"Thomas Mann. Der kleine Herr Friedemann (нем.)" - читать интересную книгу автора

merkwXrdigsten Zust nde."
Sie schwieg, legte das Kinn auf die Brust und sah ihn von unten herauf
wartend an. Aber er antwortete nicht. Er saX still und hielt seine Augen
groX und sinnend auf sie gerichtet. Wie seltsam sie sprach, und wie ihre
helle, haltlose Stimme ihn berXhrte! Sein Herz hatte sich beruhigt; ihm war,
als trXumte er. X Frau von Rinnlingen begann aufs neue:
"Ich mXsste mich irren, wenn Sie nicht gestern das Theater vor Schluss
der Vorstellung verlieXen?"
,Ja, gnXdige Frau."
"Ich bedauerte das. Sie waren ein andXchtiger Nachbar, obgleich die
AuffXhrung nicht gut war, oder nur relativ gut. Sie lieben die Musik?
Spielen Sie Klavier?"
"Ich spiele ein wenig Violine", sagte Herr Friedemann. "Das heiXt X es
ist beinahe nichts ..."
"Sie spielen Violine?" fragte sie; dann sah sie an ihm vorbei in die
Luft und dachte nach.
"Aber dann kXnnten wir hin und wieder miteinander musizieren", sagte
sie plXtzlich. "Ich kann etwas begleiten. Es wXrde mich freuen, hier
jemanden gefunden zu haben ... Werden Sie kommen?"
"Ich stehe der gnXdigen Frau mit VergnXgen zur VerfXgung", sagte er,
immer wie im Traum. Es entstand eine Pause. Da Xnderte sich plXtzlich der
Ausdruck ihres Gesichtes. Er sah, wie es sich in einem kaum merklichen
grausamen Spott verzerrte, wie ihre Augen sich wieder mit jenem unheimlichen
Zittern fest und forschend auf ihn richteten wie schXn zweimal vorher. Sein
Gesicht ward glXhend rot, und ohne zu wissen, wohin er sich wenden sollte,
vXllig ratlos und auXer sich, lieX er seinen Kopf ganz zwischen die
Schultern sinken und blickte fassungslos auf den Teppich nieder. Wie ein
kurzer Schauer aber durchrieselte ihn wie der jene ohnmXchtige, sXlich
peinigende Wut X
Als er mit einem verzweifelten Entschluss den Blick wieder erhob, sah
sie ihn nicht mehr an, sondern blickte ruhig Xber seinen Kopf hinweg auf die
TXr. Er brachte mXhsam ein paar Worte hervor:
"Und sind gnXdige Frau bis jetzt leidlich zufrieden mit Ihrem
Aufenthalt in unserer Stadt?"
"Oh", sagte Frau von Rinnlingen gleichgXltig, "gewiss. Warum sollte ich
nicht zufrieden sein? Freilich ein wenig beengt und beobachtet komme ich mir
vor, aber ... Xbrigens", fuhr sie gleich darauf fort, "ehe ich es vergesse:
Wir denken in den nXchsten Tagen einige Leute bei uns zu sehen, eine kleine,
zwanglose Gesellschaft. Man kXnnte ein wenig Musik machen, ein wenig
plaudern X Xberdies haben wir hinterm Hause einen recht hXbschen Garten; er
geht bis zum Flusse hinunter. Kurz und gut: Sie und Ihre Damen werden
selbstverstXndlich noch eine Einladung erhalten, aber ich bitte Sie gleich
hiermit um Ihre Teilnahme; werden Sie uns das VergnXgen machen?"
Herr Friedemann hatte kaum seinen Dank und seine Zusage hervorgebracht,
als der TXrgriff energisch niedergedrXckt wurde und der Oberstleutnant
eintrat. Beide erhoben sich, und wXhrend Frau von Rinnlingen die Herren
einander vorstellte, verbeugte sich ihr Gatte mit der gleichen HXflichkeit
vor Herrn Friedemann wie vor ihr. Sein braunes Gesicht war ganz blank vor
WXrme.
WXhrend er sich die Handschuhe auszog, sprach er mit seiner krXftigen