"Thomas Mann. Der kleine Herr Friedemann (нем.)" - читать интересную книгу автора

er hatte schon den Griff der hohen, weiXen TXr in der Hand, die zum
"Landschaftszimmer" fXhrte, als er plXtzlich innehielt, einen Schritt
zurXcktrat, kehrtmachte und langsam wieder davonging, wie er gekommen war.
Und obgleich er vollkommen allein war, sagte er ganz laut vor sich hin:
"Nein. Lieber nicht. X"
Er ging hinunter in sein "Bureau", setzte sich an den Schreibtisch und
nahm die Zeitung zur Hand. Nach einer Minute aber lieX er sie wieder sinken
und blickte seitwXrts zum Fenster hinaus. So blieb er sitzen, bis das
MXdchen kam und meldete, dass angerichtet sei; dann begab er sich hinauf ins
Speisezimmer, wo die Schwestern schon seiner warteten, und nahm auf seinem
Stuhle Platz, auf dem drei NotenbXcher lagen.
Henriette, welche die Suppe auffXllte, sagte:
"WeiXt du, Johannes, wer hier war?"
"Nun?" fragte er.
"Die neuen Oberstleutnants."
"Ja, so? Das ist liebenswXrdig."
,Ja", sagte Pfiffi und bekam FlXssigkeit in die Mundwinkel, "ich finde,
dass beide durchaus angenehme Menschen sind."
"Jedenfalls", sagte Friederike, "dXrfen wir mit unserem Gegenbesuch
nicht zXgern. Ich schlage vor, dass wir Xbermorgen gehen, Sonntag."
"Sonntag", sagten Henriette und Pfiffi.
"Du wirst doch mit uns gehen, Johannes?" fragte Friederike.
"Selbstredend!" sagte Pfiffi und schXttelte sich. Herr Friedemann hatte
die Frage ganz XberhXrt und aX mit einer stillen und Xngstlichen Miene seine
Suppe. Es war, als ob er irgendwohin horchte; auf irgendein unheimliches
GerXusch.
Am folgenden Abend gab man im Stadttheater den "Lohengrin", und alle
gebildeten Leute waren anwesend. Der kleine Raum war besetzt von oben bis
unten und erfXllt von summendem GerXusch, Gasgeruch und ParfXms. Alle
AugenglXser aber, im Parkett wie auf den RXngen, richteten sich auf Loge 13,
gleich rechts neben der BXhne, denn dort waren heute zum ersten Male Herr
von Rinnlingen nebst Frau erschienen, und man hatte Gelegenheit, das Paar
einmal grXndlich zu mustern. Als der kleine Herr Friedemann in tadellosem
schwarzen Anzug mit glXnzend weiXem, spitz hervorstehendem Hemdeinsatz seine
Loge X Loge 13 X betrat, zuckte er in der TXr zuruck, wobei er eine Bewegung
mit der Hand nach der Stirn machte und seine NasenflXgel sich einen
Augenblick krampfhaft Xffneten. Dann aber lieX er sich auf seinem Sessel
nieder, dem Platze links von Frau von Rinnlingen.
Sie blickte ihn, wXhrender sich setzte, eine Weile aufmerksam an, indem
sie die Unterlippe vorschob, und wandte sich dann, um mit ihrem Gatten, der
hinter ihr stand, ein paar Worte zu wechseln. Es, war ein groXer, breiter
Herr mit aufgebXrstetem Schnurrbart und einem braunen, gutmXtigen Gesicht.
Als die OuvertXre begann und Frau von Rinnlingen sich Xber die BrXstung
beugte, lieX Herr Friedemann einen raschen, hastigen Seitenblick Xber sie
hingleiten. Sie trug eine helle Gesellschaftstoilette und war, als die
einzige der anwesenden Damen, sogar ein wenig dekolletiert. Ihre Xrmel waren
sehr weit und bauschig, und die weiXen Handschuhe reichten bis an die
Ellenbogen. Ihre Gestalt hatte heute etwas Xppiges, was neulich, als sie die
weite Jacke trug, nicht bemerkbar gewesen war; ihr Busen hob und senkte sich
voll und langsam, und der Knoten des rotblonden Haares fiel tief und schwer