"Kalle Blomquist" - читать интересную книгу автора (Линдгрен Астрид)







ACHTES KAPITEL

Wie verabredet, brach der Krieg der Rosen am nächsten Tage aus. Sixtus fand in seinem Briefkasten einen Zettel, vollge-schrieben mit den furchtbarsten Beleidigungen. »Die Richtig-keit des Obenstehenden wird von Anders Bengtsson bezeugt, dem Chef der Weißen Rose, dessen Schuhband zu lösen du nicht würdig bist«, stand darunter, und unter lebhaftem Zähne-knirschen rückte Sixtus aus und suchte Benka und Jonte auf.

Die Weißen Rosen lagen in höchster Bereitschaft in Bäckermeisters Garten, den Anfall der Roten erwartend. Kalle saß hoch oben im Ahornbaum, von wo aus man Aussicht über die ganze Straße bis hinunter zur Villa des Postdirektors hatte. Er hatte das Auskundschaften übernommen, sowohl sein privates wie das der Weißen Rose.

»Ich habe eigentlich keine Zeit, Krieg zu führen«, hatte er zu Anders gesagt. »Ich bin beschäftigt.«

»Nanu«, sagte Anders. »Ist wieder ein Kriminaldrama im Gang wie gewöhnlich? Ist Friedrich mit dem Fuß wieder dabei, sich die Kollekte anzueignen?«

»Ach, rutsch mir den Buckel runter!« sagte Kalle. Er sah ein, daß es zwecklos war, Verständnis zu erwarten. Und er kletterte folgsam auf den Baum, wie es ihm befohlen worden war. Unbedingter Gehorsam gegen den Chef gehörte zu den Geboten der Weißen Rose.

Daß Kalle zum Kundschafter bestimmt worden war, hatte indessen den Vorteil, daß er? indem er Ausschau nach den Roten Rosen hielt, zugleich Onkel Einar überwachen konnte. Der saß im Augenblick auf der Veranda und half Tante Mia, Erdbeeren abzuzupfen. Das heißt, nachdem er zehn Stück geputzt hatte, steckte er sich eine Zigarette an, setzte sich auf das Geländer und baumelte mit den Beinen, neckte ein bißchen Eva-Lotte, wenn sie, auf dem Weg zum Hauptquartier der Weißen Rose, vorbei-lief, und sah im übrigen aus, als ob er sich langweile.

»Wirst du dessen nicht überdrüssig, so herumzusitzen?« hörte Kalle Tante Mia fragen. »Ich finde, du solltest einen Spaziergang in die Stadt machen oder mit dem Rad zum Baden fahren oder irgend etwas Derartiges. Im übrigen ist ja an den Abenden Tanz im Hotel – daß du da nicht hingehst!«

»Danke für deine Fürsorge, Miachen«, sagte Onkel Einar.

»Aber ich finde es hier im Garten so schön, daß ich nicht das geringste Bedürfnis nach einer Beschäftigung habe. Hier kann ich mich richtig erholen und meine Nerven ausruhen. Ich fühle mich ruhig und harmonisch, seitdem ich hier bin.«

»Ruhig und harmonisch – ja, ph!« dachte Kalle. »Er ist ungefähr so harmonisch wie eine Schlange im Ameisenhaufen. Er kann wohl deswegen nachts nicht schlafen und hat einen Revolver unter dem Kopfkissen, weil er so furchtbar ruhig und harmonisch ist.«

»Wie lange bin ich eigentlich schon hier?« fragte Onkel Einar.

»Die Tage vergehen so schnell, daß man ganz aus der Rechnung kommt.«

»Am Samstag werden es vierzehn Tage.«

»Du lieber Himmel, nicht länger? Mir kommt es vor, als ob ich schon einen Monat hier wäre. Jaja, ich muß wohl bald daran denken abzureisen.«

»Noch nicht, noch nicht«, wimmerte Kalle leise oben im Ahornbaum. »Erst muß ich herauskriegen, warum du hier her-umsitzt und dich wie ein Hase im Gebüsch verkriechst.«

Kalle war so gefesselt von dem Gespräch auf der Veranda, daß er ganz vergaß, daß er als Kundschafter für die Weiße Rose Dienst tat. Er wurde von einer flüsternden Beratung auf der Straße draußen in die Wirklichkeit zurückgerufen. Da standen Sixtus und Benka und Jonte und versuchten, durch den Zaun zu gucken. Sie sahen Kalle oben im Ahornbaum nicht.

»Eva-Lottes Mutter und irgend so ein Vogel sitzen auf der Veranda«, rapportierte Sixtus. »Wir können also nicht durch die große Gartentür gehen. Wir machen eine Umgehung über die Flußbrücke und überrumpeln sie von der Flußseite her. Sie sind sicher in ihrem Hauptquartier auf dem Boden.«

Die Roten verschwanden wieder. Kalle stieg eiligst vom Baum herunter und rannte zur Bäckerei, wo Anders und Eva-Lotte sich die Wartezeit damit vertrieben, an dem Seil hinun-terzurutschen, das noch seit der Zirkuszeit da hing.

»Die Roten kommen!« schrie Kalle. »Sie kommen in einer Sekunde über den Fluß!«

Dort, wo der Fluß durch den Bäckereigarten floß, war er nicht mehr als zwei Meter breit. Eva-Lotte hatte ein Brett da unten liegen, das man bei Bedarf als »Zugbrücke« benutzen konnte. Das war eine ganz unsichere Brückenverbindung, aber wenn man schnell und gleichmäßig lief, geschah es nur selten, daß man ins Wasser fiel. Und selbst wenn es passierte, beschränkte sich das Unglück meistens nur auf ein Paar nasse Hosen, da das Wasser hier nicht sehr tief war.

Die Weißen beeilten sich, bereitwillig die Zugbrücke auszu-legen, und dann krochen sie ruhig hinter das Erlengebüsch am Flußufer.

Sie brauchten nicht lange zu warten. Mit wachsender Begeisterung beobachteten sie, wie die Roten auf der entgegengesetzten Seite auftauchten, vorsichtig nach ihren verborgenen Feinden spähend.

»Ha, die Zugbrücke ist heruntergelassen!« schrie Sixtus. »Zum Kampf! Der Sieg ist unser!«

Er stürzte auf den Steg, Benka folgte ihm auf dem Fuße. Das war der Augenblick, auf den Anders gewartet hatte. Wie ein Blitz schoß er hervor, und gerade bevor Sixtus auf dem trocke-nen Land Fuß gefaßt hatte, tippte er ein kleines bißchen an das Brett. Mehr war nicht nötig.

»So ging es Pharao, als er durch das Rote Meer wollte!« schrie Eva-Lotte dem planschenden Sixtus aufmunternd zu.

Dann rannten die Weißen, so schnell ihre Füße sie tragen konnten, zur Bäckerei hinauf, während Sixtus und Benka unter lautem Rachegeschrei ans Land krochen. Anders, Kalle und Eva-Lotte nutzten die kostbaren Sekunden aus, um sich auf dem Boden zu verbarrikadieren. Die Tür zur Treppe wurde sorgfältig geschlossen und das Seil hochgezogen. Dann stellten sie sich vor die offene Bodenluke und warteten auf ihre Feinde. Feldge-schrei kündigte ihre Ankunft an.

»Bist du sehr naß geworden?« fragte Kalle teilnahmsvoll, als Sixtus auftauchte.

»Ungefähr so, wie du immer hinter den Ohren bist«, sagte Sixtus.

»Kommt ihr freiwillig raus oder sollen wir euch ausräu-chern?« schrie Jonte.

»Ach, ihr werdet wohl rauf klettern und uns holen können«, sagte Eva-Lotte. »Macht es euch was aus, wenn wir euch dabei etwas siedendes Pech hinter die Hemdenkragen gießen?«

Im Laufe der Jahre hatte es viele Kämpfe zwischen den Weißen und den Roten Rosen gegeben. Es herrschte aber nicht die geringste Feindschaft zwischen den Mitgliedern der beiden Banden. Im Gegenteil, sie waren die allerbesten Freunde, und ihre Kämpfe waren für sie alle nichts anderes als ein lustiges Spiel.



Es gab keine bestimmten Regeln, wie die Kriegführung ge-handhabt werden sollte. Man hatte nur ein Ziel: die gegnerische Seite soviel wie möglich zu ärgern, und dafür waren fast alle Mittel erlaubt, außer natürlich Eltern und andere außenstehen-de Personen hineinzuziehen. Sich des Hauptquartiers des Gegners zu bemächtigen, zu spionieren und zu überraschen, Gei-seln zu nehmen, gräßliche Drohungen auszustoßen und ehren-kränkende Briefe zu schreiben, die »heimlichen Papiere« des Gegners zu stehlen und selbst eine große Menge davon herzustellen, so daß es für den Gegner etwas zu klauen gab, kostbare Aktenstücke quer durch die Linien des Feindes zu schmuggeln –all das waren wichtige Bestandteile, die zum Krieg der Rosen gehörten.

Im Augenblick fühlten die Weißen sich grenzenlos überlegen.

»Rückt ein bißchen weiter«, sagte Anders höflich. »Ich will gerade mal spucken!«

Die Roten zogen sich knurrend hinter die Hausecke zurück und versuchten vergebens, die Tür zur Treppe zu öffnen.

Aber das Kriegsglück hatte den Chef der Weißen übermütig gemacht.

»Grüßt die Roten und sagt ihnen, daß ich fünf Minuten Urlaub für ein Naturbedürfnis genommen habe«, sagte er und rutschte am Seil hinunter. Er berechnete, daß er das kleine Haus mit dem Herzen in der Holztür erreichen würde, bevor die Roten entdeckten, daß er den Boden verlassen hatte. Seine Berechnung schlug nicht fehl. Er verschwand im Häuschen und riegel-te sich ordentlich ein. Aber er hatte nicht an den Rückzug gedacht. Hinter der Hausecke stand Sixtus, und sein Gesicht bekam beinahe einen verklärten Schimmer, als er dahinterkam, wo er seinen Feind hatte. Er brauchte ungefähr zwei Sekunden, um hinzurennen und den Haspen an der Außenseite der Tür vorzu-schieben, und das triumphierende Gelächter, das er danach an-hob, war das unheilverkündendste, das Eva-Lotte und Kalle je gehört hatten.

»Unser Chef muß aus seiner schrecklichen Gefangenschaft befreit werden«, sagte Eva-Lotte bestimmt.

Die Roten tanzten im Freudenrausch einen Kriegstanz.

»Die Weiße Rose hat sich ein neues Hauptquartier be-schafft«, grinste Sixtus. »Da werden die Rosen dann schöner duften als je.«

»Bleib hier und beschimpfe sie«, sagte Eva-Lotte zu Kalle.

»Dann will ich sehen, was ich machen kann.«

Es gab noch eine Treppe vom Boden, aber sie führte nicht ins Freie. Sie führte direkt in die Bäckerei hinunter. Hier hatte Eva-Lotte nun eine gute Möglichkeit, hinauszukommen, ohne daß die Gegner es merkten. Sie lief durch die Bäckerei, nahm sich im Vorbeigehen ein paar Kuchen und verschwand durch die Tür am anderen Ende des Gebäudes. Dann machte sie eine Umgehung, und es gelang ihr nach langen Umwegen, sich auf den Zaun hinter das Wirtschaftsgebäude hinauf zu praktizieren, ohne von den Roten beobachtet zu werden. Mit einem langen Stock bewaffnet, kletterte sie auf das Dach des Wirtschaftsgebäudes. Anders hörte, daß über seinem Kopf etwas vorging, und das gab ihm einen Hoffnungsstrahl in seiner kläglichen Lage.



In der Zwischenzeit war Kalle voll damit beschäftigt, Beschimpfungen gegen Sixtus und seine Kumpane hinunterzu-schleudern, um ihre Aufmerksamkeit auf den Boden zu lenken.

Nun kam ein unendlich spannender Augenblick, als Eva-Lotte den Stock hinunterstreckte, um den Haspen zurückzuschieben.

Wenn die Roten sich in diesem Augenblick umdrehten, war alles verloren. Kalle beobachtete mit Spannung jede von Eva-Lottes Bewegungen, und er brauchte seine ganze Selbstbeherrschung, um mit den Beschimpfungen fortzufahren.

»Lausehunde seid ihr!« sagte er gerade, als Eva-Lottes Versuche mit Erfolg gekrönt wurden. Anders fühlte, daß die Tür nachgab, und er machte einen Sturmlauf von hundert Metern zu einer der alten Ulmen hin. Auf Grund vieljähriger Übung brauchte er nur einen Augenblick, um sich auf den Baum zu schwingen, und als die Roten, über die Flucht erbittert, sich wie eine Koppel Bluthunde unter dem Baum drängten, schrie er, er wolle den ersten, der sich in den Baum hinaufwagte, so zusam-menschlagen, daß seine eigene Mutter ihn nicht wiedererkennen würde.

Im letzten Augenblick erinnerte sich Sixtus an Eva-Lotte. Sie war gerade dabei sich in Sicherheit zu bringen. Aber es sollte sich bald zeigen, daß sie die Freiheit ihres Chefs auf Kosten ihrer eigenen erkauft hatte. Die Roten umringten das Wirtschaftsgebäude, und Eva-Lotte fiel wie eine reife Frucht in ihre ausgestreckten Hände, als sie auf den Zaun hinunterklettern wollte.

»Schnell, bringt sie hinüber in unser Hauptquartier!« schrie Sixtus.

Eva-Lotte wehrte sich mit dem Mut einer Löwin, aber Benkas und Jontes harte Fäuste zwangen sie bald dazu, sich zu un-terwerfen. Die Weißen beeilten sich, ihr zu Hilfe zu kommen.

Kalle rutschte die Leine hinunter, und Anders tat einen lebensgefährlichen Sprung von der Ulme. Aber während Jonte und Benka Eva-Lotte zum Fluß hin knufften und stießen, hielt Sixtus die Verfolger mit Abwehrkämpfen auf, so daß die Roten mit ihrer Kriegsgefangenen ungestört den »Wallgraben« erreichten. Die sich wild sträubende Eva-Lotte über die »Zugbrücke« zu befördern, war natürlich eine Unmöglichkeit. Deswegen knuffte Benka sie ohne weiteres ins Wasser, wobei er selbst und Jonte hinterherplumpsten.

»Keinen Widerstand, denn dann müßten wir dich erträn-ken«, sagte Jonte. Die Drohung hinderte jedoch Eva-Lotte nicht im mindesten, sich mit allen Kräften zu sträuben, und es bereitete ihr große Genugtuung, daß es ihr gelang, Benka und Jonte ein paarmal unterzutauchen. Ja, natürlich wurde sie auch mit untergetaucht, aber das verringerte nicht die Spur ihre Befriedigung.

Oben auf der Böschung ging der Kampf mit unverminderter Stärke weiter. Der Lärm war so groß, daß Bäckermeister Lisander sich veranlaßt sah, seine Teige zu verlassen, um nachzusehen, was vorging. Er wanderte gemächlich zum Fluß hinunter, gerade als seine Tochter ihren wassertriefenden Kopf nach einem Besuch unter der Oberfläche hervorstreckte. Benka und Jonte ließen Eva-Lotte los und warfen einen schuldbewußten Blick auf den Bäckermeister. Auch der Kampf oben auf der Böschung endete. Der Bäckermeister schaute sein Kind nachdenklich an und stand eine Weile still.

»Wie ist es, Eva-Lotte, kannst du Hundeschwimmen?«

»Klar«, sagte Eva-Lotte, »ich kann alle Schwimmarten.«

»Aha! Ja, das wollte ich bloß wissen«, sagte der Bäckermeister und ging gelassen wieder zur Bäckerei zurück.

Die Rote Rose hatte ihr Hauptquartier in der Garage, die zur Villa des Postdirektors gehörte. Es stand gerade kein Auto darin, weshalb Sixtus den Raum für sich selbst mit Beschlag belegt hatte. Hier hatte er seine Angelrute und seinen Fußball, sein Fahrrad, Pfeil und Bogen, seine Schießscheibe und alle Geheimpapiere und Akten der Roten Rose. Hier wurde die durch-weichte Eva-Lotte eingesperrt, aber Sixtus bot ihr ritterlich an, ihr seinen Trainingsoverall zu leihen.

»Edelmut den Besiegten gegenüber, das ist mein Wahlspruch«, sagte er.

»Äh, ich bin nicht eine Spur besiegt«, sagte Eva-Lotte. »Ich werde bald befreit. In der Zwischenzeit können wir nach der Scheibe schießen.« Dagegen hatten die Gefangenenwärter nichts einzuwenden.

Anders und Kalle standen noch am Fluß und hielten düsteren Kriegsrat. Es kränkte sie, daß es ihnen nicht gelungen war, Sixtus zu übermannen, so daß man die Gefangenen hätte austau-schen können.

»Ich schleich’ mich hin und rekognosziere«, sagte Anders.

»Du setzt dich in den Ahorn und hältst Ausschau für den Fall, daß sie auf die Idee kommen sollten, wieder hierher zurückzu-kehren. Verteidige das Hauptquartier bis zum letzten Mann!

Und solltest du übermannt werden, so verbrenne erst alle Geheimpapiere!«

Kalle sah ein, daß es schwer sein würde, allen Befehlen in ihrem ganzen Ausmaß nachzukommen, aber er machte keine Einwendungen.

Ein vortrefflicher Aussichtspunkt, der Ahornbaum! Man saß da richtig bequem in einer Astgabelung, gut versteckt durch das Laub, und hatte einen Überblick über den vorderen Teil von Bäckermeisters Garten und über die Straße in ihrer ganzen Ausdehnung bis zu der Ecke, wo sie auf die Kleine Straße traf.

Kalle fühlte sich ganz erfrischt durch die ausgefochtenen Kämpfe, aber gleichzeitig hatte er ein schlechtes Gewissen. Er wußte, daß er seine Pflicht gegen die Gesellschaft vernachlässigt hatte. Wenn nicht der Krieg der Rosen dazwischengekommen wäre, dann hätte er schon am frühen Morgen vor dem Hotel gestanden und die beiden Herren überwacht, die gestern abend angekommen waren. Das würde ihn vielleicht der Lösung des Rätsels einen Schritt nähergebracht haben.

Onkel Einar wanderte auf dem Gartenweg unten hin und her, hin und her … Er sah nicht den Beobachter im Ahornbaum, so daß Kalle ihn in aller Ruhe betrachten konnte. Jede Bewegung, die er machte, verriet Ungeduld und Mißvergnügen.

Sein Gesicht hatte einen solchen Ausdruck von Rastlosigkeit und Unlust, daß er Kalle beinahe leid tat.

»Man sollte doch etwas mehr mit ihm spielen«, dachte Kalle plötzlich teilnahmsvoll.

Vor dem Zaun war die Straße menschenleer. Kalle sah auch zum Postdirektorhaus hinunter. Von daher konnte er den Angriff erwarten. Aber keine Roten Rosen waren zu sehen. Kalle warf einen Blick nach der anderen Seite. Da kam jemand. Das waren – ja wahrhaftig, sie waren es! Da waren die Kerle – wie hießen sie doch gleich? Krok und Redig! Kalle wurde sofort gespannt wie eine Stahlfeder. Sie kamen immer näher. Gerade als sie an der Gartentür vorbeigingen, erblickten sie Onkel Einar.

Und er erblickte sie!

Es war abscheulich, das mit anzusehen! fand Kalle. Wie in diesem Augenblick alle Farbe aus Onkel Einars Gesicht verschwand! Wenn er tot gewesen wäre, hätte er nicht weißer sein können. Und eine Ratte, die plötzlich sieht, daß sie in einer Falle gefangen ist, konnte nicht einen solchen Ausdruck von Todesangst im Gesicht haben wie Onkel Einar, als er an der Gartentür stand. Einer der beiden Männer fing an zu sprechen. Es war der kleine Blasse, Redig. Seine Stimme klang unbeschreiblich weich und zart. »Sieh, sieh, hier haben wir Einar«, sagte er.

»Unseren lieben alten Einar!«