"Thomas Mann. Der kleine Herr Friedemann (нем.)" - читать интересную книгу автора

und scharfen Stimme irgend etwas zu Herrn Friedemann, der mit groXen,
gedankenlosen Augen zu ihm in die HXhe blickte und immer erwartete,
wohlwollend von ihm auf die Schulter geklopft zu werden. Indessen wandte
sich der Oberstleutnant mit zusammengezogenen AbsXtzen und leicht
vorgebeugtem OberkXrper an seine Gattin und sagte mit merklich gedXmpfter
Stimme:
"Hast du Herrn Friedemann um seine Gegenwart bei unserer kleinen
Zusammenkunft gebeten, meine Liebe? Wenn es dir angenehm ist, so denke ich,
dass wir sie in acht Tagen veranstalten. Ich hoffe, dass das Wetter sich
halten wird, und dass wir uns auch im Garten aufhalten kXnnen."
"Wie du meinst", antwortete Frau von Rinnlingen und blickte an ihm
vorbei.
Zwei Minuten spXter empfahl sich Herr Friedemann. Als er sich an der
TXr noch einmal verbeugte, begegnete er ihren Augen, die ohne Ausdruck auf
ihm ruhten.

Er ging fort, er ging nicht zur Stadt zurXck, sondern schlug, ohne es
zu wollen, einen Weg ein, der von der Allee abzweigte and zu dem ehemaligen
Festungswall am Flusse fXhrte. Es gab dort wohlgepflegte Anlagen, schattige
Wege und BXnke.
Er ging schnell und besinnungslos, ohne aufzublicken. Es war ihm
unertrXglich heiX, und er fXhlte, wie die Flammen in ihm auf und nieder
schlugen, und wie es in seinem mXden Kopfe unerbittlich pochte.
Lag nicht noch immer ihr Blick auf ihm? Aber nicht wie zuletzt, leer
und ohne Ausdruck, sondern wie vorher, mit dieser zitternden Grausamkeit,
nachdem sie eben noch in jener seltsam stillen Art zu ihm gesprochen hatte?
Ach, ergXtzte es sie, ihn hilflos zu machen und auXer sich zu bringen?
Konnte sie, wenn sie ihn durchschaute, nicht ein wenig Mitleid mit ihm
haben? ...
Er war unten am Flusse entlang gegangen, neben dem grXn bewachsenen
Walle hin, und er setzte sich auf eine Bank, die von JasmingebXsch im
Halbkreis umgeben war. Rings war alles voll sXen, schwXlen Duftes. Vor ihm
brXtete die Sonne auf dem zitternden Wasser.
Wie mXde und abgehetzt er sich fXhlte, und wie doch alles in ihm in
qualvollem Aufruhr war! War es nicht das beste, noch einmal um sich zu
blicken und dann hinunter in das stille Wasser zu gehen, um nach einem
kurzen Leiden befreit und hinXbergerettet zu sein in die Ruhe? Ach, Ruhe,
Ruhe war es ja, was er wollte! Aber nicht die Ruhe im leeren und tauben
Nichts, sondern ein sanftbesonnter Friede, erfXllt von guten, stillen
Gedanken.
Seine ganze zXrtliche Liebe zum Leben durchzitterte ihn in diesem
Augenblick und die tiefe Sehnsucht nach seinem verlorenen GlXck. Aber dann
blickte er um sich in die schweigende, unendlich gleichgXltige Ruhe der
Natur, sah, wie der Fluss in der Sonne seines Weges zog, wie das Gras sich
zitternd bewegte und die Blumen dastanden, wo sie erblXht waren, um dann zu
welken und zu verwehen, sah, wie alles, alles mit dieser stummen Ergebenheit
dem Dasein sich beugte, X und es Xberkam ihn auf einmal die Empfindung von
Freundschaft und EinverstXndnis mit der Notwendigkeit, die eine Art von
Xberlegenheit Xber alles Schicksal zu geben vermag.
Er dachte an jene Nachmittag seines dreiXigsten Geburtstages, als er,