"Thomas Mann. Der kleine Herr Friedemann (нем.)" - читать интересную книгу автора Ein GefXhl von Behaglichkeit und Vertrauen Xberkam den kleinen Herrn
Friedemann. Wovor Xngstigte er sich? War nicht alles wie sonst? Zugegeben. dass es gestern ein schlimmer Anfall gewesen war; nun, aber damit sollte es ein Ende haben! Noch war es nicht zu spXt, noch konnte er dem Verderben entrinnen! Jeder Veranlassung musste er ausweichen, die den Anfall erneuern kXnnte; er fXhlte die Kraft dazu. Er fXhlte die Kraft, es zu Xberwinden und es gXnzlich in sich zu ersticken ... Als es halb acht Uhr schlug, trat Friederike ein und stellte den Kaffee auf den runden Tisch, der vor dem Ledersofa an der RXckwand stand. "Guten Morgen, Johannes", sagte sie, "hier ist dein FrXhstXck." "Danke", sagte Herr Friedemann. Und dann: "Liebe Friederike, es tut mir Leid, dass ihr den Besuch werdet allein machen mXssen. Ich fXhle mich nicht wohl genug, um euch begleiten zu kXnnen. Ich habe schlecht geschlafen, habe Kopfschmerzen, und kurz und gut, ich muss euch bitten ..." Friederike antwortete: "Das ist schade. Du darfst den Besuch keinesfalls ganz unterlassen. Aber es ist wahr, dass du krank aussiehst. Soll ich dir meinen MigrXnestift leihen?"' "Danke", sagte Herr Friedemann. "Es wird vorXbergehen." Und Friederike ging. Er trank, am Tische stehend, langsam seinen Kaffee und aX ein HXrnchen dazu. Er war zufrieden mit sich und stolz auf seine Entschlossenheit. Als er fertig war, nahm er eine Zigarre und setzte sich wieder ans Fenster. Das FrXhstXck hatte ihm wohlgetan, und er fXhlte sich glXcklich und hoffnungsvoll. Er nahm ein Buch, las, rauchte und blickte blinzelnd hinaus Es war jetzt lebendig geworden auf der StraXe; Wagengerassel, GesprXch und das Klingeln der Pferdebahn tXnten zu ihm herein; zwischen allem aber war das Zwitschern der VXgel zu vernehmen; und vom strahlend blauen Himmel wehte eine weiche, warme Luft. Um zehn Uhr hXrte er die Schwestern Xber die Diele kommen, hXrte die HaustXr knarren und sah die drei Damen dann am Fenster vor bergehen, ohne dass er besonders darauf achtete. Eine Stunde verging; er fXhlte sich glXcklicher und glXcklicher. Eine Art von Xbermut begann ihn zu erfXllen. Was fXr eine Luft das war, und wie die VXgel zwitscherten! Wie wXre es, wenn er ein wenig spazierenginge? X Und da, plXtzlich, ohne einen Nebengedanken, stieg mit einem sXen Schrecken der Gedanke in ihm auf: ,Wenn ich zu ihr ginge?' X Und indem er, fXrmlich mit einer Muskelanstrengung, alles in sich unterdrXckte, was angstvoll warnte, fXgte er mit einer glXckseligen Entschlossenheit hinzu: ,Ich will zu ihr gehen!' Und er zog seinen schwarzen Sonntagsanzug an, nahm Zylinder und Stock und ging schnell und hastig atmend durch die ganze Stadt in die sXdliche Vorstadt. Ohne einen Menschen zu sehen, hob und senkte er bei jedem Schritte in eifriger Weise den Kopf, ganz in einem abwesenden, exaltierten Zustand befangen, bis er drauXen in der Kastanienallee vor der roten Villa stand, an deren Eingang der Name "Oberstleutnant von Rinnlingen" zu lesen war. Hier befiel Ihn ein Zittern, und das Herz pochte ihm krampfhaft und schwer gegen die Brust. Aber er ging Xber den Flur und klingelte drinnen. |
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