"Thomas Mann. Der kleine Herr Friedemann (нем.)" - читать интересную книгу автора

Nun war es entschieden, und es gab kein ZurXck. Mochte alles seinen Gang
gehen, dachte er. In ihm war es plXtzlich totenstill.
Die TXr sprang auf, der Diener kam ihm Xber den Vorplatz entgegen, nahm
die Karte in Empfang und eilte damit die Treppe hinauf, auf der ein roter
LXufer lag. Auf diesen starrte Herr Friedemann unbeweglich, bis der Diener
zurXckkam und erklXrte, die gnXdige Frau lasse bitten, sich hinauf zu
verfXgen.
Oben, neben der SalontXr, wo er seinen Stock abstellte, warf er einen
Blick in den Spiegel. Sein Gesicht war bleich, und Xber den gerXteten Augen
klebte das Haar an der Stirn; die Hand, in der er den Zylinder hielt,
zitterte unaufhaltsam.
Der Diener Xffnete, und er trat ein. Er sah sich in einem! ziemlich
groXen, halbdunkIen Gemach; die Fenster waren verhXngt. Rechts stand ein
FlXgel, und in der Mitte um den runden Tisch gruppierten sich Lehnsessel in
brauner Seide. Xber dem Sofa an der linken Seitenwand hing eine Landschaft
in schwerem Goldrahmen. Auch die Tapete war dunkel. Hinten im Erker standen
Palmen.
Eine Minute verging, bis Frau von Rinnlingen rechts die Portiere
auseinanderschlug und ihm auf dem dicken braunen Teppich lautlos
entgegenkam. Sie trug ein ganz einfach gearbeitetes, rot und schwarz
gewXrfeltes Kleid. Vom Erker her fiel eine LichtsXule, in welcher der Staub
tanzte, gerade auf ihr schweres, rotes Haar, so dass es einen Augenblick
goldig aufleuchtete. Sie hielt ihre seltsamen Augen forschend auf ihn
gerichtet und schob wie gewXhnlich die Unterlippe vor.
"Gnadige Frau", begann Herr Friedemann und blickte zu ihr in die HXhe,
denn er reicnte ihr nur bis zur Brust, "ich mXchte Ihnen auch meinerseits
meine Aufwartung machen. Ich war, als Sie meine Schwestern beehrten, leider
abwesend und ... bedauerte das aufrichtig ..."
Er wusste durchaus nicht mehr zu sagen, aber sie stand und sah ihn
unerbittlich an, als wollte sie ihn zwingen, weiterzusprechen. Alles Blut
stieg ihm plXtzlich zu Kopfe. `Sie will mich quXlen und verhXhnen!' dachte
er, `und sie durchschaut mich! Wie ihre Augen zittern!' ... Endlich sagte
sie mit einer ganz hellen und ganz klaren Stimme:
"Es ist liebenswXrdig, dass Sie gekommen sind. Ich habe neulich
ebenfalls bedauert, Sie zu verfehlen. Haben Sie die GXte, Platz zu nehmen?"
Sie setzte sich nahe bei ihm, legte die Arme auf die Seitenlehnen des
Sessels und lehnte sich zurXck. Er saX vorgebeugt und hielt den Hut zwischen
den Knien. Sie sagte:
"Wissen Sie, dass noch vor einer Viertelstunde Ihre FrXulein Schwestern
hier waren? Sie sagten mir, Sie seien krank."
"Das ist wahr", erwiderte Herr Friedemann, "ich fXhlte mich nicht wohl
heute Morgen. Ich glaubte nicht ausgehen zu kXnnen. Ich bitte wegen meiner
VerspXtung um Entschuldigung."
"Sie sehen auch jetzt noch nicht gesund aus", sagte sie ganz ruhig und
blickte ihn unverwandt an. "Sie sind bleich, und Ihre Augen sind entzXndet,
Ihre Gesundheit lXsst Xberhaupt zu wXnschen Xbrig?"
"Oh ...", stammelte Herr Friedemann; "ich bin im allgemeinen
zufrieden."
"Auch ich bin viel krank", fuhr sie fort, ohne die Augen von ihm
abzuwenden; "aber niemand merkt es. Ich bin nervXs und kenne die