"Satan und Ischariot III" - читать интересную книгу автора (Май Карл)F#252;nftes Kapitel. Am wei#223;en Felsen.Es fiel uns nat#252;rlich nicht ein, von der J#252;din Abschied zu nehmen. Wir lie#223;en uns von den Yumas das Pferd Meltons zeigen; es wurde gesattelt, und wir banden ihn darauf. Unsere Pferde bekamen wir wieder. Wir kauften einen Vorrat getrockneten Fleisches; dann ritten wir fort, nachdem ich den Indianern gesagt hatte, da#223; wir unsere Lassos holen w#252;rden und sie sich nicht an denselben vergreifen sollten. Sie lie#223;en uns fortreiten, ohne uns irgend ein Hindernis in den Weg zu legen; doch sah man es ihnen an, da#223; sie sich dar#252;ber #228;rgerten, da#223; sie von uns gezwungen worden waren, Frieden zu halten. W#228;re die M#246;glichkeit vorhanden gewesen, wieder mit ihnen zusammenzutreffen, so konnten wir sicher sein, da#223; sie sich nicht friedlich oder freundlich zu uns verhalten w#252;rden. Eigentlich h#228;tten wir nun den Canon des Flujo blanco emporreiten m#252;ssen; wir mu#223;ten aber zu der Indianerfrau, um unser Versprechen zu erf#252;llen, und au#223;erdem wollten wir doch auch unsere Lassos holen. Darum ritten wir den Flu#223; abw#228;rts und schwenkten dann nach Ost, in welcher Richtung das Haus lag. Wir erreichten es nach zwei Stunden. Die Frau stand vor der Th#252;r; sie hatte uns kommen sehen. »Hatte meine rote Schwester heute in der Nacht Besuch?« fragte ich sie. »Ja,« antwortete sie. »Das junge Bleichgesicht, welches ihr fangen wollt, war da, um mein Pferd zu holen.« »Du hast es ihm gegeben?« »Nein, er hat es sich selbst genommen. Ich wollte ihn daran hindern; da drohte er mir mit dem Tode.« »Reiter er ungesattelt?« »Nein, er hat mir auch das Lederzeug genommen.« »Erhieltest du nicht einen Auftrag von ihm?« »Ja. Ich soll der wei#223;en Squaw sagen, da#223; er gl#252;cklich fortgekommen sei und da#223; sie ihm recht bald folgen soll. Dann ritt er fort nach S#252;den; ich habe ihm heimlich nachgeblickt und nachgehorcht.« »Wir wissen, wohin er ist. Wir sind mit dir zufrieden und werden dir geben, was wir dir versprochen haben.« Jeder von uns gab ihr etwas, und das war zusammen soviel, da#223; sie bei den Ihrigen, zu denen sie zur#252;ckkehren wollte, f#252;r wohlhabend gelten konnte. Dann ritten wir gegen S#252;den fort, um zu unsern Lassos zu kommen. Als wir den Rand des Thalkessels erreichten, #252;ber welchen die Lassos in die Tiefe hinabhingen, standen die Yumas unten und sahen herauf. Sie hatten uns erwartet. Auf der obersten Plattform stand die J#252;din. Man hatte sie also nach unserm Fortgange frei gemacht. Die Rache, welche sie gegen uns empfand, hatte ihr einen schrecklichen Gedanken eingegeben. Sie hatte n#228;mlich den Teil des Lassos, den sie erreichen konnte, abgeschnitten und hielt ihn uns unter triumphierenden Rufen entgegen, eine schreckliche Rache! Ich lachte. Emery legte die Flinte #252;ber den Rand des Abgrundes, und richtete den Lauf auf sie. Da rannte sie, vor Angst schreiend, davon und verschwand im Loche, welches den Zugang zum obersten Stockwerk bildete. Wir zogen die Lassos empor, hatten aber nun nur noch zwei und einen halben, wor#252;ber wir freilich nicht in Verzweiflung gerieten. Darauf wurde der Weg fortgesetzt, oder vielmehr die Verfolgung Jonathan Meltons eigentlich erst begonnen. Seit wir das Pueblo verlassen hatten, waren vier Stunden verflossen. Es war also anzunehmen, da#223; er einen Vorsprung von wenigstens acht Stunden vor uns hatte. Darum fragte ich den Apatschen: »Wie weit ist es bis zu dem wei#223;en Felsen?« »Da wir gute Pferde haben, werden wir, wenn nichts dazwischen kommt, drei#223;ig Stunden reiten m#252;ssen.« »So rechne ich mehr als drei#223;ig, denn das Pferd Meltons kann mit den unsrigen nicht fort. T#228;glich zw#246;lf Stunden; also werden wir #252;bermorgen ankommen. Meint Winnetou, da#223; der " starke Wind" uns freundlich empfangen wird?« »Die Mogollons sind nicht gut auf die Apatschen zu sprechen; aber ich habe ihnen nie ein Leid gethan. Warum sollte er uns also feindlich empfangen?« »Melton wird ihn gegen uns aufhetzen!« »Ja, wenn er eher dort ankommt, als wir!« »Das wird er. Er bietet sicher alles auf, um so schnell wie m#246;glich hinzukommen.« »Warum soll er sich so beeilen? Er wird #252;berzeugt sein, da#223; Judith uns auf keinen Fall etwas gesagt hat.« »Er kann aber auch eine Absicht haben, welche uns gef#228;hrlich zu werden vermag. Vielleicht nimmt er an, da#223; wir l#228;ngere Zeit am Pueblo bleiben, und veranla#223;t die MogolIons, mit ihm dorthin zu kommen, um uns anzugreifen.« »Das ist allerdings m#246;glich. In diesem Falle werden wir auf sie treffen und k#246;nnen sicher sein, da#223; sie uns als ihre Feinde betrachten werden.« Die Unterhaltung wurde selbstverst#228;ndlich so gef#252;hrt, da#223; der alte Melton nichts von ihr h#246;ren konnte. Er w#252;rdigte uns keines Blickes. Es waren jedenfalls sehr d#252;stere Gedanken, welche sein Gesicht so sehr verfinsterten. Von Zeit zu Zeit stie#223; er einen tiefen Seufzer aus oder lie#223; ein zorniges St#246;hnen vernehmen. Der zerschlagene Teil seines K#246;rpers, mit welchem er auf dem Pferde sa#223;, mu#223;te ihn au#223;erordentlich schmerzen. Jonathan Melton einzuholen, davon ' konnte keine Rede sein; das sahen wir bald ein. Vogels und Meltons Pferde waren keine Komantschenrosse, und der letztere gab sich au#223;erdem alle M#252;he, unsern Ritt zu verlangsamen. Er w#228;re geradezu ein Idiot gewesen, wenn er nicht erraten h#228;tte, da#223; wir hinter seinem Sohne her waren; darum that er alles, was in seiner Lage m#246;glich war, unsere Schnelligkeit zu beeintr#228;chtigen. Winnetou kannte die Gegend und war, wie so oft, ein h#246;chst zuverl#228;ssiger F#252;hrer. Wir hatten die F#228;hrte Jonathans vor uns. Er war noch nie hier gewesen und folgte also nur den Weisungen der J#252;din, traf aber die Richtung so genau, als ob er den Weg schon vielemal zur#252;ckgelegt h#228;tte. Der Weg f#252;hrte immer bergan, bis wir gegen Abend die Hochebene erreichten, welche sich zwischen der Sierra Blanca und den Mogollonbergen ausdehnt. Da, wo wir uns befanden, war das Hochplateau unbewaldet. Es gab ein d#252;nnes, niedriges Gras, welches an die Puna der peruanischen Alpen erinnerte. Ebenso erinnerte der Wind daran, der scharf und kalt aus Westen wehte und uns bald durchfr#246;stelte. Man war einen so sehr frischen Luftzug gar nicht mehr gew#246;hnt. W#228;re ich mit Winnetou und Emery allein gewesen, so h#228;tten wir gewi#223; nicht angehalten, sondern w#228;ren die ganze Nacht hindurchgeritten, um noch vor Melton das Ziel zu erreichen. Aber Vogel war kein ausdauernder Reiter, und der alte Melton drohte jeden Augenblick vom Pferde zu fallen. Halb mochte das Verstellung sein, halb war es aber auch die Folge der Schmerzen, welche er auszustehen hatte. »Halten wir noch vor nachts an?« fragte Emery. »Nicht gern,« antwortete Winnetou. »Aber bis fr#252;h k#246;nnen wir unm#246;glich reiten. Da ist es doch besser, wir suchen uns jetzt einen zum Lagern geeigneten Ort, als wenn wir in der Dunkelheit da anhalten m#252;ssen, wo wir uns gerade befinden.« »Mein Bruder hat recht. Ich kenne einen solchen Ort.« »Er m#252;#223;te uns aber auch Schutz vor dem Winde geben, der einem beinahe bis auf die Knochen geht!« »Es ist eine Felswand, die den Wind von uns abhalten wird. In einer Viertelstunde sind wir dort.« In der angegebenen Zeit sahen wir eine Erh#246;hung, einen kleinen Berg, aus der Hochebene aufsteigen, welcher sich nach Westen nur allm#228;hlich niedersenkte, im Osten aber sehr steil abfiel und da eine Art Coulisse bildete, in welche der kalte Wind nicht zu dringen vermochte. Da gab es auch mehrere B#228;ume und viel Gestr#228;uch, also Holzmaterial zu einem Feuer, welches wir bei der K#228;lte recht wohl gebrauchen konnten. Wir stiegen ab und banden den alten Melton los. Er war so steif, da#223; er nicht stehen und nicht gehen konnte. Wir mu#223;ten ihn nach der Einbuchtung der Bergwand, welche ich Coulisse genannt habe, tragen und ihn dort niederlegen. Vielleicht war auch das Verstellung. Jedenfalls galt es, ein wachsames Auge auf ihn zu haben. Nachdem wir die Pferde angehobbelt hatten, suchten wir trockenes Holz zusammen und brannten ein Feuer an, dem wir uns so nahe wie m#246;glich legten. Dann wurde gegessen. Melton bekam auch seine Portion Fleisch, die ich klein schnitt und ihm st#252;ckweise in den Mund steckte; ich wollte ihm die H#228;nde selbst zum Essen nicht gern freigeben. »Wachen wir?« erkundigte sich Emery. »Vielleicht wird es nicht n#246;tig sein,« antwortete Winnetou. »Es giebt keine Feinde hier.« »Gut, so schlafen wir alle. Wir k#246;nnen es brauchen.« »Und doch ist es wohl besser, wenn wir wachen,« entgegnete ich. »Erstens m#252;ssen wir auf Melton achthaben, und zweitens traue ich seinem Sohne nicht. Er ist zwar kein Prairiemann, aber auch kein Dummkopf. Alle andern Ideen und Vermutungen in Ehren, aber er kann doch auch denken, da#223; wir erfahren haben, wohin er ist; er hat #228;hnliches schon an uns erlebt. In diesem Falle wei#223; er, da#223; wir ihm folgen. Wie nun, wenn er auf den Gedanken kommt, auf uns zu warten?« »Hm!« brummte Emery. »So erfahren ist er wohl nicht!« »Nicht erfahren, sondern klug.« »Und nicht nur klug, sondern auch k#252;hn w#252;rde das sein!« »Er ist nicht feig, und da#223; er k#252;hn werden kann, wo es sich um so viel handelt, das l#228;#223;t sich doch wohl denken. Wenn ihr schlafen wollt, gut; aber dann wache ich die ganze Nacht.« »Unsinn! Wenn du so besorgt bist, so wechseln wir nat#252;rlich ab.« Es wurde gelost. Die erste Wache traf Winnetou, die zweite Emery, dann kam ich und hinter mir Vogel, jeder anderthalbe Stunde lang. Das gab sechs Stunden; dann wollten wir aufbrechen. Jetzt war es ungef#228;hr neun Uhr abends. Nach den Ereignissen der letzten Zeit und dem #246;fteren Wachen w#228;hrend der N#228;chte schlief ich so fest, da#223; Emery, als meine Zeit gekommen war, mich zweimal sto#223;en mu#223;te, ehe ich aufwachte. Er legte sich nieder, und ich warf neues Holz ins Feuer, um die Schl#228;fer zu erw#228;rmen. Es war still rings umher; zu beiden Seiten unserer Schutzwand aber strich der Wind zuweilen pfeifend vor#252;ber. Um mich wach zu halten, stand ich hin und wieder auf und spazierte eine Weile hin und her. So verging meine Wache und ich hatte Vogel zu wecken. Er that mir leid. Er war die Anstrengungen nicht gew#246;hnt; der Schlaf that ihm so wohl, und so lie#223; ich ihn liegen, um seine Wache f#252;r ihn zu thun. Jetzt ging das gesammelte Holz auf die Neige; darum entfernte ich mich, um neues Ast- und Zweigwerk zu suchen. Da wir die n#228;here Umgebung des Lagerplatzes schon abgesucht hatten, mu#223;te ich weitergehen und wegen der Dunkelheit war ich auf den Tastsinn angewiesen. So suchte ich, mit den Fingern hierhin und dorthin greifend, zwischen den Str#228;uchern herum und entfernte mich immer weiter vom Feuer. Dabei war es nat#252;rlich nicht m#246;glich, jedes Ger#228;usch zu vermeiden; die Aeste und Zweige, die ich fand, knickten und knackten und - - was war denn das f#252;r ein Ton, den ich jetzt h#246;rte? Das war kein Knacken eines Astes; das klang ganz anders; war - - hm! Hatte ein Windsto#223; gepfiffen, geheult? Oder war es das Wiehern eines Pferdes gewesen? Ich lauschte. Das Ger#228;usch oder vielmehr der Ton wiederholte sich nicht; aber ich war aufmerksam geworden; ich hatte Verdacht gesch#246;pft. Wenn ich mich nicht irrte, war das Pfeifen oder Wiehern da von rechts hergekommen. Ich legte das Reisigholz weg, mich selbst auf den Bauch und kroch in der angedeuteten Richtung vorw#228;rts. Da ich zwischen B#252;schen hindurch mu#223;te, war die Sache au#223;erordentlich schwierig. Wenn es sich um Feinde handelte, die zwischen den Str#228;uchern steckten, so waren sie bei der herrschenden Dunkelheit nur dann aufzufinden, wenn ich das Terrain in einem breiten Zickzack durchkroch, soda#223; ich an jedem Busche wenigstens einmal vor#252;berkommen mu#223;te. Dann dauerte es aber sicher stundenlang, ehe ich nur zur H#228;lfte fertig wurde. Da ich aber nicht anders verfahren konnte, so kroch ich in der angegebenen Weise weiter, erst rechts hin, bis ich am Felsen war, und dann wieder nach links, bis an das Ende des Gestr#228;uches. So kam ich zwar langsam, aber doch immer vorw#228;rts, bis - Ah, da erklang derselbe Ton, und nun h#246;rte ich deutlich, da#223; es das Wiehern eines Pferdes war. Ich wu#223;te nun auch die Stelle, an welcher ungef#228;hr sich das Tier befinden mu#223;te. Das war nicht drau#223;en im Freien, sondern auch nahe an dem steilen Bergabhange, wohin der Wind nicht treffen konnte. Der Besitzer des Pferdes hatte ebenso wie wir vor demselben Schutz gesucht. Wer aber konnte der Mann sein? War er schon vor uns dagewesen, so hatte er uns kommen sehen m#252;ssen. Warum war er da, falls er nichts B#246;ses im Schilde f#252;hrte, nicht zu uns gekommen' oder, falls er uns zu f#252;rchten hatte, nicht davongeritten? Warum war er geblieben? Oder er war sp#228;ter als wir gekommen. Da hatte er unser Feuer sehen m#252;ssen. Jedenfalls hatte er sich da an uns geschlichen, um zu sehen, wer wir waren. Da#223; er trotzdem in der N#228;he geblieben war, lie#223; darauf schlie#223;en, da#223; - ja, worauf lie#223; das denn nun schlie#223;en? Es konnte sowohl auf friedliche, als auch auf feindliche Absichten deuten. Oder gar, wenn es sich nicht um einen einzelnen Menschen, sondern um mehrere handelte! Dann befanden wir uns freilich in Gefahr! Ich mu#223;te unbedingt wissen, woran ich war, kroch wieder bis zur Bergwand hin und dann dieselbe entlang. Wenn mich der Schall nicht get#228;uscht hatte, konnte ich jetzt h#246;chstens f#252;nfzig Schritte von dem Pferde, welches gewiehert hatte, entfernt sein. Ich schob mich auf den H#228;nden und Knieen vorsichtig weiter, bis ich diese Entfernung ungef#228;hr zur#252;ckgelegt hatte. Und richtig! Da, links von mir, stand ein Pferd, aber nicht eines allein; es waren zwei, drei, f#252;nf und noch mehr. Sie waren angebunden. Die Reiter mu#223;ten in der N#228;he sein. Ich kroch also weiter, zwischen der Felswand und den Pferden hin. Da sah ich zwischen zwei Str#228;uchern in dem hier hohen Grase gerade vor mir einen langen, dicken Gegenstand, ein rundes B#252;ndel liegen. Was war das? Es war ein Wagnis, dennoch kroch ich ganz hinan, bis ich es mit der Hand erreichen konnte. Ich ber#252;hrte dieses B#252;ndel mit den Fingerspitzen und tastete ganz leise an demselben hin. Es war ein Mensch, der sich in mehrere Decken gewickelt hatte. Wo aber befanden sich die andern? Denn da es so viele Pferde hier gab, mu#223;ten auch mehrere Reiter vorhanden sein. Weil ich zwischen der Felswand und dem schlafenden B#252;ndel nicht hindurch konnte, mu#223;te ich einen Bogen machen und kam an eine kleine Lichtung, auf welcher die sa#223;en, weiche ich suchte. Ich h#246;rte, da#223; sie sich halblaut unterhielten. Es war notwendig, etwas von dem, was sie sprachen, zu verstehen. Wenn mir das gelang, wu#223;te ich, wen ich vor mir hatte. Ich wagte also, mich noch weiter zu n#228;hern, und kam hinter einem Steinbrocken zu liegen, vor welchem zwei von ihnen sa#223;en. Gleich daneben stand ein Busch. ich hatte also soviel Schutz, da#223; ich nicht bef#252;rchtete, bemerkt zu werden. Ich schob meinen Kopf zwischen Busch und Stein hinein und lauschte. Ah, das war ja Yuma-Sprache! Sollten die Bewohner des Pueblo uns verfolgt haben? Welche Idee! Und doch lag das nicht au#223;er dem Bereiche der M#246;glichkeit. Da sagte einer: »Wir h#228;tten nicht warten Sollen, sondern gleich #252;ber sie herfallen m#252;ssen!« Obgleich er nicht laut sprach, erkannte ich doch die Stimme des Indianers, in dessen Hause wir vorgestern abend #252;berfallen worden waren. Meine Vermutung war also richtig. Ich hatte die Puebloindianer vor mir. »Das w#228;re falsch gewesen,« antwortete sein Nachbar. »Unsere Kugeln konnten den gefangenen Melton treffen, gerade den, den wir befreien wollen.« »Nein, den h#228;tten wir nicht treffen k#246;nnen, denn es brannte das Feuer. Da sieht man doch, wohin man schie#223;t.« »Aber die Wache, bedenke die Wache! Wenn es nicht Old Shatterhand gewesen w#228;re! Ihn und Winnetou haben wir zu f#252;rchten, den dritten weniger und das junge Bleichgesicht, welches bei uns gefangen war, gar nicht. Old Shatterhand h#228;tte uns gewi#223; kommen h#246;ren!« »Er hat dich doch auch nicht geh#246;rt, obgleich du so nahe am Feuer warst!« »Da wachte er noch nicht; er wurde erst geweckt, gerade als ich kam. Er sa#223; eine kleine Weile; dann stand er auf und kam auf mich zu. Ich mu#223;te schnell fliehen, sonst h#228;tte er mich gesehen. Gl#252;cklicherweise hat er mich nicht geh#246;rt. Aber wenn mehrere k#228;men, die w#252;rde er ganz gewi#223; h#246;ren. Wir m#252;ssen warten, bis der n#228;chste wacht.« Da fiel ein dritter ein: »Wir thun, was die wei#223;e Squaw gesagt hat: Wir warten mit dem Angriffe, bis der Tag graut. Da sehen wir, wohin wir schie#223;en. Es sind nur vier Personen, denen wir unsere Kugeln zu geben haben; wenn wir sie sehen k#246;nnen, sind wir in einem Augenblicke mit ihnen fertig. Greifen wir aber jetzt an, so tr#252;gt die Dunkelheit und das Flackern des Feuers; wir treffen nicht sicher, und wenn wir sie nicht t#246;ten, sondern nur verwunden, so sind wir ihnen wohl gar umsonst nachgeritten.« »Ihr f#252;rchtet euch viel zu sehr vor ihnen!« meinte unser verr#228;terischer Wirt. »Es ist nicht Furcht, sondern Vorsicht. Denke an die Silberb#252;chse des Apatschen, und dann gar an Old Shatterhands Gewehre, die wir schon damals zu unserm Schaden kennen gelernt haben. Nein, wir greifen erst beim Morgengrauen an. Die wei#223;e Squaw will die Feinde st#252;rzen sehen; sie w#252;nscht das so, und den Gefallen k#246;nnen wir ihr thun, denn sie ist die Squaw unsers H#228;uptlings gewesen.« »Da hast du recht!« h#246;rte ich da die Stimme der wei#223;en Squaw. Sie hatte sich aus ihren Decken gesch#228;lt, war aufgestanden und herangetreten. »Ich will dabei sein; ich will es sehen, wenn die Hunde, die Schurken von euern Kugeln getroffen werden. Deshalb habe ich im Pueblo alles liegen lassen und bin so schnell mit euch geritten, um sie einzuholen. Ihr werdet gro#223;en Lohn bekommen, wenn ihr mir gehorcht. Wenn wir den Vater meines Mannes befreit und seine Widersacher get#246;tet haben, geh#246;ren euch ihre Skalpe, wohl die wertvollsten, die es giebt. Auch ihre Gewehre und alles, was sie bei sich tragen, sollt ihr haben, und dann reiten wir gleich weiter nach dem »wei#223;en Felsen« zu meinem Manne, der euch soviel geben wird, wie ihr noch nie besessen habt. Seid ihr einverstanden?« »Ja, ja, ja, ja,« ert#246;nte es rundum im Kreise. »Wie weit ist es bis zum Feuer, an dem die Schufte sitzen?« »Vielleicht dreihundert Schritte,« antwortete der, welcher den Kundschafter gemacht hatte. »Ich werde mich einmal hinschleichen; ich mu#223; sie sehen.« »Das ist gef#228;hrlich!« »F#252;r mich nicht. Ich wei#223;, wie man es zu machen hat, um nicht gesehen und geh#246;rt zu werden; ich habe es von meinem Manne, euerm H#228;uptling, gelernt.« »Aber wenn Old Shatterhand noch wacht, wird er dich h#246;ren!« »Nein; er hat dich auch nicht geh#246;rt.« »So erlaube wenigstens, da#223; ich mit dir gehe!« »Das ist nicht n#246;tig; ich brauche dich nicht!« »Und ich kann dich nicht allein gehen lassen; ich gehe unbedingt mit, denn es handelt sich nicht nur um deine, sondern auch um unsere Sicherheit.« »So komm!« Ich wu#223;te nun mehr als notwendig war, und zog mich schleunigst zur#252;ck. Das war ja toll! Das Weib war uns mit den Roten nachgeeilt, um uns sterben zu sehen! Um solche Parforceritte zu machen, mu#223;te sie als die Frau des verstorbenen H#228;uptlings viel zu Pferde gewesen sein. Welch ein Ha#223; aber geh#246;rte dazu, welch ein gl#252;hender, alle R#252;cksichten umsto#223;ender Ha#223;! Freilich, wenn wir vier hier erschossen wurden, so hatte ihr Jonathan auf einmal freie Hand! Es war ein Gl#252;ck, da#223; unser Feuerungsmaterial auf die Neige gegangen war. H#228;tte es noch weiter gelangt, so w#228;re ich sitzen geblieben, ohne zu ahnen, wie nahe sich der Tod bei uns befand. Ich schob mich seitw#228;rts in die B#252;sche, erhob mich, um schneller laufen zu k#246;nnen, und drang vorw#228;rts, um den beiden voranzukommen. Als ich annehmen konnte, da#223; mir dies gelungen sei, blieb ich stehen und wartete. Ich befand mich an einem Punkte, an welchem sie vor#252;berkommen mu#223;ten. Da h#246;rte ich das Rauschen von Zweigen; sie kamen. Ich b#252;ckte mich nieder und lie#223; sie vorbei, um ihnen dann zu folgen. Sie waren h#246;chstens drei#223;ig Schritte von unserem Feuer entfernt, welches fast ganz niedergebrannt war. Da teilten sie sich, um im leisen Vorw#228;rtsdringen einander nicht hinderlich zu sein. Er kroch links vor mir her, und sie hielt sich mehr nach der rechten Seite. Erst mu#223;te ich ihn nehmen, dann konnte ich sie fassen. Ich huschte ihm nach, doch von der Seite, kam ihm schnell zuvor, aber nicht ohne alles Ger#228;usch. Er hielt an und lauschte; das war gerade die f#252;r meine Absicht erw#252;nschte K#246;rperstellung. Ein Sprung, ich hatte ihn am Halse und schlug ihm den Kolben meines Revolvers zwei-, dreimal gegen die Schl#228;fe; dann lie#223; ich ihn fallen. Bis er wieder zur Besinnung kam, konnte er nicht schaden. Nun ging es hinter der »Dame« her. Sie mochte denken, da#223; sie sich nicht allzu sehr in acht zu nehmen brauche, denn jenseits unserer Bergwand heulte jetzt der Wind mit doppelter St#228;rke; da waren ihre Schritte gewi#223; nicht zu h#246;ren. Dennoch mu#223;te ich mir sagen, da#223; sie ihre Sache gar nicht #252;bel machte. Sie benutzte die Schatten, welche die B#252;sche warfen, so gewandt, da#223; sie von mir, wenn ich mich noch am Feuer befunden h#228;tte, gewi#223; nicht bemerkt worden w#228;re. Jetzt war sie so nahe herzugelangt, da#223; sie die Schl#228;fer sehen konnte. Sie kniete im Grase und lugte zwischen den B#252;schen hindurch. Leise schob ich mich hinzu, bis ich nur um einen Fu#223; breit seitw#228;rts hinter ihr kniete. Sie reckte den Hals und schob den Kopf weiter und weiter vor; sie vermi#223;te mich. Da sagte ich: »Dort bin ich nicht, Sennora. Sie m#252;ssen hierher blicken!« Sie drehte den Kopf. Nie habe ich aus einem Gesichte den Schreck so blicken sehen, wie aus dem ihrigen. Die Z#252;ge schienen versteint zu sein; sie war keines Lautes f#228;hig. Ich hatte den Revolver eingesteckt, zog an dessen Stelle das Messer und drohte ihr: »Sprechen Sie ein lautes Wort, so f#228;hrt Ihnen die Klinge mitten durch das Herz! Sie haben sich herbeigeschlichen, um die Hunde, die Schurken zu sehen. Wohlan, Sie sollen sie ganz deutlich zu sehen bekommen. Stehen Sie auf und folgen Sie mir!« Ich erhob mich; sie blieb knieen und starrte mich noch immer an. »Stehen Sie auf!« wiederholte ich. »Sie - Sie - Sie - sind -!« stammelte sie endlich. »Hier, ja, das sehen Sie. Aber kommen Sie! Vorw#228;rts!« »Was soll - soll - soll -?« »Was Sie sollen? Sie sind gekommen, uns sterben zu sehen, wenn Ihre Yumas auf uns schie#223;en. Ich will Ihnen das so bequem wie m#246;glich machen. Sie sollen bei uns, neben uns sitzen, wenn wir die Kugeln bekommen. Also vorw#228;rts, hin zum Feuer!« Ich hatte laut gesprochen. Winnetou wachte davon auf und sprang empor. Ich fa#223;te sie hinten beim Kragen ihrer Bluse und schob sie vorw#228;rts. »Uff!« rief der Apatsche erstaunt. »Da ist die Squaw.« »Mit ihren Yumas, welche uns erschie#223;en sollen!« erl#228;uterte ich, indem ich die J#252;din auf den Boden niederdr#252;ckte, soda#223; sie neben das Feuer zu sitzen kam. Emery erwachte, Vogel auch. Der alte Melton hatte wohl gar nicht geschlafen. Sein Blick ruhte erschrocken auf seiner verungl#252;ckten Retterin, deren Gesicht noch immer nicht geistreich genannt werden konnte. »Wer ist denn das?« fragte der Englishman, indem er sich die Augen rieb. »Das ist ja unsere holde Judith von neuem! Kann die sich denn noch immer nicht von uns trennen?« Ich erkl#228;rte in wenigen kurzen Worten die Situation, holte das vorher gesammelte Holz herbei, um ein helleres Feuer machen zu k#246;nnen, und schleppte dann auch den besinnungslosen Yuma herbei. »Ist's nicht besser, wenn wir es ausl#246;schen?« fragte Emery. »Jetzt noch nicht,« antwortete ich. »Aber wenn sie kommen, k#246;nnen sie ganz trefflich auf uns zielen.« »Die kommen jetzt noch nicht. Es fragt sich nun, was wir thun.« »Ja, was? Besonders mit dem Frauenzimmer, mit der wilden, blutgierigen Katze. Man sollte ihr die Krallen verschneiden.« »Was sagt mein Bruder dazu?« fragte ich den Apatschen. »Nichts,« antwortete er. »Winnetou, wei#223; wirklich nicht, was er #252;ber eine solche Squaw sagen soll. Man sollte sie t#246;ten, wie man eine Klapperschlange vernichtet!« »Das nicht!« sagte ich. »Sie ist trotz alledem ein Weib. Wir lassen sie laufen. Wir wissen ja nun, woran wir sind. Wollen wir aufbrechen?« »Ich verstehe dich nicht. Was soll mit den Yumas werden? Sollen wir ihnen keine Lehre geben?!« »Bei ihnen n#252;tzt keine Lehre mehr. Unsere Zeit ist um. Wir wollen fort. Bindet Melton auf sein Pferd.« »Und die Donna hier, welche sich eine "Dame" nennt? Es ist unglaublich, da#223; sie trotz ihres -« »Warte es ab! Schafft nur erst Melton in den Sattel, und bringt mir dann mein Pferd.« »Ah, hm!« Da#223; ich bei Judith stehen blieb, beruhigte ihn; er schlo#223; daraus, da#223; sie doch nicht ganz ohne Strafe wegkommen werde. Ich nahm den halben Lasso, dessen andere H#228;lfte sie abgeschnitten hatte, und band ihr mit demselben die Arme fest an den Leib, hing meine Gewehre #252;ber und stieg dann in den Sattel. »So, jetzt gebt mir einmal die gute Freundin herauf! Da sie so gern bei uns ist, will ich sie einmal in die Arme nehmen.« Emery und Winnetou fa#223;ten sie an, um sie zu heben. Da begann sie aus Leibeskr#228;ften zu schreien. Ich nahm sie quer #252;ber das Pferd; die anderen sprangen in die S#228;ttel; Winnetou ergriff den Z#252;gel von Meltons Pferd - es ging fort, an der Felswand hin und dann auf die freie Ebene hinaus, #252;ber welche der Sturmwind heulte. Der Himmel hing voller Wolken; es war stockdunkle Nacht, doch Winnetou machte den F#252;hrer; auf ihn konnten wir uns verlassen. Judith konnte die Arme nicht bewegen; sie hatte sich mit den F#252;#223;en gestr#228;ubt; nun aber lag sie bewegungslos wie ein Warenb#252;ndel vor mir; die Angst, was wir mit ihr beginnen w#252;rden, machte sie still. Emery und Vogel wu#223;ten gewi#223; nicht, warum ich sie mitgenommen hatte. Der Apatsche aber, der mich stets verstand, zeigte auch jetzt, wie er sich in meine Absichten zu denken vermochte. »Einen Abweg?« fragte er mich mit zwei kurzen Worten. »Bis sie irre ist?« »Ja, und den Berg nicht mehr sehen kann.« »Howgh!« Mit diesem Indianerausdrucke gab er zu verstehen, da#223; er mit mir einverstanden sei, und ich bemerkte trotz der Finsternis, da#223; er aus der Richtung wich, welche wir eingehalten hatten, seit das Thal des Flujo blanco hinter uns lag. Es mochte gegen vier Uhr morgens sein und blieb heute l#228;nger dunkel, als die Jahreszeit eigentlich mit sich brachte. Als der Tag graute, hatten wir gewi#223; weit #252;ber eine deutsche Meile zur#252;ckgelegt. Wir befanden uns noch auf der Hochebene; links von uns, also s#252;dw#228;rts, gab es Wald, welcher sich weit in die Ferne zog und sich als schmaler Streifen am westlichen Horizont verlor. Wir ritten gegen S#252;den, bis wir den Wald erreichten, und hielten da an. Ich lie#223; die J#252;din niedergleiten und stieg dann ab, um ihr den halben Lasso von dem Oberk#246;rper zu wickeln. Sie hielt den Blick gesenkt und sagte nichts. »Wissen Sie, wo Sie sich befinden, Sennora?« fragte ich sie. Sie antwortete nicht. »Sie haben in ganz f#252;rchterlicher Rache unsern Lasso zerschnitten, aber doch f#252;hlen m#252;ssen, da#223; auch ein halber seine guten Dienste leistet. Wir wissen, wie gerne Sie bei uns sind, m#252;ssen aber leider nun auf das Gl#252;ck, welches Ihre Gegenwart uns gew#228;hrt, verzichten. Leben Sie wohl!« Ich stieg auf, und wir ritten weiter. Als wir uns nach mehreren Minuten nach ihr umsahen, stand sie noch auf derselben Stelle. »Sie wei#223; nicht, wo sie sich befindet,« sagte Emery. »Das eben habe ich beabsichtigt,« antwortete ich. »Wird sie sich zurechtfinden?« »Vielleicht; aber wenn sie klug ist, bleibt sie da, wo sie ist. Ihre Yumas werden sie suchen, nat#252;rlich zun#228;chst in der Richtung nach den Mogollonbergen. Wenn sie dann bemerken, da#223; wir nicht dorthin geritten sind, kehren sie um und treffen fr#252;her oder sp#228;ter mit ihr zusammen. Die Angst, in der Wildnis allein zu sein und nicht gefunden zu werden, ist eine Strafe f#252;r sie, wenn auch keine so gro#223;e, wie sie verdient hat.« »Aber wenn sie wirklich nicht gefunden wird und elend zu Grunde gehen mu#223;!« »Daran ist nicht zu denken. Durch das Suchen nach ihr wird f#252;r sie und ihre Roten h#246;chstens ein Tag verloren gehen. Vielleicht kommen sie dann von dem Gedanken ab, uns weiter nachzureiten.« Es zeigte sich sp#228;ter, da#223; ich recht gehabt hatte; solches Unkraut geht nicht zu Grunde. Wir ritten immer in der N#228;he des Waldes hin, bis er sich im Westen quer vor unsere Richtung legte. Wir mu#223;te also in ihn eindringen, doch hinderte er uns nicht, da die B#228;ume sehr licht standen. Um die Mittagszeit hatten wir ihn hinter uns, und vor uns lag wieder eine grasige Ebene, aus welcher sich hier und da ein H#252;gel oder kleiner Berg erhob. Wir machten eine Stunde Halt, um die Pferde verschnaufen zu lassen, und wollten dann wieder aufbrechen, als vor uns mehrere Reiter auftauchten. Rasch zogen wir uns wieder unter die B#228;ume zur#252;ck, um nicht gesehen zu werden. Als sie n#228;her kamen, sahen wir, da#223; es Indianer waren; sie waren au#223;erordentlich gut beritten, und hatten weder Gewehre noch Lanzen oder Pfeile und Bogen bei sich. »Kundschafter!« meinte Winnetou und ich stimmte ihm bei. Kundschafter m#252;ssen gute Pferde haben, um sich schnell bewegen zu k#246;nnen. Bei den Zwecken, welche sie verfolgen, sind ihnen die genannten Waffen hinderlich, weshalb sie gew#246;hnlich daheim gelassen werden. »Kundschaftet?« fragte Emery. »Die giebt es doch nur dann, wenn Feindseligkeiten ausgebrochen sind! Hat man denn geh#246;rt, da#223; einer der hiesigen St#228;mme das Kriegsbeil ausgegraben hat?« »Nein,« antwortete Winnetou. »Aber hier sto#223;en die Gebiete mehrerer St#228;mme zusammen; es giebt immer Streitigkeiten, und da kann es leicht geschehen, da#223; ein Stamm zum Angriffe #252;bergeht.« »Die vier Reiter tragen keine Farben im Gesicht,« sagte ich; »man kann also nicht sehen, welchem Volke sie angeh#246;ren.« »Mein Bruder mag sie n#228;her kommen lassen. Es scheinen drei junge Krieger und ein alter zu sein. Vielleicht habe ich den letzteren einmal gesehen.« Sie hielten zwar nicht gerade auf uns zu, kamen uns aber doch so nahe, da#223; wir schlie#223;lich ihre Gesichter zu unterscheiden vermochten; ja, es waren drei junge und ein #228;lterer Indianer. »Uff!« rief da der Apatsche. »Das ist ja mein Bruder "Schneller Pfeil", der H#228;uptling der Nijoras! Der darf uns sehen!« Er ritt unter den B#228;umen hervor und auf die vier zu. Wir folgten ihm. Als sie uns erblickten, parierten sie ihre Pferde und griffen nach den Messern; aber schon im n#228;chsten Augenblicke rief der #228;ltere: »Uff! Mein Freund und Bruder Winnetou! Der gro#223;e H#228;uptling der Apatschen erscheint mir wie ein Sonnenstrahl dem Kranken, welcher sich nach W#228;rme sehnt.« »Und der Anblick des schnellen Pfeiles ist mir wie eine Quelle f#252;r den Durstigen. Mein Bruder hat sein Gewehr daheim gelassen. Sollte er sich auf dem Pfade der Kundschafter befinden?« »Ja. Der schnelle Pfeil ist mit den drei Kriegern ausgeritten, um zu erfahren, nach welcher Richtung die Hunde der Mogollon bellen werden.« »Weshalb ist denn Feindschaft zwischen diesen und den tapferen Nijoras?« »Drei unserer Krieger kamen am Flusse herauf durch das Gebiet der Schakale; sie wurden get#246;tet. Ich sandte Boten, welche fragen mu#223;ten, warum man sie ermordet habe; auch diese kehrten nicht zur#252;ck. Nun schickte ich Kundschafter aus und erfuhr durch sie, da#223; die Mogollon ein gro#223;es Sterben unter ihren Pferden hatten und nun ausziehen wollen, um die unseren zu holen. Darum bin ich selbst ausgezogen, um meine eigenen Augen zu fragen. Jetzt kehre ich zur#252;ck.« »Welche Kunde wird mein Bruder seinen Kriegern bringen?« Schneller Pfeil #246;ffnete schon den Mund, um Auskunft zu erteilen, dr#228;ngte sie aber wieder zur#252;ck, musterte uns andern mit scharfem Blicke und sagte dann: »Der H#228;uptling der Apatschen hat fremde Bleichgesichter und sogar einen gefesselten Gefangenen bei sich. Wie kann ich da auf die Frage antworten, welche er ausgesprochen hat!« Da deutete Winnetou zun#228;chst auf Vogel und antwortete: »Dieser junge Mann ist zwar kein Krieger und hat nie mit einem Feinde gek#228;mpft; aber er ist ein Herr #252;ber alle T#246;ne, welche das Herz erfreuen. Wenn er seine Saiten spielt, sind die Ohren aller, die ihn h#246;ren, voller Entz#252;cken. Winnetou hat ihm seine Freundschaft und seinen Schutz geschenkt.« Auf Emery deutend, fuhr er fort: »Dieser wei#223;e Mann ist ein gro#223;er, starker und tapfrer Krieger. Seine steinernen Zelte stehen jenseits des Meeres. Er besitzt viele Herden und gro#223;e Reicht#252;mer. Dennoch ist er ausgezogen, um gro#223;e Thaten zu verrichten. Winnetou ist sein Freund; er hat ihn schon hier in den Bergen und auf der Savanne gekannt und ihn vor einigen Monden in einem fernen Lande jenseits zweier gro#223;er Wasser wiedergetroffen und ihn da als Held im Kampfe gesehen.« »Und dieser da?« fragte der schnelle Pfeil, indem er mit dem Finger auf mich zeigte. ich glaubte, Winnetou werde nun ein gro#223;es Lob #252;ber mich und von mir loslassen, aber er antwortete nur: »Das ist mein Bruder Old Shatterhand.« Der Blick des Nijora zuckte leuchtend auf; er hatte, geradeso wie wir, bis jetzt auf seinem Pferde gesessen; nun aber schwang er sich rasch aus dem Sattel, stie#223; die Klinge seines Messers in die Erde, setzte sich daneben hin und sagte: »Der gute Manitou hat jetzt den gr#246;#223;ten meiner W#252;nsche erf#252;llt; ich sehe Old Shatterhand. Meine ber#252;hmten Br#252;der m#246;gen von ihren Pferden steigen und sich zu mir setzen. Ihren Gefangenen k#246;nnen sie meinen jungen Kriegern anvertrauen, die ihn gut bewachen werden.« Wir stiegen ab. Wir hatten eigentlich keine Zeit zu verlieren, und ganz dasselbe war wohl auch bei ihm der Fall; aber es w#228;re eine gro#223;e Beleidigung f#252;r ihn gewesen, wenn wir seinen Wunsch nicht erf#252;llt h#228;tten, und wir konnten auch nicht wissen, welchen Nutzen die neue Bekanntschaft uns zu bringen vermochte. Darum setzten wir uns zu ihm nieder, und zwar so, da#223; wir einen Kreis bildeten, in dessen Mittelpunkte das Messer steckte. Die drei jungen Nijoras banden Melton vom Pferde, fesselten ihm die F#252;#223;e wieder und legten ihn zu sich ins Gras, auf einen Wink des Apatschen so weit von uns entfernt, da#223; er nicht verstehen konnte, was wir sprachen. Nun nahm der schnelle Pfeil sein Kalumet von dem Riemen, an welchem es hing, stopfte den Kopf und brannte den Tabak mit einem Z#252;ndholze an, welches ich ihm reichte. Die allbekannte Zeremonie des Rauchens der Friedenspfeife kann ich #252;bergehen. Als wir den letzten Zug aus derselben gethan hatten, waren wir Freunde, und nun erst beantwortete der H#228;uptling die Frage, welche Winnetou vorhin ausgesprochen hatte: »Die Hunde der Mogollon werden in vier Tagen aus ihren L#246;chern gehen, um gegen meinen Stamm zu ziehen.« »Woher kennt mein Bruder die genaue Zeit?« erkundigte sich Winnetou. »Ich sah, da#223; sie ihre Medizinen ausbesserten. Von da an vergehen meist noch vier Tage, ehe aufgebrochen wird.« »Wird mein Bruder sie bei sich empfangen, oder ihnen entgegenziehen?« »Das wei#223; ich noch nicht. Es wird im Rate der alten Krieger bestimmt werden. Mein Bruder Winnetou wird mit mir gehen, um zu den Alten zu sprechen, und sie werden stolz sein, auch den klugen und tapfern Shatterhand bei sich zu sehen.« »Wir w#252;rden gern und augenblicklich mit dir gehen,« antwortete ich; »aber wir m#252;ssen zu den Mogollon reiten.« »Zu ihnen, welche jetzt die Feinde meines Stammes sind?« fragte er erstaunt. Ich erkl#228;rte ihm in kurzen Worten den Sachverhalt. Er blickte sinnend vor sich nieder und sagte dann: »Meine Br#252;der k#246;nnen trotzdem mit mir reiten. Wenn das b#246;se Bleichgesicht, welches Melton hei#223;t, sich in den Schutz der Mogollons begiebt, wird es bei ihnen bleiben.« »Wenn es aber den verlangten Schutz nicht zugesagt bekommt?« »So begiebt er sich nach dem wei#223;en Felsen, um dort auf seine Squaw zu warten.« »Die ist schon unterwegs; sie kann schon morgen zu ihm sto#223;en. Du siehst, da#223; wir keine Zeit zu verlieren haben.« »Ich sehe es ein. Mein Bruder Shatterhand sagte, da#223; Melton das Pueblo auf einem Pferde verlassen habe?« »Ja.« »Nicht in einem Wagen?« »Nein.« »Ist eine wei#223;e Squaw bei ihm?« »Jetzt noch nicht.« »Einer, welcher die vier Pferde lenkte?« »Nein.« »Und ein wei#223;er J#228;ger, welcher den F#252;hrer machte?« »Auch nicht. Warum spricht der schnelle Pfeil diese Fragen aus?« »Weil ich gesehen habe, da#223; die Mogollon einen Wagen #252;berfielen. Sie schossen den Kutscher tot und nahmen einen wei#223;en Mann und eine wei#223;e Squaw, welche im Wagen sa#223;en, und den F#252;hrer, der nebenher ritt, gefangen.« »Warum m#246;gen sie den Wagen #252;berfallen haben?« »Weil ihre Kriegsbeile gegen uns ausgegraben sind. Wenn die Hunde sich auf dem Kriegspfade gegen rote M#228;nner befinden, betrachten sie stets auch die Bleichgesichter als ihre Feinde.« »Melton kann unm#246;glich dabei gewesen sein. Aber nun d#252;rfen wir erst recht nicht s#228;umen, denn das Leben der Ueberfallenen h#228;ngt an einem Faden. Wir m#252;ssen von dem tapfern H#228;uptling der Nijoras scheiden. Vielleicht erblickt er uns eher wieder, als wir jetzt denken.« »Hat Old Shatterhand einen Grund, diese Hoffnung auszusprechen?« »Ja. Es ist m#246;glich, da#223; wir deiner Hilfe bed#252;rfen, um Melton ausgeliefert zu erhalten. D#252;rfen wir in diesem Falle auf dich rechnen?« »Ja. Ihr habt die Pfeife der Freundschaft mit mir geraucht, und eure Feinde sind also auch die meinigen. Wenn ihr meiner bed#252;rft, so kommt zu mir. Wenn Winnetou und Old Shatterhand uns ihre Arme und Gedanken leihen, so ist es besser, als wenn viele Krieger uns zu Hilfe k#228;men. Ihr werdet uns willkommen sein und gro#223;en Jubel in unserem Lager verursachen.« »Ahnen die Mogollons, da#223; ihr etwas von ihren feindseligen Absichten wi#223;t?« »Sie wissen, da#223; wir ihre Absichten kennen, aber sie glauben, wir wissen nicht, da#223; sie so bald gegen uns aufbrechen werden.« »Das ist gut f#252;r euch, denn um so gr#246;#223;er wird der Schreck sein, in den ihr sie versetzen werdet, wenn sie euch ger#252;stet sehen. Welcher Stamm ist st#228;rker, sie oder ihr?« »Die Zahl der Krieger ist fast dieselbe.« »Ich hoffe, dir von Nutzen sein zu k#246;nnen. M#246;chtest du mir einen Gefallen erweisen, den ich dir als gro#223;en Dienst anrechnen w#252;rde?« »Sage, was es ist! Ich thue es, wenn es mir m#246;glich ist.« »Es ist dir m#246;glich. Ja, meine Bitte ist ein Beweis meiner Freundschaft f#252;r dich und des gro#223;en Vertrauens, welches ich in dich setze. Wir wissen nicht, was wir in den n#228;chsten Tagen erleben werden. Wahrscheinlich sind wir gezwungen, klug und k#252;hn zugleich zu sein. M#252;#223;ten wir dabei unsern Gefangenen mit uns schleppen, so k#246;nnten wir auf kein Gelingen rechnen.« »Wollt ihr ihn mir anvertrauen? Soll ich ihn f#252;r euch aufbewahren?« »Ich m#246;chte dich darum bitten.« »Deine Bitte ist gew#228;hrt. Sie macht mich stolz, denn sie beweist mir, da#223; du mich f#252;r deinen wahren Freund h#228;ltst. Der Gefangene befindet sich bei mir ebenso sicher, als ob du ihn mit eigenen Augen bewachtest.« »Ich danke dir. Und sieh den jungen Mann, welcher da neben mir sitzt! Der H#228;uptling der Apatschen hat bereits gesagt, da#223; er kein Krieger ist. Der junge Wei#223;e ist den Gefahren, denen wir wahrscheinlich entgegengehen, nicht gewachsen. Darf er mit dir reiten? Willst du ihn in deinen Schutz nehmen? Wir werden ihn dann bei dir abholen.« »Er soll unter meinem Zelte leben wie mein eigener Sohn, zumal du sagst, da#223; du ihn abholen willst. Das giebt mir die Gewi#223;heit, da#223; ich euch bald wiedersehen werde. Haben meine Br#252;der noch andere W#252;nsche?« »Nein. F#252;r deine G#252;te will ich dir nur noch sagen, da#223; wir von jetzt an an dich und deinen Vorteil denken werden. Wir beschleichen die Mogollons und werden alles thun, was zu deinem Nutzen ist.« »Wenn ihr das thut, so ist es ganz so, als ob ich zehnmal zehn Kundschafter ausgesandt h#228;tte, welche f#252;r uns sehen, denken und handeln sollen. Ich preise den guten Manitou, da#223; er mich hier mit euch zusammengef#252;hrt hat. Er wird es lenken, da#223; meine Augen sich recht bald wieder an euern Angesichtern laben. Howgh!« Der alte Melton machte ein h#246;chst verwundertes Gesicht, als er erfuhr, da#223; ihn die Nijoras mit sich nehmen w#252;rden, doch schien der Wechsel ihm nicht ganz unangenehm zu sein. Von uns war f#252;r ihn keine Gnade zu erwarten, das wu#223;te er ganz genau; den Nijoras aber hatte er nichts gethan; vielleicht bewachten sie ihn nicht allzu streng; vielleicht war es m#246;glich, sie zu #252;berreden, da#223; er unschuldig sei; vielleicht auch fand sich einer unter ihnen, der sich durch irgend welche Versprechen verleiten lie#223;, ihm zur Flucht zu verhelfen; auf keinen Fall aber war von dem Tausche eine Verschlimmerung seiner Lage zu erwarten. Darum zeigte er ein leidlich zufriedenes Gesicht, als er wieder auf sein Pferd gebunden wurde. Wir aber konnten #252;berzeugt sein, da#223; die Nijoras das Vertrauen, welches wir in sie setzten, vollst#228;ndig rechtfertigen w#252;rden. Es w#228;re eine gro#223;e Schande f#252;r sie gewesen, wenn auf unsere Frage nach dem Gefangenen sie uns denselben nicht h#228;tten zur#252;ckliefern k#246;nnen. Er war bei ihnen besser aufgehoben als bei uns, obgleich er weit lieber mit ihnen ging, als unser junger Freund und Violinvirtuos. Als dieser h#246;rte, da#223; er sich hier von uns trennen sollte, wandte er seine ganze Beredsamkeit auf, uns von diesem Gedanken abzubringen. Ich machte ihn vergeblich auf die Gefahren, welche uns erwarteten, aufmerksam; ja, er nahm es #252;bel, da#223; wir glaubten, er k#246;nne ihnen nicht gewachsen sein. Er drohte, da#223; er uns gegen unsern Willen nachreiten werde. Endlich kam ich auf einen guten Gedanken. Ich sagte ihm, da#223; unbedingt einer von uns bei dem alten Melton bleiben m#252;sse, um denselben scharf zu bewachen, da den Nijoras doch nicht ganz zu trauen sei. Das beruhigte ihn. Er f#252;hlte sich als Inhaber eines Ehrenpostens und willigte nun ein, sich f#252;r kurze Zeit von uns zu trennen. Der Abschied war zwar kurz, aber #228;u#223;erst herzlich; die Freunde verschwanden mit Melton im Walde, und wir drei, Winnetou, Emery und ich, ritten auf die Ebene hinaus, #252;ber welche die Nijoras gekommen waren. Jetzt hatten wir niemand mehr bei uns, auf den wir uns nicht verlassen konnten und dessen Pferd nichts taugte. Wir flogen wie ein Wetter #252;ber den gr#252;nen Plan dahin und konnten erwarten, das Ziel mit dem kommenden Morgen zu erreichen. Der geradeste Weg war der, den die Nijoras geritten waren; wir brauchten nur auf ihrer Spur zu bleiben, die allerdings sp#228;ter verschwand, da sie sich in der N#228;he der Feinde M#252;he gegeben hatten, keine F#228;hrte zu verursachen. Als es Abend werden wollte, konnten wir auf eine t#252;chtige Leistung zur#252;ckblicken, denn wir hatten seit unserer Trennung von dem schnellen Pfeile wenigstens sieben deutsche Meilen hinter uns und sahen uns nach einem passenden Lagerplatze um. Links von uns lag eine Anh#246;he, von welcher aus eine Reihe von B#252;schen ins Weite lief; das lie#223; darauf schlie#223;en, da#223; es dort ein flie#223;endes Wasser gab. Wir ritten also auf diese H#246;he zu, bogen um dieselbe und sahen ein Geb#252;sch vor uns, aus welchem uns - eine drohende Stimme entgegenschallte: »Halt, Mesch'schurs! Wer einen Schritt weiter reitet, bekommt eine Kugel!« Da war nicht zu spa#223;en. Wir sahen den Sprecher nicht; er steckte in dem Gestr#228;uch. Vielleicht waren es gar mehrere. Wir hielten also an. Der Sprache nach war es ein Wei#223;er, und zwar nicht spanischer Abkunft. »Wo steckt denn eigentlich der gestrenge Herr und Besitzer dieses Platzes?« fragte ich. »Hier hinter dem Wildkirschenstrauch, aus welchem der Lauf meiner B#252;chse ragt,« antwortete es. »Warum bedroht Ihr uns denn mit einer Kugel, Sir?« »Weil ich euch mir so lange vom Leibe halten will, bis ich wei#223;, ob ihr Schufte oder Gentlemen seid.« »Das letztere, das letztere sind wir, werter Master.« »Das kann jeder Halunke sagen; weist euch geh#246;rig aus!« »Womit? Meint Ihr, da#223; man hier mit Tauf- und Impfscheinen oder gar mit Hundesteuermarken umherreitet?« »Daran denkt kein Mensch. Sagt nur eure Namen! Wer ist denn der rote Master, den ihr bei euch habt?« »Winnetou, der H#228;uptling der Apatschen. Mich pflegt man Old Shatterhand zu nennen.« »Alle Wetter! Winnetou und Old Shatterhand! Welch ein Zusammentreffen! Gleich komme ich, gleich!« Der Wildkirschenstrauch bewegte sich, und es trat ein sehr langer und d#252;rrer Mensch heraus, dessen Anzug ihm in Fetzen um die Glieder hing. Sein Kopf war unbedeckt, und in der Hand hielt er einen starken Kn#252;ttel. H#228;tte sich der Mann auf einer deutschen Landstra#223;e sehen lassen, er w#228;re auf der Stelle als Stromer und Vagabund arretiert worden. Er machte die Bewegung des Hutabnehmens, verbeugte sich und rief: »Gro#223;e Ehre, au#223;erordentliche Ehre, Mesch'schurs! Kommt gerade zur rechten Zeit! H#228;tte wirklich nicht gewu#223;t, wo ich euch suchen soll.« »H#228;ttet Ihr uns gesucht?« fragte ich nicht ohne Erstaunen. »Bis jetzt eigentlich noch nicht, stand aber im Begriffe, es zu thun.« »Unerkl#228;rlich. Seid Ihr hier allein?« »Yes, Master!« »Wie hat man Euch zu nennen?« »Das steht in Euerm Belieben. Man ruft mich n#228;mlich auf verschiedene Weise. Wenn Ihr wirklich Old Shatterhand seid, und Ihr seht mir ganz so aus, so werdet Ihr wohl von Will Dunker geh#246;rt haben?« »Dem ber#252;hmten Scout des Generales Grant?« »Yes, Sir. Man nennt mich auch den langen Dunker oder den langen Will.« Wieder machte er mit der rechten Hand die Bewegung des Hutabnehmens. »Und Ihr wollt mich suchen?« »Yes, Euch, Winnetou und einen jungen Musikus, welcher Vogel hei#223;t.« »Das ist ja ganz erstaunlich! H#228;lt man so etwas f#252;r m#246;glich?« Diese Frage richtete ich an Winnetou und Emery; Dunker antwortete: »Ihr h#246;rt ja, da#223; es m#246;glich ist! Uebrigens werde ich Euch die Sache erkl#228;ren. Steigt nur vom Pferde, und kommt mit an das Wasser!« »Also jetzt d#252;rfen wir?« »Yes. Konntet es #252;brigens immer wagen, mich schie#223;en zu lassen,« lachte er. »Hier ist meine B#252;chse, hihihihi!« Er hielt uns seinen Kn#252;ttel hin. »Habt Ihr kein wirkliches Gewehr?« »Nein. Ich steckte den Pr#252;gel durch den Busch, um Euch zu t#228;uschen.« »Aber Will Dunker mu#223; doch Waffen haben!« »Hatte sie auch, hatte sie, und was f#252;r welche! Die Roten, die Mogollons, haben sie mir abgenommen.« »Ah! Seid Ihr von diesen #252;berfallen worden?« »Yes, Sir, yes. In einem Wagen mit vier Pferden!« »Ihr wart der F#252;hrer, und der Kutscher wurde erschossen?« »So ist es. Aber Ihr kennt die Sache so genau, als ob Ihr dabei gewesen w#228;ret. Wie kommt das, Master?« »Sagt erst, wer die Lady war, die im Wagen gesessen hat!« »Werde es sagen. Kommt nur erst her ans Wasser, und macht es euch bequem. Seid mir willkommen, sehr willkommen! Gro#223;e Ehre, ganz bedeutende Ehre!« Und wieder that er so, als ob er vor uns einen unsichtbaren Hut abn#228;hme. Ich hatte von dem sonderbaren Manne geh#246;rt, sah ihn aber jetzt zum erstenmal. Wir stiegen ab, f#252;hrten unsere Pferde zwischen die B#252;sche hinein und standen nun vor einer Quelle, welche k#252;hl und klar aus der Erde sprudelte und ihre Wasser abw#228;rts sandte, an den Str#228;uchern vor#252;ber, die wir vorhin von weitern gesehen hatten. Da stand ein prachtvolles, indianisch aufgez#228;umtes Pferd. »Das Pferd ist Euer, Master Dunker?« fragte ich ihn. »Yes,« antwortete er. »Wenn Ihr aber lieber wollt, so habe ich es mir einstweilen geborgt vom starken Winde, falls Ihr den roten Halunken kennen solltet.« »Ah, dem H#228;uptling der Mogollon. Wie kommt der dazu, Euch ein solches Pferd zu leihen?« »Das wei#223; er selber nicht. Wahrscheinlich wie der Blinde zur Ohrfeige. Es war eine Anleihe wieder seinen Willen. Ich habe vergessen, ihn vorher zu fragen.« »Aber ich habe noch nie geh#246;rt, da#223; Will Dunker ein Pferdedieb ist!« »Das ist er auch nicht, Sir, wirklich nicht. Ihr k#246;nnt es glauben. Aber die Mogollon haben mir alles genommen und mir, als ich mich wehrte, den Anzug in Fetzen gerissen; sie wollten mich n#228;mlich lebendig haben. Daf#252;r habe ich mir dann das Pferd eingetauscht.« »Ein regelrechtes Abenteuer, wie ich vermute! Ihr m#252;#223;t es erz#228;hlen!« Gern! Aber leiht mir vorher irgend eine Waffe, falls Ihr so etwas #252;brig habt, damit ich mich als Mensch f#252;hlen kann!« Da habt Ihr einen Revolver von mir.« Er nahm ihn, betrachtete ihn, sah den Stempel und sagte: »Pr#228;chtige Waffe! Ber#252;hmte Fabrik, Sir! Jetzt k#246;nnen die Schurken kommen; werde sie empfangen! Und noch etwas! Habt Ihr vielleicht einen Bissen Fleisch oder zwei? Habe seit gestern fr#252;h nichts zwischen meine Z#228;hne bekommen. Und die wollen doch Arbeit haben. Da, seht sie Euch einmal an, Sir!« Er #246;ffnete den Mund und zeigte ein prachtvolles Gebi#223;. »Auch Fleisch k#246;nnt Ihr haben. Bitte, Emery, gieb ihm ein t#252;chtiges St#252;ck!« Das St#252;ck, welches er bekam, konnte, trotzdem es getrocknet war, #252;ber zwei Pfund wiegen; es war aber in kurzer Zeit zwischen seinen Z#228;hnen verschwunden. Der Mann hatte Hunger gehabt! Dann sch#246;pfte er sich mit den H#228;nden Wasser, um es zu trinken, und sagte, mit der Zunge schnalzend: »Das hat wohl gethan! H#228;tte nicht geglaubt, so bald essen zu k#246;nnen. Auf der Flucht in der Wildnis, und keine Waffe, um sich ein Wild zu schie#223;en, das ist ein schlimmes Ding, ein sehr schlimmes, Mesch'schurs! Wei#223; nicht, ob es euch einmal so ergangen ist. Es ist ein Gl#252;ck, wirklich ein Gl#252;ck, da#223; ich euch getroffen habe, und nicht nur f#252;r mich, sondern auch f#252;r die andern Gefangenen, denn nur ihr seid die richtigen M#228;nner, sie bald und sicher herauszuholen.« »Wer sind die Leute?« »Wer sie sind? Hm, Sir, werdet Euch wundern, sehr wundern!« »So sagt es doch endlich! Ich mu#223; es wissen, alles wissen!« »Das sollt Ihr auch, Master, nat#252;rlich sollt Ihr es; das versteht sich ja ganz von selbst. Aber wenn man ein sch#246;nes Buch liest, so f#228;ngt man nicht in der Mitte oder gar hinten an. Es mu#223; alles seine richtige Ordnung haben, Sir. Also ich sa#223; da in Fort Belknar bei einem Glase Mintjulep - sage Euch, das ist der delikateste Julep den es giebt - und #252;berlegte dabei, wohin ich meine F#252;#223;e von dort aus richten sollte, ob etwa nach dem Red River hinauf oder aber ein wenig in den Estacado hinein. Da hielt ein Wagen vor der Th#252;r, vier Pferde voran. Ein Mann stieg aus, dem man den Gentleman auf hundert Schritte ansah. Er kam herein, setzte sich an den n#228;chsten Tisch und sah um sich wie einer, der nicht wei#223;, was er trinken soll. Nat#252;rlich riet ich ihm, sich Mintjulep geben zu lassen, und hielt ihm mein Glas zur Probe hin. Wir thaten darauf einen t#252;chtigen Trunk miteinander, wobei er mich fragte, was ich sei. Ich gab ihm Auskunft und nun fragte er mich, ob es hier nicht vielleicht einen t#252;chtigen und zuverl#228;ssigen F#252;hrer hinauf nach New-Mexiko und dann weiter gebe. Der Mann wollte n#228;mlich nach Frisco hin#252;ber. Ich habe den Weg vielmals gemacht, kenne ihn so genau wie meine M#252;tze und bot mich also als F#252;hrer an. Er nahm neue Pferde, und schon nach einer Stunde ging es fort. Wi#223;t Ihr vielleicht, wer dieser Gentleman war? Ihr kennt ihn genau!« »Wirklich? Ein Zufall!« »Ja, Zufall, aber ein gl#252;cklicher. Der Master nannte sich Murphy, F red Murphy, und ist Advokat in New-Orleans.« »Der Advokat Fred Murphy? Ist es m#246;glich!« rief ich aus. »Dann weiter, schnell weiter!« »Nun ja, wir kamen weiter, aber nicht so rasch, wie ich es Euch erz#228;hlen soll. Will es Euch zu Gefallen aber k#252;rzer machen.« »Wi#223;t Ihr, was er in Frisco wollte?« »Damals noch nicht; jetzt aber wei#223; ich es. Habe zuweilen beim Nebenherreiten zugeh#246;rt, wenn er mit der Lady sprach; da erfuhr ich es.« »Mit welcher Lady? Wer war die Dame?« »Das wollt Ihr wissen? Well, sollt es erfahren, doch jetzt noch nicht, denn die ist noch gar nicht daran. Jede Sache will ihre richtige Ordnung haben. Ehe ich von der Lady sprechen kann, mu#223; ich erst nach Albuquerque kommen.« »Albuquerque? Mann, Mensch, spannen Sie mich nicht auf die Folter! Erz#228;hlen Sie schnell!« »Nicht so hitzig, Sir! Wir kommen ans Ende, auch wenn wir uns nicht so atemlos #252;bereilen. Also in Albuquerque mu#223;ten wir #252;ber einen Tag lang warten; es war am Wagen eine Reparatur vorzunehmen. Wir sa#223;en und a#223;en da in einem Salon, ich glaube Plener hie#223; der Wirt, und andere sa#223;en auch dabei. Die sprachen von Konzerten, welche k#252;rzlich gegeben worden waren. Es waren ein Virtuos auf der Violine und eine S#228;ngerin gewesen. Beide hatten sich spanische Namen beigelegt, aber man wu#223;te, da#223; es ein Geschwisterpaar aus Deutsch- Deutschland sei; die Wirtin, bei der die Schwester wohnte, hatte es ausgeplaudert.« »Haben die Leute im Salon die wirklichen Namen der Geschwister genannt?« »Nat#252;rlich! Das war es ja, was meinen Advokaten in die H#246;he springen lie#223;. Der Bruder war ein Mr. Vogel, und die Schwester eine Mrs. Werner.« »Ah! Dachte es mir! Weiter!« »Mein Advokat die Namen h#246;ren, nach der Wohnung der S#228;ngerin fragen und wie auf der Flucht aus dem Salon rennen, das war eins. W#228;re er nicht ein Advokat gewesen, so h#228;tte ich geglaubt, er sei toll geworden; aber Advokaten werden bekanntlich nicht verr#252;ckt. Oder habt Ihr vielleicht einen gesehen, welcher ausnahmsweise #252;bergeschnappt ist, Sir?« »Nein - ja - ja - nein! Weiter, macht nur weiter!« »Weiter? Es ist weiter gar nichts zu sagen, als da#223; am n#228;chsten Morgen Mrs. Werner sich auch in den Wagen setzte und mitfuhr. Wir fuhren den gew#246;hnlichen Weg, den San Jose hinauf, #252;ber die Sierra Madre, nach New Wingate und dann am Rio Puerco herunter, wo wir #252;ber den Colorado setzten, um dann die Cerbatstra#223;e einzuhalten. Da aber wollte die Lady auf einmal nicht mit. Sie sprach von ihrem Bruder, der in dieser Gegend sei, von Old Shatterhand, von Winnetou und von einem gewissen Sir Emery, der ein Englishman zu sein scheint - -« »Er ist es. Ihr seht ihn hier neben mir.« »Well! Gro#223;e Ehre, au#223;erordentlich feine Ehre, Sir!« Er nahm wieder seinen unsichtbaren Hut ab, verbeugte sich gegen Emery und fuhr fort: »Ich vernahm aus dem Gespr#228;ch der beiden, da#223; ein gro#223;artiger Diebstahl vorgekommen war. Die S#228;ngerin und ihr Bruder waren die Gesch#228;digten, und die Spitzbuben waren drei sogenannte Meltons, wenn ich mich nicht irre. Old Shatterhand, Winnetou und Emery waren ausgezogen, die Halunken zu fangen. Sie steckten in einem Schlosse, welches irgendwo an einem Nebenfl#252;#223;chen des kleinen Colorado liegen sollte.« »Am Flujo blanco.« »Well! Mag richtig sein; ich kenne es nicht. Die Lady hatte auch mitgewollt, die Kerls zu fangen, hatte aber nicht gedurft. Nun befand sie sich in der Gegend und bestand darauf, da#223; ihr Bruder aufgesucht werden m#252;sse. Ich hatte keine Stimme bei der Entscheidung dar#252;ber; es war mir #252;berhaupt ganz gleich, ob der Weg nach Canada oder hinunter nach Mexiko ging; ich sagte also kein Wort dazu. Der Advokat mochte, trotzdem er Advokat war, wissen, da#223; man einer Lady den Willen thun m#252;sse, und so wichen wir von dem bisherigen Wege ab und lenkten nach den Mogollonbergen ein.« »Warum gerade dorthin?« »Weil der kleine Colorado nirgends so viele Nebenfl#252;#223;chen hat, als gerade da. Es war mir gar nicht bange, das sogenannte Schlo#223; zu finden.« »Aber, Master Dunker, mit einer Dame in diese Gegend einzudringen! Per Wagen, mit dem man da nirgends fortkommen kann! Das konntet Ihr ja gar nicht verantworten!« »Habe mir auch gar nicht eingebildet, es zu k#246;nnen, Sir! Die Lady wollte, und wir mu#223;ten; es war nicht gegen sie aufzukommen. Ich glaube, wenn der Advokat aus New-Orleans gefragt w#252;rde, was er lieber studiert, das Gesetzbuch oder die h#252;bschen Augen der S#228;ngerin, so w#252;rde er gestehen, da#223; er die letzteren vorzieht. Mich aber kann die Verantwortung unm#246;glich treffen. Sobald wir von der Stra#223;e abgewichen waren, wurde das Fortkommen unendlich schwer. Bald ging es in eine Tiefe, da#223; man glaubte, der Wagen m#252;sse sich #252;berkugeln, bald wieder so bergan, da#223; die armen Pferde ihn kaum schleppen konnten; oder wir mu#223;ten #252;ber einen Wasserlauf, in dem wir stundenlang stecken blieben. In einem solchen Loche sa#223;en wir gestern um die Mittagszeit fest, als wir #252;berfallen wurden. Hundert Rote gegen mich allein! Denn der Fahrer wurde gleich vom Bocke geschossen, und der Advokat war nicht zu rechnen. Ehe ich mein Gewehr heben konnte, war ich von zwanzig, drei#223;ig F#228;usten gepackt. Ich schlug um mich; das konnte mich aber nicht retten. Man zerri#223; mir die Kleider; man dr#252;ckte mich zur Erde; ich wurde gebunden und fortgeschleift nach der reizenden Gegend, die man Klekie-Tse, den wei#223;en Felsen, nennt.« »Ah! Dahin wollen wir!« »Das sollt Ihr auch!« »Wir sollen! Wer hat das gesagt?« »Die Lady, die mitsamt dem Advokaten auch dort ist. Auch den Wagen hat man hingeschafft. Seid Ihr einmal beim wei#223;en Felsen gewesen?« »Noch nicht.« »So denkt Euch einen kleinen Berg! Wenn Ihr darauf steht und von ihm niederblickt, so seht Ihr ein rundes Schlo#223; mit wei#223;en Mauern, Fenstern, Portalen, S#228;ulen, Pfeilern, Treppen, Erkern und T#252;rmen. Ihr denkt, ein ber#252;hmter Architekt m#252;sse es gebaut haben, und doch ist es nur ein nat#252;rlicher Felsen, ein wei#223;er Kalkstein, aus welchem der Regen das alles nach und nach herausgearbeitet hat. L#228;ngs des nat#252;rlichen Schlosses l#228;uft das Fl#252;#223;chen hin, welches auf der einen Seite den Felsen ber#252;hrt; das andere Ufer ist dicht mit Buschwerk bewachsen. Dann folgt, nach dem Berge zu, von welchem ich sprach, ein ebener Grasplan, auf welchem die Mogollons jetzt ihre Zelte stehen haben.« »Sind es Kriegszelte?« »Nein; sie wohnen mit ihren Squaws und Kindern da. Also in diese sch#246;ne Gegend wurden wir geschafft. Wir waren gefesselt und lagen erst beisammen. Der Advokat wollte bald vor Grimm zerplatzen, bald schluchzte er aus lauter Angst; er ist ein Hasenfu#223;. Die Lady war still und gefa#223;t. Sie meinte, wenn Ihr w#252;#223;tet, da#223; sie gefangen sei, w#252;rdet Ihr kommen und sie befreien.« »Das werden wir auch. Erz#228;hlt weiter!« »Am Abende wurden wir getrennt. Ich kam in ein Zelt, wo ich von einem Roten bewacht wurde; dasselbe war mit dem Advokaten der Fall. Die Lady bekam auch ein Zelt f#252;r sich; aber ihr nahm man die Fesseln ab. Jetzt darf sie sogar das Zelt verlassen. Sie scheint es mit ihren Augen dem H#228;uptling angethan zu haben. Heute, gegen Mittag, geschah etwas, was Euch interessieren wird. Man hatte mich aus dem Zelte geholt und mit dem Advokaten zusammengebracht, wohl um eine Art von Verh#246;r anzustellen. Wir sa#223;en nebeneinander, und um uns standen die vornehmsten Krieger der MogolIons. Da wurde ein Reiter gebracht, welcher mit dem H#228;uptling sprechen wollte. Es war ein Wei#223;er. Als der Advokat ihn erblickte, schrie er wie besessen auf.« »Nannte er ihn beim Namen?« »Ja. Erst rief er ihn Small, Small Hunter; dann nannte er ihn Jonathan Melton.« »Welche Wirkung hatte das auf den Reiter?« »Dieser erschrak zun#228;chst; dann aber schien er sich zu freuen. Er hielt dem H#228;uptling eine lange Rede, von welcher wir aber nichts h#246;ren konnten. Der Mann schien sehr weit herzukommen und die ganze Nacht geritten zu sein, denn er mu#223;te sich vor M#252;digkeit setzen, und sein Pferd war #252;ber und #252;ber mit Schwei#223; und Staub bedeckt.« »Wie wurde er von dem H#228;uptlinge behandelt?« »Erst finster; dann aber, als er mit seiner Rede fertig war, wurde der "starke Wind" freundlicher und rauchte mit ihm die Friedenspfeife.« »O wehe!« »Ja, o wehe! Denn ich wei#223;, da#223; dieser Mensch einer von den drei Meltons, und zwar der Hauptspitzbube ist. Der Advokat sagte es mir.« »Hatte dieser Melton eine Tasche mit?« »Ja, von schwarzem Leder. Sie hing an einem Riemen #252;ber die Achsel. Er bekam ein Zelt angewiesen.« »Wi#223;t Ihr, wo es liegt?« »Ja, es steht neben dem, in welches ich sp#228;ter wieder gesteckt werden sollte. Er ging hinein und kam dann bald wieder heraus und zu uns hin.« »Hatte er da die Tasche noch umh#228;ngen?« »Nein.« »Er hatte sie also in dem Zelte gelassen. Das ist mir wichtig! Weiter!« »Er kam zu uns, verh#246;hnte den Advokaten und sagte zu ihm, da#223; er am Marterpfahle sterben werde, wenn die Mogollons von ihrem Kriegszuge zur#252;ckgekehrt seien.« »So ist also von einem Kriegszuge gesprochen worden?« »Nicht da#223; ich w#252;#223;te. Das einzige Wort dar#252;ber habe ich eben von Melton geh#246;rt; doch schien es mir allerdings, als ob etwas Ungew#246;hnliches im Werke sei.« »Die Roten wollen die Nijoras #252;berfallen, um Pferde zu stehlen.« »Und diese ahnen wohl nichts davon?« »Sie wissen es und r#252;sten sich.« »Well, so stehen unsere Aktien gut. Wir reiten zu den Nijoras und holen sie herbei, um die Lady und den Advokaten zu befreien.« »Das wollen wir uns doch erst #252;berlegen.« »Warum?« »Erst mu#223; ich das Lager kennen lernen.« »Wollt Ihr etwa hin? Da lauft Ihr dem B#228;ren in den Rachen!« »F#228;llt mir nicht ein! Erz#228;hlt nun noch, wie Ihr entkommen seid!« »Ich habe Euch schon gesagt, Sir, da#223; ich heraus zu dem Advokaten geschafft wurde, und da#223; dann Melton kam. Der nahm den H#228;uptling eine ganze Zeit so in Anspruch, da#223; er sich nicht mit uns besch#228;ftigen konnte. Wir waren ziemlich unbeobachtet. Die F#252;#223;e waren uns nicht gebunden, sondern nur die H#228;nde. Ich hatte schon seit gestern an den Riemen gezerrt und gearbeitet. In meinem Zelte stand ein alter Topf mit Wasser, aus dem ich trinken konnte. Da hatte ich mir die Riemen na#223; gemacht; sie wurden weich und geschmeidig und gaben nach. Ich konnte endlich mit den H#228;nden heraus und wartete nur auf den geeigneten Augenblick, der mir ein gl#252;ckliches Fortkommen verhie#223;. Da sollte ich wieder in das Zelt geschafft werden. Ich mu#223;te an demjenigen des H#228;uptlings vorbei. Da stand das Pferd, welches Ihr hier seht, ein Prachtro#223;, wie es selten eines giebt. Jetzt war der Augenblick da! Ich streifte den Riemen ab, sprang auf das Pferd und jagte davon.« »Ah, welch ein Hallo mag das gegeben haben!« »Zun#228;chst gar nicht. Die Roten waren, wie es schien, #252;ber meine Verwegenheit ganz erstarrt, soda#223; ich unangefochten fast durch das ganze Lager kam. Dann freilich ging der Spektakel los, und zwar riesengro#223;! Das war ein Rufen, Schreien und Heulen! Sch#252;sse krachten, aber schon zu sp#228;t; keiner traf. Ich kam unverletzt aus dem Lager, sogar an den W#228;chtern vor#252;ber. Ich war frei; ich hatte ein herrliches Pferd, aber leider keine Waffen. Ich jagte bis hierher, wo ich das Pferd trinken lie#223;; dann wollte ich weiter. Da kamt Ihr geritten. So, nun wi#223;t Ihr alles.« »Wieviel Zeit habt Ihr gebraucht, um hierher zu kommen?« »Vielleicht drei Stunden.« »Ihr denkt doch, da#223; Ihr verfolgt werdet?« »Yes, Sir. Nat#252;rlich jagt man hinter mir her. Wenn ihnen auch an mir altem Kerl nicht viel liegen kann, so ist doch das Pferd, welches ich entf#252;hrt habe, so kostbar, da#223; man sich alle M#252;he geben wird, es wieder zu bekommen.« »Die Verfolger reiten auf Eurer Spur. Sie werden also hierher kommen; da aber die Sonne schon verschwunden ist, wird es dunkel sein, wenn sie hier anlangen. Dann erkennen sie die F#228;hrte nicht. Trotzdem wollen wir nicht l#228;nger hier verweilen. Wir brechen auf nach dem wei#223;en Felsen.« »Well, ich reite mit!« »Das kann ich nicht verlangen. Seid froh, da#223; Ihr von dort entkommen seid! Zur#252;ckzukehren w#228;re Verwegenheit.« »Jetzt nicht mehr, Sir. Wenn Old Shatterhand und Winnetou dabei sind, kann man alles wagen. Ich reite mit. Oder wollte Ihr vom langen Dunker erz#228;hlen, da#223; er sich vor einigen Indianern f#252;rchte?« »Was ich #252;ber Euch geh#246;rt habe, l#228;#223;t nicht zu, Euch f#252;r einen furchtsamen Mann zu halten.« »So? Spricht man ein wenig gut von mir? Das freut mich alten jungen; das thut meinem Herzen wohl. Ich reite also mit, und Ihr k#246;nnt wagen, was Ihr wollt, ich werde dabei sein, Sir. Aber auf dem Wege, den ich gekommen bin, k#246;nnen wir nicht hin, wir w#252;rden auf meine Verfolger treffen.« »Das ist richtig. Winnetou kennt die Gegend; er wird uns f#252;hren.« »Winnetou wird euch so f#252;hren,« sagte der Apatsche, »da#223; ihr in zwei Stunden den wei#223;en Felsen vor euch liegen seht.« Wir lie#223;en die Pferde trinken, stiegen dann wieder auf und ritten davon, als eben der letzte Schimmer des Tages im Westen verschwand. Der Himmel war heute wieder wolkenschwer. Es wurde ebenso dunkel, wie es gestern gewesen war, doch Winnetou f#252;hrte uns ebenso sicher wie am hellen Tage. Es gab in Beziehung auf den Ortssinn wirklich keinen zweiten seinesgleichen! Wie er vorhergesagt hatte, so geschah es auch. Als zwei Stunden vergangen waren, hielt er an. Eine hohe, dunkle Masse lag dicht vor uns. Er sagte: »Das ist der Berg, von welchem Dunker gesprochen hat.« »Ist er das wirklich?« fragte der Genannte. »Ich hatte ihn in der Finsternis nicht wiedererkannt.« »Er ist's. Wenn man oben steht, kann man den wei#223;en Felsen unten liegen sehen.« »So m#252;ssen wir hinauf. Reitet weiter!« »Halt!« warnte ich. »Das Lager beginnt gleich jenseits dieser H#246;he?« »Ja.« »So wird es von ihr beherrscht, und es sollte mich wundern, wenn kein Posten oben st#252;nde. Winnetou mag erst allein hinaufsteigen und nachsehen.« Der Apatsche sprang vom Pferde und verschwand im n#228;chtliche Dunkel. Es dauerte eine volle halbe Stunde, ehe er zur#252;ckkam. »Meine Br#252;der m#252;ssen sich in acht nehmen,« meldete er. »Es giebt einen Doppelposten oben.« »So k#246;nnen wir nicht hinauf?« »Doch, aber nicht mit den Pferden.« »Dann m#252;ssen wir sie weiter zur#252;ckschaffen. Ein Schnauben oder gar Wiehern w#252;rde uns verraten.« Wir ritten eine ziemliche Strecke zur#252;ck, und lie#223;en die Pferde unter der Obhut Emerys da stehen. Wir andern drei gingen wieder zum Berge und stiegen vorsichtig hinauf. Der Doppelposten hatte ein Feuer brennen, bei dem wir die beiden Gestalten deutlich sehen konnten. Die W#228;chter oder vielmehr ihre Anf#252;hrer verdienten gepr#252;gelt zu werden. Wir standen auf der Seite der Bergkuppe und sahen in das Lager hinab. Den wei#223;en Felsen konnten wir freilich nicht erkennen; in der finstern Nacht war er auch schwarz. Zahlreiche Lagerfeuer brannten unten; die Zelte waren nur in unsichern Konturen zu erkennen. »Well, da sind wir jetzt,« sagte Dunker. »Was thun wir aber nun?« »Man kann die Zelte nicht unterscheiden,« antwortete ich. »Ja, wenn es Mondschein g#228;be, da#223; man sie einzeln liegen s#228;he; da w#228;re etwas zu machen!« »Die Finsternis hat aber auch ihr Gutes!« »Allerdings. Aber die Hauptsache ist, da#223; ich wissen m#246;chte, in welchem Zelte sich Melton und in welchem andern sich die Lady befindet.« »Ich wei#223; es ganz genau, kann es Euch aber leider nicht sagen, nicht zeigen. Wenn ich das k#246;nnte, was w#252;rdet Ihr dann thun?« »Hinuntergehen in das Lager.« »Wozu?« »Um wenigstens mit der Lady zu reden, wenn es nicht m#246;glich w#228;re, sie herauszuholen.« »Das w#228;re einer von den Streichen, wie man sie freilich nur von Euch und Winnetou erz#228;hlen h#246;rt. Aber Ihr m#252;#223;t wissen, da#223; das Lager von Posten umgeben ist. Wie wollt Ihr hineinkommen?« »Auf dem nat#252;rlichsten Wege, den es giebt, durch den Flu#223;. Ich gehe nicht fort, ohne wenigstens einen Versuch, mit der Lady zu sprechen, gemacht zu haben. Was f#252;r Zelte giebt es da? Sommer- oder Winterzelte?« »Sommerzelte.« »Also Leinwand. Da giebt es also auch Pfl#246;cke, welche man herausziehen kann. Bei den Winterzelten ist das anders. Stehen die beiden Zelte, welche ich suche, weit vom Wasser entfernt?« »Sie stehen ganz nahe.« »Gut, ich gehe. Kehrt ihr zu den Pferden zur#252;ck und erwartet mich dort. Hier habt ihr meine Gewehre, meinen G#252;rtel und die andern Sachen, welche die N#228;sse nicht vertragen.« »Wird mein guter Bruder nicht vielleicht zu viel wagen?« fragte der Apatsche in besorgtem Tone. »Winnetou wird lieber mitgehen!« »Nein; das n#252;tzt mir nichts. Ja, wenn du die Zelte kennen w#252;rdest!« Da fragte Dunker: »Ihr wollt wohl in das Wasser steigen?« »Nat#252;rlich! An dem einen Ufer steht der Fels, und an dem andern giebt es B#252;sche. Im Schutze und Schatten derselben komme ich ungef#228;hrdet durch das ganze Lager.« »Das ist k#252;hn, au#223;erordentlich k#252;hn; aber es spricht mich an, Sir! Was meint Ihr wohl, ob ich mitthun k#246;nnte?« »Hm, ich kenne Euch nicht genug, um das zu wissen. K#246;nnt Ihr schwimmen, tauchen und Wasser treten?« »Ganz leidlich.« »Ist das Fl#252;#223;chen tief?« »Wei#223; es nicht.« »Rei#223;end?« »Nein.« »Hatte es heute klares oder tr#252;bes Wasser?« »Tr#252;bes; auch kam viel abgerissenes Gras und Schilf geschwommen.« »Das ist gut; das ist sehr gut, denn das wird uns von gro#223;em Nutzen sein. Wir bauen uns Inseln, unter denen wir uns verstecken, soda#223; wir nicht gesehen werden k#246;nnen.« »Inseln? Unter denen wir stecken?« fragte er verwundert. »Ja.« »Erkl#228;rt es mir, Sir! - Das kann ich nicht begreifen.« »Es ist so einfach wie nur m#246;glich. Jedes Kind kann es machen. Man bindet Schilf und anderes Zeug, welches gern auf dem Wasser schwimmt, zusammen, soda#223; es die Gestalt einer kleinen Insel annimmt, welche vom flie#223;enden Wasser abw#228;rts getragen wird. In der Mitte der Insel fertigt man eine Erh#246;hung, welche hohl sein und mehrere L#246;cher nach allen Seiten haben mu#223;. Kriecht man nun unter die Insel und steckt den Kopf in die H#246;hlung, welche #252;ber dem Wasser liegt, so hat man Luft und kann nicht nur Atem holen, sondern sich auch nach allen Seiten umschauen, weil man durch die L#246;cher zu blicken vermag. Man sieht also alles und h#246;rt auch alles, ohne da#223; man selbst gesehen wird, weil man im Wasser steckt.« »Das ist ein kluger, ein sehr kluger Gedanke, Sir. Ja, bei Old Shatterhand und Winnetou kann selbst unsereiner noch viel lernen!« »Man mu#223; erfinderisch sein, Master Dunker. Man kann sehr leicht in Verh#228;ltnisse kommen, in denen von solchen Dingen nicht nur das Gelingen eines Planes, sondern sogar das Leben abh#228;ngt. Mir zum Beispiele haben solche k#252;nstliche Inseln schon wiederholt das Leben gerettet.« »Die Inseln sollen schwimmen; da mu#223; man doch wohl mitschwimmen?« »Wenn das Wasser tief ist, schwimmen; ist es seicht, dann waten. In dem letzteren Falle mu#223; man sich bald ausstrecken, bald den K#246;rper zusammenziehen, je nach der Verschiedenheit der Wassertiefe. Indem ersteren Falle ist es geraten, in aufrechter Stellung zu schwimmen, was man "Wassertreten" nennt. Man h#228;lt den Kopf oben, die F#252;#223;e unten, zieht die Kniee ein wenig empor und tritt abwechselnd mit den F#252;#223;en nach unten, w#228;hrend man mit den ausgestreckten H#228;nden breit im Wasser "paddelt", aber ja nicht auf der Oberfl#228;che, weil das gesehen w#252;rde. Es darf auf keinen Fall auch nur der leichteste Wellenschlag verursacht werden, weil dieser einem aufmerksamen und nachdenkenden Zuschauer alles verraten w#252;rde. Habt Ihr das verstanden, Master Dunker?« »Yes, Sir, sehr gut, sehr gut. ich getraue mich, es ganz gut fertig zu bringen.« »Wartet nur; es kommt noch mehr. Es mu#223; auch noch anderes beobachtet werden, vorausgesetzt n#228;mlich, da#223; man scharfe Beobachter hat. Man bewegt sich vorw#228;rts, und man bleibt an Stellen, wo man beobachten will, halten. Da darf man sich weder schneller noch langsamer bewegen als das Wasser und sonstige Gegenst#228;nde, welche neben und mit der Insel schwimmen. Am allerwenigsten nat#252;rlich darf es einem einfallen, stromaufw#228;rts zu schwimmen. Man mu#223; die Str#246;mung beachten. Mitten in und auf derselben darf man ja nicht anhalten, weil dies gegen die Naturgesetze w#228;re. An Punkten, wo Wirbel sind, mu#223; man sich auch drehen, und legt man am Ufer an, um zu lauschen, so mu#223; dies an einer dazu geeigneten Stelle geschehen, wo ruhiges Wasser ist und es einen Landvorsprung gibt, welcher die Insel angehalten zu haben scheint.« »Hm! Es ist doch schwerer, als ich dachte, Sir!« »Wenn man Uebung besitzt, gut #252;berlegt und gut aufpa#223;t, ist es leicht. Es kommt darauf an, ob Ihr es wagen wollt.« »Nat#252;rlich! Sehr gern! Ich freue mich darauf!« »Sch#246;n! Aber ich halte es f#252;r meine Pflicht, Euch darauf aufmerksam zu machen, da#223; Ihr Euer Leben wagt. Werden wir bemerkt, sch#246;pft man Verdacht, so sind wir wahrscheinlich verloren.« »So schnell und so unbedingt, wie Ihr denkt, doch wohl nicht! Wir k#246;nnen uns wehren!« »Womit? Wir k#246;nnen doch keine Schie#223;waffen bei uns haben und h#246;chstens das Messer mitnehmen. Beim ersten Warnungsrufe stehen hunderte von Indianern am Ufer, die auf uns schie#223;en. Selbst wenn wir aus dem Wasser springen und uns mit den Messern auf sie werfen wollten, w#228;ren wir von ihren Kugeln durchl#246;chert, ehe wir zum Sto#223;e k#228;men.« »Haben sie denn gleich alle ihre Schie#223;pr#252;gel bei der Hand?« »Und wenn keiner ein Gewehr h#228;tte, bef#228;nden sie sich doch in solcher Uebermacht, da#223; ihre Zahl uns erdr#252;ckte. Also, ich bin aufrichtig, #252;berlegt es Euch wohl!« »Pshaw! Da giebt es nichts zu #252;berlegen; ich mache mit. Ich will auch einmal in einer schwimmenden Insel stecken und erz#228;hlen, da#223; ich das von Old Shatterhand gelernt habe. Ich habe es noch nicht erlebt, und da es heute so sch#246;n pa#223;t, will ich es jetzt erleben!« »Gut! Wi#223;t Ihr, wie weit die Posten im Thale auf- und abw#228;rts stehen?« »Ja, n#228;mlich wenn es sich seit Mittag nicht ver#228;ndert hat.« »So k#246;nnt Ihr mich f#252;hren. Wir steigen nat#252;rlich oben in das Wasser und gehen erst unterhalb des Lagers wieder heraus. Da wir sp#228;ter keine Zeit dazu haben, mu#223; ich Euch jetzt noch sagen, wie Ihr Euch zu verhalten habt. Ein leises Zungenschnalzen ist das Zeichen, da#223; der betreffende dem andern etwas sagen will. Dann legen wir die beiden Inseln nebeneinander, soda#223; wir uns h#246;ren und verstehen k#246;nnen. Au#223;erdem habt Ihr Euch stets hinter mir zu halten und alles zu thun, was ich thue. Lege ich ans Ufer, dann auch Ihr; sto#223;e ich wieder ab, so folgt Ihr mir. Nur in einem Falle d#252;rft Ihr nicht nachahmen, n#228;mlich wenn ich die Insel verlasse und an das Ufer steige, um vielleicht in ein Zelt zu gehen.« »Alle Wetter! Wolltet Ihr dies vielleicht wagen?« »Nicht nur vielleicht, sondern sogar sehr wahrscheinlich. Auf die Zelte, welche ich Euch genannt habe, macht Ihr mich aufmerksam, noch ehe wir sie erreichen, weil wir nicht zur#252;ck d#252;rfen. Uebrigens will ich Euch zur Aufmunterung sagen, da#223; die Sache sich leichter machen wird, als es den Anschein hat. Auf der einen Seite des Fl#252;#223;chens, wo es an den wei#223;en Felsen st#246;#223;t, befindet sich kein Mensch; von dort her haben wir also nichts zu bef#252;rchten. Und das andere Ufer ist von B#252;schen besetzt, welche uns Schutz gew#228;hren. Dazu kommt der wolkige Himmel, die Finsternis der heutigen Nacht und das Flackern der Feuer, das, zumal im Wasser, keinen Gegenstand scharf erkennen l#228;#223;t. Also vorw#228;rts jetzt! Wollen erst Emery benachrichtigen, und dann kann die interessante Schwimmpartie beginnen.« »W#228;re es nicht besser, wir warteten, bis die Feuer erloschen sind und die Roten sich schlafen gelegt haben?« »Nein, denn was wollten wir dann dort? Ich will doch mit der Lady reden, wenn dies halbwegs m#246;glich ist, und die Indianer beobachten, um vielleicht #252;ber den beabsichtigten Zug gegen die Nijoras etwas zu erfahren. Entweder m#252;ssen wir es jetzt wagen oder es unterbleiben lassen.« Wir gingen zu Emery und legten dort alles ab, was wir nicht brauchten oder nicht na#223; werden durfte. Von Waffen nahmen wir nur Messer mit. Da Dunker keines hatte, bekam er das des Apatschen. Letzterer lie#223; es sich nicht nehmen, uns an den Flu#223; zu begleiten. Er wollte uns bei der Herstellung der Inseln helfen, und ich willigte nat#252;rlich ein, weil wir dadurch Zeit ersparten. Es mu#223;te selbstverst#228;ndlich mit gr#246;#223;ter Vorsicht zu Werke gegangen werden. Als wir den #228;u#223;ersten Posten oberhalb des Lagers erkundet hatten, gingen wir noch eine Strecke weiter aufw#228;rts, bis wir Schilf fanden. Das durfte nur unter dem Wasser abgeschnitten werden, weil sonst am n#228;chsten Morgen die Stelle aufgefallen w#228;re. Unter und zwischen den nahen B#252;schen gab es d#252;rres Holz genug, und so hatten wir bald das n#246;tige Material beisammen und gingen an den Bau der Inseln. Dieser mu#223;te leicht aber fest sein, denn wenn eine der Inseln zerri#223; und auseinanderschwamm, so kam, wer darunter steckte, in die gr#246;#223;te Gefahr, entdeckt zu werden. Auch durfte die Gestalt keine auff#228;llige sein; es mu#223;te genau das Aussehen haben, als ob nur das Wasser die einzelnen Bestandteile zusammengefl#246;#223;t habe und nun zusammenhalte. Nach einer Stunde waren wir mit dem Werke fertig, und Dunker stieg zuerst in den Flu#223;, um unter meinen Augen eine Probe zu machen, die recht gut gelang. Winnetou entfernte sich, nachdem er mir gesagt hatte, da#223; er sich mit meinem vielsch#252;ssigen Henrystutzen auf alle F#228;lle bereithalten werde, uns beizuspringen. Dann ging auch ich in das Wasser, kroch unter meine Insel und steckte den Kopf in die Erh#246;hung oder vielmehr H#246;hlung derselben. Das n#228;chtliche Abenteuer konnte seinen Anfang nehmen. Es war kein sehr angenehmes Gef#252;hl, in den Kleidern im Wasser zu stecken. Wir hatten zwar bei Emery soviel davon zur#252;ckgelassen, wie wir entbehren konnten, doch hatte wenigstens ich, weil ich wom#246;glich mit Martha sprechen wollte, soviel von meinem Anzuge anbehalten, da#223; die Kleidungsst#252;cke bald schwer wurden und mich am Schwimmen hinderten. Das Fl#252;#223;chen war nicht breit, aber tief. Als wir das Ufer verlassen hatten, verschwand der Grund unter den F#252;#223;en, und wir mu#223;ten schwimmen. Ich richtete mich dabei genau nach der Schnelligkeit des Wassers und mein Gef#228;hrte folgte nur einige Ellen hinter mir her. Es war dunkel, dennoch sah ich, als wir eine Strecke vorw#228;rts gekommen waren, den ersten, #228;u#223;ersten Posten am Ufer stehen. Wir kamen gl#252;cklich an ihm vor#252;ber; er stand mit dem Gesichte dem Wasser zugekehrt, sah also jedenfalls die beiden sich abw#228;rts bewegenden Anh#228;ufungen von Schilf und Zweigen, fa#223;te aber keinen Verdacht. Das #252;berzeugte mich davon, da#223; unsere Inseln ein nat#252;rliches Aussehen hatten, und ich durfte nun hoffen, da#223; sie auch andern Augen nicht auff#228;llig erscheinen w#252;rden. Wir kamen jetzt an keinem Posten mehr vor#252;ber, au#223;er dem nat#252;rlich, der wahrscheinlich unterhalb des Lagers am Wasser stand, und bald sahen wir die ersten von den Feuern erleuchteten Zelte vor uns liegen. Sie standen am linken, von B#252;schen beschatteten Ufer. W#228;ren wir diesem gefolgt, so h#228;tten die Str#228;ucher uns den Ausguck verdeckt; darum hielten wir uns an das andere, rechte Ufer. Wir konnten da #252;ber das Wasser hin#252;ber und zwischen den B#252;schen hindurchsehen und waren auch sicher, da#223; hier h#252;ben niemand stand, der uns eine f#252;r uns gef#228;hrliche Aufmerksamkeit schenken konnte. Jetzt flo#223; das Wasser langsamer, denn der Flu#223; machte einen weiten Bogen nach rechts, wo er den Fu#223; des wei#223;en Felsens besp#252;lte. Dadurch entstand innerhalb des Bogens, zur linken Hand von uns, Raum f#252;r die Zelte, die meist in der N#228;he des Flusses errichtet waren, jedenfalls um das so notwendige Wasser in der N#228;he zu haben. Wir waren wohl an zw#246;lf bis vierzehn Zelten vor#252;bergekommen, als Dunker das Zeichen gab, da#223; er sprechen werde. Da er so nahe hinter mir folgte, brauchte ich nicht anzuhalten; ich horchte hinter mich und h#246;rte ihn sagen: »Das gro#223;e Zelt, vor welchem die zwei Medizinlanzen stehen, ist das des H#228;uptlings.« Das konnte mich weniger interessieren; aber ich wendete dem Zelte doch meine Aufmerksamkeit zu, und da sah ich allerdings, wie gut es war, da#223; Dunker mich aufmerksam gemacht hatte. Vor dem Zelte hatte ein Feuer gebrannt; es war im Verglimmen, und daf#252;r hatte man neben dem Zelte, wo mehr Platz war, ein zweites angez#252;ndet, an welchem einige Rote so sa#223;en, da#223; zu vermuten stand, es w#252;rden noch mehrere kommen und mit ihnen einen Kreis bilden. Es schien also, man wolle hier eine Beratung abhalten. Konnten wir lauschen, so war vielleicht etwas f#252;r uns Vorteilhaftes zu erfahren. Darum legte ich am rechten Ufer an, und Dunker that dasselbe in der Weise, da#223; unsere beiden Inseln eine einzige bildeten. Wir befanden uns also einander so nahe, da#223; wir leise miteinander sprechen und uns dabei doch verstehen konnten. Um zu lauschen, mu#223;ten wir freilich das linke Ufer aufsuchen; dort aber hinderten uns die Str#228;ucher am Sehen; darum blieb ich einstweilen noch am rechten, weil wir von da aus inzwischen beobachten konnten, was dr#252;ben vorging. Unsere F#252;#223;e hatten jetzt wieder Grund gefunden, und zwar war das Wasser hier so seicht, da#223; wir in dem weichen, angesp#252;lten Sande sitzen konnten, es also bequem genug hatten, so lange aushalten zu k#246;nnen, wie wir es f#252;r n#246;tig fanden. »Warum legt Ihr hier an, Sir?« fragte mich Dunker leise. »Seht Ihr denn nicht,« antwortete ich, »da#223; man da dr#252;ben Vorbereitungen zu einer Versammlung trifft?« »Allerdings. Wollt Ihr derselben etwa zuh#246;ren?« »Ja. Nachher, wenn die Beratung begonnen hat. Jetzt bleiben wir hier, weil wir da sehen k#246;nnen, wer und wie viele an der Beratung teilnehmen. Ist das Zelt, in welchem Melton wohnt, nicht von hier aus zu sehen?« »Nein; aber von dem des H#228;uptlings aus, abw#228;rts gerechnet, ist es das sechste.« »Und das der Lady?« »Ist dann das vierte.« »So braucht Ihr mir die beiden Zelte, wenn Ihr Euch nicht etwa verz#228;hlt habt, gar nicht erst zu zeigen. Warten wir also, was da dr#252;ben losgehen wird!« Die Beratung schien einen sehr wichtigen Gegenstand zu betreffen; das ersahen wir aus der Gr#246;#223;e des engern Kreises, welcher gebildet werden sollte, und aus der gro#223;en Anzahl von gew#246;hnlichen Kriegern, welche sich schon jetzt eingefunden hatten. Sie bildeten in einiger Entfernung um den ersteren einen Halbzirkel, weil sie der Beratung ihrer hervorragenden Krieger zuh#246;ren wollten. Erfreulich f#252;r uns war es, da#223; wir nicht allzu lange zu warten brauchten. Wir hatten nicht viel #252;ber eine Stunde vor Anker gelegen oder vielmehr vor Anker gesessen, so sahen wir einen langen, starken Indianer aus dein H#228;uptlingszelte kommen und sich nach dem Kreise begeben. »Das ist der starke Wind,« fl#252;sterte mir Dunker zu. Es war also der H#228;uptling. Hinter ihm kam Jonathan Melton. Er trug alle seine Waffen und setzte sich neben dem starken Wind nieder. Er wurde also nicht nur nicht als Gefangener oder gar als Feind betrachtet, sondern sollte sogar an der Beratung teilnehmen und hatte mit dem H#228;uptlinge vorher eine Unterredung gehabt. Dann kamen auf ein laut gegebenes Zeichen noch zehn bis zw#246;lf alte, erfahrene Krieger, welche sich in den Kreis setzten. Die Beratung begann, und nun verlie#223;en wir nacheinander das rechte Ufer, um hin#252;ber an das linke zu schwimmen, was wir so langsam und vorsichtig thaten, als ob unsere Inseln von der Str#246;mung hin#252;bergetrieben w#252;rden. Dort legten wir wieder eng nebeneinander an. Es hatte eine Weile gedauert, bis wir wieder fest und bequem lagen, und so kam es, da#223; die Verhandlung nun schon begonnen hatte. Wir konnten nicht #252;ber das hier hohe Ufer blicken und h#246;rten eine laute, kr#228;ftige Stimme, welche eine Rede hielt. »Wi#223;t Ihr, wer das ist?« fragte ich Dunker. »Der H#228;uptling.« Die Stimme erklang so deutlich, da#223; wir jedes Wort verstehen konnten: »- - obgleich meine roten Br#252;der erst in vier Tagen aufbrechen wollten, habe ich doch mehrere gute Gr#252;nde, schon morgen fr#252;h den Zug zu beginnen. Und sodann hat mir dies tapfere Bleichgesicht gesagt, da#223; wir unterwegs drei ber#252;hmte M#228;nner ergreifen werden. Wenn das die Wahrheit ist, wird man in allen Zelten und Th#228;lern, in der N#228;he und in der Ferne von der Tapferkeit der Mogollon erz#228;hlen. Die drei Krieger sind Winnetou, der H#228;uptling der Apatschen, Old Shatterhand und noch ein gro#223;es Bleichgesicht, welches viele rote Krieger get#246;tet hat.« »Uff, Uff, uff!« erklang es in dem Kreise, und auch die um denselben Stehenden lie#223;en diesen Ausruf der freudigen Bewunderung h#246;ren. »Unser wei#223;er Bruder,« fuhr der H#228;uptling fort, »wird meinen roten Br#252;dern jetzt mitteilen, was er zu mir davon gesprochen hat.« Seine einleitende Rede war zu Ende. Er hatte sie nat#252;rlich stehend gehalten und setzte sich, wie ich vermutete, nun wieder nieder. Nach einigen Augenblicken erklang die Stimme Jonathan Meltons. Er hielt eine lange, sich in den st#228;rksten Ausdr#252;cken ergehende Philippica, welche sich auf uns bezog. Er erz#228;hlte, wir seien bei ihm im Pueblo gewesen und h#228;tten auf die Mogollon geschimpft und dabei gesagt, da#223; wir zu den Nijoras wollten, um sie zu einem Kriegszuge gegen die ersteren aufzustacheln. Da er ein Freund der MogolIons sei, habe er sich sofort auf das Pferd gesetzt, um sie vor der drohenden Gefahr zu warnen. Wie gut er es meine, k#246;nnten sie aus dem Umstande ersehen, da#223; er auf einem vollst#228;ndig abgehetzten Pferde angekommen sei. Jetzt h#246;re er, da#223; ein Zug gegen die Nijoras beschlossen worden sei, der aber erst nach vier Tagen angetreten werden solle. Dies sei vollst#228;ndig falsch, da sie h#246;chst wahrscheinlich bis dahin von den Nijoras #252;berfallen w#252;rden. Man m#252;sse vielmehr sofort aufbrechen, zumal es heute Dunker gelungen sei, zu entkommen. Er habe geh#246;rt, da#223; man gegen die Nijoras ziehen wolle, und man k#246;nne annehmen, da#223; er zu diesen eilen werde, um sie zu benachrichtigen. Der Mensch brachte noch andere Gr#252;nde und l#252;genhafte Angaben in so scharfsinniger Weise vor, da#223; ich, noch ehe er seine Rede geendet hatte, #252;berzeugt war, die Beratung werde ihm beistimmen. Wirklich ging auch, als er sein letztes Wort gesprochen hatte, ein beif#228;lliges Murmeln durch die Reihen der Roten; es trat eine kurze Stille ein, und dann h#246;rte ich den H#228;uptling sagen: »Mein wei#223;er Bruder hat bewiesen, da#223; er ein Freund unseres Stammes ist. Wir danken ihm; er mag mir jetzt nur noch einige Fragen beantworten. Waren Winnetou und Old Shatterhand noch in dem Pueblo der wei#223;en Squaw, als du von dort fortrittest und wei#223;t du, wann sie es verlassen werden?« »Nein.« »Wissen sie, wohin du geritten bist?« »Nein.« »So steht auch nicht zu erwarten, da#223; sie dir augenblicklich gefolgt sind. Vielleicht befinden sie sich jetzt noch dort?« »Das ist freilich m#246;glich.« An diesem Falle k#246;nnen wir sie hindern, die Nijoras gegen uns aufzuhetzen. Wir brauchen ihnen nur eine Anzahl unserer Krieger entgegenzusenden, um sie festzunehmen; dann k#246;nnen sie nicht zu den Nijoras gelangen.« »Aber wenn sie sich nun schon dort befinden?« »Dann m#252;#223;ten wir morgen fr#252;h aufbrechen. Wenn die Nijoras uns wirklich angreifen wollen, so m#252;ssen sie durch das Tikh Nastla (* "Dunkles Thal".) kommen, wenn sie nicht einen Umweg von mehreren Tagen machen wollen. Dort k#246;nnen wir sie erwarten und vollst#228;ndig aufreiben. Ich werde jetzt, wenn die alten Krieger einwilligen, f#252;nfzig M#228;nner absenden, welche sofort aufbrechen und Winnetou und Old Shatterhand entgegenreiten, um sie zu fangen. Die andern Krieger ziehen dann morgen mit mir nach dem Tikh Nastla, wo wir den Erfolg abwarten k#246;nnen. Ich habe gesprochen. La#223;t uns #252;ber den Vorschlag beraten!« »Kommt, wir wollen fort!« fl#252;sterte ich Dunker zu. »Jetzt noch nicht!« antwortete er. »Wenn wir einmal lauschen, m#252;ssen wir doch bis zu Ende warten, das Wichtigste kommt erst nach.« »Was denn?« »Die Entscheidung dar#252;ber, was sie anfangen werden.« »Die kenne ich schon jetzt. Uebrigens sind so viele Krieger hier versammelt, und das Zelt Meltons steht leer, Ich mu#223; fort, ehe die Versammlung aufgel#246;st wird. Also kommt, Master! Wir legen bei dem sechsten Zelte an, und ich gehe an das Ufer.« Wir machten uns wieder flott und schwammen weiter. Das Zelt stand ebenso nahe am Ufer, wie die andern; es warf seinen Schatten #252;ber die B#252;sche und auf das Wasser herab. Als wir den Schatten erreicht hatten, legten wir wieder an. Ich forderte Dunker auf: »Bleibt hier liegen, bis ich zur#252;ckkehre, und steigt auf keinen Fall ans Land!« »Aber wenn Ihr nicht wiederkommt, Sir?« »Dunkles Thal.« »Dann werdet Ihr Winnetou schie#223;en h#246;ren.« »Und wenn er nicht schie#223;t?« »Er wird! Ich werde mich ohne Gegenwehr nicht ergreifen lassen. Der L#228;rm, welcher dabei entsteht, wird dem Apatschen sagen, da#223; ich in Gefahr bin, und Ihr k#246;nnt Euch darauf verlassen, da#223; er dann nicht ruhig auf seinem Posten liegen bleibt. Wenn Ihr seine Sch#252;sse h#246;rt, ergreift Ihr die Flucht. Ihr schwimmt mit Eurer Insel den Flu#223; hinab, bis Ihr den untersten Posten passiert habt, und kehrt zu Sir Emery zur#252;ck.« »Und Ihr? Was wird dann mit Euch?« »Das la#223;t nur meine und Winnetous Sache sein.« »Sir, das ist leicht gesagt. Ich soll ausrei#223;en, wenn Ihr Euch in Gefahr befindet?« »Ja. Eure Hilfe k#246;nnte mir nichts n#252;tzen; sie w#252;rde mir nur schaden. Uebrigens wird der Fall, von dem wir sprechen, gar nicht eintreten. Wartet also, ich bin gleich wieder hier!« »Well! Aber ich sage Euch, da#223; ich zittere, nicht f#252;r mich, sondern f#252;r Euch!« Ich befestigte meine Insel an den Busch, bei dem ich jetzt lag, und kroch darunter hervor, wobei ich nat#252;rlich untertauchen mu#223;te. Dann schob ich mich vorsichtig zwischen den Str#228;uchern hindurch, die B#246;schung des Ufers hinauf. Dabei war gar nichts zu riskieren, denn hinter mir konnte es keinen Beobachter geben, zu beiden Seiten hatte ich das Geb#252;sch und vor mir das Zelt. Auf der Uferh#246;he angekommen, blickte ich mich um. Es war kein Mensch zu sehen. Nun kam es darauf an, zu erfahren, ob sich jemand in dem Zelte befand oder nicht. Ich kroch ganz hinan und lauschte. Es war nichts zu h#246;ren. Ich zog einen Pflock aus der Erde und hob den untern Saum des Zelttuches vorsichtig empor. Gerade mir gegen#252;ber war der Eingang; er stand halb offen. Der Schein eines Feuers fiel herein, und ich sah, da#223; das Zelt leer war. Mir klopfte das Herz. Melton hatte das geraubte Erbe in einer Ledertasche bei Sich, diese aber nicht mit auf der Versammlung gehabt; sie mu#223;te sich also in seinem Zelte befinden. Ich sah sie aber nicht. Darum hob ich die Zeltleinen noch h#246;her und kroch hinein. Die Tasche war nicht zu sehen. Sollte er sie vielleicht dem H#228;uptlinge in Verwahrung gegeben haben? Das hielt ich nicht f#252;r wahrscheinlich. Darum kroch ich nach der Lagerst#228;tte, welche aus Laub, abgeschnittenem Gras und einigen Decken bestand, steckte die Hand unter diese und suchte. Da - da f#252;hlte ich sie. Meine Hand zitterte. Ich zog sie zur#252;ck und #252;berlegte, obgleich meine Lage keine solche war, da#223; ich Zeit zu langem Nachdenken gehabt h#228;tte; sie war im Gegenteile h#246;chst gef#228;hrlich. Ich befand mich in einer gro#223;en Aufregung. Da lagen die Millionen, welche wir haben wollten! Durfte ich sie nehmen? Es wirbelte mir vor den Augen und vor den Ohren. Wie mu#223; es erst einem Einbrecher zu Mute sein, der unter Lebensgefahr seine Hand nach unrechtem Gute ausstreckt! Ich zwang mich zur innern Ruhe. Nahm ich die Tasche, so wurde sie jedenfalls sehr bald von Melton vermi#223;t; er machte L#228;rm; man suchte, fand meine Spur, suchte die Umgegend weiter ab und traf dann auch auf unsere andern Spuren; dadurch gerieten wir in gro#223;e Gefahr, und wenn wir derselben auch entgingen, so hatte ich wohl das Geld, aber nicht den Dieb. Die Tasche durfte ich also nicht mitnehmen. Aber sie #246;ffnen, auspacken, - auch mu#223;te ich etwas anderes hineinthun, um Melton glauben zu machen, da#223; der Inhalt noch vorhanden sei; das erforderte eine Zeit, die mir nicht zu Gebote stand. Aber es mu#223;te gewagt werden. Wurde ich #252;berrascht, nun, dann kam Melton vielleicht allein in das Zelt, und mit dem w#252;rde ich schon fertig! Ich nahm also die Tasche unter den Decken hervor. Vielleicht hatte er den wertvollen Inhalt herausgenommen und zu sich gesteckt. In diesem Falle setzte ich mich der gegenw#228;rtigen Gefahr ganz unn#252;tz aus. Es war eine Ledertasche mit eisernem B#252;gel; sie war voll und - verschlossen. Wie fatal! Ich zog mein Messer und sprengte das Schlo#223; auf. Das war eine sehr leichte Arbeit, welche ich aber ungern unternahm, weil es fraglich war, ob ich das Schlo#223; ebenso leicht wieder zubringen w#252;rde. Der B#252;gel lie#223; sich #246;ffnen, und ich griff hinein. Ich f#252;hlte weiche Gegenst#228;nde und kleinere Sachen; das war es nicht, was ich suchte. Dann kam eine starke, dicke Brieftasche in meine Hand; weiter gab es dann nichts. Ich nahm sie heraus. Um das vorige Volumen wieder herzustellen, schnitt ich mit dem Messer einen Streifen von der untern Lagerdecke, legte ihn viereckig zusammen, und schob ihn dahin, wo die Brieftasche gesteckt hatte. Hierauf zwang ich die B#252;gel wieder zusammen und gab an der Stelle, wo sich das Schlo#223; befand, einen starken Druck - es schnappte; wie das m#246;glich war, das konnte ich mir nicht erkl#228;ren, aber das vorhin aufgesprengte Schlo#223; war wieder zu. Nun galt es, den R#252;ckzug zu ergreifen, was freilich nicht so leicht war und so schnell ging, wie man meinen sollte, denn ich hatte meine Spur zu verwischen. Meine Kleidung war na#223; gewesen, doch war von der N#228;sse gewi#223; nicht so viel, da#223; es auffallen mu#223;te, in das Zelt gekommen. Ich nahm die Brieftasche zwischen die Z#228;hne, selbstverst#228;ndlich nachdem ich die B#252;geltasche wieder unter das Lager gesteckt hatte, kroch aus dem Zelte und steckte den Pflock wieder an seine Stelle. Indem ich mich nun auf den Knieen r#252;ckw#228;rts nach dem Wasser hinabbewegte, richtete ich die niedergedr#252;ckten Gr#228;ser sorgf#228;ltig mit den H#228;nden auf. Wenn heute Nacht der Tau auf die Stelle fiel, war morgen fr#252;h von der Spur jedenfalls nichts mehr zu bemerken. Das Aufrichten des Grases mu#223;te sehr sorgf#228;ltig geschehen, es nahm viel Zeit in Anspruch. Als ich endlich unten ankam, h#246;rte ich Dunkers Stimme leise aus seinem Verstecke hervorklingen: »Dem Himmel sei tausend Dank! Was war das f#252;r ein ewiges Warten! Mir sind aus lauter Sorge f#252;r Euch soviel G#228;nseh#228;ute #252;bergelaufen, da#223; ich ein steinreicher Kerl w#252;rde, wenn ich einen K#228;ufer f#252;r sie f#228;nde.« »Und doch m#252;#223;t Ihr noch eine kleine Weile warten,« antwortete ich. »Noch l#228;nger! Warum?« »Ich habe etwas geholt, was ich mitnehmen mu#223; und doch nicht na#223; werden lassen darf. Ich mu#223; es also auf meiner Insel befestigen, da#223; es trocken liegt.« »Was ist es?« »Einige Millionen Dollars.« »Was! Etwa das geraubte Geld!« »Ja.« »Gl#252;ckspilz, der Ihr seid! Wohl in einer Tasche?« »Ja.« »So befestigt sie ja recht sorgf#228;ltig, damit sie nicht verloren geht!« »Ich bringe hinten auf meiner Insel eine zweite Erh#246;hung an. Auf diese habt Ihr von jetzt an zu achten, auf sonst weiter nichts, indem Ihr hinter mir her schwimmt.« Ich mu#223;te Holz haben und durfte doch keine Aeste von den B#252;schen schneiden, weil die wei#223;en Schnittfl#228;chen zu Verr#228;tern geworden w#228;ren; es gab gl#252;cklicherweise genug abgebrochene Zweige, welche mir hinreichendes Material zu der beabsichtigten Vorrichtung lieferten. Als die Tasche sicher untergebracht worden war, schl#252;pfte ich wieder unter meine Insel, und wir schwammen weiter. Beim vierten Zelte hielten wir an, und ich kroch wieder hervor. »Nehmt Euch in acht!« warnte mich Dunker. »Es ist anzunehmen, da#223; die Lady sich nicht allein in dem Zelte befindet!« »Dann sitzt sie wohl au#223;erhalb,« gab ich zur Antwort. »So! Warum?« »Weil eine solche Dame solange wie m#246;glich gute Luft genie#223;t, anstatt sich mit alten Squaws in einem stinkenden Zelte zusammenzupferchen.« Ich schob mich am Ufer empor. Richtig! Meine Vermutung best#228;tigte sich. Etwa drei Schritte vor mir stand das Zelt, und daneben sah ich Martha sitzen, nur zwei Schritte von mir entfernt. Sie hatte ihren Platz seitw#228;rts vom Zelte genommen, weil davor mehrere indianische Weiber sa#223;en; ob zwei oder drei, das konnte ich nicht sehen. Jetzt galt es sie anzureden, ohne da#223; sie erschreckte. Das geschah am besten mit ihrem Vornamen und in deutscher Sprache. »Martha!« fl#252;sterte ich hinter ihr. Sie zuckte zusammen und drehte sich erschrocken um, gl#252;cklicherweise ohne einen Ruf auszusto#223;en. Ich erhob den Kopf, soda#223; sie mein vom zwischen den Zelten her#252;berleuchtenden Feuer beschienenes Gesicht sehen konnte und raunte ihr rasch zu: »Still! Lassen Sie nichts h#246;ren! Haben Sie mich erkannt?« Ja,« hauchte sie, indem sie ein wenig zur Seite r#252;ckte, soda#223; wir besser leise Worte tauschen konnten. Die Indianerinnen hielten ihre Aufmerksamkeit aufw#228;rts nach der Stelle gerichtet, wo die Beratung der Krieger noch immer nicht zu Ende war. »Ich komme nur, um Ihnen zu sagen, da#223; ich in der N#228;he bin,« fuhr ich fort. »Gott sei Dank!« fl#252;sterte sie, indem sie die H#228;nde faltete. - »Aber welch eine Verwegenheit ist dies von Ihnen!« »Es ist gar nicht gef#228;hrlich. Sagen Sie vor allen Dingen, wie Sie behandelt werden.« »Ganz leidlich.« »Ans Leben scheint es also nicht gehen zu sollen?« »Vielleicht doch! - Wenn Jonathan Melton - doch Sie k#246;nnen ja gar nicht wissen, was wir -« »Ich wei#223; alles,« unterbrach ich sie. »Dunker, Ihr F#252;hrer -« »Der ist entkommen!« schalt sie schnell ein. »Und auf mich und Winnetou getroffen. Er steckt jetzt hinter mir im Wasser.« »Himmel, diese Gefahr! Und Franz, mein Bruder?« »Ist in Sicherheit. Er befindet sich bei den Nijora-Indianern.« »Da ist er nicht sicher; denn diese sollen von den MogolIon #252;berfallen werden. Melton sagte mir auch, da#223; er den Zug mitmachen wird, um Sie zu fangen.« »So erwartet er also, da#223; wir kommen?« »Wie es scheint. Er hat mir gedroht. Wenn er erst Sie, Winnetou und Emery hat, sollen wir alle ausgel#246;scht werden; so dr#252;ckte er sich aus.« »So wissen Sie, da#223; Ihnen wenigstens augenblicklich nichts geschehen wird; Sie k#246;nnen also ruhig sein. Was den Zug gegen die Nijoras betrifft, so werden wir daf#252;r sorgen, da#223; er verungl#252;ckt; also auch um Ihren Bruder brauchen Sie keine Angst zu haben.« »Aber schonen Sie doch auch sich! Wie haben Sie sich hierherschleichen k#246;nnen, und wie kommen Sie wieder fort? Ich m#246;chte vor Bangigkeit vergehen!« »Leiser, leiser; die alten Indianerinnen h#246;ren Sie sonst! Ich bin so sicher wie ein eingeschriebener Brief im Postbeutel. Ich kann Sie augenblicklich noch nicht befreien; darum komme ich jetzt, um Ihnen wenigstens zu sagen, da#223; die Gefangenschaft nur kurz sein wird. Wo befindet sich Murphy, der unvorsichtige Advokat?« »Weiter dr#252;ben, Auf Veranlassung Meltons wird er sehr scharf bewacht. Wie ist es denn Ihnen ergangen? Sie scheinen das "Schlo#223;", welches Sie suchten, nicht gefunden zu haben?« »Wir fanden es. Sp#228;ter mehr davon; jetzt kann ich nat#252;rlich nicht erz#228;hlen. Harry Melton ist tot; sein Bruder Thomas befindet sich in unserer Gewalt, und nur Jonathan ist uns entwischt; aber in h#246;chstens einigen Tagen werden wir auch ihn festhaben.« »Und das Verm#246;gen? Wie steht es mit diesem?« »Habe ich vielleicht schon.« »Haben Sie - -« »Leiser, viel leiser«, unterbrach ich ihre erstaunten Worte. »Ich habe schon zu viel gesprochen und mich zu lange hier verweilt. Ich will Ihnen nur noch sagen, da#223; ich da oben in Meltons Zelt gewesen bin. Ich schlich mich vorhin hinein und habe, da es leer stand, seine Brieftasche erbeutet, die wahrscheinlich alles enth#228;lt, was wir haben wollen. Das ist die Hauptsache; den Spitzbuben bekommen wir dann auch noch. Jetzt will ich fort. Haben Sie also keine Sorge, und erf#252;llen Sie mir, sobald ich jetzt fort bin, eine Bitte!« »Wie gern! Aber welche?« »Steigen Sie dann einigemal hier zum Wasser nieder, um meine Spur zu verwischen. Wenn man das niedergedr#252;ckte Gras bemerkt, mu#223; man denken, Sie seien es gewesen.« »Ich werde es sehr gern thun; aber gew#228;hren auch Sie mir eine Bitte! Setzen Sie Ihr Leben nicht zu sehr auf das Spiel! Wenn man Sie t#246;tet, bin auch ich verloren!« »Nein, denn da sind Winnetou und Emery noch da. Aber ich versichere Ihnen, da#223; ich nicht zu viel wage und da#223; mir nichts geschieht. Also zagen Sie nicht; halten Sie sich stramm, und seien Sie #252;berzeugt, da#223; wir Sie sicher herausholen werden, denn - -« Ich hielt inne, weil in diesem Augenblicke ein lauter schriller Schrei durch das Lager ert#246;nte. Die alten Weiber vor dem Zelte sprangen auf und entfernten sich neugierig einige Schritte, soda#223; sie uns nicht mehr so leicht wie vorher bemerken konnten. »Was war das? - Was hat das zu bedeuten?« fragte Martha. »Es ist der Sammelruf der Indianer. Der H#228;uptling ruft seine Posten zusammen. Daraus ersehe ich, da#223; man nach den Vorschl#228;gen Meltons handeln wird. Jedenfalls wird sehr bald eine Abteilung aufbrechen, um uns zu fangen. Ich mu#223; fort. Also Mut! Und leben Sie wohl!« Wir hatten ein gro#223;es Gl#252;ck gehabt, solange und so ungest#246;rt miteinander sprechen zu k#246;nnen. Sie reichte mir die Hand; dann rutschte ich in das Wasser hinab. Eben wollte ich unter meine Insel kriechen, da h#246;rte ich, wo ich mich soeben noch bei Martha befunden hatte, eine mir bekannte, laute Stimme sagen: »Mrs. Werner, ich komme, um mich von Euch zu verabschieden. Zwar bin ich #252;berzeugt, da#223; Euch das Scheiden von mir sehr schwer f#228;llt, aber ich kann Euch den Trost erteilen, da#223; wir uns recht, recht bald wiedersehen werden.« Jonathan Melton war es, der so gesprochen hatte, und zwar in einem so niedertr#228;chtig h#246;hnischen Ton, da#223; ich am liebsten hinaufgesprungen w#228;re, um ihn zu fassen und mit mir herunter in das Wasser zu ziehen. Ich h#228;tte das wahrscheinlich auch gethan, denn wie die Sachen jetzt standen, w#228;re es wohl m#246;glich gewesen, mit ihm aus dem Lager zu kommen, da die Posten zusammengerufen worden waren, aber ich hatte nicht nur auf Martha, sondern auch auf Murphy und - auf die Brieftasche R#252;cksicht zu nehmen. Darum kroch ich vollends in mein Versteck hinein und lauschte. Er fuhr fort: »Ich bin's nicht allein, der sich entfernen mu#223;, sondern auch Ihr werdet das Lager verlassen.« Ah, dachte ich, wenn sie nur jetzt klug w#228;re! Wenn sie nur jetzt nicht schweigen, sondern ihm antworten wollte. Und sie war klug; sie mochte sich sagen, da#223; ich, der ich ja wohl noch nicht fort war, gern h#246;ren w#252;rde, was er weiter sprach. Sie fragte: »Ich hier fort? Wann denn?« »Schon mit Anbruch des Tages und zwar mit den Indianern, die gegen die Nijoras ziehen. Ich will Euch beweisen, wie wenig ich Euch und Eure sauberen Freunde f#252;rchte. Meine Offenheit soll Euch sagen, da#223; Ihr schon jetzt nicht mehr f#252;r mich vorhanden seid. Der rote Winnetou und der sogenannte Old Shatterhand sind uns nachgeritten, um uns zu fangen. Ihr und Euer kluger Advokat habt das Resultat nicht abwarten k#246;nnen, und seid ihnen gefolgt. Das war eine gro#223;e Albernheit von euch allen, denn die Meltons haben euch schon wiederholt bewiesen, da#223; ihr mit all eurer Klugheit nicht an sie kommt. Ihr befindet Euch mit dem Advokaten jetzt in meiner Gewalt, und ich reite schon in einer Viertelstunde mit einer Abteilung von f#252;nfzig Mogollon ab, um Old Shatterhand, Winnetou und den Engl#228;nder dazu zu holen. Befinden sie sich noch auf dem "Schlosse", wohin Ihr wolltet, so werden wir bis dorthin reiten und sie #252;berrumpeln; sind sie aber schon fort, so treffen wir sie unterwegs. In beiden F#228;llen ist es schon jetzt so gut, als ob wir sie fest h#228;tten. Euch und den Advokaten aber nehmen die Roten am Morgen mit, damit ich nicht so weit zur#252;ckzureiten habe. Ich werde in einer sehr sch#246;nen Gegend, welche man das "dunkle Thal" nennt, auf sie und also auch auf Euch treffen. Was meint ihr wohl, was dann geschehen wird?« »Ihr la#223;t uns frei?« »Frei? Das kann nur ein Weib sagen. Ich bin der Erbe des alten Hunter; h#246;rt Ihr es, ich! Es darf keinen andern Erben geben! - Wi#223;t Ihr, was das hei#223;t?« »Wollt Ihr uns etwa t#246;ten!« »T#246;ten? Ah, ja, jetzt redet Ihr viel vern#252;nftiger als vorher. Ihr seid der Wahrheit so nahe, da#223; Ihr sie beim Schopfe habt.« »Sir, es kann ganz anders kommen, als Ihr denkt, wenn Ihr gar nicht auf Winnetou und Old Shatterhand trefft!« »Das ist unm#246;glich. Entweder befinden sie sich noch im Pueblo, dann stecken sie in der Falle, denn ich kann unbemerkt in die Festung gelangen, ohne da#223; sie es ahnen, oder sie sind mir schon nachgeritten, und da giebt es nur einen einzigen Weg, auf dem sie uns begegnen m#252;ssen. Die sonst so klugen Kerle werden #252;brigens gar nicht vorsichtig sein, weil sie nicht ahnen k#246;nnen, da#223; ich, der Fl#252;chtling, auf den Gedanken komme, wieder umzukehren.« »Dann ist es wenigstens m#246;glich, da#223; die Nijoras sich nicht #252;berfallen lassen, sondern die Mogollon besiegen. Dann falle ich den Siegern in die H#228;nde, aber nicht Euch.« »Pshaw, Weibergedanke! Die Nijoras haben keine Ahnung, da#223; wir gegen sie ziehen. Wir werden sie #252;berrumpeln, wie der Habicht auf die Tauben f#228;llt. Ich habe befohlen, Euch und den Advokaten keinen Moment aus den Augen zu lassen. Man wird euch auf Pferde binden. Vielleicht ist's auch m#246;glich, da#223; der H#228;uptling auf den milden Gedanken kommt, Euch in Euern Wagen zu stecken, weil Ihr nicht reiten k#246;nnt und also den Zug hemmen w#252;rdet. Auf keinen Fall aber werdet Ihr Gelegenheit zur Flucht finden, und auf keinen Fall d#252;rft Ihr denken, da#223; es Euern Freunden gelingen wird, mir zu entkommen und Euch zu retten, Geht jetzt in Euer Zelt! Die W#228;chterinnen sind angewiesen, Euch bis zum Morgen nicht herauszulassen.« Sie schien dem Befehle zu gehorchen, denn es war nichts mehr zu h#246;ren. Wir warteten noch ein Weilchen und stie#223;en dann vom Ufer ab, um weiterzuschwimmen. Ich konnte zwar annehmen, da#223; alle Posten dem Sammelrufe ihres H#228;uptlings gefolgt seien, und es war auch wirklich keiner am Flusse zu sehen, dennoch schwammen wir zu unserer Sicherheit so weit hinab, da#223; wir uns nun auf alle F#228;lle au#223;erhalb der Postenkette befanden, und stiegen dann aus dem Wasser. Als ich die Tasche zu mir nahm, war sie vollst#228;ndig trocken. Wir sahen trotz der n#228;chtlichen Dunkelheit, in welche Richtung wir uns zu wenden hatten, denn oben auf der H#246;he brannte noch das Feuer. Es diente uns als Wegweiser, da Emery dahinter auf uns wartete. »Sir,« meinte Dunker, indem wir nebeneinander nach dieser Richtung schritten, »das war ein Abenteuer, an welches ich mit Lust denken werde. Besser konnte es doch gar nicht gelingen!« »So seid Ihr also zufrieden?« »Well! Und wie! Was Ihr mit der Lady vorher gesprochen habt, das war so leise, da#223; ich es nicht h#246;ren konnte; aber zuletzt hat Melton uns alles verraten. Es war kostbar, da#223; er in seinem Hohne und seiner Sicherheit alles so herausplauderte. Was meint Ihr, da#223; wir nun thun werden?« »Dar#252;ber haben wir beide nicht allein zu entscheiden. Da#223; wir so viel erfahren haben, ist ganz gut; noch lieber aber ist mir die Brieftasche. Melton wird in kurzer Zeit aufbrechen; es steht also gar nicht zu erwarten, da#223; er seine Ledertasche untersucht und den Verlust bemerkt. Da#223; ich so leicht zu dem Gelde kommen k#246;nnte, das habe ich nicht f#252;r m#246;glich gehalten. F#252;r die, denen es geh#246;rt, ist nun auf alle F#228;lle gesorgt.« »Steckt denn das Geld auch wirklich drin?« »Ich m#252;#223;te mich sehr irren, wenn es anders w#228;re. Wenn es Tag geworden ist, werden wir ja sehen.« Ich hielt inne, denn es war mir, als ob ich nicht weit vor uns eine dunkle Gestalt gesehen h#228;tte. Das konnte ein Mogollon sein. Da aber h#246;rten wir Winnetous Stimme: »Meine Br#252;der m#246;gen n#228;her kommen! Es ist kein Feind, der lauernd auf sie wartet.« Er hatte meinen Stutzen in der Hand und sagte: »Meine Br#252;der stiegen oben in das Wasser; sie mu#223;ten abw#228;rts schwimmen; daher stellte ich mich unten her, weil das der Punkt war, an welchem ich ihnen am besten beistehen konnte. Sie m#246;gen mit mir zu Emery kommen.« »Werden wir auf keinen Posten treffen?« »Nein. Die W#228;chter sind alle in das Lager gegangen, als der Ruf erscholl.« Emery war nicht wenig froh, als er uns heiler Haut zur#252;ckkommen sah. Wir rangen unsere Kleider aus, so gut es ging, zogen die abgelegten St#252;cke an, steckten alles, was wir weggethan hatten, wieder zu uns und erz#228;hlten dabei, was wir erfahren hatten. Als ich sagte, da#223; ich die Brieftasche erwischt h#228;tte, wurde der Apatsche bedenklich. Er meinte: »Mein Bruder h#228;tte sie auf keinen Fall nehmen sollen. Melton wird den Verlust entdecken!« »Mag er!« »Und ahnen, da#223; wir hier gewesen sind!« »Vielleicht #246;ffnet er die Tasche erst heute, erst morgen, erst nach einigen Tagen. Und wenn er sehr bald merkt, da#223; das Geld fort ist, mu#223; er da gleich denken, da#223; wir es sind, die es geholt haben? Kann ihn nicht ein Mogollon bestohlen haben, als er die Tasche so leichtsinnig in dem Zelte liegen lie#223;? Wer wei#223;, seit wann er sie schon vorher nicht ge#246;ffnet hat. Er kann auch wohl denken, da#223; das Geld ihm schon fr#252;her herausgenommen worden ist. Und wenn er es bald bemerkt, und seinen Verdacht auf uns lenkt, so ist es doch jedenfalls besser, wir haben das Geld, nach welchem wir so lange vergebens gejagt haben, als da#223; es sich noch l#228;nger in seinen H#228;nden befindet und da allen Zuf#228;lligkeiten ausgesetzt ist. Schlie#223;lich k#246;nnte es so weit kommen, da#223; er, wenn wir ihn fangen, das Geld nicht mehr besitzt.« »Vielleicht gebe ich meinem Bruder recht, wenn er mir weiter erz#228;hlt.« Ich folgte der Aufforderung, indem ich ihm noch berichtete, was Jonathan Melton der S#228;ngerin alles gesagt hatte. Als ich fertig war, sagte er im Tone der Verwunderung: »Winnetou hielt diesen Menschen f#252;r kl#252;ger, als er sich jetzt gezeigt hat. Der Hohn ist ein Verf#252;hrer, dem man niemals folgen sollte. Also er bricht mit f#252;nfzig Mann auf, um uns entgegenzureiten! Was sagt mein Bruder Shatterhand dazu?« »Das, was jeder vern#252;nftige Mensch sagen w#252;rde. Es ist eine Dummheit, die gar nicht gr#246;#223;er sein kann. Wenn er einmal annimmt, es sei m#246;glich, wir h#228;tten erfahren, wohin er geritten ist, und seien ihm gefolgt, so kann er auch annehmen, da#223; das sehr bald geschehen ist. In diesem Falle k#246;nnen wir, da er schon so bald am Tage hier angekommen ist, doch auch schon hier oder doch wenigstens nahe sein. Darum ist es ein ungeheurer Fehler von ihm, jetzt aufzubrechen, um uns entgegenzugehen. Es ist dunkel; er kann unsere Spur nicht sehen und mu#223; beinahe sicher annehmen, da#223; er uns verfehlen wird. Er d#252;rfte diesen Ort nur am Tage verlassen und m#252;#223;te erst die Umgegend sorgf#228;ltig nach uns absuchen.« »Mein Bruder hat richtig gesprochen. Und dann, wenn es Tag geworden ist, werden die Mogollon gegen die Nijoras aufbrechen? Sind sie dann schon ger#252;stet? Der Zug sollte doch drei Tage sp#228;ter begonnen werden!« »Zum Ger#252;stetsein einer Indianertruppe geh#246;rt weniger als zu dem eines gro#223;en Heeres von wei#223;en Soldaten.« »Old Shatterhand mu#223; daran denken, da#223; man nicht nur mit Waffen, sondern auch mit Proviant ausger#252;stet sein mu#223;. Sind die Mogollon genugsam damit versehen? Haben meine Br#252;der bemerkt, da#223; sie Fleisch gemacht haben?« »Nein, ich habe keine Riemen oder Leinen bemerkt, an denen Fleisch zum Trocknen hing.« »Das ist ein gro#223;er Fehler, denn unterwegs und dort, wohin sie wollen, werden sie kein Fleisch finden.« »Giebt es in der Gegend des dunklen Thales" kein Wild?« »Entweder keins oder doch wenig. Und haben Krieger, welche in jedem Augenblicke angegriffen werden k#246;nnen, Zeit, auf die Jagd zu gehen und Fleisch zu machen?« »Nein. Doch wenn die Mogollons solche Fehler begehen, kann es uns nur lieb sein. Kennt der H#228;uptling der Apatschen das dunkle Thal?« »Ja.« »Wie weit ist es von hier?« »Wenn ein gew#246;hnlicher Reiter fr#252;h aufbricht und unterwegs Nachtlager macht, wird er es um die Mitte des n#228;chsten Tages erreichen. Ich werde meine Br#252;der f#252;hren.« »Es liegt auch der Gedanke nahe, hier zu bleiben, um die Gefangenen zu befreien, wenn die Krieger fort sind. Dies w#252;rde f#252;r uns eine leichte Sache sein.« »Hat mein Bruder auch an die Folgen gedacht?« »Ja. Man mu#223; sich eben alles #252;berlegen. Jetzt wissen sie nicht genau, wo wir sind; dann aber werden sie es sicher erfahren.« »Ja; es w#252;rden sofort Boten den Kriegern nacheilen, um zu melden, was geschehen ist. Aber es w#252;rden auch noch andere Folgen eintreten, weil wir auf unsere Schnelligkeit verzichten m#252;#223;ten.« »Freilich w#252;rden die Lady und der Advokat uns arg hindern.« »Doppelt hindern, denn wir k#246;nnten erstens nicht den Nijoras zu Hilfe kommen und den Mogollons zweitens nicht ausweichen, welche nach Ankunft der Boten augenblicklich eine Schar von Kriegern aussenden w#252;rden, uns zu fangen. Denkt mein Bruder etwa, da#223; den Gefangenen hier in Abwesenheit der Krieger etwas Schlimmes geschehen wird?« »Nein. Erst nach R#252;ckkehr Meltons ist f#252;r sie zu f#252;rchten.« »So k#246;nnen sie hier bleiben; sie sind uns da sicherer, als wenn wir uns mit ihnen schleppen und sie gegen eine #252;berm#228;chtige Schar von Feinden verteidigen m#252;ssen. Wir reiten zu den Nijoras, um ihnen gegen die Feinde beizustehen. Sind diese geschlagen, so zwingen wir sie, uns nicht nur die Lady und den Advokaten, sondern auch Melton auszuliefern.« »Gut! Wann brechen wir auf!« »Wenn Melton mit seiner Schar fort ist. Wenn wir eher ritten, w#252;rden sie, wenn sie hinter uns k#228;men, unsere F#228;hrte sehen und Verdacht sch#246;pfen.« »K#246;nnen wir nicht einen andern Weg einschlagen?« »Ja, aber ist es nicht besser, wir bleiben, um uns zu #252;berzeugen, da#223; sie wirklich fort sind und da#223; Melton sich gewi#223; bei ihnen befindet?« »Nein. Ich bin vollst#228;ndig #252;berzeugt davon, da#223; es so ist und so geschieht, wie er gesagt hat. Und wenn wir erst nach ihnen reiten, m#252;ssen wir hinter ihnen bleiben, was uns ungeheuer aufhalten w#252;rde, denn sie reiten jedenfalls nicht so schnell, wie wir reiten m#252;ssen, wenn wir die Nijoras rechtzeitig benachrichtigen wollen, weil sie doch unterwegs sich nach uns umsehen m#252;ssen. Ich schlage also vor, wir verlassen entweder diesen Ort sofort, oder wir bleiben da, um die Gefangenen zu befreien, wenn am Morgen die Krieger fortgezogen sind.« »Mein Bruder Old Shatterhand hat recht. Was sagt mein Bruder Emery dazu?« »Sofort aufbrechen,« antwortete dieser. »Das Geld haben wir, nun m#252;ssen wir unbedingt den lieben Jonathan bekommen. Den Gefangenen geschieht in der n#228;chsten Zeit nichts. Werden die Mogollons besiegt, so zwingen wir sie, sie uns auszuliefern, und sollte der Kampf wider Erwarten einen andern Ausgang nehmen, so k#246;nnen wir immer noch heimlich hierher zur#252;ckkehren, um das nachzuholen, was wir jetzt unterlassen.« Dunker wurde auch gefragt, freilich mehr aus H#246;flichkeit, als weil wir ihm eine entscheidende Stimme h#228;tten zutrauen m#246;gen. Er stimmte bei, machte aber die nicht ganz unbegr#252;ndete Bemerkung: »Wir m#252;ssen uns aber vor den Roten in acht nehmen, welche zu meiner Verfolgung ausgeschickt worden sind.« »Sind die nicht zur#252;ckgekehrt?« fragte Emery. »Ich wei#223; es nicht, m#246;chte aber mit nein antworten. So lange es Tag ist, sind sie meiner Spur gefolgt. An der Quelle, wo wir zusammengetroffen sind, werden sie bemerken, da#223; ich da auf mehrere Reiter gesto#223;en und dann mit diesen nach dem wei#223;en Felsen zur#252;ckgekehrt bin. Mit dieser Botschaft kommen sie heim; was sie f#252;r ein Aufsehen erregen wird, l#228;#223;t sich leicht denken.« »Sie werden diese Botschaft gar nicht bringen,« bemerkte ich. »Beachtet nur das Wetter, Master Dunker! Seit einer Viertelstunde geht ein hohler Wind, und es beginnt bereits, von oben zu "n#228;sseln". Dazu m#252;#223;t Ihr nehmen, da#223; es schon zu dunkeln begann, als wir die Quelle verlie#223;en. Eure Verfolger waren noch nicht dort, und ehe sie hinkommen konnten, ist es Nacht geworden. Um Eure Spur nicht zu verlieren, haben sie da halten m#252;ssen, wo sie von der Dunkelheit #252;berrascht worden sind, und wenn sie den Fehler gemacht h#228;tten, trotzdem nach der Quelle zu reiten, vielleicht weil sie Euch dort vermuteten oder weil es dort Wasser f#252;r ihre Pferde gab, so konnten sie unsere Spuren doch nicht erkennen. Feuer haben sie nicht mitgehabt oder wenigstens nicht angez#252;ndet. Dazu kommt, da#223; das Pferd, auf welchem Ihr entflohen seid, das beste und schnellste des ganzen Lagers ist, wie ich vermute, und da#223; sie sich also wohl sagen m#252;ssen, es sei unm#246;glich, Euch einzuholen. Es ist also zweierlei anzunehmen: Entweder sind sie um- umgekehrt und befinden sich jetzt schon wieder im Lager, weil sie die Verfolgung aufgegeben haben, oder sie befinden sich noch jetzt auf Eurer F#228;hrte, doch lagernd, k#246;nnen ihr aber nicht folgen, weil, bis der Tag anbricht, der Regen, welcher immer st#228;rker wird, sie verwischt und verwaschen haben wird.« »Well, das ist sehr richtig, Sir.« »Ich denke also, da#223; wir auf die Leute gar keine R#252;cksicht zu nehmen brauchen.« »Es ist so, wie mein Bruder Shatterhand gesagt hat,« stimmte mir Winnetou bei. »In einer Viertelstunde werden wir starken Regen haben. Und das ist sehr gut, denn derselbe wird auch die Spuren, welche wir hier gemacht haben, unkenntlich machen. Wir wollen zu Pferde steigen.« »Kann uns Winnetou so f#252;hren, da#223; uns die Mogollons nicht hinter die Fersen kommen?« »Ja. Sie werden den Weg reiten, welchen wir gestern bis an die Quelle eingehalten haben. Wenn wir uns ein wenig weiter nach rechts halten, werden sie von uns nichts versp#252;ren.« Er meinte also, wir sollten so reiten, da#223; unser Weg parallel mit dem der Mogollons ging, und dieser Gedanke wurde ausgef#252;hrt. Es konnte zwei Uhr nachts sein, als wir aufstiegen und die Gegend verlie#223;en, in welcher wir die interessante Schwimmpartie ausgef#252;hrt hatten. Der Ritt schien freilich kein angenehmer werden zu wollen, denn der Wind war st#228;rker geworden und es regnete bald so stark, da#223; wir schon nach kurzer Zeit bis auf die Haut na#223; waren. Dunker und mir konnte das gleichg#252;ltig sein, denn bis gerade so weit waren wir ja schon vorher na#223; gewesen, und tiefer konnte es unm#246;glich dringen. - - |
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