hätte er denn durch das Porträtloch kommen sollen?« »Fragen Sie doch den!«, sagte Ron und wies mit zitterndem Zeigefinger auf die Rückseite von Sir Cadogans Gemälde.»Fragen Sie ihn, ob er -« Mit einem übellaunigen Blick auf Ron stieß Professor McGonagall das Porträt zur Seite und ging hinaus. Die ganze Schar lauschte mit angehaltenem Atem. »Sie – Sie haben ihn eingelassen?«, kreischte Professor McGonagall.»Aber – aber das Paßwort!« »Er hat sie gehabt!«, sagte Sir Cadogan stolz.»Hatte alle von der ganzen Woche, Mylady! Hat sie von einem kleinen Zettel abgelesen!« Professor McGonagall kletterte zurück durch das Porträtloch und wandte sich der sprachlosen Menge zu. Sie war weiß wie Kreide. »Wer von Ihnen«, sagte sie mit zitternder Stimme,»welcher unsägliche Dummkopf hat die Paßwörter von dieser Woche aufgeschrieben und sie herumliegen lassen?« Zunächst herrschte vollkommene Stille und dann, zuerst kaum vernehmlich, hörte man ein schrecklich verängstigtes Quieken und Fiepen. Neville Longbottom, vom Kopf bis zu den flaumigen Pantoffeln zitternd, hob langsam die Hand. |
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