"Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" - читать интересную книгу автора (Роулинг Джоан)Erbteil des fluches, hässlicher sünde blutige wunde, schmerzen, wer trüge sie? quälen, wer stillte sie? wehe weh! Einzig der erbe heilet des hauses eiternde wunde, einzig mit blut'gem schnitt. götter der finsternis rief mein lied. Sel'ge geister drunten in der tiefe, wenn ihr die beschwörungsrufe hörtet, bringt den kindern hilfe, bringt den sieg. Aischylos, Sterben ist nur ein Uebergang aus dieser Welt in die andere, als wenn Freunde über See gehen, welche dennoch in einander fortleben. Denn Diejenigen, die im Allgegenwärtigen lieben und leben, müssen nothwendig einander gegenwärtig seyn. In diesem göttlichen Spiegel sehen sie sich von Angesicht zu Angesicht, und ihr Umgang ist so wohl frey als rein. Und wenn sie auch durch den Tod getrennt werden, so haben sie doch den Trost, daß ihre Freundschaft und Gesellschaft ihnen, dem besten Gefühle nach, beständig gegenwärtig bleibt, weil diese unsterblich ist. William Penn, Der Ghul im SchlafanzugIn den folgenden Tagen lastete der Schock, Mad-Eye verloren zu haben, auf dem Haus; Harry dachte ständig, dass er gleich mit polternden Schritten durch die Hintertür kommen würde, wie die anderen Ordensmitglieder, die ein und aus gingen, um Neuigkeiten zu bringen. Harry spürte, dass er sein Schuldgefühl und seinen Kummer nur durch Taten lindern konnte und dass er so bald wie möglich zu seiner Mission aufbrechen sollte, Horkruxe zu finden und zu zerstören. »Jedenfalls kannst du nichts tun gegen diese -«, Ron formte mit den Lippen das Wort »du weißt bereits, wo diese Du-weißt-schon-welche sind?« »Nein«, gab Harry zu. »Ich glaube, Hermine hat in letzter Zeit 'n bisschen nachgeforscht«, sagte Ron. »Sie wollte aber nichts davon erzählen, bevor du hier angekommen bist.« Sie saßen am Frühstückstisch; Mr Weasley und Bill hatten sich gerade auf den Weg zur Arbeit gemacht, Mrs Weasley war nach oben gegangen, um Hermine und Ginny zu wecken, während Fleur entschwebt war, um ein Bad zu nehmen. »Die Spur löst sich am Einunddreißigsten«, sagte Harry. »Das heißt, ich muss nur noch vier Tage hierbleiben. Dann kann ich -« »Fünf Tage«, korrigierte ihn Ron energisch. »Wir müssen bis zur Hochzeit bleiben. Die bringen uns um, wenn wir sie versäumen. « Harry vermutete, dass mit »sie« Fleur und Mrs Weasley gemeint waren. »Es ist ein zusätzlicher Tag«, sagte Ron, als Harry rebellisch dreinblickte. »Kapieren die nicht, wie wichtig -?« »'türlich nicht«, sagte Ron. »Die haben keinen Schimmer. Und wo du gerade davon sprichst – ich wollte mit dir darüber reden.« Ron warf einen kurzen Blick auf die Tür zum Flur, um sicherzugehen, dass Mrs Weasley noch nicht zurückkam, dann beugte er sich näher zu Harry. »Mum hat versucht, es aus Hermine und mir rauszukriegen. Was wir vorhaben. Sie wird es als Nächstes bei dir probieren, also pass auf. Dad und Lupin haben auch beide gefragt, aber als wir meinten, dass Dumbledore zu dir gesagt hat, dass du es keinem außer uns erzählen sollst, haben sie damit aufgehört. Mum aber nicht. Die ist hartnäckig.« Rons Voraussage bestätigte sich innerhalb weniger Stunden. Kurz vor dem Mittagessen nahm Mrs Weasley Harry beiseite mit der Bitte, sich eine einzelne Männersocke anzusehen, die, wie sie glaubte, aus seinem Rucksack stammen könnte. Kaum hatte sie ihn in der kleinen Waschküche neben der Küche in die Enge getrieben, fing sie auch schon an. »Ron und Hermine denken anscheinend, ihr drei würdet jetzt Hogwarts sausen lassen«, begann sie in einem heiteren, beiläufigen Ton. »Oh«, sagte Harry. »Nun, jaah. Tun wir auch.« In einer Ecke drehte sich die Wäschemangel von ganz allein und wrang offenbar eines von Mr Weasleys Unterhemden aus. »Darf ich fragen, »Also, Dumbledore hat mir vor seinem Tod aufgetragen ... was zu tun«, murmelte Harry. »Ron und Hermine wissen davon und sie wollen mitkommen. « »Was denn gt;zu tunlt;?« »Tut mir leid, ich kann nicht -« »Nun, offen gestanden glaube ich, dass Arthur und ich ein Recht haben, es zu erfahren, und ich bin sicher, Mr und Mrs Granger würden das auch so sehen!«, sagte Mrs Weasley. Harry hatte die »besorgte Eltern«-Attacke befürchtet. Er zwang sich, ihr direkt in die Augen zu sehen, wobei ihm auffiel, dass sie genau denselben Braunton hatten wie die von Ginny. Das half nicht. »Dumbledore wollte nicht, dass sonst noch jemand davon erfährt, Mrs Weasley. Es tut mir leid. Ron und Hermine müssen nicht mitkommen, es ist deren Entscheidung -« »Ich verstehe auch nicht, warum »Ich habe es nicht falsch verstanden«, sagte Harry entschieden. »Ich muss es tun.« Er gab ihr die einzelne Socke zurück, die er sich anschauen sollte und die ein goldenes Binsenmuster trug. »Und die gehört nicht mir, ich bin kein Fan von Puddlemere United.« »Oh, natürlich nicht«, sagte Mrs Weasley, indem sie jäh und ziemlich entnervend ihren üblichen Ton wieder anschlug. »Das hätte ich wissen müssen. Nun, Harry, solange wir dich noch hier haben, hast du doch nichts dagegen, bei den Vorbereitungen für Bills und Fleurs Hochzeit zu helfen, oder? Es gibt immer noch so viel zu tun.« »Nein – ich – natürlich nicht«, sagte Harry, durch diesen plötzlichen Themenwechsel irritiert. »Nett von dir«, erwiderte sie, und als sie die Waschküche verließ, lächelte sie. Von diesem Moment an hielt Mrs Weasley Harry, Ron und Hermine so sehr mit den Hochzeitsvorbereitungen auf Trab, dass sie kaum Zeit zum Nachdenken hatten. Die netteste Erklärung für dieses Verhalten wäre gewesen, dass Mrs Weasley sie alle von den Gedanken an Mad-Eye und die Schrecken ablenken wollte, die sie auf ihrem Flug vor kurzem durchlitten hatten. Nach zwei Tagen, an denen sie unentwegt Besteck geputzt, Hochzeitsgeschenke, Schleifen und Blumen farblich aufeinander abgestimmt, den Garten entgnomt und Mrs Weasley geholfen hatten, gewaltige Mengen an Kanapees zuzubereiten, vermutete Harry jedoch allmählich einen anderen Beweggrund bei ihr. Alle Aufgaben, die sie verteilte, schienen ihn, Ron und Hermine voneinander fernzuhalten; er hatte seit dem ersten Abend, als er ihnen erzählt hatte, wie Voldemort Ollivander folterte, keine Gelegenheit gehabt, mit den beiden allein zu sprechen. »Ich glaube, Mum denkt, dass sie eure Abreise hinauszögern kann, wenn sie es schafft, zu verhindern, dass ihr drei zusammenkommt und Pläne schmiedet«, erklärte Ginny Harry mit gedämpfter Stimme, als sie am dritten Tag seines Aufenthalts den Tisch zum Abendessen deckten. »Und was soll ihrer Meinung nach dann passieren?«, murmelte Harry. »Vielleicht bringt jemand anders Voldemort um, während sie uns hier aufhält und Blätterteigpasteten machen lässt?« Er hatte, ohne nachzudenken, gesprochen und sah Ginnys Gesicht erbleichen. »Also stimmt es?«, sagte sie. »Das wollt ihr versuchen?« »Ich – nicht – das war nur ein Witz«, sagte Harry ausweichend. Sie starrten einander unverwandt an, und es war nicht nur Entsetzen, das sich auf Ginnys Gesicht abzeichnete. Plötzlich wurde Harry bewusst, dass er seit jenen heimlichen Treffen in abgelegenen Winkeln auf dem Hogwarts-Gelände zum ersten Mal allein mit ihr war. Er war sicher, dass sie auch daran dachte. Beide zuckten zusammen, als die Tür aufging und Mr Weasley, Kingsley und Bill hereinkamen. Es waren nun häufig andere Ordensmitglieder zum Abendessen bei ihnen zu Gast, weil der Fuchsbau den Grimmauldplatz Nummer zwölf als Hauptquartier ersetzt hatte. Mr Weasley hatte erklärt, dass nach dem Tod von Dumbledore, ihrem Geheimniswahrer, jeder, dem Dumbledore den Standort des Hauses am Grimmauldplatz anvertraut hatte, selbst ein Geheimniswahrer geworden sei. »Und da wir etwa zwanzig Leute sind, wird die Kraft des Fidelius-Zaubers beträchtlich abgeschwächt. Zwanzig Mal mehr Möglichkeiten für die Todesser, das Geheimnis aus jemandem rauszukriegen. Wir können nicht davon ausgehen, dass es noch lange hält.« »Aber Snape hat ihnen bestimmt inzwischen die Adresse verraten, oder?«, fragte Harry. »Nun, Mad-Eye hat ein paar Flüche gegen Snape eingerichtet, für den Fall, dass er wieder dort auftaucht. Wir hoffen, dass sie stark genug sind, ihn fernzuhalten, und ihm auch die Zunge lähmen, wenn er versucht, über das Haus zu reden, aber wir können nicht sicher sein. Es wäre verrückt gewesen, das Haus weiterhin als Hauptquartier zu verwenden, jetzt, wo sein Schutz so brüchig geworden ist.« In der Küche war es an diesem Abend so voll, dass man nur schwer mit Messer und Gabel hantieren konnte. Harry fand sich dicht an Ginny gedrängt; bei all dem Unausgesprochenen, das gerade zwischen ihnen passiert war, wäre es ihm lieber gewesen, sie hätten ein paar Leute zwischen sich gehabt. Er war so angestrengt darauf bedacht, ihren Arm nicht zu streifen, dass er kaum sein Hühnchen schneiden konnte. »Keine Neuigkeiten über Mad-Eye?«, fragte Harry Bill. »Nichts«, erwiderte Bill. Sie hatten Moody kein Begräbnis bereiten können, weil es Bill und Lupin nicht gelungen war, seinen Leichnam zu bergen. Es war während des Kampfes dunkel gewesen und nach all dem Getümmel schwierig, den Ort zu finden, wo er abgestürzt war. »Der »Und sie haben immer noch keine Anhörung einberufen wegen all der Magie, die ich als Minderjähriger eingesetzt habe, um den Todessern zu entkommen?«, rief Harry quer über den Tisch Mr Weasley zu, der den Kopf schüttelte. »Weil sie wissen, dass ich keine Wahl hatte, oder weil sie nicht wollen, dass ich der ganzen Welt sage, dass Voldemort mich angegriffen hat?« »Letzteres, glaube ich. Scrimgeour will nicht zugeben, dass Du-weißt-schon-wer so mächtig ist, wie er ist, und auch nicht, dass es in Askaban einen Massenausbruch gegeben hat.« »Jaah, warum der Öffentlichkeit die Wahrheit mitteilen?«, sagte Harry und schloss seine Hand so fest um sein Messer, dass die blassen Narben auf seinem rechten Handrücken sich weiß von der Haut abhoben: »Ist keiner im Ministerium bereit, ihm die Stirn zu bieten?«, fragte Ron zornig. »Natürlich, Ron, aber die Leute haben Angst«, antwortete Mr Weasley, »Angst, dass sie die Nächsten sein werden, die verschwinden, dass ihre Kinder die Nächsten sind, die überfallen werden! Es gehen schlimme Gerüchte um; ich glaube zum Beispiel nicht, dass die Muggelkundelehrerin von Hogwarts zurückgetreten ist. Sie wurde schon seit Wochen nicht mehr gesehen. Unterdessen schließt sich Scrimgeour den ganzen Tag in seinem Büro ein. Ich kann nur hoffen, dass er an einem Plan arbeitet.« Es folgte eine Pause, in der Mrs Weasley die leeren Teller beiseitezauberte und Apfelkuchen servierte. »Wir müssen entscheiden, wie wir disch tarnen, 'Arry«, sagte Fleur, als alle ihren Nachtisch hatten. »Auf der 'Ochzeit«, fügte sie hinzu, als er verwirrt dreinblickte. »Natürlisch ist keiner von unseren Gästen ein Todesser, aber wir können nischt garantieren, dass keinem etwas rausrutscht, wenn alle Champagner getrunken 'aben.« Harry schloss aus ihren Worten, dass sie immer noch Hagrid im Verdacht hatte. »Ja, ganz richtig«, sagte Mrs Weasley am Kopfende der Tafel, wo sie mit der Brille auf der Nasenspitze saß und eine riesige Liste von Aufgaben überflog, die sie auf ein sehr langes Stück Pergament gekritzelt hatte. »Wie steht's, Ron, hast du schon dein Zimmer geputzt?« »Wir feiern hier in ein paar Tagen die Hochzeit deines Bruders, junger Mann -« »Und heiraten die in meinem Schlafzimmer?«, fragte Ron aufgebracht. »Nein! Also warum im Namen von Merlins linkem Hänge-« »Sprich nicht so mit deiner Mutter«, erwiderte Mr Weasley bestimmt. »Und tu, was man dir sagt.« Ron warf beiden Eltern finstere Blicke zu, dann nahm er seinen Löffel und machte sich über die letzten Bissen seines Apfelkuchens her. »Ich kann dir helfen, da ist einiges von meinem Kram dabei«, sagte Harry zu Ron gewandt, aber Mrs Weasley schnitt ihm das Wort ab. »Nein, Harry, Schatz, mir wäre es lieber, du würdest Arthur helfen, den Hühnerstall auszumisten, und, Hermine, ich wär dir sehr dankbar, wenn du die Betten für Monsieur und Madame Delacour frisch beziehen könntest, du weißt, sie kommen morgen früh um elf an.« Doch wie sich herausstellte, gab es bei den Hühnern sehr wenig zu tun. »Es ist nicht nötig, das, ähm, Molly gegenüber zu erwähnen«, sagte Mr Weasley zu Harry, indem er ihm den Weg zum Hühnerstall versperrte, »aber, ähm, Ted Tonks hat mir fast alles geschickt, was von Sirius' Motorrad übrig war, und ich, ähm, verstecke – das heißt, ich verstaue – es hier drin. Sagenhafte Sachen: Da ist eine Auspuffdichtung dabei oder wie das Ding heißt, eine prächtige Batterie, und es wird eine großartige Gelegenheit sein herauszufinden, wie Bremsen funktionieren. Ich werd mal versuchen, alles wieder zusammenzubauen, wenn Molly nicht – ich meine, wenn ich Zeit habe.« Als sie ins Haus zurückkamen, war Mrs Weasley nirgends zu sehen, und so stahl sich Harry nach oben in Rons Schlafzimmer unter dem Dach. »Ich mach's schon, ich bin ja dabei -! Oh, du bist es«, sagte Ron erleichtert, als Harry das Zimmer betrat. Ron legte sich wieder aufs Bett, von dem er offensichtlich gerade aufgestanden war. Im Zimmer war es genauso unordentlich wie schon die ganze Woche, nur dass Hermine jetzt hinten in der Ecke saß, mit ihrem flauschigen orangeroten Kater Krummbein zu ihren Füßen, und Bücher auf zwei riesige Stapel sortierte, unter denen Harry einige seiner eigenen erkannte. »Hi, Harry«, sagte sie, als er sich auf sein Feldbett setzte. »Und wie hast du es geschafft, dich loszueisen?« »Oh, Rons Mum hat vergessen, dass sie Ginny und mich schon gestern gebeten hat, die Bettwäsche zu wechseln«, sagte Hermine. Sie warf »Wir haben gerade über Mad-Eye gesprochen«, sagte Ron zu Harry. »Ich denke, dass er überlebt haben könnte.« »Aber Bill hat gesehen, wie ihn der Todesfluch getroffen hat«, entgegnete Harry. »Jaah, aber Bill war auch unter Beschuss«, sagte Ron. »Wie kann er sicher sein bei dem, was er gesehen hat? « »Selbst wenn ihn der Todesfluch verfehlt hat, ist Mad-Eye immer noch etwa dreihundert Meter in die Tiefe gestürzt«, sagte Hermine, die jetzt »Er hätte einen Schildzauber einsetzen können -« »Fleur meinte, dass es ihm den Zauberstab aus der Hand gerissen hat«, sagte Harry. »Also gut, wenn ihr unbedingt wollt, dass er tot ist«, sagte Ron mürrisch und klopfte sein Kissen etwas bequemer zurecht. »Natürlich wollen wir nicht, dass er tot ist!«, sagte Hermine mit entsetztem Blick. »Es ist furchtbar, dass er tot ist! Aber wir sind eben realistisch.« Harry stellte sich zum ersten Mal Mad-Eyes Leiche vor, mit gebrochenen Gliedmaßen wie die von Dumbledore, doch mit diesem einen Auge, das nach wie vor in seiner Höhle umherhuschte. Er verspürte plötzlich Ekel und zugleich eine absurde Lust zu lachen. »Die Todesser haben vermutlich hinter sich aufgeräumt, deshalb hat ihn niemand gefunden«, sagte Ron weise. »Jaah«, antwortete Harry. »Wie Barty Crouch – in einen Knochen verwandelt und im Garten vor Hagrids Hütte vergraben. Sie haben Moody wahrscheinlich verwandelt und irgendwo hingestopft -« »Hört auf damit!«, kreischte Hermine. Erschrocken schaute Harry hinüber, gerade als sie über ihrem Exemplar von »O nein«, sagte Harry und stand mühsam von dem alten Feldbett auf. »Hermine, ich wollte dich nicht aufre-« Doch Ron sprang aus dem Bett, dass die rostigen Federn laut knarrten, und war als Erster da. Einen Arm um Hermine gelegt, kramte er in seiner Jeanstasche und zog ein widerlich aussehendes Taschentuch heraus, mit dem er vorher den Backofen geputzt hatte. Hastig zückte er seinen Zauberstab, richtete ihn auf den Fetzen und sagte: Der Zauberstab saugte das meiste von der Fettschmiere weg. Mit ziemlich selbstzufriedener Miene reichte Ron Hermine das leicht qualmende Taschentuch. »Oh ... danke, Ron ... tut mir leid ...« Sie schnauzte sich die Nase und hickste. »Es ist so schrecklich, nicht wahr? G-gleich nach Dumbledore ... I-irgendwie hab ich mir n-nie vorstellen können, dass Mad-Eye stirbt, er wirkte so zäh!« »Jaah, ich weiß«, sagte Ron und drückte sie kurz an sich. »Aber weißt du, was er zu uns sagen würde, wenn er hier wäre?« »gt;I-immer wachsamlt;«, sagte Hermine und wischte sich die Augen. »Genau«, erwiderte Ron mit einem Nicken. »Er würde zu uns sagen, dass wir aus dem, was mit ihm passiert ist, lernen sollen. Und ich habe daraus gelernt, diesem feigen kleinen Mistkerl Mundungus nicht zu vertrauen.« Hermine lachte zittrig auf, beugte sich vor und nahm zwei weitere Bücher zur Hand. Eine Sekunde später hatte Ron seinen Arm schon wieder von ihren Schultern weggerissen; sie hatte ihm das »'tschuldigung, 'tschuldigung!«, rief Hermine, als Harry das Buch von Rons Bein zerrte und es wieder zuband. »Was willst du eigentlich mit diesen ganzen Büchern?«, fragte Ron und humpelte zu seinem Bett zurück. »Ich versuche nur zu entscheiden, welche wir mitnehmen«, sagte Hermine. »Wenn wir nach den Horkruxen suchen.« »Oh, natürlich«, sagte Ron und schlug sich mit der Hand auf die Stirn. »Ich hab ja ganz vergessen, dass wir Voldemort aus einer fahrenden Bibliothek heraus zur Strecke bringen.« »Haha«, sagte Hermine und schaute auf »Ich frag mich ... ob wir wohl Runen übersetzen müssen? Möglich ... ich glaube, wir nehmen es besser mit, nur um sicherzugehen. « Sie ließ die Silbentabelle auf den größeren der beiden Stapel fallen und nahm »Hört zu«, sagte Harry. Er hatte sich aufgerichtet. Ron und Hermine sahen ihn mit der gleichen Mischung aus Resignation und Trotz an. »Ich weiß, dass ihr nach Dumbledores Begräbnis gesagt habt, dass ihr mit mir kommen wollt«, begann Harry. »Jetzt fängt er damit an«, sagte Ron zu Hermine und verdrehte die Augen. »War doch zu erwarten«, seufzte sie und wandte sich wieder ihren Büchern zu. »Wisst ihr was, ich glaub, ich nehme »Hört zu!«, sagte Harry erneut. »Nein, Harry, hör »Aber -« »Halt die Klappe«, riet ihm Ron. »- seid ihr sicher, dass ihr euch das gut überlegt habt?«, fuhr Harry unbeirrt fort. »Warte«, sagte Hermine und knallte Außerdem habe ich die Gedächtnisse meiner Eltern verändert, weshalb sie jetzt davon überzeugt sind, dass sie eigentlich Wendeil und Monica Wilkins heißen und dass es ihr größter Wunsch ist, nach Australien auszuwandern, was sie inzwischen getan haben. Das macht es für Voldemort schwieriger, sie aufzuspüren und über mich auszufragen – oder über dich, weil ich ihnen unglücklicherweise einiges von dir erzählt habe. Angenommen, ich überlebe unsere Jagd nach den Horkruxen, dann werde ich Mum und Dad finden und den Zauberbann lösen. Wenn nicht –na ja, dann war mein Zauber so gut, dass sie auch weiterhin sicher und zufrieden sein werden. Wendeil und Monica Wilkins wissen nämlich nicht, dass sie eine Tochter haben.« Hermines Augen schwammen erneut in Tränen. Ron kam wieder von seinem Bett herüber, legte noch einmal den Arm um sie und sah Harry finster an, als ob er ihm mangelndes Taktgefühl vorwerfen würde. Harry fiel nichts dazu ein, nicht zuletzt, weil es höchst ungewöhnlich war, dass Ron irgendjemandem Taktgefühl beibringen wollte. »Ich – Hermine, tut mir leid – ich hab nicht -« »- kapiert, dass Ron und ich ganz genau wissen, was passieren könnte, wenn wir mit dir kommen? Also, das wissen wir. Ron, zeig Harry, was du gemacht hast.« »Nö, er hat gerade gegessen«, sagte Ron. »Mach schon, er muss es wissen!« »Na, von mir aus. Harry, komm mit.« Zum zweiten Mal löste Ron seinen Arm von Hermine und stapfte hinüber zur Tür. »Komm.« »Warum?«, fragte Harry und folgte Ron aus dem Zimmer auf den kleinen Treppenabsatz. »Das ist euer Ghul, stimmt's?«, fragte Harry, der diesem Geschöpf, das manchmal die nächtliche Stille unterbrach, nie wirklich begegnet war. »Jaah, genau«, sagte Ron und stieg die Leiter hoch. »Komm und schau ihn dir an.« Harry folgte Ron die wenigen kurzen Sprossen hinauf auf den winzigen Dachboden. Er war bereits mit Kopf und Schultern oben, als er das Geschöpf erblickte, das ein, zwei Meter von ihm entfernt zusammengerollt und tief schlafend in der Finsternis lag, das große Maul weit geöffnet. »Aber er ... sieht aus ... tragen Ghule immer Schlafanzüge?« »Nein«, sagte Ron. »Und normalerweise haben sie auch keine roten Haare oder so viele Pusteln.« Harry betrachtete das Wesen leicht angewidert. Es hatte Gestalt und Größe eines Menschen, und es trug, wie Harry jetzt erkannte, da seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, eindeutig einen alten Schlafanzug von Ron. Er war auch sicher, dass Ghule im Allgemeinen eher glitschig und kahl waren als auffällig behaart und mit entzündeten roten Bläschen übersät. »Er ist ich, verstehst du?«, sagte Ron. »Nein«, sagte Harry. »Tu ich nicht.« »Ich erklär's dir unten in meinem Zimmer, den Gestank hier halt ich nicht länger aus«, sagte Ron. Sie kletterten die Leiter hinunter, und Ron ließ sie wieder in der Decke verschwinden, dann kehrten sie zu Hermine zurück, die immer noch Bücher sortierte. »Sobald wir weg sind, wird der Ghul nach unten kommen und hier in meinem Zimmer wohnen«, sagte Ron. »Ich glaub, er freut sich richtig drauf – na gut, das ist schwer zu sagen, weil er ja nur stöhnen und sabbern kann –aber er nickt ordentlich mit dem Kopf, wenn ich es erwähne. Jedenfalls wird er dann ich sein, ich mit Griselkrätze. Gut, was?« Harry schaute wie ein Fragezeichen. »Es ist wirklich gut!«, sagte Ron, sichtlich enttäuscht, dass Harry die Genialität seines Plans nicht erfasst hatte. »Sieh mal, wenn wir drei nicht wieder in Hogwarts auftauchen, denken alle, dass Hermine und ich bei dir sein müssten, oder? Was bedeutet, dass die Todesser schnurstracks auf unsere Familien losgehen, um rauszufinden, ob sie was darüber wissen, wo du bist.« »Aber dann sieht es hoffentlich so aus, als ob ich mit Mum und Dad fortgegangen wäre; viele Muggelstämmige reden im Augenblick davon, unterzutauchen«, sagte Hermine. »Wir können nicht meine ganze Familie untertauchen lassen, das sieht zu verdächtig aus, und sie können nicht alle ihren Job aufgeben«, sagte Ron. »Deshalb verbreiten wir die Geschichte, dass ich schwer an Griselkrätze erkrankt bin, weshalb ich nicht zurück zur Schule kann. Wenn jemand kommt und nachforschen will, können Mum und Dad ihm den Ghul in meinem Bett zeigen, voller Pusteln. Griselkrätze ist richtig ansteckend, also werden die sich lieber von ihm fernhalten. Dass er nichts sagen kann, wird auch nichts ausmachen, denn offenbar kann man das nicht, sobald der Pilz das Zäpfchen befallen hat.« »Und deine Mum und dein Dad wissen von diesem Plan?«, fragte Harry. »Dad schon. Er hat Fred und George geholfen, den Ghul zu verwandeln. Mum ... na ja, du hast doch gesehen, wie sie drauf ist. Sie wird sich nicht damit abfinden, dass wir weggehen, bis wir endlich weg sind.« Im Zimmer wurde es still, nur manchmal war ein leises Klatschen zu hören, wenn Hermine wieder ein Buch auf den einen oder den anderen Stapel warf. Ron saß da und schaute ihr zu, während Harry die beiden abwechselnd ansah, unfähig, irgendetwas zu sagen. Die Maßnahmen, die sie getroffen hatten, um ihre Familien zu schützen, führten ihm deutlicher als alles andere vor Augen, dass sie wirklich mit ihm kommen würden und genau wussten, wie gefährlich es sein würde. Er wollte ihnen sagen, was ihm das bedeutete, aber es fielen ihm einfach keine Worte ein, die gewichtig genug waren. Durch die Stille drang das gedämpfte Geräusch von Mrs Weasleys Stimme, die vier Stockwerke tiefer schrie. »Wahrscheinlich hat Ginny ein Stäubchen auf einem dämlichen Serviettenring übersehen«, sagte Ron. »Ich weiß nicht, weshalb die Delacours unbedingt zwei Tage vor der Hochzeit kommen müssen.« »Fleurs Schwester ist Brautjungfer, sie muss zur Probe hier sein, und sie ist zu jung, um alleine zu kommen«, sagte Hermine, während sie unentschlossen über »Also, Gäste sind eher ein zusätzlicher Stressfaktor für Mum«, sagte Ron. »Eins müssen wir wirklich mal entscheiden«, sagte Hermine, warf »Wenn wir wüssten, wo die Horkruxe sind, dann würd ich dir zustimmen«, sagte Harry, der nicht glaubte, dass Hermine seinen Wunsch, nach Godric's Hollow zurückzugehen, wirklich verstand. Die Gräber seiner Eltern waren nicht alles, was ihn dorthin lockte: Er hatte ein starkes, wenn auch unerklärliches Gefühl, dass der Ort Antworten für ihn bereithielt. Vielleicht lag es einfach daran, dass er dort Voldemorts Todesfluch überlebt hatte; nun, da er sich der Herausforderung stellte, diese Tat zu wiederholen, zog es Harry an den Ort des Geschehens zurück, um es zu verstehen. »Meinst du nicht, dass Voldemort Godric's Hollow möglicherweise bewachen lässt?«, fragte Hermine. »Er erwartet vielleicht, dass du zurückkehrst und die Gräber deiner Eltern besuchst, sobald du gehen darfst, wohin du willst? « Daran hatte Harry nicht gedacht. Während er sich bemühte, ein Gegenargument zu finden, meldete sich Ron zu Wort, der offenbar seinen eigenen Gedanken nachhing. »Dieser R. A. B.«, sagte er. »Ihr wisst schon, der das echte Medaillon gestohlen hat?« Hermine nickte. »Er meinte in seiner Notiz, dass er es zerstören würde, oder?« Harry zog seinen Rucksack zu sich heran und nahm den falschen Horkrux heraus, in dem nach wie vor die zusammengefaltete Notiz von R. A. B. steckte. »Was ist eigentlich, wenn er den Horkrux tatsächlich erledigt hat?«, sagte Ron. »Oder sie«, warf Hermine ein. »Wer auch immer«, sagte Ron, »dann hätten wir einen weniger zu beseitigen!« »Ja, aber wir müssen trotzdem versuchen, das echte Medaillon aufzuspüren, oder?«, sagte Hermine. »Um herauszufinden, ob es zerstört ist oder nicht.« »Und wenn man ihn mal hat, wie zerstört man dann eigentlich einen Horkrux?«, fragte Ron. »Also«, sagte Hermine, »darüber habe ich schon nachgeforscht.« »Wie denn?«, fragte Harry. »Ich dachte, es gab keine Bücher über Horkruxe in der Bibliothek?« »Gab es auch nicht«, sagte Hermine, die rosa angelaufen war. »Dumbledore hat sie alle entfernt, aber er – er hat sie nicht zerstört.« Ron riss die Augen auf und setzte sich kerzengerade hin. »Wie im Namen von Merlins Unterhose hast du es geschafft, diese Horkrux-Bücher in die Finger zu bekommen?« »Es – es war kein Diebstahl!«, sagte sie und sah ein wenig verzweifelt von Harry zu Ron. »Es waren immer noch Bibliotheksbücher, auch wenn Dumbledore sie aus den Regalen genommen hatte. Jedenfalls, wenn er »Mach's kurz!«, sagte Ron. »Also ... es war leicht«, sagte Hermine mit schwacher Stimme. »Ich hab einfach einen Aufrufezauber verwendet. Ihr wisst schon – »Aber wann hast du das getan?«, fragte Harry und betrachtete Hermine bewundernd und ungläubig zugleich. »Kurz nach seiner – Dumbledores – Beerdigung«, sagte Hermine noch kleinlauter. » Gleich nachdem wir abgemacht hatten, dass wir die Schule verlassen und nach den Horkruxen suchen würden. Als ich nach oben zurückging, um meine Sachen zu holen, da – da kam mir einfach der Gedanke, dass es gut wäre, wenn wir möglichst viel darüber wüssten ... und ich war allein dadrin ... also hab ich es versucht ... und es hat geklappt. Sie flogen geradewegs durch das offene Fenster herein und ich – ich hab sie eingepackt.« Sie schluckte und sagte dann flehentlich: »Ich glaube nicht, dass Dumbledore wütend gewesen wäre, wir verwenden doch das Wissen schließlich nicht, um einen Horkrux herzustellen, oder?« »Macht dir hier irgendjemand Vorwürfe?«, sagte Ron. »Wo sind diese Bücher eigentlich?« Hermine stöberte kurz herum und zog dann einen großen Band in ausgeblichenem schwarzem Leder aus dem Stapel. Sie wirkte ein wenig angeekelt und hielt ihn mit spitzen Fingern wie etwas, das gerade gestorben war. »Dieses hier beschreibt ausführlich, wie man einen Horkrux herstellt. »Warum musste er dann Slughorn fragen, wie man einen Horkrux macht, wenn er das hier schon gelesen hatte?«, fragte Ron. »Er hat sich nur an Slughorn gewandt, um herauszufinden, was passieren würde, wenn man seine Seele in sieben Stücke teilt«, sagte Harry. »Dumbledore war sicher, dass Riddle bereits wusste, wie man einen Horkrux herstellt, als er Slughorn danach fragte. Ich glaube, du hast Recht, Hermine, das könnte wirklich das Buch sein, aus dem er sein Wissen hat.« »Und je mehr ich über sie gelesen habe«, sagte Hermine, »desto schrecklicher kommen sie mir vor und desto weniger kann ich glauben, dass er tatsächlich sechs geschaffen hat. In diesem Buch wird warnend darauf hingewiesen, wie instabil man den Rest seiner Seele macht, wenn man sie auseinanderreißt, und das schon, wenn man nur einen Horkrux erzeugt!« Harry erinnerte sich, dass Dumbledore gesagt hatte, Voldemort sei über das »gewöhnliche Böse« hinausgegangen. »Gibt es denn keine Möglichkeit, sich wieder zusammenzubauen?«, fragte Ron. »Doch«, sagte Hermine mit einem leeren Lächeln, »aber das wäre unerträglich schmerzhaft.« »Warum? Wie macht man es?«, fragte Harry. »Reue«, sagte Hermine. »Du musst richtig spüren, was du getan hast. Dazu gibt es eine Fußnote. Offenbar kann einen der Schmerz dabei töten. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass Voldemort es versucht, ihr etwa?« »Nein«, sagte Ron, ehe Harry antworten konnte. »Und steht in diesem Buch auch, wie man Horkruxe zerstört?« »Ja«, sagte Hermine und blätterte nun die brüchigen Seiten um, als würde sie vermodernde Eingeweide untersuchen, »denn es ermahnt schwarze Magier ja auch, die Horkruxe mit sehr starken Zauberbannen zu belegen. Nach allem, was ich gelesen habe, war das, was Harry mit Riddles Tagebuch gemacht hat, eine der wenigen wirklich narrensicheren Methoden, einen Horkrux zu zerstören.« »Was – ihn mit einem Basiliskenzahn durchstechen?«, fragte Harry. »Oh, schön, wie gut, dass wir so einen großen Vorrat an Basiliskenzähnen haben«, sagte Ron. »Ich hab mich schon gefragt, was wir mit denen anfangen sollen.« »Es muss kein Basiliskenzahn sein«, sagte Hermine geduldig. »Es muss etwas so Zerstörerisches sein, dass der Horkrux sich nicht selbst reparieren kann. Für Basiliskengift gibt es nur ein einziges Gegenmittel und das ist unglaublich selten -« »- Phönixtränen«, sagte Harry und nickte. »Ganz genau«, sagte Hermine. »Unser Problem ist, dass es sehr wenige Substanzen gibt, die so zerstörerisch sind wie Basiliskengift, und es ist allemal gefährlich, sie mit sich herumzutragen. Aber das ist ein Problem, das wir lösen müssen, denn wenn man einen Horkrux zerreißt, zertrümmert oder zerquetscht, bringt das gar nichts. Man muss dafür sorgen, dass er mit Magie nicht mehr wiederherzustellen ist.« »Aber selbst wenn wir das Ding vernichten, in dem es lebt«, sagte Ron, »warum kann das Stück Seele darin nicht einfach verschwinden und in was anderem leben?« »Weil ein Horkrux das genaue Gegenteil von einem menschlichen Wesen ist.« Hermine sah, dass Harry und Ron völlig verwirrt dreinblickten, und fuhr rasch fort: »Sieh mal, wenn ich jetzt ein Schwert nehmen würde, Ron, und dich damit erstechen würde, dann würde das deine Seele überhaupt nicht beschädigen.« »Was mir sicher ein großer Trost wäre«, gab Ron zurück. Harry lachte. »Das sollte es auch sein, wirklich! Aber was ich eigentlich sagen will, ist, was auch immer deinem Körper zustößt, deine Seele wird es überleben, unversehrt«, sagte Hermine. »Aber bei einem Horkrux ist es andersherum. Das Seelenbruchstück darin ist auf seinen Behälter angewiesen, auf seinen verzauberten Körper, um zu überleben. Es kann nicht ohne ihn existieren.« »Dieses Tagebuch ist sozusagen gestorben, als ich es durchbohrt habe«, sagte Harry, und er erinnerte sich daran, dass Tinte aus den durchstochenen Seiten herausgeströmt war wie Blut und dass das Bruchstück von Voldemorts Seele geschrien hatte, während es verendete. »Und sobald das Tagebuch richtig zerstört war, konnte das Stück Seele, das darin gefangen war, nicht mehr existieren. Ginny hat schon vor dir versucht, das Tagebuch loszuwerden, sie hat es ins Klo gespült, aber natürlich kam es wie neu zurück.« »Warte mal«, sagte Ron stirnrunzelnd. »Das Stück Seele in diesem Tagebuch hat von Ginny Besitz ergriffen, oder? Wie funktioniert das denn?« »Solange der magische Behälter noch intakt ist, kann das Stück Seele darin in jemanden rein- und wieder rausschlüpfen, wenn er dem Gegenstand zu nahe kommt. Ich meine damit nicht, wenn er ihn zu lange in der Hand hält, mit Berührung hat das nichts zu tun«, fügte sie hinzu, ehe Ron etwas sagen konnte. »Ich meine emotionale Nähe. Ginny hat diesem Tagebuch ihr Herz ausgeschüttet, sie hat sich unglaublich angreifbar gemacht. Wenn du von einem Horkrux abhängig bist oder ihn zu sehr magst, hast du ein Problem.« »Wie Dumbledore wohl den Ring zerstört hat?«, sagte Harry. »Warum hab ich ihn nicht danach gefragt? Ich hab nie wirklich ...« Seine Stimme verlor sich: Er dachte an all die Dinge, die er Dumbledore hätte fragen sollen, und daran, dass es ihm seit dem Tod des Schulleiters vorkam, als hätte er so viele Gelegenheiten versäumt, zu Dumbledores Lebzeiten mehr herauszufinden ... alles herauszufinden ... Die Stille wurde jäh zerrissen, als die Schlafzimmertür mit einem Schlag aufflog, der die Wände zum Wackeln brachte. Hermine ließ kreischend die »Es tut mir ja so leid, dieses gemütliche, nette Beisammensein zu unterbrechen«, sagte sie und ihre Stimme zitterte. »Ich bin sicher, ihr alle braucht mal eine Ruhepause ... aber in meinem Zimmer stapeln sich Hochzeitsgeschenke, um die sich jemand kümmern muss, und ich dachte eigentlich, dass ihr helfen wolltet.« »Oh, ja«, sagte Hermine erschrocken und sprang so heftig auf, dass Bücher in alle Richtungen flogen, »das machen wir ... tut uns leid ...« Mit einem gequälten Blick zu Harry und Ron eilte Hermine Mrs Weasley hinterher aus dem Zimmer. »Das ist, als wäre man ein Hauself«, klagte Ron mit gedämpfter Stimme; er rieb sich immer noch den Kopf, während er und Harry ihnen folgten. »Nur die Jobzufriedenheit fehlt. Je eher die Hochzeit vorbei ist, desto glücklicher bin ich.« »Jaah«, sagte Harry, »dann haben wir nichts mehr zu tun, außer Horkruxe zu finden ... das ist dann sicher wie Ferien, oder?« Ron fing an zu lachen, doch beim Anblick des gewaltigen Berges von Hochzeitsgeschenken, der sie in Mrs Weasleys Zimmer erwartete, hörte er schlagartig auf. Die Delacours kamen am nächsten Morgen um elf Uhr an. Harry, Ron, Hermine und Ginny hegten inzwischen schon einigen Groll auf Fleurs Familie, und nur widerwillig stampfte Ron noch einmal nach oben, um zwei gleiche Socken anzuziehen, während Harry sich missgelaunt bemühte, sein Haar zu glätten. Sobald sie alle für schick genug befunden worden waren, marschierten sie hinaus auf den sonnigen Hinterhof, um die Besucher zu empfangen. Harry hatte diesen Ort noch nie so ordentlich erlebt. Die rostigen Kessel und alten Gummistiefel, die sonst immer auf der Treppe zur Hintertür herumlagen, waren verschwunden, stattdessen standen zwei neue Zitterginsterbüsche in großen Töpfen zu beiden Seiten der Tür; obwohl kein Wind wehte, wogten ihre Blätter träge, was den schönen Eindruck von plätschernden Wellen vermittelte. Die Hühner waren weggesperrt worden, der Hof war gefegt und der nahe Garten beschnitten, gejätet und von Grund auf herausgeputzt worden, obwohl Harry, der ihn in seinem überwucherten Zustand mochte, fand, dass er eher einsam aussah ohne die dazugehörende Truppe herumtollender Gnomen. Er hatte inzwischen den Überblick verloren, wie viele Sicherheitszauber vom Orden und vom Ministerium über den Fuchsbau gelegt worden waren; er wusste nur, dass es niemandem mehr möglich war, mit magischen Mitteln direkt hineinzugelangen. Mr Weasley war deshalb auf einen nahen Hügel gegangen, um die Delacours zu empfangen, die mit einem Portschlüssel dort ankommen sollten. Als sie sich dem Haus näherten, war als Erstes ein ungewöhnlich schrilles Lachen von Mr Weasley zu hören, der kurz darauf mit Gepäck beladen am Tor erschien, an seiner Seite eine hübsche blonde Frau in einem langen blattgrünen Umhang, die nur Fleurs Mutter sein konnte. Monsieur Delacour war bei weitem nicht so attraktiv wie seine Frau; er war einen Kopf kleiner und äußerst korpulent und trug einen kleinen schwarzen Spitzbart. Doch er sah liebenswürdig aus. Auf hochhackigen Stiefeln hüpfte er Mrs Weasley entgegen und küsste sie zweimal auf jede Wange, was sie verwirrte. »Sie 'aben sisch so viele Umstände gemacht«, sagte er mit tiefer Stimme. »Fleur meint, sie 'aben sehr 'art gearbeitet. « »Oh, nicht der Rede wert, wirklich nicht!«, trällerte Mrs Weasley. »Gar keine Umstände!« Ron machte seinen Gefühlen Luft, indem er nach einem Gnomen trat, der hinter einem der neuen Zitterginsterbüsche hervorlugte. »Werte Dame!«, sagte Monsieur Delacour, der immer noch Mrs Weasleys Hand mit seinen beiden dicken Händen umschlossen hielt und strahlte. »Wir fühlen uns 'öchst geehrt dursch die baldige Vereinigung unserer beiden Familien! Darf isch Ihnen meine Frau vorstellen, Apolline.« Madame Delacour schwebte herbei und beugte sich vor, um Mrs Weasley ebenfalls zu küssen. Mr Weasley gab ein überdrehtes Lachen von sich; Mrs Weasley warf ihm einen Blick zu, bei dem er sofort verstummte und eine Miene aufsetzte, die am Krankenlager eines engen Freundes angemessen gewesen wäre. »Und, natürlisch, Sie kennen schon meine kleine Tochter, Gabrielle!«, sagte Monsieur Delacour. Gabrielle war Fleur im Kleinformat, elf Jahre alt, mit hüftlangen Haaren von reinstem Silberblond. Sie schenkte Mrs Weasley ein strahlendes Lächeln und umarmte sie, dann warf sie Harry einen glühenden Blick zu und klimperte mit ihren Wimpern. Ginny räusperte sich vernehmlich. »Na, dann kommen Sie doch herein!«, sagte Mrs Weasley munter und geleitete die Delacours mit vielen Nein-bittes und Nach-Ihnens und Gern-geschehens ins Haus. Die Delacours waren, wie sich bald herausstellte, hilfsbereite und angenehme Gäste. Sie freuten sich über alles und waren erpicht darauf, bei den Hochzeitsvorbereitungen zur Hand zu gehen. Monsieur Delacour bezeichnete alles von der Tischordnung bis zu den Schuhen der Brautjungfern als Madame Delacour war in Haushaltszaubern äußerst bewandert und bekam den Ofen im Nu einwandfrei sauber; Gabrielle lief ihrer älteren Schwester überall hinterher, versuchte zu helfen, wo sie konnte, und plapperte in schnellem Französisch vor sich hin. Die Kehrseite war, dass der Fuchsbau nicht dafür angelegt war, so viele Leute zu beherbergen. Mr und Mrs Weasley schliefen jetzt im Wohnzimmer, nachdem sie Monsieur und Madame Delacours Proteste lautstark niedergerungen und darauf bestanden hatten, dass sie ihr Schlafzimmer nahmen. Gabrielle schlief zusammen mit Fleur in Percys altem Zimmer, und Bill würde sich seines mit Charlie, seinem Trauzeugen, teilen, sobald dieser aus Rumänien kam. Es gab praktisch keine Gelegenheiten mehr, gemeinsam Pläne zu schmieden, und so nahmen es Harry, Ron und Hermine aus reiner Verzweiflung auf sich, freiwillig die Hühner zu füttern, nur um dem überfüllten Haus zu entkommen. »Und sie lässt uns » Oh, gut, ihr habt die Hühner gefüttert«, rief sie, während sie näher kam. »Wir sperren sie besser wieder weg, ehe die Männer morgen kommen ... um das Zelt für die Hochzeit aufzubauen«, erklärte sie und lehnte sich zu einer kurzen Verschnaufpause an den Hühnerstall. Sie wirkte erschöpft. »Millamants Magische Markisen ... die sind sehr gut... Bill begleitet sie ... ihr bleibt besser drin, während sie hier sind, Harry. Ich muss sagen, es ist schon komplizierter, eine Hochzeit zu organisieren, wenn man diese ganzen Sicherheitszauber rund ums Haus hat.« »Tut mir leid«, sagte Harry kleinlaut. »Oh, sei nicht albern, Schatz«, sagte Mrs Weasley sofort. »Ich meinte nicht – also, deine Sicherheit ist viel wichtiger! Eigentlich will ich dich schon die ganze Zeit fragen, wie du deinen Geburtstag feiern möchtest, Harry. Siebzehn, schließlich ist das ein wichtiger Tag ... « »Ich will keinen Wirbel«, sagte Harry rasch und dachte dabei an die zusätzliche Belastung für sie alle. »Wirklich, Mrs Weasley, nur ein ganz gewöhnliches Abendessen, das wär schön ... Es ist der Tag vor der Hochzeit ...« »Oh, na gut, wenn du sicher bist, mein Lieber. Ich lade Remus und Tonks ein, soll ich? Und wie wär's mit Hagrid?« »Das wär großartig«, sagte Harry. »Aber machen Sie sich bitte keine großen Umstände.« »Gar nicht, gar nicht ... das sind doch keine Umstände ...« Sie sah ihn mit einem langen, forschenden Blick an, dann lächelte sie ein wenig traurig, richtete sich auf und ging davon. Harry schaute zu, wie sie an der Wäscheleine ihren Zauberstab schwang, worauf die feuchten Wäschestücke in die Luft stiegen und sich selbst aufhängten, und plötzlich überkam ihn eine Flut von Gewissensbissen wegen der Unannehmlichkeiten und des Kummers, den er ihr bereitete. |
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