"Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" - читать интересную книгу автора (Роулинг Джоан)

Die Widmung dieses Buches ist siebengeteilt: für Neil, für Jessica, für David, für Kenzie, für Di, für Anne und für euch, wenn ihr zu Harry gehalten habt, bis ganz zum Schluss.

Erbteil des fluches,

hässlicher sünde

blutige wunde,

schmerzen, wer trüge sie?

quälen, wer stillte sie?

wehe weh!

Einzig der erbe

heilet des hauses

eiternde wunde,

einzig mit blut'gem schnitt.

götter der finsternis

rief mein lied.

Sel'ge geister drunten in der tiefe,

wenn ihr die beschwörungsrufe hörtet,

bringt den kindern hilfe, bringt den sieg.

Aischylos, Das Opfer am Grabe


Sterben ist nur ein Uebergang aus dieser Welt in die andere, als wenn Freunde über See gehen, welche dennoch in einander fortleben. Denn Diejenigen, die im Allgegenwärtigen lieben und leben, müssen nothwendig einander gegenwärtig seyn. In diesem göttlichen Spiegel sehen sie sich von Angesicht zu Angesicht, und ihr Umgang ist so wohl frey als rein. Und wenn sie auch durch den Tod getrennt werden, so haben sie doch den Trost, daß ihre Freundschaft und Gesellschaft ihnen, dem besten Gefühle nach, beständig gegenwärtig bleibt, weil diese unsterblich ist.

William Penn, Früchte der Einsamkeit. Zweyte Abtheilung


Das Märchen von den drei Brüdern

Harry wandte sich um und sah Ron und Hermine an. Auch sie schienen nicht verstanden zu haben, was Xenophilius gesagt hatte.

»Die Heiligtümer des Todes?«

»Richtig«, sagte Xenophilius. »Sie haben noch nie davon gehört? Das überrascht mich nicht. Sehr, sehr wenige Zauberer glauben daran. Denken Sie nur an diesen hirnlosen jungen Mann bei der Hochzeit Ihres Bruders«, sagte er und nickte Ron zu, »der über mich herfiel, weil ich angeblich das Symbol eines weithin bekannten schwarzen Magiers zur Schau trage! Wie ignorant. Es ist nichts Schwarzmagisches an den Heiligtümern – zumindest nicht in diesem groben Sinne. Man benutzt das Symbol bloß, um sich anderen Gläubigen zu offenbaren, in der Hoffnung, dass sie einem bei der Suche helfen.«

Er rührte einige Zuckerstücke in seinen Spulenwurzeltee und trank einen Schluck.

»Verzeihung«, sagte Harry. »Ich verstehe immer noch nicht richtig.«

Um höflich zu sein, nippte auch er an seiner Tasse und musste fast würgen: Das Zeug war ziemlich widerlich, als hätte jemand Bertie Botts Bohnen mit Popelgeschmack püriert.

»Nun, Sie müssen verstehen, Gläubige suchen nach den Heiligtümern des Todes«, sagte Xenophilius und schmatzte, offensichtlich den Spulenwurzeltee genießend.

»Aber was sind die Heiligtümer des Todes?«, fragte Hermine.

Xenophilius stellte seine leere Teetasse beiseite.

»Ich nehme an, dass Sie alle das gt;Märchen von den drei Brüdernlt; kennen?«

Harry sagte »Nein«, doch Ron und Hermine sagten beide »Ja«.

Xenophilius nickte gewichtig.

»Nun denn, Mr Potter, das Ganze beginnt mit dem Märchen von den drei Brüdern ... ich habe irgendwo eine Ausgabe ...«

Er ließ den Blick vage über die Stapel von Büchern und Papieren schweifen, doch da sagte Hermine schon: »Ich habe eine, Mr Lovegood, ich hab sie hier bei mir.«

Und sie zog die Märchen von Beedle dem Barden aus der kleinen, mit Perlen verzierten Tasche.

»Das Original?«, fragte Xenophilius schneidend, und als sie nickte, sagte er: »Alsdann, warum lesen Sie die Geschichte nicht einfach laut vor?

So können wir sie alle sicher am besten verstehen.«

»Ähm ... na gut«, sagte Hermine nervös. Sie schlug das Buch auf, und Harry sah das Symbol, dem sie gerade nachforschten, oben auf der Seite, sie hüstelte kurz und begann dann zu lesen.

»Es waren einmal drei Brüder, die wanderten auf einer einsamen, gewundenen Straße in der Abenddämmerung dahin -«

»Um Mitternacht, bei unserer Mum war es immer Mitternacht«, sagte Ron, der sich ausgestreckt hatte, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und lauschte. Hermine warf ihm einen verärgerten Blick zu.

»Tut mir leid, ich finde nur, dass es ein bisschen unheimlicher klingt, wenn es Mitternacht ist!«, sagte Ron.

»Klar, weil wir unbedingt ein bisschen mehr Angst in unserem Leben brauchen«, sagte Harry, ehe er es sich verkneifen konnte. Xenophilius schien nicht weiter darauf zu achten, sondern starrte durch das Fenster zum Himmel. »Lesen Sie weiter, Hermine.«

»Nach einiger Zeit kamen die drei Brüder zu einem Fluss, der war so tief, dass sie nicht hindurchwaten konnten, und so gefährlich, dass sie nicht ans andere Ufer schwimmen konnten. Doch die Brüder waren der magischen Künste kundig, und so schwangen sie einfach ihre Zauberstäbe und ließen eine Brücke über dem tückischen Wasser erscheinen. Sie hatten die Brücke halb überquert, da trat ihnen eine Kapuzengestalt in den Weg.

Und der Tod sprach zu ihnen -«

»Verzeihung«, warf Harry ein, »aber der Tod sprach zu ihnen?«

»Es ist ein Märchen, Harry!«

»Stimmt, 'tschuldigung. Lies weiter.«

» Und der Tod sprach zu ihnen. Er war zornig, weil er um drei neue Opfer betrogen worden war, denn für gewöhnlich ertranken Wandersleute in dem Fluss. Doch der Tod war gerissen. Er tat, als würde er den drei Brüdern zu ihrer Zauberkunst gratulieren, und sagte, weil sie so klug gewesen seien, ihm zu entrinnen, verdiene jeder von ihnen einen Lohn.

So verlangte denn der älteste Bruder, der ein kämpferischer Mann war, einen Zauberstab, der mächtiger als alle anderen sein sollte: einen Zauberstab, der seinem Besitzer in jedem Duell zum Sieg verhelfen würde, einen Zauberstab, der eines Zauberers würdig war, der den Tod besiegt hatte! Also ging der Tod zu einem Elderbaum am Ufer des Flusses, formte einen Zauberstab aus einem Zweig der dort hing, und schenkte ihn dem ältesten Bruder.

Dann beschloss der zweite Bruder, der ein hochmütiger Mann war, den Tod noch mehr zu demütigen, und verlangte nach der Macht, andere aus dem Tod zurückzurufen. Also nahm der Tod einen Stein vom Flussufer und schenkte ihn dem zweiten Bruder, und er sagte ihm, dass der Stein die Macht haben werde, die Toten zurückzuholen.

Und dann fragte der Tod den dritten und jüngsten Bruder nach seinem Wunsch. Der jüngste Bruder war der genügsamste und auch der weiseste der Brüder, und er traute dem Tod nicht. Also bat er um etwas, das es ihm ermöglichen würde, von dannen zu gehen, ohne dass ihn der Tod verfolgte.

Und der Tod übergab ihm, höchst widerwillig, seinen eigenen Umhang, der unsichtbar machte. «

»Der Tod hat einen Tarnumhang?«, unterbrach Harry erneut.

»Damit er sich an die Leute ranpirschen kann«, sagte Ron. »Manchmal langweilt es ihn, auf sie zuzurennen und mit den Armen zu fuchteln und zu kreischen ... Verzeihung, Hermine.«

»Nun trat der Tod beiseite und erlaubte den drei Brüdern, ihre Reise fortzusetzen, und dies taten sie und sprachen voller Staunen über das Abenteuer, das sie erlebt hatten, und bewunderten die Geschenke des Todes.

Bald darauf trennten sich die Brüder und ein jeder ging seines Weges.

Der erste Bruder war über eine Woche auf Wanderschaft, als er in ein fernes Dorf gelangte, wo er sich einen anderen Zauberer suchte, mit dem er einen Streit begann. Natürlich konnte er mit dem Elderstab als Waffe in dem Duell, das darauf folgte, nur gewinnen. Der älteste Bruder ließ seinen Gegner tot auf der Erde liegen und begab sich in ein Wirtshaus, wo er lautstark mit dem mächtigen Zauberstab prahlte, den er dem Tod selber entrissen habe und der ihn unbesiegbar mache.

Noch in derselben Nacht schlich sich ein anderer Zauberer an den ältesten Bruder heran, der trunken vom Wein auf seinem Bett lag. Der Dieb nahm den Zauberstab und schnitt dem ältesten Bruder obendrein die Kehle durch.

Und so machte der Tod sich den ersten Bruder zu eigen.

Unterdessen wanderte der zweite Bruder nach Hause, wo er allein lebte.

Hier nahm er den Stein hervor, der die Macht hatte, die Toten zurückzurufen, und drehte ihn drei Mal in der Hand. Zu seiner Verwunderung und Freude erschien vor ihm sogleich die Gestalt jenes Mädchens, das er einst hatte heiraten wollen, ehe sie vorzeitig gestorben war.

Doch sie war traurig und kühl, wie durch einen Schleier von ihm getrennt. Obgleich sie in die Welt der Sterblichen zurückgekehrt war, gehörte sie in Wahrheit nicht dorthin und litt. Schließlich wurde der zweite Bruder wahnsinnig vor unerfüllbarer Sehnsucht, und er tötete sich, um wirklich bei ihr zu sein.

Und so machte der Tod sich den zweiten Bruder zu eigen.

Doch obwohl der Tod viele Jahre lang nach dem dritten Bruder suchte, konnte er ihn niemals finden. Erst als der jüngste Bruder ein hohes Alter erreicht hatte, legte er schließlich den Umhang ab, der unsichtbar machte, und schenkte ihn seinem Sohn. Und dann hieß er den Tod als alten Freund willkommen und ging freudig mit ihm, und ebenbürtig verließen sie dieses Leben.«

Hermine schloss das Buch. Es dauerte eine kleine Weile, bis Xenophilius zu bemerken schien, dass sie aufgehört hatte zu lesen, dann wandte er seinen Blick vom Fenster ab und sagte: »Nun, das sind sie.«

»Wie bitte?«, sagte Hermine und klang verwirrt.

»Das sind die Heiligtümer des Todes«, sagte Xenophilius.

Er nahm eine Feder von einem vollgepackten Tisch an seiner Seite und zupfte ein Stückchen Pergament zwischen irgendwelchen Büchern hervor.

»Der Elderstab«, sagte er und zog auf dem Pergament eine gerade senkrechte Linie. »Der Stein der Auferstehung«, sagte er und fügte einen Kreis auf der Linie hinzu. »Der Umhang, der unsichtbar macht«, sagte er endlich und schloss Linie und Kreis in einem Dreieck ein, was nun jenes Symbol ergab, das Hermine so rätselhaft vorkam. »Zusammengenommen«, sagte er, »die Heiligtümer des Todes.«

»Aber in der Geschichte kommt der Begriff gt;Heiligtümer des Todeslt; gar nicht vor«, sagte Hermine.

»Ja, natürlich nicht«, erwiderte Xenophilius provozierend selbstgefällig.

»Das ist ein Kindermärchen, es soll eher unterhalten als belehren.

Diejenigen von uns, die mit solchen Dingen vertraut sind, erkennen jedoch, dass die alte Geschichte sich auf drei Gegenstände, oder Heiligtümer, bezieht, die, wenn sie vereint sind, ihren Besitzer zum Gebieter des Todes machen.«

Eine kurze Stille trat ein und Xenophilius warf einen Blick aus dem Fenster. Die Sonne stand bereits tief am Himmel.

»Luna dürfte bald genügend Plimpys beisammenhaben«, sagte er leise.

»Wenn Sie gt;Gebieter des Todeslt; sagen -«, begann Ron.

»Gebieter«, sagte Xenophilius und wedelte vornehm mit der Hand.

»Meister. Bezwinger. Welchen Ausdruck Sie auch vorziehen mögen.«

»Aber dann ... heißt das ...«, sagte Hermine langsam, und Harry spürte, wie sie sich bemühte, einen skeptischen Unterton zu vermeiden, »dass Sie glauben, diese Gegenstände – diese Heiligtümer – existieren tatsächlich?«

Xenophilius hob erneut die Brauen.

»Ja, selbstverständlich.«

»Aber, Mr Lovegood«, sagte Hermine, und Harry konnte hören, wie ihre Beherrschung zu bröckeln begann, »Mr Lovegood, Sie können doch unmöglich glauben, dass -?«

»Luna hat mir alles über Sie erzählt, junge Dame«, sagte Xenophilius,

»Sie sind, wie ich daraus schließe, nicht unintelligent, aber unangenehm engstirnig. Kleinmütig. Vernagelt.«

»Vielleicht solltest du den Hut da mal anprobieren, Hermine«, sagte Ron und nickte zu der lächerlichen Kopfbedeckung hinüber. Seine Stimme bebte vor Anstrengung, nicht loszulachen.

»Mr Lovegood«, fing Hermine erneut an. »Wir wissen alle, dass es solche Dinge wie Tarnumhänge gibt. Sie sind selten, aber sie existieren.

Trotzdem -«

»Ah, aber bei dem dritten Heiligtum handelt es sich um einen Umhang, der wirklich unsichtbar macht, Miss Granger! Soll heißen, es ist kein Reiseumhang, auf dem ein Desillusionierungszauber liegt oder der einen Blendzauber trägt oder aber aus dem Haar eines Demiguise gewoben ist, einer, der einen anfänglich verbirgt, doch mit den Jahren die Wirkung verliert, bis er schließlich undurchsichtig wird. Wir reden über einen Umhang, der seinen Träger wirklich und wahrhaftig vollkommen unsichtbar macht und ewig haltbar ist, der dauerhaft und unaufspürbar verbirgt, welchen Zaubern er auch ausgesetzt sein mag. Wie viele Umhänge dieser Art haben Sie je gesehen, Miss Granger? «

Hermine öffnete den Mund, um zu antworten, dann schloss sie ihn wieder und sah verwirrter aus denn je. Sie, Harry und Ron warfen sich Blicke zu, und Harry wusste, dass sie alle dasselbe dachten. Wie es der Zufall wollte, war ein Umhang von genau der Art, wie sie Xenophilius gerade beschrieben hatte, just in diesem Moment hier im Raum.

»Eben«, sagte Xenophilius, als ob er sie alle mit einer vernünftigen Beweisführung geschlagen hätte. »Keiner von Ihnen hat je so etwas gesehen. Der Besitzer wäre unermesslich reich, nicht wahr?«

Er blickte wieder aus dem Fenster. Der Himmel hatte sich hauchzart rosa gefärbt.

»Also gut«, sagte Hermine befremdet. »Sagen wir, der Tarnumhang existiert ... was ist mit dem Stein, Mr Lovegood? Dem Gegenstand, den Sie den Stein der Auferstehung nennen?«

»Was soll damit sein?«

»Nun, den kann es doch unmöglich geben?«

»Beweisen Sie, dass es ihn nicht gibt«, sagte Xenophilius.

Hermine blickte empört.

»Aber das ist – Verzeihung, aber das ist vollkommen lächerlich! Wie kann ich denn jemals beweisen, dass er nicht existiert? Erwarten Sie, dass ich – dass ich sämtliche Kieselsteine der Welt einsammle und sie prüfe? Ich meine, man könnte von allem behaupten, dass es existiert, aus dem einzigen Grund, dass niemand bewiesen hat, dass es nicht existiert.«

»Ja, könnte man«, sagte Xenophilius. »Es freut mich zu sehen, dass Sie sich ein wenig aufgeschlossen zeigen.«

»Und der Elderstab«, sagte Harry rasch, ehe Hermine etwas erwidern konnte, »glauben Sie, dass es den auch gibt?«

»Oh, nun, in diesem Fall haben wir eine Fülle von Beweisen«, sagte Xenophilius. »Der Elderstab ist das Heiligtum, das sich am leichtesten aufspüren lässt, wegen der Art und Weise, wie er seinen Besitzer wechselt.«

»Und wie geht das vor sich?«, fragte Harry.

»Jeder, der den Zauberstab besitzen will, muss ihn dem vorherigen Eigentümer entwenden, wenn er sein wahrer Meister sein will«, sagte Xenophilius. » Gewiss haben Sie davon gehört, wie der Zauberstab an Egbert den Ungeheuerlichen ging, nachdem er Emmerich den Bösen gemeuchelt hatte? Wie Godelot in seinem eigenen Keller starb, nachdem sein Sohn Hereward ihm den Zauberstab abgenommen hatte? Oder von dem schrecklichen Loxias, der den Zauberstab von Barnabas Deverill nahm, den er getötet hatte? Die blutige Spur des Eiderstabs zieht sich durch die Annalen der Zaubereigeschichte.«

Harry warf einen Blick auf Hermine. Sie sah Xenophilius missmutig an, widersprach ihm aber nicht.

»Und wo, glauben Sie, ist der Elderstab jetzt?«, fragte Ron.

»Herrje, wer weiß das schon?«, sagte Xenophilius, während er aus dem Fenster starrte. »Wer weiß, wo der Elderstab verborgen ist? Die Spur verliert sich mit Arcus und Livius. Wer kann sagen, welcher von den beiden tatsächlich Loxias besiegte und welcher den Zauberstab nahm? Und wer kann sagen, wer wiederum sie besiegt haben könnte? Die Geschichte verrät es uns leider nicht.«

Stille trat ein. Schließlich fragte Hermine steif: »Mr Lovegood, hat die Familie Peverell irgendetwas mit den Heiligtümern des Todes zu tun?«

Xenophilius schien verblüfft, und in Harrys Gedächtnis regte sich etwas, doch konnte er es nicht fassen. Peverell ... den Namen hatte er schon einmal gehört ...

»Da haben Sie mich aber irregeführt, junge Dame!«, sagte Xenophilius, der mit einem Mal viel aufrechter in seinem Sessel saß und Hermine mit großen Augen ansah. »Ich dachte, Sie wären nicht vertraut mit der Suche nach den Heiligtümern! Viele von uns Suchenden glauben, dass die Peverells am allermeisten – allermeisten! – mit den Heiligtümern zu tun haben!«

»Wer sind die Peverells?«, fragte Ron.

»Das war der Name auf dem Grab mit dem Zeichen drauf, in Godric's Hollow«, antwortete Hermine, ohne Xenophilius aus den Augen zu lassen.

»Ignotus Peverell.«

»Genau!«, sagte Xenophilius mit schulmeisterlich erhobenem Zeigefinger. »Das Zeichen der Heiligtümer des Todes auf dem Grab von Ignotus ist der eindeutige Beweis!«

»Wofür?«, fragte Ron.

»Nun, dass die drei Brüder, die in der Geschichte vorkommen, in Wirklichkeit die drei Brüder Peverell waren, Antioch, Cadmus und Ignotus! Dass sie die ursprünglichen Besitzer der Heiligtümer waren!«

Abermals aus dem Fenster blickend, stand er auf, nahm das Tablett und ging auf die Wendeltreppe zu.

»Sie bleiben zum Abendessen?«, rief er, während er wieder nach unten verschwand. »Die Leute wollen immer das Rezept für unsere Süßwasser-Plimpy-Suppe haben.«

»Vermutlich, weil sie es zur Vergiftungsstation vom St. Mungo mitbringen wollen«, sagte Ron leise.

Harry wartete, bis sie Xenophilius unten in der Küche herumgehen hörten, dann ergriff er das Wort.

»Was meinst du?«, fragte er Hermine.

»Oh, Harry«, sagte sie matt, »das ist ein Haufen ausgesprochener Blödsinn. Das kann nicht die eigentliche Bedeutung des Zeichens sein. Es ist sicher nur seine eigene versponnene Auffassung davon. Was für eine Zeitverschwendung.«

»Ich schätze, das ist eben der Mann, der uns die Schrumpfhörnigen Schnarchkackler beschert hat«, sagte Ron.

»Du glaubst es also auch nicht?«, fragte ihn Harry.

»Nö, diese Geschichte ist doch nur was, das man Kindern erzählt, um ihnen was beizubringen, oder? gt; Handel dir keinen Ärger ein, geh einem Streit aus dem Weg, rühr nichts an, was du nicht kennst! Duck immer schön den Kopf, kümmer dich um deinen eigenen Kram, dann passiert dir nichts.lt; Da fällt mir ein«, fügte Ron hinzu, »vielleicht kommt es aus dieser Geschichte, dass Zauberstäbe aus Elderbäumen Unglück bringen sollen. «

»Was soll das heißen?«

»Das ist doch auch so ein Aberglaube, oder? gt;Im Mai geborene Hexen heiraten Muggel.lt; gt;Zauberst du während der Dämmerung, schert sich Mitternacht keiner mehr drum.lt; gt;Zauberstab vom Elderbaum kannst du nie und nimmer trau'n.lt; Die Sprüche habt ihr sicher schon mal gehört. Meine Mum ist da unerschöpflich.«

»Harry und ich sind von Muggeln großgezogen worden«, erinnerte ihn Hermine, »uns hat man anderen Aberglauben beigebracht.« Sie seufzte tief, während ein ziemlich beißender Geruch von der Küche emporwehte. Das einzig Gute daran, dass Xenophilius sie so nervte, war, dass sie darüber offensichtlich vergessen hatte, sauer auf Ron zu sein. »Ich glaube, du hast Recht«, sagte sie zu ihm. »Es ist nur eine moralische Erzählung, ist doch klar, welches Geschenk das beste ist, welches man wählen würde -«

Alle drei sprachen gleichzeitig; Hermine sagte: »Den Umhang«, Ron sagte: »Den Zauberstab«, und Harry sagte: »Den Stein«.

Sie sahen einander an, halb verdutzt, halb belustigt.

»Klar, dass man den Tarnumhang nehmen soll«, meinte Ron zu Hermine, »aber man braucht doch nicht unsichtbar zu sein, wenn man den Zauberstab hat. Ein unbesiegbarer Zauberstab, Hermine, überleg doch mal!«

»Wir haben schon einen Tarnumhang«, sagte Harry.

»Und der hat uns ziemlich viel geholfen, falls du das nicht bemerkt haben solltest!«, sagte Hermine. »Während der Zauberstab einem zwangsläufig Ärger einhandeln würde -«

»- nur wenn man viel Wind um ihn macht«, wandte Ron ein. »Nur wenn man so dämlich ist und herumhüpft und den Zauberstab über dem Kopf schwingt und laut verkündet: gt;Ich hab einen unbesiegbaren Zauberstab, kommt doch und probiert es mal, wenn ihr glaubt, dass ihr stark genug seid.lt; Solange man die Klappe hält -«

»Ja, aber könntest du deine Klappe halten?«, fragte Hermine mit skeptischem Blick. »Weißt du, das einzige Wahre, das er uns gesagt hat, war, dass es seit Jahrhunderten Geschichten über besonders mächtige Zauberstäbe gibt.«

»Gibt es die?«, fragte Harry.

Hermine blickte entnervt: Der Gesichtsausdruck war ihnen auf so liebenswerte Weise vertraut, dass Harry und Ron einander angrinsten.

»Der Todesstab, der Zauberstab des Schicksals, die treten im Lauf der Jahrhunderte unter verschiedenen Namen auf, meist im Besitz eines schwarzen Magiers, der mit ihnen prahlt. Professor Binns hat ein paar davon erwähnt, aber – ach, das ist alles Unsinn. Zauberstäbe sind nur so mächtig wie die Zauberer, die sie benutzen. Manche Zauberer brüsten sich einfach gerne damit, dass ihre größer und besser sind als die anderer.«

»Aber woher willst du wissen«, sagte Harry, »dass diese Zauberstäbe –der Todesstab und der Zauberstab des Schicksals – nicht ein und derselbe sind, der durch die Jahrhunderte unter verschiedenen Namen auftaucht?«

»Was, und die sind in Wirklichkeit alle der Elderstab, den der Tod gemacht hat?«, sagte Ron.

Harry lachte: Die seltsame Idee, die ihm gekommen war, war letzten Endes lächerlich. Sein Zauberstab, erinnerte er sich selbst, war aus Stechpalme gewesen und nicht aus Elderbaum, und Ollivander hatte ihn angefertigt, was immer dieser Stab auch getan hatte in jener Nacht, als Voldemort ihn am Himmel verfolgt hatte. Und wenn er unbesiegbar gewesen wäre, wie hätte er dann zerbrechen können?

»Und warum würdest du den Stein nehmen?«, fragte ihn Ron.

»Nun, wenn man Leute zurückbringen kann, könnten wir Sirius wiederhaben ... Mad-Eye ... Dumbledore ... meine Eltern ...«

Weder Ron noch Hermine lächelten.

»Aber Beedle dem Barden zufolge würden sie gar nicht zurückkommen wollen, oder?«, sagte Harry und dachte über das Märchen nach, das sie gerade gehört hatten. »Ich nehme nicht an, dass es allzu viele andere Geschichten über einen Stein gibt, der die Toten auferwecken kann, oder?«, fragte er Hermine.

»Nein«, erwiderte sie traurig. »Ich glaube nicht, dass sich außer Mr Lovegood irgendjemand vormachen kann, dass das möglich ist. Beedle hat sich wahrscheinlich vom Stein der Weisen zu dieser Idee anregen lassen; ihr wisst schon, statt eines Steins, der einen unsterblich macht, ein Stein, der den Tod rückgängig macht.«

Der Geruch aus der Küche wurde stärker: Es roch etwa so wie brennende Unterhosen. Harry fragte sich, ob es möglich sein würde, so viel von dem zu essen, was Xenophilius gerade kochte, dass er nicht gekränkt war.

»Aber was ist mit dem Tarnumhang?«, sagte Ron langsam. »Begreift ihr nicht, dass er Recht hat? Ich hab mich so an Harrys Umhang gewöhnt und daran, wie gut er ist, dass es mir nie aufgefallen ist. Ich hab noch nie von einem wie dem von Harry gehört. Er ist total zuverlässig. Wir sind nie darunter entdeckt worden -«

»Natürlich nicht – wir sind unsichtbar, wenn wir darunter sind, Ron!«

»Aber all das, was er über andere Umhänge gesagt hat -und die sind ja nicht für 'n paar lumpige Knuts zu kriegen –, wisst ihr, das stimmt! Ich hab noch nie groß darüber nachgedacht, aber ich hab schon Sachen gehört von Zaubern, die auf Umhänge gelegt wurden, aber mit der Zeit nachließen, oder dass diese Umhänge durch Flüche zerrissen wurden und Löcher bekamen. Der von Harry gehörte vorher seinem Dad, also ist er nicht gerade neu, stimmt's, aber er ist ... perfekt!«

»Ja, schon richtig, aber, Ron, der Stein ...«

Während sie flüsternd diskutierten, ging Harry im Raum umher und hörte nur halb zu. Als er zu der Wendeltreppe gelangte, hob er den Blick gedankenverloren zur nächsten Etage und war sofort abgelenkt. Sein eigenes Gesicht sah ihn von der Decke des Raumes über ihnen an.

Er war kurz verwirrt, dann bemerkte er, dass es kein Spiegel war, sondern ein Gemälde. Neugierig begann er die Treppe hinaufzusteigen.

»Harry, was tust du da? Ich glaube nicht, dass du dich umsehen solltest, wenn er nicht da ist!«

Aber Harry hatte schon das nächste Stockwerk erreicht.

Luna hatte ihre Schlafzimmerdecke mit fünf wunderschön gemalten Gesichtern dekoriert: Harry, Ron, Hermine, Ginny und Neville. Sie bewegten sich nicht, wie es die Porträts in Hogwarts taten, aber trotzdem umgab sie ein gewisser Zauber: Harry hatte den Eindruck, dass sie atmeten.

Es sah aus, als ob sich fünf goldene Ketten um die Bilder schlangen und sie miteinander verbanden, doch nachdem Harry sie eine Weile betrachtet hatte, erkannte er, dass die Ketten in Wirklichkeit ein Wort waren, das sich in goldener Tinte tausendfach wiederholte: Freunde ... Freunde ... Freunde

...

Mit einem Mal überkam Harry eine Woge der Zuneigung für Luna. Er schaute sich in dem Zimmer um. Neben dem Bett war ein großes Foto von der jungen Luna und einer Frau, die ihr sehr ähnlich sah. Sie hatten die Arme umeinandergeschlungen. Luna wirkte auf diesem Bild um einiges gepflegter, als Harry sie je gesehen hatte. Das Bild war staubig. Harry kam das etwas merkwürdig vor. Er blickte aufmerksam umher.

Etwas stimmte hier nicht. Auf dem blassblauen Teppich lag ebenfalls dick der Staub. Im Schrank, dessen Türen halb offen standen, waren keine Kleider. Das Bett machte einen kalten, unfreundlichen Eindruck, als ob seit Wochen niemand darin geschlafen hätte. Eine einzelne Spinnwebe spannte sich über das nächste Fenster, vor einem blutroten Himmel.

»Stimmt was nicht?«, fragte Hermine, als Harry die Treppe hinabkam, doch ehe er antworten konnte, war Xenophilius von der Küche her die Treppe hinaufgestiegen, nun mit einem Tablett voller Schalen in den Händen.

»Mr Lovegood«, sagte Harry. »Wo ist Luna?«

»Wie bitte?«

»Wo ist Luna?«

Xenophilius blieb auf der obersten Stufe stehen.

»Das – das habe ich Ihnen bereits gesagt. Sie ist unten an der Tiefen Brücke und angelt Plimpys.«

»Und warum haben Sie dann auf diesem Tablett nur Geschirr für vier?«

Xenophilius versuchte etwas zu sagen, brachte jedoch keinen Ton heraus. Die einzigen Geräusche kamen von der Druckerpresse, die unentwegt ratterte, und von dem Tablett, auf dem es leise klirrte, weil Xenophilius' Hände zitterten.

»Ich glaube, Luna ist seit Wochen nicht mehr hier gewesen«, sagte Harry. »Ihre Kleider sind weg, in ihrem Bett hat sie nicht geschlafen. Wo ist sie? Und warum schauen Sie die ganze Zeit aus dem Fenster?«

Xenophilius ließ das Tablett fallen: Die Suppenschalen machten einen Hüpfer und zerschellten. Harry, Ron und Hermine zogen ihre Zauberstäbe: Xenophilius erstarrte, die Hand schon halb in der Tasche. In diesem Moment gab die Druckerpresse einen lauten Knall von sich, und eine Flut von Klitterern quoll unter dem Tischtuch hervor und verbreitete sich überall auf dem Boden; endlich verstummte die Presse.

Hermine bückte sich und hob eines der Magazine auf, ohne den Zauberstab von Mr Lovegood abzuwenden.

»Harry, sieh dir das an.«

Er ging, so schnell es bei dem ganzen Chaos möglich war, zu ihr hinüber. Auf der Titelseite des Klitterers war er selbst abgebildet, geschmückt mit den Worten Unerwünschter Nummer eins, und die Bildunterschrift nannte die Summe der Belohnung.

»Der Klitterer hat wohl eine Kehrtwende hingelegt?«, fragte Harry kalt und in seinem Kopf arbeitete es wie wild. »Haben Sie etwa das getan, als Sie in den Garten gingen, Mr Lovegood? Eine Eule zum Ministerium geschickt? «

Xenophilius fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.

»Die haben mir meine Luna weggenommen«, flüsterte er. »Wegen der Sachen, die ich geschrieben habe. Die haben mir meine Luna genommen, und ich weiß nicht, wo sie ist, was sie ihr angetan haben. Aber vielleicht geben sie sie mir zurück, wenn ich – wenn ich -«

»Harry ausliefere?«, beendete Hermine den Satz für ihn.

»Vergessen Sie's«, sagte Ron entschieden. »Aus dem Weg, wir gehen.«

Xenophilius sah totenbleich aus, ein Jahrhundert alt, die Lippen zu einem schrecklichen höhnischen Grinsen verzogen.

»Die werden jeden Moment hier sein. Ich muss Luna retten. Ich darf Luna nicht verlieren. Sie dürfen nicht gehen.«

Er stellte sich mit ausgebreiteten Armen vor die Treppe, und Harry sah plötzlich das Bild seiner Mutter vor sich, wie sie das Gleiche vor seinem Kinderbett getan hatte.

»Zwingen Sie uns nicht, Ihnen wehzutun«, sagte Harry. »Aus dem Weg, Mr Lovegood.«

»HARRY!«, schrie Hermine.

Gestalten auf Besen flogen an den Fenstern vorbei. Als die drei den Blick von ihm abwandten, zog Xenophilius seinen Zauberstab. Harry erkannte ihren Fehler gerade noch rechtzeitig: Er warf sich zur Seite und stieß Ron und Hermine aus der Gefahrenzone, während Xenophilius'

Schockzauber durch den Raum jagte und das Horn des Erumpents traf.

Es gab eine kolossale Explosion. Der Lärm schien den Raum zu sprengen: Holzstücke, Papier und Steine stoben in alle Richtungen, in einer undurchdringlichen Wolke aus dichtem weißem Staub. Harry flog durch die Luft und krachte dann zu Boden, er hielt die Arme über den Kopf, blind von dem Schutt, der auf ihn herabregnete. Er hörte Hermines Kreischen, Rons Schrei und eine Reihe widerlicher dumpfer Schläge auf Metall, woraus er schloss, dass es Xenophilius von den Füßen gerissen hatte und er rücklings die Wendeltreppe hinabgefallen war.

Halb unter Schutt begraben, versuchte Harry aufzustehen: Er konnte vor Staub kaum atmen oder etwas sehen. Die Hälfte der Decke war eingestürzt und das Fußende von Lunas Bett hing durch das Loch. Die Büste von Rowena Ravenclaw, der das halbe Gesicht fehlte, lag neben ihm, Pergamentfetzen trieben durch den Raum, und der größte Teil der Druckerpresse lag umgekippt da und versperrte den Treppenabgang zur Küche. Dann bewegte sich eine weiße Gestalt ganz in der Nähe, und Hermine, staubbedeckt wie eine zweite Statue, drückte den Finger auf die Lippen.

Die Tür unten krachte auf.

»Hab ich dir nicht gesagt, dass wir uns nicht zu beeilen brauchen, Travers?«, sagte eine raue Stimme. »Hab ich dir nicht gesagt, dass dieser Spinner bloß wieder mal irres Zeug daherfaselt?«

Ein Knall war zu hören und ein Schmerzensschrei von Xenophilius.

»Nein ... nein ... oben ... Potter!«

»Ich habe Ihnen letzte Woche schon gesagt, Lovegood, dass wir nur wiederkommen, wenn wir handfeste Informationen kriegen! Wissen Sie noch, was letzte Woche passiert ist? Als Sie Ihre Tochter gegen diese verdammt bescheuerte Kopfbedeckung eintauschen wollten? Und in der Woche davor -«, ein weiterer Knall, ein weiterer Schrei, »- als Sie dachten, wir würden sie zurückgeben, wenn Sie uns den Beweis dafür liefern, dass es Schrumpf-«, knall, »-köpfige -«, knall, »- Schnarchkackler gibt?«

»Nein – nein – ich bitte Sie!«, schluchzte Xenophilius. »Es ist wirklich Potter! Ehrlich!«

»Und jetzt stellt sich raus, dass Sie uns nur hierhergerufen haben, weil Sie uns in die Luft jagen wollten!«, brüllte der Todesser, und nun gab es eine ganze Batterie von Knallen, begleitet von Xenophilius' gequälten Schreien.

»Sieht aus, als ob die Hütte gleich einstürzen würde, Selwyn«, sagte eine kühle zweite Stimme, die über die ruinierte Treppe emporhallte. »Die Treppe ist völlig blockiert. Soll ich versuchen, sie zu räumen? Dann könnte alles zusammenbrechen.«

»Sie verlogenes Dreckstück!«, rief der Zauberer namens Selwyn. »Sie haben Potter im Leben noch nicht gesehen, stimmt's? Dachten, Sie könnten uns hierherlocken und uns umbringen, was? Und Sie glauben, Sie würden auf diese Weise Ihr Mädchen zurückkriegen?«

»Ich schwöre ... ich schwöre ... Potter ist oben!«

»Homenum revelio«, sagte die Stimme am Fuß der Treppe.

Harry hörte Hermine keuchen, und er hatte das merkwürdige Gefühl, dass irgendetwas tief über ihn hinwegrauschte und seinen Körper in Schatten tauchte.

»Da ist tatsächlich jemand oben, Selwyn«, sagte der zweite Mann mit schneidender Stimme.

»Es ist Potter, ich versichere Ihnen, es ist Potter!«, schluchzte Xenophilius. »Bitte ... bitte ... geben Sie mir Luna, lassen Sie mich nur Luna wiederhaben ...«

»Sie können Ihr kleines Mädchen haben, Lovegood«, sagte Selwyn,

»wenn Sie diese Treppe hier hochgehen und mir Harry Potter runterbringen. Aber wenn das ein Hinterhalt ist, wenn es ein Trick ist, wenn Sie einen Komplizen haben, der da oben wartet und uns überfallen will, dann müssen wir sehen, ob wir ein Stück von Ihrer Tochter übrig lassen, damit Sie es beerdigen können.«

Xenophilius stieß ein Wehgeschrei aus, voller Angst und Verzweiflung.

Hastige Schritte und ein Scharren waren zu hören: Xenophilius versuchte, durch den Schutt auf der Treppe hindurchzugelangen.

»Kommt«, flüsterte Harry, »wir müssen hier raus.«

Er begann sich auszugraben, im Schutz des ganzen Lärms, den Xenophilius auf der Treppe machte. Ron war am tiefsten verschüttet: Harry und Hermine kletterten, so leise sie konnten, über den Haufen Trümmer zu der Stelle, wo er lag, und versuchten, eine schwere Kommode von Rons Beinen wegzustemmen. Während Xenophilius lärmend und scharrend immer näher kam, schaffte es Hermine, Ron mit einem Schwebezauber zu befreien.

»Also gut«, hauchte Hermine, als die demolierte Druckerpresse, die den Zugang zur Treppe blockierte, zu zittern begann; Xenophilius war nur noch ein, zwei Meter von ihnen entfernt. Hermine war immer noch weiß vor Staub. »Vertraust du mir, Harry?«

Harry nickte.

»Dann los«, flüsterte sie, »gib mir den Tarnumhang. Ron, du ziehst ihn über.«

»Ich? Aber Harry -«

»Bitte, Ron! Harry, halt dich an meiner Hand fest, Ron, klammer dich an meine Schulter.«

Harry streckte seine linke Hand aus. Ron verschwand unter dem Tarnumhang. Die Druckerpresse, die über der Treppe lag, bebte: Xenophilius versuchte sie mit einem Schwebezauber anzuheben. Harry wusste nicht, worauf Hermine wartete.

»Haltet euch fest«, flüsterte sie. »Haltet euch fest ... einen Moment noch

...«

Xenophilius' kreidebleiches Gesicht erschien über dem Schränkchen.

»Obliviate!«, rief Hermine und richtete den Zauberstab zuerst auf sein Gesicht, dann auf den Fußboden neben ihnen: »Deprimo!«

Sie hatte ein Loch in den Wohnzimmerboden gesprengt. Sie krachten hinunter wie Felsbrocken, Harry klammerte sich verzweifelt an ihre Hand, von unten kam ein Schrei, und er sah kurz zwei Männer, die auszuweichen suchten, während gewaltige Mengen an Schutt und Möbeltrümmern von der zerschmetterten Decke rund um sie herunterprasselten. Hermine drehte sich in der Luft, und das Donnern des einstürzenden Hauses dröhnte Harry in den Ohren, als sie ihn erneut in die Dunkelheit hineinzog.