"Johann Wolfgang Goethe. Egmont" - читать интересную книгу автора

ihm gehen, zu Hofe und ц╝berall hin! Kц╢nnt' ihm die Fahne nachtragen in der
Schlacht! -
Mutter. Du warst immer so ein Springinsfeld; als ein kleines Kind
schon, bald toll, bald nachdenklich. Ziehst du dich nicht ein wenig besser
an?
Klare. Vielleicht, Mutter! wenn ich Langeweile habe! - Gestern, denkt,
gingen von seinen Leuten vorbei und sangen Lobliedchen auf ihn. Wenigstens
war sein Name in den Liedern! das ц╝brige konnte ich nicht verstehn. Das
Herz schlug mir bis an den Hals - Ich hцдtte sie gern zurц╝ckgerufen, wenn
ich mich nicht geschцдmt hцдtte.
Mutter. Nimm dich in acht! Dein heftiges Wesen verdirbt noch alles; du
verrцдtst dich offenbar vor den Leuten. Wie neulich bei dem Vetter, wie du
den Holzschnitt und die Beschreibung fandst und mit einem Schrei riefst:
б"Graf Egmont!б" - Ich ward feuerrot.
Klare. Hцдtt' ich nicht schreien sollen? Es war die Schlacht bei
Gravelingen, und ich finde oben im Bilde den Buchstaben C. und suche unten
in der Beschreibung C. Steht da: б"Graf Egmont, dem das Pferd unter dem
Leibe totgeschossen wird.б" Mich ц╝berlief's - und hernach muцЯt' ich lachen
ц╝ber den holzgeschnitzten Egmont, der so groцЯ war als der Turm von
Gravelingen gleich dabei und die englischen Schiffe an der Seite. - Wenn ich
mich manchmal erinnere, wie ich mir sonst eine Schlacht vorgestellt und was
ich mir als Mцдdchen fц╝r ein Bild vom Grafen Egmont machte, wenn sie von
ihm erzцдhlten, und von allen Grafen und Fц╝rsten - und wie mir's jetzt ist!
(Brackenburg kommt.)
Klare. Wie steht's?
Brackenburg. Man weiцЯ nichts Gewisses. In Flandern soll neuerdings ein
Tumult entstanden sein; die Regentin soll besorgen, er mц╢chte sich hieher
verbreiten. Das SchloцЯ ist stark besetzt, die Bц╝rger sind zahlreich an den
Toren, das Volk summt in den Gassen. - Ich will nur schnell zu meinem alten
Vater. (Als wollt' er gehen.)
Klare. Sieht man Euch morgen? Ich will mich ein wenig anziehen. Der
Vetter kommt, und ich sehe gar zu liederlich aus. Helft mir einen
Augenblick, Mutter. - Nehmt das Buch mit, Brackenburg, und bringt mir wieder
so eine Historie.
Mutter. Lebt wohl.
Brackenburg (seine Hand reichend). Eure Hand!
Klare (ihre Hand versagend). Wenn Ihr wiederkommt. (Mutter und Tochter
ab.)
Brackenburg (allein). Ich hatte mir vorgenommen, gerade wieder
fortzugehn; und da sie es dafц╝r aufnimmt und mich gehen lцдцЯt, mц╢cht' ich
rasend werden. - Unglц╝cklicher! und dich rц╝hrt deines Vaterlandes Geschick
nicht? der wachsende Tumult nicht? - und gleich ist dir Landsmann oder
Spanier, und wer regiert und wer recht hat? - War ich doch ein andrer Junge
als Schulknabe! - Wenn da ein Exerzitium aufgegeben war: б"Brutus' Rede fц╝r
die Freiheit, zur цЬbung der Redekunstб", da war doch immer Fritz der Erste,
und der Rektor sagte: б"Wenn's nur ordentlicher wцдre, nur nicht alles so
ц╝bereinander gestolpert.б" - Damals kocht' es und trieb! - Jetzt schlepp
ich mich an den Augen des Mцдdchens so hin. Kann ich sie doch nicht lassen!
Kann sie mich doch nicht lieben! - Ach - Nein - Sie - Sie kann mich nicht
ganz verworfen haben - Nicht ganz - und halb und nichts! - ich duld es nicht