"Mini Shopaholic" - читать интересную книгу автора (Kinsella Sophie)




Click Clock Kinderladen

The Old Barn

4 Spence Hill

Oxshott

Surrey



Mrs. Rebecca Brandon                                     1. September 2005

The Pines

43 Elton Road

Oxshott

Surrey



Liebe Mrs. Brandon,

es war uns ein Vergn#252;gen, Sie und Minnie gestern kennengelernt zu haben. Ganz bestimmt wird sie sich in unserem fr#246;hlichen Kinderladen sehr wohl f#252;hlen, und wir freuen uns schon darauf, sie n#228;chste Woche wiederzusehen.

Mit freundlichen Gr#252;#223;en

Teri Ashley Kinderladenleitung

PS. Machen Sie sich bitte keine Gedanken wegen des kleinen Zwischenfalls mit den Farbspritzern. Wir sind an Kinder gew#246;hnt und k#246;nnen die Wand jederzeit neu streichen.




Tick Tock Kinderladen

The Old Barn

4 Spence Hill

Oxshott

Surrey



Mrs. Rebecca Brandon                                                                      4. Oktober 2005

The Pines

43 Elton Road

Oxshott

Surrey


Liebe Mrs. Brandon,

nur ein kleiner, f#252;rsorglicher Hinweis, was Minnie angeht. Sie ist ein s#252;#223;es, lebhaftes Kind.

Allerdings muss sie lernen, dass sie nicht jeden Tag alle Sachen aus der Verkleidekiste anziehen kann und die "Prinzessinnen«-Schuhe zum Spielen im Freien nicht geeignet sind. Vielleicht k#246;nnten wir das bei unserem bevorstehenden Eltern-Kind-Vormittag besprechen.

Mit freundlichen Gr#252;#223;en

Teri Ashley

Kinderladenleitung

PS. Machen Sie sich bitte keine Gedanken wegen des kleinen Zwischenfalls mit dem Klebstoff. Wir sind an Kinder gew#246;hnt und k#246;nnen den Tisch jederzeit neu lackieren.




Tick Tock Kinderladen

The Old Barn

4 Spence Hill

Oxshott

Surrey


Mrs. Rebecca Brandon                                                            9. November 2005

The Pines

43 Elton Road

Oxshott

Surrey


Liebe Mrs. Brandon,

vielen Dank f#252;r Ihren Brief. Wie sch#246;n, dass Sie sich auf den Eltern-Kind-Vormittag freuen. Leider wird es keine Verkleidekiste f#252;r Erwachsene geben und auch keine "Tauschb#246;rse f#252;r Designerklamotten f#252;r die anderen Eltern«, wie von Ihnen vorgeschlagen.

Erfreulicherweise hat Minnie ihre Aktivit#228;ten in der Spielgruppe zwischenzeitlich erweitert und verbringt nun viel Zeit in unserem neuen »Kaufmannsladen«.

Mit freundlichen Gr#252;#223;en

Teri Ashley

Kinderladenleitung

PS. Machen Sie sich bitte keine Gedanken wegen des kleinen Zwischenfalls mit der Tinte. Wir sind an Kinder gew#246;hnt, und Mrs. Soper kann sich ihre Haare jederzeit neu f#228;rben.


4


Alle stehen noch immer unter Schock. Ich meine, nat#252;rlich ist es toll, dass Tom und Jess verheiratet sind. Es ist super. Es ist nur so, dass es uns allen so vorkommt, als h#228;tten wir einen Schritt ausgelassen.

Mussten sie es denn unbedingt in Chile in irgend einem kleinen Standesamt machen, mit nur zwei Zeugen, ohne dass wir wenigstens #252;ber Skype dabei sein konnten? Wir h#228;tten eine Party feiern k#246;nnen. Wir h#228;tten ihnen zuprosten k#246;nnen. Jess sagt, es gab nicht mal ein Gl#228;schen Champagner. Offenbar haben sie irgendein Bier aus der Gegend getrunken.

Bier.

Manchmal verstehe ich Jess einfach nicht, und ich werde es wohl auch nie. Kein Hochzeitskleid. Keine Blumen. Kein Fotoalbum. Kein Champagner. Von der ganzen Hochzeit ist ihr nur ein Ehemann geblieben.

(Ich meine, nat#252;rlich ist der Ehemann die Hauptsache, wenn man heiratet. Absolut. Das ist ja selbstverst#228;ndlich. Aber trotzdem, nicht mal ein Paar Schuhe?)

Und die arme, alte Janice! Als die beiden ihre Neuigkeit verk#252;ndet haben, ging es in ihrem Gesicht auf und ab wie auf einer Achterbahn. Man sah, dass sie verzweifelt versuchte, gl#252;cklich und wohlwollend auszusehen, als sei eine Heirat im fernen Chile, zu der sie nicht mal eingeladen war, genau das, was sie sich seit langem schon erhofft hatte. Nur dass eine winzig kleine Tr#228;ne im Augenwinkel sie verriet. Besonders nachdem Jess sagte, sie wollten weder einen Empfang im Golfclub, noch eine Hochzeitsliste bei John Lewis, und sich dann auch noch rundweg weigerte, in ein wei#223;es Kleid aus dem Brautmodenverleih zu steigen und mit Janice und Martin im Garten zu posieren.

Janice sah derma#223;en ungl#252;cklich aus, dass ich mich freiwillig daf#252;r gemeldet habe. Es klang eigentlich ganz lustig, und neulich habe ich sogar ein paar traumhafte Hochzeitskleider im Schaufenster bei Liberty gesehen ...

Egal. Ich sch#228;tze, das war vielleicht doch nicht der entscheidende Punkt.

Ich trage mein Lipgloss fertig auf und trete zur#252;ck, um mich im Spiegel zu betrachten. Ich hoffe nur, dass Janice heute bessere Laune hat. Schlie#223;lich soll es doch ein Fest werden.

Ich streiche mein Kleid glatt und tanze eine kleine Pirouette vor dem Spiegel. Ich trage dieses atemberaubende, dunkelblaue Kleid mit dem Kunstpelzsaum, lange Button Boots und einen Kunstpelzmuff, dazu einen langen Mantel mit Bortenbesatz und einen riesigen Kunstpelzhut.

Minnie sitzt auf meinem Bett und probiert alle meine H#252;te auf, was ihre Lieblingsbesch#228;ftigung ist. Sie tr#228;gt auch ein kleines Kleid mit Pelzbesatz und wei#223;e Stiefel, mit denen sie wie eine Schlittschuhl#228;uferin aussieht. Ich stehe derma#223;en auf dieses russische Thema, dass ich schon halb mit dem Gedanken spiele, Reverend Parker zu bitten, sie »Minska« zu taufen.

Minska Katinka Karenina Brodsky Brandon. »Komm mit, Minska!«, sage ich probehalber. »Zeit, getauft zu werden! Nimm den Hut ab!« »Mein« Sie klammert sich an meinen roten Philip Treacy mit der gro#223;en Feder.

Sie sieht so niedlich aus, dass ich es nicht #252;bers Herz bringe, ihn ihr wegzunehmen. Wen k#252;mmert es schon, ob sie einen Hut tr#228;gt?

»Okay, mein Schatz.« Ich gebe nach. »Du darfst den Hut tragen. Aber jetzt gehen wir. « Ich reiche ihr die Hand.

»Mein.« Augenblicklich klammert sie sich an die Balenciaga Tasche, die auf dem Bett lag. »Mein. Meeeiiiin.«

»Minnie, das ist Mamis Tasche«, erkl#228;re ich langm#252;tig. »Du hast deine eigene kleine Tasche. Wollen wir sie suchen?«

»Meeeeiiiin! Meeeeiiiin Tasche!«, schreit sie w#252;tend und weicht vor mir zur#252;ck. Sie h#228;lt sich an der Balenciaga-Tasche fest, als w#228;re es der allerletzte Rettungsring auf dem weiten

Meer und sie h#228;tte keineswegs die Absicht, diesen loszulassen.

»Minnie ... «, seufze ich.

Fairerweise muss ich sagen, dass sie nicht unrecht hat. Die Balenciaga-Tasche ist viel h#252;bscher als ihre kleine Spielzeugtasche. Ehrlich gesagt: Wenn ich getauft werden sollte, w#252;rde ich auch eine Balenciaga-Tasche wollen.

»Na gut, okay. Du kriegst sie, und ich nehme die Miu Miu. Aber nur f#252;r heute. Jetzt gib mir diese Sonnenbrille ... «

»Meeeiiin! Meeeiiin!«

Sie klammert sich an das Retromodell aus den 70ern, das sie vorhin von meinem Schminktisch genommen hat. Es sind rosa Herzchen drauf, und das Ding rutscht ihr st#228;ndig von der Nase. »Minnie, du kannst nicht mit der Sonnenbrille zu deiner Taufe gehen. Sei nicht albern!« Ich versuche, streng zu klingen. Obwohl das eigentlich ein ganz cooler Look ist, mit dem Hut, der pinken Brille und der Balenciaga-Tasche. »Na gut, okay«, sage ich schlie#223;lich. »Aber mach sie nicht kaputt.«

Als wir in unseren Russenkleidern vor dem Spiegel stehen, ergreift mich ein gewisser Stolz. Minnie sieht einfach anbetungsw#252;rdig aus. Vielleicht hat Suze recht. Vielleicht wird Luke seine Meinung heute #228;ndern. Er wird sehen, wie liebenswert sie aussieht und augenblicklich weich werden und beschlie#223;en, dass er eine zehnk#246;pfige Brut zeugen m#246;chte.

(Oder lieber nicht. Nie im Leben mache ich das mit der Geburt zehnmal durch. Selbst zweimal ist schon viel verlangt, und noch mal halte ich es nur aus, indem ich mich auf die beiden Bommelh#252;te konzentriere.)

Apropos Luke. Wo ist er eigentlich? Er wollte heute fr#252;h kurz mal r#252;ber ins B#252;ro, hat aber geschworen, dass er vor elf zur#252;ck ist. Und jetzt ist es schon zehn nach.

Alles okay?,simse ich eilig. Du bist doch unterwegs, oder?Dann nehme ich Minnies Arm. »Komm!« Ich strahle sie an. »Zeit f#252;r deinen gro#223;en Auftritt!«

Als wir nach unten gehen, h#246;re ich die Leute vom Partyservice herumwuseln, und Dad summt vor sich hin, w#228;hrend er seine Krawatte bindet. In der Diele stehen Blumengebinde, und auf dem Tisch werden Gl#228;ser arrangiert.

»Ich rufe dich von der Kirche aus an ... «, sagt Mum gerade zu jemandem, als sie aus der K#252;che kommt.

»Oh, hi, Mum.«, #220;berrascht starre ich sie an. Sie tr#228;gt den japanischen Kimono, den Janice ihr aus Tokio mitgebracht hat, ihr Haar ist zu einem Dutt zur#252;ckgek#228;mmt, und die F#252;#223;e stecken in kleinen Seidenslippern. »Was machst du in dem Aufzug? Solltest du nicht l#228;ngst umgezogen sein?« 

»Das ist das, was ich anziehe, Liebes.« Unsicher klopft sie sich ab. »Janice hat ihn mir mitgebracht. Wei#223;t du noch? Reine Seide. Wunderbare Qualit#228;t.«

Habe ich irgendwas verpasst? »Das ist h#252;bsch. Aber es ist japanisch. Das Thema ist Russland. Schon vergessen? »Oh.« Mum sieht sich vage um, als w#228;re sie von irgendetwas abgelenkt. « Na ja, so wichtig wird es schon nicht sein ... « 

»Doch, ist es!«

»Ach, Liebes.« Mum zieht ein Gesicht. »Pelz kann ich nicht tragen. Von Tierhaaren krieg ich sofort einen Ausschlag, das wei#223;t du doch. Ich habe mich so darauf gefreut, das hier anzuziehen. Und Janice hat den bezauberndsten japanischen Hochzeitsmantel, den man sich nur vorstellen kann. Du wirst begeistert sein ... «

»Was ... du meinst, Janice kommt auch im japanischen Outfit?«, falle ich ihr entr#252;stet ins Wort.

Ich h#228;tte wissen sollen, dass so was passiert. Seit Janice aus ihrem Tokio-Urlaub zur#252;ck ist, ist Mum im Japanfieber. Selbst an den Bridge-Abenden gibt es jetzt Sushi. Entscheidend ist aber, dass ich das Sagen habe, und ich habe gesagt, das Thema ist Russland.

»Verzeihung, wenn ich unterbreche!« Eine fr#246;hliche Frau vom Partyservice kommt mit einem zugedeckten Silbertablett vorbei. « Wohin soll ich die Asiatischen Platten stellen, Jane?«

Bitte?

»Entschuldigen Sie mal!« Ich rotiere zu ihr herum. „Ich habe russisches Essen bestellt! Kaviar, R#228;ucherlachs, kleine russische Hefepfannkuchen, Wodka ... «

»Plus Asiatische Platten, Sushi und Sashimi.« Die Frau wirkt beunruhigt. « Stimmt das? Und Sake?« „Stimmt schon«, sagt Mum eilig. »Stellen Sie sie in die K#252;che. Danke, Noreen.« Ich verschr#228;nke die Arme und funkle Mum an. „Wer hat Sushi bestellt?«

« M#246;glicherweise habe ich die Speisekarte um das eine oder andere erweitert«, sagt Mum und scheint mir auszuweichen. »Nur um der Vielfalt willen.«

„Aber alles soll doch mit Russland zu tun haben!«

Am liebsten w#252;rde ich mit dem Fu#223; aufstampfen. Wozu braucht man ein Partythema, wenn alle es ignorieren und ihr eigenes Ding machen? Ohne dir etwas davon zu erz#228;hlen!

»Wir k#246;nnen doch zwei Themen haben, Liebes!«, schl#228;gt Mum l#228;chelnd vor.

»Nein, k#246;nnen wir nicht!«

»Es k#246;nnte eine Kombination von beidem sein. Japanisch-Russisch.« Sie nickt triumphierend. »Fusion Food ist doch heutzutage bei allen Prominenten total in.«

»Aber ... « Ich stocke mitten im Anlauf.

Japanisch-Russisch. Fusion Food. Im Grunde ist das ganz cool. Ich w#252;nschte fast, ich w#228;re selbst darauf gekommen. »Du k#246;nntest dir ein paar St#228;bchen ins Haar stecken. Das w#228;re bestimmt h#252;bsch!«

»Na gut, okay«, sage ich schlie#223;lich z#228;hneknirschend. »Das k#246;nnten wir vielleicht machen.« Ich nehme mein Handy hervor und simse Suze und Danny:

Hey. Neues Thema f#252;r heute: Russisch-Japanische Fusion. Bis sp#228;ter. xxx

Prompt kriege ich Antwort von Suze.

Japanisch?? Wie geht das? Sx

St#228;bchen im Haar?, antworte ich.

Mum hat schon ein paar schwarze Lackst#228;bchen hervorgezaubert und versucht, sie mir ins Haar zu stecken. »Wir brauchen eine Klemme«, sagt sie. »Und was ist mit Luke?« 

»Der will bestimmt keine St#228;bchen in den Haaren.« Ich sch#252;ttle den Kopf. »Egal, wie das Thema hei#223;t.« »Nein, Dummchen!«, Mum schnalzt mit der Zunge. »Ich meine, kommt er gleich?« 

Instinktiv sehen wir beide auf unsere Uhren. Mindestens f#252;nfundsechzig Mal hat Luke versprochen, dass er nicht zu sp#228;t zur Taufe kommt.

Ich meine, wird er ja auch nicht. W#252;rde er nicht tun.

Gott wei#223;, was diese Mega-Mammut-Krise bei der Arbeit zu bedeuten hat. Er will nicht dar#252;ber sprechen und auch nicht sagen, wer der Kunde ist. Aber irgendwas muss ziemlich schiefgelaufen sein, denn in den letzten zwei Tagen war er kaum zu Hause, und wenn er anrief, hat er kaum mehr als drei Sekunden was gesagt und schon wieder aufgelegt. Ich nehme mein Handy und schreibe ihm:

Kommst du gleich?? Wo bist du???

Einen Moment sp#228;ter plingt die Antwort:

Tue mein Bestes. L

Tue mein Bestes? Was soll das denn hei#223;en? Sitzt er im Auto oder nicht? Es k#246;nnte auch bedeuten, dass er noch im B#252;ro ist. Pl#246;tzlich sp#252;re ich so einen Schmerz unter meinen Rippen. Er wird doch wohl nicht zu sp#228;t zur Taufe seiner Tochter kommen? Das kann er nicht machen!

»WO ist Luke?« Dad kommt an mir vorbei. »Ist er schon in Sicht?«

« Noch nicht.« 

»Er l#228;sst sich ganz sch#246;n bitten, was?«, Dad zieht die Augenbrauen hoch. »Er wird schon kommen.« Ich bringe ein zuversichtliches L#228;cheln zustande. »Wir haben noch reichlich Zeit.«

Aber er kommt und kommt nicht. Die Leute vom Partyservice haben fertig aufgebaut. Alles steht bereit. Um zwanzig vor zw#246;lf stehe ich mit Minnie in der Haust#252;r und starre auf die Einfahrt. Ich habe ihm alle f#252;nf Minuten geschrieben, inzwischen aber aufgegeben. Ich f#252;hle mich wie in einem Traum. Wo ist er? Wieso ist er nicht hier? Was macht er nur?

»Sch#228;tzchen, wir m#252;ssen los.« Mum ist leise hinter mich getreten. »Inzwischen d#252;rften die G#228;ste bei der Kirche sein.«

»Aber ... « Ich drehe mich um und sehe ihr verknittertes Gesicht. Sie hat recht. Wir k#246;nnen nicht alle anderen im Stich lassen. »Okay, gehen wir.«

Als wir das Haus verlassen, nehme ich mein Handy hervor und schreibe ihm noch mal. Mittlerweile sehe ich nicht mehr ganz scharf.

Lieber Luke, wir fahren zur Kirche. Du verpasst die Taufe.

Ich schnalle Minnie auf ihrem Kindersitz in Dads Wagen fest und zw#228;nge mich neben sie. Ich merke, dass Mum und Dad sich echt zusammenrei#223;en m#252;ssen, damit sie nicht #252;ber Luke herziehen.

»Er hat bestimmt einen guten Grund«, sagt Dad schlie#223;lich, als er auf die Stra#223;e einbiegt. Alle schweigen, denn offenbar kann sich keiner von uns vorstellen, was dieser Grund sein k#246;nnte.

»Was war es noch, Liebes?«, meint Mum. »Irgendeine Krise?«

»Offenbar.« Stieren Blickes starre ich aus dem Fenster. »Irgendwas Gro#223;es. Aber vielleicht kommt es gar nicht dazu. Das ist alles, was ich wei#223;.«

Pl#246;tzlich plingt mein Handy.

Becky, tut mir so leid. Kann es jetzt nicht erkl#228;ren. Bin noch hier. Nehme so bald wie m#246;glich Hubschrauber. Wartet auf mich. L

Leicht ungl#228;ubig starre ich mein Handy an. Hubschrauber? Er kommt per Hubschrauber?

Urpl#246;tzlich bin ich besserer Dinge. Fast m#246;chte ich ihm verzeihen, dass er abgetaucht ist und so geheimnisvoll tut. Eben will ich Mum und Dad (beil#228;ufig) von dem Hubschrauber erz#228;hlen, als das Handy noch mal plingt.

Vielleicht dauert's noch ein bisschen. Hier geht gerade alles in die Hose.

Was alles?,schreibe ich zur#252;ck, brodelnd vor Frust. Welche Hose?

Aber ich bekomme keine Antwort. Aaaah, er nervt! Immer muss er so geheimnisvoll tun. Wahrscheinlich geht es nur um irgend so einen langweiligen, alten Investment-Fond, der ein paar Zillionen Pfund weniger eingebracht hat als erwartet. Und wenn schon.

Die Kirche ist gerammelt voll, als wir eintreten, und ich wandere herum, begr#252;#223;e Mums Bridge-Freundinnen, von denen die H#228;lfte japanisch gekleidet ist. (Ich werde Mum sp#228;ter so was von die Leviten lesen.) Etwa f#252;nfzig Mal h#246;re ich mich sagen: „Eigentlich ist das Thema Japan und Russland« und „Luke ist im Hubschrauber unterwegs«, dann nimmt Mum Minnie bei der Hand, und ich h#246;re, wie alle sie umgurren.

„Bex!« Ich drehe mich um und sehe Suze, die einfach toll aussieht in ihrem roten, bestickten Mantel, mit den Pelzstiefeln und den hochgesteckten Haaren, die zwei h#246;lzerne Kaffeeumr#252;hrer von Starbucks zieren.

„Besser ging es nicht«, sagt sie und deutet #228;rgerlich darauf. »Du hast russisch gesagt! Wie kam pl#246;tzlich japanisch ins Spiel?«

»Es ist alles Mums Schuld!lt;, will ich gerade sagen, als Reverend Parker erscheint, schneidig in seiner raschelnden, wei#223;en Robe .

»Oh, hi!« Ich strahle ihn an. »Wie geht es Ihnen?«

Reverend Parker ist super. Er ist keiner von diesen ultraheiligen Pfarrern, bei denen man f#252;r alles ein schlechtes Gewissen bekommt. Er ist eher einer von denen, die nichts dagegen haben, wenn man sich vor dem Mittagessen einen kleinen Gin Tonic genehmigt. Seine Frau arbeitet in der City, und er ist immer braungebrannt und f#228;hrt einen Jaguar.

„Es geht mir gut.« Warmherzig sch#252;ttelt er mir die Hand.

»Sch#246;n, Sie zu sehen, Rebecca. Und wenn ich so sagen darf, Ihr japanisches Thema ist sehr charmant. Ich bin selbst ein gro#223;er Sushi-Fan.« 

»Eigentlich ist es eine Kombination aus japanisch und russisch«, korrigiere ich ihn entschlossen. »Es gibt auch Blinis und Wodka.« 

»Ah. Nun, denn.« Er strahlt. »Ich nehme an, Luke ist aufgehalten worden?« »Er wird bald eintreffen.« Hinter meinem R#252;cken kreuze ich die Finger. »Jeden Moment.« 

»Gut. Denn ich bin ein wenig unter Zeitdruck. Und sicher haben Sie sich f#252;r einen zweiten Namen Ihrer Tochter entschieden? W#252;rden Sie ihn mir vielleicht aufschreiben?«

Oh, Gott.

»Fast.« Ich verziehe das Gesicht. »Ich bin fast so weit. .. »

»Rebecca, ich bitte Sie«, sagt Reverend Parker mit einem Anflug von Ungeduld. »Ich kann Ihre Tochter nicht taufen, wenn ich nicht wei#223;, wie sie hei#223;en soll.« Ehrlich, ich f#252;hle mich ein wenig unter Druck gesetzt. Ich dachte, Pfarrer sollten verst#228;ndnisvoll sein.

»Ich werde mich w#228;hrend der Gebete entscheiden«, erkl#228;re ich. » W#228;hrend ich bete, nat#252;rlich«, f#252;ge ich angesichts seiner erstarrten Miene hinzu. »Ich finde Inspiration in der Heiligen Schrift.« Ich nehme eine Bibel in die Hand, in der Hoffnung auf ein paar Flei#223;sternchen. »Sehr inspirierend. Vielleicht nehme ich »Eva« oder »Maria.«

Das Problem mit Reverend Parker ist, dass er mich schon viel zu lange kennt. Er zieht nur skeptisch seine Augenbrauen hoch und sagt: »Und sind die Pateneltern da? Geeignete Personen, wie ich hoffe ... « 

»Selbstverst#228;ndlich! Hier ist die eine.« Ich schiebe Suze nach vorn, die ihm die Hand sch#252;ttelt und sofort anf#228;ngt, sich nach der Kirchendecke zu erkundigen und ob sie aus dem 19. Jahrhundert stammt oder wann.

Suze ist einfach toll. Sie wei#223; immer, was sie zu Leuten sagen soll. Jetzt redet sie #252;ber Glasmalerei. Wo nimmt sie das nur immer her? Das muss sie im M#228;dchenpensionat gelernt haben, nach den Merengue-Stunden. Ich interessiere mich nicht besonders f#252;r Glasmalerei, wenn ich ehrlich sein soll, also bl#228;ttere ich wahllos in der Bibel herum.

Oh. Delilah. Na, wenn das kein cooler Name ist.

»Himmel, Arsch und Zwirn, Becky!« Ein vertrauter, amerikanischer Akzent dringt an mein Ohr. Hinter mir h#246;re ich einen kleinen Tumult unter Mums Freundinnen, und jemand ruft: »Wer in Gottes Namen ist das?« 

Das kann nur eins bedeuten.

»Danny!« Freudig wirble ich herum. »Du bist hier!«

Es ist so lange her, seit ich Danny zuletzt gesehen habe. Er sieht d#252;rrer aus als je zuvor und tr#228;gt eine weite Lederjacke im Kosakenstil mit engen, schwarzen Hosen und Army-Stiefeln. Au#223;erdem hat er einen winzigen Hund an der Leine, den ich noch nie gesehen habe. Ich will ihn umarmen, doch er hebt eine Hand, als h#228;tte er eine bedeutsame Ank#252;ndigung zu machen.

« Dieses Thema?«, sagt er ungl#228;ubig. »Dieses Japanisch-Querstrich-Russische-Fusion-Ding? Einfach genial! Mein neuer Hund kann da nicht mithalten. Der ist nur ein schei#223;einfacher Shih-Tzu!«

»Gibt's ja gar nicht!« Pl#246;tzlich f#228;llt mir ein, dass Reverend Parker neben mir steht. »#196;h... Reverend Parker... das ist Danny Kovitz. Der andere Pate.« 

»Ach du je.« Danny h#228;lt sich den Mund zu. «Ich bitte um Verzeihung, Reverend. Traumhafte Kirche», f#252;gt er gro#223;herzig hinzu, mit weiter Geste. »Traumhaftes Dekor. Haben Sie sich bei den Farben beraten lassen?« 

»Sie sind sehr freundlich.« Reverend Parker schenkt ihm ein steifes L#228;cheln. »Aber wenn Sie vielleicht so nett w#228;ren, Ihre Ausdrucksweise w#228;hrend des Gottesdienstes zu m#228;#223;igen ... « 

»Danny ist ein ber#252;hmter Modedesigner«, werfe ich eilig ein.

»Aber ich bitte dich!« Danny lacht bescheiden. »Nicht ber#252;hmt. Eher ... beliebt. Ber#252;chtigt. Wo ist eigentlich Luke?«, f#252;gt er leise hinzu. »Ich brauche ihn. Jarek ruft mich t#228;glich an. Er droht mir damit vorbeizukommen.«Dannys Stimme wird vor Sorge immer lauter. »Du wei#223;t, wie sehr ich Konfrontationen hasse.« 

Jarek ist Dannys ehemaliger Gesch#228;ftsf#252;hrer. Wir sind ihm letztes Jahr begegnet und haben bald gemerkt, dass er sich einen Riesenbatzen von Dannys Geld genommen und daf#252;r im Grunde nichts weiter getan hat, als Dannys Klamotten zu tragen und st#228;ndig auf Spesen essen zu gehen. Luke war derjenige, der ihn vor die T#252;r gesetzt und Danny einen Vortrag dar#252;ber gehalten hat, dass man Leute nicht allein deswegen einstellt, weil man ihren Haarschnitt mag.

»Ich dachte, du h#228;ttest alle deine Nummern ge#228;ndert«, sage ich verdutzt. »Ich dachte, du wolltest keine Anrufe von Jarek mehr entgegennehmen.« 

»Habe ich ja auch nicht«, sagt er bockig. »Zuerst. Aber er hatte so tolle Tickets f#252;r dieses Festival auf Bali, und da sind wir hingeflogen, und danach hatte er dann nat#252;rlich meine neue Handynummer, also ... «

»Danny! Du bist mit ihm auf ein Festival gegangen? Nachdem du ihn gefeuert hattest?« 

Danny sieht aus wie ein begossener Pudel.

»Okay. Ich hab's vermasselt. Wo ist Luke?« Mit Leidensmiene sieht er sich in der Kirche um. »K#246;nnte Luke nicht mit ihm reden?«

»Ich habe keine Ahnung, wo Luke ist«, sage ich etwas schnippischer, als ich es meine. »Er ist im Hubschrauber auf dem Weg hierher.«

»Im Hubschrauber ... « Danny zieht die Augenbrauen hoch. »Ein echter Action Man. Klettert er denn auch am Seil herunter?«

»Nein.«  Ich rolle mit den Augen. »Sei nicht albern.« 

Obwohl, wenn ich es recht bedenke, tut er es vielleicht doch. Ich meine, wo wollen die sonst einen Landeplatz f#252;r ihren Hubschrauber finden?

Ich z#252;cke mein Handy und schreibe Luke:

Bist du schon im Hubschrauber? Wo wollt ihr landen? Auf dem Dach?

»Oh, mein Gott. Hast du seine Lordschaft gesehen?« Danny wird von Tarquins Anblick abgelenkt. »Sei still, mein pochend Schritt!«

»Danny!« Ich boxe ihm in den Arm und sehe zu Reverend Parker hin#252;ber, der gl#252;cklicherweise ein paar Schritte weitergegangen ist. »Wir sind hier in einer Kirche!«

Danny hat schon immer f#252;r Tarquin geschw#228;rmt. Und fairerweise muss ich sagen, dass Tarquin heute ausnehmend gut aussieht. Er tr#228;gt ein weites, wei#223;es Hemd mit schwarzen Hosen und einer schweren Milit#228;rjacke dar#252;ber. Sein dunkles Haar ist ganz vom Wind zerzaust, was eine echte Verbesserung seines normalen Unstils ist, und sein knochiges Frettchengesicht sieht im matten Licht der Kirche fast wie gemei#223;elt aus.

»Da sehe ich meine neue Kollektion, direkt vor meinen Augen.« Danny zieht irgendein altes Notizbuch hervor und f#228;ngt an, Tarquin zu skizzieren. »Englischer Lord trifft russischen Prinzen.«

»Er ist Schotte«, korrigiere ich.

»Noch besser. Dann lege ich noch einen Kilt drauf.«

»Danny!« Ich kichere leise, als ich einen Blick auf seine Skizze werfe. »SO was kannst du doch nicht in einer Kirche zeichnen!«

Dieses Bild von Tarquin ist nicht gerade treffend. Im Grunde ist es obsz#246;n. Obwohl ich einmal von Suzes Mum geh#246;rt habe, dass alle m#228;nnlichen Cleath-Stuarts sehr gut ausgestattet sein sollen. Vielleicht ist es doch treffender, als mir bewusst ist.

»Und wo ist nun meine Patentochter?« Danny rei#223;t die Seite heraus, faltet sie zusammen und beginnt die n#228;chste Zeichnung.

»Sie ist irgendwo bei Mum ...« Ich sehe mich nach Minnie um und entdecke sie pl#246;tzlich etwa zehn Meter entfernt bei einer Gruppe von Mums Freundinnen. Oh, Gott, was macht sie jetzt schon wieder? Sie hat sich mindestens f#252;nf Handtaschen #252;ber die Arme geh#228;ngt, rei#223;t fest an der Schultertasche einer #228;lteren Dame und schreit: »Meeeeiiin!«

»Wie niedlich!«, h#246;re ich die Dame lachen. »Da hast du sie, Minnie, Liebchen.« Sie drapiert den Schultergurt um Minnies Hals, und Minnie taumelt los, h#228;lt entschlossen alle Taschen fest.

»H#252;bsche Balenciaga«, meint Danny. »Das perfekte Accessoire f#252;r die eigene Taufe.«

Ich nicke. »Deshalb habe ich sie ihr geliehen.«

»Und du hast dich f#252;r die Miu Miu entschieden, von der ich sicher wei#223;, dass du die schon ein Jahr hast, wohingegen die Balenciaga neu ist ... « Danny st#246;#223;t einen melodramatischen Seufzer aus. »Ich kann mir kein sch#246;neres Beispiel f#252;r m#252;tterliche Liebe denken.«

« Schnauze!« Ich schubse ihn. »Mal weiter!«

W#228;hrend ich ihm beim Skizzieren zusehe, kommt mir pl#246;tzlich ein Gedanke. Wenn Dannys n#228;chste Kollektion tats#228;chlich auf Tarkies Look basieren soll, k#246;nnten sie sich doch vielleicht irgendwie zusammentun. Vielleicht k#246;nnten sie ein PR-Termin mit Shetland Shortbread machen! Ich bin ein echtes Gesch#228;ftsgenie! Luke wird so was von beeindruckt sein. Gerade will ich Suze meine tolle Idee unterbreiten, als Reverend Parkers Stimme laut wird.

»W#228;ren vielleicht alle so nett, sich einen Platz zu suchen?« Er schiebt uns zu den Kirchenb#228;nken. »Wir k#246;nnten dann anfangen.«

Anfangen? Schon?

Besorgt zupfe ich an seiner wei#223;en Robe, als er vor#252;berraschelt. »#196;h, Luke ist noch nicht da. Wenn wir es vielleicht noch etwas l#228;nger hinausz#246;gern k#246;nnten ... «

»Meine Liebe, wir haben es bereits zwanzig Minuten hinausgez#246;gert.« Reverend Parkers L#228;cheln wirkt ein wenig frostig. »Wenn Ihr Mann es nicht schaffen kann ...«

»Selbstverst#228;ndlich kann er es schaffen!« Fast bin ich ein wenig verletzt. »Er ist unterwegs. Er wird schon kommen ...«

»Meeeeeeiiiiiinnnn!« Ein hohes, freudiges Quieken geht durch die Kirche, und ich erstarre vor Schreck. Mein Kopf fahrt zum Altar herum, und mein Magen scheint mir in die Kniekehlen zu sacken.

Minnie ist #252;ber das kleine Gel#228;nder geklettert, steht direkt vor dem Altar, stellt alle Handtaschen auf den Kopf und sch#252;ttet deren Inhalt aus. Hinter mir h#246;re ich Mums Freundinnen japsen, als sie sehen, wie ihre Habe #252;ber den Boden kullert.

»Minnie!«, schreie ich und wetze den Mittelgang hinauf. »LASS DAS!«

»Meeiiin!« Fr#246;hlich sch#252;ttelt sie eine Burberry-Schultertasche, und eine Kaskade von M#252;nzen rieselt daraus hervor. Der ganze Altar liegt voller Taschen und Geld und Make-up-D#246;schen und Lippenstifte und Haarb#252;rsten.

»Das soll hier deine Taufe werden!«, fauche ich in Minnies Ohr. »Du solltest dich von deiner besten Seite zeigen! Sonst kriegst du nie im Leben ein Geschwisterchen!«

Minnie zeigt keinerlei Reue, nicht einmal als Mums Freundinnen eintreffen, ihrer Emp#246;rung Ausdruck verleihen, missbilligend die K#246;pfe sch#252;tteln und ihre Taschen und das Geld einsammeln.

Positiv daran ist, dass das Chaos wenigstens den Ablauf hinausz#246;gert. Dennoch treibt Reverend Parker bald schon alle in die Kirchenb#228;nke.

»Wenn sich jetzt bitte alle setzen w#252;rden. Wir m#252;ssen wirklich anfangen ... « »Was ist mit Luke?«, fl#252;stert Mum bedr#252;ckt, als sie Platz nimmt. »Er wird schon noch kommen«, sage ich und gebe mir M#252;he, zuversichtlich zu klingen. Ich muss nur alles etwas in die L#228;nge ziehen. Bestimmt gibt es reichlich Gebete und Ansprachen. Es wird schon klappen.

Okay. Ich werde an den Erzbischof von Canterbury schreiben. Meiner Meinung nach sind Taufen viel, viel zu kurz.

Wir sitzen alle in den vorderen Reihen der Kirche. Es gab ungef#228;hr zwei Gebete und ein paar kurze Spr#252;che, dass man dem B#246;sen entsagen soll. Gemeinsam haben wir ein Lied gesungen, und Minnie hat die Zeit damit verbracht, zwei Liederb#252;cher zu zerfetzen. (Anders war sie nicht ruhigzustellen. Ich werde der Kirche etwas Geld spenden.) Und dann pl#246;tzlich bittet uns Reverend Parker, uns um den Taufstein zu versammeln, und ich gerate in Panik.

Wir d#252;rfen noch nicht mit dem Wasserspritzen anfangen. Ich werde nicht zulassen, dass Luke den gro#223;en Moment verpasst.

Weit und breit ist nichts von ihm zu sehen. Er antwortet auf keine meiner SMS. Ich hoffe nur, dass er sein Handy abgestellt hat, weil es die Hubschrauberinstrumente st#246;ren w#252;rde. Ich mache einen langen Hals und lausche, ob ich drau#223;en etwas flattern h#246;re.

»Minnie?« Reverend Parker l#228;chelt sie an. »Bist du bereit?« 

»Moment!«, rufe ich verzweifelt, als die Leute schon aufstehen. »Vor der eigentlichen Taufe ... #228;h ... aus gegebenem Anlass m#246;chte Minnies Patentante Susan Cleath-Stuart ein Gedicht aufsagen. Stimmt's, Suze?« 

Suze f#228;hrt auf ihrem Platz herum und fl#252;stert: »was?« »Bitte, Suzezische ich zur#252;ck. »Ich muss irgendwie Zeit schinden, sonst verpasst Luke noch alles!« »Ich kenne #252;berhaupt keine Gedichte!«, murmelt sie, als sie aufsteht. »Lies einfach irgendwas aus dem Liederbuch vor! Irgendwas Langes!«, Suze verdreht die Augen, nimmt ein Liederbuch und geht nach vorn. Dort l#228;chelt sie in die Runde.

»Ich m#246;chte gern etwas vorlesen ... » Sie schl#228;gt das Buch auf und bl#228;ttert herum. »Drei K#246;nige Sind Wir.«  Sie r#228;uspert sich. »Drei K#246;nige aus dem Morgenland sind wir und bringen Gaben aus der Ferne dir ... « 

Suze ist einfach die Gr#246;#223;te. Sie liest im Schneckentempo und wiederholt jeden Refrain zweimal.

»Sehr sch#246;n.« Reverend Parker unterdr#252;ckt ein G#228;hnen. »Und nun, wenn Sie sich bitte um den Taufstein ... «

»Moment!« Ich rotiere auf meinem Platz herum. »#196;h, Minnies Patenonkel Danny Kovitz wird nun ... « Flehentlich starre ich ihn an. »Auch er wird ... ein Gedicht aufsagen?« Bitte, sage ich lautlos, und Danny zwinkert mir zu.

»Zu Ehren der Taufe meiner Patentochter werde ich nun The Real Slim Shady von Eminem auff#252;hren«, sagt er verwegen.

Oha. Ich hoffe, Reverend Parker h#246;rt nicht allzu genau hin.

Danny ist nicht der beste Rapper auf der Welt, doch als er fertig ist, klatschen und johlen alle, sogar Mums Bridge-Freundinnen. Also bringt Danny als Zugabe noch „Stan“, wobei Suze den Part von Dido #252;bernimmt. Dann beteiligen sich Tom und Jess mit einem s#252;damerikanischen Kindergedicht, was wirklich bewegend ist. Und schlie#223;lich betritt Dad die B#252;hne und singt „Que Sera Sera“, wobei im Refrain alle mit einsteigen und Martin uns mit einem von Janices Essst#228;bchen dirigiert.

Mittlerweile sieht Reverend Parker ernstlich genervt aus. »Dank Ihnen allen f#252;r die interessanten Beitr#228;ge«, sagt er verspannt. »Wenn Sie sich nun um den Taufstein ... « »Moment!«, falle ich ihm ins Wort. »Als Minnies Mutter m#246;chte ich noch ein paar Worte sagen.« »Rebecca!«, f#228;hrt Reverend Parker mich an. »Wir m#252;ssen jetzt wirklich fortfahren!«

»Nur ganz kurz! «

Hastig laufe ich nach vorn und stolpere in meiner Eile fast. Ich werde einfach reden, bis Luke kommt. Es ist die einzige M#246;glichkeit.

»Willkommen, Freunde und Familie.« Ich l#228;chle allen zu und meide Reverend Parkers steinernen Blick. »Welch ein besonderer Tag heute ist! Ein besonderer, besonderer Tag! Minnie wird getauft.«

Ich lege eine Pause ein, um diesen Gedanken wirken zu lassen, und werfe einen kurzen Blick auf mein Handy. Nichts.

« Doch was meinen wir damit?« Ich hebe einen Finger, genau wie Reverend Parker es in seinen Predigten tut. »Oder sind wir alle nur so hier?«

Interessierte Unruhe macht sich im Publikum breit, und einige sto#223;en sich an und fl#252;stern. Ich f#252;hle mich direkt geschmeichelt. Ich h#228;tte nicht gedacht, dass meine Rede ein solches Aufsehen erregen w#252;rde.

»Denn allzu leicht geht man durchs Leben, ohne sich nach den Blumen umzusehen.« Ich nicke bedeutungsvoll, und es folgt noch mehr Fl#252;stern und Sto#223;en.

Diese Reaktion ist doch erstaunlich! Vielleicht sollte ich Predigerin werden! Offensichtlich habe ich ein nat#252;rliches Talent daf#252;r und einen ganzen Haufen tiefsch#252;rfender Ideen.

»Das gibt einem doch zu denken, oder?«, fahre ich fort. »Doch was meinen wir mit denken?« Mittlerweile fl#252;stern alle. Die Leute reichen iPhones durch die B#228;nke und zeigen auf irgendwas. Was geht da vor sich? »Ich meine, warum sind wir alle hier?« Meine Stimme geht im Stimmengewirr unter. »Was ist los?«, rufe ich. »Was guckt ihr euch da alle an?« Selbst Mum und Dad starren auf Mums BlackBerry.

»Becky, das solltest du dir ansehen«, sagt Dad mit merkw#252;rdiger Stimme. Er steht auf und reicht mir den BlackBerry. Ich sehe einen Nachrichtensprecher auf der BBC-Website.

» ... das Neueste zu der Eilmeldung, dass die Bank of London einer Notfinanzierung durch die Bank of England zugestimmt hat. Die Entscheidung fiel nach tagelangen Geheimverhandlungen, w#228;hrend derer die Entscheidungstr#228;ger um eine Rettung der Lage rangen ...«

Der Nachrichtensprecher redet immer weiter, aber ich h#246;re gar nicht, was er sagt. Ich starre nur das Bild an. Es zeigt mehrere M#228;nner in Anz#252;gen, die mit grimmiger Miene aus der Bank of England kommen. Einer davon ist Luke. Luke war auch dort?

Oh, Gott. Ist er jetzt noch in der Bank of England?

Dann zeigt der Bildschirm eine Gruppe von Fachleuten, die ernst um einen runden Tisch sitzen, mit dieser bebrillten Fernsehmoderatorin, die ihre G#228;ste st#228;ndig unterbricht.

»Also ist die Bank of London praktisch pleite, habe ich recht?«, sagt sie energisch.

»Pleite ist ein starkes Wort. ..«, setzt einer von den Fachleuten an, aber ich kann nicht h#246;ren, was er sonst noch sagt, weil in der Kirche pl#246;tzlich der Teufel los ist.

»Die sind pleite!«

»Die Bank of London ist pleite!«

»Aber da haben wir unser ganzes Geld angelegt!« Mum wird hysterisch. »Graham, tu was! Heb es ab! Hol das Geld!« »Unsere Urlaubskasse!«, st#246;hnt Janice. »Meine Altersversorgung!« Ein alter Herr rappelt sich m#252;hsam auf.

»Immer mit der Ruhe«, ruft Jess #252;ber das Stimmengewirr hinweg. »Ich bin mir sicher, dass niemand etwas verliert. Banken sind doch abgesichert ... « Niemand h#246;rt jedoch auf sie.

»Mein Investment-Fond!« Reverend Parker rei#223;t sich seinen Talar vom Leib und steuert auf die Kirchent#252;r zu.

»Aber Sie k#246;nnen doch nicht einfach verschwinden!«, rufe ich ihm ungl#228;ubig nach. »Sie haben Minnie noch gar nicht getauft!« Doch er ignoriert mich einfach, und zu meinem Erstaunen ist Mum ihm dicht auf den Fersen.

»Mum! Komm zur#252;ck!«

Ich schnappe mir Minnies Hand, bevor sie ihr hinterherrennt. Alle gehen. Nur Augenblicke sp#228;ter ist die Kirche leer, bis auf Minnie, Suze, Jess, Tom und Danny. Wir sehen uns an, und in stillem Einvernehmen laufen auch wir zum Ausgang der Kirche. Wir st#252;rzen aus der gro#223;en Holzt#252;r hinaus und bleiben drau#223;en unter dem Vorbau stehen.

»Ach, du liebe G#252;te!«, haucht Danny.

Auf der Hauptstra#223;e dr#228;ngen sich die Menschen. Zwei-, dreihundert m#252;ssen es wohl sein. Alle rennen in dieselbe Richtung zu der kleinen Zweigstelle der Bank of London, vor der sich bereits eine lange Schlange gebildet hat. Ich sehe Mum, die sich einen Platz erk#228;mpft, und Reverend Parker, der sich unverfroren vor eine alte Dame dr#228;ngelt, w#228;hrend ein junger Bankangestellter verzweifelt versucht, die Ordnung aufrechtzuerhalten.

W#228;hrend ich das alles staunend betrachte, erregt etwas anderes meine Aufmerksamkeit. Ein St#252;ck abseits der Bank of London, direkt gegen#252;ber der Kirche, f#228;llt mir jemand in der Menge auf. Dunkle, helmartige Frisur, blasse Haut, Jackie-O-Sonnenbrille, Hahnentrittkost#252;m ...

Ungl#228;ubig sehe ich genauer hin. Ist das ...

Das kann nicht sein ...

Elinor?

Doch im selben Moment ist sie -oder wer es auch gewesen sein mag -bereits wieder in der Menge verschwunden. Ich reibe mir die Augen und sehe noch mal hin. Jetzt steht an der Stelle ein Polizist, der aus heiterem Himmel aufgetaucht ist und den Leuten sagt, dass sie von der Stra#223;e runtergehen sollen.

Seltsam. Ich habe es mir wohl eingebildet.

»Guck dir den Bullen an!«, sagt Danny fr#246;hlich. »Der flippt gleich aus. Es dauert nicht mehr lange, dann geht er mit seinem Elektroschocker auf die Leute los.«

»Oh, mein Gott!« St#246;hnend deutet Suze nach oben.

Es ist unglaublich. Inzwischen klettern welche auf das Dach der Bank. Sprachlos sehen Suze und ich uns an. Es ist, als w#228;ren Au#223;erirdische in Oxshott gelandet oder als w#228;re Krieg oder irgendwas. So was habe ich noch nie gesehen, in meinem ganzen Leben nicht.