"Der Feuergott der Marranen" - читать интересную книгу автора (Волков Александр Мелентьевич)DRITTER TEIL Die wunderbaren MaultiereAls Elli von ihrer dritten Reise aus dem Zauberland nach Kansas zur#252;ckkehrte; fand sie zu Hause ein Schwesterchen vor. Man hatte es nach der Mutter auf den Namen Anna getauf, aber alle nannten es z#228;rtlich Ann. #220;ber die Freude an dem Kind, das ihr wie ein kleines, lebendiges Wunder vorkam, verbla#223;ten Ellis Erinnerungen an ihre ungew#246;hnlichen Abenteuer. Die ersten M#228;rchen, die die kleine Ann von ihrer Schwester h#246;rte, handelten von der Smaragdenstadt und dem falschen Zauberer Goodwin, vom Scheuch und dem Eisernen Holzf#228;ller, vom Feigen L#246;wen und der Kr#228;he Kaggi-Karr, von Urfin Juice, seinen Holzsoldaten und den sieben unterirdischen K#246;nigen. Elli wu#223;te sehr spannend von den grusligen und drolligen Begebenheiten zu erz#228;hlen, die sie in dem wunderbaren Land erlebt hatte, das durch eine Sandw#252;ste und hohe Berge von der #252;brigen Welt getrennt war. Anns bester Freund wurde Tim O'Kelli von der Nachbarfarm, die nur eine Viertelmeile vom H#228;uschen John Smiths lag. Tim war anderthalb Jahre #228;lter als Ann, und seine Freundschaft zu ihr hatte etwas G#246;nnerhaftes. Es war drollig und r#252;hrend, wie der Knirps, der selbst noch nicht fest auf den Beinen stand, seine kleine Freundin vor kollernden Truth#228;hnen und #252;berm#252;tigen K#228;lbern sch#252;tzte. Die Kinder waren unzertrennlich. Die beiden M#252;tter, Frau Anna Smith und Frau Margaret O'Kelli, machten keinen Unterschied zwischen dem eigenen und dem Nachbarkind. Sie streichelten beide mit der gleichen Liebe, und auch Klapse gaben sie ihnen, wenn sie's verdienten, mit der gleichen Strenge, einerlei, ob es das eigene Kind oder dag der Nachbarin war. Der kleine Tim war immer dabei, wenn Elli dem Schwesterchen ihre wunderbaren Geschichten erz#228;hlte. Als Tim und Ann gr#246;#223;er wurden, w#252;nschten sie sich nichts so sehnlich, als das Zauberland und dessen liebe und fr#246;hliche Einwohner kennenzulernen. Ann und Tim wu#223;ten, da#223; der Anla#223; der zweiten Reise Ellis die Botschaft Kaggi-Karrs gewesen war. Die Kr#228;he hatte dem M#228;dchen die Bitte des Scheuchs und des Eisernen Holzf#228;llers #252;berbracht, sie aus der Gefangenschaft des t#252;ckischen Urfin Juice zu befreien. In Begleitung des einbeinigen Seemanns Charlie Black hatte Elli, die im Zauberland die Fee des T#246;tenden H#228;uschens genannt wurde, die gef#228;hrliche Reise angetreten und den b#246;sen Urfin besiegt. Jetzt hielten Ann und Tim jede Kr#228;he im Umkreis f#252;r Kaggi-Karr. W#252;rden sie eine Botschaft aus dem geheimnisvollen Lande erhalten, sie w#252;rden keinen Augenblick z#246;gern, gegen die t#252;ckischen Zauberer und b#246;sen Hexen in den Kampf zu ziehen! Leider erwiesen sich die Kr#228;hen, mit denen sie sich anzufreunden suchten, nur als einfache V#246;gel und nicht als Boten des Scheuchs. Die Kr#228;hen nahmen die Bewirtungen Anns und Tims gerne an und verbreiteten in ganz Kansas das Ger#252;cht von den zwei guten Kindern. Unz#228;hlige Kr#228;henschw#228;rme gingen auf die D#228;cher der H#228;user und Schuppen nieder und stritten sich um jedes freie Pl#228;tzchen auf den Zweigen der umstehenden B#228;ume, um etwas von den Leckerbissen zu ergattern, die Tim und Ann f#252;r sie bereithielten... Das war den Farmern der Umgebung denn doch zuviel. Sie sahen das reife Korn auf ihren Feldern von den frechen V#246;geln bedroht und beschlossen, sie zu vertreiben. Mit Steinen und St#246;cken, Flinten und Pistolen zogen sie gegen die Schw#228;rme los, und der alte Rolf hatte sogar aus seinem Schuppen die kleine Kanone geholt, die noch aus der Zeit des B#252;rgerkrieges stammte. Er f#252;llte sie mit Pulver und Schrot und feuerte auf den gr#246;#223;ten Schwarm. Zu seinem Entsetzen platzte aber die Kanone, und Gro#223;v#228;terchen Rolf kam nur wie durch ein Wunder mit dem Leben davon. Allerdings erschraken auch die Kr#228;hen so sehr, da#223; sie nach allen Seiten auseinanderstoben. „Vielleicht war Kaggi-Karr unter diesen Kr#228;hen?" seufzten die Kinder. Zu ihrem siebenten Geburtstag bekam Ann von ihrer Schwester die Trillerpfeife geschenkt, die diese von Ramina, der K#246;nigin der Feldm#228;use, bekommen hatte. Es tat Elli nicht leid, sich von diesem Andenken zu trennen, denn in Kansas, sagte sie, g#228;be es doch keine Wunder. Ann war freilich anderer Meinung. Noch am selben Abend ging sie mit Tim hinter den Gefl#252;gelstall und blies dreimal in die Pfeife. Und siehe -das Wunder geschah! Wie aus dem Boden gestampft, standen pl#246;tzlich unz#228;hlige M#228;use da! Beim Anblick der grauen Tierchen h#228;tte manches andere M#228;dchen sicher zu schreien angefangen und w#228;re davongelaufen. Nicht aber Ann Smith. Sie stand ruhig da und betrachtete neugierig die winzigen Gesch#246;pfe. Den M#228;usen gefiel die Beherztheit Anns. Sie rollten einen gro#223;en grauen Teppich auf, den eine gro#223;e Maus, anscheinend die K#246;nigin, betrat. Sie richtete sich auf den Hinterpfoten auf, musterte mit ihren schwarzen #196;uglein das M#228;dchen und piepste etwas, was die Kinder nicht verstanden. Leider haben Menschen und Tiere nur im Zauberland eine gemeinsame Sprache! „Vielleicht #252;berbringt uns die K#246;nigin Neuigkeiten aus dem Zauberland, oder sie will uns einen Rat geben, wie wir hingelangen k#246;nnten. Wie schade, da#223; wir ihre Sprache nicht verstehen!" sagte Ann zu Tim. Dann winkte die M#228;usek#246;nigin zum Abschied dreimal mit den Vorderpfoten und verschwand mit ihren Untertanen. Das einzige, was von ihnen #252;brigblieb, waren die Spuren der kleinen F#252;#223;e im Staub. Ann und Tim trafen sich mehrmals mit den M#228;usen, denn sie hofften, die M#228;usek#246;nigin werde einmal vielleicht doch eine menschliche Sprache sprechen. Das trat aber nicht ein. Eines Morgens, als Ann und Tim sich in einem Winkel des Hofes erneut abm#252;hten, aus der Sprache der M#228;usek#246;nigin klug zu werden, tauchte unerwartet Frau Anna auf. Sie war nicht so mutig wie ihre Tochter und stie#223; einen gellenden Schrei aus. Es fehlte nicht viel, und sie w#228;re in Ohnmacht gefallen, aber die M#228;use verschwanden, als h#228;tte sie die Erde verschlungen. „Oh, ihr schlimmen Kinder!" schrie Frau Anna zornig. „Nicht genug, da#223; ihr Schw#228;rme gefr#228;#223;iger Kr#228;hen auf die Farm gelockt habt, z#252;chtet ihr jetzt noch eine Million M#228;use... Die werden uns noch eines Tages die Eier im Gefl#252;gelstall austrinken und das Korn in den Speichern aufessen." „Aber es sind ja viel weniger als eine Million, Mutti", entgegnete Ann. „Diese lieblichen Tierchen kommen nur, wenn man sie herbeipfeift. Sie r#252;hren auf der Farm nichts an." „Genug!" schrie Frau Anna. „Gib die Pfeife her!" Ann mu#223;te die Pfeife hergeben. Von diesem Tag an h#246;rten die Begegnungen der Kinder mit den M#228;usen auf. Jetzt konnten Tim und Ann nicht mehr auf eine Begegnung mit Kaggi-Karr oder auf die Hilfe der M#228;usek#246;nigin hoffen. Da fiel ihnen der unterirdische Flu#223; ein, der einst Elli und ihren Cousin, Fred Cunning, in das Reich der Sieben Unterirdischen K#246;nige gef#252;hrt hatte. Eine solche Reise unter der Erde, meinten die Kinder, sei gewi#223; leicht zu verwirklichen. ,Wenn wir uns ein Boot verschaffen und viel Proviant, Kerzen, Fackeln und Streichh#246;lzer mitnehmen, k#246;nnten wir in einigen Tagen das unterirdische Land erreichen. Dann w#228;re es ein leichtes, in das Zauberland hinaufzusteigen', #252;berlegten die Kinder. Sie dachten lange nach, ob sie Toto mitnehmen sollen. Das H#252;ndchen wu#223;te nat#252;rlich Bescheid im Zauberland und w#252;rde ihnen dort gewi#223; n#252;tzlich sein. Aber Hunde altern schnell, und Toto war jetzt nicht mehr so flink und unternehmungslustig wie einst. Au#223;erdem hatte er auch schon Enkel. Ann und Tim beschlossen, einen dieser Enkel, das H#252;ndchen Arto, mitzunehmen. Arto sah jetzt fast genauso aus wie Toto, als der noch jung war: Dasselbe schwarze, seidige Fell, dieselben klugen #196;uglein, dieselbe Treue und Bereitschaft, jederzeit das Leben f#252;r seinen Herrn hinzugeben. Ann erz#228;hlte dem kleinen Arto, was sie beschlossen hatte. Verstand sie das H#252;ndchen? Wahrscheinlich, denn es wedelte lustig mit dem Schw#228;nzchen: Im Herbst wurden Ann Smith und Tim O'Kelli auf die Schule geschickt. Tim h#228;tte eigentlich schon ein Jahr fr#252;her in die Schule gehen sollen, doch ohne Ann wollte er's nicht. Er schrie und heulte so lange, bis die Eltern ihm erlaubten, noch ein Jahr zu Hause zu bleiben. Jetzt #252;berragte er Ann und die anderen Abc-Sch#252;tzen um einen ganzen Kopf. Rotb#228;ckig, blond, breitschultrig und mit kr#228;ftigen F#228;usten ausgestattet, konnte er jetzt Ann gegen jeden Buben sch#252;tzen, der sie h#228;tte kr#228;nken wollen. Selbstverst#228;ndlich sa#223;en Tim und Ann in einer Bank und machten auch die Hausaufgaben zusammen. „Seht euch nur dieses unzertrennliche P#228;rchen an!" lachten die Erwachsenen. Schon in den ersten Schulferien fuhren Ann und Tim mit Erlaubnis der Eltern in den Staat Iowa zu Fred Cunning. Als John Smith seine j#252;ngere Tochter ziehen lie#223;, konnte man an seinem Schmunzeln erkennen, da#223; er wohl wu#223;te, was die beiden Kinder in die Ferne lockte. Er tat aber so, als merke er nichts, und w#252;nschte ihnen angenehme Erholung. Fred Cunning, Student der Technischen Universit#228;t, empfing seine kleine Cousine und ihren Freund sehr herzlich. Als Ann ihn aber sch#252;chtern bat, er m#246;chte sie, Tim und Arto zur H#246;hle mit dem unterirdischen Flu#223; f#252;hren, erwiderte er lachend: „Hat dir denn Elli nicht gesagt, Kindchen, da#223; der Eingang zur H#246;hle eingest#252;rzt ist? Deshalb mu#223;ten wir ja damals unsere abenteuerliche Reise unternehmen..." Ann entgegnete: „Ich wei#223;, aber ich dachte, der Eingang zur H#246;hle sei mittlerweile freigelegt worden." „Wozu sollte man ihn freilegen?" fragte der Student. „Das ist doch leicht zu verstehen", erwiderte das M#228;dchen. „Damit ein jeder in das Zauberland reisen kann!" Fred bog sich vor Lachen. „Du meine G#252;te! Du willst vielleicht, da#223; man hier ein Reiseb#252;ro er#246;ffnet und Touristen haufenweise in das Zauberland str#246;men?" „Ist denn das so schlimm?" fragte Tim O'Kelli. „Gewi#223;", sagte der Student ernst. „Das Zauberland ist gerade deshalb so reizend, weil es von der #252;brigen Welt v#246;llig abgeschieden ist. Nur deshalb leben dort gute Zauberinnen wie Willina und Stella, sprechen die Tiere und herrscht ewiger Sommer in diesem Land. Stellt euch einmal vor, aus den Staaten k#228;men l#228;rmende, freche Gentlemen und Ladies her. Das w#252;rde doch das Ende der braven Zwinkerer und K#228;uer bedeuten! Hier war schon einmal so ein unternehmungslustiger Gesch#228;ftsmann, der mir viele Dollar anbot, damit ich ihm den Zugang zur H#246;hle zeige. Ich nahm nat#252;rlich das Geld nicht an und zeigte ihm eine falsche Stelle. Zwei Wochen lang lie#223; er dort ein Dutzend Arbeiter graben und zog dann unverrichteterdinge fort. „Du meinst, wir sollen nicht mehr davon tr#228;umen, dieses Land jemals zu sehen", sagte Ann, und Tr#228;nen traten ihr in die Augen. „Du bist nat#252;rlich eine Ausnahme", tr#246;stete sie Fred. „Du bist Ellis Schwester, und Elli achtet man im Zauberland als eine m#228;chtige Fee, die viel Gutes getan hat. Ich glaube, der Scheuch und seine Freunde w#252;rden sich sehr freuen, wenn du, Ann, und dein Freund Tim #252;ber die Gro#223;e W#252;ste und die Weltumspannenden Berge hinweg in ihr sch#246;nes Land k#228;met." „Aber wie schaffen wir das blo#223;?" seufzte Ann. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg", sagte Fred. „Wenn ihr angestrengt nachdenkt, werdet ihr schon ein Mittel finden, wie ihr in das Land eurer Tr#228;ume kommen k#246;nnt. Auch ich will nachdenken, vielleicht f#228;llt mir etwas ein." Das Gespr#228;ch mit Fred gab den Kindern Hoffnung, und sie kehrten beruhigt nach Kansas zur#252;ck. Die Ferien n#228;herten sich ihrem Ende, als eines Tages die Postkutsche mit zwei gro#223;en Kisten auf dem Dach vor der Farm John Smiths hielt. Der Postillon und der Kutscher hoben mit gro#223;er M#252;he die Kisten vom Dach und trugen sie in das Haus. Auf den Kisten stand in gro#223;en Buchstaben die Adresse John Smiths und die des Absenders: Alfred Cunning aus dem St#228;dtchen New-Ville, Staat Iowa. „Von unserem Neffen Fred", sagte Frau Anna. „Er schickt uns wahrscheinlich Obst. Aber warum sind die Kisten so gro#223;?" „Mutti, es r#252;hrt sich etwas drin", sagte Ann, die das Ohr an eine Kiste gelegt hatte. „Unsinn!" sagte die Farmerin. Nichtsdestoweniger beschlo#223; sie, mit dem #214;ffnen der Kisten zu warten, bis ihr Mann vom Feld gekommen war. Ann, Tim und die Nachbarkinder, die von der ungew#246;hnlichen Postsendung erfahren hatten, warteten ungeduldig auf die Heimkehr des Farmers. Alle sagten, in den Kisten scharre und klopfe es. Sie hielten es vor Neugier fast nicht mehr aus, da kam endlich der Farmer. Mit Mei#223;el und Zange begann er, eine Kiste zu #246;ffnen. Kaum hatte er den Deckel angehoben, da drang aus ihr ein lautes Wiehern. John wich zur#252;ck und Frau Anna bekreuzigte sich, w#228;hrend die umstehenden Jungen und M#228;dchen vor Freude jauchzten. „Ein Pferdchen!" rief der dreij#228;hrige Bob. „Unm#246;glich", brummte Farmer John. „Welches Pferd k#246;nnte es drei Tage in diesem Sarg ohne Luft und Futter aushalten?" Wie staunte er aber, als aus der Kiste ein kleines, braunes Maultier kletterte, mit einem Huf stampfte und zu wiehern begann. „Bei allen Heiligen!" rief der verdutzte Farmer und ergriff das Maultier am Halfer, damit es nicht davonlaufe. „Man k#246;nnte meinen, da#223; das Tier aus dem Zauberland kommt, w#228;re nicht Fred Cunning der Absender." Des Vaters Worte machten auf Ann einen starken Eindruck. Sie ahnte, da#223; dieses Maultier das Mittel sei, mit dem sie ins Zauberland gelangen w#252;rde. Umsonst suchte Farmer John in der Holzwolle nach einem Brief von Fred. Statt dessen fand er einen sch#246;nen Sattel mit weichem Sitz und versilberten Steigb#252;geln. Ein Brief lag in der anderen Kiste, in der sich gleichfalls ein Maultier, allerdings ein graues, befand, das nur wenig kleiner war als das erste. Auch ein zweiter Sattel lag bei. Im Brief Alfred Cunnings stand: „Meine liebe Cousine Ann! Dein Wunsch, das Zauberland zu sehen, ist so gro#223;, da#223; ich mir den Kopf zerbrach, um dir zu helfen. Ich habe den ganzen Sommer an diesen zwei mechanischen Maultieren gearbeitet, die ich dir und deinem Freund Tim O'Kelli #252;bersende." John mu#223;te das Lesen unterbrechen, weil Tim einen Jauchzer ausstie#223; und einen Purzelbaum schlug, wie ihn gewi#223; kein zweiter Junge h#228;tte machen k#246;nnen. Als Tim sich wieder beruhigte, fuhr der Farmer zu lesen fort: „Diese Maultiere brauchen weder Futter noch Wasser. Energie erhalten sie von den Sonnenbatterien, die ich ihnen eingebaut habe... In der gro#223;en W#252;ste gibt es reichlich Sonne, und ihr werdet nicht zu bef#252;rchten brauchen, da#223; die Tiere aus Futtermangel schwach werden." Weiter enthielt der Brief Anweisungen, wie die Tiere zu steuern seien. In der M#228;hne jedes Tiers sei ein verstellbarer Stift verborgen. Schiebe man ihn r#252;ckw#228;rts, st#252;nden die Tiere still, bringe man ihn in Mittelstellung, bewegten sie sich im Trab, und schiebe man den Stift bis zum Anschlag vor, gingen sie, in Galopp #252;ber. Zum Wenden nach rechts oder links brauche man nur das Halfter in die gew#252;nschte Richtung zu ziehen. Es gen#252;ge, hie#223; es weiter im Brief, die Maultiere zwei bis drei Stunden t#228;glich in der Sonne zu halten. Bei heiterem Wetter l#252;den sich die Batterien von selbst auf. Der Erfinder teilte ferner mit, er schicke die Tiere unaufgeladen, damit unterwegs nichts passieren k#246;nne. „Warum haben sie aber gewiehert und sind von selbst aus den Kisten gestiegen?" fragte Tim O'Kelli, der sich f#252;r sein Alter erstaunlich gut in Mechanik auskannte. Farmer John erwiderte nach kurzem Nachdenken: „Wahrscheinlich hat die Sonne die Kisten w#228;hrend der Reise so erw#228;rmt, da#223; die Batterien sich aufgeladen haben. Aber hol mich der Teufel, wenn das nicht eine ganz ungew#246;hnliche Erfindung ist! Auf diese Maultiere kann man sich, allem Anschein nach, verlassen!" „Und folglich k#246;nnt ihr mich und Tim unbesorgt in das Zauberland ziehen lassen!" f#252;gte Ann munter hinzu. „Das ist noch lange nicht entschieden", entgegnete der Vater mit gespielter Strenge. Am Ende des Briefes stand ein wichtiger Hinweis f#252;r Ann und Tim. Sie sollten, schrieb Fred, auf der Reise niemandem das Geheimnis der Wundertiere verraten. Sollten die Leute sie f#252;r einfache Maultiere halten, von denen sie sich dem Aussehen nach auch nicht unterscheiden. Das verringere die Gefahr, da#223; irgend jemand sie ihnen raube. ,,Fred scheint #252;berzeugt zu sein, da#223; Tim und Ann schon heute oder morgen aufbrechen", brummte der Farmer. „Er hat wohl vergessen, da#223; bald das Schuljahr beginnt." Unerwartet setzte sich Frau Anna f#252;r die Kinder ein. „Elli ist doch viel l#228;nger als ein Jahr der Schule ferngeblieben", sagte sie, „dabei h#228;tten sich viele Kinder, was das Lernen angeht, ein Beispiel an ihr nehmen k#246;nnen! Was sie gesehen und erlebt hat, wiegt gewi#223; viele Schuljahre auf..." „Hast du denn keine Angst, Ann und Tim ins Zauberland ziehen zu lassen?" fragte John erstaunt. Frau Anna wies diesen Einwand zur#252;ck, denn sie glaubte, da#223; eines jeden Menschen Schicksal vorbestimmt sei. „Der eine st#252;rzt von der Treppe und bricht sich das Genick", sagte Frau Smith, „w#228;hrend ein anderer von abenteuerlichen Reisen heil und gesund zur#252;ckkehrt wie unsere Elli." Am n#228;chsten Tag traf Elli ein, die gleichfalls f#252;r Tim und Ann Partei ergriff. Mit solchen Bundesgenossen setzten die Kinder nat#252;rlich ihren Wunsch durch. Selbst die O'Kellis willigten in die Reise ihres Jungen ein. Es wurde beschlossen, da#223; Ann und Tim gleich am folgenden Sonntag aufbrechen, da Farmer John seinen Ruhetag hatte und ihnen mindestens zwei Meilen weit das Geleit geben konnte. Elli war von den Maultieren entz#252;ckt. „Oh, h#228;tten ich und Toto solche Rappen gehabt, als wir uns m#252;de auf dem Gelben Backsteinweg dahinschleppten!" sagte sie. „Erinnerst du dich noch an jene Zeit, Totochen?" Toto erinnerte sich nat#252;rlich an jene Zeit. Er wu#223;te auch, da#223; man ihn jetzt nicht in das Zauberland mitnehmen werde, und gab sich damit zufrieden. Da l#228;#223;t sich eben nichts machen, bei meinem Alter!' dachte das H#252;ndchen. Soll Arto nur ruhig ziehen. Schlie#223;lich mu#223; man ja auch den Jungen eine Chance geben.' Elli dachte sich f#252;r die Maultiere Namen aus. Sie hatte im letzten Semester Altertumsgeschichte studiert und nannte das Tier mit dem grauen Fell C#228;sar und das mit dem braunen Hannibal. Das waren klingende Namen, die den Kindern sehr gefielen. An einem fr#252;hen Augustmorgen nahmen Ann und Tim Abschied von ihren Eltern. Ihre Reiseausr#252;stung war bis ins einzelne durchdacht, was sie vor allem Elli zu verdanken hatten. Der Proviant war in den ledernen Satteltaschen verstaut, die die Tiere trugen. In zwei Rucks#228;cken lagen f#252;r jedes Kind zwei Paar Unterw#228;sche, Seife, Zahnb#252;rste und Zahnpulver, Messer, L#246;ffel und was man sonst noch f#252;r eine lange Reise braucht. Ann trug an einem Schulterriemen das Fernrohr, das seinerzeit der einbeinige Seemann Charlie Black Elli geschenkt hatte. Am linken Handgelenk hatte jedes Kind einen Kompa#223;, am rechten eine Armbanduhr. In Tims Reisetasche lag ferner ein unaufgeblasener Volleyball. Der Junge hatte sich n#228;mlich vorgenommen, die K#228;uer und Zwinkerer das sch#246;ne Spiel zu lehren. Tim selbst war ein ausgezeichneter Volleyballspieler, den sogar die gr#246;#223;eren Jungen gern in ihre Mannschaft nahmen. Au#223;erdem besa#223; er noch einen keulenartigen Kn#252;ppel, der an seinem G#252;rtel hing. Aus einem Anns Sattel angeh#228;ngten Sack ragte die Schnauze Artos hervor, dessen schwarzen #196;uglein erwartungsvoll gl#228;nzten. Die Reise gefiel ihm au#223;erordentlich. Wenn ihm das Sitzen im Sack l#228;stig wurde, kl#228;ffte er kurz, und Ann setzte ihn ab, damit er hinter den Maultieren laufen konnte. John Smith begleitete die Kinder auf seiner braunen Stute Mary. Obwohl Hannibal und C#228;sar auf den langsamsten Gang geschaltet waren, konnte das St#252;tlein mit den sonnenenergiegeladenen Maultieren kaum Schritt halten. „Pr#228;chtige Rappen", brummte John zufrieden. „Vor einen Pflug gespannt, w#252;rden sie Gott wei#223; wie viele Acker t#228;glich bearbeiten." Als verst#252;nden sie die Worte des Farmers, wackelten die Maultiere #252;ber dieses Ansinnen #228;rgerlich mit den langen Ohren. Beim Abschied umarmte der Farmer Ann und Tim, w#252;nschte ihnen eine gl#252;ckliche Reise und ermahnte sie, vorsichtig zu sein. „Ihr sollt euch nicht allzu lange im Zauberland aufhalten", sagte er. „Denkt daran, da#223; eure Eltern euch sehnsuchtsvoll zur#252;ck erwarten werden." Tim und Ann schalteten auf Galopp, worauf die Hufen der Maultiere hochschnellten und eine m#228;chtige Staubwolke aufwirbelten. F#252;nf Minuten sp#228;ter waren von ihnen nur noch zwei P#252;nktchen am Horizont zu sehen. „Donnerwetter", murmelte John, „das nenne ich Galopp! Bei diesem Tempo wird ihnen kein Feind etwas anhaben k#246;nnen... " Auf dem Heimweg dachte der Farmer #252;ber die wunderlichen Begebenheiten nach, die seine Familie von dem denkw#252;rdigen Tag an erlebte, da die Hexe Gingema das schreckliche Gewitter #252;ber Kansas heraufbeschworen hatte. Ann und Tim freuten sich #252;ber den schnellen Ritt. Felder und Fl#252;sse und Fuhren mit Getreide flogen an ihnen vorbei, und die seltenen Fu#223;g#228;nger sprangen entsetzt zur Seite und blickten ihnen entgeistert nach. Am Abend hatten unsere Reisenden viele Meilen hinter sich gebracht. Sie beschlossen, in einem W#228;ldchen, fern von jeder Behausung, zu #252;bernachten. Ann nahm aus ihrem Sack das Zaubertuch Charlie Blacks heraus, das sich auf Wunsch des Besitzers in ein Boot oder ein Zelt verwandeln konnte. Jetzt diente es den Kindern als Zelt, in dem sie unter der Obhut des treuen Arto ruhig die Nacht verbrachten. Die Tage vergingen schnell. Ann und Tim hielten Kurs auf Nordost und mieden die bewohnten St#228;tten. An den B#228;chen, an denen sie vorbeikamen, f#252;llten sie ihre dickb#228;uchigen Flaschen mit Wasser nach. Die Maultiere brauchten sie nicht zu tr#228;nken und auch nicht in die Sonne zu stellen, denn das Wetter war sonnig, so da#223; C#228;sar und Hannibal sich im Lauf mit Energie aufluden. Am ersten breiten Flu#223; mu#223;ten die Reisenden haltmachen. Ann wollte das Zaubertuch zu einem Flo#223; aufblasen, aber Tim meinte, die Tiere w#252;rden darauf ausgleiten, weil es kein Gel#228;nder habe, und ins Wasser fallen. „Ich schlage vor, den Flu#223; reitend zu #252;berqueren!" sagte der Junge. Die Kinder stellten die Stifte auf „Langsam" und lenkten die Tiere beherzt ins Wasser. Und siehe, C#228;sar und Hannibal schwammen, als h#228;tten sie es seit eh und je getan! In ihren B#228;uchen war gen#252;gend Hohlraum, und sie hielten sich pr#228;chtig auf dem Wasser. Ihre muskul#246;sen Beine ruderten so schnell, da#223; sie in wenigen Augenblicken das andere Ufer erreichten. „Hurra!" frohlockte Tim. „Mit solchen Rappen k#246;nnen wir auch #252;ber ein Meer schwimmen!" Eine gro#223;e Gefahr erwartete die Kinder in der Steppe, in der es unz#228;hlige W#246;lfe gab. Zu einem Rudel zusammengerottet, versperrten sie den Reisenden den Weg. Ann und Tim wollten umkehren, aber da erblickten sie auch in ihrem R#252;cken viele W#246;lfe. „Vorw#228;rts! Galopp!" kommandierte Tim. Die Maultiere st#252;rmten wie im Sturm dahin. Mehrere W#246;lfe st#252;rzten mit eingeschlagenen K#246;pfen und zerbrochenen Rippen zu Boden. Ein gro#223;er Wolf, anscheinend der Anf#252;hrer des Rudels, wollte Tim aus dem Sattel rei#223;en, aber der mutige Junge versetzte ihm mit seiner Keule einen solch wuchtigen Hieb, da#223; der R#228;uber zur#252;ckflog und sich r#252;cklings #252;berschlug. Eine Minute sp#228;ter waren die Reiter in Sicherheit. Tim strahlte vor Freude. „Hast du gesehen, wie ich's ihm gegeben hab!" rief er. „Mein Schlag hat ihn bestimmt erledigt!" Da Ann daran zweifelte, schlug Tim vor, umzukehren und nachzusehen. Das M#228;dchen versp#252;rte aber keine Lust auf ein Wiedersehen mit den W#246;lfen und beeilte sich, dem Jungen zuzustimmen. Tim spitzte die Lippen und begann einen Marsch zu pfeifen. Erst jetzt wagte es Arto, seinen Kopf, den er beim Anblick der grimmigen W#246;lfe in den Sack eingezogen hatte, wieder zu zeigen. Das H#252;ndchen war zwar mutig, hatte aber auch Verstand genug, sich nicht in einen ungleichen Kampf einzulassen. Ein Wolf h#228;tte ihm ja mit Leichtigkeit das R#252;ckgrat zerbrechen oder den Bauch aufrei#223;en k#246;nnen! Als jetzt, da die Gefahr vorbei war, Arto ein ver#228;chtliches Gebell anstimmte, sagte Ann zu ihm neckend: „Gro#223;artig, du Maulheld!" Mit Hilfe der Kompasse hielten unsere Reisenden den richtigen Kurs ein, obwohl die auch ohne Kompa#223; den Weg nicht verfehlt h#228;tten. Ann hatte von ihrer Schwester so oft die Geschichte der Reise mit dem einbeinigen Seemann geh#246;rt, da#223; ihr jetzt schien, als sei sie selbst schon einmal hier gewesen, habe selbst den hei#223;en Atem des Windes gesp#252;rt, der aus der W#252;ste blies, und die garstigen K#246;pfe der Echsen gesehen, die sich in den D#252;nen verbargen. Da war auch schon der Wald, hinter dem die gro#223;e W#252;ste lag. „Guten Tag, alter Freund!" rief Ann freudig. „Aus deinen B#228;umen hat Onkel Charlie einst das W#252;stenschiff gebaut, das noch jetzt irgendwo am Waldessaum steht. Aber wir wollen es nicht suchen, nicht wahr, Tim?" „Wozu auch?" erwiderte der Junge. „C#228;sar und Hannibal sind bestimmt besser als jedes Schiff, mag es ein W#252;sten- oder Meeresschiff sein." Tim und Ann bereiteten sich gr#252;ndlich, auf die riskante W#252;stenreise vor. Sie beschlossen, schon in der D#228;mmerung aufzubrechen, solange es noch k#252;hl war. Zun#228;chst f#252;llten sie ihre Flaschen an einer Quelle. und tranken so viel Wasser, wie sie konnten. Dann begossen sie sich und das H#252;ndchen von Kopf bis Fu#223; und setzten dunkle Netzbrillen auf, um ihre Augen gegen den Flugsand zu sch#252;tzen. Arto, dem es bange wurde, kauerte sich tief in seinen Sack, was seine Herrin sehr vern#252;nftig fand. Nat#252;rlich trank sich auch das H#252;ndchen vor der Reise ausgiebig satt. Die Stimmung der beiden Kinder war sehr ernst. Scherz und Mutwillen waren verflogen, und ihre Herzen schlugen laut. Die bisherigen Erlebnisse kamen ihnen jetzt unbedeutend vor im Vergleich zu dem, was ihrer harrte. Gro#223; und unheimlich lag die W#252;ste in ihrer feierlichen Stille da. „Nun aber los!" sagte Tim entschlossen. Wenn es sein mu#223;, werde ich mein Leben ohne Zaudern f#252;r Ann hingeben', dachte er bei sich. „Du hast recht: Wer auf der Stelle tritt, kommt nicht vom Fleck', wie der Weise Scheuch sagte", erwiderte Ann, die von ihrer Schwester viele Ausspr#252;che des dreimalweisen Herrschers der Smaragdenstadt geh#246;rt hatte. Die Kinder ritten im Trab. An Galopp war hier nicht zu denken, denn die Hufen der Maultiere w#252;rden tief im Sand versinken. Trotzdem konnte Ann, als sie sich eine halbe Stunde sp#228;ter umwandte, kaum noch den Saum des Waldes erkennen. W#228;hrend die elektrisch geladenen Tiere Meile um Meile hinter sich brachten, dachte Ann nur an eins: Wie umgehen wir nur die schrecklichen schwarzen Steine Gingemas? Sie wu#223;te n#228;mlich von ihrer Schwester, da#223; die b#246;se Hexe lange vor ihrem Tod das Zauberland mit Steinen umgeben hatte, die eine geheimnisvolle Anziehungskraft besa#223;en. An einem solchen Stein waren Elli und Charlie Black beinahe umgekommen, weil der Stein ihr W#252;stenschiff festhielt und die Bewegungsfreiheit der Insassen auf hundert Schritt im Umkreis bannte. Zum Gl#252;ck hatten die beiden damals die Kr#228;he Kaggi-Karr ziehen lassen, die mit einer Weintraube im Schnabel zur#252;ckkehrte, welche den Zauber des Steins brach. Die Zauberkraft der Steine konnte in den verflossenen Jahren zwar versiegt oder schw#228;cher geworden sein, dennoch war es besser, nicht zu riskieren. Ann befolgte den Rat ihrer Schwester, stoppte alle halbe Stunde den Lauf ihres C#228;sar und hielt mit dem Fernrohr Ausschau. Als die Kleider der Kinder schon l#228;ngst trocken waren (sie hatten unterdessen mindestens dreimal Wasser getrunken), ersp#228;hte Ann in der Ferne einen schwarzen Fleck. „Der schwarze Stein Gingemas!" rief das M#228;dchen aufgeregt. „Wo siehst du ihn?" fragte Tim. Das Fernrohr ans Auge setzend, gewahrte auch er den Stein. Ein Plan gegen die b#246;se Zauberkraft Gingemas war schon zu Hause ausgearbeitet worden. Die Idee stammte von Elli: Wenn zwei Menschen einen Gegenstand, zum Beispiel einen Tisch, in entgegengesetzte Richtungen ziehen, bleibt er auf der Stelle stehen, hatte Elli gesagt. Wenn man sich in gleicher Entfernung zwischen zwei schwarzen Steinen bewege, w#252;rde der eine die Reisenden nach rechts, der andere nach links ziehen, und die Kr#228;fe w#252;rden sich gegenseitig aufheben. Nach dem Auftauchen des ersten Steins schwenkten Ann und Tim seitw#228;rts ab und ritten langsam, bis sie den zweiten erblickten. Jetzt, dachten sie, sei es ein leichtes, den Weg mitten zwischen die beiden Steine zu nehmen, und lie#223;en die Z#252;gel schie#223;en. Die Maultiere sausten, Sandwolken aufwirbelnd, im gestreckten Galopp dahin. Als sich die Reisenden zwischen den beiden Steinen befanden, f#252;hlten sie sich nach links gezogen. Ob sie nun die Mitte falsch bestimmt hatten und dem linken Stein n#228;her waren, oder ob die magische Kraft des letzteren gr#246;#223;er war - das wu#223;ten Ann und Tim nicht. Sie f#252;hlten nur, da#223; die Hexerei Gingemas sie aus den Satteln zerrte. Anns Kr#228;fte versagten, und sie fiel mit einem leisen Aufschrei aus dem Sattel. Zum Ungl#252;ck kam sie auf die Beine zu stehen, und die b#246;se Kraft, die von dem Stein ausging, zog sie unwiderstehlich an. Das Maultier Tims, das kr#228;ftiger war als Anns, hatte die Gefahrenzone fast #252;berwunden, als der Junge den Aufschrei des M#228;dchens h#246;rte und C#228;sar mit leerem Sattel hinter sich hertraben sah. Tim war fast schon in Sicherheit, aber angesichts der Gefahr, in der Ann schwebte, schwankte er keinen Augenblick: Er ri#223; seinen Hannibal herum, erreichte im Nu das M#228;dchen und zog es mit kr#228;ftigem Ruck zu sich hinauf. Sp#228;ter konnten sich die Kinder an die Einzelheiten dieser schrecklichen Minuten, die ihnen wie eine Ewigkeit vorkamen, nicht mehr erinnern. Sie entsannen sich nur, wie das Maultier unter der doppelten Last gekeucht und der Sand unter seinen Hufen gespritzt hatte. Zoll um Zoll entrang sich Hannibal der unheimlichen Kraft, bis sie zu wirken aufh#246;rte. Ein siegreiches Wiehern verk#252;ndete, da#223; der Bann gebrochen war, und frei st#252;rmte das edle Tier dahin. Bald war auch C#228;sar eingefangen. Die v#246;llig ersch#246;pfte Ann blieb aber, von ihrem Gef#228;hrten gest#252;tzt, noch lange im Sattel Hannibals sitzen. Als sie zu sich kam, dankte sie, Tr#228;nen in den Augen, dem tapferen Jungen. „La#223; nur", wehrte Tim ab, „nicht mir, sondern Hannibal hast du deine Rettung zu verdanken." Die schwarzen Steine Gingemas lagen jetzt weit hinter ihnen, und die Maultiere trabten schnell dahin. Tiere aus Fleisch und Blut w#228;ren l#228;ngst ermattet, die mechanischen Rappen aber schienen genau so frisch wie zu Beginn der Reise. In der Ferne tauchten die schneebedeckten Gipfel der Weltumspannenden Berge auf. Jetzt, da sie nicht mehr zu eilen brauchten, beschlossen die Reisenden, Rast zu machen. Von der #252;berstandenen Gefahr noch ganz benommen, konnten Tim und Ann aber keinen Bissen herunterbringen, nur ihr Durst war schier unstillbar, und sie tranken sehr viel Wasser. Die beiden Kinder wollten in das Tal mit den wunderbaren Weintrauben gelangen, in dem einst Elli und Charlie Black nach ihrer W#252;stenreise ausgeruht hatten. Wegen der schwarzen Steine waren aber Tim und Ann vom Kurs abgekommen und erreichten die Berge an einer anderen Stelle. Allerdings sprudelte auch dort ein Bach, an dem Obstb#228;ume standen, aber Reben waren da nicht zu sehen. Kaum hatten Ann und Tim auf einer kleinen Wiese ein Lager aufgeschlagen, da begannen auch schon die Wunder. Den Anfang machte Arto. Als Ann ihn aus dem Sack nahm, g#228;hnte er, holte tief Atem und sagte mit klarer Stimme: „Uh, war das eine Qual in dem stickigen Loch! Endlich kann ich mir die Pfoten vertreten!" Obwohl die Kinder l#228;ngst wu#223;ten, da#223; im Zauberland auch die Tiere sprechen, blickten sie ihren vierbeinigen Gef#228;hrten voller Staunen an. Wie steigerte sich aber erst ihre Verwunderung, als das H#252;ndchen um die Maultiere zu h#252;pfen begann und Anstalten machte, sie in die Beine zu bei#223;en, und pl#246;tzlich C#228;sar mit angenehmer Baritonstimme sagte: „Nicht so #252;berm#252;tig, Freundchen, oder du bekommst meine Hufe zu sp#252;ren!" Hannibal f#252;gte in tiefem Ba#223; hinzu: „W#252;rde ihm nur recht geschehen! Diese H#252;ndchen sind ja unausstehlich..."' „Wieso, Freunde, auch ihr habt das Sprechen erlernt?" rief Ann verdutzt. „Warum denn nicht?" erwiderte C#228;sar. In der Tat: Warum sollten sich Maultiere im Zauberland nicht wie lebende Wesen verhalten und nicht sprechen, wo doch eine Vogelscheuche aus Stroh und ein Mann aus Eisen hier lebten und sprachen?! C#228;sar war anscheinend neugieriger als sein Gef#228;hrte, denn er fragte: „Sag, bitte, Ann, was bedeuten unsere Namen? Warum hei#223;en wir eigentlich C#228;sar und Hannibal und nicht anders?" Ann und Tim wu#223;ten zun#228;chst nichts zu antworten. Sie hatten ja erst die erste Klasse abgeschlossen, in der es noch keinen Geschichtsunterricht gab. Allerdings hatte Elli, als sie den Tieren die Namen gab, dem Schwesterchen ihre Bedeutung erkl#228;rt, und Ann hatte einiges behalten. „Wie soll ich's euch erkl#228;ren?" sagte das M#228;dchen, die Brauen zusammenziehend. „Hannibal und C#228;sar waren im Altertum ber#252;hmte Leute. Ich wei#223; nicht mehr, ob Pr#228;sidenten oder Generale, aber jedenfalls etwas in dieser Art..."' Mit dieser Erkl#228;rung gaben sich die Tiere zufrieden und sagten, da#223; sie gern auf ihre Namen h#246;ren wollten. Nach dem Abendbrot schliefen Ann, Tim und Arto sofort ein, w#228;hrend die Rappen unter einem Baum standen und ruhig auf den Sonnenaufgang warteten. In der Sonne w#252;rden sie sich wieder mit Energie aufladen, denn die Sonne ersetzte ihnen Speise und Trank. Am Morgen nahm Tim aus seinem Sack die Hufeisen, die er mitf#252;hrte, und schraubte sie C#228;sar und Hannibal an die F#252;#223;e. Im Sand h#228;tten die Eisen den Lauf der Tiere nur gehemmt, auf den steinigen Bergpfaden aber waren sie unentbehrlich. An diesem Morgen ging unseren Reisenden der Proviant aus. Es war erstaunlich, wie genau Elli den Vorrat berechnet hatte. Die Kinder pfl#252;ckten Obst von den B#228;umen und stopften es in die Reisetaschen, f#252;llten die Feldflaschen mit Wasser und zogen weiter. Der Weg war jetzt sehr m#252;hselig. Er f#252;hrte #252;ber schwindelerregende H#228;nge, #252;ber schmale Felsvorspr#252;nge, unter denen Abgr#252;nde g#228;hnten, #252;ber Ger#246;ll, das schreckliche Lawinen entfesseln konnte, und #252;ber tiefe Schluchten. Manchmal brauchte die kleine Schar Stunden, um nur hundert Fu#223; hinter sich zu bringen. Erst jetzt wurde es Ann und Tim bewu#223;t, welch unsch#228;tzbare Dienste ihnen C#228;sar und Hannibal leisteten. Nat#252;rlich waren die mechanischen Maultiere nicht mit den Steinb#246;cken zu vergleichen, die #252;ber die Felsen fegten, aber auch sie vollbrachten wahre Wunder an Geschicklichkeit. Unerm#252;dlich, furchtlos und flink wie Katzen kletterten sie die steilen H#228;nge hinan, die Reiter ermahnend, sie sollen sich fest in den Satteln halten. Wenn es zu Tal ging, zogen sie die Hinterbeine an und rutschten fast auf den B#228;uchen hinab, und beim Aufstieg n#252;tzten sie jeden Felsvorsprung, der etwas Halt bot. #220;ber Felsspalten setzten sie, die sehnigen Hinterbeine gestreckt, in sch#246;nem Sprung hinweg, w#228;hrend die Reiter die H#228;lse der edlen Tiere umklammerten, um nicht aus den Satteln zu fliegen. Nach einiger Zeit tauchte eine breite Schlucht auf, die selbst das beste Pferd der Welt nicht h#228;tte #252;berspringen k#246;nnen. Aus dem Abgrund stiegen Nebel und das Rauschen eines Wildbachs auf. An ein Umreiten des Hindernisses war nicht zu denken, denn rechts und links t#252;rmten sich m#228;chtige Felsen, die selbst f#252;r C#228;sar und Hannibal un#252;berwindlich waren. Best#252;rzt blickten sich die Kinder an. Um hier herauszukommen, h#228;tten sie umkehren und einen Steg im Labyrinth der Berge suchen m#252;ssen. Pl#246;tzlich h#246;rten sie Fl#252;gelschl#228;ge #252;ber ihren K#246;pfen und sahen einen riesigen Schatten auf sich zukommen. Aufblickend gewahrten sie einen ungeheuren Adler. Ann stie#223; einen Schrei des Entsetzens aus und bedeckte das Gesicht mit den H#228;nden, w#228;hrend Tim drohend seinen Kn#252;ppel schwang, obwohl ihm klar war, da#223; er mit dieser Waffe gegen den Vogel nichts ausrichten werde. Der Adler (es war Karfax) ging vor den Reisenden nieder und sagte mit angenehmer Stimme: „Keine Angst, Kinder! Schwachen und Hilflosen tue ich nichts zuleide!" Tim runzelte beleidigt die Brauen, w#228;hrend Ann die H#228;nde vom Gesicht nahm und den Vogel anblickte. Karfax sah so edel und gutm#252;tig aus, da#223; das M#228;dchen sofort Vertrauen zu ihm fa#223;te. „Ich sehe, Kinder, da#223; ihr aus der gro#223;en Welt kommt und ins Zauberland wollt", fuhr der Adler fort. „Ihr habt einen weiten und gef#228;hrlichen Weg zur#252;ckgelegt, aber dieses Hindernis #252;bersteigt eure Kr#228;fte." „Ja, Herr Adler", sagte Ann, „diesen Abgrund k#246;nnen unsere Maultiere nicht #252;berspringen. Seid doch so g#252;tig, und tragt uns hin#252;ber." „Das l#228;#223;t sich machen", sagte der Adler sanft. „Halt dich am Sattel fest, M#228;dchen..." W#228;hrend Ann sich an den ' Sattel klammerte, fa#223;te Karfax mit seinen m#228;chtigen Krallen behutsam C#228;sar unter, und noch ehe das M#228;dchen erschrecken konnte, schwebte es schon #252;ber dem rauchenden Abgrund. Einen Augenblick sp#228;ter wurde Ann mit dem munter wiehernden Maultier auf der anderen Seite abgesetzt, und noch bevor sie den Kopf wenden konnte, standen auch Hannibal und Tim an ihrer Seite. „Von hier ist der Weg nicht mehr gef#228;hrlich, und ihr werdet meiner Dienste wohl nicht bed#252;rfen", sagte der Adler und schwang sich in die L#252;fe. „Sch#246;nen Dar k, lieber Freund!" riefen die Kinder dem in einer Wolke entschwindenden Vogel nach. Wie war Karfax am Leben geblieben? Wir wissen doch, da#223; er Urfin verlassen und in die Heimat geflogen war, wo ihn der sichere Tod erwartete. Wie kam es, da#223; Arraches, der Anf#252;hrer der Adlerschar, und seine Anh#228;nger ihn nicht get#246;tet hatten? Das kam so: Drei Tage vor der R#252;ckkehr Karfax' war Arraches im Kampf mit dem Schlangenk#246;nig gefallen, den er aus #252;ber m#228;#223;igem Ehrgeiz zum Streit herausgefordert hatte. Karfax wurde von den Adlern zum Anf#252;hrer erw#228;hlt und fand bald eine neue Lebensgef#228;hrtin, mit der er nun gl#252;cklich lebte. H#228;tten Tim und Ann gewu#223;t, was sich erst k#252;rzlich im Zauberlande zugetragen hatte, h#228;tten sie gewu#223;t, da#223; dieser selbe Adler, ohne es zu wollen, dem b#246;sen Urfin geholfen ,selbe die Macht #252;ber die Springer zu erringen, sie h#228;tten Karfax gewi#223; gebeten, das #220;bel, das er ungewollt so vielen Menschen zugef#252;gt hatte, wiedergutzumachen! Ann und Tim wu#223;ten aber das alles nicht. Karfax mied jetzt die Menschen, besonders, nachdem der t#252;ckische Urfin ihn so bitter entt#228;uscht hatte. Ohne zu ahnen, welch m#228;chtigen Bundesgenossen sie in Karfax hatten, blickten die Kinder lange auf die Wolke, die den Vogel verschlungen hatte. Als erster fa#223;te sich Tim: „Das nenne ich ein Abenteuer!" rief er. „Dergleichen hat selbst Elli nicht erlebt!" „Ja", sagte Ann, „sie hat nicht einmal geh#246;rt, da#223; es im Zauberland solche Adler gibt."' „Das nenne ich Gl#252;ck", sagte der Junge. „Wer wei#223;, wie lange wir in den Bergen umhergeirrt w#228;ren, wenn nicht dieser Vogel uns geholfen h#228;tte."' Der schwerste Teil der Reise war jetzt zu Ende. Am leichtesten hatte sie Arto #252;berstanden, der in seinem Sack gekauert und nur die Schnauze herausgesteckt hatte. Wenn es brenzlig wurde, hatte er sie eingezogen und die Augen zugedr#252;ckt, denn er glaubte, eine Gefahr sei weniger schrecklich, wenn man sie nicht sehe. Die Nacht #252;berraschte die Wanderer auf einem Gletscher hoch in den Bergen. Das Zelt konnten sie da nicht aufschlagen, und die K#228;lte drang ihnen durch alle Kleider. C#228;sar hatte einen guten Einfall. Auf seinen Rat hin falteten die Kinder das Zelt zu einem Rechteck zusammen und breiteten es auf dem Eis aus. Ann und Tim legten sich zwischen die Maultiere, deren K#246;rper die W#228;rme ausstrahlten, die sie am Tag aufgespeichert hatten. Auf diese Weise verbrachten die Kinder und Arto, den sie in die Mitte genommen hatten, die Nacht ganz ertr#228;glich. Am folgenden Tag wurde der Weg besser. Die Auf- und Abstiege waren jetzt weniger steil, an den H#228;ngen zeigte sich Gras und dann tauchten auch Str#228;ucher und B#228;ume auf. Die Weltumspannenden Berge lagen jetzt weit zur#252;ck. Ann sagte feierlich: „Das ist das Land der K#228;uer!" Ann hatte sich aber geirrt, als sie das sagte. Die Kinder waren in der gro#223;en W#252;ste von dem Weg abgekommen, den Elli und der einbeinige Seemann einst gegangen waren, und hatten die Weltumspannenden Berge an einer anderen Stelle #252;berquert. Das Land der K#228;uer lag jetzt rechts von ihnen. Die beiden Kinder sahen, da#223; der Steg, der durch den Wald f#252;hrte, nicht von Menschenf#252;#223;en, sondern von den F#252;#223;en wilder Tiere herr#252;hrte. Der Steg wurde breiter, doch kein Mensch war weit und breit zu sehen. Nur die geschw#228;tzigen Elstern auf den B#228;umen unterhielten sich laut #252;ber die Kleider und das Aussehen der Wanderer. Nach zwei strapazenreichen Tagen f#252;hlten sich Ann und Tim v#246;llig ersch#246;pft. Da das Wetter sch#246;n war, schlugen sie nicht das Zelt auf, sondern legten sich unter einen Strauch ins weiche Gras. Tim schlief augenblicklich ein. Auch Ann fielen die Augen zu, als pl#246;tzlich ein vielstimmiges Geheul und zwischendurch ein Schmerzensschrei: „Helft mir! Ach, helft mir doch! Ich sterbe...", an ihr Ohr drang. Ann versuchte, Tim zu wecken, doch da ihr das nicht gelang, beschlo#223; sie, allein nachzusehen, was los war. Als sie aus den B#252;schen trat, bot sich ihr folgender Anblick: Mitten in einer Lichtung lag, eine Pfote in einem Fangeisen eingeklemmt, ein gro#223;er, brauner Fuchs und wimmerte. Um ihn standen mehrere kleine F#252;chse, die aus Mitleid mit ihm gleichfalls wimmerten und heulten. Beim Auftauchen Anns verstummte das Konzert, und die F#252;chse verkrochen sich im Dickicht. Nur der Gefangene schaute das M#228;dchen aus flehenden Augen an. Ann versp#252;rte Mitleid mit dem ungl#252;cklichen Fuchs, trat n#228;her und fragte ihn sanft: „Wie bist du in diese Falle geraten, du #196;rmster?" Noch bevor das braune Tier etwas erwidern konnte, sprang aus den B#252;schen eine Silberf#252;chsin und rief: „Wie wagst du es, M#228;dchen, so unh#246;flich mit dem Herrscher dieses Landes zu sprechen? Wei#223;t du, wen du vor dir hast? Seine Fuchsmajest#228;t Nasefein XVI., den K#246;nig des Fuchslandes." „Oh, bitte um Verzeihung, Eure Fuchsmajest#228;t!" wandte sich Ann an den K#246;nig. „Ich komme aus einem fernen Lande und wu#223;te nicht, da#223; Ihr ein so hohes Amt bekleidet." K#246;nig Nasefein XVI. nickte gn#228;dig und erz#228;hlte, wie er in diese schlimme Lage geraten war. Er war einem Hasen nachgejagt und hatte die Falle nicht gesehen, die ein J#228;ger aus dem Nachbarland der K#228;uer vor langer Zeit hier aufgestellt hatte. Das Fangeisen hatte ihm die Pfote eingeklemmt. Das geschah vor einer Woche, und in dieser Zeit hatte sich kein Mensch auf der Wiese gezeigt. H#228;tten Ihre Fuchsmajest#228;t, die K#246;nigin Schnellfu#223;, mit ihren H#246;flingen und Hofdamen ihn nicht gefunden, er w#228;re vor Hunger und Durst gestorben. Nasefein sagte, er habe schon ernsthaft nachgedacht, ob er sich nicht die Pfote abbei#223;en solle, um die Freiheit wiederzuerlangen. Aber dann h#228;tte er seinen Thron verloren, denn nach den Gesetzen des Landes durfte ein Kr#252;ppel nicht K#246;nig sein. Das M#228;dchen aus dem fernen Lande sei gerade noch rechtzeitig gekommen: Wenn sie ihn befreie, werde sie ihm mehr als das Leben retten - sie werde ihm die k#246;nigliche Macht erhalten. Ann wollte dem K#246;nig helfen, aber ihre Kr#228;fte reichten nicht, das Fangeisen wegzudr#252;cken, das die Pfote festhielt. Da entschied sie, Tim herbeizuholen, doch als sie einen Schritt in Richtung der B#252;sche tat, begannen die F#252;chse so j#228;mmerlich zu heulen, da#223; sie stehenblieb. ,Warum bin ich nur so unbeholfen', dachte das M#228;dchen mi#223;mutig. Elli h#228;tte an meiner Stelle bestimmt einen Ausweg gefunden. Da erblickte sie einen starken Ast, den ein Sturm vom Baum gerissen hatte. „Oh, das brauche ich gerade!" rief sie freudig. Sie steckte das Astende zwischen die Z#228;hne des Fangeisens und stemmte sich mit aller Kraft dagegen. Durch die Hebelwirkung #246;ffnete sich das Eisen, und der Fuchs zog die Pfote heraus. Als die umstehenden F#252;chse das sahen, brachen sie in ein Lobgeheul auf die Befreierin ihres K#246;nigs aus. Nasefeins Pfote war geschwollen und blutete. Hilfe tat not. Mit gro#223;er Anstrengung hob Ann den Fuchs auf und trug ihn zu der Stelle, wo Tim schlief. Die anderen F#252;chse folgten ihr ehrerbietig. Beim Anblick des Rudels erhob Arto ein ohrenbet#228;ubendes Gebell, wor#252;ber Tim aufwachte. Er war sehr verwundert, Ann in solch ungew#246;hnlicher Gesellschaft zu sehen. Als sie ihm erz#228;hlte, was vorgefallen war, billigte er ihre Tat und lobte sie. Ann nahm die Reiseapotheke aus dem Rucksack, strich Jod auf die Wunde und legte einen Verband an. Dem K#246;nig wurde es sofort besser, doch gehen konnte er nicht. „Wohin befehlen Eure Fuchsmajest#228;t, Euch zu tragen?" fragte das M#228;dchen. „Nach Fuchsstadt - in meinen Palast", erwiderte der K#246;nig mit schwacher Stimme. Als Ann und Tim den Fuchs auf C#228;sars R#252;cken setzten, streckte Arto den Kopf aus dem Sack und begann w#252;tend zu bellen. Ein Nasenst#252;ber Tims belehrte ihn jedoch, da#223; man seine Gef#252;hle nicht immer so laut hinausschreien d#252;rfe. Der Hund zog den Kopf wieder ein und knurrte nur leise: „Warum machen sie nur so viel Aufhebens von diesem Knallprotz? K#246;nig hin, K#246;nig her - ein anst#228;ndiger Hund hat die Pflicht, so einen zu jagen und zu hetzen... " Die Maultiere setzten sich in Trab, das Gefolge lief hinterher. Die K#246;nigin hatte der beflissene Tim neben sich auf Hannibals R#252;cken gesetzt. Nasefein XVI. wies den Weg durch den dichten Wald. „Wie viele Untertanen besitzen Eure Fuchsmajest#228;t?" fragte Ann den K#246;nig. „Oh, viele Tausende. Allerdings wurden sie das letztemal vor f#252;nf Jahren gez#228;hlt, und jetzt wei#223; ich nicht mehr genau, wie viele es sind."' „Und wo nehmt Ihr das Essen f#252;r sie her?" fragte Ann. „Ihr braucht wahrscheinlich sehr viele Hasen und Kaninchen, um eine solche Menge Esser satt zu machen!" „Daf#252;r hat die Natur gesorgt", sagte der K#246;nig. „Wir pflanzen B#228;ume, deren Fr#252;chte so gro#223; sind wie ausgewachsene Kaninchen und deren Fleisch ebenso schmackhaft ist wie das der Kaninchen. Wir nennen sie Kaninchenb#228;ume." ,Wie viele Wunder gibt es doch im Zauberland!' dachte Ann. Selbst Elli hat von den riesigen Adlern, dem K#246;nigreich der F#252;chse und den Kaninchenb#228;umen nichts geh#246;rt, obwohl sie doch dreimal hier war.' „Warum seid Ihr denn auf die Jagd gegangen, wo in Eurem Lande doch so herrliche B#228;ume wachsen?" wollte das M#228;dchen wissen. „Ihre Fr#252;chte sind schmackhaft", erwiderte Nasefein, „aber wir #252;berlassen sie dem einfachen Volk. Soll ich etwa dasselbe essen, was der Ackerbauer und Tagel#246;hner i#223;t? Pfui!" Der K#246;nig verzog angewidert das Gesicht. „Und die Lust, einen Hasen zu zerfleischen!" Nasefeins Augen gl#228;nzten gierig. „Bei uns darf nur die k#246;nigliche Familie jagen. Den einfachen Leuten ist die Jagd unter Todesstrafe verboten."' Jetzt bereute Ann fast, da#223;. sie den K#246;nig aus dem Fangeisen befreit hatte. Aber,' dachte sie, wenn er umgekommen w#228;re, h#228;tte sein Nachfolger. die Regierung des Landes #252;bernommen, und im K#246;nigreich der F#252;chse h#228;tte sich nichts ge#228;ndert.' Eine Frage des K#246;nigs lenkte Ann von ihren Gedanken ab: „Was sind das f#252;r Tiere, auf denen wir reiten? Ich war in vielen Teilen unseres Landes, aber solche Tiere habe ich nirgends gesehen." „Die gibt es sogar auf der anderen Seite der Berge nicht", sagte Ann. Sie versuchte, dem K#246;nig zu erkl#228;ren, wie die mechanischen Maultiere funktionierten, aber da sie es selbst nicht genau wu#223;te, blieben ihre Erkl#228;rungen unverstanden. Der K#246;nig.begriff nur eins: da#223; die sogenannten Maultiere sich von Sonnenstrahlen ern#228;hren. Und das wunderte ihn nicht sehr. ,Ein jeder i#223;t, was er kann', dachte er bei sich. Unser gemeines Volk i#223;t die Fr#252;chte des Kaninchenbaums, unsre Adligen ern#228;hren sich von Kaninchen und Hasen, die mechanischen Maultiere - von Sonnenstrahlen. Aber Hasenfleisch schmeckt doch am besten!' Das Land der F#252;chse war sehr gro#223;, und die Maultiere brauchten gut zwei Stunden, bis sie die Hauptstadt erreichten. Fuchsstadt bestand aus zahllosen H#252;geln, die eine breite Stra#223;e s#228;umten. Es war leicht zu erkennen, da#223; es k#252;nstliche Baue waren, doch wer sie geschaffen hatte - ob F#252;chse in alten Zeiten oder sonst jemand -,das konnte selbst K#246;nig Nasefein nicht sagen. In jedem H#252;gel waren viele #214;ffnungen zu sehen. Sie bildeten die Eing#228;nge zu den Fuchsbauen. Davor tummelten sich braune und silbergraue kleine F#252;chse. K#246;nig Nasefein erkl#228;rte: „Unser Volk besteht aus zwei St#228;mmen, einem mit braunem und einem mit silbergrauem Pelz. In alten Zeiten lebten diese St#228;mme getrennt und befehdeten sich. Aber vor hundert Jahren schlossen sie sich zusammen und siedelten in diese Gegend #252;ber, wo sie die H#252;gel vorfanden, die f#252;r Baue wie geschaffen waren. Von jener Zeit r#252;hrt der Brauch her, da#223; ein K#246;nig aus dem braunen Stamm seine Gattin unbedingt aus dem Stamm der Silberf#252;chse nimmt. Und umgekehrt: Wenn der K#246;nig ein Silberfuchs ist, mu#223; die K#246;nigin eine braune F#252;chsin sein." Die Kinder h#246;rten nur zerstreut zu, denn ihre Aufmerksamkeit -galt dem Treiben in Fuchsstadt, wo es wirklich viel Merkw#252;rdiges gab. Hinter den H#252;geln zogen sich Plantagen mit den B#228;umen hin, von denen Nasefein erz#228;hlt hatte. An den Zweigen hingen gro#223;e l#228;ngliche Fr#252;chte mit dicker Schale. Da und dort l#246;ste sich eine reife Frucht und fiel zu Boden. Beim Aufschlag platzte die Schale, und das appetitliche rosa Fleisch kam zum Vorschein. Den abgefallenen Fr#252;chten n#228;herten sich auf den Hinterbeinen F#252;chse, die sie mit den Vorderpfoten aufhoben und in Vorratslager trugen. Alle Plantagenarbeiter gingen auf den Hinterbeinen. Die einen lockerten mit spitzen St#246;cken den Boden zwischen den B#228;umen auf, andere trugen in gro#223;en Nu#223;schalen Wasser zum Gie#223;en, dritte klaubten sch#228;dliche Insekten und Larven aus den Ritzen der Rinde heraus. Auf allen vieren liefen nur die jungen F#252;chse, die Handlangerdienste versahen. Unseren Reisenden fiel eine seltsame Prozession auf. Vier F#252;chse trugen eine mit Seide ausgeschlagene schmucke S#228;nfte, in der eine Silberf#252;chsin sa#223;. Die F#252;chsin und der K#246;nig tauschten Verbeugungen aus. „Das ist meine Tante, Prinzessin Spitzohr. Sie macht gerade ihre Besuchsrunde", sagte der K#246;nig zu Tim. Ann fragte: „Fertigen Eure Handwerker so sch#246;ne Dinge an?" „Leider nicht", erwiderte Nasefein. „Unsere Ahnen haben solche Luxusgegenst#228;nde f#252;r Fr#252;chte der Kaninchenb#228;ume bei den Menschen erworben."' „Treibt ihr auch heute Handel?" „O nein", erwiderte der K#246;nig unwillig mit einer verneinenden Bewegung seiner gesunden Vorderpfote. „Fragt nicht, warum der Handel aufgeh#246;rt hat, ich werde es Euch ein andermal sagen."' Ann schwieg betroffen. Auf der Stra#223;e schob eine braune F#252;chsin einen Kinderwagen mit drei Jungen vor sich her, die sich #252;berm#252;tig balgten und nicht auf die Amme h#246;rten, die ihnen ruhig zu liegen befahl und sie mit Klapsen traktierte. Der Palast K#246;nig Nasefeins XVI. sah genau so aus wie die anderen -Fuchsbaue, nur war der Eingang so hoch, da#223; Tim und Ann sich beim Eintreten nicht zu b#252;cken brauchten. Staunend gewahrten die Kinder, da#223; der Innenraum hell erleuchtet war. Das Licht strahlten Kugeln aus, die an der Decke hingen. Aus den Berichten ihrer Schwester wu#223;te Ann, da#223; die Leuchten im unterirdischen Land mit dem Saft von Sechsf#252;#223;erfellen aus dem Reich der Erzgr#228;ber getr#228;nkt waren. Anscheinend hatten die F#252;chse auch diese Lampen bei den Menschen erworben. Den K#246;nig danach zu fragen, wagte das M#228;dchen jedoch nicht, nachdem sie den Unmut Nasefeins bei ihrer letzten Frage bemerkt hatte. An der R#252;ckwand der H#246;hle standen zwei Throne, von denen einer etwas h#246;her war als der andere. W#252;rdevoll nahmen der K#246;nig und die K#246;nigin auf den Thronen Platz, w#228;hrend die H#246;flinge sich auf den Hinterbeinen an den W#228;nden reihten. ,Genau wie bei den Menschen', dachte Ann. K#246;nig Nasefein hielt eine Rede. Er erz#228;hlte kurz von dem Ungl#252;ck, das ihn heimgesucht hatte, und sprach Ann seinen tiefen Dank f#252;r die Rettung aus. „Ihr sollt nicht meinen, da#223; ich Euch meine Erkenntlichkeit lediglich in Worten bezeigen will", fuhr er, zu Ann gewandt, fort. „Ich will Euch etwas schenken, das Euch in unserem Lande von gro#223;em Nutzen sein wird." Dann rief er in den Saal hinein: „Minister Langschwanz!" Ein Silberfuchs mit einem herrlichen flauschigen Schwanz trat bed#228;chtig auf den Thron zu. Der Minister schien auf diesen Schwanz sehr stolz zu sein, denn er war sorgf#228;ltig gek#228;mmt und geb#252;rstet und roch nach Parf#252;m. „Was befehlen Eure Fuchsmajest#228;t?" fragte der W#252;rdentr#228;ger. „Geh in unsere k#246;nigliche Schatzkammer und hole den Silberreif!" befahl der K#246;nig. Diese Worte schlugen wie ein Blitz unter die H#246;flinge ein. Die einen st#246;hnten, w#228;hrend andere flehend die Pfoten erhoben. Der Reif, von dem der K#246;nig sprach, mu#223;te sehr kostbar sein. Doch niemand wagte zu widersprechen, denn seine Majest#228;t Nasefein XVI. verstand keinen Spa#223;. Nach wenigen Minuten kehrte Langschwanz mit einem breiten, rubinbesetzten Silberreif zur#252;ck, der ungew#246;hnlich sch#246;n war. Ann erschauerte bei dem Gedanken, da#223; es ihr zuge- dacht sein konnte. Da sie sehr bescheiden war, meinte sie, es gezieme sich nicht, ein teures Geschenk f#252;r eine gute Tat anzunehmen, und sei es auch f#252;r die Rettung eines Lebens. Sie sagte: „Eure Fuchsmajest#228;t #252;bersch#228;tzen meine Verdienste um Eure Rettung."' „Wieso?" wunderte sich der K#246;nig. „Habt Ihr mir nicht den Thron erhalten?" „Den h#228;ttet Ihr auch ohne meine Hilfe bewahren k#246;nnen."' „Auf welche Weise?"' „Ihr h#228;ttet einen Boten in das Land der K#228;uer schicken k#246;nnen, dann w#228;ren Menschen gekommen und h#228;tten Euch geholfen, wie es Eurer k#246;niglichen W#252;rde geb#252;hrt." Der K#246;nig lachte bitter. „Untersch#228;tzet nicht unseren Verstand, M#228;dchen! Wir haben drei Boten nacheinander zu den K#228;uern geschickt, und alle sind f#252;r ihren Monarchen gefallen!" „Gefallen, warum?" „Auf dem einzigen Weg, der von uns in das Land der K#228;uer f#252;hrt, hat sich ein wilder, ewig hungriger S#228;belzahntiger niedergelassen, der jeden Fuchs, der ihm in die Pranken f#228;llt, zerrei#223;t und auffri#223;t. Aus diesem Grunde hat auch der Handel zwischen uns und den Menschen vor acht Jahren aufgeh#246;rt." Ann fragte betroffen: „Ein S#228;belzahntiger, sagt Ihr? Hat denn der Weise Scheuch den Holzk#246;pfen nicht befohlen, alle diese Tiger auszurotten?" Jetzt war es Nasefein, der staunte. Er erhob sich von seinem Thron und sagte feierlich: „Ihr kennt den Scheuch, die Holzk#246;pfe und die S#228;belzahntiger? Und Ihr kommt von der anderen Seite der Berge? Dann will ich Euch sagen, wer Ihr seid! Ihr seid Durchlaucht Elli, die Fee des T#246;tenden H#228;uschens. Wir hei#223;en Euch willkommen in Fuchsstadt, liebe Fee!" Nach diesen Worten setzte er das verwirrte M#228;dchen auf den Thron und verbeugte sich tief. Das gleiche taten die K#246;nigin und alle H#246;flinge. Nur Tim stand aufrecht und verstand nicht, warum man seiner Freundin solche Ehren bezeigte. Arto, den er auf dem Arm hielt, begann beim Anblick der vielen katzbuckelnden F#252;chse zu knurren. Ann aber stieg vom Thron hinab und sagte: „Eure Fuchsmajest#228;t irren. Nehmt wieder den Platz ein, der Euch zu Recht geb#252;hrt, und h#246;ret mich an. Elli ist meine #228;ltere Schwester. Sie war wirklich mehrmals im Zauberland und hat hier viel R#252;hmliches vollbracht. Ich aber hei#223;e Ann Smith, bin kaum zwei Tage in diesem wunderbaren Land und habe nichts getan, was des Lobes wert w#228;re." Der K#246;nig entgegnete: „Eure Verdienste sind sehr gro#223;. Ihr habt das Land vor einem Dynastiewechsel bewahrt, vielleicht sogar vor einem B#252;rgerkrieg. Euch geb#252;hrt dieser silberne Reif, dessen Zauberkraft ich Euch sogleich vorf#252;hren will." K#246;nig Nasefein stieg wieder auf den Thron, setzte den Reif auf und ber#252;hrte mit der Pfote den gr#246;#223;ten Rubin des Geschmeides. Im n#228;chsten Augenblick verschwand er mitsamt dem massiven Thron. Ann und Tim standen mit weitaufgerissenen Augen da, w#228;hrend Arto laut zu bellen anfing, wor#252;ber die F#252;chse nicht wenig erschraken. Eine Minute sp#228;ter tauchte der Thron mit dem K#246;nig wieder auf. Beim Anblick der vor Staunen erstarrten Ann brach Nasefein in ein schallendes Gel#228;chter aus. „Wie Ihr seht, Durchlaucht, macht dieser Reif seinen Tr#228;ger unsichtbar, wenn er diesen Rubin da" - der K#246;nig wies auf den gr#246;#223;ten Stein - „ber#252;hrt. Dabei werden auch alle Dinge, mit denen der Tr#228;ger des Reifs in Ber#252;hrung ist, unsichtbar. Au#223;erdem pa#223;t der Reif aufjeden Kopf, denn er dehnt sich nach der Gr#246;#223;e des Kopfes aus oder zieht sich zusammen." Ann zauderte, das kostbare Geschenk anzunehmen, aber der K#246;nig dr#252;ckte ihr den Reif fast gewaltsam in die Hand und schien die hei#223;en Dankesworte des M#228;dchens gar nicht zu h#246;ren. „Ihr k#246;nnt ihn ruhig annehmen", sagte er zu Ann, „ich brauche ihn nicht. Wenn ich mich allzu oft unsichtbar mache, werden meine Untertanen bald vergessen, wie ich aussehe, was einem K#246;nig bestimmt nicht n#252;tzen kann, ha, ha, ha!" Ann setzte sch#252;chtern den Reif auf, der genau auf ihren Kopf pa#223;te, als h#228;tte ihn ein geschickter Goldschmied angefertigt. „Er steht dir gro#223;artig, Ann!" rief Tim strahlend. „Einfach wunderbar! Und jetzt verschwinde mal!" Das M#228;dchen ber#252;hrte den gro#223;en Rubin, wie der Fuchsk#246;nig es getan hatte, und war im Nu verschwunden. Tim staunte nicht wenig, als der Platz, wo sie gestanden hatte, v#246;llig durchsichtig wurde. Arto aber bat: „La#223; diese Sp#228;#223;e, Ann, dar#252;ber mu#223; ja jeder anst#228;ndige Hund erschrecken!" Von dem Platz.. 'wo Ann gestanden hatte, erklang ein lautes Lachen, dem die Worte folgten: „He, Tim, fang mich mal!" Tim lief auf die Stimme zu, aber kaum hatte er Anns Arm ber#252;hrt, entschl#252;pfte sie ihm auch schon, und ihre Stimme erklang aus einer anderen Ecke der H#246;hle. Nach mehreren vergeblichen Versuchen sagte der Junge #228;rgerlich: „Jetzt hab ich's aber satt! Das ist hundertmal schlimmer als Blindekuh spielen."' Da tauchte Ann wieder auf. K#246;nig Nasefein sagte: „Ich finde es nur gerecht, da#223; der Silberreif Eurer Durchlaucht geh#246;ren soll. Ihr seid die Schwester Ellis, der Fee, die Bastinda get#246;tet hat, der dieser Zaubertalisman einmal geh#246;rt hat. Die b#246;se Hexe hatte mich aus dem Mutterbau genommen, als ich noch ein kleines F#252;chslein war, und mich als Geschenk f#252;r ihre Schwester in den Violetten-Palast bringen lassen. Im Land der Zwinkerer gibt es keine F#252;chse, und alle starrten mich dort wie ein Wunder an. Bastinda hielt mich mehrere Jahre gefangen. Elli hat Euch gewi#223; erz#228;hlt, wie schwer es war, aus dem Palast der b#246;sen Hexe zu fliehen. Mir aber ist es gelungen!" sagte Nasefein stolz. „Ich hatte herausbekommen, wie die Hexe den Reif benutzte, stahl ihn aus ihrer Schatzkammer und machte mich davon. Dieser Talisman hat mich auf dem Heimweg vor vielen Gefahren bewahrt. Er hat mir auch geholfen, die Macht im Reich der F#252;chse zu erringen. Aber jetzt trenne ich mich ohne Bedauern von ihm, weil..."-bei diesen Worten trat er ganz nahe an Ann heran und fl#252;sterte ihr ins Ohr: „Ich f#252;rchte n#228;mlich, da#223; der Silberfuchs Prinz, Krummbein mir den Reif entwendet. Er hat es auf meinen Thron abgesehen..."' Als Ann dieses Gest#228;ndnis h#246;rte, sagte sie sich, es sei wohl eine gute Tat, Nasefein von dem Talisman zu befreien. Mit reinem Gewissen werde sie Fuchsstadt verlassen, um sich mit ihren Gef#228;hrten in das Land der K#228;uer und von dort in die Smaragdenstadt zu begeben. Vor dem Abschied gab K#246;nig Nasefein XVI. zu Ehren Anns, Tims und Artos ein Festessen. Die Kaninchenbaumfr#252;chte, mit denen man sie bewirtete, schmeckten ausgezeichnet. Mehrere davon bekamen sie mit auf den Weg. Zum Dank schenkte Ann dem K#246;nig ihren blauen Umhang. Nasefein war sehr stolz, als er ihn anzog, und sagte, von jetzt an solle dieser Umhang im Lande der F#252;chse als K#246;nigsgewand dienen. Abgesandte des K#246;nigs Nasefein geleiteten Tim und A nn bis an die Grenze des Landes, wo der Steg begann, der in das Land der K#228;uer f#252;hrte. Sie beschrieben den Kindern auch genau die Stelle, wo der letzte S#228;belzahntiger auf der Lauer lag. Der Steg war gewunden und stellenweise von Gras #252;berwuchert, so da#223; die Kinder ihre Maultiere z#252;geln mu#223;ten. C#228;sar und Hannibal schnaubten unwillig, denn w#228;hrend der Rast in Fuchsstadt hatten sie sich mit Energie vollgeladen, die sie jetzt so schnell wie m#246;glich loswerden wollten. Als die Wanderer an einer Wegkr#252;mmung das gestreifte Fell des Tigers erblickten, lie#223;en sie die Z#252;gel locker. Das Raubtier, das die Hufschl#228;ge schon aus der Ferne vernommen hatte, war aus den B#252;schen getreten und hatte sich zum Sprung geduckt, aber in diesem Augenblick schalteten Tim und Ann auf H#246;chstgeschwindigkeit, und die Maultiere sausten wie der Wind an dem Tiger vorbei. „Ich werde wohl alt und schwerf#228;llig", brummte der S#228;belzahntiger, „da ich nicht einmal unterscheiden konnte, was so schnell an mir vorbeigesaust ist. Jedenfalls waren es keine F#252;chse." Ann und Tim ritten mehrere Stunden, bis sich vor ihnen das herrliche Blaue Land auftat, das das M#228;dchen aus den Geschichten seiner Schwester so gut kannte. Ein seltsames Gef#252;hl bem#228;chtigte sich Anns: Ihr war, als habe sie diese wunderbare Landschaft mit dem smaragdgr#252;nen Gras, diese B#228;ume mit den ungew#246;hnlichen Fr#252;chten und diese rauschenden B#228;che mit den unz#228;hligen Gold- und Silberfischlein schon einmal gesehen. Hinter den B#228;umen traten liebliche Menschlein mit breitkrempigen, silberschellenbehangenen H#252;ten hervor. Sie hatten blaue M#228;ntel und enge Hosen an und bewegten ununterbrochen die Kiefern. Am Rande der Lichtung blieben sie stehen und betrachteten #228;ngstlich den Jungen und das M#228;dchen auf den hohen Maultieren. „Guten Tag, liebe K#228;uer!" sagte das M#228;dchen, das vom Maultier stieg und mehrere Schritte zu den Menschlein hin machte, w#228;hrend Tim mi#223;trauisch im Sattel blieb. „Guten Tag, m#228;chtige Fee", erwiderte ein beherzter K#228;uer und verbeugte sich vor den Ank#246;mmlingen. Seinem Beispiel folgten die anderen, wobei die Schellen auf ihren H#252;ten gar lieblich l#228;uteten. „Warum meint ihr, da#223; ich eine Fee bin?" fragte Ann l#228;chelnd. „Weil nur eine Fee einen solch sch#246;nen Silberreif auf dem Haupt tr#228;gt. Auch siehst du der Fee des T#246;tenden H#228;uschens sehr #228;hnlich, die uns von der b#246;sen Gingema befreit und den t#252;ckischen Urfin Juice mit seinen Holzsoldaten besiegt hat." Bei diesen Worten fingen die K#228;uer zu schluchzen an, und damit das Gebimmel der Schellen sie dabei nicht st#246;re, nahmen sie die H#252;te ab und legten sie auf die Erde. „Warum weint ihr denn, liebe Freunde?" fragte Ann verwundert. „Wir weinen, weil der b#246;se Urfin das Zauberland erneut unterjocht und den Weisen Scheuch gefangengenommen hat", erwiderte ein K#228;uer. Ann und Tim traten vor Staunen die Augen fast aus den H#246;hlen. „Aber wie konnte das geschehen?" fragte das M#228;dchen. „Ich will es euch erz#228;hlen", sagte eine kleine alte Frau, die aus der Menge hervortrat. Sie trug ein wei#223;es, mit funkelnden Sternchen besetztes Gewand. „Guten Tag, Frau Willina!" sagte das M#228;dchen. „Ihr kommt wohl aus dem Gelben Lande?" „Ja, mein Kind", erwiderte die Frau und umarmte Ann. „Seit mehreren Tagen verfolge ich deine Abenteuer und freue mich sehr, da#223; du die Zeit nicht vertr#246;delst."' Bei diesen Worten ber#252;hrte Willina den Zauberreif des M#228;dchens. „Das ist ein Geschenk des K#246;nigs der F#252;chse", sagte das M#228;dchen sch#252;chtern. „Ich wei#223;, meine Liebe, und gratuliere dir dazu. Dieser Talisman wird dir und deinem Freund im Kampf mit Urfin Juice helfen."' „Werden auch wir mit dem grausamen Urfin k#228;mpfen m#252;ssen?" fragte Ann erschrocken. „Ja, das werdet ihr, mein Kind", erwiderte die Zauberin. „Deine Schwester Elli und ihre Freunde sind zu milde mit diesem t#252;ckischen Mann verfahren, und jetzt hat er wieder die Macht erobert, ein Heer der Springer auf die Beine gebracht und den Scheuch und den Eisernen Holzf#228;ller gefangengenommen."' „Auch den Holzf#228;ller?" „Ja, auch ihn hat Urfin #252;berrumpelt. Von den drei wackeren Freunden Ellis lebt nur noch der Tapfere L#246;we frei in seinem fernen Wald. Siehst du, mein liebes M#228;dchen, ich darf mein Land nicht f#252;r lange Zeit verlassen und kann dir nur mit einem Rat behilflich sein, aber ich werde alles tun, was in meinen Kr#228;ften steht."' „Ich danke Euch, liebe Frau", sagte Ann. „Hat das Schicksal mich und Tim hergef#252;hrt, um den Scheuch und den Eisernen Holzf#228;ller zu retten, so werden wir unsere Pflicht tun." „Ich denke genau wie Ann", sagte Tim. „Ich will mein Zauberbuch um Rat fragen", sagte Willina und zog aus den Falten ihres Gewandes ein winziges B#252;chlein hervor. Sie legte es auf einen Stein, blies darauf und sprach ein paar Zauberworte, worauf es sich in ein dickes Buch verwandelte. Willina bl#228;tterte darin, bis sie das Wort „Gefangene" fand, erhob die Augen und sprach die Beschw#246;rung: „Bambara-tschufara, skoriki-moriki, turabo-furabo, lorikijoriki..." Mit geschlossenen Augen wiederholten die schreckensbleichen K#228;uer: „Bambara-tschufara, loriki-joriki..." Auf einem leeren Blatt des Buches traten Worte hervor, die Willina feierlich verlas: „Das M#228;dchen Ann und ihr Gef#228;hrte, die rittlings auf wunderbaren Tieren, die von Sonnenstrahlen gespeist werden,- in unser Land gekommen sind, m#246;gen auf dem gelben Backsteinweg in die Zauberstadt ziehen... " „Seltsam", sagte die Zauberin, „vor zehn Jahren hat dieses Buch deine Schwester Elli auf diesen Weg geschickt, und siehe, jetzt ist die Reihe an dir... Aber la#223;t uns weiter lesen." „Im ehemaligen Palast Goodwins sollen Ann und ihr Freund den Zauberkasten des Scheuchs, dessen sich Urfin bem#228;chtigt hat, an sich nehmen. Dabei wird ihnen der Silberreif helfen. Der Zauberkasten wird das #252;brige tun..." „Hm, das Ende ist nicht klar. Aber das Buch will wohl nicht mehr aussagen", meinte die Zauberin. „Das Weitere wird sich an Ort und Stelle zeigen. Nun denn, macht euch auf den Weg, meine lieben Kinder, ich w#252;nsche euch Erfolg, lebt wohl!..."' Das Buch schrumpfte wieder zusammen und verschwand in den Falten des Gewandes. Eine Sekunde sp#228;ter war auch die Zauberin verschwunden. Wo sie gestanden hatte, erhob sich ein Wirbel, der #252;ber die Wiese fegte und sich in der Ferne verlor. Verbl#252;fft betrachteten die K#228;uer die Stelle, wo eben noch Willina gestanden hatte. Da kam Ann ein kecker Gedanke: Sie wollte diesen scheuen Menschlein zeigen, da#223; auch sie Wunder tun k#246;nne wie die Zauberin aus dem Gelben Lande. Sie ber#252;hrte den gro#223;en Rubin auf dem Reif und war im n#228;chsten Augenblick verschwunden. Zwei solcher Kunstst#252;cke hintereinander - das war mehr, als die #228;ngstlichen K#228;uer vertragen konnten. Mit Schreien des Entsetzens stoben sie auseinander und verbargen sich in den B#252;schen. Ann, die nach wenigen Sekunden wieder auftauchte, und Tim, der ihren Scherz mi#223;billigte, mu#223;ten den K#228;uern lange zureden, bis sie sich ein Herz fa#223;ten und aus den B#252;schen hervortraten. Als sie erfuhren, da#223; es der Silberreif war, der den Zauber bewirkt hatte, waren sie #252;berzeugt, da#223; Ann eine noch m#228;chtigere Fee sei als ihre Schwester. Sie baten das M#228;dchen inst#228;ndig, den grausamen Urfin und die Springer zu vertreiben und den guten Scheuch wieder als Herrscher einzusetzen. Dann schafften sie eine Menge Proviant f#252;r die Kinder herbei. Zum Dank gab Ann ihnen Fr#252;chte des Kaninchenbaums. Die kleinen Menschlein freuten sich sehr #252;ber das Geschenk und sagten: „Wir haben diese herrlichen Fr#252;chte seit dem Tag nicht mehr gegessen, da der blutr#252;nstige Tiger uns den Weg in das K#246;nigreich der F#252;chse verlegt hat." „Warum t#246;tet ihr ihn denn nicht?" fragte Tim. #220;ber diese Frage waren die K#228;uer so verwundert, da#223; die Schellen an ihren H#252;ten von selbst zu bimmeln anfingen. „Wie sollen wir ihn t#246;ten, wo wir doch so klein und schwach sind?" riefen sie. Tim l#228;chelte nachsichtig. „Ich habe leider keine Zeit, euch zu zeigen, wie man das macht. Aber ihr werdet es wohl auch ohne mich schaffen, wenn ich es euch erkl#228;re. Grabt 300 Fu#223; von der H#246;hle des Raubtiers entfernt eine tiefe Grube aus, bedeckt sie mit Zweigen und Laub und bindet davor an einen Pflock zwei L#228;mmer an. Diese werden durch ihr Bl#246;cken den Tiger anlocken, der herbeieilen und sich auf sie st#252;rzen wird. Dabei wird er in die Grube fallen, und dort wird er _ verrecken." #220;ber diese Worte gerieten die K#228;uer in Entz#252;cken. Sie h#252;pften und tanzten so lange, bis sie ersch#246;pft umfielen. Wenige Tage sp#228;ter taten die Einwohner des Blauen Landes, wie Tim ihnen geraten hatte, und wie erwartet fand der Tiger in der Grube seinen Tod. Die K#228;uer schlugen neben der Grube einen Pflock in die Erde, an den sie ein T#228;felchen mit der Aufschrift anbrachten: Hier sind die #220;berreste des letzten Tigers des Zauberlandes begraben. Wir haben ihm den Garaus gemacht, wie der wunderbare Tim, ein Junge von der anderen Seite der Berge, es uns gelehrt hat. Wir loben und preisen ihn! Auf dem Weg in die Smaragdenstadt, sagten die K#228;uer, w#252;rden die Kinder durch ein gro#223;es Dorf der Unterirdischen Erzgr#228;ber kommen. Es seien zwar viele Jahre vergangen, seitdem die Erzgr#228;ber ihre H#246;hle verlassen und sich in der oberen Welt angesiedelt hatten, aber aus Gewohnheit nenne man sie bis auf den heutigen Tag die Unterirdischen. „Werden sie uns nichts B#246;ses antun?" fragte Arto. „O nein, das sind herzensgute Menschen", versicherten die K#228;uer. „Freilich haben sie die Gewohnheit, beim Sprechen zu Boden zu blicken, was nicht einem jeden gef#228;llt. Aber sie k#246;nnen nicht anders, weil das grelle Tageslicht sie immer noch st#246;rt." Beim Abschied versprachen Tim und Ann, auf dem Heimweg wieder bei den K#228;uern einzukehren. C#228;sar und Hannibal waren froh #252;ber den Aufbruch, denn Bewegung war ihnen das liebste auf der Welt. - das lag eben in ihrer Natur. An diesem Tag kamen die Kinder durch mehrere K#228;uerd#246;rfer. Alles war dort blau: die H#228;user mit den Spitzd#228;chern, die Tore und Z#228;une, die Einfriedungen der G#228;rten und Felder und die Kleider der Einwohner. Unsere Reisenden wurden #252;berall freundlich begr#252;#223;t. Auf eine geheimnisvolle Weise hatten die Leute erfahren, da#223; die kleine Schwester der Fee des T#246;tenden H#228;uschens eingetroffen sei und den Kampf mit dem grausamen Urfin Juice aufnehmen wolle. Im letzten blauen Dorf zeigte man Tim und Ann die Richtung, die sie einschlagen mu#223;ten, um auf den gelben Backsteinweg zu gelangen. Bald erreichten die Kinder die Lichtung, in der die H#252;tte John Smith' nach der wunderbaren Luftreise gelandet war. Der Wohnwagen stand noch immer da, allerdings geschw#228;rzt von Wind und Wetter. Auf der T#252;r war noch die halbverwischte Aufschrift zu lesen: „Ich bin nicht zu Hause", die Elli hingekritzelt hatte, als sie noch ein kleines M#228;dchen war. Nat#252;rlich traten die Kinder in den Wagen ein. Drinnen herrschte eine gro#223;e Unordnung. Die St#252;hle waren umgefallen, und ein Teil des Geschirrs, das aus dem K#252;chenschrank gerutscht war, lag zerbrochen auf den Dielen. Ann nahm zum Andenken ein mit Blumen bemaltes Tellerchen mit, Tim stellte die St#252;hle um den Tisch auf und staubte sie ab. Schweigend verlie#223;en die Kinder das H#228;uschen, das seit zehn Jahren keines Menschen Fu#223; betreten hatte. „Da mu#223; irdendwo in der N#228;he die H#246;hle Gingemas sein", sagte Ann leise. „Mir ist so bange... " „Hab keine Angst", beruhigte sie Tim. „Mit unseren Maultieren und dem Silberreif brauchen wir nichts zu f#252;rchten... Au#223;erdem bin ich ja auch noch da!" Bei diesen Worten richtete sich der Junge im Sattel auf und machte ein grimmiges Gesicht. „Prahlhans!" l#228;chelte Ann. „Du vergi#223;t anscheinend, da#223; wir noch sehr klein sind, lieber Tim."' |
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