"Thomas Mann. Der kleine Herr Friedemann (нем.)" - читать интересную книгу автораglXcklich im Besitze des Friedens, ohne Furcht und Hoffnung Xber den Rest
seines Lebens hinzublicken geglaubt hatte. Kein Licht und keinen Schatten hatte er da gesehen, sondern in mildem DXmmerschein hatte alles vor ihm gelegen, bis es dort hinten, unmerklich fast, im Dunkel verschwamm, und mit einem ruhigen und Xberlegenen LXcheln hatte er den Jahren entgegengesehen, die noch zu kommen hatten X wie lange war das her? Da war diese Frau gekommen, sie musste kommen, es war sein Schicksal, sie selbst war sein Schicksal, sie allein! Hatte er das nicht gefXhlt vom ersten Augenblicke an? Sie war gekommen, und ob er auch versucht hatte, seinen Frieden zu verteidigen X fXr sie musste sich alles in ihm empXren, was er von Jugend auf in sich unterdrXckt hatte, weil er fXhlte, dass es fXr ihn Qual und Untergang bedeutete; es hatte ihn mit furchtbarer, unwiderstehlicher Gewalt ergriffen und richtete ihn zugrunde! Es richtete ihn zugrunde, das fXhlte er. Aber wozu noch kXmpfen und sich quXlen? Mochte alles seinen Lauf nehmen! Mochte er seinen Weg weitergehen und die Augen schlieXen vor dem gXhnenden Abgrund dort hinten, gehorsam dem Schicksal, gehorsam der Xberstarken, peinigend sXen Macht, der man nicht zu entgehen vermag. Das Wasser glitzerte, der Jasmin atmete seinen scharfen, schwXlen Duft, die VXgel zwitscherten ringsumher in den BXumen, zwischen denen ein schwerer, sammetblauer Himmel leuchtete. Der kleine bucklige Herr Friedemann aber saX noch lange auf seiner Bank. Er saX vornXbergebeugt, die Stirn in beide HXnde gestXtzt. Alle waren sich einig, dass man sich bei Rinnlingens vortrefflich dekorierten Tafel, die sich durch den weiten Speisesaal hinzog; der Bediente und zwei Lohndiener eilten bereits mit dem Eise umher, es herrschte Geklirr, Geklapper und ein warmer Dunst von Speisen und ParfXms. GemXtliche GroXkaufleute mit ihren Gemahlinnen und TXchtern waren hier versammelt; auXerdem fast sXmtliche Offiziere der Garnison, ein alter, beliebter Arzt, ein paar Juristen und was sonst den ersten Kreisen sich beizXhlte. Auch ein Student der Mathematik war anwesend, ein Neffe des Oberstleutnants, der bei seinen Verwandten zu Besuch war; er fXhrte die tiefsten GesprXche mit FrXulein HagenstrXm, die Herrn Friedemann gegenXber ihren Platz hatte. Dieser saX auf einem schXnen Sammetkissen am unteren Ende der Tafel neben der nicht schXnen Gattin des Gymnasialdirektors, nicht weit von Frau von Rinnlingen, die von Konsul Stephens zu Tische gefXhrt worden war. Es war erstaunlich, was fXr eine VerXnderung in diesen acht Tagen it dem kleinen Herrn Friedemann sich ereignet hatte. Vielleicht lag es zum Teil an dem weiXen GasglXhlicht, von dem der Saal erfXllt war, dass sein Gesicht so erschreckend bleich erschien; aber seine Wangen waren eingefallen, seine gerXteten und dunkel umschatteten Augen zeigten einen unsXglich traurigen Schimmer, und es sah aus, als sei seine Gestalt verkrXppelter als je. X Er trank viel Wein und richtete hie und da ein paar Worte an seine Nachbarin. Frau von Rinnlingen hatte bei Tische noch kein Wort mit Herrn Friedemann gewechselt; jetzt beugte sie sich ein wenig vor und rief ihm zu: "Ich habe Sie in diesen Tagen vergeblich erwartet, Sie und Ihre Geige." Er sah sie einen Augenblick vollkommen abwesend an, bevor er antwonete. Sie trug eine helle, leichte Toilette, die ihren weiXen Hals frei lieX, und |
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