"Kalle Blomquist" - читать интересную книгу автора (Линдгрен Астрид)







ELFTES KAPITEL

Anders und Eva-Lotte saßen auf dem Dachboden der Bäckerei, dem Hauptquartier der Weißen Rose. Das war ein wunderbar gemütlicher Aufenthaltsort. Außer als Hauptquartier diente die alte Bodenkammer auch als Warenlager und als Sammelstelle für allerlei ausgediente Möbel. Da stand eine weiße Kommode, die kürzlich aus Eva-Lottes Zimmer verwiesen worden war, alte Stühle standen zusammengedrängt in einer Ecke, auch ein übel zugerichteter Eßtisch war da, auf dem man bei Regenwetter Ping-Pong spielen konnte. Aber jetzt gerade hatten Anders und Eva-Lotte keine Zeit für Ping-Pong. Sie waren eifrig damit beschäftigt, »heimliche Urkunden« herzustellen. Als sie fertig waren, legte Anders sie in einen Blechkasten, der das kostbarste Eigentum der Weißen Rose war. Da waren Erinnerungen von früheren Kriegen der Rose verwahrt, Friedensverträge, heimliche Karten, Steine mit merkwürdigen Zeichen und eine ganze Menge anderer Sachen, die für den Uneingeweihten wie Plunder aussahen. Aber für die Mitglieder der Weißen Rose bestand der Inhalt des Kastens aus lauter Kleinodien, für die man bereit war, Leben und Blut zu opfern. Der Chef trug Tag und Nacht den Schlüssel des Kästchens an einer Schnur um den Hals.

»Wo steckt eigentlich Kalle?« fragte Anders und legte ein neu angefertigtes Dokument in den Kasten.

»Er saß vor einer Weile noch im Ahorn«, sagte Eva-Lotte.

Im selben Augenblick kam Kalle angerannt.

»Hört auf damit«, keuchte er. »Wir müssen sofort mit den Roten Frieden schließen. Im schlimmsten Fall müssen wir bedingungslos kapitulieren.«

»Bist du verrückt geworden?« sagte Anders. »Wir haben ja eben erst angefangen.«

»Das hilft nichts. Wir haben uns wichtigeren Sachen zu widmen. Eva-Lotte, hast du Onkel Einar furchtbar gern?«

»Gern haben?« sagte Eva-Lotte. »Warum sollte ich ihn denn so furchtbar gern haben?«

»Ja, er ist ja doch der Vetter deiner Mutter!«

»Was das betrifft – ich glaube nicht, daß meine Mutter ihn selbst gern hat«, sagte Eva-Lotte. »Und da brauche ich ja auch nicht so besonders entzückt von ihm zu sein. Aber warum fragst du?«

»Da wirst du nicht böse sein, wenn ich dir sage, daß Onkel Einar ein Verbrecher ist?«

»Na, nu hör auf, Kalle«, sagte Anders. »Es war Friedrich mit dem Fuß, der die Kollekte geklaut hat, nicht Onkel Einar!«

»Halt’s Maul! Lies das hier, bevor du dich äußerst«, sagte Kalle und gab ihm die Zeitung. Anders und Eva-Lotte lasen die Notiz »Großer Juwelendiebstahl auf Östermalm«.

»Und jetzt hört mal zu«, sagte Kalle.

»Fühlst du dich sonst ganz gesund?« fragte Anders teilnahmsvoll. Er wies mit dem schmutzigen Zeigefinger auf eine andere Notiz: »›Wütende Kuh verursacht Panik.‹ Glaubst du nicht, daß das auch Onkel Einar gewesen sein kann?«

»Halt’s Maul, sage ich. Eva-Lotte, du hast die beiden Kerle gesehen, die vor der Gartentür standen und eben mit Onkel Einar sprachen? Das waren seine Mittäter, und Onkel Einar hat sie auf irgendeine Weise betrogen. Sie nennen sich Krok und Redig, und sie wohnen im Hotel. Und die Juwelen sind in der Schloßruine.«

Die Worte sprudelten nur so aus Kalles Mund heraus.

»In der Schloßruine? Du hast ja gesagt, daß sie im Hotel wohnen?« sagte Anders.

»Krok und Redig, ja! Aber die Juwelen, du Rindvieh, das sind ja Smaragden und Platin und Diamanten! Himmel, wenn ich daran denke, Juwelen für beinahe hunderttausend Kronen da unten im Keller!«

»Woher weißt du das?« fragte Anders äußerst zweifelnd.

»Hat Onkel Einar es gesagt?«

»Etwas kann man sich auch selbst zusammenreimen«, sagte Kalle. »Wenn man ein Kriminalrätsel lösen will, muß man immer mit dem Wahrscheinlichen rechnen.«

Das war Meisterdetektiv Blomquist, der eben mal seine Nase reingesteckt hatte, aber er verschwand bald wieder, und zurück blieb Kalle, eifrig gestikulierend und fürchtend, daß er die anderen beiden nicht würde überzeugen können. Es dauerte eine ganze Weile. Aber schließlich gelang es ihm. Nachdem er alles erzählt und über seine Beobachtungen Bericht erstattet hatte, über seinen nächtlichen Besuch bei Onkel Einar, den Perlen-fund in der Ruine und das Gespräch, das er oben im Ahornbaum belauscht hatte, war sogar Anders beeindruckt.

»Wahrhaftig, der Junge wird Detektiv, wenn er groß ist«, sagte er billigend. »Zum Krieg der Rosen haben wir jetzt keine Zeit.«

»Naa, jetzt weiß ich es«, sagte Eva-Lotte. »Das ist der Grund, weshalb ich die Kuchenbüchsen nicht in Ruhe lassen kann. Ich bin ein Langfinger, genau wie Onkel Einar. So ist das, wenn man mit einem Verbrecher verwandt ist. Aber aus dem Hause soll er, und das sofort! Denkt bloß, wenn er das Silber-zeug klaut!«

»Du mußt dich noch eine Weile gedulden«, sagte Kalle. »Im übrigen hat er an wichtigere Sachen zu denken als an Silberzeug, das kannst du mir glauben. Er ist in einer verdammten Klemme, denn Krok und Redig bewachen ihn wie ihren Augen-stern.«

»Also deswegen hat er sich nach dem Essen hingelegt! Er sagte, daß er krank sei.«

»Du kannst dich darauf verlassen, er hat sich wirklich krank gefühlt«, sagte Anders. »Aber jetzt müssen wir vor allen Dingen mit den Roten Frieden schließen. Du, Eva-Lotte, kannst die Parlamentärfahne hissen und hingehen und die Sache ordnen.

Die werden natürlich glauben, daß wir verrückt geworden sind.«

Eva-Lotte band gehorsam ein weißes Taschentuch an einen Stock und marschierte zu Sixtus’ Garage hin, wo ihr Angebot bedingungsloser Kapitulation sowohl mit Verwunderung als auch mit Mißvergnügen entgegengenommen wurde.

»Seid ihr nicht gesund?« fragte Sixtus. »Jetzt, wo wir gerade so schön in Gang gekommen sind!«

»Wir übergeben uns bedingungslos«, sagte Eva-Lotte. »Ihr habt gewonnen. Aber wir werden euch bald wieder beleidigen, und dann sollt ihr mal sehen, wie die Funken fliegen!«

Sixtus setzte widerwillig einen Friedensvertrag mit äußerst harten Bedingungen für die Weißen auf: Sie sollten bei Ausbe-zahlung des wöchentlichen Taschengeldes auf die Hälfte verzichten, zwecks Einkaufs von gemischten Bonbons für die Roten. Wenn sie einem der Roten auf der Straße begegneten, sollten sich außerdem die Weißen dreimal tief verbeugen und sagen: »Ich weiß, daß ich nicht würdig bin, den gleichen Boden zu betreten wie du, o Herr!«

Eva-Lotte unterzeichnete den Vertrag im Auftrag der Wei-

ßen, drückte feierlich dem Chef der Roten die Hand und rannte zum Bäckereiboden zurück. Als sie durch die Gartentür lief, konnte sie nicht vermeiden, einen von Onkel Einars »Freun-den« zu sehen, der gegenüber auf dem Bürgersteig stand.

»Der Wachtdienst ist in vollem Gang«, rapportierte sie.

»Das hier wird sicher ein Krieg, der besser ist als der der Rosen«, sagte Anders zufrieden. »Du, Kalle, was wollen wir jetzt machen?«

Obwohl Anders sonst der Chef war, sah er ein, daß er sich in diesem speziellen Fall Kalle unterordnen mußte.

»Vor allen Dingen die Juwelen ausfindig machen! Wir müssen zur Schloßruine. Aber einer muß zu Hause bleiben und Onkel Einar und die andern beiden überwachen.«

Kalle und Anders sahen Eva-Lotte auffordernd an.

»Niemals!« sagte Eva-Lotte bestimmt. »Ich will mitgehen und die Juwelen suchen. Im übrigen liegt Onkel Einar im Bett und tut so, als ob er krank wäre. Es wird also wohl nichts passieren, während wir weg sind.«

»Wir wollen eine Streichholzschachtel vor seine Tür legen«, schlug Kalle vor. »Wenn sie noch genauso daliegt, wenn wir nach Hause kommen, dann wissen wir, daß er nicht fort gewesen ist.«

»Mit Hacke und mit Spaten, so ziehn wir fröhlich aus«, sang Anders, als sie eine Weile später die schmale Treppe zur Ruine hinaufeilten.

»Wenn wir jemand treffen, dann sagen wir, daß wir nach Regenwürmern graben wollen«, sagte Kalle.

Aber sie trafen niemand, und die Ruine lag einsam und verlassen da wie immer. Es war kein anderer Laut zu hören als das Summen der Hummeln.

Plötzlich fiel Anders etwas ein. »Wie in aller Welt sollen wir in den Keller runterkommen? Du hast ja gesagt, daß dort die Juwelen sein müssen, Kalle. Wie bist du damals reingekommen, als du die Perle gefunden hast?«

Das war Kalles großer Augenblick. »Ja, wie pflegt man durch geschlossene Türen zu kommen?« sagte er überlegen und holte den Dietrich hervor.

Das imponierte Anders mehr, als er eigentlich zugeben wollte.

»Kreuzdonnerwetter!« sagte er, und Kalle faßte das als Kompliment auf.

Die Tür drehte sich in ihren Angeln – der Durchgang war frei. Und wie eine Koppel Jagdhunde stürzten Kalle, Anders und Eva-Lotte die Treppe hinunter.

Nachdem sie zwei Stunden gegraben hatten, legte Anders den Spaten fort.

»Ja, jetzt sieht der Fußboden hier wie ein besseres Kartoffel-feld aus. Aber ich habe niemals irgendwo so wenig Diamanten gesehen wie hier. Woran das nun liegen mag!«

»Du kannst doch wohl nicht erwarten, daß wir sie sofort finden!« sagte Kalle. Aber auch er war entmutigt. Sie hatten jeden Zoll des Fußbodens in dem großen Kellerraum, der unter der Treppe lag, umgegraben. Dies war der eigentliche Keller. Aber von da aus zweigten lange, dunkle, zum Teil eingefallene Gänge ab, die in Krypten, Gewölbe und Gefängnishöhlen führten. Diese Gänge sahen nicht so besonders verlockend aus, aber es war natürlich möglich, daß Onkel Einar aus reiner Vorsicht seinen Schatz irgendwo weiter hinten im Keller vergraben hatte. Und da konnten sie ein ganzes Jahr danach suchen. Wenn er ihn überhaupt in der Schloßruine versteckt hatte. In Kalle fing leiser Zweifel an zu keimen.

»An welcher Stelle hast du die Perle gefunden?« fragte Eva-Lotte.

»Dort, bei der Treppe«, sagte Kalle. »Aber da haben wir ja alles umgegraben.«

 Eva-Lotte sank gedankenvoll auf die unterste Treppenstufe nieder. Die Steinplatte, die die unterste Treppenstufe bildete, war offenbar nicht befestigt, denn sie wackelte etwas, als sie sich darauf setzte. Eva-Lotte flog wieder hoch.

»Man kann wohl nicht annehmen …« fing sie an und griff mit eifrigen Händen um die Steinplatte. »Sie ist lose, seht doch bloß!«

Zwei Paar Arme kamen ihr zu Hilfe. Die Steinplatte wurde zur Seite geschoben, und eine Menge Mauerasseln krochen schnell nach allen Seiten hin fort.

»Grab hier!« sagte Kalle aufgeregt zu Anders. Anders nahm den Spaten und stieß ihn mit aller Kraft da nieder, wo die Steinplatte gelegen hatte. Etwas leistete Widerstand.

»Das ist natürlich ein Stein«, sagte Anders, und er zitterte etwas, als er seinen Finger hinunterstreckte, um nachzufühlen.

Aber es war kein Stein. Es war … Anders betastete mit erdigen Händen den Gegenstand – es war ein Blechkasten. Er hob ihn auf – es war genau der gleiche wie der Reliquienschrein der Weißen Rose.

Kalle brach das atemlose Schweigen.

»Nu schlägt’s dreizehn«, sagte er. »Er hat unsern Kasten geklaut, der Dieb!«

Anders schüttelte den Kopf. »Nein, das ist nicht unsrer. Den habe ich vor einer Weile mit meinen eigenen Händen verschlossen.«

»Aber es ist genau der gleiche«, sagte Eva-Lotte.

»Dann – hat er ihn im Eisengeschäft gekauft, gleichzeitig mit der Taschenlampe«, sagte Kalle. »Sie haben solche Kästen im Eisenwarengeschäft.«

»Ja, da haben wir auch unseren gekauft«, sagte Eva-Lotte.

»Mach ihn auf, bevor ich einen Anfall bekomme«, sagte Kalle.

Anders befühlte den Kasten. Er war verschlossen. »Ob der gleiche Schlüssel für alle diese Blechkästen paßt?« Er riß den Schlüssel hoch, der an einer Schnur um seinen Hals hing.

»Oh«, sagte Eva-Lotte. »Oh!«

Kalle atmete, als ob er zerspringen wollte. Anders steckte den Schlüssel hinein und drehte um. Er paßte.

»Oh«, sagte Eva-Lotte. Und als Anders den Deckel hob: »Nein, nein – das ist ja … das ist ja wie in Tausendundeiner Nacht!«

»Ja, also so sieht das aus – Smaragden und Platin«, sagte Kalle andächtig. Da lag alles genauso, wie es in der Zeitung gestanden hatte. Broschen und Ringe und Armbänder und ein zerris-senes Perlenkollier mit Perlen, ganz genau wie die, die Kalle gefunden hatte.

»Hunderttausend Kronen!« flüsterte Anders. »Junge, das ist beinahe unheimlich!«

Eva-Lotte ließ die Juwelen zwischen ihren Fingern durch-gleiten. Sie nahm ein Armband und zog es über ihren Arm, und sie steckte eine Diamantbrosche an ihr blaues Baumwollkleid.

Sie zog einen Ring über jeden ihrer zehn Finger, und so geschmückt stellte sie sich vor die kleine Luke, durch die die Sonne hereinströmte. Es glänzte und funkelte um sie herum.

»Oh, wie wunderbar! Bin ich nicht wie die Königin von Saba?«

»Wir haben jetzt keine Zeit mehr für so was«, sagte Kalle.

»Wir müssen eiligst von hier weg. Nehmt mal an, Onkel Einar kommt plötzlich auf die Idee, sich hierherzuschleichen und den Schrein auszugraben! Nehmt an, er kommt jetzt gleich! Das wäre ungefähr ebenso angenehm, wie einem bengalischen Tiger zu begegnen, was?«

»Ich würde den Tiger vorziehen«, sagte Anders. »Aber Onkel Einar wagt nicht auszugehen, wie du weißt. Denn Krok und Redig stehen da und lauern ihm auf.«

»Für alle Fälle«, sagte Kalle, »müssen wir sofort zur Polizei.«

»Polizei!« Anders’ Stimme drückte höchstes Mißvergnügen aus. »Du denkst wohl nicht, daß wir die Polizei einmischen wollen, jetzt, wo es gerade interessant wird!«

»Das hier ist kein Krieg der Rosen«, sagte Kalle nüchtern.

»Wir müssen augenblicklich zur Polizei gehen. Die Schurken müssen verhaftet werden, das mußt du doch begreifen!«

Anders kraulte sich hinterm Ohr. »Könnten wir sie nicht in eine Falle locken und dann zur Polizei sagen: Hier, bitte, habt ihr drei prima Banditen, die wir für euch gefangen haben!«



Kalle schüttelte den Kopf. Ach, wie viele Male hatte nicht der Meisterdetektiv Blomquist auf eigene Faust Dutzende von groben Verbrechern unschädlich gemacht! Aber Meisterdetektiv Blomquist war die eine Person und Kalle die andere. Und mitunter war Kalle ein praktischer und verständiger junger Mann.

»Wie du willst!« Anders beugte sich widerwillig der Sach-kenntnis, die Kalle immerhin auf kriminalistischem Gebiet repräsentierte.

»Aber dann«, sagte Eva-Lotte, »wollen wir mit Björk sprechen. Er und niemand anders soll uns helfen. Dann wird er danach vielleicht Wachtmeister!«

Anders betrachtete das Resultat der Ausgrabungen. »Was wollen wir damit machen? Kartoffeln setzen oder alles wieder zuschaufeln?«

Kalle meinte, daß es wohl am klügsten wäre, die Spuren ihres Besuches im Keller notdürftig zu verwischen.

»Aber beeile dich«, sagte er. »Es macht einen ganz nervös, hier zu stehen und einen Blechkasten mit hunderttausend Kronen in den Händen zu halten. Ich will so schnell wie möglich fort von hier.«

»Wie wollen wir es mit dem Kasten machen?« fragte Eva-Lotte.

»Wir können doch nicht ohne weiteres mit ihm angeschleppt kommen. Wo wollen wir ihn verstecken, bis wir mit Björk gesprochen haben?«

Nachdem man eine Weile beratschlagt hatte, wurde bestimmt, daß Anders den kostbaren Kasten ins Hauptquartier der Weißen Rose auf dem Bäckereiboden bringen sollte, während Kalle und Eva-Lotte losgingen, um Schutzmann Björk aufzusuchen.

Anders zog sein Hemd aus und wickelte es um den Kasten.

Nur in Hosen, mit dem Spaten in der Hand und dem in das Hemd eingewickelten Kasten in der anderen, trat er den Rückzug an. »Die glauben sicher, daß ich Regenwürmer ausgegraben habe, wenn ich jemand treffe«, sagte er hoffnungsvoll.

Kalle schlug die Tür zu. »Etwas ist schade«, sagte er.

»Was denn?« fragte Eva-Lotte.

»Daß man nicht sehen kann, was Onkel Einar für ein Gesicht macht, wenn er kommt, um den Kasten zu holen.«

»Ja, das wäre fünfundzwanzig Öre wert!«

Auf der Polizeiwache herrschte Ruhe und Frieden. Ein Schutzmann saß da und löste Kreuzworträtsel, als ob es keine Verbrechen in der Welt gäbe. Aber es war nicht Björk.

»Ist Schutzmann Björk zu sprechen?« Kalle verbeugte sich höflich.

»Er ist auf Dienstreise und kommt morgen zurück. Aber weißt du ein mythologisches Wunder mit acht Buchstaben?«

Der Schutzmann biß in den Bleistift und sah Kalle an.

»Nein, ich komme in einer ganz anderen Angelegenheit«, sagte Kalle.

»Ja, wie gesagt, Björk kommt morgen wieder. Aber einen weiblichen Krieger mit sieben Buchstaben?«

»Eva-Lotte«, sagte Kalle. »Natürlich, das sind acht Buchstaben! Danke, wir kommen morgen wieder!«

Kalle zog Eva-Lotte mit sich hinaus. »Man kann über solche Sachen nicht mit einem Hanswurst reden, der sich nur für mythologische Wunder interessiert«, sagte er.

Eva-Lotte war derselben Meinung. Sie einigten sich dahin, daß es wohl kein Risiko wäre, mit der polizeilichen Anzeige bis zum nächsten Tag zu warten. Onkel Einar lag ja in sicherem Gewahrsam in seinem Bett.

»Und da steht Krok vor dem Uhrengeschäft«, flüsterte Kalle Eva-Lotte zu. »Hast du je im Leben so eine Visage gesehen?«

»Das ist fein, daß die Schurken sich gegenseitig bewachen«, sagte Eva-Lotte. »Das ist genauso, wie das Sprichwort sagt: Wenn die Unschuld schläft, halten Engel Wache!«

Kalle befühlte seine Armmuskeln. »Aber morgen, Eva-Lotte!

Da gibt es Kampf auf Leben und Tod!«