"Das Testament der Götter" - читать интересную книгу автора (Жак Кристиан)
Sehet, was die Ahnen vorausgesagt haben, ist eingetreten: Das Verbrechen hat sich ausgebreitet, Gewalt ist in die Herzen eingezogen, das Unheil zieht durch das Land, Blut flie#223;t, der Dieb bereichert sich, das L#228;cheln ist erloschen, die Geheimnisse sind allen preisgegeben, die B#228;ume sind entwurzelt, die Pyramide ist gesch#228;ndet worden, die Welt ist so tief gesunken, da#223; eine kleine Zahl von Toren sich des K#246;nigtums bem#228;chtigt hat und die Richter davongejagt wurden. Doch entsinne dich der Achtung der Maat, der rechten Folge der Tage, der gl#252;cklichen Zeit, in der die Menschen Pyramiden bauten und Haine f#252;r die G#246;tter gedeihen lie#223;en, jener gesegneten Zeit, in der eine einfache Matte die Bed#252;rfnisse eines jeden befriedigte und ihn gl#252;cklich machte. Mahnworte des Weisen Ipu-we
11. Kapitel
Sethi war kein Fr#252;haufsteher, doch er wurde gen#246;tigt, das Haus des Richters schon im Morgengrauen zu verlassen. Sein Freund hatte ihm den Inhalt eines Kruges kalten Wassers #252;ber den Kopf sch#252;tten m#252;ssen, um ihn aus dem Schlaf zu rei#223;en. Pasers Vorhaben jedoch erschien ihm ausgezeichnet, obwohl es einige Gefahren barg.
Sethi erreichte die Stadtmitte, wo gerade der gro#223;e Markt aufgeschlagen wurde; Bauern und B#228;uerinnen kamen hierher, um in einem Get#246;se aus Feilschen und Schwatzen die Erzeugnisse des Landes zu verkaufen. Schon in kurzer Zeit w#252;rden die ersten Kunden eintreffen. Er schl#252;pfte zwischen den Gem#252;seg#228;rtnerinnen hindurch und kauerte sich einige Meter vor seinem Ziel nieder, einem kleinen Gehege mit Gefl#252;gel. Der Schatz, dessen er sich bem#228;chtigen wollte, war tats#228;chlich da: ein herrlicher Hahn, den die #196;gypter nicht als K#246;nig des H#252;hnerhofs betrachteten, sondern als eher tumbes, allzusehr von seiner Wichtigkeit eingenommenes Federvieh.
Der junge Mann wartete, bis sein Opfer in Reichweite war, und ergriff es mit flinker Bewegung, indem er ihm den Hals zudr#252;ckte, auf da#223; es keinen ungelegenen Laut aussto#223;en konnte. Das Unternehmen war gewagt; falls man ihn finge, st#252;nde die Pforte des Gef#228;ngnisses weit offen. Selbstverst#228;ndlich hatte Paser ihm den H#228;ndler nicht aufs Geratewohl bezeichnet; einer Unterschlagung schuldig, h#228;tte letzterer der Gesch#228;digten den Wert eines Hahns erstatten m#252;ssen. Der Richter hatte das Strafma#223; nicht verringert, den Rechtsgang indes ein klein wenig ver#228;ndert: Da die Gesch#228;digte die Verwaltung war, setzte Sethi sich lediglich an deren Stelle. Den Hahn unterm Arm, gelangte er unbehindert zum Hof der jungen Frau, die gerade ihre H#252;hner f#252;tterte.
»Eine #220;berraschung«, verk#252;ndete er, indem er das Federtier vorzeigte. Sie drehte sich entz#252;ckt um. »Er ist herrlich! Du hast gut gefeilscht.«
»Es war nicht leicht, mu#223; ich gestehen.«
»Das kann ich mir denken: Ein Hahn von dieser Gr#246;#223;e ist mindestens drei Spanferkel wert.«
»Wenn die Liebe uns leitet, versteht man, #252;berzeugend zu sein.«
Sie stellte ihren Kornsack ab, packte den Hahn und setzte ihn zwischen die H#252;hner.
»Du bist sehr #252;berzeugend, Sethi; ich sp#252;re in mir eine wohlige Hitze aufsteigen, die ich liebend gerne mit dir teilen m#246;chte.«
»Wer w#252;rde eine solche Einladung ablehnen.« Eng aneinandergeschmiegt, wandten sie sich zur Kammer der Witwe.
Paser f#252;hlte sich schlecht; eine wehm#252;tige Mattigkeit suchte ihn heim und beraubte ihn seiner gewohnten Tatkraft. Schwerf#228;llig und beh#228;big, wie er war, fand er nicht einmal mehr Trost im Lesen der gro#223;en Verfasser der Vergangenheit, die ehedem seine Abende bezauberten. Es war ihm zwar gelungen, den Gerichtsschreiber Iarrot von seiner Verzweiflung nichts merken zu lassen, doch er war au#223;erstande, sie seinem Meister zu verhehlen. »Bist du etwa krank, Paser?«
»Eine einfache M#252;digkeit.«
»Vielleicht solltest du etwas weniger arbeiten.«
»Ich habe den Eindruck, man #252;berh#228;uft mich mit Vorg#228;ngen.«
»Man stellt dich auf die Probe, um deine Grenzen herauszufinden.«
»Sie sind #252;berschritten.«
»Das ist nicht sicher; nehmen wir einmal an, die #220;beranstrengung w#228;re nicht die Ursache deines Zustands?«
Finster dreinblickend blieb Paser die Antwort schuldig.
»Meine beste Sch#252;lerin ist zum Ziel gelangt.«
»Neferet?«
»In Sais wie in Theben ist sie erfolgreich aus den Pr#252;fungen hervorgegangen.«
»Dann ist sie nun #196;rztin.«
»Zu unserer allergr#246;#223;ten Freude, in der Tat.«
»Wo wird sie praktizieren?«
»Zun#228;chst in Memphis; ich habe sie f#252;r morgen abend zu einem bescheidenen Festmahl geladen, um ihren Erfolg zu begehen. Wirst du zu unserer Runde geh#246;ren?«
Denes lie#223; sich vor Richter Pasers Amtszimmer absetzen; die herrliche, blau und rot bemalte S#228;nfte hatte alle Blicke auf sich gezogen. Die Unterredung, die sich – so heikel sie auch werden mochte – ank#252;ndigte, w#252;rde vielleicht weniger beschwerlich werden als der j#252;ngste Zusammensto#223; mit seiner Gattin. Nenophar hatte ihren Ehemann einen Unf#228;higen, einen engstirnigen Geist und einen Spatzenkopf[29] gescholten; ob seine Einflu#223;nahme beim #196;ltesten der Vorhalle sich denn nicht als unn#252;tz erwiesen habe? Im Sturm die Stirne bietend, hatte Denes sich zu rechtfertigen versucht: F#252;r gew#246;hnlich laufe ein derartiger Schritt auf einen vollen Erfolg hinaus. Weshalb habe der alte Gerichtsbeamte ihn denn diesmal nicht angeh#246;rt? Nicht allein, da#223; er den niederen Richter nicht versetze, er erlaube diesem auch noch, ihm, Denes, eine Ladung in geb#252;hrender Form wie irgendeinem beliebigen Einwohner von Memphis zu schicken! Wegen Denes’ Mangel an Scharfblick s#228;hen er und seine Gemahlin sich in den Rang von Verd#228;chtigen herabgesetzt und der rachgierigen Verfolgung eines Amtmannes ohne Zukunft unterworfen, der aus dem hintersten Winkel mit der Absicht gekommen sei, dem Buchstaben des Gesetzes Geltung zu verschaffen. Da der Warenbef#246;rderer sich derart gl#228;nzend bei gesch#228;ftlichen Besprechungen zeige, solle er Paser nun bet#246;ren und den Rechtsgang aufhalten. Das gro#223;e Herrenhaus hatte lange von Nenophars scharfer Stimme widergehallt, die Verdru#223; nur schlecht ertrug. Schlechte Nachrichten schadeten ihrer Haut. Wind des Nordens versperrte den Durchgang. Da Denes ihn mit einem Ellbogensto#223; zur Seite dr#228;ngen wollte, bleckte der Esel die Z#228;hne. Der Warenbef#246;rderer wich zur#252;ck.
»Entfernt dieses Vieh von meinem Weg!« forderte er. Der Gerichtsschreiber Iarrot trat aus der Amtsstube und zog den Vierbeiner am Schwanz; da Wind des Nordens jedoch nur Pasers Stimme gehorchte, ging Denes in weitem Bogen an dem Esel vorbei, um seine kostspieligen Gew#228;nder nicht zu besudeln. Paser war #252;ber einen Papyrus gebeugt. »Setzt Euch doch bitte.«
Denes suchte nach einem Sitz, doch offensichtlich war ihm keiner genehm.
»Gebt zu, Richter Paser, da#223; ich mich vers#246;hnlich zeige, indem ich Eurer Ladung Folge leiste.«
»Ihr hattet keine andere Wahl.«
»Ist die Anwesenheit einer dritten Person unerl#228;#223;lich?«
Iarrot stand auf, um sich bereitwillig davonzumachen.
»Ich w#252;rde gerne heimgehen. Meine Tochter …«
»Gerichtsschreiber, Ihr werdet Aufzeichnungen machen, wenn ich es Euch sage.« Iarrot dr#252;ckte sich in einen Winkel des Raumes, in der Hoffnung, seine Gegenwart vergessen zu lassen. Denes w#252;rde sich nicht auf diese Weise behandeln lassen, ohne etwas zu unternehmen. Falls er gegen den Richter Vergeltungsma#223;nahmen ergriffe, w#252;rde der Gerichtsdiener in den Sturm mitgerissen werden. »Ich bin sehr besch#228;ftigt, Richter Paser; Ihr standet nicht im Verzeichnis der Unterredungen, die ich heute gew#228;hren wollte.«
»Ihr standet in meinem, Denes.«
»Wir sollten nicht wie Feinde miteinander verfahren; Ihr m#252;#223;t einen kleinen beh#246;rdlichen Streitpunkt in Ordnung bringen, und ich mu#223; mich dessen schnellstm#246;glich entledigen. Weshalb uns nicht verst#228;ndigen?«
Der Ton wurde verbindlicher; Denes wu#223;te sich seinen Mitmenschen im Gespr#228;ch verst#228;ndlich zu machen und ihnen zu schmeicheln. Wenn ihre Aufmerksamkeit nachlie#223;, setzte er dann zum entscheidenden Sto#223; an.
»Ihr geratet auf Abwege, Denes.«
»Verzeihung?«
»Wir unterhalten uns nicht #252;ber einen gesch#228;ftlichen Vergleich.«
»La#223;t mich Euch eine lehrhafte Geschichte erz#228;hlen: Ein Zicklein brach aus der Herde aus, in der es sicher war; ein Wolf bedrohte es. Als es sah, wie sich dessen Maul #246;ffnete, erkl#228;rte es: ›Herr Wolf, ich werde zweifellos ein Festschmaus f#252;r Euch sein, doch bedenkt, ich bin imstande, Euch zuvor zu zerstreuen. Ich kann zum Beispiel tanzen. Ihr glaubt mir nicht? Spielt auf der Fl#246;te, und Ihr werdet sehen.‹ Zu Scherzen aufgelegt, willigte der Wolf ein. Mit seinem Tanz warnte das Zicklein die Hunde, die auf den Wolf einst#252;rmten und ihn in die Flucht trieben. Das Raubtier nahm seine Niederlage hin; ›ich bin ein J#228;ger‹, dachte es, ›und ich habe den Musiker spielen wollen. Ich bin selbst schuld‹« [30]
»Wie lautet die Lehre Eurer Erz#228;hlung?«
»Jeder soll an seinem Platze bleiben. Wenn man eine Rolle spielen will, auf die man sich nicht gut versteht, l#228;uft man Gefahr, einen falschen Schritt zu tun und ihn bitter zu bereuen.«
»Ihr beeindruckt mich.«
»Das begl#252;ckt mich; werden wir es dabei bewenden lassen?«
»Auf dem Gebiet der M#228;rchen, ja.«
»Ihr seid verst#228;ndnisvoller, als ich es mir vorstellte; Ihr werdet nicht lange in diesem armseligen Amtszimmer verk#252;mmern. Der #196;lteste der Vorhalle ist ein ausgezeichneter Freund. Wenn er erf#228;hrt, da#223; Ihr die Lage mit Feingef#252;hl und Klugheit einzusch#228;tzen wu#223;tet, wird er bei einem gewichtigeren Amt an Euch denken. Falls er mich um meine Meinung bittet, wird diese sehr gewogen ausfallen.«
»Es ist erquicklich, Freunde zu haben.«
»In Memphis sind sie unerl#228;#223;lich; Ihr seid auf gutem Wege.« Nenophars Zorn war unberechtigt; sie hatte bef#252;rchtet, Paser k#246;nnte sich von all den anderen abheben, und sie hatte sich get#228;uscht. Denes kannte seinesgleichen gut; mit Ausnahme einiger in den Tempeln zur#252;ckgezogener Priester besa#223;en sie kein anderes Ziel als die Befriedigung ihrer Belange.
Der Warenbef#246;rderer kehrte dem Richter den R#252;cken zu und schickte sich an hinauszugehen. »Wohin wollt Ihr?«
»Ein Schiff begr#252;#223;en, das aus dem S#252;den eintrifft.«
»Wir haben noch nicht ganz geendet.« Der Gesch#228;ftsmann wandte sich um. »Dies hier sind die wesentlichen Anklagepunkte: Erhebung einer unbilligen Geb#252;hr und einer vom PHARAO nicht verordneten Steuer. Die Bu#223;e wird betr#228;chtlich sein.«
Denes wurde wei#223; vor Wut; seine Stimme zischte. »Seid Ihr irrsinnig geworden?«
»Haltet fest, Gerichtsschreiber: Beleidigung eines Amtmannes.«
Der Warenbef#246;rderer st#252;rzte sich auf Iarrot, entri#223; ihm die Tafel und zerstampfte sie mit einem w#252;tenden Fu#223;tritt.
»Du, verhalte dich ruhig!«
»Zerst#246;rung von Eigentum der Gerichtsbeh#246;rde«, bemerkte Paser. »Ihr verschlimmert Euren Fall.«
»Es gen#252;gt!«
»Ich #252;bergebe Euch diesen Papyrus; Ihr werdet darauf die rechtlichen Einzelheiten und die H#246;he der Bu#223;e finden. Werdet nicht r#252;ckf#228;llig, sonst wird bald ein Eintrag auf Euren Namen in den Verzeichnissen des Gro#223;en Gef#228;ngnisses stehen.«
»Ihr seid nur ein Zicklein, und Ihr werdet gefressen werden!«
»In der Geschichte ist es der Wolf, der besiegt wird.« Als Denes das Amtszimmer durchschritt, versteckte sich der Gerichtsschreiber Iarrot hinter einer Holztruhe.
Branir beendete die Zubereitung einer erlesenen Speise. Er hatte bereits die Eier der bei einem der besten Fischh#228;ndler von Memphis erworbenen Meer#228;schen[31] entnommen und wusch sie nun, wie es die Vorschrift gebot, in leicht gesalzenem Wasser, um sie dann zwischen zwei Holzbrettchen auszudr#252;cken und im Luftzug zu trocknen. Diese Rogenspeise w#252;rde k#246;stlich werden. Zudem wollte er Ochsenrippen r#246;sten und sie mit Saubohnenmus auftragen; Feigen und feines Backwerk w#252;rden das Mahl abrunden, ohne den aus dem Delta stammenden edlen Wein zu vergessen. #220;berall im ganzen Haus hingen Blumengebinde.
»Bin ich der erste?« fragte Paser. »Hilf mir, die Sch#252;sseln anzuordnen.«
»Ich habe Denes offen angegriffen; meine Anklageschrift ist hieb- und stichfest.«
»Wozu verurteilst du ihn?«
»Zu einer schweren Bu#223;geldzahlung.«
»Du hast dir einen Feind von Rang gemacht.«
»Ich habe das Gesetz angewandt.«
»Sei vorsichtig.«
Paser hatte keine Zeit aufzubegehren; der Anblick Neferets lie#223; ihn Denes, den Gerichtsschreiber Iarrot, das Amtszimmer, seine Unterlagen vergessen. In einem duftig-bla#223;blauen Tr#228;gergewand, das die Schultern frei lie#223;, die Augenlider mit gr#252;ner Farbe geschminkt, erleuchtete sie zart und beruhigend zugleich die Wohnung ihres Gastgebers. »Ich habe mich versp#228;tet.«
»Im Gegenteil«, beruhigte Branir, »du hast uns Zeit gelassen, die Rogenspeise zu beenden. Der B#228;cker hat mir soeben frisches Brot gebracht; wir k#246;nnen zu Tisch gehen.«
Neferet hatte eine Lotosbl#252;te ins Haar gesteckt; v#246;llig bezaubert, konnte Paser den Blick nicht von ihr abwenden.
»Dein Erfolg bereitet mir gro#223;e Freude«, gestand Branir ein. »Da du nun #196;rztin bist, schenke ich dir diesen Talisman. Er wird dich sch#252;tzen, wie er mich gesch#252;tzt hat; behalte ihn immer bei dir.«
»Aber … und Ihr selbst?«
»In meinem Alter haben die b#246;sen Geister keine Macht mehr #252;ber mich.«
Um den Hals der jungen Frau legte er ein feines Goldkettchen, an dem ein pr#228;chtiger T#252;rkis hing. »Dieser Stein stammt aus den Gruben der G#246;ttin Hathor, in der W#252;ste des Ostens; er bewahrt die Jugendlichkeit der Seele und die Freude des Herzens.« Neferet verneigte sich vor ihrem Lehrmeister, die H#228;nde zum Zeichen der Verehrung zusammengelegt. »Ich w#252;rde Euch ebenfalls gerne begl#252;ckw#252;nschen«, sagte Paser, »doch ich wei#223; nicht wie …«
»Eure Absicht allein gen#252;gt mir«, versicherte sie l#228;chelnd.
»Ich lege gleichwohl Wert darauf, Euch ein bescheidenes Geschenk zu machen.« Paser reichte ihr ein Schmuckband mit farbigen Perlen. Neferet zog ihre rechte Sandale aus, streifte das Geschmeide #252;ber ihren nackten Fu#223; und zierte damit ihre Fessel.
»Dank Euch f#252;hle ich mich nun h#252;bscher.« Diese wenigen Worte fl#246;#223;ten dem Richter eine j#228;he Hoffnung ein; zum erstenmal hatte er den Eindruck, sie bemerkte seine Gegenwart wirklich. Das Festmahl verlief herzlich. Entspannt berichtete Neferet ausf#252;hrlich von all jenen Punkten ihres schweren Ganges, welche die Geheime Einsetzung nicht betrafen; Branir versicherte ihr, da#223; sich nichts ge#228;ndert hatte. Paser a#223; kaum etwas, verschlang Neferet daf#252;r mit den Augen und trank ihre Worte. In Gesellschaft seines Meisters und der jungen Frau, die er liebte, verlebte er einen Abend des Gl#252;cks, den Blitze der Bangigkeit durchzuckten; w#252;rde Neferet ihn zur#252;cksto#223;en?
W#228;hrend der Richter arbeitete, f#252;hrte Sethi den Esel und den Hund aus, widmete sich der Besitzerin des H#252;hnerhofes, st#252;rzte sich in neue, recht vielversprechende Eroberungen und kostete das rege Leben von Memphis aus. Er war r#252;cksichtsvoll und wurde seinem Freund kaum l#228;stig; seit ihrer Begegnung hatte er nicht ein einziges Mal bei ihm gen#228;chtigt. Allein in einem Punkt hatte Paser sich unnachgiebig gezeigt; vom Erfolg seiner »Spanferkel-Unternehmung« berauscht, hatte Sethi den Wunsch ge#228;u#223;ert, diese zu wiederholen. Der Richter hatte sich dem entschieden widersetzt. Da seine Geliebte sich als gro#223;m#252;tig erwies, hatte Sethi nicht weiter darauf beharrt. Der Pavian stand unversehens in der T#252;r. Beinah so gro#223; wie ein Mann, hatte er den Kopf eines Hundes und die Rei#223;z#228;hne einer gro#223;en Raubkatze. Arme, Beine und Bauch waren wei#223;, wogegen ein r#246;tlich get#246;ntes Fell seine Schultern und seinen Brustkorb bedeckte. Hinter ihm stand Kem der Nubier. »Da seid Ihr ja endlich!«
»Die Nachforschungen waren lang und schwierig. Ist Iarrot ausgegangen?«
»Seine Tochter ist krank. Was habt Ihr aufgelesen?«
»Nichts!«
»Wie das, nichts? Das ist doch unwahrscheinlich!«
Der Nubier betastete seine h#246;lzerne Nase, als wollte er sich vergewissern, da#223; sie am rechten Platz war.
»Ich habe meine besten Gew#228;hrsleute befragt. Nicht ein Hinweis #252;ber das Schicksal des Oberaufsehers des Sphinx! Man gab mir zu verstehen, mich an den Vorsteher der Ordnungskr#228;fte zu wenden, so als ob irgendeine h#246;here Weisung mit allergr#246;#223;ter Strenge befolgt w#252;rde.«
»Dann werde ich diesen hohen Mann aufsuchen.«
»Davon rate ich Euch ab; er mag Richter nicht.«
»Ich werde zusehen, mich liebenswert zu zeigen.«
Monthmose, der Vorsteher der Ordnungskr#228;fte, besa#223; zwei Herrenh#228;user: eines in Memphis, wo er die meiste Zeit verbrachte, das andere in Theben. Klein und fett wie er war und mit seinem runden Gesicht fl#246;#223;te er Vertrauen ein; doch die spitze Nase und die n#228;selnde Stimme straften das gutm#252;tige #196;u#223;ere L#252;gen. Der Junggeselle Monthmose hatte seit seiner fr#252;hesten Jugend einzig und allein seine Laufbahn und Ehren im Blick gehabt; das Gl#252;ck hatte ihn beg#252;nstigt, indem es ihn mit einer Folge gelegener Todesf#228;lle beschenkte. So hatte einst, w#228;hrend er noch mit der Aufsicht der Kan#228;le betraut gewesen war, sich der Verantwortliche f#252;r Ordnung und Sicherheit seines Bezirks bei einem Sturz von der Leiter den Hals gebrochen; ohne besondere Eignung, doch eilfertig bei der Bewerbung, hatte Monthmose die Stelle erhalten. Da er sich bestens darauf verstand, aus der Arbeit seines Vorg#228;ngers Nutzen zu ziehen, hatte er sich rasch einen ausgezeichneten Ruf geschaffen. Manch einer h#228;tte sich mit dieser Bef#246;rderung zufriedengegeben, doch ihn zerfra#223; der Ehrgeiz; weshalb nicht nach der Leitung der Ordnungskr#228;fte des Nils trachten? Leider befand sich damals an deren Spitze ein junger und r#252;hriger Mann. Neben ihm hatte Monthmose eine blasse Erscheinung abgegeben. Doch der hinderliche Beamte war schlie#223;lich bei einer allt#228;glichen Ma#223;nahme in den Fluten umgekommen und hatte Monthmose das Feld #252;berlassen, der, von seinen zahlreichen Verbindungen gest#252;tzt, also gleich seine Anwartschaft eingereicht hatte. Anstelle von zwar ernsthafteren, doch weniger wendigen Mitbewerbern erw#228;hlt, hatte er auch dort seine erfolgreiche Vorgehensweise angewandt: sich die Anstrengungen anderer einzuverleiben und einen pers#246;nlichen Vorteil aus diesen zu ziehen. Bereits hochgestellt in der Hierarchie, w#228;re deren von ihm ertr#228;umter Gipfel ihm wahrscheinlich ganz und gar unerreichbar geblieben, da der Vorsteher der Ordnungskr#228;fte, ein Mann im allerbesten Alter von #252;berquellendem T#228;tigkeitsdrang, nur Erfolge verbucht hatte. Dessen einziges Mi#223;geschick indes sollte der Unfall eines Streitwagens werden, bei dem er, unter den R#228;dern zermalmt, zu Tode kam. Monthmose hatte sich sofort trotz allbekannter Widersacher um das Amt bem#252;ht; in besonderem Ma#223;e gewandt darin, sich ins rechte Licht zu r#252;cken und seine Dienstjahre geltend zu machen, hatte er endlich den Sieg davongetragen. Jetzt, da er an der Spitze der Pyramide stand, k#252;mmerte sich Monthmose vor allem darum, dort zu verbleiben; deshalb umgab er sich auch mit Mittelm#228;#223;igen, die ihn zu verdr#228;ngen au#223;erstande waren. Sobald er eine starke Pers#246;nlichkeit gewahrte, schob er sie beiseite. Im Dunkeln wirken, die Menschen beeinflussen und lenken, ohne da#223; sie es merkten, R#228;nke schmieden, waren seine liebsten Zeitvertreibe. Er pr#252;fte gerade die Ernennungen zu den Ordnungskr#228;ften der W#252;ste, als sein Verwalter ihn vom Besuch des Richters Paser benachrichtigte. Gew#246;hnlich schickte Monthmose die niederen Gerichtsbeamten zu seinen Untergebenen zur#252;ck; dieser jedoch erregte seine Neugierde. Hatte er nicht soeben Denes einen Hieb versetzt, dessen Verm#246;gen ihm doch erlaubte, jeden beliebigen zu bestechen? Der junge Richter w#252;rde bald, als Opfer seines Wunschdenkens, zusammenbrechen, doch vielleicht k#246;nnte Monthmose sich seine Umtriebe zunutze machen. Da#223; er die K#252;hnheit besa#223;, ihn zu bel#228;stigen, bewies hinreichend seine Entschlossenheit. Der Vorsteher der Ordnungskr#228;fte begr#252;#223;te Paser in einem Raum seines Herrenhauses, in welchem er seine Ehrenzeichen, Goldpektorale, Halbedelsteine und W#252;rdenst#228;be von vergoldetem Holz ausstellte. »Ich danke Euch, mich empfangen zu wollen.«
»Ich bin ein ergebener Gehilfe des Rechts; gef#228;llt es Euch in Memphis?«
»Ich mu#223; mich mit Euch #252;ber eine befremdliche Angelegenheit besprechen.« Monthmose lie#223; Bier von allererster G#252;te auftragen und befahl seinem Verwalter, ihn nicht mehr zu st#246;ren.
»Erkl#228;rt Euch.«
»Es ist mir unm#246;glich, eine Versetzung zu best#228;tigen, ohne zu wissen, was aus dem Betroffenen geworden ist.«
»Das liegt auf der Hand; um wen handelt es sich?«
»Um den ehemaligen Oberaufseher des Sphinx von Gizeh.«
»Ein Ehrenamt, wenn ich nicht fehlgehe? Man beh#228;lt es Altgedienten vor.«
»In diesem besonderen Fall ist dieser Altgediente versetzt worden.«
»Hat er sich etwa ein ernstes Vergehen zuschulden kommen lassen?«
»Meine Unterlage l#228;#223;t dies unerw#228;hnt. Dar#252;ber hinaus ist der Mann gen#246;tigt worden, seine Dienstunterkunft zu verlassen und im #228;rmsten Viertel der Stadt Zuflucht zu nehmen.« Monthmose wirkte verdrossen. »Befremdlich, in der Tat.«
»Es gibt Ernsteres noch: Seine Gattin, die ich befragt habe, behauptet, ihr Gemahl sei tot. Doch sie hat den Leichnam nie gesehen und wei#223; nicht, wo er bestattet ist.«
»Weshalb ist sie von seinem Ableben #252;berzeugt?«
»Krieger haben ihr die traurige Nachricht #252;berbracht; sie haben ihr ebenfalls befohlen zu schweigen, sofern sie Wert darauf lege, einen Ruhesold zu erhalten.«
Der Vorsteher der Ordnungskr#228;fte trank gem#228;chlich einen Kelch Bier; er hatte erwartet, da#223; der Fall Denes zur Sprache k#228;me, und entdeckte nun ein unerfreuliches R#228;tsel.
»Gl#228;nzende Nachforschungen, Richter Paser; Euer aufkeimender Ruhm besteht zu Recht.«
»Ich habe die Absicht fortzufahren.«
»Auf welche Weise?«
»Wir m#252;ssen den Leichnam finden und die Ursachen des Hinscheidens ermitteln.«
»Da habt Ihr nicht unrecht.«
»Eure Hilfe wird mir unerl#228;#223;lich sein; da Ihr die Ordnungsh#252;ter der St#228;dte und D#246;rfer, die des Flusses und die der W#252;ste leitet, k#246;nntet Ihr mir die Ermittlungen erleichtern.«
»Das ist leider unm#246;glich.«
»Ihr seht mich #252;berrascht.«
»Eure Hinweise sind zu unbestimmt; au#223;erdem stehen ein Altgedienter und andere Krieger im Mittelpunkt dieser Angelegenheit. Mit anderen Worten: das Heer.«
»Dar#252;ber habe ich bereits nachgesonnen; aus diesem Grunde ersuche ich Euch um Euren Beistand. Wenn Ihr es seid, der Erkl#228;rungen fordert, wird die F#252;hrung des Heeres gezwungen sein zu antworten.«
»Die Lage ist vielschichtiger, als Ihr es Euch vor stellt; das Heer ist auf seine Unabh#228;ngigkeit gegen#252;ber den Ordnungskr#228;ften bedacht. Es liegt nicht in meiner Gewohnheit, in den Bereich des Heereswesens einzugreifen.«
»Ihr kennt es indes gut.«
»#220;bertriebenes Gerede. Ich f#252;rchte, Ihr begebt Euch auf einen gefahrvollen Pfad.«
»Es ist mir unm#246;glich, einen Todesfall ungekl#228;rt zu lassen.«
»Da pflichte ich Euch bei.«
»Was ratet Ihr mir?«
Monthmose dachte lange nach. Dieser junge Gerichtsbeamte wich nicht so leicht zur#252;ck; ihn insgeheim zu lenken, w#228;re zweifelsohne nicht einfach. Andererseits vertiefte Nachforschungen w#252;rden es Monthmose erlauben, seine Schwachpunkte herauszufinden und sie geschickt zu nutzen. »Wendet Euch an den Mann, der die Altgedienten in die Ehren#228;mter berufen hat: den Heerf#252;hrer Ascher.«