"Thomas Mann. Der kleine Herr Friedemann (нем.)" - читать интересную книгу автора

und sagte sich, dass mit der ErfXllung das Beste vorbei sein wXrde.. Ist das
sXe, schmerzliche, vage Sehnen und Hoffen stiller FrXhlingsabende nicht
genussreicher als alle ErfXllungen, die der Sommer zu bringen vemXchte? X
Ja, er war ein Epikureer, der kleine Herr Friedemann!
Das wussten die Leute wohl nicht, die ihn auf der StraXe mit jener
mitleidig freundlichen Art begrXten, an die er von jeher gewXhnt war. Sie
wussten nicht, dass dieser unglXckliche KrXppel, der da mit seiner putzigen
Wichtigkeit in hellem Xberzieher und blankem Zylinder X er war
seltsamerweise ein wenig eitel X durch die StraXen marschierte, das Leben
zXrtlich liebte, das ihm sanft dahinfloss, ohne groXe Affekte, aber erfXllt
von einem stillen und zarten GlXck, das er sich zu schaffen wusste.

Die Hauptneigung aber des Herrn Friedemann, seine eigentliche
Leidenschaft, war das Theater. Er besaX ein ungemein starkes dramatisches
Empfinden, und bei einer wuchtigen BXhnenwirkung, der Katastrophe eines
Trauerspiels, konnte sein ganzer kleiner KXrper ins Zittern geraten. Er
hatte auf dem ersten Range des Stadttheaters seinen bestimmten Platz, den er
mit RegelmXigkeit besuchte, und hin und wieder begleiteten ihn seine drei
Schwestern dorthin. Sie fXhrten seit dem Tode der Mutter sich und ihrem
Bruder allein die Wirtschaft in dem alten Hause, in dessen Besitz sie sich
mit ihm teilten.
Verheirateit waren sie leider noch immer nicht; aber sie waren lXngst
in einem Alter, in dem man sich bescheidet, denn Friederike, die Xlteste,
hatte siebzehn Jahre vor Herrn Friedemann voraus. Sie und ihre Schwester
Henriette waren ein wenig zu lang und dXnn, wXhrend Pfiffi, die JXngste,
allzu klein und beleibt erschien. Letztere Xbrigens hatte eine drollige Art,
sich bei jedem Worte zu schXtteln und Feuchtigkeit dabei in die Mundwinkel
zu bekommen.
Der kleine Herr Friedemann kXmmerte sich nicht viel um die drei
MXdchen; sie aber hielten treu zusammen und waren stets einer Meinung.
Besonders wenn eine Verlobung in ihrer Bekanntschaft sich ereignete,
betonten sie einstimmig, dass dies ja sehr erfreulich sei.
Ihr Bruder fuhr fort, bei ihnen zu wohnen, auch als er die Holzhandlung
des Herrn Schlievogt verlieX und sich selbstXndig machte, indem er irgendein
kleines GeschXft Xbernahm, eine Agentur oder dergleichen, was nicht allzu
viel Arbeit in Anspruch nahm. Er hatte ein paar ParterrerXumlichkeiten des
Hauses inne, damit er nur zu den Mahlzeiten die Treppe hinaufzusteigen
brauchte, denn hin und wieder litt er ein wenig an Asthma. X
An seinem dreiXigsten Geburtstage, einem hellen und warmen Junitage,
saX er nach dem Mittagessen in dem grauen Gartenzelt mit einer neuen
Nackenrolle, die Henriette ihm gearbeitet hatte, einer guten Zigarre im
Munde und einem guten Buche in der Hand. Dann und wann hielt er das letztere
beiseite, horchte auf das yergnXgte Zwitschern von Sperlingen, die in dem
alten Nussbaum saXen, und blickte auf den sauberen Kiesweg, der zum Hause
fXhrte, und auf den Rasenplatz mit den bunten Beeten.
Der kleine Herr Friedemann trug keinen Bart, und sein Gesicht hatte
sich fast gar nicht verXndert; nur dass die ZXge ein wenig schXrfer geworden
waren. Sein feines, lichtbraunes Haar trug er seitwXrts glatt gescheitelt.
Als er einmal das Buch ganz auf die Knie herabsinken lieX und hinauf in
den blauen, sonnigen Himmel blinzelte, sagte er zu sich: ,Das wXren nun