"Das Testament der Götter" - читать интересную книгу автора (Жак Кристиан)

Sehet, was die Ahnen vorausgesagt haben, ist eingetreten: Das Verbrechen hat sich ausgebreitet, Gewalt ist in die Herzen eingezogen, das Unheil zieht durch das Land, Blut flie#223;t, der Dieb bereichert sich, das L#228;cheln ist erloschen, die Geheimnisse sind allen preisgegeben, die B#228;ume sind entwurzelt, die Pyramide ist gesch#228;ndet worden, die Welt ist so tief gesunken, da#223; eine kleine Zahl von Toren sich des K#246;nigtums bem#228;chtigt hat und die Richter davongejagt wurden. Doch entsinne dich der Achtung der Maat, der rechten Folge der Tage, der gl#252;cklichen Zeit, in der die Menschen Pyramiden bauten und Haine f#252;r die G#246;tter gedeihen lie#223;en, jener gesegneten Zeit, in der eine einfache Matte die Bed#252;rfnisse eines jeden befriedigte und ihn gl#252;cklich machte.
Mahnworte des Weisen Ipu-we

7. Kapitel

Kem und sein Pavian waren zur Stelle. »Seid Ihr bereit, mich zum Oberaufseher des Sphinx zu f#252;hren?« fragte Paser. »Zu Befehl.«

»Dieser Ton gef#228;llt mir besser als der andere; verdeckter Spott ist weniger bei#223;end als Streitsucht.« Der Nubier wurde von des Richters Bemerkung empfindlich getroffen.

»Ich habe nicht die Absicht, mich vor Euch zu beugen.«

»Seid ein guter Ordnungsh#252;ter, und wir werden miteinander auskommen.«

Der Pavian und sein Herr starrten Paser an; in beiden Augenpaaren stand verhaltene Wut. »Gehen wir.«

Zu dieser fr#252;hen Stunde belebten sich gerade die G#228;#223;chen; die Hausherrinnen tauschten eifrig Neuigkeiten aus, Wassertr#228;ger verteilten das kostbare Na#223;, Handwerker #246;ffneten ihre kleinen L#228;den. Dank des Pavians wich die Menge zur Seite. Der Oberaufseher hatte eine Behausung, die der Branirs #228;hnlich, doch weniger reizvoll war. Auf der Schwelle spielte ein kleines M#228;dchen mit einer Holzpuppe; als es den gro#223;en Affen erblickte, bekam es Angst und lief schreiend ins Haus. Sogleich trat seine Mutter heftig erz#252;rnt heraus. »Weshalb erschreckt Ihr dieses Kind? Haltet Euer Ungeheuer fern.«

»Seid Ihr die Gattin des Oberaufsehers des Sphinx?«

»Mit welchem Recht fragt Ihr mich danach?«

»Ich bin Richter Paser.«

Die Ernsthaftigkeit des jungen Gerichtsbeamten und das Gebaren des Pavians veranla#223;ten die sorgende Mutter, sich zu bes#228;nftigen. »Er wohnt nicht mehr hier; mein Gatte ist ebenfalls ein Altgedienter. Das Heer hat ihm diese Unterkunft zugeteilt.«

»Wi#223;t Ihr, wohin er gezogen ist?«

»Seine Frau schien verdrossen; sie hat mir von einem Haus in der s#252;dlichen Vorstadt erz#228;hlt, als ich ihr damals bei ihrem Umzug kurz begegnet bin.«

»Nichts Genaueres?«

»Weshalb sollte ich l#252;gen?« Der Pavian ri#223; an seiner Leine; das wohlbeleibte Weib wich zur#252;ck, stie#223; sich an der Wand. »Wahrhaftig nichts?«

»Nein, ich schw#246;re Euch, nein!«

Da er gen#246;tigt war, seine Tochter zur Schule des Tanzes zu bringen, hatte der Gerichtsdiener Iarrot die Erlaubnis erhalten, die Amtsstube in der Mitte der zweiten Tagesh#228;lfte zu verlassen, wobei er jedoch hatte versprechen m#252;ssen, da#223; er die Rechenschaftsberichte der vom Richter bearbeiteten F#228;lle beim Verwaltungssitz des Gaus niederlegen w#252;rde. In wenigen Tagen hatte Paser mehr strittige Angelegenheiten bereinigt als sein Vorg#228;nger in sechs Monaten. Als die Sonne sich neigte, z#252;ndete Paser mehrere Lampen an; er versuchte, sich schnellstm#246;glich eines Dutzends Streitf#228;lle mit dem Schatzamt zu entledigen, die er alle zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden hatte. Alle, bis auf einen, der einen Warenbef#246;rderer namens Denes betraf. Der Oberste Richter des Gaus hatte, von eigener Hand, eine Anmerkung unter den Vorgang gesetzt: »Folgenlos zu schlie#223;en.«

Von Esel und Hund begleitet, wollte Paser seinem Meister einen Besuch abstatten; ihn zu Rate zu ziehen, hatte er seit seiner Einsetzung nicht die Zeit gefunden. Auf dem Weg sann er #252;ber das sonderbare Geschick des Oberaufsehers nach, der zu seiner ruhmvollen Stellung auch noch seine Dienstunterkunft verloren hatte. Was verbarg sich hinter dieser Folge von Verdrie#223;lichkeiten? Der Richter hatte Kem gebeten, die Spur des Altgedienten aufzufinden. Solange er ihn nicht befragt hatte, wollte Paser der Versetzung nicht zustimmen.

Zum wiederholten Male kratzte Brav sich sein rechtes Auge mit der linken Pfote; als er es untersuchte, stellte Paser eine Reizung fest. Der alte Arzt w#252;rde es zu behandeln wissen.

Das Haus war hell erleuchtet; Branir las gerne bei Nacht, wenn die Ger#228;usche der Stadt verstummt waren. Paser dr#252;ckte die Eingangst#252;r auf, stieg, von seinem Hund gefolgt, in die Vorkammer hinab und hielt verdutzt inne. Branir war nicht allein. Er unterhielt sich mit einer Frau, deren Stimme der Richter sogleich erkannte. Sie, hier! »Tritt ein, Paser!«

In fieberhafter Eile kam der Richter der Aufforderung nach – und hatte nur noch Augen f#252;r Neferet, die im Schneidersitz vor dem alten Heiler sa#223; und zwischen Daumen und Zeigefinger einen Leinenfaden hielt, an dem ein kleines, rautenf#246;rmig geschnittenes St#252;ck Granit[24] baumelte. »Neferet, meine beste Sch#252;lerin; Richter Paser. Da ich euch nun einander vorgestellt habe, wirst du sicher etwas frisches Bier annehmen?«

»Eure beste Sch#252;lerin …«

»Wir sind uns bereits begegnet«, sagte sie belustigt. Paser dankte seinem Gl#252;ck; sie wiederzusehen, ber#252;hrte ihn zutiefst.

»Bevor sie ihre Kunst wird aus#252;ben k#246;nnen, wird Neferet sich bald der allerletzten Pr#252;fung unterziehen«, erinnerte Branir, »und deshalb wiederholen wir die #220;bungen des Auspendelns, die ihr auferlegt werden, um ihr zu helfen, ihren Befund zu stellen. Ich bin #252;berzeugt, da#223; sie eine ausgezeichnete #196;rztin wird, da sie zuzuh#246;ren versteht. Wer zuzuh#246;ren versteht, wird richtig handeln. Zuh#246;ren ist besser als alles, es gibt keinen gr#246;#223;eren Schatz. Allein das Herz gew#228;hrt uns diese Gabe.«

»Ist nicht die Kenntnis des Herzens das Geheimwissen des Heilkundigen?« fragte Neferet. »Es ist das, was dir offenbart werden wird, wenn du als seiner w#252;rdig befunden bist.«

»Ich w#252;rde mich gerne ausruhen.«

»Das mu#223;t du auch.«

Brav kratzte sich am Auge; Neferet bemerkte sein Treiben.

»Ich glaube, er ist krank«, sagte Paser. Der Hund lie#223; sich untersuchen. »Es ist nichts Ernstes«, schlo#223; sie, »ein einfaches Augenwasser wird ihn heilen.« Branir holte es ihr augenblicklich; Augenerkrankungen waren ein h#228;ufiges Leiden, und es mangelte nicht an Heilmitteln. Die Arznei tat rasch ihre Wirkung; w#228;hrend die junge Frau Brav noch streichelte, schwoll sein Auge ab. Zum erstenmal war Paser auf seinen Hund eifers#252;chtig. Er suchte nach einer M#246;glichkeit, sie zur#252;ckzuhalten und mu#223;te sich damit begn#252;gen, ihr bei ihrem Aufbruch seinen Gru#223; zu entbieten. Branir tischte ihm ein ausgezeichnetes, am Vortag hergestelltes Bier auf. »Du erscheinst mir m#252;de; an Arbeit d#252;rfte es dir nicht fehlen.«

»Ich bin mit einem gewissen Qadasch aneinandergeraten.«

»Dem Zahnheilkundler mit den roten H#228;nden … Ein umtriebiger Mann und rachs#252;chtiger, als es den Anschein hat.«

»Ich halte ihn der Entf#252;hrung von Bauern f#252;r schuldig.«

»Stichhaltige Beweise?«

»Nur eine Vermutung.«

»Sei unerbittlich gewissenhaft in deinem Tun; Ungenauigkeit werden dir deine Oberen nicht verzeihen.«

»Erteilt Ihr Neferet h#228;ufig Unterricht?«

»Ich gebe ihr meine Erfahrung weiter, denn ich habe Vertrauen in sie.«

»Sie ist in Theben geboren, nicht wahr?«

»Sie ist die einzige Tochter eines Riegelherstellers und einer Weberin; kennengelernt habe ich sie, als ich die Familie gepflegt habe. Sie hat mir tausend Fragen gestellt, und ich habe ihre erwachende Neigung ermutigt.«

»Eine Frau als Heilkundige … Werden ihr nicht Hindernisse begegnen?«

»Feinde auch; doch ihr Mut ist nicht geringer als ihre Sanftheit. Der Oberste Arzt des Hofes hofft, wie sie wei#223;, auf ihr Scheitern.«

»Ein Widersacher von Gewicht!«

»Sie ist sich dessen bewu#223;t; eine ihrer wesentlichen Eigenschaften ist ihre Z#228;higkeit.«

»Ist sie … verheiratet?«

»Nein.«

»Verlobt?«

»Meines Wissens, nein.«


Paser verbrachte eine schlaflose Nacht. Unaufh#246;rlich dachte er an sie, h#246;rte ihre Stimme, atmete ihren Duft, schmiedete tausend und eine List, um sie wiederzusehen, ohne indes eine befriedigende L#246;sung zu finden. Und unabl#228;ssig kehrte dieselbe Furcht wieder: War er ihr gleichg#252;ltig? Er hatte bei ihr keinerlei Regung, lediglich zur#252;ckhaltende Anteilnahme f#252;r seine Stellung wahrgenommen. Selbst die Rechtspflege nahm einen bitteren Beigeschmack an; wie ohne sie weiterleben, wie ihre Abwesenheit hinnehmen? Niemals h#228;tte Paser geglaubt, da#223; die Liebe ein solcher Strom w#228;re, der imstande war, alle D#228;mme einzurei#223;en und das gesamte Sein zu #252;berfluten.

Brav bemerkte die Verst#246;rtheit seines Herrn; sein Blick bekundete ihm eine Zuneigung, die, das sp#252;rte das Tier wohl, dennoch nicht gen#252;gte. Paser hielt sich selbst vor, seinen Hund ungl#252;cklich zu machen; er h#228;tte es vorgezogen, sich mit dieser Freundschaft, die keinerlei Schatten barg, zufriedenzugeben, doch er war au#223;erstande, den Augen Neferets, ihrem lauteren Gesicht, dem Strudel, in welchen sie ihn hineinzog, zu widerstehen.

Was sollte er tun? Schwieg er, verdammte er sich dazu zu leiden; wenn er ihr seine Leidenschaft offenbarte, drohten ihm Ablehnung und Verzweiflung. Er mu#223;te sie #252;berzeugen, sie bet#246;ren, doch #252;ber welche Waffen verf#252;gte er – er, ein kleiner Vorstadtrichter ohne Verm#246;gen?

Der Sonnenaufgang linderte seine Qualen nicht, veranla#223;te ihn jedoch, sich zur Zerstreuung in seine Aufgaben als Gerichtsbeamter zu st#252;rzen. Er f#252;tterte Brav und Wind des Nordens und vertraute ihnen die Amtsstube in der #220;berzeugung an, da#223; der Gerichtsschreiber sich versp#228;ten w#252;rde. Mit einem Papyruskorb versehen, der T#228;felchen, Pinselfutteral und vorbereitete Tinte enthielt, schlug er die Richtung zu den Hafenanlagen ein.

Mehrere Schiffe lagen an der Landungsstelle, welche die Seeleute unter der Leitung eines Schauermanns selbst l#246;schten. Nachdem sie ein Brett am Bug festgekeilt hatten, legten sie sich Stangen auf die Schultern, an die sie mittels Stricken S#228;cke, K#246;rbe und Ballen h#228;ngten, um dann den schiefen Steg hinabzusteigen. Die Kr#228;ftigsten unter ihnen trugen schwere B#252;ndel auf ihren R#252;cken. Paser wandte sich an den Bootsmann. »Wo kann ich Denes finden?«

»Den Herrn? Der ist #252;berall!«

»Sollten die Hafenanlagen ihm etwa geh#246;ren?«

»Die nicht, aber etliche Schiffe! Denes ist der bedeutendste Warenbef#246;rderer von Memphis und einer der reichsten M#228;nner der Stadt.«

»Werde ich das Gl#252;ck haben, ihm zu begegnen?«

»Er bem#252;ht sich nur bei der Ankunft eines gro#223;en Lastschiffs … Geht zum Hauptbecken. Eines seiner Schiffe hat soeben angelegt.« Mit seiner L#228;nge von ungef#228;hr hundert Ellen konnte das gewaltige Hochseeschiff mehr als sechshundertf#252;nfzig Tonnen Fracht bef#246;rdern. Der flache Rumpf bestand aus unz#228;hligen in Vollendung ges#228;gten und ziegelartig zusammengef#252;gten Planken; die Bretter der Einfassung der Au#223;enkante waren sehr dick und mit Lederriemen verbunden. Ein beachtliches Segel war an einem dreif#252;#223;igen, umlegbaren und fest verspannten Mast gehi#223;t worden. Der Schiffsf#252;hrer lie#223; gerade die am Bug vert#228;ute Schilfreuse abnehmen und den runden Anker werfen. Als Paser an Bord gehen wollte, versperrte ein Seemann ihm den Weg. »Ihr geh#246;rt nicht zur Mannschaft.«

»Richter Paser.«

Der Seemann wich zur Seite; der Richter betrat den Laufsteg und kletterte bis zur H#252;tte des Schiffsf#252;hrers, eines f#252;nfzigj#228;hrigen Griesgrams. »Ich w#252;rde gerne Denes sehen.«

»Den Herrn, zu dieser Stunde? Das ist doch nicht Euer Ernst!«

»Ich verf#252;ge #252;ber eine Klage in geh#246;riger Form.«

»In welchem Zusammenhang?«

»Denes nimmt eine Geb#252;hr f#252;r die L#246;schung von Schiffen ein, die ihm nicht geh#246;ren, was unrechtm#228;#223;ig und unbillig ist.«

»Ach, diese alte Geschichte! Das ist ein von der Obrigkeit einger#228;umtes Vorrecht des Herrn; jedes Jahr wird aus Gewohnheit eine Anzeige eingereicht. Das ist ohne Belang; Ihr k#246;nnt sie in den Flu#223; werfen.«

»Wo wohnt er?«

»Im gr#246;#223;ten Herrenhaus hinter den Hafenbecken, am Eingang zum Palastviertel.«

Ohne seinen Esel versp#252;rte Paser eine gewisse M#252;he, sich zurechtzufinden; und ohne den Pavian des Ordnungsh#252;ters mu#223;te er Aufl#228;ufen von Klatschbasen trotzen, die um die fliegenden H#228;ndler in hitzigem Wortgefecht zusammenstanden. Das ungeheure Herrenhaus von Denes war mit hohen Mauern umgeben und der beeindruckende Eingang von einem mit einem Stock bewaffneten T#252;rh#252;ter bewacht. Paser stellte sich vor und verlangte, vorgelassen zu werden. Der T#252;rh#252;ter rief nach einem Verwalter, der das Ersuchen vortrug und den Richter nach ungef#228;hr zehn Minuten abholte. Er hatte kaum Mu#223;e, die Sch#246;nheit des Gartens, den Reiz des Lustteichs und die Pracht der Blumenbeete zu genie#223;en, denn er wurde unmittelbar zu Denes geleitet, der sein Morgenmahl in einem weitr#228;umigen Saal mit vier S#228;ulen und mit von Jagddarstellungen ausgeschm#252;ckten W#228;nden einnahm. Der Warenbef#246;rderer war ein st#228;mmiger Mann um die F#252;nfzig von schwerem K#246;rperbau, dessen kantiges, eher plumpes Gesicht ein feiner, wei#223;er Bartkranz zierte. In einem tiefen Prunkstuhl mit L#246;wenklauen sitzend, lie#223; er sich von einem eilfertigen Diener mit kostbarem #214;l salben, w#228;hrend ein zweiter ihm die H#228;nde und N#228;gel pflegte. Ein dritter machte sein Haar zurecht, w#228;hrend ein vierter ihm die F#252;#223;e mit Duftsalbe einrieb und ein f#252;nfter ihm die Speisenfolge verk#252;ndete.

»Richter Paser! Welch gl#252;cklicher Zufall f#252;hrt Euch hierher?«

»Ein Klage.«

»Habt Ihr bereits gespeist? Ich noch nicht.« Denes schickte die Leibdiener fort; sogleich traten zwei K#246;che herein, die Brot, Bier, eine gebratene Ente und Honigkuchen auftrugen. »Bedient Euch.«

»Ich danke Euch.«

»Ein Mann, der sich am Morgen nicht gut n#228;hrt, kann kein gutes Tagewerk vollbringen.«

»Gegen Euch ist eine ernste Beschuldigung erhoben worden.«

»Das w#252;rde mich wundern!« Denes’ Stimme mangelte es an W#252;rde; sie schwang sich bisweilen in spitze Tonlagen hinauf und verriet eine Zerfahrenheit, die zu dem erhabenen Selbstgef#252;hl der Person in deutlichem Gegensatz stand. »Ihr nehmt eine unbillige Abgabe auf die L#246;schungen ein, und Ihr werdet verd#228;chtigt, eine unrechtm#228;#223;ige Steuer bei den Anwohnern der beiden dem Reich geh#246;renden Anlegestellen zu erheben, die Ihr h#228;ufig benutzt.«

»Alte Gewohnheiten! Bek#252;mmert Euch nicht darum. Euer Vorg#228;nger ma#223; dem Ganzen nicht mehr Bedeutung bei als der Oberste Richter des Gaus. Verge#223;t es, und nehmt Euch eine Entenbrust.«

»Ich f#252;rchte, das ist unm#246;glich.« Denes h#246;rte auf zu kauen.

»Ich habe keine Zeit, mich damit zu befassen. Sucht meine Gemahlin auf; sie wird Euch beweisen, da#223; Ihr Euch um nichts und wieder nichts abm#252;ht.« Der Warenbef#246;rderer klatschte in die H#228;nde; ein Verwalter erschien.

»F#252;hrt den Richter zum Arbeitszimmer der Dame Nenophar.«

Und Denes wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Morgenmahl zu.

Dame Nenophar war eine ber#252;hmte Gesch#228;ftsfrau. Von skulpturaler Erscheinung, wohlbeleibt, #252;bersch#228;umend, nach dem neuesten Geschmack gekleidet und mit einer ebenso schweren wie beeindruckenden Zopfper#252;cke auf dem Haupt, trug sie ein T#252;rkispektoral, eine Amethysthalskette, #252;beraus kostspielige Silberarmb#228;nder und ein Netz gr#252;ner Perlen auf ihrem langen Gewand. Als Eigent#252;merin weiter und ertragreicher L#228;ndereien, mehrerer H#228;user und von bald zwanzig H#246;fen leitete sie einen Stab von Handelsvertretern, die etliche Erzeugnisse in #196;gypten und Syrien verkauften. Sie, die Aufseherin der K#246;niglichen Speicherh#228;user, die Pr#252;ferin des Schatzhauses und f#252;r die Stoffe im Palast zust#228;ndige Kammerfrau, war einst der Bet#246;rungskunst des weit weniger verm#246;genden Denes erlegen. Da er in ihren Augen ein erb#228;rmlicher Verwalter war, hatte sie ihn an die Spitze der Warenbef#246;rderung berufen, so da#223; ihr Gemahl viel reisen, ein umfangreiches Geflecht von Beziehungen unterhalten und sich oftmals seinem liebsten Vergn#252;gen, dem endlosen Gespr#228;ch bei einem guten Wein, hingeben konnte. Ver#228;chtlich musterte sie den jungen Richter, der sich in ihr Reich vorwagte. Sie hatte munkeln h#246;ren, da#223; dieser Bauer den Richterstuhl jenes j#252;ngst verstorbenen Amtmannes innehatte, mit welchem sie ehedem auf bestem Fu#223;e stand. Zweifelsohne wollte er ihr einen H#246;flichkeitsbesuch abstatten: eine gute Gelegenheit, ihn unter die Fuchtel zu nehmen. Ohne sch#246;n zu sein, war er recht stattlich: das Gesicht fein geschnitten und ernst, der Blick tief. Sie bemerkte verdrossen, da#223; er sich nicht wie ein Niederer vor einem Gro#223;en verbeugte. »Seid Ihr gerade erst nach Memphis berufen worden?«

»Das trifft zu.«

»Meine Gl#252;ckw#252;nsche; dieses Amt verhei#223;t eine gl#228;nzende Laufbahn. Weshalb w#252;nscht Ihr mich zu sprechen?«

»Es handelt sich um eine unrechtm#228;#223;igerweise eingenommene Geb#252;hr, die …«

»Ich wei#223; Bescheid und das Schatzhaus ebenfalls.«

»Ihr anerkennt demnach die Stichhaltigkeit der Klage?«

»Sie wird jedes Jahr erhoben und sogleich verworfen; ich besitze ein anerkanntes Recht.«

»Es steht mit dem Gesetz nicht in Einklang und weniger noch mit der Gerechtigkeit.«

»Ihr m#252;#223;tet besser #252;ber den Umfang meiner #196;mter unterrichtet sein; in meiner Eigenschaft als Pr#252;ferin des Schatzhauses verwerfe ich selbst diese Art von Klagen. Die gesch#228;ftlichen Belange des Landes d#252;rfen nicht unter einer veralteten Vorschrift leiden.«

»Ihr #252;berschreitet Eure Befugnisse.«

»Gro#223;e Worte ohne allen Sinn! Ihr kennt das Leben nicht, junger Mann.«

»Wollt Ihr Euch gef#228;lligst jeglicher Vertraulichkeiten enthalten; mu#223; ich Euch daran erinnern, da#223; ich Euch von Amts wegen befrage?«

Nenophar nahm die Ermahnung nicht auf die leichte Schulter. Einem Richter, so bescheiden er auch sein mochte, mangelte es nicht an Macht.

»Seid Ihr in Memphis gut untergebracht?« Paser antwortete nicht.

»Eure Behausung ist nicht sonderlich behaglich, hat man mir gesagt; da Ihr und ich, unter dem Zwang der Verh#228;ltnisse, Freunde werden, k#246;nnte ich Euch, f#252;r einen geringf#252;gigen Preis, ein behagliches Herrenhaus verpachten.«

»Ich werde mich mit der Unterkunft begn#252;gen, die man mir zugeteilt hat.« Das L#228;cheln erstarrte auf Nenophars Lippen. »Diese Klage ist l#228;cherlich, glaubt mir.«

»Ihr habt den Sachverhalt anerkannt.«

»Aber Ihr werdet doch Eurer Obrigkeit nicht widersprechen!«

»Wenn sie sich irrt, werde ich keinen Augenblick z#246;gern.«

»Nehmt Euch in acht, Richter Paser; Ihr seid nicht allm#228;chtig.«

»Dessen bin ich mir bewu#223;t.«

»Seid Ihr fest entschlossen, diese Klage zu pr#252;fen?«

»Ich werde Euch in meine Amtsstube einbestellen.«

»Zieht Euch zur#252;ck!« Paser gehorchte.

Wutentbrannt drang Nenophar umgehend in die Gem#228;cher ihres Gemahls ein. Denes probierte gerade einen neuen Schurz mit breiten Sch#246;#223;en an. »Ist der kleine Richter gez#228;hmt?«

»Im Gegenteil, Dummkopf! Er ist ein wahrhaftiges Raubtier.«

»Du siehst recht schwarz; bieten wir ihm ein paar Geschenke an.«

»Sinnlos. K#252;mmere dich um ihn, statt dich aufzuplustern. Wir m#252;ssen ihn schnellstens an die Kette legen.«